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BESTIARIUM

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B E S T I A R I U M

erscheint anlässlich der

HIGHLIGHTSInternationale Kunstmesse

26. bis 30. Oktober 2016 in der Rezidenz München.

Vorwort Ulla FölsingGrafik-Design Henricus Simonis

Fotografie Jörg Schanze

ESCH KUNSTHANDEL

wurde 1993 in Düsseldorf gegründet. Seit dieser Zeit hat Heinz Josef Esch

sein Angebot auf Objets d’Art des 18. und 19. Jh. fokussiert.

Sein besonderes Interesse gilt den Trompe-l’oeil-Fayencen.

E S C H’ SB E S T I A R I U M

Einhörner, Drachen, Ungeheuer - im Mittelalter verschwammen die Grenzen

zwischen realen Tieren und Fabelwesen. In den reich illustrierten Lese- und Erbau-

ungsbüchern dieser Zeit finden sich gepunktete Panther, Ameisenlöwen sowie

skurrile Tatzelwürmer jeglichen Genres. Wenig später malte Hieronymus Bosch

virtuos Schrecken erregende Tiermonster, die heute als Vorläufer des Surrealismus

gelten. Die imaginäre Tierwelt des Mittelalters war nicht als naturkundliche Un-

terweisung zu verstehen. Der bizarre Zoo appellierte an den Glauben und die

Moral damaliger Christenmenschen. Die waren mit tierischer Symbolik durchaus

vertraut. Kannten das Lamm Gottes und die Taube des Heiligen Geistes. Wussten,

dass der Kampf zwischen dem Löwen als König der Tiere und dem Bären als Herr-

scher über den Wald das Ringen von Christentum und heidnischer Welt meinte.

Und dass der Drache für den Erzfeind der Kirche stand, weshalb ein Heiliger zum

Zeichen seines Sieges über das Böse mit dem Fuß auf dem Rücken eines solches

Untiers dargestellt werden musste.

Die Idee zur mittelalterlichen Tierschau mit christlicher Moral lieferte der in Ale-

xandria entstandene „Physiologus” aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. Berühmt mit

einem „Bestiarium“ (lat.: „bestiarius”=wilde Tiere betreffend) wurden im 12. und

13. Jahrhundert die Franzosen Philippe de Thaons, Guillaume de Clercs und Ger-

vaise de Fontenays. Den religiösen folgten bald weltliche Bestiarien.

D E R C H A R M E D E S B E S T I A R I U M S -

T I E R E , D I E E S S O N I C H T G I B T

Guillaume Apollinaires „Le bestiaire ou le cortège d’Orphée” brachte vor hundert

Jahren das tierisch-menschliche Artenspiel wieder in Mode.

Wie es sich für ein Bestiarium gehört, zeigen auch die 27 Objekte in diesem

Katalog Tiere, die es so nicht gibt - Pferde aus Bronze, Hunde

aus Porzellan, ein Antilopenantlitz aus Holz, springende

Hirsche und einen Schwan als Tapisserie. Surrealere Beweise

des Animalismus in der Kunst offerieren jedoch die vielen

hochartifiziellen Trompe-l’oeil-Fayencen aus dem 18. Jahr-

hundert - Deckelterrinen als Karpfen, Feldhasen, Birkhuhn,

Enten oder Truthahn, Henkelkannen in Papa geien- oder

Bären-Camouflage. Ein charmanter Augentäuscher ist

auch der glubschäugige Eber aus Fayence, der zur Freude

des Betrachters quicklebendig seinen Jägern bei der

Sauhatz zu entwischen scheint. Allegorischer Unterschleif mit

moralischer Nutzanwendung liegt all diesen fabelhaften

Tieren fern. Statt Furcht und Schrecken zu

verbreiten, wollen sie lieber amüsierte

Blicke auf sich ziehen und dauerhaft

Vergnügen bereiten.

TAPISSERIE-FRAGMENT MIT SCHWAN

Antwerpen, 2. Hälfte 17 Jahrhundert, signiert „M. WAUTER“, tätig in Antwerpen zwischen 1651 und 1679, Wolle und Seide, gewirkt, Höhe 180 cm, Breite 58 cm

Der Schwan ist in zahlreiche Mythen und Märcheneingegangen. Auf Stilleben und Gemälden des 17. Jahrhunderts wurde er zum „Symbol der vonWollust und Unzucht gespeisten Luxurie”. In manchen Beschreibungen gilt er zudem alsheuchlerisch. (Aus Animalisches Glossar, Katalog Menagerie-Tierschau aus der SammlungWürth, Seite 272)

SKULPTUR EINES WILDSCHWEINS

Straßburg 1748-58, Periode Paul Hannong, Fayence, naturalistische polychrome Bemalung mit Muffelfarben. Höhe 10,5 cm, Länge 17 cm, Provenienz: Rheinische Privatsammlung

Dieser, über Astwerk hinwegrennende naturalistisch geformte und bemalte Eber war sicher Teil einer Jagdszenerie mit Jägern und weiteren Tieren. Eine solche Sauhatz befindet sich in der Sammlung Ludwig ein Bamberg.

