Begleitmaterial Der große Crash - Margin Call

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Der große Crash Pädagogisches Begleitmaterial Das Filmprogramm zum Wissenschaftsjahr 2012 – Zukunftsprojekt Erde

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Im Rahmen der bundesweiten SchulKinoWochen zeigt VISION KINO – Netzwerk für Film- und Medienkompetenz ein Filmprogramm zum Wissenschaftsjahr 2012 – Zukunftsprojekt Erde, u.a. mit dem Film "Der große Crash - Margin Call". Zu dem Film wurde das vorliegende pädagogische Begleitmaterial veröffentlicht.

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Der große Crash

Pädagogisches Begleitmaterial

Das Filmprogramm zum Wissenschaftsjahr 2012 –

Zukunftsprojekt Erde

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Hintergrundinformationen

Der große Crash (Margin Call)

Auch nach der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007

geht es wohl den meisten Verbrauchern nach wie vor so:

Was genau die Ursachen für die Finanzkrise waren und

welche Auswirkungen daraus für die Allgemeinheit

entstanden sind und für einen ganz persönlich entstehen

werden, weiß man nicht so genau. Viel zu kompliziert sind

die globalen Zusammenhänge auf dem Finanzsektor und

die von den Banken angebotenen Produkte. Auch im Film

scheint der Leiter der Abteilung Risiko Management Sam Rogers die Produkte nicht genau zu verstehen.

„Oh, Scheiße noch eins. Das kapiere ich doch nicht, erklären Sie es mir einfach.“

Ausgelöst wurde die Finanzkrise 2007 von der US-amerikanischen Immobilienkrise (Subprimekrise), deren

Ursachen aber weiter zurückliegen. Die amerikanische Zentralbank, das Federal Reserve System, setzte als

Resultat der Dotcom-Krise* aus dem Jahr 2000 sehr geringe Zinsen fest, um die Liquidität auf dem Finanz-

sektor zu gewährleisten. Damit konnten sich Banken zu sehr niedrigen und somit für sie profitablen Zinsen

Geld leihen (Refinanzierung), um dieses für eine höhere Zinsrate an andere Banken oder Verbraucher weiter

zu leihen. So konnten höhere Margen am Markt erzielt werden. Je größer die Marge zwischen aufgenom-

menen Kredit und ausgegebenem Kredit war, desto höher der Gewinn. Dabei wurde zunehmend auch an sol-

che Verbraucher Geld ausgeliehen, die nur über eine geringe Bonität verfügten. Die günstigen Konditionen

veranlassten viele amerikanische Verbraucher nicht nur Häuser, sondern auch Konsumartikel jeder Art auf

Kredit zu kaufen. Gerade der Immobilienmarkt in den USA boomte. Immer mehr Amerikaner leisteten sich

den Traum vom Eigenheim und heizten so den Immobilienboom an. Doch zunehmend mehr Eigenheimbesitzer

konnten die Raten für ihr Haus nicht mehr zurückzahlen. Die Folge waren Kreditausfälle von Kreditnehmern,

die nicht mehr in der Lage waren, ihre Raten an die Banken zurückzuzahlen. Um das Ausfallrisiko von Krediten

zu verringern, wurde das Kreditrisiko über bestimmte Produkte, z.B. Mortgage Backed Securities (MBS), an

Dritte, oft ausländische Anleger wie z.B. auch an deutsche Banken ausgelagert. 2007 dann platzte auf Grund

der vielen Kreditausfälle die amerikanische „Immobilienblase“, es kam

zu Zahlungsausfällen und Zahlungsstörungen auf dem Hypotheken-

markt. Die Banken kämpften mit massiven finanziellen Verlusten, ihre

auf den Immobilienmarkt abgestimmten Geldanlagen wurden von

Ratingagenturen negativ bewertet. Die Nachfrage nach solchen Pro-

dukten schwand, die Verluste wurden größer.

Die erste Bank, die dieser Entwicklung nicht mehr stand halten konn-

te, war die Investmentbank Lehman Brothers. Da die US-amerika-

nische Regierung sie nicht mit staatlichen Garantien stützte, musste

sie im September 2008 Insolvenz anmelden. Weltweit fielen darauf-

hin die Kurse an den Börsen, die Banken wurden unsicher und liehen

sich nicht mehr gegenseitig Geld. Es kam zu Liquiditätsengpässen

auf dem internationalen Geldmarkt. Um Kredite vergeben zu können,

fehlte ihnen jetzt das nötige Kapital. Aus Angst vor weiteren Verlusten,

Zitat:„Sieh dir nur die Menschen an. Sie laufen

umher und haben nicht den leisesten

Schimmer, was bald passieren wird.“

Peter Sullivan

* Die fett gedruckten Begriffe finden Sie im Glossar am Ende des Dokuments.

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gewährte man anderen Banken keine weiteren Kredite zu günstigen Konditionen, auch wurden kreditrisi-

kobehaftete Podukte strenger bewertet und verloren so an Wert. Weitere Geldinstitute mussten Insolvenz

beantragen, darunter auch die damals sechstgrößte Bank der USA, die Washingtoner Mutual, und die größte

isländische Bank, die Kaupthing Bank. Kunden dieser Institute verloren meistens ihr gesamtes eingebrachtes

Kapital. Die Bankenkrise und die Kreditklemme führten zu einer weltweiten Rezession, in deren Folge beson-

ders die USA von zunehmender Arbeitslosigkeit und Unternehmensinsolvenzen getroffen wurden.

