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Baufachliche Richtlinien Abwasser Starkregen – Objektschutz und bauliche Vorsorge in zivilen Liegenschaften des Bundes – Generelle Hinweise

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Baufachliche RichtlinienAbwasserStarkregen – Objektschutz und bauliche Vorsorge inzivilen Liegenschaften des Bundes – Generelle Hinweise

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Inhaltsverzeichnis

1 Veranlassung und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Anlässe und Intervalle zur Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2.1 Gefährdungspotenzial baulicher Anlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Wassereintritt in Gebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

3 Objektbezogene Bewertung des Gefährdungspotenzials . . . . . . . . . . . . . . . .43.1 Erfassung von Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.2 Bewertung des Gefährdungspotenzials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.3 Prüfliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.4 Hinweise zur Anwendung der Prüfliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.5 Gesamtbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93.6 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4 Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104.1 Einzelmaßnahmen zum Objektschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114.2 Schutz vor Kanalrückstau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

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Veranlassung und Zielsetzung 1

Starkregen - Objektschutz - BFR Abwasser Stand: Dezember 2019

1 Veranlassung und Zielset-zung

Durch die bundesweite Häufung von Starkregenereignissen kann es zu einer Zunahme von Schäden und hohen Kosten zur Schadensbehebung in Liegenschaften des Bundes kom-men.

Dieses Hinweisdokument ist eine Bewertungshilfe zur Ermittlung des Gefährdungspotenzials baulicher Anlagen in zivilen Liegenschaften des Bundes durch Starkregen und Überflutung. Das Dokument empfiehlt eine einheitliche Vor-gehensweise zur Prüfung und gibt Hinweise zum Objekt-schutz.

Als Grundlage für eine Ortsbegehung steht eine Prüfliste als separates Dokument zur Verfügung.

Geltungsbereich Die generellen Hinweise und die Prüfliste gelten für bauliche Anlagen in zivilen Liegenschaften des Bundes.

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2 Anlässe und Intervalle zur Durchführung

Stand: Dezember 2019 Starkregen - Objektschutz - BFR Abwasser

2 Anlässe und Intervalle zur Durchführung

In zivil genutzten Liegenschaften im Geschäftsbereich der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ist die Bewer-tung des Gefährdungspotenzials gemäß der vorliegenden Prüfliste im Rahmen der Aufstellung eines LAK bzw. LAK für kleine Liegenschaften oder im Rahmen einer Begehung nach RÜV (Richtlinie für die Überwachung der Verkehrssicherheit von baulichen Anlagen des Bundes) durchzuführen.

Für wiederkehrende Prüfungen wird ein Zyklus von 5 Jahren empfohlen. Im Falle maßgebender baulicher Veränderun-gen sollte die Gefährdungsbewertung vorgezogen werden.

2.1 Gefährdungspotenzial baulicher Anlagen

Die Ursache und das Ausmaß von Schäden durch Starkregen und Überflutung an baulichen Anlagen hängen von ver-schiedenen Faktoren ab.

Dazu gehören:

1. Umweltbezogene Faktoren (Exposition)

2. Gebäudebezogene Faktoren

3. Nutzungsbedingte Faktoren

Für die Einschätzung des Gefährdungspotenzials baulicher Anlagen ist eine detaillierte und objektscharfe Grundlagenermittlung erforderlich (vgl. Abschnitt 3.1).

Schäden an der Bausubstanz Das Ausmaß des Schadens an der Bausubstanz ist grundsätz-lich abhängig von der Dauer und der Höhe des Einstaus bzw. der Überflutung, aber auch von den Fließgeschwindigkeiten und dem möglichen Anprall von Treibgut.

Es kann zwischen drei Schadenstypen an der Gebäudesubs-tanz unterschieden werden:

Feuchte- und Wasserschäden,

Schäden infolge Kontamination,

Strukturelle Schäden.

