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STADTÖKOLOGIE - GEWÄSSER - RENATURIERUNG ÖKO-L 18/1 (1996): 3 - 14 Bäche in der Stadt: Belastungen-Funktionen- Renaturierung dargestellt am Beispiel der Stadt Linz Dr. Friedrich SCHWARZ Naturkundliche Station der Stadt Linz, Roseggerstraße 22, A-4020 Linz Kaum ein Lebensraum war und ist derart gravierenden Veränderungen unterworfen wie die Fließgewässer. Insbesondere in Siedlungsgebieten fri- steten Bäche und Flüsse lange Zeit ein kümmerliches Schattendasein, waren ungeliebte Elemente, denen man kaum Platz eingeräumt hat, die man am liebsten verbannen wollte: aus dem Weg - aus dem Sinn. Sie waren ja doch nur teuer in der Erhaltung und aufwendig in der Gestaltung. Ohne Rück- sicht auf ökologische Zusammenhänge wurden sie verbaut und kanalisiert, begradigt, verbetoniert und im Extremfall sogar gänzlich verrohrt. Aber langsam beginnt man sich der Bedeutung der Bäche wieder zu entsinnen, langsam wird wieder erkannt, was man an ihnen hat, was mit ihnen falsch gemacht wurde und wie man diese Fehler der Vergangenheit (zumindest teilweise) wieder ausbügeln kann. Die Stadt Linz hat auf diesem Gebiet einiges vorzuweisen. Darüber möchte ich hier berichten. An manche Bäche erinnern heute lei- der nur mehr Orts- oder Straßenna- men, wie drei Beispiele aus Linz zei- gen: * Die Baumbachstratte in der alten Linzer Vorstadt beim Neuen Dom: vom Baumbach, der hier einmal ge- flossen ist, gibt es keine Spur mehr. * Der Grundbachweg verläuft dort, wo es einmal den „Grundbach" gege- ben hat. Wo dieser genau geflossen ist, weiß heute kein Mensch mehr. * Der Füchselbach hat bis in die Mit- te der 30er Jahre das ganze Stadtge- biet von West nach Ost durchquert. Heute erinnert nur mehr eine winzig- kleine Füchselstraße an dieses nicht unbedeutende Linzer Gewässer. Er ist ab dem Quellgebiet verrohrt und aus dem Stadtbild völlig verschwunden. Solche Beispiele gibt es wohl aus je- der Stadt. Die Liste ließe sich fortset- zen mit der Verwandlung vieler Bä- che in Kanäle und steinerne Abfluß- rinnen, Bäche, die den Namen „Bach" nicht mehr verdienen, gesichtslose Ein- heitsgestalten in einer monotonen, von Beton und Asphalt dominierten Stadt- landschaft. Karl-Heinz HÜLBUSCH schreibt: „So wie wir denken sieht unsere Landschaft aus". In Anbetracht des Bildes vieler Bäche und Flüsse könnte man sich die Frage stellen, wie versteinert und kanalisiert unser Den- ken wohl sein mag in unserer Zeit. ÖKO-L 18/1 (1996) Aber es gibt einen Hoffnungsschim- mer: Viele Fehler der Vergangenheit wurden erkannt, der Wasserbau hat einen merklichen Schwenk in Rich- tung Ökologisierung unternommen. Begriffe wie „naturnaher Wasserbau", „Fließgewässerökologie" und „Rena- turierung" haben Einzug gehalten in die Begriffswelt der Technik. Und zu- nehmend wird mit Biologen und Öko- logen zusammengearbeitet: in diesem Artikel möchte ich einige gelungene Beispiele aus der Stadt Linz vorstel- len, bei denen eine Synthese aus Tech- nik und Ökologie gelungen ist. Wer oder Was belastet die Stadtbache? Was sind aber die typischen Bela- stungs- und Störungsfaktoren, die auf Fließgewässer speziell im urba- nen Bereich einwirken? Meist spielen mehrere Faktoren zusammen und be- wirken mehr oder minder drastisch wirksame Einschränkungen der unter- schiedlichen Funktionen der Gewäs- ser: * die in manchen Gewässer immer noch bestehende schlechte Wassergü- te, * der technische Hochwasserschutz mit einer einhergehenden Monotoni- sierung der Gewässerstrukturen und der Unterbindung der Wanderungs- möglichkeiten der Besiedler (Unter- brechung des Kontinuums), Abb. 1: Gepflastert, begradigt, kanalisiert - gesichtslose Wasserrinnen, die den Na- men „Bach" nicht mehr verdienen: so sehen viele unserer Stadtbäche aus. * eine unnatürliche Hydraulik durch veränderte Grundwasserverhältnisse, die beengten Verhältnisse entlang der Uferzonen aufgrund intensiver Nutzung und Bebauung, sf: der Verlust der bachbegleitenden Gehölzvegetation, * der starke Nutzungsdruck auf die Gewässerrandbereiche (Schaffung von Infrastrukturen für die Erholungs- und Freizeitnutzung, z.B. Anlage von Stra- ßen. Wegen. Parkplätzen, etc.), ^ die immer wieder zu beobachtende Praxis, Abfälle aller Art an Bachufern zu deponieren (z.B. Rasenschnittgut, Komposthaufen, Müll, Bauschutt, etc.), * die in Teilbereichen relativ starke fischereiliche Nutzung der Fließge- wässer. Wie sich Bachregulierungen auf die Verringerung der Artenvielfalt auswir- ken, zeigte z.B. MITTER (1991) am © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

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STADTÖKOLOGIE - GEWÄSSER - RENATURIERUNG ÖKO-L 18/1 (1996): 3 - 14

Bäche in der Stadt:Belastungen-Funktionen-Renaturierungdargestellt am Beispiel der Stadt Linz

Dr. Friedrich SCHWARZNaturkundliche Station

der Stadt Linz,Roseggerstraße 22,

A-4020 Linz

Kaum ein Lebensraum war und ist derart gravierenden Veränderungenunterworfen wie die Fließgewässer. Insbesondere in Siedlungsgebieten fri-steten Bäche und Flüsse lange Zeit ein kümmerliches Schattendasein, warenungeliebte Elemente, denen man kaum Platz eingeräumt hat, die man amliebsten verbannen wollte: aus dem Weg - aus dem Sinn. Sie waren ja dochnur teuer in der Erhaltung und aufwendig in der Gestaltung. Ohne Rück-sicht auf ökologische Zusammenhänge wurden sie verbaut und kanalisiert,begradigt, verbetoniert und im Extremfall sogar gänzlich verrohrt. Aberlangsam beginnt man sich der Bedeutung der Bäche wieder zu entsinnen,langsam wird wieder erkannt, was man an ihnen hat, was mit ihnen falschgemacht wurde und wie man diese Fehler der Vergangenheit (zumindestteilweise) wieder ausbügeln kann. Die Stadt Linz hat auf diesem Gebieteiniges vorzuweisen. Darüber möchte ich hier berichten.