Aber auch andere Länder rund um den Globus litten unter den Folgen der Finanzkrise. In den USA wurde die

höchste Arbeitslosigkeit seit dem Beginn der statistischen Erfassung 1967 verzeichnet. Viele Staaten mussten

Kreditinstitute und Versicherungen mit Milliardenbeträgen vor dem drohenden Zusammenbruch retten. In

den USA betraf das unter anderem den Versicherungskonzern American International Group und die Hypo-

thekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac. Deutschland musste unter anderem die Commerzbank, die West

LB, die HypoReal und die IKB (Deutsche Industrie Kredit Bank) vor der Insolvenz durch massive Kapitalstüt-

zungen retten. Aber auch andere Länder waren betroffen. Um die Kreditinstitute zu retten, mussten viele von

ihnen hohe Beträge einsetzen, was ihre Staatsverschuldung in die Höhe trieb. Mehrere Staaten in der Eurozone

wie Griechenland, Irland und Portugal, konnten ihre Zahlungsfähigkeit nur mit Hilfe von internationalen Hilfs-

krediten aufrechterhalten. Dies war auch ein Grund für die aktuelle „Euro-Krise“ bzw. Staatsschuldenkrise.

Der Internationale Währungsfond schätzte die weltweiten Wertpapierverluste, die durch die Finanzkrise

ausgelöst wurden, auf vier Billionen US-Dollar.

HandlungsoptionenIm Film Margin Call wird das auf kurzfri-

stigen Profit ausgerichtete Handeln und

Denken als eines der Grundübel für die

Finanzkrise dargestellt. Gegen langfristiges

Denken und Nachhaltigkeit im Finanz-

sektor, stehen der eigene Profit und das

Überleben der eigenen Bank. Die Folgen

werden dabei heruntergespielt (John Tuld),

nicht wahrgenommen (Sam Rogers) oder

billigend in Kauf genommen (Sarah Robert-

son). Doch spätestens die letzte Krise hat

gezeigt, dass ungebremstes Profitdenken

auf Grund der vernetzten internationalen Geschäfte im Finanzsektor globale Auswirkungen hat, die vorher

kaum abzusehen sind. Die Leidtragenden sind dann oft die Bürger, die die hohen Zinslasten und Kapitalein-

schüsse in Form von Steuern zahlen müssen, um ihre Arbeitsplätze bangen müssen oder erfahren müssen, wie

staatliche Leistungen (Schule, Renten etc.) reduziert werden.

Dass es aber auch anders geht, zeigen viele kleinere und größere Beispiele weltweit.

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Mikrokredite„Dauerhafter Frieden kann nur erreicht werden, wenn große Bevölkerungsgruppen Wege finden, um aus der

Armut auszubrechen. Mikrokredite sind ein Mittel dazu."

Dies war 2006 die Begründung für die Verleihung des Friedensnobelpreises an den Wirtschaftswissenschaftler

und Bankengründer Muhammad Yunus und die von ihm gegründete Grameen Bank. Damit würdigte man sei-

ne Bemühungen um die „wirtschaftliche und soziale Entwicklung von unten“. Das auf Selbsthilfe und Solidari-

tät beruhende Prinzip wurde schon vor 150 Jahren von dem Deutschen Friedrich Wilhelm Raiffeisen mit seiner

Genossenschaftsbank entwickelt.

Die Grameen Bank vergibt an arme Menschen ohne finanzielle Sicherheit Kleinstkredite, damit diese „selbst

etwas dafür tun können, um voranzukommen“. So soll die Armut durch eigene Initiative gelindert werden.

Statt der Sicherheiten setzt das Kreditinstitut auf Gruppendruck, um ihre ausstehenden Raten wieder zu erhal-

ten. 98% der Grameen-Kreditnehmer sind Frauen, da diese als zuverlässiger und kreditwürdiger gelten als

Männer. Die Grameen-Bank arbeitet da, wo herkömmliche Geldinstitute nicht mehr tätig sind: bei den Armen.

Denn dort fehlen zum einen die für Kredite notwendigen Sicherheiten, zum anderen sind die ausgegebenen

Kreditsummen so gering, dass der Verwaltungs- und Bearbeitungsaufwand im Verhältnis zum erzielbaren

Ertrag zu hoch ist. Bei der Ausgabe von Mikrokrediten wird darauf geachtet, dass das Geld entsprechend ver-

wendet und zurückgezahlt wird. Für einen neuen Fernseher wird kein Geld gegeben. Es werden nur Kredite für

die Geschäftsideen erteilt, die nach Prüfung durch die Bank eine Aussicht auf Erfolg haben. Die Raten dafür

werden dann dem Geschäft angepasst; wer gut verdient zahlt schneller zurück, wer weniger gut verdient lang-

samer. Auch der Gruppendruck führt dazu, dass die Kredite pünktlich abbezahlt werden. Dabei erhalten fünf

bis sechs Kreditnehmer jeweils abwechselnd einen Kredit und bürgen füreinander. Auch das minimiert die

Ausfallquoten. So erreichen Mikrofinanzinstitute oft Rückzahlungsquoten von 95 bis 100%, bei anderen För-

derprogrammen liegt das Kreditausfallrisiko, abhängig vom Förderprogramm, sehr viel höher.

Mittlerweile hat sich das Konzept der Mikrokredite in über 60 Entwicklungsländern durchgesetzt. Die Anzahl

der Mikrofinanzinstitute wird auf weltweit über 70.000 geschätzt. Im April 2010 umfasste das Volumen von

Mikrokrediten weltweit 60 Milliarden US$. Auch in den reichen Industrieländern werden Mikrokredite immer

öfter eingesetzt.

Trotz des weitgehend erfolgreichen Geschäftsmodells sind Mikrokreditinstitute oft immer noch abhängig von

staatlichen Subventionen. Dagegen finanzieren sich in Bangladesch, der Heimat des Grameen-Bank-Gründers

Yunus, NGOs (Nicht-Regierungs-Organisationen) oft nicht mehr über Spenden, sondern über die Einnahmen

aus den Zinsen der vergebenen Mikrokredite. Die relativ hohen Zinsen für solche Mikrokredite werden von

den Kreditnehmern in Kauf genommen, da sie sonst keinen Zugang zu regulären Bankkrediten hätten. Und sie

sind immer noch geringer und vor allem berechenbarer als die Kredite von herkömmlichen Geldverleihern.

1 ) Nennen Sie mögliche negative Auswirkungen von Mikrokrediten. Welche Folgen könnte es

haben, wenn zunehmend mehr Kreditinstitute Mikrokredite anbieten?

