Bauaufsicht_-_Haftungsfragen_Riesemann_2007

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    Bauaufsicht - Haftungsfragen

    Dr. Christian Riesemann MBL

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 2

    Inhaltsverzeichnis 1. Vertragliche Grundlagen...........................................................................4

    1.1 Kaufvertrag, Werkvertrag, Architektenvertrag ....................................................4 1.2 Angebot und Annahme...........................................................................................4 1.3 -Norm B 2110 - Allgemeine Vertragsbestimmungen fr Bauleistungen

    Werkvertragsnorm ..................................................................................................5 1.4 Bautrger ..................................................................................................................6 1.5 Generalunternehmer / Subunternehmer ..............................................................6 1.6 Vertragstypen/Bauunternehmen...........................................................................7 1.7 Vertragstypen/Architekten....................................................................................11 1.8 Die einzelnen Vertragspflichten ..........................................................................13

    2. Prf- und Warnpflicht.............................................................................. 17 2.1 Rechtliche Grundlagen.........................................................................................17 2.2 Prfpflicht ................................................................................................................17 2.3 Bodenrisiko.............................................................................................................18 2.4 Form der Warnung ................................................................................................18 2.5 Inhalt der Warnung ................................................................................................19 2.6 Entfall der Warnpflicht...........................................................................................20 2.7 Rechtsfolgen der Warnpflichtverletzung ............................................................21 2.8 Mitverschulden des Bauherrn bei Verletzung der Warnpflicht durch den

    Auftragnehmer .......................................................................................................22 3. bergabe / bernahme ............................................................................ 24

    3.1 Definitionen.............................................................................................................24 3.2 Rechtsfolgen...........................................................................................................25 3.3 Gefahrtragung Sphrentheorie ........................................................................26 3.4 Offenkundige Mngel............................................................................................26 3.5 Abbestellung des Werkes ....................................................................................26

    4. Pnale.................................................................................................... 27 4.1 Definitionen.............................................................................................................27 4.2 Behinderung ...........................................................................................................28 4.3 Grundstze der Rechtssprechung ......................................................................28 4.4 Migungsrecht .....................................................................................................30 4.5 Pnale bei GU-Vergabe .......................................................................................30 4.6 Haftungsbeschrnkungen ....................................................................................31

    5. Schlussrechnung.................................................................................... 32 5.1 Flligkeit der Schlussrechnung ...........................................................................32 5.2 Schlussrechnungsvorbehalt.................................................................................33

    6. Gewhrleistung ...................................................................................... 34 6.1 Definitionen.............................................................................................................34 6.2 Risikoverlagernde Anweisung .............................................................................34 6.3 Neue Gewhrleistungsregelungen .....................................................................35 6.4 Mangelbegriff..........................................................................................................35 6.5 Vermutung der Mangelhaftigkeit.........................................................................36 6.6 Rechte aus der Gewhrleistung ..........................................................................36

  • Bauvertragsrecht

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    6.7 Mangelnde Flligkeit des Werklohns ..................................................................39 6.8 Spezielle Gewhrleistungsregelungen der -Norm B 2110...........................40 6.9 Mangelschaden......................................................................................................41 6.10 Regress ...................................................................................................................43 6.11 Rechtsfolgen Kaufvertrag/Werkvertrag ..............................................................43 6.12 Fristen......................................................................................................................44

    7. Schadenersatz........................................................................................ 46 7.1 Allgemeines ............................................................................................................46 7.2 Wann liegt Verschulden vor .................................................................................47 7.3 Haftungsbeschrnkungen ....................................................................................49 7.4 Fristen......................................................................................................................49 7.5 Ersatzvornahme.....................................................................................................50

    8. Baudokumentation / Bauprozess ............................................................. 52 8.1 Welche Beweiskraft kommt den verschiedenen Hilfsmitteln zu.....................52 8.2 Aufbereitung der Daten fr das Gericht .............................................................54

    9. Anhang .................................................................................................. 56 9.1 ABGB.......................................................................................................................56 9.2 -Norm B 2110 (alt) ..............................................................................................61 9.3 -Norm B 2110 (neu) ...........................................................................................69

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    1. Vertragliche Grundlagen

    1.1 Kaufvertrag, Werkvertrag, Architektenvertrag

    Vertragsverhltnisse rund um die Errichtung eines Bauwerks und des Ver-kaufs von Bauwerken (Bautrgermodell, Eigentumswohnungen etc.) sind zu-meis t als Werkvertrge oder als Kaufvertrge zu qualifizieren, im Bereich der Beauftragung von Architekten treten auch Mischformen auf. Der Werkvertrag ist im Sinne der Bestimmungen der 1165 ff ABGB als ein Vertrag definiert, in dem sich der Werkbesteller zur Bezahlung des Werk-lohns und der Werkunternehmer zur Herstellung eines bestimmten Werks verpflichtet. Der Kaufvertrag ist im Sinne der Bestimmungen der 1053 ff ABGB als ein Vertrag definiert, in dem sich der Kufer zur Bezahlung des Kaufpreises und der Verkufer zur berlassung einer Sache verpflichtet. Fr die Qualifizierung eines Architektenvertrages kommen als Vertragstypen grundstzlich der freie Dienstvertrag, der Bevollmchtigungsvertrag sowie der Werkvertrag in Frage. Welcher Vertragstypus anzunehmen ist, hngt von der konkreten Gestaltung des Einzelvertrages ab. Die meisten Architekten-vertrge stellen Mischformen dar. Bei blichen Leistungen von Architekten berwiegen die Elemente des Werk-vertrages, sodass insbesondere bei Beauftragung des Architekten mit der Durchfhrung der Planung sowie der rtlichen Bauaufsicht die Regelungen des Werkvertragrechts anzuwenden sind und somit auch Architekten im Rahmen ihrer Vertragspflicht einen Erfolg schulden und daher gewhrleis-tungsrechtlich und nicht nur schadenersatzrechtlich haften.

    1.2 Angebot und Annahme

    1.2.1 Der Werkvertrag kommt ebenso wie der Kaufvertrag grundstzlich durch An-gebot und Annahme zustande - diesbezglich ist zu beachten, dass eine An-nahme, die vom Angebot abweicht, lediglich als Gegenoffert anzusehen ist, das wiederum einer gesonderten Annahme bedarf. Weichen Angebot und An-nahmeerklrung inhaltlich voneinander ab, kommt (es sei denn, es erfolgt zumindest konkludent - eine weitere Annahme) kein Vertrag zustande.

    Nicht nur der Hauptvertrag sondern auch Zusatzauftrge kommen grundstz-lich durch Angebot und Annahme zustande. Hiebei ist zu beachten, dass im Sinne der Bestimmung des 1170 a ABGB der Auftraggeber dann, wenn sich betrchtliche berschreitungen des ursprnglichen Angebotes als unver-meidlich herausstellen, unverzglich zu verstndigen ist. Erfolgt eine derarti-ge Verstndigung nicht, verliert der Auftragnehmer smtliche Ansprche be-zglich der geleisteten Mehrarbeiten. Auch wenn der Auftraggeber aus den Umstnden vermuten kann, dass betrchtliche berschreitungen notwendig

  • Bauvertragsrecht

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    werden, kann er bis zur Anzeige des Gegenteils annehmen, dass sich der Auftragnehmer an sein ursprngliches Angebot gebunden erachtet.

    1.2.2 Als kaufmnnisches Besttigungsschreiben bezeichnet man ein Schriftstck, das eine zwischen Kaufleuten mndlich getroffene Vereinbarung (einseitig) schriftlich besttigt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was pas-siert, wenn der Inhalt des kaufmnnischen Besttigungsschreibens von der getroffenen Vereinbarung abweicht, al lerdings der Empfnger des kaufmnni-schen Besttigungsschreibens hier keine schriftliche Bestreitung vorgenom-men hat, sondern nichts unternommen, also "geschwiegen" hat.

    Nach neuerer Rechtssprechung (vgl. etwa: OGH vom 28.4.1993, 3 Ob

    570/92) ist in einem derartigen Fall dann, wenn das Besttigungsschreiben vom mndlich Vereinbarten abweicht, das Schweigen des Empfngers nur dann als dessen Zustimmung zu werten, wenn die Abweichung die erkennba-ren Interessen des Empfngers nicht sprbar beeintrchtigt und daher der Verfasser des Besttigungsschreibens eine Zustimmung des schweigenden Empfngers vernnftigerweise erwarten konnte (wenn etwa bei der mndli-chen Vereinbarung noch zu regelnde Detailfragen offen gelassen wurden, die nunmehr ergnzt werden etc.).

    Weicht der Inhalt des kaufmnnischen Besttigungsschreibens ber diesen

    Umfang ab, so kommt durch das Schweigen des Empfngers kein Vertrag im Sinne des kaufmnnischen Besttigungsschreibens zustande - dennoch em p-fiehlt es sich unbedingt, jedem Besttigungsschreiben, das auf eine mndli-che Besprechung folgt, dann, wenn hier Abweichendes festgehalten wurde, schriftlich zu entgegnen.

    Um derartige Probleme von vorne herein nicht auftreten zu lassen, sollte im-

    mer dann, wenn dies mglich ist, eine zumindes t kurze Besprechungsnotiz erstellt und von beiden Gesprchspartner unterfertigt und in weiterer Folge zum Bautagesbericht geheftet oder aber berhaupt im Bautagebuch (in den Bautagesberichten) eine entsprechende beidseits unterfertigte Notiz einge-tragen werden.

    Sollte dies nicht mglich sein, sollten smtliche an der Baustelle erteilten

    Anweisungen bzw. getroffene Zusatzvereinbarungen in einem besttigenden Schreiben festgehalten und der jeweiligen Gegenpartei nachweislich bermit-telt werden.

    1.3 -Norm B 2110 - Allgemeine Vertragsbestimmungen fr Bauleistungen Werkvertragsnorm

    Die Neufassung der -Norm B 2110 betrifft vor allem rechtliche Gesichtspunkte

    und gibt wichtige Regelungen fr den Bereich der Vertragserfllung und der Ge-whrleistung vor, die teilweise fehlende gesetzliche Regelungen ersetzen, das Gesetz sohin ergnzen.

  • Bauvertragsrecht

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    Werden -Normen mit vornormierten Vertragsinhalt (somit insbesonders -Norm B 2110) nicht durch konkrete Rechtsvorschriften fr verbindlich erklrt, so sind sie in rechtlicher Hinsicht als bloe Vertragsschablonen zu qualifizieren, die nur durch Parteienvereinbarung Vertragsinhalt werden knnen (OGH 22. 8. 1995 6 Ob 566/95 in ecolox 1995, 891 f).

    Die -Norm B 2110 gilt somit nicht "automatisch"! In den Vorbemerkungen der

    -Norm B 2110 ist ausdrcklich festgehalten, dass die Bestimmungen des Ab-schnittes 5 (Vertragsbestimmungen) nur dann Vertragsinhalt werden, wenn sie von den Vertragspartnern als Vertragsbestandteil erklrt werden.

    Neben einer Zusammenfassung des sorgfltigen kaufmnnischen Verhaltens

    stellt die -Norm B 2110 ein Vertragsmuster dar, das blicherweise verwendet wird, also nach Erklrung eines Vertragspartners sie anwenden zu wollen, vom anderen stillschweigend akzeptiert wird, wenn nicht ausdrcklich etwas anderes gewnscht wird. Die -Normen mit vornormiertem Vertragsinhalt und somit auch die -Norm B 2110 gelten daher als ausdrckliche oder schlssige allgemeine Vertragsbedingungen, soferne nicht widersprochen oder anderes festgelegt wird (SZ 42/171, SZ 57/50).

    1.4 Bautrger Fr Bautrger wesentlich ist, dass im Vertragsverhltnis zu den bauausfhren-

    den Firmen Werkvertrge abgeschlossen werden, wohingegen zu den Erwerbern von Wohnungen Kaufvertrge abgeschlossen werden. Fr Vertrge, die vor dem 1.1.2002 abgeschlossen wurden, ist diese Unterscheidung insbesonders des-halb bedeutsam, da die fr derartige Vertragsverhltnisse anzuwendenden ge-whrleistungsrechtlichen Bestimmungen unterschiedliche Rechtsfolgen fr Ge-whrleistung aus Werkvertrag / Gewhrleistung aus Kaufvertrag vorsehen.