TERRINE IN GESTALT EINES LIEGENDEN KARPFENS

Brüssel, um 1750, Manufaktur Philippe Mombaers, gemarkt „B:n2 und 3”, Trompe-l’oeil-Fayence, naturalistisch in Scharffeuertechnik bemalt, Länge 47 cm. Vergleichsstücke verwahrt das Stadtmuseum in Brüssel, Maison du Roi.

DREI KANNEN IN GESTALT VON PAPAGEIEN DAVON EIN PAAR

Kanne Glienitz (Schlesien) um 1770, Trompe-l’oeil-Fayencen, naturalistisch bemalt, Höhe 23,5 cm (Paar), bzw. 24 cm.

Die Fayenciers des 18. Jahrhunderts bezogen ihre Kenntnisse für die Ausformung exotischer Tiere, die oft stark vom Vorbild abwichen, aus den naturkundlichen Sammlungen und fürstlichen Kunstkammern mit Tierpräparaten, die bereits im 16. Jahrhundert entstanden und sich auf das Interesse an der Flora und Fauna außerhalb Europas gründeten.

PAAR KLEINE DECKELTERRINEN IN GESTALT VON FELDHASEN „LEPUS EUROPAEUS”

Proskau (Schlesien) um 1785/90, Trompe-l’oeil-Fayencen, naturalistische farbige Bemalung, Höhe 12 bzw. 12,5 cm, Länge je 18 cm. Ein identisches Paar ist abgebildet in dem Aufsatz von K. Strauß über Schlesische Fayencen in Keramik-Freunde der Schweiz Nr.74, Abb. 40. Provenienz: Sammlung Lolo Sarnoff (1916-2014), Maryland.

Mit Symbolcharakter für Fruchtbarkeit und aktives Leben spielte der Hase bei vielen Völkern eine Rolle. Auch in der Kunst, z.B. bei AlbrechtDürer und Joseph Beuys waren diese Charakteristika sehr wichtig. Vorbilder für diese kleinen Terrinen gab es auch bei chinesischem Porzellan.

TRUHE AUF GESCHWEIFTEM SOCKEL MIT HIRSCHEN UND VÖGELN

Japan um 1650, Schwarzlack, maki-e, nashiji, Perlmutteinlage, versilberte Kupferbeschläge, , H. 40,7 cm, L. 58,2 cm, B. 42,3 cm.

Für den hier vorgestellten, noch im Originalzustand erhaltenen Kasten, der in Japan für den Export nach Europa gefertigt wurde,verwahrt die Staatliche Münzsammlung München in der Residenz Vergleichsstücke, die jedoch später zu Münzkabinetten für die fürstliche Sammlung umgebaut wurden. Eine fast identische Truhe befindet sich auch in der David-Samling in Kopenhagen.

Die Darstellung eines Hirschpaares in herbstlicher Landschaft folgt der japanischen Bildtradition nach einem waka- Gedicht von Sarumaru Dayu aus dem 9.-10.Jh. aus der berühmten Gedichtsammlung von Hyakunin Isshu (Hundert Gedichte von hundert Dichtern) und soll die Melancholie des Herbstes versinnbildlichen:

„Tief in den Bergen streift durch rotes Herbstlaub der Hirsch. In seinem sehnsuchtsvollen Rufen bemerke ich die Traurigkeit des Herbstes.”

DECKELTERRINE IN GESTALT EINES TRUTHAHNS AUF RASENSOCKEL

Nove Bassano um 1780, Manufaktur Antonibon, numeriert „15” in Mangan, Steingut, naturalistisch staffiert und farbig bemalt, Höhe 29 cm, Breite 35 cm.

Von 1740 bis 1790 wurden in den norditalienischen Orten Nove und Bassano, in der Nähe von Vicenza, Schaugerichte in Fayence und ab 1770 auch in Steingut hergestellt. Der Truthahn gehört zu den exotischen Tieren. Er wurde erst um1525 aus Amerika nachEuropa importiert. Bei festlichen Essen zierte der imposante Vogel die Mitte der Tafel.

