Beitrag adhs sozial_aktuell_hoffelner

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34 SozialAktuell | Nr. 5_Mai 2016 PLATTFORM | ADHS Strukturen schaffen, Strategien entwickeln Hinweise für den Umgang mit von ADHS betroffenen Klientinnen und Klienten Text: Christoph Hoffelner Im folgenden Erlebnisbericht erzählt ein So- zialarbeiter mit ADHS-Diagnose von seiner eigenen Entwicklung und von seinen Erfah- rungen als Mitarbeiter eines polyvalenten Sozialdiensts, wo er für das Ausrichten von wirtschaftlicher Hilfe und für Beistandschaf- ten zuständig ist. Als Berufsbeistand befasst sich der Autor schwerpunktmässig mit Men- schen, welche ebenfalls mit einer ADHS- oder mit einer Autismus-Diagnose leben. Der Artikel zeigt Probleme von ADHS-Betrof- fenen auf und erörtert Hilfestrategien, die helfen können, die Probleme im Alltag bes- ser zu bewältigen. Viele Menschen mit ADHS (Aufmerksam- keitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) ha- ben Probleme, wie ich sie selber aus leidiger Kindheitserfahrung kenne. Bereits sehr früh hatte ich Mühe mit der Motorik, vor allem mit der Feinmotorik. Wenn man ein sehr fröhliches, aber auch verträumtes Kind ist, will man zwar aufpassen oder zu- hören, aber es gelingt nie so recht, wie es die Reaktionen des jeweiligen Umfeldes deutlich spüren lassen. Alles, was mit Schreiben, Basteln, Malen, Verpacken und Bewegung zu tun hat, macht Mühe. Schon in der Spielgruppe und später in Kindergar- ten und Primarschule werden aktive Mit- arbeit, Konzentration, Ausdauer, schnelle Lernfortschritte, Leistungsbereitschaft, be- wusster Umgang mit eigenen Gefühlen etc. verlangt. Gleichzeitig werden auch die Eltern unter grossen Druck gesetzt. Dies hat Ratlosigkeit zur Folge. Hilflosigkeit, Überforderung, Machtlosigkeit Lehrpersonen sind häufig mit den Verhal- tensweisen von Betroffenen überfordert. Sie reagieren meist falsch und stellen düs- tere Zukunftsperspektiven bezüglich be- ruflicher Chancen. Gleichzeitig wird die Verantwortung oft einfach abgeschoben. Zahlreiche Fachleute werden empfohlen und aufgesucht. Jeder und jede erklärt wieder irgendetwas, ohne aber wirklich helfen zu können. Besonders belastend ist es, dass im Gehirn von Menschen mit ADHS viele Abläufe «anders strukturiert» zu sein scheinen. Man ist schnell abge- lenkt, von Gefühlen ständig überfordert, und man kann diese weder selbst einord- nen noch anderen mitteilen. Dies führt vielfach zu Gefühlen der Hilf- und Macht- losigkeit. Die gleichaltrigen Kolleginnen und Kollegen nutzen dies aus. Bei den Lehrpersonen gilt man als verträumt, laut, unaufmerksam, unkonzentriert, eigensin- nig und leicht reizbar. Mit Schönschreibe- und Ordnungstrainings, gedacht als För- derung von Aufmerksamkeit und Konzen- tration, wird oft genau das Gegenteil er- reicht. Frustration sowie die Ablehnung der Schule nehmen immer mehr zu. Niemand scheint an einer Lösung der Prob- leme bzw. an einer Verbesserung der Situa- tion wirklich interessiert zu sein. Der Be- troffene «ist einfach so», und sollte lernen, sich anzupassen. Die Probleme sind allge- genwärtig: zu Hause, in der Schule und in der Freizeit. Sind auch noch motorische Fähigkeiten schlecht ausgeprägt, werden Mannschaftssportarten oder Gerätetur- nen sehr anspruchsvoll, und man wird zum Aussenseiter. Als Kind oder Jugend- licher beginnt man Tage und Stunden zu zählen, bis wieder ein Jahr um ist oder Fe- rien sind. Die ganze Kraft und Mühe wer- den dafür aufgewendet, positive Noten zu erreichen, was sich oft als sehr mühsame und schmerzhafte Prozedur herausstellt. Doch am Ende kann man es trotzdem zu einem Abschluss schaffen, so wie es mir selbst auch gelungen ist. Heute stehe ich als Sozialarbeiter im Berufsleben und kann meine sozialen, empathischen, kreativen und innovativen Fähigkeiten voll und ganz nutzen. Als Berater, Coach und Mediator kann ich gute Leistungen erbringen. Die Diagnose als Schritt hin zur Selbstfindung Die Diagnose ist ein sehr wichtiger Prozess bei der «Bearbeitung» der ADHS-Symp- tome. Die meisten Betroffenen leben da- nach befreiter und lockerer. Endlich haben die Probleme einen Namen. Zur Diagnose kam ich, weil ich mich in meiner Studien- zeit intensiv mit dem Thema ADHS und Autismus beschäftigte und auch unter den Studierenden «Leidensgenossen» ken- nengelernt hatte. Je länger, je mehr zeigte sich, dass es auch noch andere Personen gab, welche unter den gleichen oder ähn- lichen Problemen «litten». Auch wenn sich die Erscheinungsformen und Auswirkun- gen etwas von denjenigen im Kindes- und Jugendalter unterschieden: Ich wollte end- lich Klarheit haben und wissen, was mit mir los ist. Über meinen Hausarzt liess ich mich an die Psychiatrischen Dienste in Aarau über- weisen und meldete mich für eine Abklä- rung an. Diese hatten damals, ich war 25 Jahre alt, neu ein Ambulatorium für Erwachsene mit erfahrenen Spezialisten eingerichtet. Mittels Fragebögen an mich und an meine Eltern wurden Daten erho- ben, daneben wurden diverse andere Tests Christoph Hoffelner ist Sozialarbeiter, Behindertensportleiter und Experte für ADHS. ADHS einmal anders Der nebenstehende Artikel soll Fachpersonen im Bereich der Sozialen Arbeit die Problematik von ADHS-Betroffenen näherbringen und Stra- tegien aufzeigen, welche die oftmals schwieri- gen Arbeitsbeziehungen erleichtern können. Auf Zitate aus Studien über ADHS wird in die- sem Beitrag bewusst verzichtet – ein Blick ins Internet genügt, um auf sehr fundierte Studien oder Fachbücher zu diesem Thema zu stossen. Auch eine Diskussion, ob es ADHS gibt oder nicht, welche Medikamente jetzt gut oder schlecht sind oder für die Pharmaindustrie hilf- reich sind oder nicht, wird hier bewusst NICHT geführt! ADHS wird in diesem Artikel nicht als Krankheit, sondern als Problematik im Umgang mit den Herausforderungen des täglichen Le- bens verstanden. Christoph Hoffelner Statement

