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DER RIESE VON ST. MORITZ Edy ist 19 Meter gross und besteht von Ski bis Helm aus Fichte. Er war die Symbolfigur der Ski-WM. Text SD, PD | Fotos Christophe Pallot/Agence Zoom für Ski-WM St. Moritz, Design-to-Production, A. Freund Holzbau GmbH

Zu den FIS Alpine Ski-Weltmeisterschaften 2017 stahl Edy der Wintersport-Elite die Show. Der überdimensionale Skifahrer stand als begehbare Bühne im Zentrum von St. Moritz – und im Mittelpunkt des öffentli-chen Interesses. Edy hatte den kompletten Überblick, als am 6. Februar der Startschuss zu den Wettkämpfen in St. Moritz 2017 fiel. Die Skiskulptur begleitete sämtliche Zere-monien und Medaillenvergaben im Kulm Park und wurde auch als Eventschauplatz bespielt. Projektionen, Tanz- und Kletter- shows sowie Fernsehmoderationen fanden während der Weltmeisterschaften im und auf dem Skifahrer statt. Hinter der Holz-skulptur steckt eine überregionale Arbeits-gemeinschaft, in der vom Handwerk des klassischen Holzbaus bis hin zur parametri-schen 3-D-Planung das ganze Spektrum an Know-how vertreten ist. Die Idee für den hölzernen Skifahrer stammt von der Zürcher Agentur Aroma.

SKULPTUR ZU EHREN EINER LEGENDEVom Ski bis zum Helm misst Edy stolze 19  Meter. Vorbild und Namenspatron der Skulptur ist der Schweizer Skirennfahrer Edy Reinalter, der bisher als einziger Schweizer die Olympiamedialle im Slalom holte – 1948 bei den Olympischen Winter-spielen in seinem Heimatort St. Moritz. Edy in Holz posiert in schnittiger Kurvenlage. Damit er dabei nicht umkippt, stützt ihn ein zwölf Meter hoher Holzturm, der sich hinter seinem Rücken versteckt. Der Turm ist nicht nur Stütze, sondern zugleich auch Treppen-haus und Zugang für die verschiedenen Plattformen im Inneren. Die Hülle ist aus über 600 per CNC-Technik zugeschnittenen Holzdreiecken zusammengesetzt. Die digi-tale Planung führte das Zürcher Büro De-sign-to-Production durch, so dass aus dem detaillierten digitalen Modell direkt die Fer-tigungsdaten für den computergesteuerten Zuschnitt erzeugt werden konnten. Für die fast eintausend individuellen Verbindungen an den Kanten wurden parametrische De-tails entwickelt, die sich präzise vorfertigen und damit sehr einfach montieren liessen. Durch eine ausgeklügelte Nummerierung und umfassende Informationen auf den aus-gefrästen Platten konnte der Skifahrer in nur drei Wochen aufgestellt werden.

Die Fertigung und die Montage stellten die Holzbauer vor diverse Herausforderungen. Gemäss Andri Freund, Inhaber und Leiter der A. Freund Holzbau GmbH Samedan, wur-den dafür auch die sonst üblichen Betriebs-ferien ab Weihnachten verschoben. Die Ausmasse von Edy und das erstmalig unter diesen Bedingungen und Vorgaben ange-wandte Fertigungsverfahren erforderten einen Grosseinsatz. Die Montage im Kulm Park St.Moritz war auch eine logistische Meisterleistung. Die Ski sind 15 Meter lang, fast zwei Meter breit und wiegen zusammen mehr als sechs Tonnen. Die Skistöcke be-stehen aus zwei Fichtenstämmen von je 14 Metern Länge und einem Durchmesser von 20 Zentimetern. Hinzu kommt noch der Rest des Körpers, der aus 637 dreieckigen, fünf Zentimeter dicken Mehrschichtholzplatten besteht – beinahe alle in unterschiedlichen Grössen und Formen. Die Einzelteile von Edy wurden in Samedan bei A. Freund Holzbau GmbH vorgefertigt und gelangten via Spezi-altransport nach St. Moritz.

Edy in Zahlen

Schuhgrösse des Skifahrers: 540

Anzahl der Dreiecksflächen: 637

Anzahl der Verbindungskanten: 993

Aussenfläche der Hülle: 463 m2

Netto-Holzvolumen: 24,2 m3

Gewicht: 35 Tonnen

Gesamtlänge der Sägeschnitte: 4875 km

Edy als 3-D-Modell: Die digitale Planung über-nahm das Zürcher Büro Design-to-Production.