GROSSE DECKELTERRINE IN GESTALT EINES AUERHUHNS AUF RASENSOCKEL

Süddeutschland, wohl Crailsheim, 2. Hälfte 18. Jahrhundert, Trompe-l’oeil-Fayence, farbige Bemalung mit Scharffeuerfarben, Höhe 32 cm, Breite 43 cm.

Aus Crailsheim sind nur wenige figürliche Fayence-Arbeiten bekannt. Das Stadtmuseum im Spital in Crailsheim verwahrt einen fürdie Manufaktur attribuierten Mopshund (wohl ursprünglich aus der Sammlun Igo Levi stammend), der den gleichfarbigen und gleich hochgewölbten Rasensockel zeigt, wie das hier vorgestellte Birkhuhn.

RELIEFGITTER-DECKELVASE MITJAGDSZENEN

Magdeburg um 1760, gemarkt „M“, Fayence,polychrome Bemalung in Scharf feuertechnik aufden drei Kartuschen, Höhe 34 cm.

Provenienz: 1976 Kunstsalon Saal, Hannover, Kunsthandel Fischer-Böhler, München,Privatbesitz Süddeutschland

Aufgrund ihrer für die Manufaktur seltenen Thematik der Bemalung wurde die Deckelvase in der Fachliteratur bei Meinz-Strauss,Jagdliche Fayencen deutscher Manufakturen,Hamburg 1976, auf Tafel 62 abgebildet.

Das 18. Jahrhundert war die große Zeit der fürstlichen Jagd. Daher waren wohl auch Jäger in der Hauptsache die Auftraggeber dieser Fayencen.

SKULPTUR EINES LIEGENDEN MOPSES

Süddeutschland, wohl Fulda, um 1760, Fayence, naturalistische Bemalung, der eckige Sockel mit grüner Einfassung, Höhe 10,5 cm, Länge 15,5 cm. Provenienz: Sotheby Zürich, 24. November 1992 (dort als Fulda).

Im 17. Jahrhundert kam der Mops aus China nach Europa. Neben der bemalten Flach- und Korpusware der Fuldaer Fayence-Manufaktur (1741-1760) sind auch wenige figürliche Arbeiten wie Frösche, Schildkröten und Möpse bekannt. In der Ausstellung „made in FD” 2015 im Vonderau-Museum Fulda gab es, außerhalb des Kataloges, einen Mops aus der Sammlung Ducret zu sehen: Zwar eine Formvariante, jedoch mit ähnlicher Staffierung und Sockelplatte.

PFERD MIT GESENKTEM KOPF

Renée Sintenis 1888-19651946, Bronze, Signatur: RS, Gießerstempel: H. Noack Berlin, Höhe 9,8 cm, WVZ Buhlmann 157.

Das Spektrum der Darstellungen der sogeannten „Animaliers” mit ihren kleinformatigen naturnahen Tierdarstellungen reicht vomHaustier bis hin zu wilden Tieren. Die Berliner Bildhauerin Renée Sintenis wurde vor allem durch ihre zahlreichen Varianten von Pferdebronzen bekannt.

KLEINE HENKELKANNE IN GESTALT EINES GULO GULO

Deutschland um 1780, wohl Zerbst, Marke „Z”, Trompe-l’oeil-Fayence, bemalt mit Scharffeuerfarben, Höhe 16,5 cm.

Der Gulo Gulo ist eine exotische Raubtierart aus der Familie der Marder, die im nördlichen Eurasien und in Nordamerika lebte.Im Europa des 18. Jh. war das Interesse für exotische Tiere aus fernen Ländern enorm gewachsen. Bereits im Jahr 1731 hat Kaendler deswegen für die Meissener Manufaktur ein Paar Tiere dieser Spezies in sein Bestiarium aufgenommen.Die Fayenciers haben diesen Trend aufgenommen und umgesetzt. Der Gulo Gulo ist auch bekannt unter dem Namen Vielfrass.

ZWEI FLIESEN MIT TIERDARSTELLUNGEN IM RUND, LEOPARD UND TRUTHAHN

nördliche Niederlande 1590 bis 1620, Fayence, Viertelrosette-Eckmotiv, je 13,5 x 13,5 cm.

Die Tierdarstellungen auf frühen holländischen Fliesen umfassen heimische und exotische Tiere. Da zu dieser Zeit noch keine Kenntnisse über exotische Tiere vorhanden waren, wurde nach grafischen Vorlagen aus der Zeit gearbeitet.