    Fr nach dem 1.1.2002 abgeschlossene Vertrge gilt das neue Gewhrleis-

    tungsrecht, das eine unterschiedliche gewhrleistungsrechtliche Rechtslage fr Kaufvertrge / Werkvertrge nicht mehr vorsieht.

    In der Bestimmung des 38 WEG sind diverse rechtsunwirksame Vereinbarun-

    gen normiert - herauszuheben ist hier insbesonders 38 Abs. 1 Z 4 der zitierten Bestimmung, wonach Vereinbarungen ber Beschrnkungen der nach den 918 bis 921, 932 und 934 ABGB zustehenden Rechte als rechtsunwirksam an-zusehen sind. So sind etwa Vereinbarungen, die ein Zurckbehaltungsrecht des Wohnungseigentumserwerbers beschrnken bzw. die Bezahlung des Kaufprei-ses als Vorleistungspflicht regeln rechtsunwirksam.

    1.5 Generalunternehmer / Subunternehmer Eine in der Praxis hufig auftretende besondere Vertragskonstellation findet sich

    im Bereich der GU-Vergabe - sowohl das Vertragsverhltnis zwischen Bauherrn und Generalunternehmer als auch die Vertragsverhltnisse zwischen Generalun-ternehmer und Subunternehmern sind jeweils als Werkvertrge zu qualifizieren.

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    Grundsatz ist, dass ein Haftungsdurchgriff zwischen Bauherrn und Subunter-nehmern wechselweise nicht in Frage kommt - diese grundstzliche Ansicht wird auch vom OGH in der Regel geteilt (Trennungsmodell).

    Lediglich in Ausnahmefllen ist eine partielle Verknpfung der Vertrge notwen-

    dig oder zumindest billig und geboten (ecolex 1990, 143). Wenn etwa ein Generalunternehmer vom Subunternehmer Verbesserung ver-

    langen knnte, obwohl er selbst darauf gar nicht in Anspruch genommen wird, ist eine derartige Unbilligkeit gegeben. Wenn der Bauherr dem Generalunter-nehmer gegenber nicht auf Verbesserung besteht, sondern der Bauvertrag zwi-schen Bauherrn und Generalunternehmer dahingehend abgendert wurde, dass keine Verbesserung durchzufhren ist, sondern eine Preisminderung vereinbart wird, schlgt diese Vertragsnderung auch auf den Subunternehmer insoweit durch, als der Generalunternehmer nun nicht mehr vom Subunternehmer ein Werk fordern kann, das er selbst dem Bauherrn nicht zu erbringen hat (JBL 1990, 587).

    Allerdings werden diese Ausnahmen vom OGH ausgesprochen restriktiv behan-

    delt - ein Generalunternehmer muss etwa einen Vorteil, den er sich im Verhltnis zum Bauherrn durch eigenes Verhandlungsgeschick verschaff t hat, keinesfalls an den Subunternehmer weitergeben (JBL 1992, 387).

    1.6 Vertragstypen/Bauunternehmen

    1.6.1 Der Einheitspreisvertrag

    Beim Einheitspreisvertrag werden vom Auftragnehmer bestimmte Einheitsprei-se und nicht der Gesamtpreis verbindlich zugesichert. Diese Einheitspreise stellen die vertragliche Preisvereinbarung dar.

    Einem Einheitspreisvertrag liegt eine konstruktive Leistungsbeschreibung zu Grunde. Der Auftraggeber spezifiziert die gewnschte Werkleistung in detail-lierten Positionen und gibt in den Vorderstzen die jeweils geschtzten Massen der einzelnen Teilleistungen an. Der Auftragnehmer hat dann die jeweiligen Einheitspreise zu ermitteln, wobei hierin die kalkulatorischen Parameter (Lohn, Material, Baustellengemeinkosten, Zentralregie, Gewinn) zu bercksichtigen sind. Der jeweilige Positionspreis bestimmt sich durch Multiplikation der Mas-senangaben mit den Einheitspreisen der jeweiligen Position. Bei Addition der jeweiligen Positionspreise ergibt sich somit der Gesamtpreis.

    Der Gesamtwerklohnanspruch steht im Hinblick darauf, dass die Massenanga-ben lediglich Schtzungen darstellen, erst nach Fertigstellung und Aufmaer-mittlung endgltig fest.

    Der Einheitspreisvertrag ist rechtlich als Kostenvoranschlag zu qualifizieren. Hiebei ist im Sinne der Bestimmung des 1170 a ABGB zwischen Kostenvor-anschlgen ohne ausdrckliche Gewhrleistung fr deren Richtigkeit und Kos-

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    tenvoranschlgen mit ausdrcklicher Gewhrleistung fr ihre Richtigkeit zu un-terscheiden:

    1.6.1.1 Kostenvoranschlag ohne ausdrckliche Gewhrleistung fr seine Richtigkeit

    Hier garantiert der Auftragnehmer nicht, dass der endgltige Werklohn dem Kostenvoranschlag entsprechen wird. Dem Auftragnehmer ist es gestattet den Kostenvoranschlag unbetrchtlich zu berschreiten sofern die ber-schreitungen unvermeidlich sind.

    Im Zweifel wird im Sinne der einschlgigen Rechtssprechung immer ein Kos-tenvoranschlag ohne ausdrckliche Gewhrleistung fr seine Richtigkeit an-genommen.

    Solange es zu unbetrchtlichen berschreitungen kommt, ist es nicht erheb-lich, aus welchen Grnden diese unvermeidliche Kostenberschreitung zustande gekommen ist. Der Auftragnehmer hat Anspruch auf Abgeltung der diesbezglichen Mehrkosten.

    Werden allerdings betrchtliche berschreitungen des Kostenvoranschlages erkennbar, ist der Auftragnehmer verpflichtet, den Auftragnehmer hievon un-verzglich zu verstndigen ( 1170 a ABGB).

    Der Auftraggeber hat nach erfolgter Verstndigung das Recht, vom Vertrag zurck zu treten. Wird seitens des Auftraggebers ber einen lngeren Zeit-raum nicht reagiert sondern lsst der Auftraggeber die Bauarbeiten fortfh-ren, hat er damit die Mehrkosten konkludent genehmigt, die in weiterer Folge auch entsprechend zu vergten sind.

    Erfolgt keine unverzgliche Verstndigung, verliert der Auftragnehmer smtli-che Ansprche bezglich der geleisteten Mehrarbeit. Auch wenn der Auftrag-geber aus den Umstnden vermuten kann, dass betrchtliche berschreitun-gen notwendig werden, kann er bis zur Anzeige des Gegenteils annehmen, dass sich der Auftragnehmer an sein ursprngliches Angebot gebunden er-achtet.

    Es ist daher dringend anzuraten, bei berschreitungen eines Kostenvoran-schlages den Auftragnehmer entsprechend schriftlich zu verstndigen.

    Ab welchem Ausma eine Kostenberschreitung des Kostenvoranschlages betrchtlich ist, wird in der Judikatur unterschiedlich beantwortet. Es existie-ren eine Vielzahl von hchstgerichtlichen Entscheidung, wonach berschrei-tungen von 18 % und hher als betrchtlich zu qualifizieren sind. Sicher-heitshalber sollte daher bereits ein einer berschreitung im Ausma ab 10 % der Auftragssumme eine entsprechende Mitteilung an den Auftraggeber vor-genommen werden.

    1.6.1.2 Kostenvoranschlag mit ausdrcklicher Gewhrleistung fr seine Richtigkeit

    Garantiert der Auftragnehmer, das Werk unter Heranziehung der einzelnen ausgeschriebenen Arbeiten vollstndig herstellen zu knnen, liegt ein Kos-tenvoranschlag unter ausdrcklicher Gewhrleistung fr seine Richtigkeit

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    (garantierter Kostenvoranschlag) vor. In diesem Fall hat der Auftragnehmer auch unvorhergesehene Mehrkosten in seine Risikosphre zu bernehmen und ist nicht berechtigt, Mehrforderungen geltend zu machen.

    Wie bereits ausgefhrt, wird allerdings im Zweifel das Vorliegen eines Kos-tenvoranschlages ohne ausdrckliche Gewhrleistung fr seine Richtigkeit angenommen. Beruht etwa die Kalkulation des Kostenvoranschlages auf An-gaben des Auftraggebers, was im Regelfall anzunehmen ist, ist vom Vorlie-gen eines Kostenvoranschlages ohne Gewhrleistung auszugehen.

    Selbst bei Vorliegen eines Kostenvoranschlages mit Gewhrleistung knnen allerdings Flle auftreten, die zu hheren Werklohnforderungen berechtigen. Denkbar sind hier vertragliche Vorbehalte bei bestimmten Leistungspositio-nen, Zusatzauftrge, nachtrgliche nderungswnsche, vom Auftraggeber verschuldete Mehraufwendungen bzw. Mehraufwendungen, die auf Umstn-de, die in der Sphre des Auftraggebers gelegen sind, zurck zu fhren sind.

    Der Auftragnehmer hat allerdings hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistun-gen das Risiko hherer Aufwendungen bernommen, es ist ihm nicht mg-lich, etwa auf dem Wege der Irrtumsanfechtung die abgegebene Preisgaran-tie zu beseitigen. Ein Vorwegverzicht auf allfllige Ersatzansprche ist aller-dings in einer Preisgarantie nicht zu erblicken stellt etwa der Auftraggeber ein unvollstndiges Leistungsverzeichnis zur Verfgung, knnen hieraus re-sultierende Mehrleistungen auch bei Vorliegen eines Kostenvoranschlags un-ter ausdrcklicher Gewhrleistung fr seine Richtigkeit geltend gemacht wer-den.

    1.6.2 Der Pauschalpreisvertrag 1.6.2.1 Zum Unterschied vom Einheitspreisvertrag steht beim Pauschalpreisvertrag

    der Gesamtpreis von vorne herein fest und wird pauschal fr die Gesamtleis-tung vereinbart. Beim Pauschalpreisvertrag findet eine Massenermittlung, wie dies beim Ein-heitspreisvertrag unumgnglich notwendig ist, nicht statt. Werden etwa mehr oder weniger der prognostizieren Mengen zur Herstellung des Werks notwendig, fllt dies in die jeweilige Risikosphre des Auftrag-nehmers bzw. Auftraggebers. Der Auftragnehmer muss etwa einen Vorteil, der daraus entsteht, dass weniger Massen als ursprnglich ausgeschrieben notwendig sind, im Gegensatz zur Abrechnung nach Kostenvoranschlag unter ausdrcklicher Gewhrleistung fr seine Richtigkeit nicht an den Auftragge-ber herausgeben.

    1.6.2.2 Der Pauschalpreisvertrag kann in verschiedenen Ausgestaltungen auftreten.

    Auch bei Vorliegen einer konstruktiven Leistungsbeschreibung wird in der Praxis oft ein Pauschalpreis vereinbart. Die einzelnen Positionen im Leis-tungsverzeichnis werden mit Einzelpreisen versehen diese danach addiert

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    und daraufhin eine Pauschalpreisvereinbarung getroffen. Eine derartige Ver-einbarung hat oft den Sinn, sptere Massenermittlungen zu vermeiden.

    Des fteren wird ein Pauschalpreis auch bei Vorliegen eines in Einzelpositio-

    nen gegliederten Leistungsverzeichnisses, ohne dass eine detaillierte Aus-preisung vorgenommen wird, vereinbart.

    Von einer funktionalen Leistungsbeschreibung spricht man, wenn lediglich

    eine Baubeschreibung ohne Detaillierung in Einzelpositionen vorliegt. Hier wird eine allgemeine Beschreibung der gewnschten Bauleistung vorgenom-men, die nicht, wie im Leistungsverzeichnis, die gewnschte Bauleistung de-tailliert in Einzelpositionen zergliedert.

    1.6.2.3 Die einzelnen Formen des Pauschalpreisvertrages sind wesentlich, um beur-teilen zu knnen, wann Mehrleistungen abzugelten sind.

    Grundstzlich sind jedwede Mengennderungen bei der vorzunehmenden Ab-rechnung irrelevant, zumal es das Wesen des Pauschalvertrages ist, dass ei-ne mengenmige Leistungsermittlung entfllt. Hat sich daher an der auszu-fhrenden Leistungen in der Realitt nichts gendert kann es auch nicht zur Abrechnung von Mehrkosten kommen. Liegen allerdings nderungswnsche des Auftraggebers vor, ist zu differen-zieren:

    - Liegt eine Pauschalvereinbarung unter Zugrundelegung einer funktiona-

    len Leistungsbeschreibung vor, ist eine Leistungsnderung nur dann vorstellbar, wenn die Baubeschreibung selbst wesentlich gendert wird.