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34 SozialAktuell | Nr. 5_Mai 2016

P L A T T F O R M | ADHS

Strukturen schaffen, Strategien entwickelnHinweise für den Umgang mit von ADHS betroffenen Klientinnen und Klienten

Text: Christoph Hoffelner

Im folgenden Erlebnisbericht erzählt ein So-zialarbeiter mit ADHS-Diagnose von seiner eigenen Entwicklung und von seinen Erfah-rungen als Mitarbeiter eines polyvalenten Sozialdiensts, wo er für das Ausrichten von wirtschaftlicher Hilfe und für Beistandschaf-ten zuständig ist. Als Berufsbeistand befasst sich der Autor schwerpunktmässig mit Men-schen, welche ebenfalls mit einer ADHS- oder mit einer Autismus-Diagnose leben. Der Artikel zeigt Probleme von ADHS-Betrof-fenen auf und erörtert Hilfestrategien, die helfen können, die Probleme im Alltag bes-ser zu bewältigen.

Viele Menschen mit ADHS (Aufmerksam-

keitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) ha-

ben Probleme, wie ich sie selber aus leidiger

Kindheitserfahrung kenne. Bereits sehr

früh hatte ich Mühe mit der Motorik, vor

allem mit der Feinmotorik. Wenn man ein

sehr fröhliches, aber auch verträumtes

Kind ist, will man zwar aufpassen oder zu-

hören, aber es gelingt nie so recht, wie es

die Reaktionen des jeweiligen Umfeldes

deutlich spüren lassen. Alles, was mit

Schreiben, Basteln, Malen, Verpacken und

Bewegung zu tun hat, macht Mühe. Schon

in der Spielgruppe und später in Kindergar-

ten und Primarschule werden aktive Mit-

arbeit, Konzentration, Ausdauer, schnelle

Lernfortschritte, Leistungsbereitschaft, be-

wusster Umgang mit eigenen Gefühlen

etc. verlangt. Gleichzeitig werden auch die

Eltern unter grossen Druck gesetzt. Dies

hat Ratlosigkeit zur Folge.