An manche Bäche erinnern heute lei-der nur mehr Orts- oder Straßenna-men, wie drei Beispiele aus Linz zei-gen:

* Die Baumbachstratte in der altenLinzer Vorstadt beim Neuen Dom:vom Baumbach, der hier einmal ge-flossen ist, gibt es keine Spur mehr.

* Der Grundbachweg verläuft dort,wo es einmal den „Grundbach" gege-ben hat. Wo dieser genau geflossenist, weiß heute kein Mensch mehr.

* Der Füchselbach hat bis in die Mit-te der 30er Jahre das ganze Stadtge-biet von West nach Ost durchquert.Heute erinnert nur mehr eine winzig-kleine Füchselstraße an dieses nichtunbedeutende Linzer Gewässer. Er istab dem Quellgebiet verrohrt und ausdem Stadtbild völlig verschwunden.

Solche Beispiele gibt es wohl aus je-der Stadt. Die Liste ließe sich fortset-zen mit der Verwandlung vieler Bä-che in Kanäle und steinerne Abfluß-rinnen, Bäche, die den Namen „Bach"nicht mehr verdienen, gesichtslose Ein-heitsgestalten in einer monotonen, vonBeton und Asphalt dominierten Stadt-landschaft. Karl-Heinz HÜLBUSCHschreibt: „So wie wir denken siehtunsere Landschaft aus". In Anbetrachtdes Bildes vieler Bäche und Flüssekönnte man sich die Frage stellen, wieversteinert und kanalisiert unser Den-ken wohl sein mag in unserer Zeit.

ÖKO-L 18/1 (1996)

Aber es gibt einen Hoffnungsschim-mer: Viele Fehler der Vergangenheitwurden erkannt, der Wasserbau hateinen merklichen Schwenk in Rich-tung Ökologisierung unternommen.Begriffe wie „naturnaher Wasserbau",„Fließgewässerökologie" und „Rena-turierung" haben Einzug gehalten indie Begriffswelt der Technik. Und zu-nehmend wird mit Biologen und Öko-logen zusammengearbeitet: in diesemArtikel möchte ich einige gelungeneBeispiele aus der Stadt Linz vorstel-len, bei denen eine Synthese aus Tech-nik und Ökologie gelungen ist.

Wer oder Wasbelastet die Stadtbache?

Was sind aber die typischen Bela-stungs- und Störungsfaktoren, dieauf Fließgewässer speziell im urba-nen Bereich einwirken? Meist spielenmehrere Faktoren zusammen und be-wirken mehr oder minder drastischwirksame Einschränkungen der unter-schiedlichen Funktionen der Gewäs-ser:

* die in manchen Gewässer immernoch bestehende schlechte Wassergü-te,

* der technische Hochwasserschutzmit einer einhergehenden Monotoni-sierung der Gewässerstrukturen undder Unterbindung der Wanderungs-möglichkeiten der Besiedler (Unter-brechung des Kontinuums),

Abb. 1: Gepflastert, begradigt, kanalisiert- gesichtslose Wasserrinnen, die den Na-men „Bach" nicht mehr verdienen: sosehen viele unserer Stadtbäche aus.

* eine unnatürliche Hydraulik durchveränderte Grundwasserverhältnisse,

H« die beengten Verhältnisse entlangder Uferzonen aufgrund intensiverNutzung und Bebauung,

sf: der Verlust der bachbegleitendenGehölzvegetation,

* der starke Nutzungsdruck auf dieGewässerrandbereiche (Schaffung vonInfrastrukturen für die Erholungs- undFreizeitnutzung, z.B. Anlage von Stra-ßen. Wegen. Parkplätzen, etc.),

^ die immer wieder zu beobachtendePraxis, Abfälle aller Art an Bachufernzu deponieren (z.B. Rasenschnittgut,Komposthaufen, Müll, Bauschutt,etc.),

* die in Teilbereichen relativ starkefischereiliche Nutzung der Fließge-wässer.

Wie sich Bachregulierungen auf dieVerringerung der Artenvielfalt auswir-ken, zeigte z.B. MITTER (1991) am

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Beispiel des Linzer Wambaches inbezug auf die Käferfauna. Er konntez.B. keinen einzigen Wasserkäfer imregulierten Abschnitt nachweisen undbei den Uferbewohnern war die Indi-viduendichte im naturbelassenen Ab-schnitt mehr als doppelt so hoch.

Funktionenstädtischer Fließgewässer

Es ist eine ökologische Binsenweis-heit, daß Fließgewässer mehr als blo-ße Abflußrinnen für das Wasser dar-stellen. Als lineare Ökosysteme wir-ken sie wie „Lebensadern der Land-schaft" und erfüllen eine Vielzahl von

Klima. Geländemorphologie undGeologie beeinflußt. Sie stellen einGefüge von Variablen dar. die sich inihrer Längserstreckung gesetzmäßigabwandeln. An dieses Abfolgemustervon Temperatur. Strömung. Substrat-verhältnisse. Bettdimension u.s.w.sind die pflanzlichen und tierischenBesiedler angepaßt. Zuerst wurde die-se regelhafte Abfolge anhand der Leit-fischarten beschrieben, wobei sich die-se fischereibiologische Sichtweisedann zum klassischen Bild der hinter-einander gereihten LebensräumeQuellbachregion (Krenal), Bachre-gion (Rithral) und Flußregion (Po-tamal) erweiterte. Mit dieser Sicht-weise ist aber die Gefahr der allzu

sommerkalt, im Unterlauf jahreszeit-mäßig wechselnd und sommerwarm,

Sauerstoffgehalt: von gleichmäßighoch im Oberlauf bis wechselnd imUnterlauf,

Belichtung: von beschattet im Ober-und Mittellauf bis besonnt im Unter-laufgrößerer Flüsse.

Energieeintrag: allochthon (von au-ßen kommend) im Oberlauf, auto-chthon (Nährstoffe entstehen im Ge-wässer selbst) im Unterlauf,

Trophiegrad (Nährstoffzustand): oli-gotroph (nährstoffarm) bis eutroph(nährstoffreich)

Abb. 2: Ein Problem, das immer wiederauftritt: alte Wasserrechte erlauben dievollständige Ausleitung von Wasser ausdem Hauptgerinne in Mühl- oder Werks-bäche. Dadurch kommt es - so wie hier inder Krems - zu einer vollständigen Aus-trocknung des Bachbettes und zu einervölligen Vernichtung der gesamten Lebe-welt im Wasser. Foto: N a S t - A r c h i v

Funktionen, die für die freie Land-schaft gleichermaßen gelten wie fürBallungsräume, ja hier vielleicht inmancher Hinsicht noch größere Be-deutung haben. Aufgrund ihrer Längs-ausrichtung sind sie wie kein anderesElement des Naturraumes in der Lage.Stadtbarrieren zu durchdringen. Eingesundes Gewässernetz in der Stadtist ein Ausweis ihrer Lebensqualität!