EIN DETAIL FÜR 1000 VERBINDUNGENDie Bauteile sind an den Kanten in unter-schiedlichen Winkeln statisch wirksam und optisch sauber verbunden. Um im engen Zeitplan des Projekts die Planung, Produk-tion und Montage von 993 individuellen Ver-bindungen zu ermöglichen, wurde ein para-metrisches Detail entwickelt: Das Detail er-möglicht alle Winkel zwischen 68 und 320 Grad mit nur zehn unterschiedlichen Typen von Verbindungshölzern, die von innen an-geschraubt und verleimt sind. Bei der Vor-produktion übernahm ein präziser CNC-Schnitt entlang der Plattenkante die Fein-justierung der Winkel.

Die dreieckigen Holzelemente wurden in der Werkstatt der A. Freund Holzbau GmbH zu 22 Körperteilen vormontiert und erst auf der Baustelle zusammengesetzt. Bei der Seg-mentierung mussten sowohl statische An-forderungen als auch das maximale Trans-portvolumen und der Montageablauf be-rücksichtigt werden. Zur Qualitätssicherung und um die Montage zu vereinfachen, wur-den direkt beim Zuschnitt Laufzettel mit al-len nötigen Informationen auf die Bauteile geklebt: Für jedes Dreiecks-Paneel wurden Bauteilnummer, Körperteil, Nachbarpaneele, Masse, Winkel sowie Verbindungstypen an-gegeben. Intensive Vorbereitungen wie diese machten den Skifahrer zu einem einfa-chen Montagebausatz.

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Die A. Freund Holzbau GmbH aus Samedan baute und montierte das Holzmonument in St. Moritz – unter der Leitung von Holz-bauingenieur Andri Freund. Die Beteiligung am Projekt Edy fusst auf blindem Vertrauen zu seinem Fachkollegen Hermann Blumer. Denn Blumer fragte Andri Freund, ob er bei dem Projekt dabei sein wolle. Dieser sagte sofort zu, ohne genau zu wissen, worum es bei dem Auftrag genau handelte. Welche He-rausforderungen zu meistern waren, davon erzählt Andri Freund im Interview. Sie führten die Holzbauarbeiten aus und mon-tierten Edy. Herr Freund, worin lag die grösste Herausforderung?Andri Freund: Die Skulptur ist in ihrer Grösse und Machart einzigartig. Wir konnten auf kei-nerlei Erfahrungswerte zurückgreifen. Als wir den Auftrag annahmen, wussten wir nicht, ob und wie wir das schaffen. Insbesondere die Terminplanung war eng: Wir erhielten den Auftrag erst Ende Oktober 2016. Edy sollte Ende Januar 2017 stehen. Wir wussten lange nicht, wann die einzelnen Holzdreiecke gelie-fert werden, wie lange die Vorfertigung dau-ern würde, ob unser Platz und die Arbeitskraft reichen, ob die Kalkulation passt. Diese Fra-gen haben mich anfangs sehr beschäftigt.

Das bedeutet, dass Sie mit vielen Ungewiss-heiten zu kämpfen hatten. Welche Faktoren haben zum Gelingen beigetragen?Die 637 Dreiecksflächen, aus denen die Skulp-tur besteht, waren sehr präzise zugeschnitten und beschriftet. Das hat uns zeitlich in der Vorfertigung in die Karten gespielt, da wir sehr zügig arbeiten konnten. Das dazugehö-rige Laufblatt informierte exakt, an welcher Kante welches Dreieck anzubringen war. So-mit musste keine Zeit damit verschwendet werden, die Elemente zusammenzusuchen. Bei der Montage vor Ort, im Kulm Park St. Mo-ritz, fanden wir nahezu ideale Bedingungen vor: genügend Platz für den Aufbau und fast jeden Tag Sonnenschein. Mithilfe eines Krans und von Lasertechnologie wurden die Teile dann im korrekten Winkel montiert.

Die Logistik stellt in einem Bauprojekt einen wesentlichen Zeit- und Kostenfaktor dar. Welche Probleme mussten Sie hier lösen? Das Thema hat uns gleich zu Beginn der Vor-produktion beschäftigt: Wie gross können wir die einzelnen Körperteile machen? Welches Li-mit gilt beim Sondertransport? Wie befestigen wir die einzelnen Teile? Wir konnten nicht – wie sonst üblich – die Elemente einfach auf die Pritsche legen. Schlussendlich standen

für die Vorproduktion die Maximalmasse von einer Breite von dreieinhalb Metern und einer Höhe von vier Metern fest. 13 Sondertrans-porte und 20 Kleintransporte hat es ge-braucht, um die Skulptur zu ihrem Standort zu bringen.

