Bedeutung der Ernährung für die Funktion der Niere und...

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Tierernährung im Fokus „HarntraktBedeutung der Ernährung für die Funktion der Niere und Harn abführenden Wege M. Coenen, Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik [email protected] Lehr/Lernziel Zusammenhang Ernährung – Organfunktion im Überblick „Was will die gesunde Niere von der Fütterung“ „Was hilft der gefährdeten Niere“ „Was hilft der kranken Niere“

Transcript of Bedeutung der Ernährung für die Funktion der Niere und...

Tierernährung im Fokus „Harntrakt“

Bedeutung der Ernährung für die Funktion der Niere und Harn abführenden Wege

M. Coenen, Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik [email protected]

Lehr/Lernziel •  Zusammenhang Ernährung – Organfunktion im Überblick •  „Was will die gesunde Niere von der Fütterung“ •  „Was hilft der gefährdeten Niere“ •  „Was hilft der kranken Niere“

Was hat die Ernährung mit der Niere zu tun ?

..wir verändern.. .... und sehen ... •  Wasseraufnahme Diurese

>>>Diurese spez. Gewicht, Osmolalität Konz. harnpflichtiger Stoffe

•  Nährstoffaufnahme Menge harnpflichtiger St.

•  Futterinhaltsstoffe Störung der Organfunktion -  Nährstoff in toxischer Dosierung -  antinutritive Stoffe -  Kontaminationen

  Toxine   Mikroorganismen

Facts&Vets

Was hat die Ernährung mit der Niere zu tun ?

•  Wasseraufnahme Diurese

Ist es aus tiermedizinischer Sicht günstig, die Diurese zu fördern?

Na klar •  Entzündungen d. harnbildenden, -abführenden Wege •  hoher Anfall harnpflichtiger Stoffe

0 50 100 150 200 250 300 350 400 Wasseraufnahme (Futter+Tränke), g/kg KM/d

0

20

40

60

80

100

120

140

160

Har

nmen

ge, g

/kg

KM

/d Kaninchen y=-0,02+0,62x

Chinchilla y=-3,44+0,5x

Hamster y=-9,3+0,46x Meerschw. y=-32,3+0,62x

Harnmenge in Abhängigkeit von der Wasseraufnahme - Schwabe 1995, Diss. Hannover -

Effekte von Natriumchlorid auf Wasseraufnahme und Blutdruck bei gesunden Katzen

Luckschander et al. 2004, J Vet Intern Med. 18, 463

•  10 gesunde Katzen in zwei Gruppen a 5 Tiere •  Kontrolle 4,3 g Na/kg Trockenfutter

=11,3 g NaCl •  Versuch (Salz) 9,5 g Na/kg Trockenfutter

=25 g NaCl

zum Vergleich Na-Gehalte/kg Lebensmittel • Salzstangen 17,9 g • Salami 20,8 g • Edamerkäse 9,0 g (Souci et al. 1994)

Facts&Vets

Effekte der Futterart auf die Wasseraufnahme der Katzen Luckschander et al. 2004, J Vet Intern Med. 18, 463

Tage

Was

sera

ufna

hme,

ml/d

Diff. ~30 ml

100

120

140

160

180

200

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Salzgabe Kontrolle

-15

-10

-5

0

5

10

15

kg F

lüss

igke

it

Wasseraufnahme in 3 h

Harnabgabe in 3 h

Kontrolle Furosemid-Behandlung

Effekte eines Diuretikums auf die Wasseraufnahme und Harnabgabe beim Pferd (N=10) Houpt et al. J. Appl. Physiol. 1991, 2380

Facts&Vets

Was hat die Ernährung mit der Niere zu tun ?

•  Wasseraufnahme Diurese >>>Diurese spez. Gewicht, Osmolalität

Konz. harnpflichtiger Stoffe

Von der Wasseraufnahme das Harnvolumen mitbestimmende unabhängige Faktoren •  Hohe „Anflutung“ harnpflichtiger Stoffe •  Schweißbildung •  Pharmaka •  Toxine

Facts&Vets

Was hat die Ernährung mit der Niere zu tun ?

•  Wasseraufnahme Diurese >>>Diurese spez. Gewicht, Osmolalität

Konz. harnpflichtiger Stoffe

Ist es aus tiermedizinischer Sicht günstig, die Diurese zu fördern?