2.2 Wassereintritt in Gebäude

Neben Schäden an der Bausubstanz von Gebäuden, resultiert der größte Schaden durch Wassereintritt in die Gebäude. Dabei sind insbesondere folgende Eindringwege zu beach-ten (siehe Abbildung 1):

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Anlässe und Intervalle zur Durchführung 3

Starkregen - Objektschutz - BFR Abwasser Stand: Dezember 2019

1. Eindringen von Grundwasser durch Kellerwände/-sohle (aufstauendes Sickerwasser).

2. Aufsteigendes Kapillarwasser in der Bausubstanz.

3. Eindringen von Rückstauwasser durch die Kanalisa-tion bei fehlender oder defekter Rückstausicherung.

4. Eindringen von Grundwasser durch Undichtigkeiten in der Außenwand.

5. Eindringen von Oberflächenwasser durch Tür- und Fensteröffnungen, Lichtschächte und Tiefgaragen.

6. Wassereintritt über undichte Rohrdurchführungen im Bereich der Ver- und Entsorgung (Strom, Gas, Öl, Abwasser).

7. Hohe Wasserstände an sensiblen Bereichen durch eine fehlerhafte oder unzureichend dimensionierte Dachentwässerung.

Abb. 2 - 1 Wassereintrittsmöglichkeiten durch Starkregen

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4 Objektbezogene Bewertung des Gefährdungspotenzials

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3 Objektbezogene Bewer-tung des Gefährdungspo-tenzials

Die objektbezogene Bewertung des Gefährdungspotenzials beinhaltet die Erfassung von Einflussfaktoren und deren zugehörige Bewertung auf das Gefährdungspotenzial einer Liegenschaft bzw. eines Gebäudes infolge von Starkregen und Überflutung.

3.1 Erfassung von Einflussfaktoren

Für die Erfassung sind liegenschaftsbezogene Aspekte, gebäudebezogene Informationen (Gebäudeart, baulicher Zustand) und nutzungsbezogene Informationen erforder-lich. Bei nicht selbst genutzten Liegenschaften oder Gebäu-den ist Kontakt mit dem Nutzer aufzunehmen. Die Erfassung der Einflussfaktoren ist objektscharf durchzuführen. Zu den Faktoren gehören:

Umweltbezogene Faktoren

(Exposition des Objektes)

Lage des Gebäudes in Bezug auf Hänge, Senken und Fließwege. Sofern vorhanden können mit Hilfe von Starkregengefahrenkarten der jeweili-gen Kommune kritische Bereiche identifiziert wer-den.

Oberflächenbeschaffenheit maßgebend angren-zender Flächen hinsichtlich ihrer Abflussrelevanz (Grünflächen, Bewuchs, Versiegelung).

Nähe zu den Fließgewässern.

Entwässerungssystem der Liegenschaft; sofern vorhanden, Berücksichtigung des Liegenschafts-bezogenen Abwasserentsorgungskonzeptes (LAK) hinsichtlich Topologie und hydraulischer Leis-tungsfähigkeit des Entwässerungssystems.

Gebäudebezogene Faktoren Gebäudeart (Geschosszahl, Dachform, Grundflä-che usw.),

Gebäudetyp (Bürogebäude, Lager usw.),

Verwendete Baustoffe,

Baulicher Zustand des Gebäudes (z.B. vorhandene Schäden, Eindringpfade bei Starkregen aus ver-gangenen Schadensfällen) sowie

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Objektbezogene Bewertung des Gefährdungspotenzials 5

Starkregen - Objektschutz - BFR Abwasser Stand: Dezember 2019

Rückstausicherungen; Zustand und Funktionsfä-higkeit.

Nutzungsbezogene Faktoren Nutzung und Funktion des Gebäudes (besonders Kellerräume und Erdgeschoss),

Maßgebliche Nutzungsänderungen des Gebäudes

Anordnung der Gebäudetechnik sowie

Lagerorte wertvoller, wassergefährdender oder für die Funktion des Gebäudes elementarer Gegenstände.