Was soll mit Edy nach seinem grossen WM-Auftritt passieren? Wenn ich das wüsste, wäre ich auch ein Stück glücklicher. Wir müssen ihn wahrscheinlich nicht sofort demontieren und er darf noch eine kurze Zeit im Kulm Park St. Moritz stehen bleiben. Um einen späteren Wiederaufbau zu ermöglichen, wäre eine vorsichtige Demon-tage wichtig, die etwa zwei Wochen dauert. Ich wünsche mir, dass Edy ein neues Zuhause bekommt und nicht einfach so verschwindet. Er ist für die Ski-WM schon so etwas wie ein Wahrzeichen geworden. Ich könnte mir vor-stellen, dass er hier in unserer Skiregion, im Oberengadin, einen neuen Standort findet. Einfach wird es sicher nicht. Edy braucht viel Platz: Er misst vom tiefsten bis zu seinem höchsten Punkt 19 Meter, alleine seine Ski ha-ben eine Länge von 15 Metern. stmoritz2017.ch, creation-holz.ch,freund-holzbau.ch, designtoproduction.com

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Der zwölf Meter hohe Holzturm stützt die Skulptur. Er ist zugleich auch Treppenhaus und führt zu drei Plattformen.

Das Projekt – die Fakten

Das Projekt: 19 Meter hohe Skulptur Edy

Standort: St. Moritz

Baujahr: 2017

Bauherr: Aroma Productions AG, Zürich

Beratung: Création Holz, Hermann Blumer, Herisau (AR)

Holzbau: A. Freund Holzbau GmbH, Samedan (GR)

Statik: Sblumer ZT, Graz (AT)

Details: IHT Rafz Ingenieurholzbau + Holzbautechnik GmbH, Rafz (ZH)

Zuschnitt: Bearbeitungs- und Zuschnittzentrum AG, Leibstadt (AG)

Digitale Planung: Design-to-Production, Zürich

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WINTERSPORT UNTER DACH UND FACHDer Eispavillon in St. Moritz ist legendär. Dort wurden während der Olympischen Spiele 1928 und 1948 die besten Wintersportler geehrt. Später verfiel er dann zur Bauruine. Doch rechtzeitig zur Ski-Weltmeisterschaft 2017 wird wieder an die glanzvollen Zeiten angeknüpft – und mit zwei spektakulären Holztribünen ein neuer baulicher Akzent gesetzt. Text Dorothee Bauland | Fotos Blumer-Lehmann AG, Contec AG

1 Das Dach trägt die Handschrift des Stararchitekten Sir Nor-man Foster. Ausgeführt hat es die Blumer-Lehmann AG. 2 Der historische Eispavillon in St. Moritz wird nun durch mo-derne Tribünendächer in Holzbauweise ergänzt (rechts).

1905 – die Belle Époque. In St. Moritz floriert der Wintertourismus. Seit rund vierzig Jah-ren schon kommen wohlhabenden Gäste, um sich an der Engadiner Bergwelt zu erfreuen. Das Kulm Hotel St. Moritz hat sich im Laufe der Zeit zur ersten Adresse in den Schweizer Alpen entwickelt. Auch immer mehr Englän-der verbringen ihre Ferien im Kulm und tüf-teln an neuen Sportarten im Eiskanal – Bob, Skeleton und Cresta entstehen. Den Winter-sport in St. Moritz gibt es schon rund zwanzig Jahre, als das Kulm 1905 seinen Eispavillon baut, in einer Synthese aus Jugend- und Hei-matstil.

1928 – die goldenen Zwanziger gehen zur Neige. In St. Moritz werden die zweiten Olympischen Winterspiele eröffnet. Das Kulm ist Dreh- und Angelpunkt dieser Win-terolympiade, sein Pavillon das Hauptquar-tier der Eislaufathleten. Aber auch ausser-halb der sportlichen Wettkämpfe ist der Pa-villon ein Treffpunkt zum Schlittschuhlaufen, Curlen und Eishockey spielen – für die Einhei-mischen ebenso wie für die High Society.