3 (Siehe Dokument „Aufgaben und Lösungen“)

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Auch in Deutschland werden mittlerweile Mikrokredite vergeben. Um das Angebot an Mikrokrediten zu erhö-

hen, wurde Anfang 2010 der Mikrokreditfonds Deutschland eingerichtet, Mittlerweile gibt es in

ganz Deutschland 40 Mikrofinanzinstitute. Im Durchschnitt beträgt die Höhe eines Mikrokredits in Deutsch-

land ca. 6.500 Euro und läuft etwa 24 Monate. Doch auch hier richtet sich die Laufzeit nach der Geschäftsidee,

mal muss innerhalb von neun Monaten zurückgezahlt werden, mal reicht die Zeit bis zu 36 Monate.

2 ) Nennen Sie mögliche Empfänger in Deutschland, die Mikrokredite in Anspruch nehmen

können.

3 (Siehe Dokument „Aufgaben und Lösungen“)

Nachhaltigkeit auf dem Bankensektor

Noch vor wenigen Jahren hätte man es für unmöglich gehalten, dass Banken in reichen Industrieländern zah-

lungsunfähig werden könnten. Doch diese Ansicht hat sich nach der Finanz- und Bankenkrise geändert. Damit

sich aber so etwas nicht noch einmal wiederholen kann, wurden die Auflagen für Banken verschärft.

Bereits 1975 wurde von den Präsidenten der Zentralbanken der G10-Staaten der Baseler Ausschuss für Ban-

kenaufsicht mit dem Ziel gegründet, Maßnahmen für Banken festzulegen, um in Zukunft Bankenpleiten zu

verhindern. 1988 wurde dann ein Vertrag verabschiedet (Basel I), der den Banken die Höhe des vorzuhaltenden

Eigenkapitals vorgab. Dies sollte das Insolvenzrisiko der Banken und damit verbunden mögliche Ausfälle für

Einleger im Insolvenzfall der Bank verhindern. Basel I legte für die Banken rechtsverbindlich fest, dass ausge-

gebene Kredite an Unternehmen zu 8% mit bankeigenen Mitteln zu unterlegen sind. Seit 1992 sind das die

weltweiten Mindestanforderungen für Länder mit international tätigen Banken. Basel I umfasste Eigenkapi-

talanforderungen an die Kreditinstitute, für die ausschließlich Kredit und Marktrisiken berücksichtigt wurden.

Damit lag der Berechnung des auszuweisenden Eigenkapitals eine wenig differenzierende Berechnungsme-

thode zugrunde. Um mehr Stabilität im Weltfinanzsystem zu erreichen, folgte im Januar 2001 der Vorschlag

für eine Verschärfung von Basel I. Ab 2007 sollten die verschärften Bestimmungen in mehr als 100 Ländern

in nationales Recht umgesetzt werden. Das vorzuhaltende Eigenkapital von Kreditinstituten sollte den jewei-

ligen Einzelkreditrisiken angepasst werden. Je höher also das Risiko des einzahlenden Kreditnehmers, desto

mehr Eigenkapital musste das Kreditinstitut aufweisen. Das Basel II-Abkommen beruht auf drei Säulen: Die

Umsetzung der Mindestkapital-Anforderungen, der Kontrolle durch Prüfungsverfahren und der Offenlegung

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der Marktdisziplin. Neben der Eigenkapitalvorsorge mussten Kreditinstitute jetzt auch ein bankinternes,

strengeres Risiko-Management gewährleisten, um rechtzeitig drohenden Fehlentwicklungen entgegenwir-

ken zu können. Und sie mussten ausreichend Informationen über ihre Geschäfte veröffentlichen, um damit zu

mehr Markttransparenz beizutragen.

Im Zuge der 2007 beginnenden Bankenkrise musste trotz der geltenden Regeln aus Basel II umgedacht wer-

den. Am 16. Dezember 2010 wurde ein neues Regelwerk (Basel III) veröffentlicht, das die Widerstandfähigkeit

des Bankensektors für Krisenzeiten erhöhen soll. Am 20. Juli 2011 legte die Europäische Kommission den Legis-

lativvorschlag für die Umsetzung von Basel III in Europa vor. In Europa werden diese Anforderungen für alle

Geldinstitute verbindlich sein. Die Bankenkrise von 2007 zeigte, dass viele Institute unzureichend über gesi-

chertes Eigenkapital verfügten und somit krisenanfälliger waren. Daher müssen mit Basel III u.a. Kredit- und

Marktrisiken strenger bewertet werden, was mit einer Erhöhung des Eigenkapitals einher geht. Bankenauf-

sichtliche Überprüfungsprozesse werden verschärft und die Standards für die Offenlegung erhöht. Auch soll es

eine Verschuldungsgrenze für Bankinstitute geben. Ein weiteres Problem, dass bei der Krise zutage kam, war

die stark eingeschränkte Liquidität innerhalb des Bankensektors. Auch dies sollen verschiedene Regelungen

in Zukunft verhindern. So soll gewährleistet sein, dass globale Geldinstitute auch in schwierigen Situationen

zukünftig über ausreichende freie Zahlungsmittel verfügen.

All diese Vorgaben sollen die Systemstabilität des Bankensektors erheblich stärken und so eine weitere Krise

verhindern. Um weder die Banken noch die Gesamtwirtschaft zu überfordern, wurde beschlossen, die Vorga-

ben schrittweise bis zum 1. Januar 2019 umzusetzen.

Die Bankenkrise hat dazu geführt, dass insgesamt deutliche Anstrengungen unternommen wurden, um die Sta-

bilität des Bankensektors zu erhöhen. Ob die schrittweise Umsetzung der im Zuge von Basel III festgelegten

Maßnahmen auf internationaler Ebene zu mehr Nachhaltigkeit in diesem Sektor führt oder ob weitergehende

Maßnahmen erforderlich sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend eingeschätzt werden und

bleibt daher abzuwarten.