Na klar •  Entzündungen d. harnbildenden, -abführenden Wege •  hoher Anfall harnpflichtiger Stoffe Dazu gebe man •  Wasser ad libitum (auch auf der Weide) •  Über geeignete Einrichtungen •  Von geeigneter Qualität •  zusätzlich Salz •  gut fermentierbare Gerüstsubstanzen

Facts&Vets

Was hat die Ernährung mit der Niere zu tun ?

•  Wasseraufnahme Diurese •  Diurese spez. Gewicht, Osmolalität

Konz. harnpflichtiger Stoffe •  Nährstoffaufnahme Menge harnpflichtiger St.

Was hat die Ernährung mit der Niere zu tun ?

•  Wasseraufnahme Diurese •  Diurese spez. Gewicht, Osmolalität

Konz. harnpflichtiger Stoffe •  Nährstoffaufnahme Menge harnpflichtiger St.

•  Futterinhaltsstoffe Störung der Organfunktion -  Nährstoffe in toxischer Dosierung

Facts&Vets

Nierenbelastung durch Nährstoffüberschüsse (nicht toxische Überversorgung)

generelle Effekte  gesunde Niere

-  erhöhte renale Ausscheidung   Stickstoff   Phosphor   Magnesium   Natrium   Kalium   Chlorid   Selen   Jod   Calcium >

 insuffiziente Niere - unbefriedigende „Entsorgung“

alle Spezies

alle Spezies, Glf ?

Pfd, Schw, Nager, Lagomorpha

Facts&Vets

Nierenbelastung durch Nährstoffüberschüsse (nicht toxische Überversorgung)

Risiko/ Schädigung  gesunde Niere

-  erhöhte renale Ausscheidung   Natrium   Kalium   Chlorid

  Stickstoff   Phosphor   Magnesium   Calcium   Jod, Selen

 insuffiziente Niere - unbefriedigende „Entsorgung“

unkritisch

Bildung von Harnkonkrement, Entzündg., Urolithiasis

?

Störung der Homöostase

Facts&Vets

Nährstoffe mit nephrotoxischem Potential bei Überdosierung

•  Kupfer •  Zink •  Selen •  Vitamin D

Tubulusdegeneration und Nekrose

Ursachen/Herkunft •  ungewöhnlich hohe natürliche Vorkommen (Cu, Se) •  Oberflächenbeschichtungen von Geräten (Zn) •  Pflanzen (Goldhafer – Vit. D) •  Fehlmischung, Fehldosierung von Mischfutter (alle)

Was hat die Ernährung mit der Niere zu tun ?

•  Wasseraufnahme Diurese •  Diurese spez. Gewicht, Osmolalität

Konz. harnpflichtiger Stoffe •  Nährstoffaufnahme Menge harnpflichtiger St.

•  Futterinhaltsstoffe Störung der Organfunktion -  Nährstoffe in toxischer Dosierung -  antinutritive Stoffe

Facts&Vets

Antinutritive Stoffe in Futtermitteln mit nephotoxischer Wirkung

•  Oxalate Ampfer, Rhabarber, Rübenblatt Tubulusdegen. •  Cumarine Kleearten ? •  Canavanin Leguminosen, z.B. Riesenbohne ?, Argininantag. •  Gossypol Baumwollsaat ? •  XX Trauben, Rosinen Tubulusdegen.,

-mineralisation Bedeutung: •  Einzelfälle •  Ampfer auf schlecht gepflegten Weiden •  XX, Trauben, Rosinen bei Hunden

Morrow et al. 2005: Canine renal pathology associated with grape or raisin ingestion. 10 cases J. Vet. Diagn. Invest. 17, 223 Eubig et al. 2005: Acute renal failure in dogs after the ingestion of grapes or raisins: A retrospective Evaluation of 43 Dogs (1992-2002) J. Vet. Intern. Med. 19, 663

Was hat die Ernährung mit der Niere zu tun ?

•  Wasseraufnahme Diurese •  Diurese spez. Gewicht, Osmolalität

Konz. harnpflichtiger Stoffe •  Nährstoffaufnahme Menge harnpflichtiger St.