Biotopfunktion

Fließgewässer als vom ..fließendenWasser" geprägte Lebensräume sindzuallererst von den Umweltfaktoren

Abb. 3: Naturnahc. unverbaute Bächeverleihen dem Stadtbild ein unverwech-selbares Gepräge, vernetzen das Umlandmit dem verbauten Gebiet, sind hochwer-tige Lebensräume einer artenreichen Tier-und Pflanzenwelt und leisten einen wich-tigen Beitrag zur Verbesserung des Stadt-klimas.

Foto: H. R u b e n s e r

statischen Betrachtung des Ökosy-stems Fließgewässer verbunden. DieWeiterentwicklung dieses Modells,das sog. „River-Continuum-Con-cept". zielt auf die ständige graduelleVeränderung einzelner Faktoren undihre gegenseitige Abhängigkeit ab.V.a. wird das alte Modell durch dieAspekte Produktionsbiologie und Er-nährungstypologie ergänzt.

Als Gradienten in diesem Kontinu-um zwischen Quelle und Mündungsind folgende Parameter zu nennen:

Temperaturverhältnisse: im Oberlaufganzjährig relativ gleichmäßig und

JAbb .4: Alte NU : : : _ .. -...: ,vrPul vermühlbach in Urf'ahr. sind bedeutendekulturhistorische Relikte und auch deswe-gen erhaltenswert. An vielen Urfahrer Bä-chen haben sich früher Wäschereibetriebeangesiedelt, weil sich das weiche, kalkarmeWasser aus dem Mühlviertel dafür beson-ders gut geeignet hat.

Foto: C. H ieb inge r

Anteil grober organischer Partikel:im Oberlauf groß, im Unterlauf klein.

Anteil feiner organischer Partikel:umgekehrt: im Oberlauf klein, im Un-terlaufgroß.

Daraus ergeben sich die charakteristi-schen funktionellen Ernährungstypender Gewässerorganismen: im Ober-laufdominieren Raspier und Zerklei-nerer (z.B. Strudelwürmer, Eintags-fliegen-, Köcherfliegenlarven. Bach-flohkrebse, etc.). im Unterlauf derFlüsse leben Filtrierer und Weidegän-ger (z.B. Schlammröhrenwürmer.Zuckmückenlarven. Muscheln, etc.).

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Fließgewässer beherbergen unter al-len von Süßwasser gebildeten Lebens-räumen mit Abstand die meisten Tier-arten: etwa 3 x mehr als in stehendenGewässern. Wesentliches Grundver-haltensmuster der Fauna in Fließge-wässern ist das ständige Arbeiten ge-gen die Strömung. Es kommt zwarimmer wieder zu Driftverlusten, diejedoch durch Aufwärtswandern oderAufwärtsfliegen ausgeglichen werden.Die Unterbrechung dieses Fließkonti-nuums durch Sohlstufen, Staumauern,glatt ausbetonierte Bettabschnitte,Verrohrungen, thermisch belastetebzw. durch Abwasser belastete Strek-ken oder eingeschaltete künstlicheStillwasserbezirke wirken als Drift-

sion und Sedimentation, junge Pio-nierstandorte und ältere Besiedlungs-bereiche: all dies bewirkt, daß die Auein Lebensraum mit außerordentlichhoher Diversität ist. Dazu kommt dieBedeutung der Ufergehölze für dieBeschattung des Gewässers und alsStrukturelement für wasserbewohnen-de Tierarten: viele Tiere, die im Lar-valstadium im Wasser leben (z.B.Steinfliegen), brauchen die randlicheAu um sich im geflügelten Stadiumvermehren zu können. Beispiele da-für: viele Arten sind schlechte Flie-ger, die zarthäutigen Tiere sind aufbeschattete Ruheplätze mit hoher Luft-feuchtigkeit nahe am Wasser ange-wiesen. Tanzschwärme, bei denen die

Vernetzungsfunktion

Fließgewässer sind als lineare Ele-mente wie kein anderer Lebensraumin der Lage, die freie Landschaft mitder dicht bebauten Stadtlandschaft zuverbinden, zu vernetzen. Sie könnensowohl Tiere und Pflanzen des Um-landes bis weit in das Stadtzentrumhinein führen als auch Biotopinselnim verbauten Gebiet darstellen. DaßFließgewässer ihre Vernetzungsfunk-tion auch voll und ganz erfüllen kön-nen, sollten natürlich die wichtigstenökologischen Grundbedingungen er-füllt sein:

Abb.5: In den Gehölzsäumen von Bächenbauen nicht nur Vögel ihre Nester son-dern auch die Kinder. Mit diesen unge-planten. selbstgestalteten Abenteuerspiel-plätzen können die Kids nicht nur ihreSpiellust befriedigen, es erwacht auchNaturverständnis und Naturliebe.

fallen: ein Aufwärtswandem wird fürdie Tiere verunmöglicht. die oberlie-genden Gewässerabschnitte verarmen.

Ein wichtiges Element des ÖkosystemsFließgewässer, das immer wieder ver-gessen wird, ist der begleitende Au-wald. Die hydrologische Bedeutungdes „Wasserwaldes" liegt in der Re-tentionswirkung für Hochwässer, einAspekt, der erst in jüngerer Zeit wie-der ins Bewußtsein der Wasserbau-techniker gerückt ist. Als weitere wich-tige Funktion kann die Pufferfunktiongenannt werden: Stoffeinträge aus demUmland in das Gewässer werden re-duziert. Auwälder unterliegen norma-lerweise der Dynamik des Wassers:Überflutung und Trockenfallen, Ero-

Abb.6: Die Naturkundliche Station veranstaltete gemeinsam mit dem Jugendamtzahlreiche ..Dschungelexpeditionen" in die Au. Am meisten waren die Kinder von derSchlauchbootfahrt auf langsam fließenden Aubächen begeistert.

Geschlechter zueinander finden, ori-entieren sich an der gewässerbeglei-tenden Vegetation und bei manchenSteinfliegenarten finden die Partnerdurch Trommelsignale auf geeignetenBlattunterlagen zueinander. Wenn ent-sprechende Schlüsselreize am Uferfehlen, erkennen die legebereitenWeibchen das Gewässer nicht mehrals Habitat (Lebensraum) für die Lar-ven, selbst wenn das Gewässer an sichoptimale Entwicklungsbedingungenbieten würde. Diese wenigen Beispie-le mögen die vielfältigen Funktions-beziehungen und die Bedeutung derAu für das Fließgewässer verdeutli-chen. Meist ist gerade im besiedeltenBereich die Au entweder überhauptnicht mehr oder nur mehr rudimentärvorhanden. Im Falle von Renaturie-rungs- oder Revitalisierungsprojektensollte auf die gezielte Neuschaffungeines bepflanzten Ufers besonders ge-achtet werden.

* Biotopstrukturen im und am Ge-wässer müssen vorhanden sein,

* es sollten keine Kontinuumsunter-brechungen vorhanden sein (Sohlab-stürze, gepflasterte oder betonierteSohle, etc.),

* der uferbegleitende Auwald solltenicht fehlen.

Die Wiederherstellung dieser Vernet-zungsfunktion sollte auf die Repara-tur dieser Aspekte abzielen.