Hilflosigkeit, Überforderung, M achtlosigkeitLehrpersonen sind häufig mit den Verhal-

tensweisen von Betroffenen überfordert.

Sie reagieren meist falsch und stellen düs-

tere Zukunftsperspektiven bezüglich be-

ruflicher Chancen. Gleichzeitig wird die

Verantwortung oft einfach abgeschoben.

Zahlreiche Fachleute werden empfohlen

und aufgesucht. Jeder und jede erklärt

wieder irgendetwas, ohne aber wirklich

helfen zu können. Besonders belastend ist

es, dass im Gehirn von Menschen mit

ADHS viele Abläufe «anders strukturiert»

zu sein scheinen. Man ist schnell abge-

lenkt, von Gefühlen ständig überfordert,

und man kann diese weder selbst einord-

nen noch anderen mitteilen. Dies führt

vielfach zu Gefühlen der Hilf- und Macht-

losigkeit. Die gleichaltrigen Kolleginnen

und Kollegen nutzen dies aus. Bei den

Lehrpersonen gilt man als verträumt, laut,

unaufmerksam, unkonzentriert, eigensin-

nig und leicht reizbar. Mit Schönschreibe-

und Ordnungstrainings, gedacht als För-

derung von Aufmerksamkeit und Konzen-

tration, wird oft genau das Gegenteil er-

reicht. Frustration sowie die Ablehnung

der Schule nehmen immer mehr zu.

Niemand scheint an einer Lösung der Prob-

leme bzw. an einer Verbesserung der Situa-

tion wirklich interessiert zu sein. Der Be-

troffene «ist einfach so», und sollte lernen,

sich anzupassen. Die Probleme sind allge-

genwärtig: zu Hause, in der Schule und in

der Freizeit. Sind auch noch motorische

Fähigkeiten schlecht ausgeprägt, werden

Mannschaftssportarten oder Gerätetur-

nen sehr anspruchsvoll, und man wird

zum Aussenseiter. Als Kind oder Jugend-

licher beginnt man Tage und Stunden zu

zählen, bis wieder ein Jahr um ist oder Fe-

rien sind. Die ganze Kraft und Mühe wer-

den dafür aufgewendet, positive Noten zu

erreichen, was sich oft als sehr mühsame

und schmerzhafte Prozedur herausstellt.

Doch am Ende kann man es trotzdem zu

einem Abschluss schaffen, so wie es mir

selbst auch gelungen ist. Heute stehe ich

als Sozialarbeiter im Berufsleben und kann

meine sozialen, empathischen, kreativen

und innovativen Fähigkeiten voll und ganz

nutzen. Als Berater, Coach und Mediator

kann ich gute Leistungen erbringen.

Die Diagnose als Schritt hin zur SelbstfindungDie Diagnose ist ein sehr wichtiger Prozess

bei der «Bearbeitung» der ADHS-Symp-

tome. Die meisten Betroffenen leben da-

nach befreiter und lockerer. Endlich haben

die Probleme einen Namen. Zur Diagnose

kam ich, weil ich mich in meiner Studien-

zeit intensiv mit dem Thema ADHS und

Autismus beschäftigte und auch unter

den Studierenden «Leidensgenossen» ken-

nengelernt hatte. Je länger, je mehr zeigte

sich, dass es auch noch andere Personen

gab, welche unter den gleichen oder ähn-

lichen Problemen «litten». Auch wenn sich

die Erscheinungsformen und Auswirkun-

gen etwas von denjenigen im Kindes- und

Jugendalter unterschieden: Ich wollte end-

lich Klarheit haben und wissen, was mit

mir los ist.

Über meinen Hausarzt liess ich mich an

die Psychiatrischen Dienste in Aarau über-

weisen und meldete mich für eine Abklä-

rung an. Diese hatten damals, ich war 25

Jahre alt, neu ein Ambulatorium für

Erwachsene mit erfahrenen Spezialisten

eingerichtet. Mittels Fragebögen an mich

und an meine Eltern wurden Daten erho-

ben, daneben wurden diverse andere Tests

Christoph Hoffelnerist Sozialarbeiter, Behindertensportleiter und Experte für ADHS.

