Beitriige zur mittelalterlichen Geschichte der Stadt Kassel ID · 2019. 11. 27. · 33 Beitriige...

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33 Beitriige zur mittelalterlichen Geschichte der Stadt Kassel ID" Von Robert Friderici AHNABERG UND GARTHUS EN Qher s icht : Das Gelande S. 33. - Casse1a auf dem Ahnaberg S. 38 . - Dorf .. Ahna- berg" S. 42 . - Klosterbezirk S. 44. - Klostereigentum im Ahnabogen S. 49. - Ei nwohner. "Uraltes" Judenviertel S. 52 . - Da s Kl oster S. H. - Befestigung S. H . - Garthusen S. 57 . AStK : Archiv det 5 tadt Kas sel C5tR: A. 5TOL Z EL: C nss der Stadtrechnungen aus det Zeit vo n 14 68 hi s 15 53 = ZHG Suppl. NF , ( C.",\ 18 7 1). GaOTEFEND-RoSE N f ELD : O. GR.OTEFEND und F. R OS ENFELD : Regesten det Landgrafen von Hessen I (1 90 9- 1929). HOLTMEY"ER : A. H OLTMEYER : Die Bau- und Kunstdenkmaler im Re gierun gs bez i rk Ka s se1 VI ( Marburg 1923). KB .: Kinnenbuch def Altst adter Gemeinde zu Kassel (StAM). Sdi .: J. SCHULTZE : Kloster. Stiffer und H os pitaler der Stadt Kasse1 und Kloster Wei8enstein (Marburg 1913). Das GeliDd. Der A h n a be rg . den noen PFIS TER in seiner Landeskunde von Kurhessen ( 1840 ) als Hugel wie den Weinbcrg und den Kratzenberg bezeiennete. ist als Bodener- hebung heute kaum noen zu erkennen. Die Steile seines 5 il d h a n g e s, die im fruhen Mittelalter die alte Stral3e zum Ausbiegen gezwungen und noen im 17. lahr- hundert an einzelnen Stellen Stiltzmauern und Treppen erforderlien gemaent hatte. war infolge zunehmender Bebauung senon Hingst abge£Iaent, ehe sic in jilngster Zeit vollkommen eingeebnet wurde. Naen der Zerstorung der alten Quartiere (1943) wurde beim Wiederaufbau der Stadt der unterste Teil des alten Ahnabettes aufge- filllt und so zwismen der Hohe des Altmarktes und dem Moneneberg eine fast ebene Flame gesenaffen; neue Hauserblocks und die von N nam S gerade durm- gefuhrte WeserstraBe nebmen sie ein. Fast ebenso grilndlim waren senon in alterer Zeit die anderen Abhange des Ahnaberges abgetragen worden. Im Norden, nam dem Moncheberg zu. hatte die Anlage der altesten Ortsumwehrung (vor 11501 ) die natilrlime Bodengestalt wobl nom ni mt erbeblich verandert; der Graben vor der • Vgl. Be itr iig e zur mittelalterlimen Geschichte der Stadt Ka ss el I ZHG 65 / 66 (1951/ 55 ) 13-51: Die Altst ii dter Pfarrkirtne und ihre Umgebung; dt o. 11 ZHG 67 ( 1956) 98 - 118 : Der landgra A. Renthof; der WeiBe Hof: die anderen H Of e. - Quellen und Schrift- tu m : Au6er den im Text angefUhrten Quellen und Dar stellungen s. die Ubersicht zu Bei- trage 11. - FUr Forderung der vorliegenden Arbeit bin ich den Herren Dr . Bergmann (Kasse1). Staatsarmivrat Dr . Heincmeyer (Marburg). Dr. Pickel (Kassel) und DipL Ing. Sander (Staatsbauamt Kassel) zu besonderem Danke verpflkntet. 1 ZHG

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Beitriige zur mittelalterlichen Geschichte der Stadt Kassel ID"

Von Robert Friderici

AHNABERG UND GARTHUS EN

Qher s icht : Das Gelande S. 33. - Casse1a auf dem Ahnaberg S. 38. - Dorf .. Ahna­berg" S. 42. - Klosterbezirk S. 44. - Klostereigentum im Ahnabogen S. 49. - Einwohner. "Uraltes" Judenviertel S. 52. - Das Kloster S. H. - Befestigung S. H . - Garthusen S. 57.

AStK : Archiv det 5tadt Kassel C5tR: A. 5TOLZEL: Cnssder Stadtrechnungen aus det Zeit von 1468 hi s 15 53 = ZHG Suppl. NF , (C.",\ 187 1). GaOTEFEND-RoSENf ELD : O . GR.OTEFEND und F. R OSENFELD : Regesten det Landgrafen v o n

Hessen I (1909-1929). HOLTMEY"ER : A. H OLTMEYER : Die Bau- und Kunstdenkm aler im Regierungsbezirk Kasse1 VI (Marburg 1923). KB.: Kinnenbuch def Altstadter Gemeinde zu Kassel (StAM). Sdi.: J. SCHULTZE : Kloster. Stiffer und Hospitaler der Stadt Kasse1 und Kloster Wei8enstein (Marburg 1913).

Das GeliDd.

Der A h n a be rg . den noen PFISTER in seiner Landeskunde von Kurhessen (1840)

als Hugel wie den Weinbcrg und den Kratzenberg bezeiennete. ist als Bodener­hebung heute kaum noen zu erkennen. Die Steile seines 5 il d h a n g e s, die im fruhen Mittelalter die alte Stral3e zum Ausbiegen gezwungen und noen im 17. lahr­hundert an einzelnen Stellen Stiltzmauern und Treppen erforderlien gemaent hatte. war infolge zunehmender Bebauung senon Hingst abge£Iaent, ehe sic in jilngster Zeit vollkommen eingeebnet wurde. Naen der Zerstorung der alten Quartiere (1943) wurde beim Wiederaufbau der Stadt der unterste Teil des alten Ahnabettes aufge­filllt und so zwismen der Hohe des Altmarktes und dem Moneneberg eine fast ebene Flame gesenaffen; neue Hauserblocks und die von N nam S gerade durm­gefuhrte WeserstraBe nebmen sie ein. Fast ebenso grilndlim waren senon in alterer Zeit die anderen Abhange des Ahnaberges abgetragen worden. Im Norden, nam dem Moncheberg zu. hatte die Anlage der altesten Ortsumwehrung (vor 11501) die natilrlime Bodengestalt wobl nom nimt erbeblich verandert ; der Graben vor der

• Vgl. Beitriige zur mittelalterlimen Geschichte der Stadt Kassel I ~ ZHG 65/ 66 (19 51/ 55) 13-51: Die Altstiidter Pfarrkirtne und ihre Umgebung; dto. 11 ZHG 67 (1956) 98- 118 :

Der landgraA. Renthof; der WeiBe Hof: die anderen HOfe. - Quellen und Schrift­tu m : Au6er den im Text angefUhrten Quellen und Darstellungen s. die Ubersicht zu Bei­trage 11. - FUr Forderung der vorli egenden Arbeit bin ich den Herren Dr. Bergmann (Kasse1). Staatsarmivrat Dr. Heincmeyer (Marburg). Dr. Pickel (Kassel) und DipL Ing. Sander (Staatsbauamt Kassel ) zu besonderem Danke verpflkntet.

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34 Robe,t Pr ide,ici -Nordfronr, den vielleicht stit 1385 ein abgeleiteter Arm der Ahna durch£loS, be­nutzte vermutlich tine natiirl ime Stoke. wclche den Ahnaberg vom Moncbeberg smied uDd von altersber die Ortsgrenze gebildet hatte. Erst die Festungsbaumeister des Landgrafen Philipp und seiner Nachfclger verwischten das natUrliche Bild der Bodenobcrflame (etwa 1530-1680). Die Beseitigung der von ihnen angelegten Werke (seit 1767) glicb die Hohenuntersmiede wieder aus, die durm Anlage der Walle. Bastionen uDd Graben entstanden wareD, uDd smuf an dieser Stelle ungefahr den Zustand des Gelandes. der heute ncch besteht. Auch der West­hang des Berges war bald nam Beginn des Festungsbaues angeschlagen worden. als mauern des Klosters (d. h. des Neubaues 1 S12) unterfahren nod beschadigt wurden 1,

Abhang und vcrgelagerte Senke bei Anlage der ArtilleriestraSe (1829). N a c h de r F u I d a z u (0 ) war das gewachsene GeIande beim Festungsbau angeschiittet. so daB seine natiirlime Gestalt nur an einzeInen StelIen noch zu ersmlieBen ist. Die splite Nachricht. daS bei der Planierung des Gellindes im J.1774 die Grund­mauern des K10sters (d. h. des Neubaues 1512) unterfahren und besmadigt wurden I. momte darauf scblieSen lassen. daB sie s. Zt. in den damals nom ansteigenden Hang hineingebaut worden waren und jetzt bei dessen Planierung zutage traten.

So gesehen. stellt sim der Ahnaberg. wie er z. Zt. des ersten K10sterbaues ge­wesen sein diirfte. als eine selbstandige. niedrige Kuppe dar, die, vom Moncbeberg durm eine flame Senke getrennt. nach der Ahna und nach der Fulda hin steil ab­fiel. Auch die Bezeichnung . Berg' konnte auf eine selbstandige Erhebung hin­weisen (wenn sie auch nicht zu einer solchen Annahme z win g t ); aum Kratzen­berg, Weinberg und Monmeberg sind von den Hauptbergziigen. denen sie zuge­horen, getrennt und selbstandige Erhebungen.

Wie die Gestalt des Ahnaberges - wenigstens z. T. - infolge der Veranderun­gen, den en sie unterworfen war, wurde aum der oatiirIiche Lauf uod der Cbarak­ter des FluSbettes der Ahna. die ihn im W und 5 umfloB. seit dem Hocnmittelalter an mehreren Stellen vollig verwandelt. In der Neuzeit verschwand das alte Wild­wasser, das oft genug seine Ufergebiete uberschwemmt hatte, durch Kanalisation gebandigt. aus dem Landschaftsbild des engeren Stadtgebietes.