•  Futterinhaltsstoffe Störung der Organfunktion -  Nährstoffe in toxischer Dosierung -  antinutritive Stoffe -  Kontaminationen

  Toxine   Mikroorganismen

Facts&Vets

Nephrotoxische Mykotoxine

Toxine: Ochratoxin Aspergillus ochraceus Penicillium verrucosum Citrinin Penicillium citrinum

Klinik: Excessive Wasseraufnahme

Excessive Harnabgabe Herkunft: Getreide, Leguminosen Bedeutung: Ochratoxin>Citrinin Spezies: Schw>Gefl>Wdk>Pfd>Flfr Vorbeuge: Optimierung d. Futterlagerung u. Konservierung

Facts&Vets

Nephrotoxische Mykotoxine

Toxine: Ochratoxin Aspergillus ochraceus Penicillium verrucosum Citrinin Penicillium citrinum Phomopsin Diaporthe toxica

Klinik: Nierenisuffizienz Herkunft: Lupinen (Lupinose) Bedeutung: Australien; Weidehaltung, Grünfutternutzung Spezies: Wdk, Pfd Vorbeuge: pflanzenbauliche Maßn. (Sortenwahl, Fungizide)

Nephrotoxische Mykotoxine

Klinik: Excessive Wasseraufnahme Excessive Harnabgabe

Toxine: Ochratoxin Aspergillus ochraceus

Penicillium verrucosum Citrinin Penicillium citrinum Phomopsin Diaporthe toxica Oosporein Oospora colorans

Klinik: Nierenisuffizienz Herkunft: Getreide Erdnuss Bedeutung: Mittel-, Südamerika Spezies: Geflügel Vorbeuge: ?

Nephrotoxische Schwermetalle

•  Arsen Unfälle •  Cadmium •  Blei •  Fluor •  Quecksilber

Industrieemission, „Altlasten“

Wirkung : überwieg. Tubulusschädigung betr. Spezies : alle

Pflanzen mit nephrotoxischer Inhaltsstoffen

• Osterglocken Ktz • Eiche Wdk • Ahorn Pfd • Goldhafer Wdk, Pfd • Adlerfarn Wdk, Pfd • Hirse (Gräser) Wdk

Wirkung überwieg. Tubulusschädigung, Nekrosen, Hämorrhagien, Kalzinose

Bedeutung Goldhafer>Adlerfarn>Eiche

Facts&Vets

Aufgaben der Ernährung im Dienste der Nierenfunktion

Grundsätzlich •  Vermeidung futtermittelbedingter Belastungen •  Vermeiden einer den Bedarf

übersteigenden Nährstoffaufnahme

Facts&Vets

Harnsteine (Urolithiasis)

Vorkommen

•  Hund, Katze •  Wiederkäuer •  Meerschweinchen •  Kaninchen •  Pferd

Häufigkeit

Weitere Risikofaktoren

•  Rasse bei Fleischfressern ja •  Alter nein •  Geschlecht ♂>♀ •  geringe Wasseraufnahme hohe Harndichte •  Bewegungsmangel •  unbekannte Faktoren Kristallisationskern ? initiale Kristallisation ?

•  ungünstiger Harn-pH-Wert, stark alkalisch, stark sauer

Die häufigsten Harnsteine beim Hund •  Struvitsteine (Ammonium-Magnesium-Phosphat) •  Oxalatsteine •  Uratsteine (Harnsäure)

Vorkommen von Harnsteintypen bei Hunden - in % von 4495 untersuchten Harnsteinen

Struvit- Oxalat- Urat- steine

Schnauzer 43 55 1 Shi Tzu 74 21 5 Bichon 42 49 3 Pudel 49 47 4 Yorkshire 22 69 6 Dalmatiner 6 4 82

Quelle: Picavet et al. 2007; JAPAN 91, 247

Mineralische Komponente Vorkommen (%, n= 1050)

Struvit 75,7 Ca - Oxalat (Mono - /Dihydrat) 1,5 Ca - Phosphat 2,2 Ammoniumurat 0,6 Xanthin 0,1 Gemischt 3,6

unmineralisierte Matrix 16

Trend 1981 - 1994: Struvit 100 - >66 %, org. Matrix 8 - >27 %

Harnpfröpfe bei Katzen

Kalziumoxalaturolithiasis: zunehmende Bedeutung

Risikofaktoren bei Katzen • epidemiologische Untersuchungen • 84 Katzen mit CaOx Urolithiasis , 258 Vergleichstiere

(KIRK et.al 1995)

• Ansäuernde Diät • Ausschließliche Haltung in der Wohnung • Gabe nur eines einzigen Futters • Rasse:Perser • Geschlecht: männlich