3.2 Bewertung des Gefährdungspotenzials

Aufbauend auf der Erfassung erfolgt für die Einflussfaktoren eine direkte Bewertung des Gefährdungspotenzials unter Aspekten einer einheitlichen Klassifizierung. Einflussfakto-ren, die das Gefährdungspotenzial erhöhen werden als Maluspunkte gewertet. Durch vorhandene Schutzmaßnah-men können Bonuspunkte erlangt werden, die das Gefähr-dungspotenzial abmindern.

Im Rahmen der Grundlagenerfassung und Bewertung wer-den vier Gefährdungspotenziale differenziert:

Gefährdung durch Einflussfaktoren von außerhalb der Liegenschaft,

Gefährdung durch Einflussfaktoren innerhalb der Liegenschaft,

Gefährdung durch Einflussfaktoren am und im Gebäude,

Gefährdung durch Kanalrückstau.

Die Summation der Malus- und Bonuspunkte über alle Gefährdungsbereiche ergibt das Gesamtgefährdungspoten-zial für ein Gebäude.

3.3 Prüfliste

Die Erfassung der Einflussfaktoren und deren Bewertung auf das Gefährdungspotenzial sind in einer Prüfliste zusammen-geführt, die als Grundlage für die Ortsbegehung verwendet werden kann.

Die Prüfliste ist unter Beachtung folgender Festlegungen zu verwenden:

Die Bewertung ist gebäudescharf durchzuführen.

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6 Objektbezogene Bewertung des Gefährdungspotenzials

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Wenn eine Frage mit „Ja“ beantwortet werden kann, ist das zugehörige Kästchen anzukreuzen.

Sind zu einer Frage keine Informationen vorhan-den, sind diese zu beschaffen. Ist dies nicht mög-lich, ist von dem kritischsten Fall auszugehen.

Technische Unterlagen sind auf ihre Aktualität zu prüfen und ggf. zu aktualisieren.

3.4 Hinweise zur Anwendung der Prüfliste

Die Prüfliste wird mit Bezug auf die Gefährdungsbereiche nachfolgend erläutert.

Gefährdung durch

Einflussfaktoren von außerhalb

der Liegenschaft

Es ist zu prüfen, ob bei einem Starkregenereignis Wasser von außerhalb auf die Liegenschaft fließen kann.

Einigen Kommunen haben bereits Starkregengefahrenkar-ten erstellt oder Fließwege- und Senkenanalysen durchge-führt. Auf Basis dieser Ergebnisse können überflutungsge-fährdete Gebäude und Bereiche identifiziert werden.

Aufgrund der bei Starkregen teilweise schnell steigenden Pegel sind kleine Fließgewässer oder trockenfallende Grä-ben, die an die Liegenschaft angrenzen oder diese durchflie-ßen besonders zu beachten.

Unabhängig von der Verfügbarkeit von Starkregengefahren sind folgende Fragen gemäß Tab. 3 - 1 zu beantworten.

Gefährdung durch Einflussfakto-

ren innerhalb der Liegenschaft

Innerhalb einer Liegenschaft können durch die Topografie des Geländes und der Außenanlagen (Straßen), durch die Oberflächenbeschaffenheit in Bezug auf die Abflussrelevanz

Tab. 3 - 1 Einflussfaktoren von außerhalb auf die Liegenschaft

1 Einflussfaktoren von Außerhalb Bewertung

1.1 Liegt die Liegenschaft/das Gebäude an oder unterhalb eines Hanges? 20

1.1a Sind Schutzmaßnahmen wie z.B. Mauern, Anpassung der Außenflächen, mobile Schutzeinrichtungen vorhanden?

-10

1.2 Liegt die Liegenschaft/das Gebäude in einer Senke? 30

1.2a Sind Schutzmaßnahmen wie z.B. Mauern, Anpassung der Außenflächen, mobile Schutzeinrichtungen vorhanden?