Die dreihundert Jahre lang (vcm spliten 14. bis zum spaten 17. Jahrhundert) immer wieder vorgenommenen Verlegungen uod Veranderungen betrafen haupt­samlicb an drei Stellen den T eil des FluBlaufes zwismeD dem Moncneberg uDd der Einmundung in die Fulda.

Schon Landgraf Hermann leitete die Hauptwassermasse vor ihrem Eintritt in den mittelalterlichen Wehrbering nordlich vcr der Stadt her zur Fulda ab (1385)'. Seit­dem floB innerhalb der Stadt im alten natiirlimen Beu nur noch ein maBiger Bach. der zwar gelegentlim in besonders beiBen Sommern zum dunnen Rinnsal wurde. aum wohl ganz austrocknete, aber dom fUr gewohnlich zum Betrieb der Kloster­muhle. die an der SW-Ecke des Ahnaberges (vor dem spateren Zeughaus) stand s. fur Handwerk und Haushalt der Anwohner ausgereicht haben muB. Aum die Bade-

1 StAM M. St. S. 6213-537. Bericnt Jussows an den Landgrafen ven 1771 Juni 17. 2 Die hessiscne Congeries ~ ZHG 7 (1858) 331 :Z.1. 1385. 3 5. U. S. 16.

Beitrifge zur mittelalterlfdlet1 GesdffdHe der Stadt Kassel 1lI 35

stube am Ende der Knickgasse benutzte die .alte Abne" 4. Dieser Werksgraben muBte zweihundert lahre nach Landgraf Hermann von der Westseite des Ahna­berges in ein neues Bett vor dem Osthang des Talgrundes hinuberwechseln, als Landgraf Wilhelm IV. auf dem bisherigen Bambett sein Zeughaus errimtete (15 82). Nun floB das Wasser von der Molenpforte:; an, wo es in die Stadt eintrat, in Ba­chem Bogen an den ruckwartigen Grenzen der zur Molengasse (Kastenalsgasse) gehorigen Garten, deren Besitzer das Land fur den neuen Wasserlauf hergeben muSten, entlang dem Topfenmarkt zu; h ier hat se in Lauf noch in spaterer Zeit hin­und hergewechselt, his er im fruhen 19. lahrhundert kanalisiert wurde. Irgendwann wurde aum der Unterlauf des Baches unmittelbar bei der Holzbrucke im Zuge der Essiggasse fast im rec:n ten Winkel nam N abgedreht und dann im Bogen unter dem Obersten Hof hindurm der Fulda zugeleitet. In neuerer Zeit (Ende des 18. lhdts.) ist das Wasser hier kanalisiert worden; es lid vor dem Stadt£Iugel des Obersten Hofes in einem iiberdeck.ten Steinkanal, der hoher lag als die Gasse, die er he­gIeitete. DaB es sich hier um eine kiinstlime Umleitung handelt, scheint nam dem geolog1schen Befund nimt zweifelhaft, dom ist vorlaufig nimt zu bestimmen, wann und zu welch em Zweck. sie vorgenommen wurde. Oh sie. wie man meinen konnte, mit der Errichtung des Obersten Hofes in Verbindung zu bringen ist. bleiht unklar, da iiber die bedeuteDde HofaDlage, die erst im 16.1ahrhuDdert zuerst erwahnt wird. simere Angaben bisher n icht zu mameD sdteineD ' . Die Umleitung miiBte aber spatestens dem lahre 1469 entstammen, wenn die in WESSELS Plan einge­tragent rote Grenzlinie, welche dem kunstlimen Ahnabogen folgt, als Greoze des Ahnaberger Kirmsprengels anzusehen ist und dieser in dem genannteo lahre eio­geri<.iltet wurde ' .

.. Natiirlich nicht die Drusel. wie es nach einer Urkundennotiz aus dem 1abre 1615 (HOLTMEYER 794) zunachst den Anschein haben konnte. Diese Annahme erledigt sich schon durch di e Feststellung, daB die Badestube im Breul. um die es sich hier hande1t. nicht. wie die auf der Freiheit. Drusdge1d zu bezahlen hatte (CStR). Auch in weiteren Notizen aus dem Jahre 1618 (AStK) betr. Besmwerde der Anwohner des Ahnabergs wegen des von der D ruse 1 dorthin gefuhrten Schlammes. und 1645 (HOLTMEYER 794) kann mit "Drusd~ nur die A h n a gemeint seiD. Das ist auch schon in der Urkunde 1429 Apr. 28 (Sch. 379) der Fall. Der Kasseler Sprachgebrauch verwendete oHenbar schon sehr friihzeitig den Namen des Habichtswaldbaches als Gattungsnamen und bezeidmete jedes in der Stadt rinnende Wasser als "Drusd" , vgl. ENCElHAW : Erdbeschreibung 1. 68.

5 Die Molenpforte wat ein Nebenausgang der mittelalte rlichen Umwehrung siidost1. des M"lhuser (Maller-) Tores. Sie Jag am Ende der Molengasse, die als "Weg Had, der SdlelbeuH.Ulfte" wahrsdteinlich schon vor Begriindung der Freiheit vorhanden war (u. S. 61 ). 155 9 fiel sie wegen des Festungsbaues fort (DllleH : Chronica I, 129). Die Gasse nahm sp ilter nach dem an ihrem Ende errichteten KastenaI (Gefangnis. dessen Name noch unerkHirt ist) den Namen Kastenalsgasse an. doch hielt sich die alte Bezeidt­nung noch wenigstens bis zum Ende des 17. Jh.

6 Meine friiher (ZHG 67 11956] 116) geauBerte Vermutung. daB die Ahna an dieser Stel1e ibren spateren huf bereits im 1ahre 1154 gebabt haben mii sse, balte ich nicht mebr aufredtt. - In dem Stadtplan von 1. WESSEL (1673; HOLTMEYER Atlas I, Tf.9) wird die Altstadt oidn nur von der Freiheit sondem auch von dem Abnabetger Stadtqua rtier durch eine im Origina1 (StAM) rot gezeiclmete Linie abgeg ren zt, deren Deutung fu r die altere Stadtgeschichte ebenso wichtig wie umstritten ist. Vgl. u. S. 50.

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Der van Landgraf Hermann gcschaffene Kanal vor der Stadt. der nGrabe. darin die Ane vor dem AHeberger ThoT vcr CasseI in die Fulda gehet" 2. hat seine eigene Gesmichte. Es Iiegt nahe anzunehmen. wie das seit ROMMEL meist geschehen ist, daB das fur die damaIigen temnismen Moglichkeiten nimt unbedeutende Werk die FIutung des Stadtgrabens bezwecktc. zumal es in kriegerischer Zeit ausgefuhrt wurde 7. Diese Annahme aber ver tragt sich nicht mit der weiteren Behauptung. smon im Jahre 1385 sei der neuzeitl iche. auch heute nom vorbandene bzw. er­kennbare Ahnalauf geschaffen worden. Ganz abgesehen davon. daB dieser zweifel­los erst in neuester Zeit (gegen Ende des 17. Jhdts. ) seine Fuhrung erhalten hat, verlauft er so weit nordlich der mittelalterlichen Stadtmauer. daB er ihr smon des­halb nicbt zugeordnet werden konnte. Ebensowenig ist es moglim. das F1uBbett. wie es der Verfasser der CONGERIES um 1560 kannte und mit dem van 138~ iden­tifizierte. zu der alten Stadtmauer in unmittelbare Beziehung zu setzen. obwohl es ein Stuck weiter sudlich verlief. Trotzdem konnte die Namricbt der CONGERIES zu­treffend sein ; sie wird durdt die Erwahnung einer Steinbrucke vor dem Ahnabergcr Tor (1420) 8 gestutzt. die n idtt als Brucke iiber den Stadtgraben. sondern nur als frei­stehende StraBenbriicke angesehen werden kann. Sie durfte dem Festungsbau Land· graf Wilhelms IV., vielleicht schon Landgraf Philipps, zum Opfer gefallen sein: MERIAN stellt urn 1646 einen spateren Zustand dart der sim von dern mittelalter­lichen wohl nur durch die we iter hinausgeschobene Lage der Briicke unterscheidet. Das Vorhandensein einer selbstandigen StraSenbrucke aber setzt einen Wasserlauf voraus. der nordHch des Stadtgrabens verlauft und mit ihm nid1t identisch ist. Dem­Dam hatte die UmleituDg von 1385 nidtt oder nicht in erster Unie militarischen Zwecken gedient. mit denen sie tibrigens weder die CONGERIES nom auch SCHMINKE (1767) in Verbindung bringen. Falls die Flutung des Stadtgrabens an dieser Stelle dom in diesem Zusammenhang erfolgt sein sollte. so konnte sie nur durch einen Stichgraben von dem neugesmaffenen Hauptkanal aus bewerkstelligt worden sein. Cstlich der StraBenbrucke. die nicht sehr weit - hochstens 50 bis 100 m - siid­lich der spateren - und heutigen - Bruckenstelle gestanden haben diirfte. setzt sim der Ahnagraben wohl von Anfang an ungefahr so fort wie spater und heute noch. Diese Vermutung grundet sich u. a. auf die Lage der We i t m 0 I e 8. die BuSabwarts der Brucke etwa da zu suchen sein diirfte. wo seit Jahrhunderten. vielleimt smon seit Anlage des Kanals. ein Steg sich befindet.

7 Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Umleitung der Ahna. der Errichtung des Fuldawehres. der Anlage der Grabenmiihle (nachmittelalterlich: (GroBe] Ahnaberger Miihle) und der Finkenherdbefestigung bedarf besonderer Untersuchung. Es scheint nicht ausge,chlossen. daB die alte. IdeJlle Insel (1383 Aug. H /Sch. 825) zum Zwedce der FluSverteidigung vom Ufer abgetrennt wurde und Dimt als naturliche lnse! anzusehen ist. Der Finkenherd in seiner heutigen GroSe ist wohl erst im spaten 18. Jh. geschaffen worden.

8 H20 Apr. 29 (Sm . 361) . - 1455 Apr. 23 (Sm. 390). - 1473 Apr. 24 (Sm. 464). - 1475 Marz 18 (Sch. 469). - 1494 Aug. 15 (Sm. 490). - Der Name der We i t m 0 I e hat sich fur das Gelande 2.wismen dem Mitte1weg nam Wolfsanger und der Stadtalmende auf dem Werd nom wen igstens his in das 16. Jh. gehalten: 1539 Salbuch (StAM). - Briidce : MERIAN urn 1646 - Vgl. HOLTMEYER 605 u. 780.