    Ansonsten ist eine Geltendmachung von Mehrleistungen nicht mglich der Auftraggeber kann allerdings im Gegenzug dazu keinen Einfluss auf die Art der Ausfhrung nehmen.

    - Liegt eine Pauschalvereinbarung unter Zugrundelegung eines ausge-

    preisten Leistungsverzeichnisses vor, knnen zustzliche Leistungen, die im ursprnglichen Leistungsverzeichnis nicht vorgesehen waren, auch als Mehrkosten geltend gemacht werden. Hiebei ist der in der aus-gepreisten Einzelposition enthaltene Einzelpreis bei Berechnung der Mehrkosten heranzuziehen.

    - Liegt eine Pauschalvereinbarung unter Zugrundelegung eines Leis-

    tungsverzeichnisses ohne Auspreisung vor, ist bei zustzlicher Leis-tungserbringung eine Abrechnung nach angemessenen Preisen vorzu-nehmen.

    - Werden nachtrgliche Anpassungen, die auf Umstnde in der Besteller-

    sphre zurckzufhren sind, notwendig, hat der Auftragnehmer An-spruch auf Abgeltung der diesbezglichen Mehrkosten.

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    - Die -Norm B 2110 sieht bezglich Leistungsnderungen spezielle Re-gelungen vor (Pkt. 5.24).

    1.6.2.4 Hufig kommt es deshalb zu Problemen, weil der Pauschalvereinbarung ein

    Leistungsverzeichnis zugrunde gelegen hat, das unvollstndig ist. Hiebe ist die Frage zu lsen, ob der Auftragnehmer auch ein Vollstndigkeitsrisiko -bernehmen wollte bzw., ob eine Pauschalierung des Entgelts oder aber (auch) eine Pauschalierung der Leistung erfolgen sollte. Liegt dem Pauschalpreisvertrag eine funktionale Leistungsbeschreibung zugrunde, wird in der Regel davon auszugehen sein, dass ein Vollstndig-keitsrisiko bzw. eine Pauschalierung der Leistung anzunehmen ist. Liegt dem Pauschalpreisvertrag ein in Einzelpositionen zergliedertes Leis-tungsverzeichnis zugrunde, wird in der Regel davon auszugehen sein, dass lediglich eine Pauschalierung des Entgelts vorgenommen wurde. Auch eine Pauschalpreisvereinbarung kann auf dem Wege der Irrtumsanfec h-tung korrigiert werden.

    1.6.3 Der Regiepreisvertrag

    Beim Regiepreisvertrag wird die Leistung nach tatschlichem Aufwand abge-rechnet. Der Aufwand wird nach Erbringung der Leistung ermittelt.

    1.7 Vertragstypen/Architekten

    1.7.1 Freier Dienstvertrag

    Von einem freien Dienstvertrag spricht man, wenn der Architekt blo tatsc h-liche Einzelverrichtungen bernommen hat, etwa dann, wenn seitens eines Architekten eine Bauberwachung (allerdings nicht die Leistungen der rtli-chen Bauaufsicht im Sinne der einschlgigen Bestimmungen der GOA) durchgefhrt werden. Bei einem derartigen Dienstvertrag haftet der Architekt nur bei schuldhafter Vertragsverletzung es besteht keine verschuldensunabhngige gewhrleis-tungsrechtliche Haftung.

    1.7.2 Bevollmchtigungsvertrag

    Von einem Bevollmchtigungsvertrag spricht man dann, wenn ein Machtge-ber jemanden gem der Bestimmungen der 1002 ff ABGB mit der Besor-gung eines Geschftes beauftragt. Im Rahmen der Ttigkeiten von Architek-ten kommen Bevollmchtigungen insbesondere im Zusammenhang mit der Fhrung von Verhandlungen mit Behrden und Professionisten, mit der Vor-

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    nahme von Angebotsausschreibungen und Beratungen im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe sowie die Vornahme behrdlicher Einreichungen und dergleichen in Frage. Ist lediglich ein Bevollmchtigungsvertragsverhltnis gegeben, haftet der Be-vollmchtigte ebenfalls nur verschuldensabhngig, der Vollmachtgeber hat dem Bevollmchtigten jedenfalls (auch bei nicht Erreichen des gewnschten Erfolges!) den zur Besorgung des Geschftes notwendig bzw. ntzlichen Aufwand zu ersetzen.

    1.7.3 Werkvertrag

    Wie bereits eingangs dargestellt, sind die Ttigkeiten eines Architekten zu-meist als Werkvertrge zu qualifizieren. Selbst dann, wenn Elemente eines freien Dienstvertrages bzw. Bevollmchtigungsvertrages ebenfalls vorhanden sind, werden bei berwiegen der fr den Werkvertrag typischen Vertrags-pflichten die Regelungen des Werkvertragsrechtes herangezogen und auf den gesamten Architektenvertrag angewendet. Da der Werkvertragnehmer verschuldensunabhngig im Rahmen der ihn tref-fenden Gewhrleistung haftet, ist die Qualifikation des Architektenvertrages als Werkvertrag wesentlich!

    1.7.4 Planungsvertrag

    Ein mit der Planung eines Bauvorhabens beauftragter Architekt hat im Rah-men der bernommenen Planungsverpflichtungen Grundlagenermittlungen, Klrung der Aufgabenstellung und Schaffung der Voraussetzungen zur L-sung der Bauaufgabe durch die Planung durchzufhren. Danach hat er die Vorplanung, die Planungsvorbereitung und ein Planungskonzepts zu erstel-len, danach die Entwurfsplanung samt Erarbeitung der endgltigen Lsung der Planungsaufgabe durchzufhren und schlielich die Einreichplanung und die Ausfhrungsplanung zu gestalten. Der Architekt hat auch im Zuge der der Planung dann, wenn ihm erforderliche Spezialkenntnisse fehlen sowie bei allen zu beantwortenden allerdings sein Fachwissen berschreitenden Fragen fr die Hinzuziehung von Spezialisten und Sonderfachleuten Sorge zu tragen (Bodenuntersuchun-gen/Bodengutachten; Vermessungen; statische Planung; Bauphysik, etc.).

    1.7.5 rtliche Bauaufsicht

    Die rtliche Bauaufsicht beinhaltet die rtliche berwachung der Herstellung des Werkes, die rtliche Koordinierung aller Lieferungen und Leistungen, die berwachung auf bereinstimmung mit den Plnen, Angaben und Anweisun-gen des Architekten auf Einhaltung der technischen Regeln, der behrdlichen Vorschreibung und des Zeitplanes, die direkte Verhandlungsttigkeit mit den ausfhrenden Unternehmern, die Abnahme von Teilleistungen, Kontrolle der

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    fr die Abrechnung erforderlichen Abmessungen, Fhrung des Baubuches, Prfung aller Rechnungen auf Richtigkeit und Vertragsmigkeit, Schlussab-nahme eine Bauwerks und berhaupt die rtliche Vertretung der Interessen des Bauherrn einschlielich der Ausbung des Hausrechtes auf der Baustel-le.

    1.7.6 Architektenvollvertrag

    Wird der Architekt mit smtlichen mglichen Architektenleistungen, insbe-sondere mit der Planung, mit der Oberleitung bis zur rtlichen Bauaufsicht beauftragt, werden im Hinblick darauf, dass der Architekt erfolgsbezogen beim Entstehenlassen eines Bauwerkes im Sinne der einschlgigen Judikatur haften soll, trotz berwiegens dienstvertraglicher Elemente die werkvertragli-chen Haftungsmechanismen herangezogen und auch ein derartiger Vollarchi-tekturvertrag als Werkvertrag qualifiziert. Da auch im Bereich der Architektenvertrge daher in den allermeisten Fllen das Vorliegen eines Werkvertrages anzunehmen ist, wird im Folgenden aus-schlielich von werkvertragsrechtlicher Haftung ausgegangen.

    1.8 Die einzelnen Vertragspflichten

    1.8.1 Vertragspflichten des Kufers und des Verkufers

    Zu den Vertragspflichten des Verkufers gehrt die berlassung des Kaufge-

    genstandes bei unbeweglichen Sachen die Einrumung des unbeschrnk-ten Eigentumsrechts (lastenfreier grundbcherlicher Erwerb). Als wesentliche Vertragspflicht des Kufers ist die vollstndige Bezahlung des Kaufpreises zu nennen.

    1.8.2 Vertragspflichten des Werkbestellers

    1.8.2.1 Der Werkbesteller hat die wesentliche Vertragspflicht, das hergestellte

    Werk nach dessen Vollendung zu bezahlen - die Hauptvertragspflicht des Werkbestellers ist die Bezahlung des Werklohns.

    1.8.2.2 Den Werkbesteller treffen allerdings neben dieser Pflicht zur Bezahlung

    des Werklohns noch weitere Verpflichtungen: - Auskunftspflichten, was etwaige Besonderheiten des herzustellenden

    Werkes betrifft - Zurverfgungstellung von tauglichen Anweisungen - Zurverfgungstellung geeigneter Stoffe

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    - Vorangehende Prfpflicht hinsichtlich der Stoffe - Pflicht zur Koordinierung - Frsorgepflicht - Beschaffung der erforderlichen behrdlichen Genehmigungen - Pflicht zur unverzglichen Entscheidung nach erfolgter Warnung des

    Werkunternehmers 1.8.2.3 Die praktisch relevantesten Vertragspflichten des Werkbestellers sind die

    Zurverfgungstellung von tauglichen Anweisungen und geeigneten Stoffen: Als Stoff gilt das fr die Herstellung des Werks ntige Material - Stoff ist

    jeder Gegenstand, aus dem, an dem oder mit dessen Hilfe das Werk her-zustellen oder zu vollenden ist. Fr den Bauvertragsbereich gilt insbeson-ders als Stoff:

    - Der Baugrund - Beigestellte Gutachten (etwa Bodengutachten) - Das Gebude, an dem die Arbeiten zu verrichten sind - Vorarbeiten des Auftraggebers - Vorleistungen von Vorunternehmern Als Anweisung sind smtliche Weisungen des Werkbestellers zu verste-

    hen, die die Besonderheiten der Ausfhrung des Werkes betreffen. Fr den Bauvertrags bereich gilt insbesonders folgendes als Anweisung:

    - Architektenplne - Sonstige Ausfhrungsunterlagen (Skizzen Muster, technische Beschrei-

    bungen etc.) - Mitteilung und Errterung der Gestaltungswnsche

    1.8.3 Vertragspflichten des Werkunternehmers

    1.8.3.1 Zu den wesentlichen Vertragspflichten des Werkunternehmers gehrt es

    insbesonders, das vertraglich vereinbarte Werk nach der vertraglich ver-einbarten Herstellungsart unter Verwendung der vertraglich vereinbarten Stoffe zum vertraglich vereinbarten Ort und innerhalb der vertraglich ver-einbarten Zeit mngelfrei herzustellen.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 15

    1.8.3.2 Darber hinaus treffen den Werkunternehmer noch Prf- und Warnpflic h-ten, die im folgenden Punkt gesondert behandelt werden.

    1.8.4 Vertragspflichten des Architekten 1.8.4.1 Im Rahmen der bernommenen Planungsverpflichtungen hat der Architekt

    die Werkleistung Planung im Sinne der obigen Ausfhrungen (Grundla-genermittlung, Klrung der Aufgabenstellung, Schaffung der Vorausset-zungen zur Lsung der Planung, Vorplanung, Planungsvorbereitung, Erar-beitung eines Plankonzeptes, Entwurfsplanung, Erarbeitung der endglt i-gen Lsung der Planungsaufgabe, Einreichplanung, Ausfhrungsplanung) durchzufhren.

    Sind Sonderfachleute notwendig, hat der Architekt darauf hinzuweisen und fr die Hinzuziehung von Spezialisten und Sonderfachleuten Sorge zu tra-gen dies in dem Sinn, dass der Architekt die Verpflichtung hat, dem Bau-herren die Erteilung entsprechender Auftrge an Spezialisten und Sonder-fachleuten nahe zu legen. Weigert sich der Bauherr, die diesbezglich notwendigen Auftrge zu erteilen, steht dem Architekten ein Kndigungs-recht bzw. Rcktrittrecht zu. Spezialisten und Sonderfachleute sind etwa Sachverstndige zur Erstel-lung von Bodengutachten und Bodenuntersuchungen, Spezialisten zur Durchfhrung der Vermessungen, Sonderfachleute zur Ausfhrung der sta-tischen Planung sowie zur Klrung der Fragen der Bauphysik (Schall-, Wrme- und Feuchtigkeitsschutz).