Klimatische Ausgleichsfunktion

Besonders wichtig für Ballungräumemit ihren spezifischen Problemen, wasdie Luftqualtiät und das Klima be-trifft, ist die klimatische Ausgleichs-funktion, die von Fließgewässersyste-men ausgeht. In diesem Zusammen-hang zu nennen ist die ausgleichende

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Wirkung des Wassers auf die Tempe-ratur und Luftfeuchtigkeit der Umge-bung, die Filterwirkung von Gehölz-zügen für Staub und andere Schadga-se und - was für Städte besonderswichtig ist - die Bedeutung von Tal-räumen für die Belüftung der ganzenStadt. Gerade in sommerlichen Ex-tremsituationen, wo die Luft in derStadt förmlich steht, sind Täler, indenen die kühlere, schwerere Luft ausdem Umland in die Stadt streichenkann, unersetzbare Klimaanlagen, de-ren Funktion unbedingt zu erhaltensind. Es handelt sich bei diesen soge-nannten „Flurwinden" um relativ lang-sam fließende Luftströmungen, diesehr empfindlich reagieren, wenn sieauf Hindernisse stoßen. Dann kom-men sie leicht zum Stillstand bzw.werden gebremst und in ihrer Intensi-tät geschmälert. D.h. sie können ihrepositiven Wirkungen nur dann erfül-len, wenn diese Durchlüftungsschnei-sen unverbaut erhalten bleiben. Hierist die Stadtplanung aufgerufen, dieseBereiche vor Verbauungsplänen zuschützen. Auch innerstädtische Was-serflächen können lokale Luftzirkula-tionen in Gang bringen, welche sichgünstig auf das extreme „Wüstenkli-ma" des Stadtkörpers auswirken. Inder Fachliteratur ist sogar von der Aus-bildung eines in das bebaute Gebiethinein wehenden „Gewässerwindes"die Rede. Diesbezügliche Untersu-chungen liegen aus Japan und Berlinvor. Prof. S u k o p p konnte aus Ber-lin belegen, daß ausreichend großeGrünflächen in der Lage sind, die Um-gebungstemperatur um ein halbesGrad abzusenken. Dieser Abkühlungs-effekt kann bis über 1 km in die Um-gebung (z.B. in das verbaute Gebiet)reichen.

Erholungs- und Erlebnisfunktion

Diese Funktion besitzt insbesonderein der Stadt große Bedeutung. Geradein Ballungsgebieten sind naturnaheGrünzonen wichtig für das Erholungs-bedürfnis der Bewohner. Und beson-ders Bach- und Flußufer werden mitVorliebe zum Wandern. Rasten, Spie-len, zum Liegen und Lesen u.s.w. auf-gesucht. Wasser wirkt beruhigend aufunsere Seele, vielleicht weil es unsdaran erinnert, daß wir alle letztend-lich aus dem Wasser stammen. DerBach im Wohnviertel trägt wesentlichzur Identifikation, zur Unverwechsel-barkeit des Wohnumfeldes bei unddamit ist eine wesentliche Vorausset-zung dafür gegeben, daß sich auch

„Heimatgefühl" und psychischesWohlbefinden einstellen kann. DieJahreszeiten bleiben erlebbar, derWechsel der Farben, Formen, Gerü-che, der Gesang der Vögel, ... Fließ-gewässer im Siedlungsgebiet eignensich besonders als Achsen für Wan-derwege, Radwege, fußläufige Ver-bindungen zwischen Stadtteilen. Be-sonders wichtig ist dieser Aspekt fürKinder, für die lebendiges Wasserimmer etwas magisches, anziehendesdarstellt. Naturnahes Spiel, der Bauvon Baumhäusern auf alten Weiden-stöcken, Wehre. Mühlräder.... all dassind unersetzliche Spielräume, dieunsere Kinder in der Welt der Home-Video- und TV-Überflutung dringendbrauchen (Abb. 24). Außerdem han-delt es sich gleichzeitig um die billig-sten Spielplätze, weil sie nicht auf-wendig möbiliert werden müssen, weilsie einfach „vorhanden" sind. Wennman viel mit Stadtbächen zu tun hat.fällt immer wieder eines auf: an Bach-ufern findet man nicht nur die Nesterder Vögel, sondern auch die „Nester"der Kinder (Abb. 5).

Gestaltungsfunktion

Am Rande sei noch ein Aspekt er-wähnt, der v.a. in bezug auf den Städ-tebau nicht unwesentlich ist: Fließge-wässer als gliedernde, auflockernde,bereichernde und belebende Elemente

Abb.7: Im Rahmen des Grundlagenfor-schungsprogrammes wurden auch dieLinzer Bäche und Flüsse eingehend un-tersucht. Hier wird gerade eine Probe auseinem Bachbett entnommen. Die Unter-suchung der darin vorkommenden Orga-nismen erlaubt Rückschlüsse auf dieWasserqualität des Gewässers.

der Stadtlandschaft. Flüsse, Bäche undGräben mit ihrem Begleitgrün sindwichtige Ansatzpunkte der städtebau-lichen Gliederung. Träger von Erleb-nis- und Gestaltungsqualitäten sowieBezugspunkt für innerstädtische Frei-zeitaktivitäten. Die geschickte Einpla-nung von Fließgewässern in Neupla-nungsgebieten stellt sich als interes-sante Herausforderung für Stadtpla-ner und Architekten heraus. Im südli-chen Linzer Stadtteil Pichling wird imZuge des Planungskonzeptes der sog.„Solar-City" beispielsweise überlegt,ein ganzes Mühlbachsystem, das frü-her hier existiert hat und heute nurmehr in Form trockener Geländerin-nen vorhanden ist. wieder zu reakti-vieren (Abb. 25). In diesem Zusam-menhang ist auch die kulturhistori-sche Bedeutung von alten Fließgewäs-sersystemen (Mühlbachen, Feilbä-chen) zu nennen, die als Kulturgütermeines Erachtens ebenso große Be-deutung besitzen, wie alte Häuser oderSiedlungsstrukturen (Abb. 4).

Der Fließgewässerzustand in Linz

Im Rahmen des Grundlagenfor-schungsprogrammes der Naturkund-lichen Station wurden in bezug aufdie Linzer Gewässer eine Reihe vonUntersuchungen durchgeführt, derenErgebnisse mittlerweile vorliegen. Er-wähnt seien folgende Bearbeitungen:

% Biotopkartierungen (LENGLACHNER,SCHANDA, 1990; LENGLACHNER,SCHANDA, STEIXNER-ZÖHRER,1988;ARGE NATURSCHUTZFORSCHUNG, 1989;LENGLACHNER, STRAUCH, SCHANDA,1989; ARGE NATURSCHUTZFORSCHUNG,1990),

=fc Gewässergüteuntersuchung ( AUGU-•ITIN, MOOG. UNTERWEGER, WIENER,1987; MOOG, 1984),

* Fischfauna (KAINZ, 1984 a.b.c;KAINZ, GOLLMANN, 1987 a,b; KAINZ,IANISCH. 1987).