1948 – die Nachkriegszeit. St. Moritz ist er-neut Gastgeber der Olympischen Winter-spiele, es sind die zweiten für die Schweiz

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und die fünften seit Beginn der Winterspiele. Das Hauptzentrum der sportlichen Wett-kämpfe befindet sich mit dem Olympia-Eis-stadion in St. Moritz-Dorf. Beim Kulm Hotel steht die Kunsteisbahn für die Disziplinen Eiskunstlaufen und Eishockey-Spiele. Im Eis- pavillon sind die Umkleidekabinen der Wett-kampfteilnehmer untergebracht.

1988 – die Sporttradition im Kulm Hotel lebt weiter, doch die Ära des Eispavillons geht zu Ende. Das zweigeschossige Gebäude mit sei-nen verspielten Formen, dekorativen Verzie-rungen, viel Holz und Naturstein wird ge-schlossen und verfällt zusehends. Ein Um-bauvorhaben mit der Idee, dort ein Museum zu installieren, scheitert 2007 in einer Ab-stimmung knapp an zwei Stimmen.

2017 – die 44. Alpinen Ski-Weltmeisterschaf-ten werden in St. Moritz durchgeführt. Für den Schweizer Skisport sind das glorreiche Momente. Und für den Eispavillon bedeutet das endlich wieder einen glanzvollen Auftritt. Er heisst jetzt «Kulm Country Club». Acht Mo-nate Bauzeit und rund zwölf Millionen Fran-ken sind investiert worden. Der Umbau trägt die Handschrift des britischen Stararchitek-ten Sir Norman Foster. Doch der Clou sind die zwei neuen Tribünen am Rande der Eisfläche. Es sind Meisterwerke der Holzbaukunst. Sie bilden auf dem Zeremonienplatz der 44. Alpi-nen Skiweltmeisterschaften den repräsenta-tiven Rahmen für die Eröffnungsfeierlichkei-ten. Nach der WM werden sie als Zuschauer-tribünen für Eislauf- und Konzertevents zum Einsatz kommen.

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HAUPT- UND NEBENTRIBÜNE IN HOLZBei aller Begeisterung für die gelungene Reno-vation des Eispavillons – wenn das Architektur-büro Foster + Partners in die Planung involviert ist, wird mehr erwartet als nur die bauliche Wiederbelebung der Historie. Ihrem Ruf wer-den die Briten selbstverständlich auch in St. Moritz gerecht; mit den beiden Tribünendä-chern in Holzbauweise, mit denen nun die Na-tureisbahn gefasst ist. In der Ausführungspla-nung unterstützt wurden sie von Küchel Archi-tects aus St. Moritz, dem Ingenieurbüro SJB Kempter Fitze AG aus Frauenfeld und dem Holz-bauunternehmen Blumer-Lehmann AG aus Gossau (SG). «Es war ein sehr aufwändiger, in-tensiver Planungsprozess, um der anspruchs-vollen Architektur gerecht zu werden», erinnert sich David Riggenbach, verantwortlich für

3 Das imposante Lamellendach liegt auf Kragträgern aus Eschenholz. Der umlaufende Randträger ist in Lärchenholz realisiert. 4 Das Tribünendach im Horizontalschnitt. Das Bau-werk ist nach oben mit Contec-Kautschukbahnen abgedichtet und so vor der Witterung geschützt.5 Die horizontal verlaufenden Lärchenholzlatten an den Tribünenrückwänden gewähren zur Strasse hin eine gewisse Transparenz.

Technik/Engineering bei der Blumer-Lehmann AG. «Für fast jedes Detail mussten verschie-dene Varianten entwickelt und geprüft wer-den.» Bei einigen Details sei auch die Einfluss-nahme von Sir Norman Foster zu spüren, der zeitweise in St. Moritz wohnhaft ist.

Die Haupttribüne mit einer Grundfläche von 8,15 x 25 Metern schliesst direkt an den Eis- pavillon an, die Nebentribüne mit ihrer Grund-fläche von 4,3 x 13,3 Metern steht etwas ab-seits und ist zur Haupttribüne um etwa 45 Grad gedreht. Die schirmartige Tragwerks-konstruktion besteht aus Hauptträgern in Eschenholz, die als Kragträger eingesetzt sind. Die Träger sind paarweise V-förmig an-geordnet, so dass sich traufseitig die Stützen und am Pultdachfirst die Trägerenden treffen.