    1.8.4.2 Im Rahmen der rtlichen Bauaufsicht ist der Architekt verpflichtet durch

    zahlreiche Einzelleistungen dafr Sorge zu tragen, dass das Bauvorhaben plangerecht, d.h. entsprechend den genehmigten Bauvorlagen und frei von Mngeln im Sinn der vorliegenden Planung entsteht.

    Bei Ausfhrung der rtlichen Bauaufsicht ist der Architekt keinesfalls ver-pflichtet, stndig an der Baustelle anwesend zu sein. Der Umfang des Zeit-aufwandes und der Arbeitskraft, die im Rahmen der rtlichen Bauaufsicht an der Baustelle selbst aufzuwenden ist, richtig sich immer nach den Um-stnden des Einzelfalles. Hiebei ist insbesondere der Schwierigkeitsgrad sowie die Bedeutung der jeweils auszufhrenden Arbeiten zu bercksichti-gen. Im Sinne der einschlgigen Judikatur des OGH kann sich der Architekt kei-nesfalls auf Stichproben verlassen, sondern muss die Arbeiten der ausfh-renden Bauunternehmen in angemessener Weise berwachen und sich durch hufige Kontrolle vergewissern, ob seine Anordnungen sachgerecht erledigt werden. Der Architekt hat jedenfalls die wichtigsten Bauabschnitte, von denen das Gelingen des gesamten Bauwerkes abhngt, persnlich oder durch einen erprobten Erfllungsgehilfen unmittelbar zu berwachen und sich sofort

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 16

    nach der Ausfhrungen der Arbeiten von deren Ordnungsgemheit zu -berzeugen.

    Dieser erhhten an den bauaufsichtsausfhrenden Architekten gerichtete Haftungsmastab ist immer dann anzunehmen, wenn typische Gefahren-quellen auftreten, wie sie bei wesentlichen Bauarbeiten eines Bauwerks regelmig auftreten. Arbeiten, die typischerweise schwierig und kritisch sind, hat der Architekt im Rahmen der bernommenen rtlichen Bauauf-sicht jedenfalls im Detail zu berwachen. Hiebei handelt es sich etwa um Abbruchsarbeiten, Fundamentierungsarbeiten, Abdichtungs - und Isolie-rungsarbeiten, Verankerungsarbeiten und dergleichen. Bei Einsatz von Baustoffen hat der Architekt Materialsprfungsverpflic h-tungen. Allerdings entspricht es auch der einschlgigen Judikatur des OGH, dass die im Rahmen der rtlichen Bauaufsicht bernommenen Verpflichtungen nicht zu weit zu fassen sind und keinesfalls dazu fhren knnen, dass den bauausfhrenden Unternehmen obliegende Werkleistungsverpflichtungen bzw. gewhrleistungsrechtliche Haftungen auch gegenber dem bauauf-sichtausfhrenden Architekten geltend gemacht werden knnen.

    Abgesehen von den zuvor aufgezeigten Verpflichtungen, die bei neuralgi-schen und wesentlichen Bauarbeiten bestehen, kann sich der Architekt selbstverstndlich auf die Fachkunde der bauausfhrenden Unternehmen, die ja auch im Rahmen der von ihnen selbst bernommenen werkvertragli-chen Verpflichtungen haften, verlassen.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 17

    2. Prf- und Warnpflicht

    2.1 Rechtliche Grundlagen

    2.1.1 Die Prf- und Warnpflicht des Werkunternehmers ist einerseits im ABGB ( 1168 a) sowie andererseits in der -Norm B 2110 (Pkt. 5.9.) ausdrcklich ge-regelt - im wesentlichen sind die Regelungen (abgesehen vom Erfordernis der Schriftlichkeit sowie der Notwendigkeit von Verbesserungsvorschlgen, die in der -Norm B 2110 vorgesehen sind) deckungsgleich.

    2.2 Prfpflicht

    2.2.1 Die Prfpflicht des Werkunternehmers umfasst insbesonders die ihm vom Werkbesteller bergebenen Stoffe (Baugrund, Boden) und die ihm vom Werk-besteller erteilten Anweisungen (Plne). Der Werkunternehmer hat die ihm bergebenen Stoffe bzw. die ihm erteilten Anweisungen zu prfen und, wenn eine Eignung fr die Herstellung des in Auftrag gegebenen Werks nicht gege-ben ist, zu warnen.

    2.2.2 Die Prfpflicht erstreckt sich grundstzlich nur auf die durch den Werkvertrag bernommenen Leistungen. Der Auftragnehmer muss umfangreiche, tec h-nisch schwierige und kostenintensive Untersuchungen, die zur Werkleistung und zur Hhe des Werklohnes in keinem vernnftigen Verhltnis stehen, nicht vornehmen - es sei denn, er htte sich gegen gesondertes Entgelt dazu ver-pflichtet.

    Der Auftragnehmer muss etwa dann, wenn hinsichtlich der Beschaffenheit

    von Grund und Boden ein Gutachten eines Geologen vorliegt, nicht nochmals ein Gutachten in Auftrag geben.

    Er muss etwa dann, wenn ein statisches Gutachten vorliegt, nicht eigenstn-

    dige statische Berechnungen anstellen. Er muss allerdings die bergebenen Unterlagen ohne detaillierte Nachbe-

    rechnung einer zumindest oberflchlichen Plausibilittsprfung unterziehen (etwa Mindestbewehrung lt. -Norm und Stand der Technik etc.), den Bau-grund besichtigen und Bodengutachten zumindest oberflchlich prfen - er hat die ihm erteilten Anweisungen "durchzudenken".

    2.2.3 Die Prfpflicht betrifft allerdings immer nur das vom Werkvertrag umfasste Werk und richtet sich nach der dem Werkunternehmer zumutbaren Sac h-kenntnis. Dem Werkunternehmer sind jedenfalls die durchschnittlichen Sac h-kenntnisse der jeweiligen Profession zuzumuten.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 18

    Fr den Generalunternehmer bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass naturgem der Umfang der Prfpflicht mit dem Umfang der bernommenen Leistungen steigt, zumal ja die Prfpflicht smtliche bernommenen Werkleis-tungen umfasst. Der Generalunternehmer haftet daher im Rahmen der Prf-pflicht fr das Fachwissen smtlicher bernommener Fachbereiche und hat daher, wenn etwa Leistungen bernommen werden, bezglich derer der Ge-neralunternehmer kein Fachwissen aufweist und die vom Generalunternehmer an diesbezgliche Fachfirmen als Subunternehmer bergeben werden, auch fr deren Fachwissen einzustehen.

    2.3 Bodenrisiko In der Praxis relevant ist die Frage, wem das Baugrundrisiko (Bodenrisiko) ange-

    lastet werden soll. Grundsatz ist, dass das Bodenrisiko unter Anwendung der so genannten Sph-

    rentheorie den Bauherrn trifft - der Bauherr ist verpflichtet, den Baugrund (Bo-den) vor Bestellung des Werkes zu prfen.

    Der Werkunternehmer hat lediglich im Rahmen der ihn treffenden Prf- und

    Warnpflicht zu warnen, wenn Umstnde darauf hindeuten, dass der Boden nicht geeignet fr die geplante Werkausfhrung sein knnte.

    Grundstzlich mglich ist, den Werkunternehmer mit der Prfung des Baugrunds

    (Bodens) zu beauftragen (dies im Rahmen eines eigenen Werkvertrages) - eine gnzliche berwlzung des Baugrundrisikos ist allerdings dann, wenn dieses Risiko nicht abschtzbar ist, nicht mglich (eine derartige Vereinbarung wird als sittenwidrig im Sinn der Bestimmung des 879 ABGB qualifiziert).

    Es empfiehlt sich jedenfalls, bei Vorhandensein von Bodengutachten vertraglich

    exakt festzulegen, in welcher Form die Bodengutachten fr die Wahrung der Prf- und Warnpflicht des Werkbestellers verbindlich sein sollen.

    Vertragsbestimmungen, nach denen der Auftragnehmer die Ausfhrungsunterla-

    gen auf Mngel zu prfen hat, knnen zu keiner vom Gesetz abweichenden Ver-teilung des Bodenrisikos fhren (WBl 1987, 219). Das bedeutet, dass der Auf-tragnehmer, der keinen Hinweis auf nicht geeignete Bodenverhltnisse vorfindet, auch bei Unterfertigung einer derartigen Vertragsklausel nicht dazu verhalten ist, gesonderte Bodenprfungen vorzunehmen.

    2.4 Form der Warnung

    2.4.1 Ergibt die Prfung der beigestellten Stoffe und Anweisungen Bedenken, hat der Werkunternehmer im Rahmen der ihn treffenden Warnpflicht zu warnen.

    Nach ABGB gengt die mndliche Warnung - es ist allerdings im Hinblick

    darauf, dass diesbezglich erfahrungsgem erhebliche Beweisschwierigkei-

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 19

    ten entstehen, in jedem Fall anzuraten, der Warnpflicht in schriftlicher Form Genge zu tun.

    Sofern die Anwendung der Bestimmungen der -Norm B 2110 vereinbart ist,

    ist die Warnung schriftlich abzugeben.

    2.4.2 Die Warnung ist darber hinaus unverzglich abzugeben. Die -Norm B 2110 schreibt diese Unverzglichkeit ausdrcklich vor - es ist allerdings auch im Anwendungsbereich der Bestimmungen des ABGB tunlich, die Warnung ohne unntigen Aufschub und somit mglichst unverzglich abzugeben.

    2.4.3 Grundstzlich besteht die Prf- und Warnpflicht nicht nur vor Beginn der ver-traglich vereinbarten Arbeiten, sondern darber hinaus auch whrend der Zeit der Bauausfhrung.

    2.4.4 Zu warnen ist der Vertragspartner (Werkbesteller) - unter Umstnden ist es auch ausreichend, den beauftragten Architekten zu warnen. Aus Sicherheits-grnden sollte allerdings auch im Falle des Vorhandenseins eines bevoll-mchtigten Architekten unbedingt zustzlich der direkte Vertragspartner ge-warnt werden!

    2.4.5 Auch ein sachverstndiger Besteller (der etwa selbst Professionist ist) sowie ein sachverstndig beratener Besteller (Bauherr mit beratendem Architekten) ist zu warnen!

    2.5 Inhalt der Warnung

    2.5.1 Sinn der Warnpflicht ist es, dem Werkbesteller eine verlssliche Entschei-dungsbasis zu liefern - der Werkbesteller muss die Mglichkeit haben, die Gefahren abzuwgen und eine Entscheidung zu treffen, ob weiterhin unter Verwendung des vorhandenen Baugrundes bzw. des zur Verfgung gestellten Planes mit der Werkerstellung fortgefahren werden soll oder nicht. Dem Werkbesteller muss im einzelnen vor Augen gefhrt werden, welche Folgen die Nichtbefolgung des Warnhinweises nach sich ziehen knnte, um diesem eine sachgerechte Entscheidung darber zu ermglichen, in wie weit er dieser Anleitung nachkommen will bzw. ob er allenfalls auch eine andere Ausfhrung des Werks wnscht oder gar zustzliche Auftrge erteilt.

    2.5.2 Nach ABGB muss der Warnhinweis folgendes beinhalten: - Die Warnung muss die Bedenken des Werkunternehmers konkret benen-

    nen und (auch fr einen Laien verstndlich) erkennen lassen, warum bei

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 20

    Verwendung des beigestellten Stoffes (Baugrundes, Bodens) bzw. bei Be-folgung der erteilten Anweisung (Verwendung des zur Verfgung gestell-ten Plans) das Werk misslingen knnte.

    - Der Werkbesteller muss in die Lage versetzt werden, anhand smtlicher

    ihm gelieferten Daten und dargestellten Konsequenzen eine Risikoab-schtzung durchzufhren.