Beltrifge zlfr mittelalterlidtel1 Gesdtidtte der Stadt Kassel III 37

Landgraf Philipp, weldter die mittelalterliche Stadtbefestigung durdt einen brei­ten Festungsgurtel ersetzte, bediente sich zur Flutung der stark verbreiterten nassen Graben an dieser SteUe zweifellos nidtt des gesamten Ahnawassers, sondern leitete nur einen Teil durch einen Stichkanal heran; vielleicht behielt er damit das mittel­alterliche System der WasserfUhrung beL Die kaiserlimen Kommissare, die nam der Kapitulation von Halle (1548) das kaum Gesmaffene zerstorten, braumten daher nur das kurze Grabensttick zwischen Hauptkanal und Festungsgraben zusmtitten zu lassen urn den Grabenabschnitt beim Ahnaberger Tor trocken zu legen'.

Als Landgraf Wilhelm IV. im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts die inzwi­schen wiederhergestellten Werke abermals vollig umbaute, verzidltete er wegen der groBen Sdladen, weldle das Ahnahomwasser fast alljahrlidl an ihnen angerimtet hatte, ansmeinend ganz und gar auf die Verwendung des FltiBmens, war vielmehr bestrebt, es mogIidtst weit von ihnen entfernt am FuBe des Mondtebergs her ab­zuIeiten. So wurde das jetzt neu geschaffene Bett so Dahe an den Berg herange­smoben, wie es das Gelande eben gestattete. Wilhelms IV. NamfoIger konnten daher die AhDa nicht zu weiterem Ausweimen nam N zwingen, muSten sim viel­mehr damit begniigen, ihren Lauf durch kleinere Korrekturen den vorgeschobenen AuSenwerken anzupassen, die sie zur weiteren Verstarkung der Festung anlegten. Erst jetzt erhielt das FliiBmen im N der 5tadt, vor dem Monmeberg. sein end­gfiltiges Beu, dessen Zickzacklauf nom heute die Umrisse der langst verschwunde­nen Festungswerke nadtzeichnet, soweit er oberirdisdl nom zu erkennen ist. Nun erst bekam aum die Brucke in der heutigen WeserstraBe die 5telle, die sie aum heute nom inne hat; sie war zunachst eine Zugbrucke, dann (nam der Entfestigung) eine Holzbrucke auf 5teinpfeilern. Aum die sog. K I e i n e A h nab erg e r M fi hIe wurde jetzt erst an der Grenze der AuSenwerke erbaut. da. wo sie bis in die Gegen­wart binein gestanden bat to. Ob sie als Ersatz fUr eine fruher weiter stadtwarts befindlime Olmuhle anzusehen ist, steht dahin. Naher nam der Stadt zu muB aum die im Jahre 1607 durch Hochwasser zerstorte Pulvermuhle gelegen haben 11.

Unter Beriicksidttigung der namweisbaren Veranderungen HiBt sidt der Lauf der Ahna von der Einmiindung der Mombam bis zur Fulda, wie er um 1150 ge­wesen ist, ungefahr ersdtlieBen.

Abwarts der Mombadtmiindung lief sie zunamst aum damals wie heute zwischen dem 5teilhang des Monmebergs und der nam W zu Hach ansteigenden BodenwelIe ziemlim genau von N nam S. Da wo das Gelande Dam 5 zu sim offnet, bog sie in sanfter Kurve nam W urn und folgte etwa 150 m weit dem 5udrand der flamen Erhebung, so daB sie zusammen mit der Mombadt (im N) eine groBe. nam W offene 5mleife bildete, weldte von der genannten BodenweIle ausgefullt war. Dann lenkte sie wieder in siidlidte Ridttung, verstarkte sich (etwa in der Gegend des heutigen Platzes Am WaIl) durdl einen kleinen Wasserlauf, der von NW vom

9 Vgl. die beiden Plane von MULLER 1547 und 1548. 10 1681 Sept. 12 (Forts. der Chronik des Pfarrers SEIBERT. LB Kassel Ms. Hass. 2° 15).

Der Erbauer der mit zwei (nicht zwolf!) Mahlgangen ausgestatteten Miible war der fiirstliche Baumeister }OH. HARTMANN WESSEL, der Verfertiger des trefflichen Stadt­planes (t 1683 Juni 22).

11 Stadtplan und Stadtansimt von MERIAN. - SCHMINKE: Cassel 87 .

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Reisberg . i. de. Siege." (zwischen SchillerstraSe und WolfhagerstraSe) herabkam, und folgte bald darauf dessen Richtung nach SO bis zur NW-Ecke des Ahnaberges. Dieser zwang sie, sich in smarfem Knick 12 wieder Dam S zu wendeD. In dem offenen und ebenen Teil des Talgrundes siidlich des Ahnaberges smlangelte sie sim, bei geringem GeHilIe Tiimpel uDd Lamen bildend, zwismen versumpften Ufern i n wem­selnden Windungen dahin 13 , Erst im letzten Teile ihres Laufes war das Gefalle wieder starker, die Boschung def Ufer, besonders des linkeD, steiIer, so daB zwar aum in dieser Strecke mit natiirlichen Vedinderungen des FluBbettes, dom nimt mit durdtgehender Versumpfung beider Ufer zu redmen ist. Das von der Ahna rnit­gefuhrte Geroll bi.ldete in der Fulda eine Untiefe, die nur fluBa"bwarts der Bam­mundung gesucht werden kann. Hier diirfte einer der al ten Flu6iibergange im spate­ren Stadtgebiet gewesen sein.

Cassela auf dem Ahnaberg?

Die altesten Spuren der Kasseler Geschichte sind bekanntlich iiberaus diirftig uod lassen dem freien Spiel der Phantasie weites Feld. So ist auch die Bebauung des von der Ahna durch£lossenen Gelandes. so we it es zum spateren Ortsbereich gehort. insbesondere die Nutzung des Berghanges. der nach dem Flii6chen benannt . ist. und seine Beziehung zum altesten Ortskern. den er beherrscht, seit langem Gegenstand mannigfacher Vermutungen gewesen. Neuerdings hat WIlLI GORICH 14

den Ahnaberg als Standort der karolingischen curtis in Anspruch genom men, deren Lage bisher nicht sicher bestimmt werden konnte. Da fiir eine karolingische Wehr­curtis. wie sie nam den Namensformen Chassala-Cassela-Casle in Kassel ange­nommen wird 15, nam GORICHS Forscbungen Hohenlage vorauszusetzen ist, diirfte das flam ansteigende Fuldaufer in der Gegend des Marktes aus der Erorterung aus­zusmeiden sein: dagegen sdteint zunamst neben dem Ahnaberg als moglidter

12 Das Ahnaknie ist zu rekonstruieren als Sdmittpunkt der Verliingerung des von der Molenpforte herkommenden. siidostlidt geridtteten Teilstuckes des Ahnalaufs mit der Verliingerung des nach SW auf den WeiBen Hof zu geridtteten Teil stuckes (WASSERHUHN 1766). Im gleidten Punkt sdtneiden sidt audt die VerHingerungen der spateren Knick­gasse und der Klostern ordfront. Der Punkt lag unter dem nordlichen Drittel des Zeughauses.

13 Bei Ausschachtungsarbeiten wurde im Tahre 1953 auf dem Topfenmarkt. etwa an der Ecke der Klost erstraBe, ein Stuck des alten Ahnabettes angesdm itten. Die Sohle fand sich unter einer dicken Schlammsmicht ungefiihr drei m unter der StraBendecke des Iahres 1953 . - KROES CHELL ~ BIt. f. dt. Lgesch. 91 (1954) 60. A. 35 sucht die Stelle der Grabung im WeiBen Hof. mit dem sie aber nichts zu tun hat. Die gefundenen Sdter­ben entstammen friihestens dem 12. Th. (frdl. Mitteilung von Dr. Bergmann. Kassel). Fundstelle uod Funde haben also rur Lage und Alter der von KROESCHELL angenomme­nen Hagenrechtssiedlung hine Beweiskraft .

14: W. GORICH: Entwicklungsgeschichte der Stadt Kassel im Mittelalter ~ ZHG 64 (1953) 9 H. lm folgenden wird versucht, einzelne von GORICHS Rekonstruktionen der alteren Gesdtidite der Stadt Kassel abweichende Vermutungen zu begrunden . Im Rahmen dieses Aufsatzes ist es mir jedoch nicht moglich. alle Bedenken zu erortern, die sich mir gegcn GORICHS Untersuchung zu erheben scheinen. - VgI. o. S. 27 H.

15 K. GLOCKNER: Kassel ~ Stengel-Festschrift (1952) 495 H.

Beltrage zur mlttelalterfldten Gesdddtte der Stadt Kassel III 39

Standort der curtis aum der "Burghugel". der Platz des spateren Landgrafen­smlosses. in Frage zu kommen, auf dem sie besonders von BRuNNER-HoLTMEYER gesumt worden ist.

Dem gegeniiber will GORICH den .Burghiigel· aus dem Landsc:haftsbild weg­deuten, urn seine Stelle als ungeeignet zu erweisen und die frankisme Wehranlage mit urn so groBerer Wahrscheinlimkeit auf .den Ahnaberg zu versetzen. Dabei kommt das Bild des Ahnaberger Gelandes. das die neu ze i tl i che Hohensmimten­karte bietet, seiner These entgegen. indem es den .. groSEliichigen Gelandesporn" zeigt. welchen die ... scbildformige" curtis verlangt. Nun ist aber GORICHS Rekon­struktion des Burggelandes durchaus irrig. Smon die Grabungen PAETOWS (1936) hatten :zwar gezeigt - was ohnehin bekannt war -. daB der Huge!. hauptsamlim wohl irn 16. lahrhundert, erheblicb an- und aufgesdtuttet worden war; sie hatten aber aum erwiesen, daB der gewadlSene Kern der Bodenerhebung immer noch etwa 8 m uber dern Fuldaspiegel des lahres 1936 lag 18. Da aber seit dern fruhen Mit­telalter infolge der Abdiimmung von Nebenarmen und infolge der Anlage des Wehres (14.1hdt.) der Wasserstand smatzungsweise urn etwa 2 rn gestiegen stin muB, lag die Ober£Iame des Hugels im 8. oder 9. lahrhundert an die 10 m uber dem damaligen Fuldaspiegel 17• Der .. Hugel" war smon damals eine durchaus beacht­lime. auch ihrer Form nam fur die Anlage einer Befestigung geeignete Erhebung. Die GeHindegestalt bietet also weder AnlaS nom Beweis fur die These einer karo­lingismen curtis auf dem Ahnaberg l8•

Beides ist aum aus der Lage der ecclesia in Cassele des lahres 1152 nimt zu gewinnen. Will man sie mit GORICH als Nac:hfolgekirc:he einer alten Pfalzkapelle an­sehen, so kann man diese -und damit die Pfalz III-nur im Bezirk des Burghugels. am

16 PAETOWS Ergebnisse sind inzwischen durch die vom Staatsbauamt Kasse1 vorgenommenen Bodenuntersuchungen sicherer begrundet und wesentlidt erweitert worden (s. o. S. 19 H.).