-15

1.3 Liegt die Liegenschaft/das Gebäude in Gewässernähe (auch kleine, schlafende Gewässer)?

40

1.3a Sind Schutzmaßnahmen wie z.B. Mauern oder mobile Schutzeinrichtungen vorhanden? -10

1.4 Ist der Versiegelungsgrad in der Umgebung außerhalb der Liegenschaft hoch (> 50 %)? 10

1.4a Sind Maßnahmen wie z.B. Mauern oder mobile Schutzeinrichtungen vorhanden? -5

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Objektbezogene Bewertung des Gefährdungspotenzials 7

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(Versiegelung, Bewuchs) sowie durch die Topologie und Leis-tungsfähigkeit vorhandener Entwässerungssysteme ein Gefährdungspotenzial entstehen. Ein einzelner Faktor oder die Kombination mehrerer kann dazu führen, dass große Wassermengen auf das Gebäude wirken.

Eine grundsätzliche Gefährdung geht von der Dachentwäs-serung aus; sie wird deshalb mit 20 Punkten bewertet. Durch entsprechende Maßnahmen kann die Bewertung reduziert werden.

Gefährdung durch Einflussfakto-

ren am und im Gebäude

Aus den vorhergegangenen Fragestellungen haben sich bereits mögliche Zuflusswege abgezeichnet. Bei der Ortsbe-gehung müssen alle möglichen Zuflusswege auf das Gebäude und Eindringpfade in das Gebäude gesichtet und beurteilt werden. Bereits eine ungesicherte Gebäudeöffnung reicht aus, um Schäden zu verursachen (z.B. Kellerflutung).

Tab. 3 - 2 Einflussfaktoren auf Gebäude von innerhalb der Liegenschaft

2 Freifläche Bewertung

2.1 Gibt es Gefälle zum Gebäude hin? 30

2.2 Führen Fließwege zum Gebäude hin? 40

2.3 Ist der Versiegelungsgrad der angrenzenden Flächen innerhalb der Liegenschaft hoch(> 50 %)?

10

2.4 Sind sämtliche Entwässerungsabläufe funktionsfähig? -10

2.5 Kann das Wasser von den Dach sowie versiegelten Wege- und Verkehrsflächen schad-los abfließen und auf der Liegenschaft zurückgehalten werden?

-20

Summe:

Tab. 3 - 3 Einwirkungen auf Gebäude von innerhalb der Liegenschaft, Dachentwässerung

2 Dachentwässerung Bewertung

2.6 Abfließendes Wasser von Dächern stellt immer eine Gefährdung dar. 20

2.7 Ist die Dachentwässerung gemäß DIN 1986-100 ausreichend dimensioniert? -5

2.8 Wird die Dachentwässerung regelmäßig gewartet? -5

2.9 Ist die Notentwässerung des Daches überlastbar? -5

Summe:

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8 Objektbezogene Bewertung des Gefährdungspotenzials

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Gefährdungspotenzial durch

Kanalrückstau

Gemäß gesetzlicher Vorgaben, z.B. Ortsentwässerungssat-zungen der zuständigen Kommune und technischer Regel-werke darf das Kanalnetz bis zu einer definierten Rückstau-ebene gefüllt werden. Dieser Zustand ist ein normaler Betriebszustand, der aber bei unzureichender Sicherung zu Überflutungen von Gebäudeteilen führen kann. Nach DIN EN 12056 ist die Rückstauebene die höchste Ebene, bis zu der das Wasser in der Entwässerungsanlage aufsteigen kann. Im Normalfall liegt diese auf Höhe des nächstliegenden Schacht-deckels oder der Bordsteinebene.

Liegen Gebäudeteile mit Entwässerungsanschlüssen unter-halb der Rückstauebene und sind nicht gegen Rückstau geschützt, kommt es zu Überflutungen aus dem Kanal in das Gebäude hinein (vgl. Kommentar zur DIN 1986-100, Abbil-dung 13-1).