    - Ein allgemeiner Hinweis gengt niemals ! - Die Warnung muss auf den Verstndnishorizont des Werkbestellers ab-

    gestimmt sein, die Eindringlichkeit des Hinweises hngt je nach Einzelfall auch von der Sachkenntnis des Werkbestellers oder dessen Beauftragten ab. Grundstzlich allerdings ist auch ein sachkundiger Werkbesteller bzw. ein sachkundig beratener Werkbesteller zu warnen, wobei diesbezglich lediglich insoferne Erleichterungen vorhanden sind, als eben termini technici verwendet werden drfen, die dem fachlich hher einzuschtzen-den Verstndnishorizont des sachkundigen Werkbestellers angepasst sind.

    2.5.3 Nach -Norm B 2110 muss die Warnung nicht nur schriftlich erfolgen, son-dern auch geeignete Lsungsvorschlge enthalten - der Auftragnehmer hat innerhalb einer zumutbaren Frist Hinweise und Vorschlge zur Behebung bzw. Verbesserung zu unterbreiten.

    2.6 Entfall der Warnpflicht

    2.6.1 Eine weitere Warnpflicht entfllt, wenn der Auftragnehmer die im obigen Sinn ausgestaltete Warnung erhalten hat und die Bedenken verwirft.

    2.6.2 Darber hinaus entfllt die Warnpflicht, wenn die Untauglichkeit des Stoffs bzw. die Unrichtigkeit der Anweisung nicht erkannt werden kann (in der -Norm B 2110 wird ausdrcklich auf die Erkennbarkeit verwiesen - die diesbe-zgliche Bestimmung des 1168 a ABGB wird trotz des ausdrcklichen Wort-lautes "offenbar untauglich" so verstanden, dass ebenfalls "Erkennbarkeit" ausreicht).

    2.6.3 Die Warnpflicht entfllt schlielich, wenn der Werkbesteller von dritter Seite bereits ausreichend gewarnt wurde. Es ist allerdings dringend anzuraten, sich hier nicht auf bereits vorgenommene Warnungen Dritter zu verlassen, son-dern in jedem Fall selbst zu warnen.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 21

    2.7 Rechtsfolgen der Warnpflichtverletzung

    2.7.1 Fr die Annahme einer Warnpflichtverletzung ist Verschulden ntig - die Rechtsfolgen werden allerdings im Wesentlichen nach gewhrleistungsrecht-lichen Bestimmungen behandelt.

    Das Verschulden des Werkunternehmers wird an den (strengen) Haftungs-

    mastben der Bestimmungen 1299, 1300 ABGB (Sachverstndigenhaf-tung) gemessen.

    Es ist darber hinaus davon auszugehen, dass der Werkunternehmer im Sin-

    ne der Bestimmung des 1298 ABGB beweisen muss, dass ihn an einer vor-geworfenen Verletzung der Warnpflicht kein Verschulden trifft (Beweislastum-kehr).

    2.7.2 Die Rechtsfolgen der Verletzung der Warnpflicht sind fr den Auftragnehmer unangenehm:

    Der Auftragnehmer haftet gewhrleistungsrechtlic h - je nach Lage des Einzel-

    falles kann der Auftragnehmer sogar seinen gesamten Anspruch auf Werk-lohn verlieren. Der Auftragnehmer verliert jedenfalls den Teil des Werklohns, der den Teil der Werkleistung, die von der Warnpflichtverletzung umfasst ist, betrifft.

    Auerdem ist davon auszugehen, dass der Werkunternehmer fr smtliche

    Schden, die infolge der Unterlassung der Warnung entstanden sind, haftet (zu denken ist hier etwa an Verzgerungsschden, Sanierungskosten etc.)

    Gelangt die -Norm B 2110 zur Anwendung, ist (leichte Fahrlssigkeit vor-

    ausgesetzt) lediglich der im Sinn der Haftungsbeschrnkung errechenbare Hchstbetrag anzusetzen (Pkt. 5.47).

    2.7.3 Darber hinaus sind die so genannten "Sowiesokosten" zu bercksichtigen - der Werkunternehmer hat lediglich diejenigen Sanierungskosten zu bezahlen, die nach Abzug der Mehrkosten, die auch bei ordnungsgemer Warnung "sowieso" anerlaufen wren, verbleiben. Der Werkbesteller ist so zu stellen, wie er stnde, wre die Warnung rechtzeitig erfolgt und htte rechtzeitig auf den Warnhinweis reagiert werden knnen.

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    Riesemann, 2007 22

    2.8 Mitverschulden des Bauherrn bei Verletzung der Warnpflicht durch den Auftragnehmer

    2.8.1 Fr den Fall, dass der Bauherr nicht sachverstndig beraten ist, ist ein derar-tiges Mitverschulden nur in Ausnahmefllen anzunehmen - etwa dann, wenn der Bauherr seiner grundstzlichen Prfpflicht hinsichtlich des Baugrundes nicht nachkommt (und dies dem Werkunternehmer auch nicht mitteilt) oder vom Bauherrn unbedingt ntige Anweisungen und Aufklrungen bezglich et-waiger Besonderheiten des Werkes nicht erteilt werden und unter anderem auch deshalb das Werk misslingt.

    2.8.2 Fr den Fall, dass der Bauherr sachverstndig beraten ist (meist durch einen Architekten), ist ein Mitverschulden des Bauherrn insoferne mglich, als sich der Bauherr ein allflliges Verschulden seines sachverstndigen Beraters im Sinne der Bestimmung des 1313a ABGB (Gehilfenhaftung) anrechnen las-sen muss:

    Immer dann, wenn der Bauherr durch seinen sachverstndigen Berater eine

    Vertragspflicht gegenber dem bauausfhrenden Unternehmer erfllt, ist eine derartige Verschuldensanrechnung mglich, wenn diese Vertragspflicht ver-letzt wird.

    Eine Vertragspflicht des Werkbestellers ist, wie zuvor ausgefhrt, die berga-

    be von tauglichen Plnen sowie die Koordinierung (die allerdings bei Vorlie-gen eines Generalunternehmerbauvertrages auf den Generalunternehmer -bergeht).

    Liegt daher ein Planungsfehler, den der Architekt verschuldet hat, vor, kann

    der Auftragnehmer auch dann, wenn er seine Warnpflichten hinsichtlich des vorliegenden Planfehlers verletzt hat, als Mitverschuldenseinwand geltend machen, dass sich der Bauherr den vom Architekten verschuldeten Planungs-fehler anzurechnen hat und nicht den gesamten Schadenersatzbetrag vom Auftragnehmer fordern kann.

    In der Ausbung der rtlichen Bauaufsicht ist allerdings keine Erfllung von

    Vertragspflichten des Bauherrn dem Auftragnehmer gegenber zu erblicken, sodass dem Auftragnehmer ein Einwand, der Bauherr msse sich eine allflli-ge Verletzung der Bauaufsichtspflichten seines Architekten als Mitverschul-den anrechnen lassen, nicht mglich ist (der OGH hat in diesem Zusammen-hang ausgesprochen, dass eine derartige Rechtsansicht dann "abwegig" ist, wenn die Bauaufsicht und berwachung ausschlielich der Wahrung der Inte-ressen des Bauherrn dienen sollte).

    Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob ein diesbezglicher Mitverschul-

    denseinwand mglich wird, wenn eine entsprechende vertragliche Regelung vereinbart wird (die Durchfhrung der rtlichen Bauaufsicht wird dem Werkun-ternehmer gegenber ausdrcklich als Vertragspflicht des Werkbestellers de-finiert).

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 23

    2.8.3 Im Einzelnen sind nun bei Betrachtung der diversen Vertragsverhltnisse (Bauherr Architekt / Planer; Bauherr Bauunternehmer; Bauherr Architekt / Bauaufsicht) folgende Szenarien denkbar:

    2.8.3.1 Es liegt ein Planungsfehler vor - der Auftragnehmer hat diesen Planungs-

    fehler nicht erkannt und damit seine Warnpflicht verletzt: Der Architekt haftet wegen Planungsfehler zu 100 % Der Bauunternehmer haftet wegen Warnpflichtverletzung nicht zu 100 %,

    zumal sich der Bauherr den Planungsfehler des Architekten als Verschul-den anzurechen hat (Verschuldensteilung je nach Einzelfall - meist jedoch 1 : 1).

    2.8.3.2 Es liegt ein Ausfhrungsfehler (Planabweichung) vor, der Architekt hat den

    Ausfhrungsfehler nicht erkannt, da er die rtliche Bauaufsicht schuldhaft mangelhaft ausgebt hat:

    Der Bauunternehmer haftet zu 100 %. Der Architekt haftet ebenso zu 100 %. Der Bauunternehmer kann hier keinen Mitverschuldenseinwand geltend

    machen, da in der Ausbung der rtlichen Bauaufsicht keine Vertrags-pflicht ihm gegenber erfllt wird. Der Architekt ist hinsichtlich des ber-wachungsfehlers nicht Erfllungsgehilfe des Bauherrn.

    Ebenso kann sich der Architekt nicht darauf berufen, dass sich der Bauherr

    ein Mitverschulden des Auftragnehmers anzurechnen hat - der bauausfh-rende Unternehmer ist in diesem Zusammenhang nicht Erfllungsgehilfe des Bauherrn.

    2.8.3.3 Unter Umstnden stehen allerdings sowohl bauausfhrendem Unternehmer

    als auch Architekten wechselseitige Regressansprche zur Verfgung - diesbezglich liegt allerdings noch keine Judikatur vor.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 24

    3. bergabe / bernahme

    3.1 Definitionen

    3.1.1 Die bergabe/bernahme ist eine im (Bau) Werkvertragsrecht entscheidende Phase - die bergabe/bernahme lst einige wesentliche Rechtsfolgen aus.

    Im ABGB ist der Begriff der bergabe/bernahme nicht definiert. Die Be-

    stimmungen der -Norm B 2110 unterscheiden zwischen frmlicher und form-loser bernahme. Eine frmliche bernahme hat zu erfolgen, wenn eine sol-che im Vertrag vorgesehen oder nach Art und Umfang der Leistung blich ist.

    Es empfiehlt sich freilich, nicht nur bei Groprojekten eine frmliche ber-

    nahme durchzufhren, sondern (auch im Anwendungsbereich des ABGB) ein bernahmeprotokoll zu erstellen, um sptere Beweisschwierigkeiten zu ver-meiden.

    3.1.2 Von einer konkludenten bernahme spricht man, wenn das Werk zwar nicht formell bernommen wird, allerdings Handlungen gesetzt werden, aus denen eine bernahme abgeleitet wird (das Werk wird benutzt, indem zB Einric h-tungsgegenstnde eingebracht werden, Rume benutzt werden etc.). Auch eine derartige - konkludente - bernahme lst die Rechtsfolgen der berga-be/bernahme aus.

    3.1.3 In der -Norm B 2110 ist darber hinaus auch eine Regelung bezglich Teil-bernahmen enthalten (Pkt. 5.41.11, 5.32.5). Werden Teile der Leistung, die bereits vertragsmig fertig gestellt sind, bestimmungsgem vor der vorge-sehenen bernahme bentzt, gilt dies bereits als bernahme.

    Bei Werken, die eine krperliche bernahme nicht zulassen, bedarf es dafr

    einer Erklrung des Unternehmers, dass das Werk vollendet sei, und einer Erklrung des Bestellers, die Erfllung seines Auftrages zur Kenntnis zu nehmen (OGH 22. 11. 1995 1 Ob 753/95, JBl 1996 392 ff).

    3.1.4 Schlielich wird in Pkt. 5.41.4 die so genannte fiktive bernahme geregelt - ist eine frmliche bernahme im Vertrag vorgesehen oder nach Art und Um-fang der Leistung blich, gilt die bernahme auch dann als erfolgt, wenn der Auftraggeber ohne Angabe von Grnden nach Aufforderung zur bernahme die Leistung nicht innerhalb von 30 Tagen (diese Frist ist in Pkt. 5.41.3 der -Norm B 2110 geregelt) bernimmt.

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    Riesemann, 2007 25

    3.2 Rechtsfolgen

    3.2.1 Primr ist davon auszugehen, dass bis zur bergabe/bernahme der Werk-besteller auf Vertragserfllung bestehen kann und die Rechtsfolge des Ver-zugs ( 918 ABGB) geltend machen kann. Er kann somit die bernahme ei-nes mangelhaften (auch lediglich mit geringfgigen Mngeln behafteten) Wer-kes verweigern und unter Setzung einer Nachfrist (behebbarer Mangel vor-ausgesetzt) sogar vom Vertrag zurcktreten. Verschulden vorausgesetzt ist auch die Geltendmachung von Schadenersatzansprchen (Nichterfllungs-schaden Deckungsgeschft / Marktpreise) mglich. Je nach Vereinbarung bleibt auch die Pnalverpflichtung bei zu Recht verweigerter bernahme des Werks bis zur Mngelfreistellung bestehen.