17 GORleRs exakte Angabe (a. a. O. 12, A. 7) beruht auf einem Rechenfehler und ist daher unzutreffend.

18 Damit entHillt die Notwendigkeit fiir die auch von GORICH a. a. O . mit besonderem Namdruck vertretene Hypothese einer Kasseler Wasserburg; HOLTMEYER 273 hatte sim wesentlidt vorsidttiger ausgedriickt. VgI. auch E. E. Stengel: Die fdinkische Wurzel der mittelalterHchen Stadt -+ Gediichtnisschrift f. W. Rorig (19n) 54, A. 125.

19 GORtCH a. a. O. 12/ 13. - Das Vorhandensein einer wirklichen Pfalz in Kassel gaIt bisher als unerwiesen. Es scheint in der Hauptsache aus Kaufunger Verhaltnissen in Verbindung mit GEPPER.TS Obersetzung einer Stelle Thietmars von Merseburg gefolgert, der sich auch GOJUCH ansdtlie8t (a. a. O. 9. A.3 ), wie sie denn iiberhaupt vielfach Zustimmung gefunden hat. Trotzdem bin ich nicht restlos davon iiberzeugt. da8 Thietmars Wendung (VII. 13) ,urtem trimstulit mit .. verlegte seine Hofhaltung" rimtig wiedergegeben ist. Die Bedeutung ware mindestens auffallend, da sie unter den sehr zahlreimen curtis­Erwahnungen Thietmars keine Parallele findet; die einzige von GEPPER.T beigebrachte Stelle kann nur sehr bedingt als soIche gelten. - HOLTMEYER driickt sich in der Pfalzfrage ebenso vorsichtig wie mehrdeutig aus: .Da8 die Hauptbestandteile einer Pfalz. die Sala. der Berchfrit und die KapeIJe sowie die Gesinde- und Wirtschaftsgebaude z. Zt. des ausgebauten Zustandes vorhanden waren. scheint selbstverstandlidt .. (265).

Selbst wenn man aber das Bestehen einer Pfalz samt Kapelle im Jabre 1015 annehmen und die ecclesla In Casse1e von 1152 aIs Nachfolgerin der Pfalzkapelle betrachten will.

40 Robert Friderici

MarstalIerplatz uDd in dessen Umgebung, suchen. Denn daB die genannte ecc1esia in Cassele die Vorgangerin der spateren Altstadter Pfarrkirme (Cyriacuskirche) ge­wesen ist, kann nach Lage der ganzen geschichtlimen Oberlieferung dom wohl nicht in Zweifel gezogen werden 20, Nun ist freilich bekannt, daB in vieleo Fallen Kloster anstelle alterer Wehranlagen errimtet worden sind. Aber eio Ruckschlu6 aus dies er bekannten T atsache kann eheDso gut auf das GeHinde am Marstallerplatz fiihren wie auf den Ahnaberg. In der Tat gibt es eine, wenn auch smwache Spur. die auf das Bestehen einer klosterlidten Niederlassung Hingst vcr der Ahnaberger Grlin­dung hinweisen konnte 21, AbeT sie ist, wie die anderen sparlichen Zeugnisse cler altesten Stadtgeschichte, mit dem Namen Kassel verknupft, und "KasseI" ist nicht Ahnaberg.

Die Bezeichnung castella-cassela-casle mu6te auf de r Stelle zunachst und vor­zugsweise haften. an der das Kastell selbst lag, von dem sie skn herleitet. Befand sich die wohlbefestigte cassela des lahres 913 auf dem Ahnaberg, so ware hier der Ausgangspunkt des heutigen Stadtnamens. Das Gegcnteil ist der Fall. Gerade hier gewann der Fremdname nur langsam Boden. Wenn audt das ganze Gelande vom Ahnaberg bis zum Burghtigel (beide Erhebungen eingeschlossen) schon 1152 als villa Cassele bezeidtnet wird, so hat sich gerade hi er der aIte Name .. A h ri a b erg " jahrhundertelang, auch in der Bezeichnung der widttigsten Gassen, ziihe gehalten. Hier war dieser Name wurzelfest; keine Urkunde hat je versudtt. ihn zu latinisie ~ ren, obwohl der landfremden papstlichen Kanzlei ein .. Ufons St. Annae" nahe genug liegen mu6te. Das kommt deutlidt genug in dem audt von GORtCH bernerk ten. wenn auch anders gedeuteten Schwanken in der Bezeichnung des Klosters zum Ausdruck, fur das sich der Name A h nab erg schlie6lich behauptet". Die Untemheidung zwischen "Kassel" und "Ahnaberg" hat m. E. erhebliche Bedeutung. Cl1assel1a des lahres 913 und die civitas Cassaltm des Thietmar von Merseburg (1015 ) 23 sind etwas anderes als Ahnaberg. etwas anderes audt als die villa cassele des lahres

so scheint damit fUr die lage der Chassella des lahres 913 kein unbedingt si cheres Argu· ment gewonnen, denn niemand weiB, ob diese an der gleichen StelIe lag wie die curtis Heinrichs 11.

20 Lage der Kapel1e: GORICH a. a. O. 11 und 15 mit A . 12. - Vgl. dazu ZHG 65/ 66 (1954/ 55 ) 44 H. und den Grabungsbericht irn gleichen Band.

21 v. ROQUES : Kaufunger UB I (1900) 22 , Nr. 17. Oml1is Copuul1geJlsis coeHobii. immo. ut de aHtfquioribus loqumnur. Casselel1Sis diu restitit familia . Die irn Text als mBglich. und sinnvol1 in Betracht gezogene altere Deutung der Stelle (BRUNNER: Die curtis Casse1a-+ ZHG 34, 1901, 405 H.) ist von der neueren Forsdtung (EISENTRAGER-KRUC: Territorial· gesch. der Kasseler landschaft (19351 bes. 17-4 mit A. 19 und 19a (StengeI] und K. A. ECKHARDT: Quellen zur Rechtsgesch. der Stadt Witzenhausen (1954] XXXV) zwar ab· gelehnt. aber. wenn ich recht sehe. nicht als stilistisch unmBglidt oder sinnwidrig dargetan worden. Stilistisch kann, wie idt glaube. audt nach der Qbung des Verfassers der Urkunde Cass e1eHsis nur zu coel1obii gezogen werden.

22 111 Cas/e. iH AHel1b erg. iH Al1eJlberge il1 Casse1e (1294 1 Sch. Anh. 10) und Bfter . Urn · gekehrt bezeichnet sich der Propst des Kl osters in einer Siegelumschrift auch einrnal als preposirus de Cassele il1 AHel1 berg (1321 Aug. 18 1 v. Roques : Kaufunger U8 1. 14 3. Nr.151).

23 Thietmar. Chron. VII . 13 .

Beltrilge zur ,nitt elalterlldten Gesdt idtt e der Stadt Kassel llI 41

11 52. Casse1a ist die eigentlicbe curtis. die civitas Cassa/un umfa8t diese und die ihr angeschlossene Marktsiedlung, d. h .• Burghiigel", Marstiillerplatz und Alt­markt; sie reimt vermutIicb bis zur Homwassergrenze auf dem stidlichen Ahnaufer. Die villa Cassele des lahres 1152 liigt dem curtis-Bezirk und der Marktsiedlung als drittes den Ahnaberg hinzu und vereinigt die drei ursprunglich getrennten Bezirke durm gemeinsame Umwehrung zur "Gro6burg" . Der Yorgang durfte sim aus der politischen und militarismen Lage z. Z. des Welfen-Staufer-Konfliktes erklaren : Welfismer Besitz reimte bedrohlich nahe an das Ortsgebiet heran !~ . Die Neutra­lisierung der beherrschenden Hohe durch das thtiringische Familienkloster und ihre Einheziehung in die Ortsbefestigung verhindert die mogliche Inbesitznahme durch. den Gegner. DaB die beiden ersten Stauferkaiser. Konrad Ill. und Friedrich I.. in den altesten Klosteru rkunden personJich. ersmeinen und die Remte des Reimes dokumentieren. konnte man in diese Gedankengange einzureihen versucht sein.

Den Interessen der Staufer gingen die der eben ins Land gekommenen Thiiringer paralIeI. Fiir diese war hesonders die Verbindung des neu erworbenen AuSen­postens zu ihren Stammlanden, der Flu8iibergang und der Brtid<:enkopf, wichtig. Ihrer Sicherung diente besonders die Burg. welme sie innerhalb des umwehrten Ortes wohl schon bald nach dem Anlall des Landes anlegten ; iedenfalls filhren die altesten Spuren, we1me auf die Ansassigkeit von Burgmannen in der villa Cassde hindeuten. in die Zeit der Klostergriindung :5. Da der Ahnaberg dunn die kinn­liche Anlage besetzt war bzw. besetzt wurde. kann die gleichzeitige Burg dort nicht gestanden haben. lede Wahrscbeinlichkeit spricht vielmehr dafiir. daB sie auf dem Burghtigel an der Stelle der spateren Brabanterburg zu sumen ist. Erinnert man sich der Tatsame, da8 auch sonst vielenorts mittelalterliche Burgen auf karolingi­sche PfaIzen. Kastelle oder Konigshofe zuriidcgehen 26. so mochte man geneig t sein, an die Kontinuitat der militarischen Nutzung auch des Kasseler Burghiige]s vom Ende des 18. lahrhunderts riickwiirts bis ins 8.lahrhundert, von der SchloBburg Landgraf Friedrichs n. bis zur curtis zu denken. Die Congerles n nennt Heinrich Raspe als den Erneuerer der .. uralten Burg". worn it nur die fdinkisehe Wehranlage gemeint sein kann. Man wird die Nacbrieht nieht ohne weiteres als Chronisten­er6ndung abtun konnen. denn der Yerfasser oder Compilator der Chronik erweist sich sonst rneist als zuverIassig.