Die Bankenkrise und die dabei auftretenden Probleme führten schnell zur Diskussion, ob Banken verstaatlicht

werden sollten, um zukünftig eine bessere Kontrolle über die Bankgeschäfte und Risiken zu haben. Doch so

einfach lassen sich so komplexe Probleme selten lösen. Trotzdem gibt es Befürworter und Gegner dieser Idee.

3 ) Welche Vor- und Nachteile hätte eine Verstaatlichung des Bankensektors? Diskutieren Sie und

stellen Sie die Argumente gegenüber!

3 (Siehe Dokument „Aufgaben und Lösungen“)

Finanztransaktionssteuer

Europaweit heftig diskutiert wird derzeit die Einführung der Finanztransaktionssteuer. Dabei soll eine Steu-

er bei jedem Verkauf eines Finanzproduktes, z.B. Aktien, Rohstoffe, festverzinsliche Wertpapiere oder Deri-

vate, erhoben werden. Sie geht auf einen Vorschlag des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers James

Tobin zurück, der 1972 eine Finanztransaktionssteuer auf internationale Devisengeschäfte vorschlug. Daher

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wird sie auch Tobin-Steuer genannt. Ziel dieser Abgabe ist es, Spekulationsgeschäfte zu verteuern und somit

unattraktiver zu machen, um eine Stabilisierung und Markregulierung des Finanzmarktes zu erreichen. Je kurz-

fristiger die Spekulation ist, desto wirkungsvoller ist die Steuer.

Befürworter dieser Abgabe führen folgende Argumente an:

3 Der Finanzmarkt wird stabilisiert, da kurzfristige Spekulationen weniger attraktiv und somit reduziert wer-

den.

3 Die zusätzlichen Einnahmen durch diese Steuer sind so hoch, dass sie dem Staatshaushalt zugutekommen

könnten. So könnte beispielsweise die Einkommenssteuer gesenkt werden.

3 Da der Steuersatz mit 0,1% auf Aktiengeschäfte und sogar nur 0,01% auf abgeleitete Finanzgeschäfte wie

Derivate sehr gering ist, trifft er Kleinanleger kaum. Während der durchschnittliche Kleinanleger in über 20

Jahren ca. 60 Euro Transaktionssteuer zahlen müsste, würde er für denselben Zeitraum ca. 3.000 bis 4.000

Euro an Bankgebühren für das Produkt zahlen.

3 Um der möglichen Abwanderung entgegenzuwirken, gilt das „Ansässigkeitsprinzip“. Jedes Unternehmen in

der EU muss zahlen, und auch auswärtige, die mit einem EU-Unternehmen Finanzhandel treiben. Die Abga-

be wird also nicht auf Handelsplätze erhoben, sondern alle europäischen Händler müssten sie zahlen. Der

Sitz des Händlers ist ausschlaggebend, nicht der Ort des Handels. Mit der Marktmacht, die die EU in der

Welt hat, lässt sich eine solche Regelung durchsetzen.

3 Bei Eigengeschäften werden Banken, die in hohem Maße die Finanzkrise verursacht haben, so an den

Kosten beteiligt, die sie selbst verschuldet haben.

3 Finanzgeschäfte werden steuerlich mit der Realwirtschaft gleichgestellt. Schließlich war es bisher üblich,

dass man die Mehrwertsteuer an den Staat bezahlt, wenn man für sein Unternehmen Rohstoffe oder Vor-

produkte einkaufen musste. Finanzgeschäfte dagegen wurden bisher nicht besteuert.

Gegner der Finanztransaktionssteuer führen diese Gründe an:

3 Die Krise von 2007 hätte durch eine solche Abgabe nicht verhindert werden können und auch die Auswir-

kungen der Krise wären nicht geringer ausgefallen, denn in diesem Fall waren nicht kurzfristige Spekulati-

onen der Auslöser.

3 Vermehrte Abgaben vermindern den Derivatehandel und somit auch die daraus resultierenden Steuerein-

nahmen.

3 Um der Steuer zu entgehen wandern die Börsengeschäfte in Länder ab, wo sie nicht erhoben wird. Auch

das vermindert die heimischen Steuereinnahmen.

3 Nicht nur die Spekulanten, die in großem Maßstab an der Börse handeln, werden getroffen, sondern auch

die Kleinanleger, die für ihr Alter vorsorgen, müssen zusätzliche Kosten übernehmen. Im Gegensatz zu den

professionellen Investoren, können diese aber kaum in andere Länder ausweichen.

3 Banken wälzen die zusätzlichen Beträge einfach auf ihre Kunden ab. Somit werden wieder nicht die

Großen, sondern nur die Kleinen bestraft.

Übereinstimmung herrscht derzeit darüber, dass die Einführung in nur einem Land auf dem internationalen

Finanzmarkt weitgehend wirkungslos wäre. Tatsächlich geht man davon aus, dass dann die Geschäfte in jene

Länder abwandern würden, die eine solche Abgabe nicht erheben. Doch wie genau sollte eine solche Steuer

erhoben werden? Würde sie dort erhoben, wo die Transaktionen auch stattfinden, käme dies den sechs welt-

weit größten Finanzplätzen London, New York, Zürich, Tokio, Singapur und Hongkong zu Gute. Dort werden

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drei Viertel der insgesamt ca. 800 Billionen US$ Finanztransaktionen abgewickelt. Am Beispiel von Großbri-

tannien wäre man dort in der Lage, andere Steuern wie die Einkommenssteuer deutlich zu senken. Dadurch

hätten diese Länder beträchtliche Vorteile im internationalen Steuer- und Standortwettbewerb. Als Alternati-

ve wäre es möglich, in allen G20-Ländern die Finanztransaktionssteuer zu erheben und die Einnahmen nach

einem festgelegten Schlüssel auf alle Länder umzulegen. Doch bisher ist nicht einmal EU-weit eine einheit-

liche Steuer umsetzbar. Wie viel schwieriger ist ein weltweiter Konsens, da es doch ein Eingriff in die nationale

Steuerhoheit eines jeden Landes bedeutet?