Wasserstände oberhalb der Rückstauebene werden durch starke Niederschläge jenseits der Bemessungsvorgaben nach DWA A 118 verursacht und führen zu Überflutungen an der Oberfläche.

Tab. 3 - 4 Einflussfaktoren am und im Gebäude

3 Gebäudegefährdung Bewertung

3.1 Ist das Gebäude unterkellert/liegen Gebäudeteile unterhalb der Rückstauebene? 25

3.2 Befinden sich zu den Kellerräumen und Tiefgeschossen Öffnungen nach außen (Ram-pen, Tiefgaragenzufahrten, Kellertreppen, Lüftungsöffnungen, Fenster)?

35

3.2a Existieren für alle Öffnungen Schutzmaßnahmen, z.B. Aufkantung von Lichtschächten, Schwellen vor Türen oder Kellerabgängen, druckdichte Türen oder Fenster?

-20

3.3 Gibt es ebenerdige oder abgesenkte Eingänge (Erdgeschoss)? 20

3.3a Existieren Schutzmaßnahmen, z.B. Türschwellen oder Rampen vor den Eingängen? -10

3.4 Sind in den Untergeschossen Werte, sensible Gegenstände, sensible Nutzungen, Elek-troinstallationen oder Heizungsanlagen untergebracht?

15

3.5 Gibt es sonstige Eindringstellen in der Gebäudehülle (Rohrdurchlässe)? 5

Summe:

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Objektbezogene Bewertung des Gefährdungspotenzials 9

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Als Gefahrenbeurteilung sind daher folgende Fragen gemäß Tab. 3 - 5 zu klären.

3.5 Gesamtbewertung

Die Gefährdungspotenziale durch Starkregen der vier Gefährdungsbereiche sind in Tab. 3 - 6 zusammengefasst. Je Gefährdungsbereich ergibt sich durch die Summation der Malus- und Bonuspunkte eine Bewertung des Gefährdungs-potenzials. Die Bilanzierung über alle vier Gefährdungsberei-che führt zu einer Gesamtbewertung des Gebäudes bzw. Lie-genschaft.

Es wird empfohlen, für die Gesamtbewertung unabhängig von der erreichten Punktzahl die schlechteste Bewertung (gering, mittel oder hoch) der einzelnen Gefährdungsberei-che anzusetzen.

3.6 Dokumentation

Die Ergebnisse der Gefährdungsbewertung sind auf Grund-lage der Prüfliste zu dokumentieren.

Festgestellte Gefährdungen gegen Starkregen, Gefahren-punkte am Gebäude sowie Eindringwege in die Gebäude sind in Plänen zu kennzeichnen und zu dokumentieren.

Tab. 3 - 5 Gefährdungsbeurteilung am und im Gebäude

4 Kanalrückstau Bewertung

4.1 Liegen Kanalanschlüsse unter der Rückstauebene? 100

4.1a Wenn 4.1 zutrifft: Sind Rückstausicherungen vorhanden? -30

4.1b Wenn 4.1a zutrifft: Wird die Rückstausicherung regelmäßig gewartet? -20

Summe:

Tab. 3 - 6 Auswertung für die Bewertung des Gefährdungspotenzials durch Starkregen

Gefährdungsbereich gering mittel hoch

1 Einwirkung von außerhalb 25 25 75

2 Einwirkung von innerhalb 25 25 75

3 Gebäudegefährdung 25 25 75

4 Kanalrückstau 25 25 75

Gesamtbewertung 100 100 300

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10 Handlungsempfehlungen

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4 Handlungsempfehlungen

Wenn auf Grundlage der Ortsbegehung und der Bewer-tungsergebnisse ein Gefährdungspotenzial für die Gebäude durch Starkregeneinfluss festgestellt worden ist, wird emp-fohlen entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies gilt besonders bei mittlerem bis hohem Gefährdungspoten-zial. Dennoch kann auch bei geringem Gefährdungspoten-zial ein Handlungsbedarf bestehen.