Niemand wird behaupten oder zugeben wollen. daB mit den vorhergehenden Untersuchungen und Erorterungen die lage der curtis auf dern ,.Burgbtigel " ein· deutig nachgewiesen sei. Nur soviel HiBt sich rnit Sicherheit sagen : Nachdern die Bodenuntersuchung die urspriingliche Gelandegestalt zweifeIsfrei festgestellt hat. kornmt der Burghtigel als moglicher Standort einer Frankenfeste in erster Unie. eher als der Ahnaberg. in Frage. Ein exakter Beweis daWr. daB sie wirklich dort gestanden hat. wird sicb freilich mit Hilfe archivalischer Quellen kaum erbringen lassen. falls nimt neue Beweisrnittel auftauchen. Oh mit archaologischen Methoden

24 K. A. ECKHARDT : Witzenhausen bes. LlB. wo Winterbiiren. vi elleicnt aucn Altefeld. aIs welfiscner Allodialbesitz angesprocnen werden.

25 EISENTRAGER- KRUG : Territorialgescn. 6off. 26 PUNITZ : Deutsche Stadt 165. 27 Ms. der Congeries LB Kassel Ms. Hass. 40 114.

42 Robert Fr /Jericl

cin sic:heres Ergebnis zu errtichen ist, steht nom dahin. Ausschachtungsarbeiten uDd Probegrabungen an beiden Stellen zeigten, daB der Boden in friiheren Jahr­hunderten mche als einmal urn uDd urn gewtihIt word en ist. Die Hoffnung auf eineo befriedigenden Erfolg der angestellten uod nom anzusteUenden Beobachtungen ist nam alIem gering!8.

DorE "Ahoaberg"?

Der Unterlauf der Ahna zwismen Zeughaus uod Miindung war an zwei Stellen iibersdueitbar : Unweit der Mtindung uod am Topfenmarkt unterhalb des Enten­pfuhls (am Eingang def KlosterstraBe), Ein dritter Obergang, oberhalb des Enten­pfuhls unmittelbar vcr dem Zeughaus, kam unter Landgraf Moritz hinzu. die Enten­briicke (1597, 1623); sic lag im Zugc def neugesmaffenen Verbindung vom Brink zum Ahnaberger Tor (WeiBe Gasse).

Der sUdlime der alteren Obergange. im MUndungsgebiet der Ahna vermittelte den Verkebr zwismen Markt UDd Furt. welmer das FluBmen Uberqueren muBte. Er dUrfte kaum smon an der Stel1e der spateren Brlicke. vor der Essiggasse, ge· standen haben. denn diese Gasse smeint nimt als ZubringerstraBe zur Furt be· tramtet werden zu kannen. Sie war ein absmiissiger Heckenweg zwismen den hin­teren Grenzen der Hafe an der - eest viel spater so genannten - Fismgasse und denen der Hafe an der Gasse Vor der Smlagd und war im Mittelalter vieUeimt gar n id1t. nom wesentlim spater wohl nur einseitig bebaut 211• Sie verband den Markt mit dem Handwerkerviertel urn die Fliegengasse auf dem linken Ufer der Ahna. das sie durm einen FuBgaogersteg erreimt baben mag. Die Holzbriicke aber. die Biirgermeister uod Rat der Altstadt im Jahre 1336 30 als stadtismes Eigentum hezeidmen. mamte im nimt an dies er StelIe. sondern weiter nam der Ahnamiin­dung zu sumen. etwa vor dem spateren Eingang zum Obersten Hof; auf diesen Punkt zieIen die Gasse Vor der SmJagd und die untere Fliegengasse in gleimer Weise. Mit der Umleitung der Ahna (s. o. 25) versmwand bier Wasser uod Briicke. Wenn Biirgermeister und Rat sie als s t a d t i s c h e HoIzbriicke (Hoster pOHS figneus) bezeichnen. so wird sie damit nimt nur von der land g r af lichen Fuldabrucke unterschieden. welc:he der Landgraf wenig spater (1346) se i n e Briicke nennt'l. sondern mindestens ebensosehr von der stadtismen S t e i n b r ii eke liber die Abna.

28 U . S. 43 . 29 Plan von WASSERHUHN 1766. - Dem hier angewandten Verfahren. das aus einem Plan

des spateren 18. Jh . Zustande zu erscnlieBen sudtt. die 500 bis 600 Jahre weiter zuriick­liegen. stehen begriindete Bedenken en tgegen. Da aber mindestens seit dem 16. rh . der Umfang des unbebauten Raumes innerhalb der befesti gten Stadt nicht gewachsen son­dem gesduumpft ist. wird man trotzdem das Fehlen der Bebauung auf gro8eren zu­sammenhangenden 5tredcen als altfiberkommenen. gelandebedingten Zustand betrachten diirfen. E i n z e 1 n e BaulOdcen dagegen sind auf andere. mehr od er weniger zufallige Ursachen zuriickzufiihren.

30 1336 Dez. 18 (Sdl.152) . - In der Nahe der Briidcenstelle wurde bei Ausschadltungs­arbeiten im Jahre 1955 auf dem 5iidufer der Abna in etwa 5 m tiefem Schlamm eine aus eingerammten Eimenpfablen bestebende Uferbefestigung gefunden (frdl. Mitteilung Dr. Pidcel-Kassel).

31 Hessen-Cass. Generalrep. 1346 Mai 7 (STAM).

Beirrage zur ,uittelalterlfdfeH GescMcltte der Stadt Kassel III 43

Diese hatte weiter £luBaufwiirts, gerade nom oberhalb def normalen Grenze des Hochwassers, ihren Platz. Die geschichtiiche Obediderung des Mittelalters, welche sie 1299 zuerst erwahnt 3!. nicht weniger das Baumaterial kennzeicnnet ihre Be· deutung. Hier iibersdtritt die HauptverkehrsstraBe zur Weser das FltiBcnen. DaB die Briid<:e in def Niihe einer fruheren Furt stand, dad als si mer angenommen weedeD. Die Furt uod der gleim hinter ihr ansteigende Hang des Ahnaberges waren eine bedeutsame HemmstelIe des mittelalterlimen GroBverkehrs ; so entstand, wie ich glaube. unmittelbar in ihrer Niihe, am Berghang, eioe der Siedlungen, die als Ke im­zelleo der spateren Stadt anzuspremen sind 33, Sie war n i c h t nach der Fulda orien­tiert und verdankt m. E. n i c h t der in der Nahe befindlimen Fuldafurt ihre Ent­stehung. Sie war ein Ahnadorf, wie Velmar und andere; die Ahna, nimt die FuIda, mehr nom die Landverbindung von S nam N, waren ihre Lebensadern. Die GelandebeschaHenheit beding'e ihre Lage hauptsachlidt aul dem linken Ufer der Ahna, wie sie die Bebauung des remten lange ersmwerte 29• In der homwasserfreien Zone 109 sim das Dorf entlang der StraBe bis auf die Hohe und bis zu der (ver­muteten) Senke zwismen Ahnaberg und Monmeberg, die sim als verteidigungs­U.hige Grenze anbot . Das bebaute Gebiet smeint aber smon im Hommittelalter uber sie h inausgegriffen Zll haben.

Dieses .. Dorf an der Ahna" ersdteint demnam als selbstandige, von der civitas CassaluH. dem curtis-Bezirk. vorlaufig r3.umlidl getrennte Siedlung. Erst nam der Anlage der gemeinsamen Umwehrung dehnte sim der Fremdname Casle (Kassel). der Name des politism und wirtsmaftlim wimtigeren Siedlungskernes, auf die Dorfsiedlung aus und verdrangte allmahlim deren bodenstandigen NameD. DaB das Dorf urspriinglim A h nab erg hieB, wie im aus den anfanglim smwankenden Bezeimnungen der Lage des Klosters herauszulesen versudlt bin. mag eine vieIleich t anspredtende. ab er dom zu gewagte Vermutung sein. Offen bleibt aum die Frage nam dem Alter des Dorfes; ihre Beantwortung wird u. a. von einer Untersuchung

32 1299 Sept. 25 (Sdt. 42). H VgI. die zahlreicnen ParaIlelbeispiele bei H. NOTIARP: HaBfurt. Smweinfurt. Ochsenfurt.

Hammelburg und Wiirzburg_ Mainfrankismes Jb.7 (1955) 300ff. ; s. auBerdem F. EMLEIN: Ober die Wertheimer Mainfahre _ Jb. d. Vereins Alt-Wertheim (1927) 1 H. -Der oben dargelegten Auffassung kommt A. STOLZEL : Ein Karolinger Konigshof in tausendj ahriger Wandlung (Berlin 1919) 6-4 am nad15ten; F. NEBELTHAU: Die altesten und alteren Gebiiude Kassels (Kassel 1884) 8 und HOLTMEYER vertreten entgegengesetzte Ansichten.

Ein archaologischer Beweis fUr meine Vermutungen konnte bisher nicht erbracht werden . Bei einer im J.1955 vorgenommenen Grabung im Bereich des Ahnaberger Klosters bm in verfiiIltem Boden etwa 5 m unter der damaJigen Bodenoberflame ein mehr aJs 2 m starkes, kreuz und quer laufendes Mauerwerk zutage. das nicht mit Be· stimmtheit gedeutet werden konnte. Von den zahlreidten GeHiBsmerben gehorten die altesten dem 12. Jh . an (Zeitbestimmung: Dr. Bergmann-Kassel). Ein an gleicher Stelle gefundenes Bruchstudc eines aus gelblichem Sandstein gefertigten Kampferfrieses mit romanischem Schachbrettmuster mag aus der altesten Klosterkirche stammen. Die Masse der sonstigen Fundstudce wies auf die Zeit der Landgrafen Wilhelm IV .• Moritz und Friedrichs n. Es ist beabsichtigt, die Grabung wieder aufzunehmen. sobald die Beseiti· gung der im ehemaligen Klosterge1ande z. Zt. vorhandenen Bauten es ermoglicht.