Die USA haben bereits angekündigt, die Finanztransaktionssteuer nicht einzuführen und auch Großbritannien

weigert sich, mit den anderen EU-Ländern mitzuziehen. Dort sieht man der Einführung dieser Steuer gelassen

entgegen und hofft auf die Kapitalabwanderung an den Finanzplatz London. Frankreich dagegen ist entschlos-

sen, sie notfalls auch im Alleingang einzuführen, und auch Deutschland wirbt inzwischen dafür.

Aber die politische Landschaft in Deutschland ist in Befürworter und Gegner gespalten.

4 ) Informieren Sie sich im Internet über die unterschiedlichen Positionen der Parteien.

Tragen Sie Ihre Ergebnisse zusammen und vergleichen Sie diese.

Gegenwärtig wird die Diskussion um die Finanztransaktionssteuer auf internationaler Ebene sehr kontrovers

diskutiert. Genaue Aussagen zum Ausgang dieser Diskussion sind zurzeit noch nicht möglich. Sollte die Steuer

eingeführt werden, sind die genauen Auswirkungen aktuell nur sehr schwer einzuschätzen. Auch auf wissen-

schaftlicher Ebene wird die Diskussion zur Besteuerung geführt, ohne dass sich innerhalb der Wirtschaftswis-

senschaften bisher eine herrschende Meinung gebildet hat.

Förderbanken

Wirtschaftsförderbanken oder kurz Förderbanken sind Institutionen, deren Aufgabe die Wirtschaftsförderung

ist. Anders als Geschäfts- oder Privatbanken sind sie i.d.R. nicht profitorientiert und handeln überwiegend in

öffentlichem Auftrag. Zu ihren Aufgaben gehören die Unternehmensberatung, Standortmarketing für die

kommunale Wirtschaftsförderung, Investitionsförderung, die Vermittlung oder Bereitstellung von Kapitalbe-

teiligungen und die Übernahme von Bürgschaften.

Wirtschaftsförderbanken gibt es auf allen Ebenen. Die größte und international übergeordnete Förder-

bank ist die Weltbank. Die Weltbankgruppe ist in fünf Aufgabenbereiche untergliedert, die aber alle eine

gemeinsame Aufgabe verfolgen: die wirtschaftliche Entwicklung von weniger entwickelten Mitgliedstaaten

zu fördern. So soll beispielsweise der Anteil der Armen an der Weltbevölkerung bis zum Jahr 2015 um die

Hälfte reduziert werden. Dies soll durch finanzielle und technische Hilfe sowie Beratung erreicht werden.

Hierfür werden langfristige Darlehen oder zinslose, langfristige Kredite für Investitionsprojekte ausgegeben,

umfassende Reformprogramme und technische Hilfe bereitgestellt, z.B. auch durch die Förderung privat-

wirtschaftlicher Entwicklungen und die Beteiligung an Unternehmen oder die Übernahme von Garantien.

Auch andere internationale Entwicklungsziele sollen mit ihrer Hilfe umgesetzt werden. Dafür hat sie im

Jahr 2008 38.2 Milliarden US$ an Darlehen, Zuschüssen, Beteiligungen, Investitionen und Garantien an ihre

Mitgliedstaaten und Privatinvestoren vergeben.

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In Europa agiert die Europäische Investitionsbank (EIB), die wiederum den Förderinstituten der einzelnen

Länder übergeordnet ist. Mit einem gezeichneten Kapital von 232 Milliarden Euro ist sie die größte Förderbank

weltweit, sogar noch größer als die in New York ansässige Weltbank. Sie ist maßgeblich an der Durchsetzung

der europäischen Umweltpolitik z.B. durch Projektfinanzierungen beteiligt und spielt damit eine wichtige Rolle

in der EU-Nachhaltigkeitsstrategie. Bei der Kreditvergabe achtet sie darauf, dass EU-Umweltgrundsätze und

-standards eingehalten werden, dass Projekte unterstützt werden, die die Umwelt schützen, verbessern und

das „soziale Wohlergehen“ fördern und dass der ökologische Fußabdruck der von ihr geförderten Projekte

verbessert wird.

Das größte Wirtschaftsförderinstitut in Deutschland ist die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau). Wie der

Name schon sagt, sollte sie den Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg finanziell unterstützen und für eine

nachhaltige Förderung der deutschen Wirtschaft sorgen. Heute lautet ihr offizieller Name KfW Bankengruppe.

Sie war die erste vom deutschen Gesetzgeber geschaffene öffentlich-rechtliche Bank nach dem 2. Weltkrieg.

Ihre Gründung in Frankfurt am Main gab zugleich den Startschuss für den darauf entstehenden Finanzplatz

Frankfurt. Doch sie fördert die Wirtschaft durch die Vergabe von günstigen Krediten nicht nur in Deutschland,

sondern ist mittlerweile als Entwicklungshilfe-Bank an zahlreichen Projekten im Ausland beteiligt. So gehört

sie zu den 19 führenden Entwicklungsbanken, die auf dem Klimagipfel in Durban ihre Unterstützung für den

„Grünen Klimafonds“ angekündigt haben. Auf dem Klimagipfel wurde vereinbart, die Mittel des Fonds aufzu-

stocken und sinnvoll für Programme in den vom Klimawandel besonders betroffenen armen Ländern einzu-

setzen. Aber auch Nachhaltigkeitsprojekte werden von der KfW unterstützt. Im Inland wird die Energiewende

durch Geldmittel der KfW erst ermöglicht. Dazu müssen nicht nur neue Energien wie Windkraft oder Solare-

nergie ausgebaut werden, sondern es geht auch darum, Wege zu finden, Energie zu sparen und effizienter zu

nutzen. Dafür hat die KfW 2010 den Umwelt- und Klimaschutz mit mehr als 25 Milliarden Euro gefördert. Aber

auch ökologische Schutzmaßnahmen wurden und werden von ihr finanziert. So half sie bei der Finanzierung

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von Maßnahmen zur Beseitigung von Umweltschäden in den Chemie- und Braunkohlerevieren in den neuen

Bundesländern. Eng mit dem Klimaschutz verbunden ist auch die Wohnungsbauförderung. Hier stellt die Bank

günstige Kredite zur Verfügung, um Wohnungen zu modernisieren und energetisch zu sanieren. Damit soll

der CO2-Ausstoß jährlich um 1,6 Millionen Tonnen gesenkt werden. Ein weiteres Gebiet, das zunehmend mehr

Bedeutung findet, ist die Bildungsfinanzierung. Dafür werden in Deutschland günstige Kredite an Studierende

vergeben, um ihnen das Studieren zu ermöglichen.