Insgesamt gibt es an der Haupttribüne sechs Kragträgerpaare mit einem Achsabstand von 3,60 Metern und einer Auskragung von je rund 7,50 Metern. An den beiden Aussensei-ten der Tribünen sind jeweils dreifach aufge-fächerte Kragträger installiert. Bei der Ne-bentribüne beträgt der Achsabstand der ebenfalls sechs Kragträgerpaare jeweils nur 1,80 Meter, die Auskragung beläuft sich hier auf rund 3,90 Meter. Für das Team der Blu-mer-Lehmann AG bestand eine grosse Her-ausforderung darin, die perfekte Geometrie für die Konturen der Kragträger zu finden, sodass die extra angefertigten Fräswerk-zeuge sowohl bei den 240 Millimeter breiten Trägern der Haupttribüne als auch bei den 160 Millimeter breiten Trägern der Nebentribüne entsprechend eingesetzt werden konnten.

RANDTRÄGER MIT ENGEN RADIENDer umlaufende Randträger ist in Lärchen-holz realisiert. Er bildet den Abschluss des Daches und verläuft von der äussersten Stütze der Haupttribüne über deren Dach-rand zum oberen Abschluss der Wand des Eispavillons. Auf der anderen Seite verläuft er zu Nebentribüne und umfasst auch dort den Dachrand. Die Dachscheibe dient zur Aussteifung der Konstruktion.

«Dieser Randträger weist zum Teil extrem enge Radien auf», beschreibt David Riggen-bach die Herausforderungen bei der Produk-tion. «In einzelnen Bereichen wurde das Brettschichtholz aus Dünnschichtlamellen von nur drei Millimetern Stärke verleimt.» Das Sekundärtragwerk besteht aus liegen-

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den Brettschichtholz-Trägern, welche auf die Kragträger verlegt wurden. An der Dachun-terseite und an der Tribünenrückwand sind horizontal verlaufende Lärchenholzlatten be-festigt. Letztere gewähren zur Strasse hin eine gewisse Transparenz.

DAS DACH ALS BLICKFANGDie elegante Holzkonstruktion wird durch einen kupferverkleideten Dachrand gekrönt. Gegen Witterungseinflüsse ist die Tribüne nach oben mit Kautschukbahnen abgedich-tet. Auf der Haupttribüne sind rund 200 Qua-dratmeter und auf der Nebentribüne rund 80 Quadratmeter der Contec-Kautschukbahnen durch die Bühler Bedachungen Bauspengle-rei AG verlegt worden. Der Wetterschutz ist wie ein Nacktdach konzipiert. Die Dachbah-nen bleiben jahrzehntelang elastisch, sind UV-beständig, wurzelfest sowie herbizid- und pestizidfrei. Ausserdem erfüllen sie ein wesentliches Kriterium der Aufgabenstel-lung: Sie ermöglichen einen schlanken Auf-bau. Abgedeckt sind die schwarzen Kaut-schukbahnen mit einem Lärchenholzrost.

BEFESTIGUNG UND MONTAGEDie Kragträger der Tribünenkonstruktion ver-fügen über biegesteife Eckverbindungen und sind per Fusseinspannung fixiert. Sowohl die Fusseinspannungen wie auch die biegesteifen

Rahmenecken sind mit eingeklebten Gewin-destangen versehen. «Die Verankerung im Massivbau erfolgte durch Stahlteile und vor-gängig einbetonierte Swiss-Gewi-Stäbe», er-klärt Riggenbach. «Die sekundären Bauteile und die Anschlüsse der Randträger sind mit konventionellen Holzbauverbindungen wie Holzbauschrauben, Vollgewindeschrauben und Stabdübeln befestigt.» Für die Montage sind die Stahlteile als Schnittstelle zum Mas-sivbau bereits vorgängig präzise versetzt und montiert worden. Die werkseitig zusammenge-bauten Kragträger wurden auf der Baustelle

schnell und direkt ab LKW auf die vormontier-ten Stahlfüsse versetzt und fixiert. Im An-schluss erfolgten die Verlegung und die Ver-schraubung der Dachflächenelemente auf die Kragträger. Die Randträger wurden als Letztes montiert und dann mit den Kragträgern und den Dachflächenelementen verbunden.

Der Bauplatz liegt auf 1856 Meter Höhe und ist im Winter auch extremen Witterungsbe-dingungen ausgesetzt. Dass schlussendlich ein reibungsloser Ablauf der Montage mög-lich war, sei der Topleistung und der engen

Zusammenarbeit aller Beteiligten zu verdan-ken, so David Riggenbach. «Sogar unsere Monteure waren von der Präzision und Pass-genauigkeit der teilweise sehr komplexen Bauteile beeindruckt.»