    Nach bernahme des Werks (und sei es auch mit nicht sogleich erkannten

    Mngeln) stehen lediglich die Instrumentarien des Gewhrleistungsrechts zur Verfgung.

    3.2.2 Grundstzlich ist nach den Regelungen des ABGB ( 922 ff; 1167) der Auftraggeber berechtigt, die bernahme der Leistung bei Vorliegen von Mn-geln zu verweigern.

    Das bedeutet, dass ein Werkbesteller auch bei Vorliegen von geringfgigen,

    allerdings unbehebbaren Mngeln berechtigt ist, die bernahme des Werks zu verweigern und sogleich (ohne Setzung einer Nachfrist - Behebbarkeit ist ja nicht mglich) vom Vertrag zurckzutreten. Unter Verwendung gewhrleis-tungsrechtlicher Instrumentarien wre bei geringfgigen Mngeln ein Ver-trags rcktritt (Wandlung) nicht mglich.

    Gelangt die -Norm B 2110 zur Anwendung (Pkt. 5.41.8) kann die bernah-

    me nur dann verweigert werden, wenn entweder Mngel vorliegen, die den vereinbarten Gebrauch der Sache wesentlich beeintrchtigen oder ein Wand-lungsrecht begrnden, oder wenn die die Leistung betreffenden Unterlagen, deren bergabe zu diesem Zeitpunkt nach dem Vertrag blicherweise zu er-folgen hat (Bedienungsanleitungen, Prfungsanleitungen, Plne, Zeichnungen etc.) dem Auftraggeber nicht bergeben worden sind.

    3.2.3 Die Gewhrleistungsfrist beginnt (auch fr versteckte Mngel!) zu laufen.

    3.2.4 Die Gefahr fr den zuflligen Untergang des Werks hat ab berga-be/bernahme der Werkbesteller zu tragen (Sphrentheorie!).

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 26

    3.2.5 Gewhrleistungsansprche sind grundstzlich nur dann berechtigt, wenn ein Mangel des Werks bereits zum Zeitpunkt der bergabe/bernahme vorgele-gen hat.

    3.2.6 Das Vorliegen von Mngeln im Zeitpunkt der bergabe/bernahme wird allerdings vermutet, sofern der Mangel innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach bergabe/bernahme gergt wird ( 924 ABGB).

    3.2.7 Der Deckungsrcklass wird auf den Haftrcklass eingeschrnkt.

    3.3 Gefahrtragung Sphrentheorie Nach den Regeln des ABGB trgt die Gefahr fr den zuflligen Untergangs des

    Werks vor bergabe/bernahme der Werkunternehmer nach berga-be/bernahme der Werkbesteller.

    Kommt die -Norm B 2110 zur Anwendung trgt die Gefahr fr den zuflligen

    Untergang des Werks (unabwendbares Ereignis) auch vor bergabe/bernahme desselben der Werkbesteller, wenn der Werkunternehm er alles Zumutbare getan hat, um eine Gefahr fr das Werk abzuwenden (Pkt. 5.42.1).

    3.4 Offenkundige Mngel Offenkundige, in die Augen fallende Mngel sind nach Ansicht des OGH

    sogleich (bei bergabe/bernahme) zu rgen, ansonsten wird ein schlssiger Verzicht auf Gewhrleistungsansprche angenommen (dies in analoger Anwen-dung der Bestimmung des 928 ABGB). Diese an sich lediglich fr den Kaufver-trag geltende Bestimmung wurde vom OGH in einer Entscheidung auch auf den Werkvertrag umgelegt dies trotz des dogmatischen Problems, dass diese Be-stimmung auf Offenkundigkeit der Mngel im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellt.

    3.5 Abbestellung des Werkes Der Werkbesteller hat keine Verpflichtung, das fertig gestellte Werk (sei es auch

    mngelfrei) zu bernehmen: Anders als etwa bei Kaufvertrgen steht es dem Werkbesteller jederzeit frei, das Werk abzubestellen !

    Der Werkunternehmer hat in einem solchem Fall allerdings im Sinne der Be-

    stimmung des 1168 ABGB einen Anspruch auf Abgeltung des Werklohns - der Werkunternehmer hat sich (je nach dem Zeitpunkt der erfolgten Abbestellung) lediglich die im Hinblick auf die teilweise Nichtausfhrung des Werks stattgefun-dene Ersparnis anzurechnen. Eine derartige Anrechnung entfllt begrifflich dann, wenn das Werk fertig gestellt und lediglich die bernahme verweigert wird - abgesehen davon, dass im Hinblick auf den vorliegenden Annahmeverzug ein Gefahrenbergang fr die Gefahrtragung des zuflligen Untergangs der Werk-leistung stattfindet, wird der Werklohn zur Gnze fllig.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 27

    4. Pnale

    4.1 Definitionen

    4.1.1 Eine Vertragsstrafe/Konventionalstrafe/Pnale ist ein so genannter "pauscha-lierter Schadenersatz", den der Schuldner (meist Werkunternehmer) dem Glubiger (meist Werkbesteller) fr den Fall zu bezahlen vereinbart, dass er entweder gar nicht oder nicht auf gehrige Art oder zu spt erfllt ( 1336 ABGB).

    Die Konventionalstrafe (Pnale) soll grundstzlich den aus der nicht/nicht ge-

    hrigen/zu spt erfolgten Erfllung entstehenden Schaden pauschalieren und zum Ausgleich smtlicher Nachteile, die dem Glubiger (Werkbesteller) aus der Vertragsverletzung entstehen knnen, dienen.

    4.1.2 Dient die Konventionalstrafe (Pnale) als pauschale Abgeltung fr die Nicht-einhaltung der Erfllungszeit, so kann die Konventionalstrafe (Pnale) sogar neben dem Erfllungsinteresse gefordert werden. Es besteht daher (verspte-te Fertigstellung vorausgesetzt) fr den Werkbesteller die Mglichkeit, neben der Geltendmachung der Pnale auch noch die Kosten der Ersatzvornahme zu begehren.

    4.1.3 Wird die Konventionalstrafe (Pnale) allerdings lediglich fr den Fall der Nichterfllung vereinbart, scheidet eine parallele Geltendmachung der Pnale und des Erfllungsinteresses begrifflich aus: Der Werkbesteller hat in diesem Fall somit lediglich ein Wahlrecht zwischen seinem Anspruch auf Erfllung (bzw. der Geltendmachung des Erfllungsinteresses = Kosten der Ersatzvor-nahme) einerseits und der Geltendmachung der Konventionalstrafe (Pnale) andererseits.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 28

    4.2 Behinderung

    4.2.1 Eine versptete Fertigstellung bzw. die Nichteinhaltung des Fertigstellungs-termins kann (und ist meist) auf eine Behinderung des Werkunternehmers whrend der Bauausfhrungsphase zurckzufhren sein.

    4.2.2 Auf eine derartige Behinderung kann sich allerdings der Werkunternehmer im Sinne der diesbezglich einschlgigen Bestimmungen der -Norm B 2110 (5.33 - Behinderung der Ausfhrung) nur dann berufen, wenn der grundstzli-che Behinderungsanspruch (Anspruch auf Verlngerung der Leistungsfrist = Bauzeitverlngerung, Anspruch auf Abgeltung von durch die Behinderung entstandenen Mehrkosten) unverzglich und schriftlich beim Vertragspartner angemeldet wurde.

    Jegliche Geltendmachung einer stattgefundenen Behinderung ist von einer

    rechtzeitigen Anmeldung des Anspruchs abhngig ! Die Behinderungsanzeige kann nur dann entfallen, wenn dem anderen Ver-

    tragspartner die Behinderung bekannt war oder htte bekannt sein mssen. Es empfiehlt sich allerdings (schon aus Grnden der spteren Beweisbarkeit) unbedingt, eine schriftliche Behinderungsanzeige vorzunehmen.

    4.2.3 Die Behinderung muss darber hinaus auf dem sogenannten "kritischen Weg" erfolgen ist es fr den Werkunternehmer mglich, anstelle der behinderten Arbeiten andere Arbeiten vorzuziehen, so hat er diese auszufhren.

    4.2.4 Fr die Zuordnung der Behinderungsansprche gilt ebenfalls die Sphrenthe-orie: Liegt die Ursache der Behinderung in der Sphre des Auftraggebers oder in der so genannten "neutralen Sphre" (unvorhergesehene und unab-wendbare Ereignisse wie zB. Naturkatastrophen, Krieg etc.) hat der Auftrag-geber fr die durch die Behinderung entstehenden Verlngerungen und Mehr-kosten aufzukommen. Liegt die Ursache der Behinderung in der Sphre des Auftragnehmers, kann sich dieser auch gegen die Geltendmachung einer P-nale nicht auf die stattgefundene Behinderung berufen.

    4.3 Grundstze der Rechtssprechung

    4.3.1 Wesentlich ist, dass im Sinne der diesbezglich stndigen Judikatur des OGH der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich ist, um eine Pnal-verpflichtung auszulsen.

    4.3.2 Darber hinaus ist zwar die Vereinbarung einer verschuldensunabhngigen Konventionalstrafe mglich - zumeist wird allerdings davon auszugehen sein, dass die Geltendmachung einer Pnalverpflichtung Verschulden des zu spt

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 29

    leistenden (bzw. nicht/nicht gehrig erfllenden) Werkunternehmers voraus-setzt. Im Sinne der Beweislastregel der Bestimmung des 1298 ABGB hat al-lerdings in einem derartigen Fall der Werkunternehmer zu beweisen, dass ihn an der rechtzeitigen (bzw. ordnungsgemen) Erfllung kein Verschulden trifft.

    4.3.3 Wird eine Pnale geltend gemacht (meist erfolgt hier ein Abzug von der Schlussrechnungssumme) und daraufhin Prozess gefhrt, wird vom pna-lepflichtigen Werkunternehmer zumeist versucht einzuwenden, dass ein tat-schlicher Schaden nicht eingetreten ist (irrelevant siehe oben) und die vereinbarte Konventionalstrafe derart hoch ist, dass diese als sittenwidrig zu bezeichnen ist.

    Bezglich der Erfolgschance einer derartigen Einwendung ist unbedingt Vor-

    sicht geboten - vom OGH wird hier mehr oder weniger eine "Ruin-Theorie" vertreten: Eine Pnale ist erst dann als sittenwidrig zu bezeichnen, wenn ihre Zahlung das wirtschaftliche Verderben des Pnaleschuldners herbeifhren wrde oder aber seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit bermig beein-trchtigen knnte. Es muss in diesem Zusammenhang ein offensichtlich un-begrndeter Vermgensvorteil fr den Pnaleglubiger vorhanden sein, der jeglichem Rechtsgefhl billig und gerecht denkender Menschen widerspricht.

    Eine Relation zum vereinbarten Werklohn bzw. eine Argumentation derge-

    stalt, dass die Pnale zum vereinbarten Werklohn in keinem Verhltnis steht, ist allerdings fr sich allein keinesfalls geeignet, die zuvor dargestellte Sit-tenwidrigkeit herzustellen: Es existiert Judikatur des OGH, wonach eine P-nale, die rund 70 % des Werklohns ausmacht, auch dann nicht als sittenwidrig zu bezeichnen ist, wenn kein konkreter Schaden nachgewiesen werden kann !

    4.3.4 Dazu kommt, dass selbst dann, wenn Sittenwidrigkeit im obigen Sinn ange-nommen wird, nicht die gesamte Pnalverpflichtung hinfllig wird, sondern le-diglich das berma. Der in einem Verfahren zustndige Richter hat in die-sem Fall die Pnalverpflichtung auf ein ertrgliches Ausma (das eben nicht zum Ruin des Pnaleschuldners fhrt) zu migen.

    4.3.5 Weigert sich der Besteller (Bauherr) berechtigt, die Bauleistung zu berneh-men, luft die Pnalfrist weiter. Dazu kommt, dass auch dann, wenn vom Werkbesteller Rcktritt vom Vertrag wegen Verzugs geltend gemacht wird, nach neuerer Rechtssprechung trotz des Umstandes, dass es hier zu einer Rckabwicklung des Vertrages kommt, dennoch Pnale begehrt werden kann.