Auch die einzelnen Bundesländer besitzen Förderinstitute, z.B. die Investitionsbank Berlin, die Förderbank

Bayern, die Thüringer Aufbaubank oder die Investitionsbank Schleswig-Holstein. Sie unterstützen finanziell die

jeweiligen Länder, vergeben Fördermittel für die Wirtschaft, den Wohnungsbau, Kommunen, Arbeitsmarkt-

und Ausbildungsmaßnahmen. Auch sie sind weniger profitorientiert, sondern unterstützen nachhaltig wirt-

schafts- und strukturpolitische Aufgaben. Ihre Refinanzierung wird häufig über die bundesdeutsche KfW oder

die europäische EIB gewährleistet.

Nachhaltigkeitsbanken

Die Bankenkrise hat viele zum Nachdenken gebracht und das auf kurzfristigen Profit ausgerichtete Handeln

und Denken vieler Finanzinstitutionen in Frage gestellt. Doch auch auf dem Bankensektor gibt es Alternativen

zu den herkömmlichen Geschäftsbanken – die Nachhaltigkeitsbanken. Sie investieren ihr Geld vornehmlich in

nachhaltige Projekte oder „saubere“ Wertpapiere. So werden sozial-ökologische Analysen durchgeführt, bevor

man ein Unternehmen oder Projekt unterstützt. Sie investieren in den Klimaschutz oder Solarprojekte, unter-

stützen Mikrokredite und Förderprojekte in den Bereichen Ethik, Frauen und Umwelt. Geschäfte mit Unter-

nehmen, die Waffen herstellen, Atomkraftwerke betreiben, Kinderarbeit zulassen oder gentechnisches Saatgut

bzw. Pflanzen produzieren, kommen in ihrem Portfolio nicht vor. Neben einigen DAX-Werten, bietet auch

der NAI (Natur-Aktien-Index) Unternehmen als Anlagemöglichkeiten an, die als erfolgreiche Ökovorreiter in

diesen Index ausgewählt wurden. Nur wer den hohen Standards entspricht, wird in den NAI aufgenommen.

Anders als Förderbanken müssen Nachhaltigkeitsbanken schwarze Zahlen schreiben, nur suchen sie sich ihre

Branchen und zu fördernde Unternehmen nach ökologisch-ethischen Kriterien aus. Seit der Bankenkrise ver-

zeichnen sie verstärkten Zulauf.

Occupy Wall Street-Bewegung

Am 17. September 2011 wurde Occupy Wall Street (engl.

für: Besetzt die Wall Street) in New York ins Leben geru-

fen und hat seitdem weltweit Anhänger gefunden. Zu

dieser Bewegung aufgerufen hatte die konsumkritische

Zeitschrift Adbusters aus Kanada, die sich ausdrücklich

auf die Freiheitsbewegungen des Arabischen Frühlings

bezog. Vorbild war die Besetzung des Tahir-Platzes in

Ägypten. Auf ihrer Website rief sie zur Besetzung der

Wall Street auf.

Zitat:„Occupy Wall Street. Seid ihr bereit für

einen Tahir-Moment? Strömt am 17. Sep-

tember nach Lower Manhattan, baut Zelte,

Küchen, friedliche Barrikaden und besetzt

die Wall Street.“

Adbusters Website am 13. Juli 2011

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Zuvor schon hatten sich ganz unterschiedliche Gruppierungen wie die Aktivistin Alexa O’Brian mit ihrem

Projekt US Day of Rage („US-Tag des Zorns“), das Hackerkollektiv Anonymous oder eine Gruppierung namens

„New Yorkers against Budget Cuts“ („New Yorker gegen Budgetkürzungen“) getroffen, um gegen rücksichts-

loses Profitstreben der Wall Street und die Bankenkrise zu demonstrieren. Mit der friedlichen, lange andau-

ernden Besetzung des Zuccotti-Parks in New York, der kurzerhand zur Liberty Plaza umbenannt wurde, wollte

man politische Änderungen bewirken.

Die Anhänger dieser Bewegung setzen sich aus allen Schichten der Bevölkerung zusammen und haben doch

ein gemeinsames Anliegen: die soziale Ungleichheit zu bekämpfen, die aber von Land zu Land unterschied-

liche Ausprägungen hat. In den USA richtet sich die Kritik in erster Linie gegen die wenigen sehr reichen Ame-

rikaner, die dank ihres Vermögens starken Einfluss auf die Politik und die Gesetzgebung nehmen. Auch wird

die finanzielle Unterstützung der Banken im Zuge der Bankenkrise verurteilt. Eine der zahlreichen Forderungen

der Bewegung ist es daher, dass der US-Präsident Barack Obama eine Kommission einberufen solle, die den

Einfluss von Geld auf Vertreter der Politik untersuchen solle.

Auch wenn die Bewegung mittlerweile in den Medien nicht mehr so präsent ist wie noch im Herbst 2011, so

breitete sie sich nicht nur in verschiedenen amerikanischen Städten aus, darunter San Francisco, Miami, Los

Angelas oder Washington D.C., sondern etablierte sich auch in anderen, zumeist europäischen Ländern. In

Deutschland (Occupy Germany) fanden Occupy-Demonstrationen in vielen Städten statt, darunter in Frankfurt

am Main, Köln, Berlin, Stuttgart, Düsseldorf, Kiel und Hamburg. Insgesamt schaffte es die Bewegung am 15.