Robert Fridericj

uher das Alter der StraGen ahhangen. welme dem hesonderen Samkenner iiherIassen hleiht. AIs Cassela angelegt wurde. durfte .. Ahnaberg" smon vorhanden gewesen sein. indessen sdteint das Dorf nimt zu ihren Pertinentien gehort zu haben. ob­wohl es zweifellos auf altem Reimsboden stand 34. Als Grundherr. welmer die ver­smiedenen Siedlungskerne zur villa Casle zusammensdtloG. wird Heinrim Raspe genannt (1143 )35.

Klosterbezirk

Heinrim Raspe gab seine vom Kaiser bestatigte Zustimmung, aIs gleichzeitig oder wenig spater einige der "Ahnaberger" Hintersassen (quidam pm.,peres j36 sim zu klosterlichem Lehen vereinigten und ihre Hofe fur Unterkunft und UnterhaIt der neuen Gemeinsmaft hergaben. Auf dem Boden dieser HOfe errimtete er dann zusammen mit seiner Mutter nom vor 1148 die Kirme und die anderen der Kloster­regel entspremenden Gehaude. Das Kloster stand also i m Dorf. damit aum in dem groGeren, neu zusammengefaBten Gemeinwesen Casle 37.

34 ledenfaUs erhob Kaufungen gegen die Griindung und Ausstauung des neuen Klosters Ahnaberg h ine Einwande, wahrend es urn die gleiche Zeit (und vielleimt gerade aus diesem AnlaB) nem Anspriime auf die eurtis und deren Zubehor bekundct zu haben scheint (EISENTRACERI-KRUC]: TerritoriaIgesch.36, bes. A 26a). In der Tat findet sich Kaufunger Altbesitz, soweit er auf dcm linken Fuldaufer lag und zu den Pertinentien der eurtis geredmet werden hnn, hauptsiimlich slid!. der Ahna. wiihrend Ahnaberg nord­lich des Flli8chens ausgestattet wurde und sich auch zunachst nam dieser Seite hin aus­dehnte (ElsENTRAcERI-KRuc] : Territorialgesch.18. A 55 und 43 /44 ). In diesem Zu­sammenhang bildet die Lage der Ortskirche ein besonderes Problem (vgl. o. S. 39/40). das vielleimt aus ihrer - wenn auch nur vorlibergehenden - Eigenschaft als Kloster­kirche sich ergab.

3S Ungedr. Bearbeitung der Congeries (LB Kassel Ms. Hass. 4° 114) = DILlCH : Chroniea (1617) 1.123. - A.hnlich wie hier ist das Zusammenwamsen der altesten Stadt auch friiher smen gesehen worden; viI. EISENTRACERI- KRUCJ: Territorialgesm. 61. - GORICH 3. a. 0 .. mit dessen Zeitansatz der hier angen ommene ungefahr libereinstimmt. Nam­traglich fand ich auch in BauNo J ACOBS nachgelassenen Mss. (AStK) eine gleimartige Vorstellung von dem geschichtlichen Verlauf.

36 1152 (Sch. Anh. l ): ... Heiurieus comes Hassle, ... iHves tir uram ecclesie iH Casse1e tam COHseusu regis Comadl quam Hosrra audltorirate HfOJlasterio beatisshne geHetrieis dei Marie, quod in eadem lam dicta villa pia quo r u H d a Jff p a u per u m extruxerat devoclo. ad u s u m {r at r u III et so r 0 r U If! ... eOHtradidit. Tall autem cOHdlcioHe halle fecit traditio Hem. ut {r a r res eiusdem Hlouasterli ... dlviHor"ffl procuracioHe eam proeurarem er quiequld uti/irarls iHde proveJl iret ad co m m u H e ffl If S If III {r a t r u HI et so r 0 rum dispeusoreHt ... Nos (Erzbischof Heinrich van Mainz) quoque ellfsdem In0I10-

ster;; {r a r r f bus . .. eOHeesslmus. ut quoslibet {ideIes Chrlsri de proviHcla lIla, qui pie expostularel1t, sepulrure apud se eommel1darellt. DaB die quldaJH pauperes, deren Rolle bi sher meist unbeachtet geblieben ist. ortsan­sassige . .. Ahnaberger". Hinters3ssen gewesen sind. ist freilidl nur eine - wenn aua.. naheliegende - Vermutung.

37 In der aIten. zunachst auf SCHMINKE: Kassel 28. weiterhin auf DILlCH : Chron. 11. 172 zuriickgehenden Behauptung. das Kloster habe an fangs au8erhalb der Stadt geJegen. steekt insofern ein richtiger Kern. als der Ahnaberg z. Zt. der Klostergrlindung nimt zu der umwehrten villa Cassele gehort haue. vielmehr erst jetzt in sie einbezogen wurde.

Tor I 1.'.

Der Lauf der Ahna (Ve rsuch elne Rekonstruktion ) I-la litemr Lauf. Ih spitmittel. lterlime Ableltune (1). 11 Ableituna: nu (7). III Ableituna: um un (7),

11111 Feltung'ilelinde

46 Robert Frlderl"

Das wird durdt die Angaben der Urkunden bestatigt. Im 1. 1152 wird sowohl das Kloster wie die Pfarrkircne am anderen Ende der spateren Stadt als i JI Cassele gelegen bezeichnet ; die gleiche Lagebezeichnung geben die nachstjiingeren Urkun~ den (11)4, 1160) " . Eindeutig heiSt es hundert lahre spater (1250)": ,innerhalb der Mauern def Stadt Kassel (i u f ra nlUros civitatis Casle), eine Ortsangabe. die in dieser oder abnlicber Form sowohl in lateinismen wie in deutschspradtigen Urkun­den die Regel wird.

Dagegen fahrt der StadtgrundriS, in dem sidt am 5iidbang des Ahnaberges ein hreiter GeHindestreifen aus der iibrigen Bebauung deutlidt herausheht. in die !ree. D ieser Streifen ist der weitere Klosterbezirk, nidtt eine alte, spater aufgegebene Wehrzone; selbstverstlindIim war er nam auBen durm Mauer oder Pfahlwerk ab~ gesmlossen. Weil er bis iiber die Mitte des 16. lahrhunderts der gewohnlichl."n Be~ bauung entzogen war, zeichnet er sich nom im spateren StadtgrundriB so deutlich ab. Hier - zwismen der Ahna im W. der StraBe im S uDd O. der Mauer des engeren Klosterbezirks im N - reihte sim an die Klostermiihle und das zu ihr gehorige Ge· haft der offene Kirchhof des Klosters an. Das ergibt sich aus dem Vergle im der folgenden Quellenangaben. Im 1. 1347 40 smlieBt das Kloster einen Vertrag rnit Hermann Kirchberg, gemliB dem Kirchbergs an anderer Stelle hefindliches Haus mit seinen Nebengebauden auf der Hofstatt des Klosters bei der Anemole wieder aufgebaut werden soUte. Die Lage dieser Miihle ist eindeutig bestimmt. da sie zweifellos mit der "alten OJtleymo!e U des J. 1605 4t identisch oder dom an deren Stelle zu sumen ist. Diese Ohleyrnole aber lag an der vorn Entenpfuhl zurn Zeug­hauseingang fiihrenden kleinen Gasse, die wahrscheinlich den urspriinglichen Lauf der Ahna in dieser Gegend andeutet. Der Hofstatt des Klosters, die auf der einen Seite an das MiihIengrundstiick grenzte, schloB sich auf der anderen Seite der Kirmhof an, denn die wiederaufgebauten ehemals Kirchbergschen Gehaude werden aIs by deme kyridthobe gelegen bezeugt 4! . Da nun der Kirchbof. wie sim aus der

38 Sdt. Anh . 2 (115. Mai 3). - Sdt. l (1160). 39 Sdt. Anh. 7 (12S0 Dez. S / 125"1 April 18). - Der Kasse1er Gesdtidltssdtreibung sind

Schwierigkeiten daraus entstanden, daB das Kl oster seit 12S0 zwar meist als ~Infra muros" , gelegentlidt aber audt aIs "illtra HlUros" liegend bezeidtnet wird. Nun werden aber - worauf bum besonders hingewiesen zu werden braudtt - im mittelalterlicben Latein Infra und illtra fast rege1ma8ig sinngleidt verwendet. Gerade der Wemsel zwismen beiden Prapositionen in den Kasse1er Urkunden zwismen 12S0 und 135"0 zeigt, da8 sie aum hier synonym gebraumt wurden; hltra (Sm. Anh. 11 / 13H Aug. 30) ist daher nicht als ,. Versmreibung" anzusehen. Eindeutig sagt dann der Landgraf im J. 1371: der probist des clostirs Anel1berg 111 ul1sfr aldenstat (czu cassele); iENNEP: Landsiedel­Recht (1768) Cod. prob. 781, Nr. 405.

40 Sch. 1110 (1347 Marz 9). 41 Hauserverzeichnis 160S (Abschr. AStK). - An der Ahna hatten nom um HOO ver­

smiedene Olmuhlen bestanden, die nimt simer zu lokalisieren sind. Es lal1t sidt daher audt nicbt mit Bestimmtheit behaupten. da8 die im J. H57 Dez. 4 (AStK) und im J. 15"68 (Kirchenbum der Altstadt. Gemde. StAM) erwahnten "alteu 01fleymUhlen" miteinander und mit der alten Klostermiihle identisch sind.