Grundsatz der Verhältnismäßig-

keit und Wirtschaftlichkeit

Bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen gegen Starkre-gen und Überflutung sind die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten.

Einordnung von

Schutzmaßnahmen

Schutzmaßnahmen können in bauliche und betriebliche Maßnahmen unterschieden werden.

Bauliche Objektschutzmaßnahmen sind festeingebaute, sta-tionäre Anlagen am Gebäude. Sie sind aus wasserunempfind-lichen Baustoffen wie z.B. Metall, Glas oder entsprechenden mineralischen Baustoffen zu errichten.

Darüber hinaus können durch die bauliche Gestaltung der Außenanlagen (z.B. Verwallungen oder Aufpflasterungen) einfache und kostengünstige Schutzmaßnahmen realisiert werden.

Zu den betrieblichen Maßnahmen gehören Nutzungsände-rungen oder die Errichtung mobiler Schutzmaßnahmen. Mobile Schutzeinrichtungen, wie z.B. Dammbalkensysteme vor Einfahrten und Gebäudeöffnungen sind nachrangig nach stationären Maßnahmen in Erwägung zu ziehen. Die geringe Vorwarnzeit bei Starkregenereignissen reicht häufig nicht aus, um mobile Systeme zu aktivieren. Voraussetzung für den Aufbau ist zudem eine erforderliche Anzahl von Per-sonen vor Ort um auf mögliche Warnungen zu reagieren; dies gilt auch außerhalb gewöhnlicher Betriebszeiten in den Nachtstunden oder an Wochenenden.

Eine bessere aber in den meisten Fällen auch kostenintensi-vere Alternative sind selbstaufbauende/automatische Sys-teme. Diese werden empfohlen, wenn stationäre Lösungen nicht umsetzbar sind, wie z.B. Tiefgarageneinfahrten.

Objektschutz im Rahmen der

Neubauplanung

Grundsätzlich kann auf viele einzelne Objektschutzmaßnah-men verzichtet werden, wenn bereits in der Gebäude- und Außenanlagenplanung Gefahren durch Starkregen berück-

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Handlungsempfehlungen 11

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sichtigt werden. Die Realisierung und Nachrüstung im Bestand ist häufig kostenintensiver als die Berücksichtigung beim Neubau.

4.1 Einzelmaßnahmen zum Objektschutz

Um auf die bei Starkregen entstehenden Lastfälle reagieren zu können, gibt es eine Vielzahl von Schutzmaßnahmen, die in Tab. 4 - 1 zusammengestellt sind. Dabei handelt es sich um häufig eingesetzte Maßnahmen, die als „Standardmaßnah-men“ zu verstehen sind. Individuelle Lösungen sind möglich und in einigen Fällen erforderlich.

Die Nummern der Spalte „Einsatzfeld“ korrespondieren mit der Prüfliste zur Gefährdungsbeurteilung. Ergibt sich bei der Bewertung ein Mangel, kann die Tab. 4 - 1 für mögliche Schutzmaßnahmen herangezogen werden.

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12 Handlungsempfehlungen

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Tab. 4 - 1 Schutzmaßnahmen bei Starkregengefährdung