Oktober 2011 mehr als 40.000 Menschen bundesweit zu mobilisieren. Wie bei allen Occupy-Bewegungen gibt

es keine Hierarchien oder Anführer, sondern Menschen, die sich für die gleichen Ziele einsetzen. So ist eine

Forderung der Bewegung, dass Demokratie direkt und nicht über Vertreter funktionieren solle. In Deutschland

prangert die Bewegung zudem „grundlegende Probleme in unserem wirtschaftlichen, politischen und gesell-

schaftlichen System“ an. Wie alle Occupy-Bewegungen weltweit protestieren die Demonstranten dagegen,

dass die reichen 1% der Bevölkerung die restlichen, ärmeren 99% der Bevölkerung mit Geld und Einfluss domi-

nieren und für die negativen Auswirkungen auf das System verantwortlich sind, die dann von der Mehrheit der

Bevölkerung getragen werden. Um Systemänderungen zu bewirken, hilft nach Ansicht der Occupy-Bewegung

nur der Druck der Masse.

Doch auch wenn die Mitglieder der Occupy-Bewegung 99% der Bevölkerung vertreten wollen, so bleibt die

Bewegung hier doch eher eine Randerscheinung, die zwar Aufsehen erregt und nach wie vor in mehreren Städ-

ten fortdauert, doch bisher nicht zu den gewünschten Massenprotesten der Bevölkerung führte. Noch schei-

nen sich nicht genügend Menschen für Systemänderungen zu interessieren.

5) Nennen Sie Gründe, warum die Bewegung in Deutschland keinen so großen Einfluss auf die

Bevölkerung hat.

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Beispiel aus Wissenschaft und Forschung im Finanzsektor

Welche Fehler genau wurden in der Banken- und Finanzkrise gemacht und warum hat kaum jemand die Aus-

wirkungen auf den gesamten Finanzmarkt vorhersagen können? Um zukünftig eine ähnlich negative Ent-

wicklung verhindern zu können, arbeiten Wissenschaftler daran, Methoden zu entwickeln, um die komplexen

internationalen Finanzmärkte regulieren zu können. Einer dieser Wissenschaftler ist Prof. Thomas Hartmann-

Wendels, Direktor des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre an der Uni-

versität zu Köln und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Finanzwirtschaft. Die lang vorherr-

schende Meinung, der Markt regelt sich alleine und bedarf keiner Eingriffe von außen, hat sich als falsch

herausgestellt. Die Risiken, die sich nach dieser Theorie optimal auf dem Markt verteilen, hatten sich diesmal

auf ein Feld, den US-amerikanischen Immobilienmarkt, konzentriert und durch die enge ök onomische Ver-

knüpfung der Bankinstitute weltweit zu einer Instabilität des gesamten Systems geführt. Als Konsequenz aus

dieser Entwicklung müsse nun nach neuen Regulierungsmaßnahmen gesucht werden.

Während man vor der Krise die einzelnen Banken kontrollierte, scheint die Stabilität der Finanzmärkte im

gesamten System zu liegen. Da die Abhängigkeiten der Banken untereinander größer geworden sind, haben

auch die Systemrisiken zugenommen. Die Beurteilung dieser Systemrisiken ist auch für Wirtschaftswissen-

schaftler Neuland. Wie genau entstehen Dominoeffekte, die eine Krise wirklich anheizen? Wie kann man die

Systemrelevanz einer Bank messen?

Bisher wurden auf europäischer Ebene neue Instanzen eingerichtet, die die Finanzmarktrisiken zumindest

auf europäischer Ebene begrenzen sollen. Eine dieser Instanzen ist das European System of Financial Super-

vision (EFSF), zu dem auch die Europäische Bankenaufsicht (EBA) gehört. Doch die Bankenaufsicht und ihre

Umsetzung muss europaweit einheitlichen Standards folgen, denn sonst wandern die Risiken dorthin, wo am

wenigsten reguliert wird. Neben der europäischen Aufsicht, sollte es nach Hartmann-Wendels Meinung aber

auch ein nationales Gremium geben. Um die Banken, das Finanzsystem und die Bankenstruktur in einem Land

verstehen zu können, benötige man Fachwissen über die lokalen Verhältnisse, denn diese Strukturen sind von

Land zu Land sehr unterschiedlich.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist eine Institution, die es bereits vor der Kri-

se gegeben hat, die die Krise aber nicht aufhalten konnte. Eine Möglichkeit nach Ansicht des Kölner Wissen-

schaftlers ist es, die BaFin in der Ausübung ihrer Aufgaben politisch zu stärken, damit sie direkt und frühzei-

tig in die Gestaltung der Geschäftsmodelle von Banken eingreifen kann. Um Schwierigkeiten vorzubeugen,

müsste zudem eine wissenschaftliche Kommission ins Leben gerufen werden, die die Arbeit der Bankenauf-

sicht in Zweifelsfällen oder Streitfragen untersuchen und dann ein Gutachten abgeben könnte. So würden die

Banken einerseits vor einer allzu mächtigen Bankenaufsicht geschützt und die Bankenaufsicht andererseits vor

dem Lobbyismus der Banken.

Um dauerhaft ähnliche Banken- und Finanzkrisen zu verhindern ist es nötig, international zusammenzuarbei-

ten und überall gleiche Regelungen und Gesetze einzuführen. Nur so lasse sich ein Wettlauf um die lascheste

Regulierung vermeiden, so Hartmann-Wendel.

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GLOSSAR

Bonität: Kreditwürdigkeit, schätzt die Möglichkeit

des Kreditnehmers (Person, Unternehmen oder

Staat) ein, einen aufgenommenen Kredit zurückzu-

zahlen

Bürgen: siehe: Bürgschaft

Bürgschaft: Verpflichtung eines Bürgen, für Erfül-

lung von Verbindlichkeiten (z.B. Schulden) eines

Schuldners gegenüber dem Gläubiger (Kreditgeber)

einzutreten. Kann der Schuldner seine Verbindlich-

keiten nicht mehr bezahlen, muss der Bürge die

Kreditschuld an den Gläubiger zahlen

Derivate: Wertpapiere, deren Preise von dem Preis

eines anderen Basiswertes abgeleitet werden. So

kann man beispielsweise auf den steigenden oder

fallenden Wert von Wertpapieren setzen. Trifft

die Markteinschätzung zu, so erzielt man Gewinn.