ADHS einmal andersDer nebenstehende Artikel soll Fachpersonen im Bereich der Sozialen Arbeit die Problematik von ADHS-Betroffenen näherbringen und Stra-tegien aufzeigen, welche die oftmals schwieri-gen Arbeitsbeziehungen erleichtern können. Auf Zitate aus Studien über ADHS wird in die-sem Beitrag bewusst verzichtet – ein Blick ins Internet genügt, um auf sehr fundierte Studien oder Fachbücher zu diesem Thema zu stossen. Auch eine Diskussion, ob es ADHS gibt oder nicht, welche Medikamente jetzt gut oder schlecht sind oder für die Pharmaindustrie hilf-reich sind oder nicht, wird hier bewusst NICHT geführt! ADHS wird in diesem Artikel nicht als Krankheit, sondern als Problematik im Umgang mit den Herausforderungen des täglichen Le-bens verstanden. Christoph Hoffelner

Statement

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35Nr. 5_Mai 2016 | SozialAktuell

ADHS | P L A T T F O R M

durchgeführt. Schliesslich stand die Diag-

nose ADHS fest. Es folgten viele Gesprächs-

therapien. In Einzelgesprächen mit spe-

ziell geschulten Psychologen lernte ich

meine Verhaltensweisen zu reflektieren

und Strategien zu entwickeln, um im All-

tag mehr Sicherheit und Selbstvertrauen

zu gewinnen. In Baden AG hatte zudem

eine ebenfalls auf ADHS spezialisierte Psy-

chologin Gesprächsgruppen für erwach-

sene ADHS-Betroffene aufgebaut und

durchgeführt. Daran nahm ich teil. Der

Austausch über die Probleme im Alltag mit

anderen Betroffenen war wichtig und hilf-

reich für mich. Ich realisierte endlich: Ich

bin nicht der Einzige mit diesen Proble-

men. In den Gesprächen konnten zudem

die eigenen Handlungsstrategien ange-

passt oder verbessert werden. Ich kann

dies jedem Betroffenen empfehlen.

Hilfreiche Strategien ADHS-Betroffene brauchen Unterstüt-

zung. Unterstützen Sie sie (uns)! Wir kön-

nen der Wirtschaft und der Gesellschaft

einiges bieten, wenn man uns lässt und

uns vertraut. Der Umgang mit ADHS-Be-

troffenen innerhalb der Familie, einer

Wohngruppe, der Schule, der Arbeit etc. ist

sicherlich anspruchsvoll. Es braucht dafür

viel Offenheit und Flexibilität, was nicht

immer ganz einfach ist. Aber es lohnt sich.

Aus meinen eigenen Erfahrungen und den

Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit

anderen Betroffenen, sei dies im Beruf

oder in meiner Funktion als Plusport-Trai-

ner «Polysport für Menschen mit einer Be-

hinderung», habe ich diverse Strategien

abgeleitet, welche ich hier präsentieren

möchte:

– Jeder ADHS-Betroffene braucht eine

Agenda! Egal ob diese nun handschrift-

lich geführt wird oder elektronisch.

Elektronische Geräusche und Lichtef-

fekte können den einen helfen, andere

tragen die Termine lieber handschrift-

lich ein. Aber darauf bestehen, dass eine

angeschafft wird! Zu Beginn Unterstüt-

zung beim Eintragen der Termine. Regel-

mässiges Nachfragen, wie es denn nun

damit geht.

– Tagesplanung machen: Klare Prioritäten

setzen. Was geschieht wann? Was ist

wie wichtig? Eine Liste kann helfen. Fix-

punkte wie Lernen, Einkaufen, Wäsche

machen, Rechnungen zahlen, Zeit für

Freunde, Arbeitszeit, Ruhezeit, Vereins-

aktivitäten etc. in die Agenda eintragen.

Auch Geburtstage bekannter Menschen

eintragen. Gratulationen bzw. Ge-

schenke gehen sonst vergessen.

– Im beruflichen/Heim-/schulischen All-

tag: Erklären Sie den Ablauf. Vereinba-

ren Sie Fixzeiten wie Pausen. Erarbeiten

Sie einen Ämtliplan, einen Aufgaben-

plan, einen Kompetenzplan gemeinsam

mit Betroffenen. Nehmen Sie sich genug

Zeit dafür. Beantworten Sie Fragen.