KONSTRUKTIVER HOLZSCHUTZ Alle Teile des Haupttragwerks sind bestmög-lich vor direkter Bewitterung geschützt. Da-mit setzen die Planer vor allem auf einen kon-struktiven Holzschutz. Bei den konstruktiven Details wurde speziell darauf geachtet, dass die Holzbauteile möglichst auch auf allen Seiten von Luft umströmt werden und nach einer direkten Bewitterung dementspre-chend schnell wieder vollständig trocknen können. Die sichtbaren Tragwerksteile sind zudem mit einem Feuchte- und UV-Schutzan-strich versehen. Die Lärchenlatten der Ver-kleidung und der Dachfläche sind unbehan-delt verbaut. Hier wird eine natürliche Ver-grauung erwartet und auch gewünscht.

ROLLENDE PLANUNGDie Planung begann für die Blumer-Lehmann AG im April 2016, die Produktion folgte ab Au-gust. Der Zeitplan für den Bau der Tribünen war recht eng und exakt getaktet. «Der Ter-minplan, der 2016 noch vor den Sommerferien erstellt wurde, ist fast auf den Tag genau ein-gehalten werden», so das Fazit von Projekt-leiter Riggenbach. «Dies auch dank günstiger Witterungsbedingungen.» Vorangegangen war eine schrittweise, rollende Planung. Das heisst: Es wurden Materialien bestellt und Entscheidungen getroffen, noch bevor die Ausführungsdetails geklärt waren. So muss-ten die Lamellen für das 240 Millimeter breite Eschen-Brettschichtholz früh geschnitten werden, da für den gesamten Trocknungs- und Produktionsprozess eine Vorlaufzeit von rund 15 Wochen erforderlich war. Ab Sep-tember erfolgte dann die Montage der Tribü-nen; Fertigstellung und Endabnahme konnten fristgerecht im Dezember 2016 realisiert wer-

6 Die Kragträger sind paarweise V-förmig angeordnet. An der Haupttribüne wie auch an der Nebentribüne gibt es je sechs dieser Kragträgerpaare.

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Das Projekt – die Fakten

Projekt: Zuschauertribünen am Eisfeld Kulm Hotel St. Moritz (GR)

Bauherr: AG Grand Hotels Engadinerkulm, St. Moritz

Bauzeit: April bis Dezember 2016

Architekten: Foster + Partners, London (GB), Küchel Architects, St. Moritz

Holzbauingenieur: SJB Kempter Fitze AG, Frauenfeld; Fachplanung Holzbau und

Freiformgeometrie: Blumer-Lehmann AG, Gossau (SG)

ARGE Holzbau: A. Freund Holzbau GmbH, Samedan (GR), Blumer-Lehmann AG, Gossau

Verwendetes Holz: Kragträger in Esche-GL40h N, ca. 28,5 m3; Randträger als Hybrid-

träger in Lärche/Fichte, ca. 8 m3; Verkleidungslatten und Wandlamellen in Lärche,

ca. 16 m3 sowie Massivholzelemente in Fichte GL24h, ca. 24 m3

Lieferant Esche-BSH und GSA-Technologie: neue Holzbau AG, Lungern (OW),

Dachabdichtung: Material Contec AG, Uetendorf (BE)

Kosten: Holzbau inkl. Fachplanung und Dachabdichtung ca. CHF 1,3 Millionen

den. Die Kosten für den Bau der Holztribünen inklusive der Fachplanung und Dachabdich-tung belaufen sich auf rund 1,3 Millionen Franken. Dafür ist gemäss Nutzungsverein-barung eine Nutzungsdauer von 50 Jahren vorgesehen. Die Architekten bezeichnen die Tribünen übrigens als Pavillons. Damit beto-nen sie die multifunktionale Nutzbarkeit des Bauwerks. Nicht nur Sportereignisse, son-dern auch Konzerte und andere kulturelle Aktivitäten sollen dort künftig stattfinden und die Anlage so zu einem echten Anzie-hungspunkt in St. Moritz machen. Schon jetzt restlos begeistert vom Holzbau seien die Bauherrschaft und die Architektenteams, freut sich Projektleiter David Riggenbach.blumer-lehmann.ch,

kulm.com/countryclub 6