Typische Beispiele für Derivate sind Options-

scheine, Futures und Zertifikate

Dotcom-Krise: Finanzkrise von 2000, bei der vor-

wiegend (Technologie-)Unternehmen des Neuen

Marktes betroffen waren. „Dotcom“ bezieht sich

dabei auf die Internetdomain „.com“

Fördermittel: Gelder aus öffentlichen Haushalten

(Bund, Land, EU, Förderbanken), die zur Unterstüt-

zung spezieller wirtschaftlicher oder sozialer Zwe-

cke entweder als Zuschüsse oder als zinsgünstige

Darlehen vergeben werden

G10-Staaten: Die 10 führenden Industrienationen:

Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien,

Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Schweden, USA

Hypothek: Belastung eines Grundstücks; kann

der Schuldner seine Kreditraten nicht mehr zahlen,

so muss er die geschuldete Geldsumme aus dem

Verkauf des Grundstücks dem Gläubiger (Bank)

zurückzahlen

Insolvenz: Zahlungsunfähigkeit eines Kreditneh-

mers, der seinen finanziellen Verpflichtungen dau-

erhaft nicht mehr nachkommen kann

Investmentbank: Banken, deren Geschäfte in

der Verwaltung von Vermögen ihrer Kunden, dem

Handel mit Wertpapieren und der Unterstützung

von Unternehmen bei der Kapitalaufnahme (z.B. bei

Börsengängen) liegen

Kapitalbeteiligung: Beteiligung an Unterneh-

men, indem Kapital zur Verfügung gestellt wird,

bei Aktiengesellschaften erfolgt dies über den Kauf

von Aktien, bei anderen Unternehmensformen wird

man Gesellschafter oder Mitunternehmer

Kreditklemme: Engpass in der Kreditversorgung,

der sich auf alle oder nur bestimmte Branchen

beziehen kann

Liquidität: frei verfügbare Zahlungsmittel, über

die das Unternehmen verfügen kann und die sofort

zur Verfügung stehen

Marge: Preisunterschied zwischen Einkauf und

Verkauf

Mortgage Backed Securities: durch Hypo-

theken gesicherte Wertpapiere; der Marktanteil

dieses Anleihetyps betrug 2007 in den USA US$ 4,1

Billionen Kohlenstoffdioxid, Methan, Ozon, Lachgas,

Fluorkohlenwasserstoffe

NGO: Nicht-Regierungs-Organisation; eine nicht-

staatliche Organisation, die nicht auf Gewinn

ausgerichtet ist und von staatlichen Stellen weder

organisiert noch abhängig ist

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Ökologischer Fußabdruck: Fläche auf der Erde,

die notwendig ist, um den Lebensstil oder Lebens-

standard eines Menschen dauerhaft zu ermögli-

chen. Dazu gehören u.a. auch die Flächen, die zur

Produktion seiner Kleidung, Nahrung und Energie

benötigt werden

Portfolio: gesamter Bestand an Wertpapieren

(z.B. Aktien) oder Anlagen einer Person oder eines

Unternehmens

Privatinvestor: privater Kapitalanleger, der in

unterschiedliche Anlageformen (Wertpapiere,

Immobilien, Unternehmen oder sonstige Wertge-

genstände) investiert

Refinanzierung: Wiederbeschaffung von Kapi-

tal, um Geld in Form von z.B. Krediten ausgeben zu

können, müssen sich auch Banken Geld leihen. Dies

geschieht bei Banken über die Notenbanken, ande-

re Bankinstitute und über Kundeneinlagen

Rezession: Abschwächung der Gesamtwirtschaft

oder rückläufige Wirtschaftsentwicklung

Risiko-Management: Potentielle Schwierigkeiten,

die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage eines

Unternehmens gefährden könnten, werden identi-

fiziert und analysiert und dann mit entsprechenden

Maßnahmen entgegengewirkt. Ziel ist es, Unter-

nehmen vor einer Insolvenz oder anderen negativen

Auswirkungen zu schützen

Standortmarketing: Prüfung eines Standorts hin-

sichtlich seiner für einen Geschäftsbetrieb wich-

tigen Faktoren (politische Stabilität eines Landes,

Infrastruktur, Nähe zu anderen Märkten, Verkehr

und Umwelt, Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen etc.)

und seine Vermarktung

Subprime: „zweitklassig“, Hypothekendarlehen an

Kreditnehmer mit geringer Bonität

Zinsen: Entgelt für eine zur Nutzung überlassene

Sache, meistens Geld, für einen vorher festgelegten

Zeitraum. Die Höhe der Zinsen wird durch Angebot

und Nachfrage auf dem Kapitalmarkt bestimmt

FAcHBeZüGeSozialkunde / Gemeinschaftskunde

strukturelle Ungleichheiten

Entwicklungspolitik

nachhaltige Entwicklung

Wirtschaft / Politik

Wirtschaftskrisen, Bankenkrise

ökologische Fehlsteuerungen

europäische Geldpolitik

nachhaltiges Wirtschaften

Weltwirtschaft

Konjunktur und Krise

Religion / ethik / LeR / Philosophie

Gewissen und Verantwortung

Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft

Ethik des wirtschaftlichen Handels

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präsentiert im Rahmen der bundesweiten SchulKinoWochen

das Filmprogramm zum Wissenschaftsjahr 2012 –

Zukunfts projekt Erde

Redaktion und Lektorat:

Lisa Gadatsch, VISION KINO

Autoren und Konzept:

Silke Baberowski und Dr. Burkhard Schroeter,

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und Mathematik an der Universität Kiel

Büro Wissenschaftsjahr / Projektträger im DLR e. V., Beratung

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© VISION KINO, Februar 2012

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