42 Riidcenvermerk d. 16. Jh . auf der Urkunde Sdt. 180 (vgl. A. 40).

Beltriige zur mittelalterUdu H Gesci1id!te der Stadt Kassel III

Oer Klosterbezirk (Versuch einer Rekonstruktion )

Bawn­

gaTten

Mtlhlen­

hot' Hof Ante­v41vam

47

Zusammenstellung einer Notiz der Kasseler Stadtrechnungen mit einer Handzeich­Dung des Landgrafen MoritZ .f.3 ergibt. an der Stelle des spateren KIosterplatzes zu sumen ist. folgten um die Mitte des 14. Iahrhunderts oberhalb (nordlidt) der groBen StroBe die drei KlostergrundstUcke MUhle, Klosterhol, Kirmhol von W nam o aufeinander. Die AHelHoie wurde als Klostermiihle wahrscheinlidt mit dem Kloster zusammen oder bald namher gebaut. gleichzeitig wahrsmeinlich aum der Kirchhof eingeridltet. wohl infolge der Verleihung des Begrabnisrechtes an die Monche (1152)38. Zuerst erwahnt wird der offene Kirchhof (cimiterium) im Gegen­satz zu der Begrabnisstatte im Kreuzgang (ambtws) im J. 1323 44, weitere Urkun­den des 14 .• 15. und 16. Jahrhunderts setzen das Vorhandensein dnes offenen Kirchhofs auBerhalb der Klausur voraus. Gesmlossen wurde er vor 1530. als aum die anderen Kircbhofe innerhalb der Stadt beseitigt wurden. Eine Verordnung Landgraf Philipps aus diesem Iahre. daB auf oder neben dem Ahnaberger Kirdthof

H Handzeidmung des Ldgr. Moritz (1623). HOLTMEYER Atlas I. TafeI 86. 1 (Original sdteint verloren). - CStR 246. 187. - Hierher gehort wohl audt die Nachrimt von dem groBen Holzvorrat .. Im A.menberge aH zweieH Orten" (15'14; Inventarium der Arti1lerie Pbilipps d. Gr. hrsg. v. SCHWANK ..... ZHG 26.1891. 51) und die weitere. daB im J. 1618 das Ho1z zum Bau des Schutzenhauses .. dllS dem Kloster getrageH wurde" O. GUMPELL :

Gesm. des Smutzenvereins zu CasseI. 1908. 20) . .. Sm. 106 (1323 Nov. 2).

48 Robert Friderici

niemand Zll nabe bauen 5011e 45, deutet auE die SmlieBung hin; auch diese Anord­Dung 1st nur unter der Voraussetzung verstandlidJ, daB es sich urn einen auBerhalb der Klostergehaude gelegenen Platz handelt. Etwa seit der Mitre des 16. 1ahrhun­derts wurden die zwei oder drei genannten Grundstucke anderweitig verwendet. Die Miihle war nam Aufhebung des Klosters nimt mehe notwendig; gleidlZeitig wurde ihe infoIge def verstarkten Ableitung im Festungsbereidt das Wasser ver­knappt, spater durch die Umlegung des Ahnabettes he im Zeughausbau dann gaoz eotzegen. Sie muB daher spatestens urn 1580 stillgelegt sein; faUs die Erwahnung einer "alten Ohleymiihle" im J. 1557 auf diese MiihIe Zll bezieben ist. lag sie sdton damals still"1.

Ober den Nordrand der GrundstUcke. unmittelbar vor den Klostergcbaudcn entlang. liihrte die von Landgral Moritz angelegte We i 6 e G a ss e (Zeu~haus­straSc). weldte die his dabin nom stehenden Mauern dieses auSeren Klosterhezirks durdthradt. Vielleimt in Verbindung mit dieser Anlage entstand auf dem MUblen­gelande und auf dem angrenzenden Klosterbof der spater hier vorhandene Hiiuser­block. Auf dem sUdlidten Streifen des alten Klosterhofs stehen die .. Neuen Hiiuser­dun belm Almaberg", die IS53/ S4 zuerst erwabnt werden 46 • Es sind die fUnf Hiiuser am Rande des Klosterplatzes. die Landgraf Friedrich 11. abreiSen und an anderer Stelle wieder aufbauen lassen wollte: sein Plan wurde nidtt verwirklidtt, da man sim mit den Besitzern, die trotz der Baufalligkeit ihrer Hauser erheblidte Preise forderten, nicht einigen konnte 47• So standen die Hauser - oder Neubauten an ihrer Statt - his zum Jahre 1943 . Der zwismen der neuen Hauserreihe und der Wei6en Gasse (Zeughausstra6e) iibriggebliebene Teil des alten Kirchhols diente zunadtst als .. holzerner Werkplatz" (Zimmerplatz). Er war planiert uDd im SUden mit einer StUtzmauer versehen: an ihren beiden Enden fUhrten Treppen zu der sehmalen Gasse zwismen StUtzmauer und Hauserreihe hinunter 43• Landgraf Friedrim 11. lieS den Platz, der nach seiner im alren KIoster einquartierten Reitertruppe vorUbergehend (his 1791 ) Garde-du-Corps-Platz hieS, neu einebnen, ummauern und mit Biiumen hepflanzen. Die "Neuen Hauserdten" trennten die StraBe "Vor dem Ahna­be r g" (KlosterstraBe) von dem aIten Kirmhof. an dessen Mauer sie im Mittel­alter entlanglief. Sie war ursprUnglich daher nur auf der Sildseite hebaut gewesen. Hier standen vielleimt die Hauser, mit denen Landgraf Hermann im J. 138S das Kloster fUr den Verlust entschadigte, den es beim Bau des Ahnagrahens an anderer Stelle erlitten hatte 48•

15 Zit . nam H O LTMEYER HO. 16 CStR 212,19; 247,189 . - Sie sind auf der Handzeidmung des Landgrafen Moritz

(0. A. ·B) gut zu erkennen. 47 StAM S. 11902. 18 Sm. 301 (13 85 Apr. 16). - Man konnte die Hauser aum an der Ostseite der alten Stra!e

gegeniiber der Ostfront des alten, kleineren Klosters suchen. Dann wiirde sim die Ver­groSerung des Klosters und die Versmiebung der StnSe eben aus der Einbeziehung dieser vom Landgrafen geschenkten Hofe in den Klosterbezirk erkHiren. Was das Kloster nam N zu durch die Anlage des Grabens verlor. wurde ihm nam 0 zu, unmittelbar an seinen Bezirk anschlieBend, ersetzt .

Btitrlfge zu r mltulalterlidul1. Geschlchte der Stadt Kassd 11l .0

Klostereigentum im .. Ahnabogen"

Siidlidt vor dem Streifen des erweiterten Klosterbezirks erstreckte sidt der Besitz. den H einric h Raspe nadt der kaiserlimen Bestatigung vom 3. Mai 1154 den Nonnen zur NutznieGung ubergeben hatte 4" . .. Klostergut war also einmal der gesamte. allerdings n imt sehr groGe Bezirk auf dem linken Ufer der Ahna . .. " scblossen BRUNN ER :10 und andere vor und nam ihm aus dieser Urkundenstelle, deren Interpretation man durdt die oben genannte rote Unie in W ESSELS Plan bestatigt fand. Idt halte BRUNNERS Folgerungen fur unberec:btigt. Sie werden senoD durdt die Erwagung widerraten, da8 die in der Urkunde bestatigte Scbenkung ausdrucklic:b nur den Non n e n gaIt und ihnen offenbar einen gewissen Ausgleich bieten sollte filr das den M o n c hen zwei Jahre varher gewahrte ius sepeliel1.di. Da der Ertrag dieses Remtes urn die Mitte des 12. Iahrhunderts nimt sehr erheblich geweseD sein kann. wird man sich sdton deswegen die loea iuxta fluvium Ana slta nidtt zu umfangreidt vorstellen durfen ~I .

Aber auch die Ausdeutung der Urkundenstelle selbst sdteint mir durch den vorliegendeo Wortlaut nimt geremtfertigt. Er besagt nur. daB GeHinde (loea) an (iuxta) deT Ahoa vom oberen Eode des Klosters (d. i. vom Ahnaknie) an his zur MUndung des Flusses in die Fulda den Ahnaberger NODnen ubergeben worden sei. Die Frage. ob cin zusammeohangender Gelandestreifen gemeint war oder Einzel~ grundstiidce. bleibt unentscnieden. ehenso die weitere, oh das vergabte Gelande auf beiden Ufern zu sudten ist oder nur auf einem, in diesem Falle auf weldtem. Da das tider gelegene redtte Ufer wahrsmeinlidt wegen seiner Beschaffenheit his in die Neuzeit hinein unbehaut war !". dilrfte die Untersudtung auf das Hnke Ufer %U besdlCanken sein. DaB aber mit loea hier Einzelgrundstiieke , und %War un h e b aut e Einzelgrundstiicke, gemeint sind. smeint mir aus dem betonten Gegensatz zu den alia loea aedi!ietfs occupata IU folgern ; mit diesen Worten sind

49 Sch. Anh. 2 (1151 Mai 3). F r i e d r i e h Barb a r 0 ss a bestatigt die Scbenkung de. Grafen Heinric:h Raspe: ... comes Heil1.rlcus de Uvddel1esb erch cogl1.omil1.e Rasbo ceisttudil1.em nostraHI deprecatus est, ut ... 10 c a a pre{ato Heinrico eldem ecc1eslr cOl1.tradita que scilicet a superlorl pArte elusde," eec1esle luxtl! {JuvluHt Ana slta usque ad Ingressum eiusdem flumlnls 111. YuldAm descendul1.t. l1.ec 11.0H alia l oea rdlflclis occupatA et ad {ll1.em vOir usque tel1.del1.tla 111. usus so r 0 r u Ht ilIAruH • ... deservlre concedereHtus . .. Die oben abgelehnte Annahme wiru besonders von BRU NNER (Cassel 10) und HOLTMEYER (35/ 36) vertreten. denen W. GORICH (ZHG .4, 1053, 13, A. 70) !o]gt.

5'0 BRUNNER : Casse} 10. - Die von Br. angefiihrte Akte StAM MStS 829 ist z. Zt. im StAM nic:ht auf6ndbar.

SI Mendle und Nonnen des Ktosters Ahnaberg waren. wie aucb in anderen Klestem . ver· 5cbiedene Rec:htspersonen. Scbenkungen. die beiden T eilen zugute kommen sollen. wer· den ausdriidc.lidt entsprecbend bezeidl net. z. B. Sdl. 1 u. Sch. 1 (Kragenhof). Wenn daher im J. 1154 nur Nonnen erwahnt werden. so ist das kein Beweis damr, daB damals dort nur Nonnen verhanden gewesen seien. Erst die Verleihung des Remtes der freien Propst· wahl an die Nonnen 1181 (Sch. 5' ) zeigt. daB Ahnaberg nun hin Doppdkloster mehr ist. Die Einrichtung der KJausur 1219 (W. DERSCH : Hess . Klosterbucb, 1(1910)93) hat damit nichu zu tun (anders GORICH a. a . O. 216).