* Käferfauna (MITTER. 1984. 1991).

* Libellen (LAISTER, 1994 a, b),

-!= Schnecken und Muscheln (SEIDL,1984. 1987, 1991)

* Ökomorphologie (STRAUCH, 1990,1993)

V.a. die Untersuchung der Ökomor-phologie der Gewässer erlaubt einenguten Überblick über den ökologi-schen Zustand der städtischen Fließ-gewässer. Das wichtigste daraus inKürze: In Linz gibt es insgesamt 34

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Gewässerkarte von Linz

Abgeschlossene Renaturierungen:

1. Weidingerbach2. Tagerbach3. Sammelgerinne 1 .Teil4. Schießstättenbach5. Haselbach l.Teil6. Tümpel Pleschinger Altarm7. Flachwassertümpel Heilham

Geplante Renaturierungen:a) Kremsaltarmb) Steiningergraben/Aumühlbachc) Wambachd) Pflasterbache) Sammelgerinne 2.Teilf) Haselbach 2. Teil

lAbb.8: Überblick über die durchgeführten und geplanten Renaturierungsprojekte im Stadtgebiet von Linz.

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Fließgewässerrinkl. Donau undTraun)mit einer Gesamtlänge von 105 km.Die ökomorphologische Zustandskar-tierung zeigte, daß zwar noch 12% zurZustandskiasse 1 (also unbeeinflußte,natürliche Gewässer) und nur 4 9c zurschlechtesten Kategorie 4 (naturfremd)zu zählen sind. Es ist jedoch zu beto-nen, daß fast 60 ck aller Linzer Fließ-gewässer ökologisch deutlich beein-trächtigt sind und rd. 25 C7c sich ineinem naturfernen Zustand befinden.

Von der Theorie zur Praxis -Bachrenaturierungen als Ausweg

Untersuchungen und Analysen sind zwarnotwendig und gut. bringen aber fürsich alleine betrachtet noch zuwenig,solange sie nicht umgesetzt werden.

Die zuständige Dienststelle des Ma-gistrates, die sich mit Wasserbau undStadtbächen beschäftigt, das Tiefbau-amt der Stadt Linz, stellte nun mitdiesen Grundlagen Berechnungen an.inwieweit einzelne Gewässerabschnit-te renaturiert werden können, wie dieKosten-Nutzen-Rechnung aussiehtoder ob sich an der Hydraulik und ander Hochwasserabfuhr etwas ändert.Aufgrund dieser von technischer Seiteerhobenen Grundlagen wurden von derNaturkundlichen Station in Zusam-menarbeit mit den Wasserbautechni-kern des Tiefbauamtes einige Renatu-rierungsprojekte erarbeitet, welche ichim folgenden kurz vorstelle (Abb. 8,Tabelle S. 14):

1. Renaturierung Weidingerbach

Dieser alte Mühlbach, der linksufrigder Traun durch den Stadtteil Auwie-sen fließt, war bereits einmal hochgra-dig bedroht: Als zu Beginn der 80erJahre das letzte Wasserrecht am Wei-dingerbach erlosch, wollte man denBach einfach zuschütten. Erst durcheine starke Bewohnerinitiative unterBeteiligung der Naturkundlichen Sta-tion konnte der Bach schließlich docherhalten bleiben. Heute ist man froh,ein so wertvolles Gewässer mitten imdicht verbauten Wohngebiet zu besit-zen. Der Zustand des Baches war ur-sprünglich jedoch nicht sehr zufrieden-stellend: Das Bachbett war völlig ver-schlammt, die Wasserqualität schlecht.Es war zwar der begleitende Auwald-saum entlang des Baches in einem sehrguten Zustand, das Gewässer selbstwar aber relativ strukturlos, die Uferfielen senkrechtein, die Sohle war ein-heitlich tief, die Verzahnung mit demUfereher schlecht (Abb. 9).

Abb.9: Der Weidingerbach - ein alter Mühlbach mit geregelter Wasserführung imsüdlichen Stadtteil Auwiesen - wurde als erstes Pilotprojekt von Tiefbauamt undNaturkundlicher Station in den Jahren 1989/90 renaturiert. Hier der Zustand vor denMaßnahmen: verschlammtes Bachbett, einheitliche Fließgeschwindigkeit, senkrechteinfallende Ufer, aber ein wunderschön erhaltener, dicht geschlossener Auwald-Gehölzsaum entlang der Ufer.

Im Zuge der Renaturierung, die 1989begonnen wurde, wurde der Bach aufeiner Länge von 2,5 km im vorhande-nen Querschnitt unter vollständigerBelassung der Ufergehölze mit Schot-tervorschüttungen strukturiert: dasGewässer wurde unregelmäßig ver-schwenkt, verengt, erweitert, die Ufer-linie wurde wesentlich verlängert.Kolke. Seichtbereiche. Totarme, In-seln, wurden geschaffen. Das Ziel war.ein möglichst abwechslungsreichesund vielfältiges Gewässerbild zu er-reichen. Nachdem sich der Bach imBereich des Traunniveaus befindet

(also mit Schotteruntergrund) wurdeKalkschotter als wichtigstes Gestal-tungselement verwendet. Auf Holz-bauweisen wurde weitgehend verzich-tet, weil der Bach durch die geregelteWasserführung keine Hochwässerführt, und es demnach zu keinen Ver-frachtungen und Abschwemmungenkommen kann. Punktuell wurden angrößeren Schotterflächen Weiden-stecklinge eingebracht, die großteilsaustrieben. Heute haben sich dieSchottergestaltungen in das naturna-he Landschaftsbild eingefügt, habensich großteils bewachsen und die ver-

Abb. 10: Der Weidingerbach nach den Renaturierungsarbeiten: mit Schottervorschüt-tungen wurde die Uferlinie neu gestaltet, abgeflacht, verlängert. Alt- und Totarme.Seicht- und Tiefwasserzonen sowie Inseln angelegt. Nach kurzer Zeit haben sich dieneuen Flächen mit einer artenreichen Pionierflora begrünt.

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schiedenen, neu entstandenen Lebens-räume wurden von der Natur ange-nommen (Abb. 10).