MOSSI

Antilopen-Maske, Burkina Faso, Anfang 20. Jahrhundert, Holz, Farbe, Breite 36 cm.

Der grazile Kopf und die geschwungenen Hörner der hier vorgestellen auf dem Kopf getragenen Maske lassen die Eleganzund Würde der Antilope auch in dieser stark stilisierten Form erkennen. Getanz wurden die Mossi Masken in aller Regel beiFruchtbarkeitszeremonien zu Beginn der Regenzeit.

ZWEI DECKELTERRINEN IN GESTALT VON SITZENDEN ENTEN

Laut alter Zuschreibung wohl Strassburg um 1760/70, Trompe-l’oeil-Fayencen, naturalistische Bemalung mit Muffelfarben, Höhe je 23 cm, Länge je 29 cm. Provenienz: Sotheby Zürich, 10. Dezember 1997 (dort als wohl Strassburg)

Bereits 50 v. Chr. sind auf einem Fußbodenmosaik aus dem Haus des Fauns in Pompeji wilde Enten dargestellt. Die hier gezeigten Enten in domestizierter Form finden sich auch als Exponate chinesischen Exportporzellans.

TABLEAU, BESTEHEND AUS VIER FLIESEN MIT TIERDARSTELLUNGEN

nördliche Niederlande 1600-1620, Palmetten-Eckmotive, 13 bzw. 13,2 x 13 bzw. 13,5 cm.

Auf den vier Fliesen werden exotische und heimische Tiere, wie Kuh, Giraffe,Hirsch und Braunbär gezeigt.

SKULPTUR EINES PFERDES IN DER LEVADE

Italien Ende 18. Jahrhundert, Bronze, gegossen, ziseliert, Höhe 22 cm.

Die repräsentative Darstellung geht auf eine Idee Giambolognas zurück. Das klassische Renaissance-Modell bildetedas Vorbild vieler barockisierender Nachschöpfungen bis zum Ende des 18. Jh. Aus einer unbekannten italienischenBronzegiesserei dieser Zeit stammt das hier vorgestellte Exemplar. Auf einer zu dieser Zeit üblichen Bildungsreisedurch Italien wurde es wohl als Sammlungsstück erworben.

STREITWAGEN-PENDULE MIT SCHWAN

Paris um 1810, feuervergoldete, ziselierte, mattierte und polierte Bronze, schwarzer Marmor, kompliziertes Uhrwerk mit petit sonnerie, Emaille Zifferblatt mit arabischen Ziffern, Höhe 32 cm, Breite 30 cm.

Seltenes Modell, dem Designer Jean-André Reiche zuzuschreiben.Der Schwan erscheint hier als Sinnbild: Zugtier vor dem Wagen der Liebe und der Zeit.

TABATIÈRE IN GESTALT EINES HUNDEKOPFES

Königliche Porzellanmanufaktur Kopenhagen 1780/90, Dosendeckel beidseitig mitTieren bemalt, Silbermontierung, Schleswig-Holstein, H. 7 cm.Vgl.: Bredo L. Grandjean, Kongelik Dansk Porcelain Kopenhagen 1962, Abb. 155.

Das vermenschlichte Antlitz der Dose ist wohl als Karikatur zu verstehen.

POT-POURRI-VASE MIT ZIEGENBOCK

Tournai um 1750, Fayence, Bemalung mitScharffeuerfarben, Höhe 27,5 cm.Vergleichsstück im Musée des Arts Décoratif, Brüssel, Katalog Doornikse Faience 1966, Abb. 12

Provenienz: In den 80er Jahren vom Vorbesitzer bei Kunsthandel Fischer-Böhlerin München erworben.

Der Ziegenbock gilt als Sinnbild der zügellosen Gier und Triebhaftigkeit. Im Mittelalter sah man ihn sogar als Teufelstier an. (Aus Animalisches Glossar,Menagerie, Tierschau aus der SammlungWürth, Seite 275)

BAMBARA

Hocker aus Mali. Höhe 25 cm.Bambara Hocker haben immer eine elegante Form, sind stabil und praktisch. Dieser hat die Form eines Tieres, wobei man nicht definierenkann, welches Tier gemeint ist, wie so oft in der Kunst Afrikas.

YORUBA

Kultstab aus Eisen, Nigeria, H. 82Der Vogel ist Symbol des Medizingottes Osanyin, der als Inhaber der heilkräftigen Pflanzen verehrt wird. Mit großer Lebendigkeit ist die Bewegung des Vogels eingefangen.

EschKunsthandel

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