    4.3.6 Zu beachten ist darber hinaus, dass das Ende der Pnalfrist nicht unbedingt mit der bergabe/bernahme des Bauwerks zusammenfallen muss: Pnale wird nach neuerer Rechtssprechung des OGH bis zur Beendigung einer (zu Recht vorgenommenen) Ersatzvornahme zugesprochen! (Die diesbezgliche Entscheidung ist deshalb problematisch, da die Pnalverpflichtung ja grund-

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 30

    stzlich von einem bestehenden Vertragsverhltnis abhngt, das im Falle des Vertragsrcktritts wegfllt.)

    4.3.7 Die -Norm B 2110 sieht vor, dass dann, wenn nichts anderes vereinbart wird, eine fr den ursprnglichen Termin vereinbarte Vertragsstrafe bei Ver-lngerung der Leistungsfrist hinfllig wird.

    4.4 Migungsrecht Das so genannte richterliche Migungsrecht bedeutet, dass der in einem Ver-

    fahren zustndige Richter eine vereinbarte Pnale (unabhngig von der zuvor dargestellten Sittenwidrigkeit) - allerdings nur auf Antrag und nicht von Amts wegen - herabsetzen kann.

    Dabei hat er sich an der Hhe des entstandenen Schadens (auch bei Anwen-

    dung des richterlichen Migungsrechtes kann keinesfalls unter den tatschlich eingetretenen Schaden gemigt werden!), am Grad des Verschuldens sowie an den wirtschaftlichen und sozialen Verhltnissen des Pnaleschuldners zu orien-tieren.

    Ein derartiges richterliches Migungsrecht ist nach den Bestimmungen des

    ABGB allerdings nur beim Nichtkaufmann zulssig - der Vollkaufmann hat grundstzlich keinerlei Mglichkeit, richterliches Migungsrecht in Anspruch zu nehmen (Grenze ist hier die oben dargestellte "Ruin-Theorie").

    Ist die Anwendung der -Norm B 2110 vereinbart, kann auch ein Vollkaufmann

    unter Hinweis auf Pkt. 5.36.1 die Anwendung eines richterlichen Migungsrec h-tes beantragen.

    4.5 Pnale bei GU-Vergabe Pnalverpflichtungen werden oft auch bei GU-Vergaben schlagend - in diesem

    Zusammenhang ist die Frage interessant, ob es fr den Generalunternehmer mglich ist, eine aufgrund des Verschuldens eines Subunternehmers im Ver-tragsverhltnis des Generalunternehmers zum Bauherrn fllig gewordene Pnal-verpflichtung auf den Subunternehmer zu berwlzen, obwohl im Subunterneh-mervertrag eine Pnalverpflichtung nicht verankert ist oder aber im Gegensatz zum Pnale des Generalunternehmers (etwa mangels Vollkaufmannseigen-schaft) dem richterlichen Migungsrecht unterliegt.

    Der OGH hat die Zulssigkeit einer derartigen Regressmglichkeit bejaht - die

    dem Generalunternehmer entstandene Verpflichtung, Pnale an den Bauherrn zu bezahlen, stellt einen positiven Vermgensschaden dar, der im Wege des Schadenersatzes (Regresses) Verschulden vorausgesetzt (Beweislastumkehr) - auf den tatschlichen Schdiger berwlzt werden kann. Eine Pnalverpflic h-

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 31

    tung des Generalunternehmers kann somit an den Subunternehmer "durchge-stellt" werden!

    4.6 Haftungsbeschrnkungen Ist lediglich ABGB anwendbar, ist im Hinblick auf die restriktive Rechtsspre-

    chung des OGH zur Frage der Sittenwidrigkeit von Pnalverpflichtungen unbe-dingt zu empfehlen, vertragliche Hchstgrenzen einzufhren, zumal eine gesetz-liche Haftungsbeschrnkung nicht vorhanden ist.

    Die Bestimmungen der -Norm B 2110 sehen eine derartige Haftungsbegren-

    zung (5 % der Auftragssumme) in Pkt. 5.36.1 ausdrcklich vor.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 32

    5. Schlussrechnung

    5.1 Flligkeit der Schlussrechnung

    5.1.1 Ist lediglich die Anwendung des ABGB vereinbart, ist eine Flligkeit des Werklohns erst nach Fertigstellung des Werks anzunehmen ( 1170 ABGB).

    Der Werkbesteller kann bis zur mngelfreien Herstellung des Werks (Grenze:

    Schikane) den Werklohn zurckbehalten. Ohne diesbezgliche Vereinbarung ist darber hinaus Teilrechnungslegung (Ausnahme: klar abgeschlossene Teilbereiche, Auslagenersatz) nicht mglich.

    Das Recht zur Geltendmachung der Schlussrechnungssumme verjhrt inner-

    halb von drei Jahren nach Flligkeit (mangels Vereinbarung ist die Schluss-rechnung sofort nach Erhalt fllig).

    5.1.2 Im Anwendungsbereich der -Norm B 2110 gelten bezglich der Schluss-rechnungslegung einige Besonderheiten:

    - Schlussrechnungen sind sptestens 2 Monate nach Erbringung der ver-

    tragsgemen Leistung zu legen (Pkt. 5.29.8.2) - der Schlussrechnung sind prfbare Unterlagen anzuschlieen.

    - Schlussrechnungen sind innerhalb von 3 Monaten nach Eingang der

    Rechnung zur Zahlung fllig (es sei denn, es wurde diesbezglich keine andere Frist vertraglich vereinbart), wohingegen Abschlags(teil)- rechnungen und Regierechnungen sptestens 30 Tage nach Eingang der Rechnung zur Zahlung fllig sind (Pkt. 5.30.1.1, 5.30.1.2).

    - Ist eine Schlussrechnung derart mangelhaft, dass sie weder berprft

    noch berichtigt werden kann, is t sie dem Auftragnehmer binnen 30 Tagen zur Verbesserung zurckzustellen und von diesem binnen weiterer 30 Tage neu vorzulegen (Pkt. 5.29.9.1).

    - Werden Rechnungen in diesem Sinne zurckgestellt, beginnt der Fristen-

    lauf fr die Flligkeit erst mit der Vorlage einer neuen Rechnung. In den brigen Fllen wird die Zahlungsfrist um so viele Tage verlngert, wie aus Grnden, die beim Auftragnehmer liegen, mit der Prfung der Rechnung ausgesetzt werden musste.

    - Weicht die Zahlung vom Rechnungsbetrag ab (dies ist in der Praxis ja

    meist der Fall), hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer sptestens bei Zahlung die Grnde fr die vorgenommenen Abstriche bekannt zu geben (Pkt. 5.30.1.5).

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 33

    5.2 Schlussrechnungsvorbehalt

    5.2.1 Die Annahme der Schlusszahlung aufgrund einer Schlussrechnung schliet nachtrgliche Forderungen fr die vertragsgem erbrachten Leistungen aus, wenn nicht ein Vorbehalt in der Rechnung enthalten ist oder binnen 3 Mona-ten nach Erhalt der Zahlung schriftlich erhoben wird. Dieser Vorbehalt ist schriftlic h zu begrnden (Pkt. 5.30.2) !

    5.2.2 Wie zuvor ausgefhrt, ist die Schlussrechnung 2 Monate nach Fertigstellung zu legen - sollte dies bezglich einzelner Leistungen nicht mglich sein, muss bereits ein Vorbehalt in der Schlussrechnung selbst gettigt werden (es em p-fiehlt sich in diesem Zusammenhang in der Schlussrechnung darauf zu ver-weisen, dass diese nur in Verbindung mit einem Begleitschreiben, in dem der Vorbehalt entsprechend dargestellt wird, gilt).

    5.2.3 Werden Abstriche gettigt und weicht somit die Zahlung vom Rechnungsbe-trag ab, hat sich der Auftragnehmer die Geltendmachung des Differenzbetra-ges bei sonstigem Anspruchsverlust (!) innerhalb einer Frist von 3 Monaten vorzubehalten. Diese 3-monatige Frist beginnt mit Bekanntgabe seitens des Auftraggebers, aus welchem Grund Abstriche gettigt wurden (vgl. Pkt. 2.30.1.5).

    Zur Qualittsanforderung an die vom Auftragnehmer zu erstattende Begrn-

    dung des Vorbehalts ist auf eine uerst restriktive Rechtssprechung des OGH hinzuweisen: In einer Entscheidung aus dem Jahr 1998 (Bauzeitung 1998/39) hat der OGH eine Werklohnklage abgewiesen, obwohl der Auftrag-nehmer bereits in einem 6 Tage nach Erhalt der Schlusszahlung abgesandten Schreiben darauf verwiesen hat, dass ausgehend von der geprften End-summe und abzglich eines Haftrcklasses und Skontos ein Differenzbetrag zur tatschlich erfolgten Zahlung besteht - der Auftragnehmer hat in diesem Schreiben um berprfung dieser Feststellung und um berweisung des Fehlbetrages gebeten.

    Dennoch wurde seitens des Bauherrn lediglich der in dem dem Auftragneh-

    mer bermittelten Korrekturschreiben genannte Betrag berwiesen. Rund 2 1/2 Monate nach bermittlung der korrigierten Schlussrechnung wies

    der Auftragnehmer neuerlich schriftlich (allerdings ohne nochmalige Begrn-dung) darauf hin, dass er die Rechnungskorrektur nicht akzeptiere.

    Dem OGH ist diese Vorbehaltsbegrndung nicht als ausreichend erschienen !

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 34

    6. Gewhrleistung

    6.1 Definitionen

    6.1.1 Grundstzlich hat der Auftragnehmer dafr Gewhr zu leisten, dass seine Leistungen die gewhnlich vorausgesetzten Eigenschaften oder die im Ver-trag ausdrcklich bedungenen Eigenschaften aufweisen und den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

    Gewhrleistung heit, verschuldensunabhngig dafr einstehen zu mssen,

    dass das Werk im Zeitpunkt der bergabe/bernahme im obigen Sinne mn-gelfrei ist, im bedungenen Sinn brauchbar ist (die gewhnlich vorausgesetz-ten Eigenschaften aufweist) und nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet wurde.

    Jede Abweichung von diesem Zustand bedeutet, dass Mngel vorliegen !

    6.1.2 Ein Werk ist immer dann mangelhaft, wenn dem erteilten Auftrag nicht in vol-lem Umfang entsprochen wurde, von vertraglich festgelegten Ausfhrungs-modalitten abgewichen wurde, die Ausfhrung des Werks nicht nach den anerkannten Regeln der Bautechnik errichtet wurde (wesentliche Ausfh-rungsvorschriften, technische Bestimmungen in einschlgigen -Normen wurden verletzt) oder wesentliche Einzelheiten berhaupt nicht ausgefhrt wurden.

    Der wesentliche Unterschied zum Schadenersatzrecht besteht darin, dass ein

    Verschulden des Auftragnehmers am Vorliegen der Mngel nicht notwendig ist, um die entsprechenden gewhrleistungsrechtlichen Rechtsfolgen auszu-lsen.

    Unabhngig davon, ob bei Ausfhrung des Werks der Stand der Technik ein-

    gehalten ist, besteht bei Vorliegen eines Mangels eine gewhrleistungsrecht-liche (verschuldensunabhngige) Haftung!

    6.2 Risikoverlagernde Anweisung Wird der Werkunternehmer ausdrcklich angewiesen, ganz bestimmte Werkstof-

    fe zu verwenden (es mssen bestimmte Ziegel, ein bestimmter Putz sowie eine bestimmte Farbe verwendet werden), sodass dem Werkunternehmer hinsichtlich der zu verwendenden Stoffe keinerlei Wahlmglichkeit verbleibt und ist es fr den Werkunternehmer nicht erkennbar, dass die ihm vorgegebenen Stoffe nicht kompatibel sind, kann es dazu kommen, dass der Werkunternehmer nicht einmal fr Gewhrleistung einzustehen hat.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 35

    Obwohl Gewhrleistungsansprche grundstzlich verschuldensunabhngig be-stehen, liegt im gegenstndlichen Fall der Eintritt des Mangels auerhalb des Haftungsbereiches des Werkunternehmers.