2. Renaturierung Tagerbach

Das nächste Projekt wurde 1991 ab-gewickelt: ein 400 m langes, ziemlichgeradlinig verlaufendes Teilstück desTagerbaches an der südöstlichenStadtgrenze. Es fehlte hier der bach-begleitende Auwald, das Gewässerwar dadurch stark besonnt, was zuständiger starker Verkrautung führte.Der Aufwand der Bachräumung allepaar Jahre war deshalb relativ hoch(Abb. 11). Für die Renaturierung wur-de von der Stadt Linz ein ca. 2 mbreiter, rechtsufriger Wiesenstreifen

Abb. II: 1991 wurde der Tagerbach - einkleiner Wiesenbach an der Gemeinde-grenze zu Asten - gemeinsam mit Gewäs-serbezirk Linz. Tiefbauamt und Natur-kundlicher Station renaturiert. Im Bildder Urzustand: ein mit überhängendemGras stark verwachsenes Gerinne, dasimmer wieder aufwendig geräumt wer-den mußte.

entlang des Baches angekauft, umRaum für Bachaufweitungen und Ufer-veränderungen zu erhalten. Der geo-logische Untergrund besteht in die-sem Fall aus Lehm. Auf die Verwen-dung von Schotter oder Steinen wurdedeshalb weitgehend verzichtet. Nebender Gestaltung des Ufers in Form ei-ner geschwungenen Uferlinie, Steil-und Flachufern, wurden auch noch fla-che Sohlschwellen in Form von Holz-pfählen, sog. „Mann-an-Mann-Pilo-ten" eingebaut. Außerdem wurdenkolkartige Vertiefungen geschaffenund Pralluferbereiche mit Weiden-

Abb. 12: Der Tagerbach kurz nach Fertigstellung der Renaturierungsarbeiten: dasBachbett wurde beträchtlich aufgeweitet, eine doppelreihig angeordnete Sohlschwel-le aus Holzpiloten bringt eine Durchwirbelung und Belebung des Wasserkörpers,stellenweise wurde das Ufer mit Weidenflechtwerk gesichert und mit der Pflanzungvon bodenständigen Bachgehölzen wird eine Beschattung des Baches erreicht, damitdie Verkrautung verhindert wird.

flechtwerk oder Holzpiloten gesichert.An einer Stelle wurde das Bachbettziemlich großzügig aufgeweitet undsog. „Besen" (schräg in die Böschungeingebrachtes Astwerk) eingebaut.Hier bildete sich eine sumpfartige Ver-landungszone, in der sich in relativkurzer Zeit eine Röhrichtvegetationeinstellte. Weiters wurden die Bach-ufer standortsgemäß bepflanzt. Dieentstehende Bachau soll das Bachbettbeschatten und die Verkrautung undVergrasung verhindern (Abb. 12).

Liste der Baum- und Strauchar-ten für die ßepflanzung des

Tagerbaches:

Schwarz-Erle, Esche, Silber-Weide,Bruch-Weide. Stiel-Eiche, Trauben-Kirsche, Spitz-Ahorn. Feld-Ahorn,Feld-Ulme, Roter Hartriegel,Schwarzer Holunder. Rote Hecken-kirsche. Wasser-Schneeball. Pfaf-fenhütchen. Eingriffeliger Weiß-dorn, Haselnuß.

An dieser Stelle sollte vielleicht be-tont werden, daß nach einer Bach-renaturierung sicherlich mit einem ge-wissen Wartungs- und Erhaltungsauf-wand zu rechnen ist. Insbesonderewenn mit Weidenflechtwerk. Spreit-lagen oder Stecklingen gearbeitet wird,sollten die allzu stark aufwachsendenWeidentriebe im Abstand von einigenJahren abschnittsweise zurückge-schnitten werden, um den Hochwas-serabfluß nicht allzu stark zu behin-dern und der Gefahr von Verklausun-

gen zu begegnen. Außerdem ist es ausSicht des Naturschutzes nicht sinn-voll, monokulturartige Bestände ausWeiden zu erhalten. Ziel sollte dieSchaffung einer dem jeweiligen Ge-wässertyp angepaßten Vegetationsbe-stockung sein.

3. Renaturierung desUrfahraner Sammelgerinnes

Als nächstes folgte im Herbst 1993das bislang größte und aufwendigsteRenaturierungsprojekt: das UrfahrerSammelgerinne Es handelt sich da-bei um ein kanalartiges Gewässer ineinem monotonen Trapezprofil, in demsämtliche Mühlviertier Bäche aus demNorden zusammengefaßt werden, do-nauparallel abgeleitet und in das Un-terwasser des Donaukraftwerkes Ab-winden-Asten abgeführt werden. Esist ein Meisterwerk der „Wasserbau-kunsf der 60er und 70er Jahre: Re-gelprofil, einheitliche Breite und Tie-fe, fehlende Bepflanzung, hohe Damm-böschungen (Abb. 13). Die hydrauli-schen Berechnungen des TBA habenergeben, daß die Bemessung des Pro-files so groß ist, daß ein 500 jährigesHochwasser ohne Probleme abfließenkann. Mit dieser Grundlage war esmöglich, einen Gestaltungs- und Be-pflanzungsplan anzufertigen. Das Pro-jekt wurde in zwei Etappen durchge-führt: im Herbst 1993 erfolgte die Er-richtung der ersten Hälfte, im Früh-jahr/Sommer 1994 wurde die zweiteEtappe fertiggestellt. Die Gesamtko-

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Abb. 13: Das bislang größte und aufwen-digste Renaturierungsprojekt - das Urfa-her Sammelgerinne im Bereich des Ple-schinger Sees -wurde in den Jahren 1993/94 in Angriff genommen. Auf einer Län-ge von ca. 1 km wurde das einheitliche,kanalartige Gerinne radikal verändert.

sten beliefen sich auf rd. 4,5 Mill.Schilling. Die technische Vorgabe war,daß im Bereich der MittelwasserrinneEinbauten und Gestaltungen unter-schiedlichster Natur erfolgen konnten.Eine Mindestdurchflußbreite mußtejedoch gewahrt bleiben. Sonst gab esbezüglich der Gestaltungen keine Ein-schränkungen.

Abb. 14: Der Bagger in Aktion: als UauMijn.-ii.im.-ii K.UIILH I im/ in Form von Flecht-werk, Pilotagen und Rundholzbalken (Ufersicherung und Sohlschwellen). Grob-schotter und abgerundete Störsteine zur Anwendung. Der Baggerfahrer erwies sich alssehr geschickt bei der Ausführung der Planung.

Die Grobgestaltung wurde mit ver-schieden gekörntem Schotter vorge-nommen. Dadurch wurde das Bach-bett mäanderartig verschwenkt. Eswurden Halbinseln, Totarme, Veren-gungen, Aufweitungen und Vertiefun-gen geschaffen. Vereinzelt wurden alsBelebungselemente abgerundete Stein-blöcke in das Wasser gesetzt undBaumwurzelstöcke in den Uferberei-chen eingegraben (Abb. 17). Die Korn-größe des Schotters wurde so gewählt,

daß er den herrschenden Schleppkräf-ten bei Hochwasser standhält und nichtabgeschwemmt wird. Im Strömungs-schatten der Anlandungen wurde auchFeinsubstrat eingebracht um auch beider Substratverteilung eine gewisseVielfalt zu erzielen. Lebendverbau inForm von Weidenflechtwerken kamzur punktuellen Sicherung einzelnerVorschüttungen zur Anwendung. Au-ßerdem wurden als Verlandungshilfesog. „Besen" (schräg in Fließrichtung

Abb. 15: Ausschnitt aus dem Gestaltungsplan für die Renaturierung des Sammelgerinnes.