JAVMA 207,1429

Besonderheit einer erhöhten renalen Ca-Abgabe beim Schwein

•  Erhöhtes Puffervermögen des Harns •  Begünstigung bakterieller Besiedlung •  Gefahr der Keiminvasion in den Uterus post partum •  Risiko für die Entstehung

des Mastitis-Metritis-Agalaktie-Syndroms

Facts&Vets

Milieubedingungen im Harn

Was bestimmt den pH-Wert? z.B. •  zum Erhalt des systemisch vorteilhaften Säuren-Basen-Status notwendige

Protonen- u. Basenausscheidung

•  Bakterien, z.B. E. coli, Proteus

. Harnstoff

E. coli

bakt. Urease

Ammonium-, Ca- carbonat pH

Harn-pH und Bakterien im Harn bei Sauen

Keimgehalte im Harn von Einzeltieren vor und nach Gabe

von 2 mEq Ammoniumchlorid/kg KM (nach Jürgens 1991)

pH KBE/g vor Zulage v. Ammoniumchlorid >7,5 106-107

nach ´´ ´´ <5,5 104-105

Was hat die Sau von saurem Harn? u.a. •  Keimreduktion im sauren Milieu •  Depression der Transcription von Genen, die für die Ausbildung von Fimbrien verantwortlich sind * •  Umwandlung von Nitrit (Indikator bakteriell bedingter Cystitis) zu NO; Potenzierung durch pH+Ascorbinsäure**

* SCHWAN et al. 2002: Osmolarity and pH growth conditions regulate fim gene transcription and type 1 pilus expression in uropathogenic Escherischia coli; Infect. Immun. 70, 1391 ** CARLSSON et al. 2001: Effects of pH, nitrite, ans ascorbic acid on nonenzymatic nitric oxide generation and bacterial growth in urine; Nitric Oxide 5, 580

Facts&Vets

Aufgaben der Ernährung im Dienste der Nierenfunktion

Grundsätzlich •  Vermeidung futtermittelbedingter Belastungen •  Vermeiden einer den Bedarf

übersteigenden Nährstoffaufnahme Diätetik •  Reduktion der Aufnahme spezifischer Nährstoffe •  Förderung der Diurese •  Modifikation des pH-Wertes im Harn

Woran erkennt man eine diätetisch vorteilhafte Ration

•  bei bekannter Futtermenge   Vergleich Bedarf vs. Angebot

•  unabhängig von der Kenntnis zur Futtermenge  Relation des zu prüfenden Nährstoffs zum Energiegehalt

z.B. P je MJ ME und Vergleich mit der geforderten Relation

z. B. bei Niereninsuffizienz des Hundes gewünscht (je nach Schweregrad) 8 g verdauliches Rp/MJ ME Futtermittel enthalten z.T. >15 g Rp/MJ ME

Aufgaben der Ernährung im Dienste der Nierenfunktion

Grundsätzlich •  Vermeidung futtermittelbedingter Belastungen •  Vermeiden einer den Bedarf

übersteigenden Nährstoffaufnahme Diätetik •  Reduktion der Aufnahme spezifischer Nährstoffe •  Förderung der Diurese •  Modifikation des pH-Wertes im Harn •  Milderung degenerativer Prozesse i.d. Niere

ω-3-Fettsäuren aus Lein-, Fischöl >> Senkung d. Blutdrucks i.d. Glomerula

Facts&Vets

Förderung der Diurese

= Erhöhen der Wasseraufnahme •  wasserhaltiges Futter (Feucht- statt Trockenfutter) •  Erhöhen der Salzaufnahme

(Cave bei Nieren- u. Herzinsuffizienz)

Beudeutung des Kationen-Anionen-Verhältnisses [Ca+Mg+Na+K]-[P+Cl], mmol/100 g TS

im Futter für den pH-Wert des Harns bei Hunden KAV Harn-pH -10 bis -20 6,3-6,1 0 ~6,5 20-25 6,8-7,0 30-40 7,1-7,3

Harn-pH= 6,5+KAV x 0,019

Berechnung des KAV, mmol/100 g TS Ca, g/100 g TS x 50 P, g/100 g TS x 65 + Mg, ´´ x 82 +Cl, ´ ́ x 28 + Na, ´´ x 43 + K, ´´ x 26 ergibt die Summe Kationen Summe Anionen