Gefährdung durch Schutzmaßnahme Einsatzfeld

Zufluss infolge Starkregen von außerhalb und innerhalb der Liegenschaft

Strömungsabweiser an möglichen Zuflüssen (Mauern) 1.1; 1.2; 1.3

Mobiler Schutz um das Grundstück 1.1; 1.2; 1.3

Schaffung von Retentionsflächen 1.4, 2.3

Schaffung leitender Strukturen (weg vom Gebäude) 2.1; 2.2; 2.5

Anpassung der Außenflächen (Neigungsänderungen) 1.1; 1.2

Anstehendes Wasser durch Starkregen am Gebäude

Vermeidung ebenerdiger Eingänge 3.3

Aufkantungen von Lichtschächten 3.2

Schwellen vor Türen 3.2; 3.3

Schwellen vor Kellerabgängen 3.2

Abdichten der Außenwände 2.2; 3.1; 3.2; 3.5

Gebäudeöffnungen abdichten (Rohrdurchlässe etc.) 3.5

Druckdichte Fenster 3.2

Druckdichte Türen 3.2; 3.3

Verwendung geeigneter Baustoffe (Putz, Dämmung etc.) 2.1; 2.2

Mobile Schutzvorrichtungen (automatisch) 3.2; 3.3; 2.2

Möglicher Wassereintritt durch Starkregen

Keine Lagerung von Wertgegenständen 3.1; 3.2

Keine Lagerung von wassergefährdenden Stoffen 3.1; 3.2

Keine wichtigen Elektroinstallationen 3.1; 3.2

Lagerungsmöglichkeiten aufständern 3.1; 3.2

Verwendung geeigneter Baustoffe (Wand- und Bodenbelege etc.)

3.1; 3.2

Installationsebene hoch legen (Elektro, Kommunikation, Heizung)

3.1; 3.2; 3.4

Ölheizung vermeiden, wenn nicht anders möglich, dann Heizöltanks gegen Aufschwimmen sichern

3.1; 3.2

Dachentwässerung

Dachentwässerung regelmäßig warten 2.8; 2.9

Ggf. Lichtschächte abdecken 2.1; 2.5

Ggf. Kellerabgänge abdecken 2.1; 2.5

Wartung sämtlicher Abläufe und Entwässerungsrinnen 2.4

Kanalrückstau

Rückstausicherung regelmäßig warten 4.1b

Einbau einer Hebeanlage 4.1a

Einbau von Rückstauverschlüssen (untergeordnete Nutzung)

4.1a

Verzicht auf Abwasseranlagen unterhalb der Rückstauebene

3.1/4.1

Summe:

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Handlungsempfehlungen 13

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4.2 Schutz vor Kanalrückstau

Der Schutz gegen Kanalrückstau durch Rückstausicherun-gen ist eine zentrale Maßnahme zum Schutz gegen Starkre-gen und Überflutung.

PlanungsgrundsätzeFür die Planung und den Einbau von Rückstausicherungen ist die genaue Kenntnis aller angeschlossenen Entwässe-rungsgegenstände im Gebäude, die Topologie der Grundlei-tungen außerhalb des Gebäudes sowie die Kenntnis des Rückstauniveaus notwendig. Bei zentralen Anlagen, die an ein Mischwassernetz anschließen ist immer zu prüfen, wie die Dachentwässerung angeschlossen ist. Diese muss an der Rückstausicherung vorbeigeführt werden, um im Starkre-genfall keine Überflutungen hinter der geschlossenen Siche-rung zu verursachen (vgl. Kommentar zur DIN 1986-100, Abbildung 13-2).

RückstausicherungenIm Bereich der Rückstausicherungen werden zwei Arten unterschieden: Hebeanlagen und Rückstauverschlüsse. Für die Art der Rückstausicherung ist die Nutzung maßgebend. Für die Auswahl des Rückstauverschlusses oder der Hebean-lage ist darüber hinaus die Abwasserart entscheidend, d.h. es ist zu klären ob durch die Rückstausicherung fäkalienfreies oder fäkalienhaltiges Abwasser abgeleitet wird.

HebeanlagenMüssen die von Rückstau betroffenen Gebäudeteile und deren Abwasseranlagen dauerhaft betriebsfähig sein, oder handelt es nicht um Räume mit untergeordneter Nutzung, muss eine Abwasserhebeanlage als Rückstausicherung genutzt werden. Diese pumpen das anfallende Abwasser über eine Rückstauschleife über das Niveau der Rückstaue-bene hinaus. Damit ist eine Ableitung dauerhaft gesichert.