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Abb. 17: Der Zustand im selben Jahr nach der Fertigstellung: eine im Sohlbereichschräg angeordnete Sohlschwelle bewirkt eine Ablenkung und Durchwirbelung desWasserkörpers, die unregelmäßig ausgeführten Schottervorschüttungen bringen einewesentliche Verlängerung der Uferlinie und zusätzliche Flächen für die Vegetations-besiedlung, die sofort nach Abschluß der Bauarbeiten eingesetzt hat.

Abb. 16: Bauarbeiter bei der Herstellungvon Weidenflechtwerk. Einerseits wur-den damit Schottervorschüttungen gesi-chert, andererseits dienen - im Vorder-grund zu sehen - schräg in die Uferbö-schung eingebrachte „Besen" als Anlan-dungshilfe für Feinsand und Schlamm,was eine Bereicherung der Biotopvielfaltdarstellt.

Abb. 18: Als Besonderheit wurden an zwei Stellen Steilwände in kombinierter Stein-Holz-Erd-Bauweise hergestellt. Wir haben damit versucht, Brutmöglichkeiten für denEisvogel anzubieten. Die Zukunft wird weisen, ob sie angenommen werden.

Abb.20: Am Ende der Renaturierungs-strecke wurde eine hart gepflasterte Sohl-treppe, welche das Aufwärtswandem vonFischen und anderen Bachtieren starkbehindert hat, aufgerissen und eine Nie-derwasserrinne geschaffen. Dadurchkonnte die für die Gewässerökologie ne-gative Kontinuumsunterbrechung aufge-hoben werden.

Abb. 19: Ein Seichtwasserbereich mit einer Totarmgestaltung: durch halbinselförmiggeschüttete Schotterzungen entstanden Laichplätze für Fische, die auch sofort ange-nommen wurden. Unregelmäßig angeordnete Rundlinge, welche bei Donaubaggerun-gen zum Vorschein kamen, dienen als Störsteine und werden gerne als Sitzwarten vonBachstelzen und anderen Wasservögeln angenommen.

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ragende Astbüschel, welche im Bo-den verankert sind) eingebaut. Hierkann sich Feinsubstrat und Schlammablagern und Anlandungen bilden(Abb. 16). Kurzbuhnen in Form vonHolzpilotagen oder Grobschotterkei-len wurden ebenfalls in einzelnen Ufer-abschnitten angebracht. Als eine an-dere Form der Uferbefestigung wurdean einigen Stellen Rundholzbalken ausLärchenholz eingebaut. Ein großerTeil der Schotterflächen blieb jedochunbefestigt. Immer wieder wurdenkolkartige Vertiefungen des Bachbet-tes geschaffen, um v.a. größeren Fi-schen Einstellplätze anzubieten. Alsweitere Maßnahme wurde am Endeder Renaturierungsstrecke eine hart ge-pflasterte Sohlrampe, welche ein

tungsflächen die Sukzession bei denGefäßpflanzen festgestellt, die Sied-lungsdichte bei den Vögeln (Vergleichzwischen reguliertem und renaturier-tem Abschnitt) und die Besiedlungdurch Libellen erforscht. Geplant istweiters die Untersuchung der Fisch-fauna und der Benthosbesiedlung(Kleinorganismen im Bachbett).

4. RenaturierungSchießstättenbach

Als letztes abgeschlossenes Renatu-rierungsprojekt soll noch der Schieß-stättenbach erwähnt werden, ein klei-ner Bach, der aus dem nördlichen Teilder Stadt kommt. Hier ergab sich dieMöglichkeit, im Bereich einer städti-

beträchtlich aufgeweitet, mit Mäan-dern versehen, an einer Stelle wurdeein Totarm geschaffen, der bei größe-rer Wasserführung durchströmt wird.In der Niederwasserrinne wurde mitSchotter und Holz eine möglichst rei-che Strukturierung geschaffen: Klein-strukturen, Kolke, kleine Verwirbe-lungen beleben den Wasserkörper.Hier finden viele Bachtiere wieder Le-bensraum, der vorher gefehlt hat. Dieabschließende Uferbepflanzung solldas Gewässer beschatten und mit demUmland vernetzen (Abb. 23). Ein po-sitiver Nebeneffekt bei diesem Pro-jekt: sofort, nachdem die Arbeiten ab-geschlossen waren, wurde der Bachvon Kindern als Spielgelände verwen-det: mit den Schotterkieseln wurden

Abb.21: Eine Pionierpflanze, die v.a. imersten Jahr nach der Renaturierung aufden frischen Schotterfluren häufig auftrat:der Dreiteilige Zweizahn (Bidens tripani-la). eine Charakterpflanze nährstoffreicherUferzonen von Fließgewässern.

markantes Aufstiegshindernis für dieFische darstellte, aufgerissen und einedurchgehende Fließrinne geschaffen(Abb. 20). Ein Experiment stellen zweiSteilufergestaltungen dar, welche inkombinierter Stein-Holz-Erd-Bauwei-se errichtet wurden. Hier sollen fürSteilwandbrüter, in erster Linie fürden Eisvogel. Brutbiotope angebotenwerden (Abb. 18). Ob sie auch ange-nommen werden, wird die Zukunftweisen. Als letzte Maßnahme wurdenvom städtischen Gartenamt die Damm-böschungen mit bodenständigen Bäu-men und Sträuchern bepflanzt.

Es ist geplant, für dieses Renaturie-rungsprojekt wissenschaftliche Be-gleituntersuchungen durchzuführen,um Daten darüber zu erhalten, wie dieBesiedlungsdynamik bei verschiede-nen Tiergruppen und Pflanzen abläuft.So wird z.B. auf 4 Dauerbeobach-

Abb. 22: Der sog. ..Schießstättenbach"im Stadtteil Harbach in Urfahr wurde1994 vom Gartenamt, dem Tiefbauamtunter Beiziehung der NaturkundlichenStation im Bereich einer Parkanlage aufeiner Länge von rd. 500 m renaturiert.Der ursprüngliche Zustand erweckte ei-nen traurigen Eindruck: z.T. verfalleneUfermauern aus eckigen Wasserbaustei-nen, gepflasterte Sohle und gestreckterVerlauf.

sehen Parkanlage den Bach auf einerLänge von 500 m zu renaturieren. DasProjekt wurde vom TBA zusammenmit mir erarbeitet, die Ausführung lagdiesmal beim Gartenamt. Der ur-sprüngliche Zustand war - wie diesbei Bächen im Siedlungsgebiet so häu-fig der Fall ist - mehr als traurig: hartgepflasterte Sohle, senkrecht angeord-nete Granitsteine, fehlende Bepflan-zung: eigentlich ein Fremdkörper mit-ten in einer wunderschön angelegtenErholungsanlage (Abb. 22). Nach derRenaturierung präsentiert sich ein völ-lig anderes Bild: das Bachbett wurde

Abb. 23: Nach Abschluß der Renalurie-rungsarbeiten präsentiert sich der Schieß-stättenbach in einem gänzlich anderemBild: Bettaufweitungen. Mäandrierung.geschwungene, vielgestaltige Uferlinie,Einbringung von Schotter, in dessen Lük-kenraumsystem Wasserorganismen lebenkönnen. Weidenflechtwerk zur Ufersi-cherung, etc. Aus dem Schießstätten .,ka-nal" wurde somit wieder ein „Bach".

kleine Wehre gebaut und Papierschif-ferl fahren gelassen. Der Bach wurdedamit auch zu einem ..Biotop" für Kin-der (Abb. 24).