– Unterstützung der Aufmerksamkeit: Bei

akuter Gedankenabwesenheit Betrof-

fene ansprechen. An was denkst du ge-

rade? Wo sind deine Gedanken? An die

aktuelle Aufgabe erinnern, welche zu

erledigen ist. Betroffene müssen üben,

sich aus der Gedankenwelt zurückzuho-

len. Dies geht am besten durch mentale

Übungen (Meditation).

– Bauliche Massnahmen ergreifen: Ru-

heräume schaffen und diese auch als sol-

che definieren. Wichtig: Solche Räume

reizarm gestalten. Auf Handys und Ra-

dio verzichten. Wer gerne Musik hören

möchte, soll das machen, aber mit Kopf-

hörer! Gilt auch während der Arbeit. Al-

lenfalls Möglichkeiten für einen Power-

nap (Kurzschlaf) bereitstellen.

– Achtsamkeitsübungen vorschlagen: Sich

auf die aktuelle Tätigkeit konzentrieren

und dabei jeden Schritt bewusst machen

und mit allen Sinnen dabei sein. Versu-

chen, alle anderen Gedanken auszu-

schalten.

– Ordnung halten: Genügend grossen

Platz schaffen. Sei das ein grosses Pult

oder einen entsprechend grossen Ar-

beitsplatz mit Stauraum und Ablage-

möglichkeiten. Wichtig: Ordnung den

ADHS-Betroffenen selber gestalten las-

sen. Nicht jedes Chaos ist eine Unord-

nung. ADHS-Betroffene finden meist al-

les – auch wenn für Aussenstehende ein

Chaos herrscht. An alle Lehrpersonen:

KEINE Ordnungstrainings durchführen.

Unterstützung und Vorschläge ja, aber

die Durchführung der Ordnungsmass-

nahme liegt in der Verantwortung des

ADHS-Betroffenen.

– Immer ein offenes Ohr haben: Anliegen

von Betroffenen ernst nehmen und ih-

nen zuhören. Auch wenn es aufgrund

ihres Hangs zu Monologen manchmal

schwierig ist.

– Helfen Sie Betroffenen beim Realisieren

ihrer Ideen. Vielfach schaffen sie es

nicht, ihre Ideen umzusetzen, weil sie

abgelenkt sind, wenig Durchhaltever-

mögen haben, mit den vielen Ideen

überfordert sind oder weil sie sich nicht

konzentrieren können. Wichtig ist da-

bei, mit Betroffenen eine Struktur zu er-

arbeiten. Was ist die Idee? Was soll ge-

macht werden?

Vertrauen, Wertschätzung und Geduld

sind die wohl wichtigsten Faktoren für

eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit

ADHS-Betroffenen

Kreativität, Gerechtigkeitssinn, WissenslustWichtig zu erwähnen sind die positiven

Eigenschaften von ADHS-Betroffenen. Sie

sind sehr kreativ, haben eine ausgeprägte

Fantasie, verfügen über einen starken Ge-

rechtigkeitssinn, verstehen und durch-

schauen (soziale) Situationen schnell. Bei

Problemen haben sie meist schnell mögli-

che Lösungswege parat, sie wissen genau,

was ihr Gegenüber fühlt: ADHS-Betrof-

fene zu belügen, bringt nichts, sie merken

das. Sie haben eine grosse Wissenslust und

können sich für Dinge begeistern, welche

sie interessieren. Dadurch gewinnen sie

ein umfassendes Wissen in diversen Berei-

chen. ADHS-Betroffene denken in Bildern

und können komplexe Situationen oft gut

bildlich beschreiben, oder sie können Ver-

gleiche herstellen, um eine komplexe Situ-

ation für andere begreifbarer zu machen.

ADHS-Betroffene sind ausserdem sehr em-

pathisch. Ist jemand in Not, sind sie bären-

starke Helfer. Können ADHS-Betroffene

eine berufliche Tätigkeit ausüben, in der

ihre Fähigkeiten voll und ganz zum Tragen

kommen, können sie ausdauernd, kreativ,

kompetent und zuverlässig arbeiten.

Mit Schönschreibe- und Ordnungstrainings, gedacht als Förderung von Aufmerksamkeit und Konzentration, wird oft genau das Gegenteil erreicht

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