    Sobald dem Werkunternehmer allerdings eine Wahlmglichkeit verbleibt oder

    aber ein Warnhinweis zu verlangen ist, kann eine risikoverlagernde Anweisung nicht mehr angenommen werden.

    6.3 Neue Gewhrleistungsregelungen Am 1.1.2002 ist das neue Gewhrleistungsrecht in Form des Gewhrleistungs-

    rechts -nderungsgesetzes (GewRG) in Kraft getreten. Mit diesem GewRG wurden die Gewhrleistungsbestimmungen des ABGB und des KSchG an die eu-roparechtlichen Vorgaben (Richtlinie ber den Verbrauchsgterkauf) angepasst.

    Fr die neue Rechtslage gilt fr Vertrge, die ab dem 1.1.2002 abgeschlossen

    wurden. Fr Vertrge, die vor dem 1.1.2002 abgeschlossen wurden, gilt noch das "alte" Gewhrleistungsrecht (siehe Anhang).

    6.4 Mangelbegriff In der Bestimmung des 922 ABGB "neu wird der Mangelbegriff beschrieben.

    Im Ergebnis sind hier allerdings keine erheblichen Vernderungen zur alten Rechtslage vorhanden. Die nun normierte Definition entspricht der Mangeldefini-tion der Richtlinie:

    Gewhrleistung - 922 (neu): (1) Wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt berlsst, leistet Gewhr,

    dass sie dem Vertrag entspricht. Er haftet also dafr, dass die Sache die bedun-genen oder gewhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, dass sie einer Be-schreibung, einer Probe oder einem Muster entspricht und dass sie der Natur des Geschftes oder der getroffenen Verabredung gem verwendet werden kann.

    (2) Ob die Sache dem Vertrag entspricht, ist auch danach zu beurteilen, was der

    bernehmer auf Grund der ber sie gemachten ffentlichen uerungen des bergebers oder des Herstellers, vor allem in der Werbung und in den der Sa-che beigefgten Angaben, erwarten kann; das gilt auch fr ffentliche uerun-gen einer Person, die die Sac he in den Europischen Wirtschaftsraum einge-fhrt hat oder die sich durch die Anbringung eines Namens, ihrer Marke oder ei-nes anderen Kennzeichens an der Sache als Hersteller bezeichnet. Solche f-fentlichen uerungen binden den bergeber jedoch nicht, wenn er sie weder kannte noch kennen konnte, wenn sie beim Abschluss des Vertrags berichtigt waren oder wenn sie den Vertragsabschlu nicht beeinflusst haben konnten.

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 36

    6.5 Vermutung der Mangelhaftigkeit Neu ist die in der Bestimmung des 924 ABGB aufgenommene Regelung, wo-

    nach der Umstand, dass Mngel zum Zeitpunkt der bergabe vorhanden waren, bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, wenn der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach der bergabe hervorkommt.

    Die Vermutung tritt lediglich dann nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder

    des Mangels unvereinbar ist (schneller verbrauchbare Sache etc.).

    6.6 Rechte aus der Gewhrleistung Vllig neu wurden die Rechtsfolgen der Gewhrleistung geregelt die Bestim-

    mung des 932 ABGB wurde neu gefasst. In Abkehr zur alten Rechtslage gilt nunmehr (auch im ABGB) das Primat der

    Verbesserung. Die Gewhrleistungsbehelfe werden in ein 2-Stufen-System gegliedert unter-

    schieden wird zwischen so genannten primren Gewhrleistungsbehelfen und sekundren Gewhrleistungsbehelfen.

    6.6.1 Primre Gewhrleistungsbehelfe Die primren Gewhrleistungsbehelfe sind Verbesserung (Nachbesserung,

    Nachtrag) sowie Austausch der Sache. Damit ist in Umsetzung der Richtlinie nunmehr geltendes Recht, dass der Un-

    ternehmer eine zweite Chance erhlt, den vertragsmigen Zustand herzu-stellen. Preisminderung oder Wandlung knnen nicht mehr sogleich (ohne Aufforderung zur Verbesserung) geltend gemacht werden.

    Verbesserung und Austausch scheiden aus, wenn - die Verbesserung / der Austausch unmglich sind, - lediglich mit einem fr den bergeber unverhltnismigen hohen Auf-

    wand zu bewerkstelligen sind, - die Verbesserung / der Austausch vom Unternehmer verweigert wird, - der Unternehmer mit der Verbesserung / mit dem Austausch in Verzug

    gert, - die Verbesserung / der Austausch mit erheblichen Unannehmlichkeiten

    fr den bernehmer verbunden wre,

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 37

    - die Verbesserung / der Austausch aus triftigen, beim Unternehmer lie-genden Grnden unzumutbar wre.

    6.6.2 Sekundre Gewhrleistungsbehelfe Fr den Fall, dass aus einem der oben angefhrten Grnde Verbesserung /

    Austausch ausscheiden, hat der Werkbesteller das Recht auf Preisminderung oder Wandlung.

    Ebenso wie der Werkbesteller zwischen Verbesserung und Austausch whlen

    kann, steht es ihm auch frei, zwischen Preisminderung und Wandlung zu whlen.

    Die alte Definition der verschiedenen Arten von Mngeln (beheb-

    bar/unbehebbar; wesentlich/unwesentlich) der alten Bestimmung des 932 ABGB wurde vollstndig aufgegeben die Wandlung soll nur bei geringfgi-gen Mngeln ausgeschlossen sein.

    Der Begriff des geringfgigen Mangels ist im sterreichischen Recht neu und

    deckt sich weder mit dem unerheblichen Mangel (der ja eigentlich gar kein Mangel ist!) noch mit dem unwesentlichen Mangel. Entscheidend soll ledig-lich sein, ob die Rckgngigmachung (Wandlung) wegen des vorliegenden Mangels eine unangemessene Sanktion wre.

    6.6.3 Grafisch lsst sich das neue System wie folgt darstellen

    Primre Gewhrleistungsbehelfe

    Verbesserung (Nachbesserung, Nachtrag), Austausch Angemessene Frist, mglichst geringe Unannehmlichkeiten

    fr bernehmer

    ?

    Unmglichkeit Unverhltnismig hoher Aufwand fr bergeber

    Verweigerung der Verbesserung (des Austausches) Verzug mit der Verbesserung (dem Austausch)

    Erhebliche Unannehmlichkeiten fr den bernehmer Unzumutbarkeit aus triftigem, beim bergeber liegendem Grund

    ?

    Sekundre Gewhrleistungsbehelfe

    Preisminderung oder - auer bei geringfgigen Mngeln -

    Wandlung

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 38

    6.6.4 Fr die Beurteilung, ob Unmglichkeit bzw. unverhltnismig hoher Aufwand fr den bergeber vorliegt, muss auf die zum "alten" Begriffspaar "behebba-rer / unbehebbarer Mangel" ergangene Judikatur zurckgegriffen werden, wo-nach ein Mangel behebbar ist, wenn zu seiner Behebung kein unverhltnis-miger Aufwand erforderlich ist, ansonsten der Mangel unbehebbar ist.

    Unverhltnismig ist der Aufwand immer dann, wenn er in keinem Verhltnis

    zu dem durch die Verbesserung erzielbaren Vorteil fr den Besteller steht. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang nicht die absolute Hhe der Mn-

    gelbehebungskosten, sondern ausschlielich das Verhltnis zwischen Nutzen bzw. Vorteil des Bestellers zum Aufwand der Mngelbehebung. Von der Rechtssprechung wird hier eine Gesamtschau angestellt, wobei jeder Einzel-fall gesondert zu beurteilen ist. Diese Gesamtschau (Abwgung des erwarte-ten Nutzens bzw. des Vorteiles des Bestellers bei Durchfhrung der Mngel-behebung zum wirtschaftlichen Aufwand der Mngelbehebung) kann im Ein-zelfall auch zum Ergebnis haben, dass auch eine Mngelbehebung als nicht unverhltnismig angesehen wird, deren Kosten mehr als das doppelte des ursprnglich bedungenen Werklohnes betragen (z.B. verlegter Estrich in einer Bckerei ist mangelhaft und muss zur Gnze entfernt und neu aufgebracht werden, ein Stahlbetonfeiler einer Brcke muss aufgrund zu geringer Beweh-rung ausgetauscht werden).

    In seiner neuesten Judikatur hat der OGH in einigen Fllen Mngelbehebun-

    gen als unverhltnismig bezeichnet generell kann allerdings gesagt wer-den, dass der OGH in den meisten Fllen davon ausgeht, dass, sofern Mn-gelbehebungen technisch machbar sind, die betroffenen Mngel meist auch als rechtlich behebbar zu qualifizieren sind.

    Ein Mangel ist darber hinaus selbstverstndlich auch dann als unbehebbar

    zu qualifizieren, wenn er tatschlich technisch unbehebbar ist. Zu beachten ist auerdem, dass ein grundstzlich behebbarer Mangel dann

    als unbehebbar gilt, wenn die Behebung des Mangels vom Werkbesteller ab-gelehnt wird.

    6.6.5 Wandlung 6.6.5.1 Bei Vorliegen von wesentlichen Mngel (ob behebbar oder nicht) konnte

    nach alter Rechtslage sogleich Wandlung oder Preisminderung begehrt werden. Das Wahlrecht stand ausschlielich dem Werkbesteller zu - der Werkunternehmer hatte keinen Anspruch auf Zulassung eines Verbesse-rungsversuches !

    Hier findet sich einer der wesentlichsten Unterschiede zur neuen Rechtsla-

    ge die eine sofortige Wandlung oder Preisminderung nicht mehr ermg-licht, sondern primr lediglich das Recht, Verbesserung zu begehren, nor-miert !

  • Bauvertragsrecht

    Riesemann, 2007 39

    Erst wenn aus den oben angefhrten Grnden die primren Gewhrleis-tungsbehelfe ausscheiden, kann (nach Wahl des bernehmers) Wandlung begehrt werden.

    6.6.5.2 Wandlung bedeutet, dass der Vertrag aufgehoben wird und die jeweiligen

    Leistungen nach Bereicherungsrecht zurckzustellen sind. Im Fall der Wandlung hat jeder Vertragspartner das Recht, seine Vertragsleistung zu-rckzufordern. Der Werkbesteller hat somit die Berechtigung, den allenfalls bereits bezahlten Werklohn zurckzuverlangen, der Werkunternehmer ist berechtigt, das Werk zurckzunehmen.

    6.6.5.3 Ein (gewhrleistungsrechtlicher!) Beseitigungsanspruch besteht interes-

    santerweise nicht - ein derartiger Anspruch (der gerade im Bauwerkver-tragsbereich von praktischer Bedeutung sein kann) kann nur im Wege des Schadenersatzes (Verschulden ntig!) zuerkannt werden.

    6.6.5.4 Geht das Werk aus Grnden, die der Werkbesteller nicht zu vertreten hat,

    nach bergabe und vor Rckabwicklung zufllig unter, hat dieses Risiko der Werkunternehmer zu tragen (JBl 1984, 200). Er hat in diesem Fall den Werklohn zurckzubezahlen, kann allerdings die erbrachte Werkleistung nicht zurckfordern.

    6.6.6 Preisminderung Preisminderung ist ein Recht des Werkbestellers, eine entsprechende Herab-

    setzung des Werklohnes zu begehren. Werden Preisminderungsansprche begehrt, ist nach der so genannten "rela-

    tiven Berechnungsmethode" vorzugehen (Wertrelation zwischen Werk ohne Mangel/Werk mit Mangel muss sich gleich verhalten wie die Preisrelation).

    Problematisch in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass es in der Praxis

    kaum Anhaltspunkte fr einen Marktwert fr mit Mngeln behaftete Werke gibt - in der Praxis obliegt die Berechnung Sachverstndigen.

    6.7 Mangelnde Flligkeit des Werklohns

    6.7.1 Solange der Werkbesteller Verbesserung begehrt, darf der Werkbesteller den Werklohn bei Vorliegen von behebbaren Mngel zur Gnze zurckbehalten - der Werklohn ist in diesem Fall nicht fllig (Einrede des nicht erfllten Vertra-ges)!

    Als Grenze ist lediglich das Schikaneverbot eingezogen - diese Grenze ist

    dann berschritten, wenn der Verbesserungsaufwand in berhaupt keinem Verhltnis mehr zum fr den Besteller zu erzielenden Vorteil aus der Verbes-serung steht Schikane wurde vom OGH lange Zeit dahingehend definiert,