Weitere Projekte

Am Rande seien noch einzelne kleinereRenaturierungsprojekte erwähnt, wel-che in letzter Zeit durchgeführt wurden:

* Strukturierung des Haselbaches imBereich Biesenfeld durch das Tiefbau-amt auf einer Länge von rd. 200 m.

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H= Ufergestaltung an der Traun im Zugeeiner Erhaltungsmaßnahme durch denGewässerbezirk Linz,

* Anlage von 4 Tümpeln im verlan-deten Teil des Pleschinger Altarms inZusammenarbeit mit der OrtsgruppeLinz des ÖNB,

H1 Anlage eines Tümpels in der Heil-hamer Au durch das Tiefbauamt.

Zukunftsaspekte und Resümee

Die Stadt Linz wird es jedoch nichtbei den erwähnten Projekten belas-sen, denn es gibt noch viel zu tun. Inkonkreter Vorbereitung sind folgendeMaßnahmen:

H* ein zugeschütteter Altarm an derKrems soll in den nächsten Jahrenwieder aktiviert werden,

* der Pflasterbach, ein kleiner Bachder Pöstlingberghänge, soll auf einerLänge von ca. 300 m renaturiert wer-den,

^ Ein größeres Vorhaben, bei dem wirerst in der Anfangsphase der Planungstehen, ist im Bereich der unteren Trau-nauen bzw. im angrenzenden Sied-lungsgebiet vorgesehen: hier soll einehemaliges Mühlbachsystem, das zumGroßteil noch in Form von Gräben undGeländevertiefungen noch vorhandenist, wieder geflutet werden. Im Falleder Verwirklichung würde dies eineVerlängerung der Fließgewässer ummehr als 7 km bedeuten (Abb. 25).

* eine ca. 200 m lange Strecke amHaselbach im Siedlungsgebiet sollrenaturiert werden.

Es soll nicht verschwiegen werden,daß man mit Renaturierungsprojektenimmer wieder an Grenzen stößt: ei-nerseits behindern knappe Finanzendie oft relativ teuren und aufwendigenBaumaßnahmen, andererseits existiertdas Flächenproblem: es ist zumeistschwierig, von Anrainern - meist sindes Landwirte - für solche Projekte Rä-chen zu bekommen. Es fehlt häufigam Verständnis, daß nach teuren Re-gulierungen, die oft nur einige Jahr-zehnte zurückliegen, nun wiederumGeld für den Rückbau aufgewendetwerden soll.

Ein Wort noch zur praktischen Um-setzung von Renaturierungen: Die Er-fahrung zeigt, daß es für den Erfolgeines Renaturierungsprojektes unbe-dingt notwendig ist. eine geschulteökologische Bauaufsicht (Gewässer-biologe, Landschaftsplaner o. dgl.)

Abb.25: Im Stadtteil Pichling im Süden von Linz plant die Stadt Linz die Errichtungeines großen Wohngebietes, die sog. „Solar-City". Es sollen hier aber nicht nurWohnungen entstehen, es ist auch vorgesehen, ein seit Jahrzehnten trocken liegendesMühlbachsystem, den Aumühlbach und Feilbach, wieder zu fluten. Die Gräben sindgroßteils noch vorhanden und auch die alten Ufergehölzsäume sind als Heckenzügein der Landschaft noch präsent.

einzusetzen, welche v.a. in der Start-phase das Projekt intensiv begleitet.Häufig herrscht bei den Bauarbeiternam Anfang eine gewisse Unsicherheitbezüglich der praktischen Umsetzungder Ausführungspläne. Entscheidendfür ein gutes Gelingen ist, daß derBaupolier und der Baggerfahrer wis-sen, was zu tun ist und welches Zielverfolgt wird.

Zusammenfassend möchte ich folgen-des festhalten: Die Beschäftigung mitFließgewässern in der Stadt ist sicher-lich eine faszinierende, lohnende, aberauch schwierige Aufgabe. Wenn man

jedoch um den vielfältigen Nutzenweiß, den die Gewässernatur zu lei-sten imstande ist, ist dies sicherlichein Ansporn, in dieser Richtung tätigzu werden. Hubert W e i n z i e r lschreibt in seinem Vorwort zum Buch„Rettet die Bäche": „ 'Ich hört einBächlein rauschen, wohl aus demFelsenquell'...solche Lieder dürfennicht allein auf Schubert-Abende be-schränkt bleiben; sie müssen wiedererlebbar werden! Wir alle, Bürger,Politiker und Behördenleute, solltensie befreien und Patenschaft fürSchwester Quelle und Bruder Bach

Abb.24: Nach Fertigstellung wurde der wiedererstandene Bach sofort von Kindern alserweiterter Spielplatz genutzt. Es entstand dadurch nicht nur eine Biotop für Pflanzenund Tiere sondern auch für Kinder. Alle Fotos: F. S c h w a r z

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übernehmen, damit die Trollblumenund der Gilbweiderich, die Wasser-amsel und der Flußkrebs und unsereTräume wieder zurückkehren kön-nen. " Ich möchte hinzufügen: War-um soll das nicht auch für die Bächein unseren Städten gelten ?!

Die Linzer Renaturierungs-projekte im Überblick:

Abgeschlossene Renaturierungen:Länge:

Weidingerbach: 2,5 kmTagerbach: 0,4 kmSchießstättenbach: 0,5 kmSammelgerinne (1.Teil) 1,0 kmHaselbach 0,2 kmGesamt: 4,6 km

Geplante Renaturierungen:Länge:

Kremsaltarm 0,2 kmMühlbäche im Süden ... rd. 7,0 kmWambach rd. 0,5 kmPflasterbach rd. 0.4 kmSammelgerinne 2.Teil .. rd. 2,0 kmHaselbach 2. Teil rd. 0.5 kmGesamt: rd. 10,6 km

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BUCHÜPS

H.W.BOHLE: Spezielle Ökologie: Limni-sche Systeme.

VIII. 267 Seiten. 89 Abb. Brosch. Preis:ÖS 374,40.-. Heidelberg: Springer 1995.ISBN 3-540-58263-0

Thema dieses Lehrbuches ist der Natur-haushalt der Binnengewässer, einer derwichtigen kontinentalen Lebensräume. Ineinem kurzen Abriß werden die Grundzü-ge der Ökologie der limnischen Gewäs-sertypen, Bäche, Flüsse. Seen. Kleinge-wässer und Quellen, vorgestellt. An Handtypischer Beispiele aus der Vielzahl derlimnischen Ökosysteme wird der Einflußvon geomorphologischen, klimatischenund biogeographischen Faktoren erläu-tert und besonders auf die spezifischenLebensgemeinschaften und die An-passung der Organismen eingegangen.

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