RückstauverschlussRückstauverschlüsse verschließen bei Rückstau den Kanal vollständig. Damit ist ein Ableiten des anfallenden Abwassers während des Rückstauereignisses nicht möglich. Daher dür-fen Rückstauverschlüsse nach DIN EN 12056-4 nur unter fol-genden Voraussetzungen verwendet werden:

Es besteht ein Gefälle zum Kanal,

Die geschützten Räume sind von untergeordneter Nutzung, d. h., es werden keine wesentlichen Sachwerte gelagert oder die Gesundheit der Bewohner wird bei Überflutungen der Räume nicht beeinträchtigt,

Der Benutzerkreis ist klein und diesem steht ein WC oberhalb der Rückstauebene zur Verfügung,

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14 Handlungsempfehlungen

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Bei Rückstau kann auf die Benutzung der Ablaufstelle verzichtet werden.

Wartung Rückstausicherungen müssen regelmäßig gewartet werden, damit die Funktionssicherheit dauerhaft gewährleistet ist. Hierfür sind je nach Anlage unterschiedliche Wartungsinter-valle vorgeschrieben (Tab. 4 - 2). Für die regelmäßige Durch-führung ist ein Wartungsvertrag abzuschließen.

Tab. 4 - 2 Wartungsintervalle für Rückstausicherungen

Rückstau-sicherung

Art der Nutzung Wartungsintervall Durchgeführt von Normverweis

Hebeanlage

Gewerbliche Betriebe 1/4 Jahr

Fachkundiger DIN EN 12056-4Büro- und Wohnge-bäude mit mehreren Wohneinheiten

1/2 Jahr

Wohngebäude 1 Jahr

Rückstauver-schluss

alle Verschlüsse 1/2 Jahr

Sachkundiger/Fachkundiger (abhängig von der Verschlussart)

DIN EN 13564-1

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Impressum

HerausgeberBundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI)11014 BerlinInternet: www.bmi.bund.de

VerantwortlichDipl.-Ing. CremerBundesministerium des Innern, für Bau und HeimatReferat BW I 5 ⋅ Alt-Moabit 140 ⋅ 10557 Berlin

RedaktionNiedersächsisches Landesamt für Bau und LiegenschaftenLeitstelle des Bundes für Abwassertechnik (NLBL)Referat BL 15 ⋅ Waterloostraße 4 ⋅ 30169 HannoverE-Mail: lsb[at]nlbl.niedersachsen.de ⋅ Internet: www.leitstelle-des-bundes.de

AnsprechpersonBundesministerium des Innern, für Bau und HeimatDipl.-Ing. Cremer

TextBBSR, Leitfaden Starkregen - Objektschutz und bauliche Vorsorge, Bürgerbroschüre; Institut für technisch-wissenschaftliche Hydrologie GmbHEngelbosteler Damm 22 ⋅ 30167 Hannover

GestaltungInstitut für technisch-wissenschaftliche Hydrologie GmbH

UrheberschutzDie BFR Abwasser sind urheberrechtlich geschützt, alle Rechte sind vorbehalten. Vervielfältigungen innerhalb der Bauverwaltungen der Länder und der Wehrverwaltungen sind gestattet. Vervielfältigung und Verbreitung, im Auszug oder gesamt, außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Bauverwaltungen der Länder bedürfen der schriftlichen Genehmigung des Herausgebers.

BildnachweisDie Nutzungsrechte der Bilder sind dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Dipl.-Ing. Lehne übertragen worden.

StandDezember 2019

Aktuelle Informationenwww.bfr-abwasser.de und www.leitstelle-des-bundes.de/Inhalt/awt

Page 20: Baufachliche Richtlinien Abwasser€¦ · Pegel sind kleine Fließgewässer oder trockenfallende Grä-ben, die an die Liegenschaft angrenzen oder diese durchflie-ßen besonders zu

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