4 ZHG 69

50 Robert Frlderlcl

offenbar be b aut e Einzelgrundstiicke (Hofe) bezeichnet. Gegenstand der Ober­Iassung war also m. E. nimt cin zusammenhangender Gelandestreifen. nom weniger def gesamte Komplex innerhalb des Ahnabogens, sondern einzelne GrundstUcke in dem hier nam meiner Vermutung bereits vorhandenen landgrafljchen Dorfchen. Ih re Lage an der Ahna war wegen def Wasserversorgung ciD besonderer VOTZUg. Grenzen gibt die Urkunde nimt an: Es waren die Grenzen des Dorfes selbst. welcbe den Empfangerinnen bekannt wareD. Ware geschlossener Grundbesitz gemeint. so ware das Fehlen der Grenzbestimmung auffallend. Selbst wenn man das ilfxra fluvhuu AHa sita als solme auffassen konnte, bliehe die Ostgrenze unbestimmt; hier stillschweigend oder ausdrticklkn die Fulda einzusetzen, ist duren die Urkunde jedenfalls nient gereentfertigt. Ebenso unbereentigt ist es, Wessels rote Unie als alte Gebietsgrenze anzusehen. Zwar ist die Bedeutung der Linie unsicrJer, sie kann aber. wie ien glaube, fruhestens auf die Abmaenungen des lahres 1469 52

zwisenen dem Landgrafen und Kloster Ahnaberg zuruckgehen. Aus diesen ergibt sien einwandfrei. daB die "Pfarrleute binnen der Ahne" bisher - wie selbstverstand­lien - zur Altstadter Pfarrkirme gehorten, nun aber einen besonderen, der Klosterkirme zustandigen Sprengel bilden soUten. Vielleient hat diese erst aus dem gegebenen AnlaS Pfarredue erhalten. Wenn aum, wie man wohl mit Remt an­nimmt, die Abmaenungen von 1469 "imt in vollem Umfang in Kraft traten, so muS dom die Sprengeleinteilung Bestand gehabt haben; sonst hatte die Namricht keinen Sinn, daB der Ahnaberger Sprengel im J. 1527 der Altstadter Pfarrkirche zugeschla­gen worden sei 53. ledenfalls: WESSELS rote Linie ist fur die Klarstellung der im J.1154 geschaffenen Bezirksverhaltn isse bedeutungslos. AuGer der kaiserlichen Urkunde und WESSELS .. roter Unie" benutzte BRUNNER zur Stutze seiner Behaup­tung aum die Feststellung, daB im Ahnabogen .. der Konvent, bzw. der nam der Sakularisation als Remtsnamfolger auftretende Staat, allein den Grundzins von den Hausern zu fordern" gehabt habe. Diese Behauptung, deren Grundlage nimt namgepruft werden kann, wird durm Salbumer und Kataster des 16.-19. Jahr­hunderts in kciner Weise bestatigt. Nach diesen Quellen haben inncrhalb des sog. Ahnabogens, wie audt sonst in der Stadt, mehrere Hauser (nimt allel) Grundzins in die ftirstlidte Renterei entrichtet; ihre Zahl ist aber nimt groBer, eher kleiner als in den anderen Stadtteilen. Aber selbst wenn man BRUNNERS Behauptung als zutreffend gelten lassen k6nnte, lieSe sim daraus, daB im 17.1ahrhundert der Grundzins an die landgraflidle Renterei zu zahlen war. nicht folgern . daB der Staat hier als Reentsnamfolger des Klosters auftrat. der eigentlim Empfangsberedl­tigte also der Konvent gewesen ware. Ursprtingli<h war wohl der ganze Ahnabogen,

52 1469 Dez.24 (Sch. 458). In den Verhandlungen Landgraf Ludwigs 11. mit Kloster Abnaberg betr. Umtausch der PEarrlc.irche in Kassel samt ihren Pfarrleuten gegen die Pfarrkirche zu Grebenstein wurden die .Pfarrleute blHlleJj der Alme" ausdriicklich zu­gunsten des Klosters ausgenommen (vgl. FRIDERICI: Beitrage 1-+ ZHG 65/66. 1954/ 55. 54). CUSSEN: Die kirchl. Organisation Althessens im MA (1929) 178 will aus der Stelle umgekehrt herauslesen. daB die Leute binnen der Ahne .. vielleicht schon friih" von der Stadtkirche getrennt worden seien.

51 CLASSEN 178 A.

Beitrage ZlIr utitrd alterlldlell Geschichre der Stadr Kasse1 III 51

wie der Stadtgrund als alter Konigsboden uberhaupt. landgrafIimes Eigentum; fUr die Freiheit ist das ausdriicklim bezeugt. Wo daher in neuerer Zeit Grundzins in die Renterei flieat. kann es sidt ebensogut urn ursprunglim landgraflimes Eigentum handeln. wie urn ehemaligen Klosterbesitz. dessen Sakularisation die Anspriiche des Landesherren neu oder wieder begriindet hatte. ganz abgesehen von anderen Moglimkeiten der Begriindung des landgraflimen Zinsansprucns. Auch im Ahnabogen konnte daher aus Rentzins (wie die Kataster kurzweg sagen) in keinem Fall ohne weiteres auf friiheres Klostereigentum geschlossen werden.

Umgekehrt steht es mit den stadtismen Diensten und Abgaben. Burgwerk. GeschoG U.3. Auf Wunsm Landgraf Ottos befreiten Rat und Biirgersc:haft der Altstadt Besitzungen und Einkiinfte des Klosters Ahnabcrg Intra oppidum seu in termifds ab oHmf coHtributiolH~, servfcio civitatis et ab oum; exactiouis geHere fur ewige Zeiten (perpetualiter). soweit sie vcr dem Regierungsantritt Ortas in Gesamthessen (1311 Jan.) bereits Eigentum des K10sters gewesen waren ~". Danam hatten samtlic:he Grundstiicke im Ahnabogen von Leistungen und Abgaben an die Stadt fret sein mussen. wenn der ganze Bezirk bereits 1 H 4 Klostereigentum gewe­sen ware. Namweislic:h ist das keineswegs der Fall. da aum nom viel spater Grundstiicke in dieser Gegend ausdriicklic:h gefreit wurden 6~. Man wird also als Urbesitz des Klosters alien falls vielleicht die Hofstdlen ansprechen konneo. die ohoe nahere ADgaben als frei bezeimnet werdeD. Das wird man woh! urn so eher duden. als se it 133 7 Klostern und Ordenspersonen der Erwerb von Grundeigentum oder Renten innerhalb der Mauern und der Zehntgrenzen der Stadte Kassel iiberhaupt verboten war 6e. Mag dies Verbot spater auc:h gelegentlic:h umgangen worden sein, so laSt es doch den Schlu8 zu. da8 wenigstens die meisten Hofe. die spater hier im Besitz des Klosrers waren. bereits vor 1337 Klostereigentum gewe­sen sind.

Da also die Zahlung von Grundzins in die fiirstlic:he Rentkammer kein beweis­kraftiges Argument fiir Eigentum des Klosters ergibt. andererseits die Belastung der Hofstatten mit stadtismen Abgaben aum im Ahnabogen die Regel ist. kann nidlt der gesamte Grund und BodeD an dieser StelIe vor 1311 Klostergut gewesen sein; spatere Neuerwerbung aber war durch das Verbot von 1337 auf Ausnahmen beschrankt. Man wird daher aus den im spateren 14. Jahrhundert namweisbaren Eigentumsverhaltnissen im groBen und ganzen auf den zweihundert Jahre vorher begriindeten Remtszustand sc:hlieBen konnen.

Slidlich des Ahnaknies (nordwestl. Ecke des Klosters) 109 sich zunachst der Baumgarten des K10sters an der Ahna hin , der sich etwa bis zum oben lokaHsierten Miihlenhof (s. S. 46) erstreckte. Auf diesen folgten ahnaabwiirts. vielleicht bis rur GroBen Steinbriicke. einige Hafe. die mit gewisser Wahrsc:heinHc:hkeit als Kloster­besitz angespromen werden konnen. Allenfalls auf dieser Strecke also ware ein

54 Sen. Anh . 11 (1315 Aug. 30). Fur Guter. die nam dem Stimtag erworben word en waren, wurden Propst und Konvent auf das Entgegenkommen (gracla) der Burgerschaft ver­

wiesen. 55 Sdt. 224/ 225 (1358 Juni 21). - Sdt. 301 (1385 Apr. 16). 56 Landgraf Heinrim 11. 1337 Dez. 5 (AStK).

,.

52 Robert Friderici

zusammenhangender Streifen Klosterbesitzes zu vermuten :17. Senst ist im Ahna­bogen aum landgraflicbes uDd stadtisdles Eigentum simer bezeugt. fm lahre 1385 z. B. smenkt der Landgraf dem Konvent zwei Hafe gegenuber dem Kloster, deren Eigentumer er also his dahin gewesen sein muB "8, Auf Stadtgrund stand dagegen die Fleischhauergasse 68, insbesondere wahrsmeinHch auch das Grundstuck in dieser Gasse. auf dem im laMe 1262 die Karmeliter ihre Kasseler Niederlassung begrundeten. DaB es jedenfalls nidlt Ahnaberger Eigentum war. kann als sidter angenommen weeden; spater, als die Bruder dies Haus gegen ein anderes in der Nahe ihres Klosters vertausdtten. war am VertragsabschluB nur der Landgraf uDd die Altstadt beteiligt, nidtt das Ahnaberger Kloster.

lm 14. Jahrhundert war also nam allem das Kloster im Bezirk des Ahnabogens keineswegs alleiniger Grundeigentiimer. Da aber das Klostergut zwisdtea 11)4 und 1337 eher vermehrt als vermindert sein diirfte, sdteint der RiicksdtluB von den Verhaltnissen des 14.1ahrhunderts auf den zweihundert Jahre vorher durdt Heinridt Raspe begriindeten Klosterbesitz unbedenklidt , also die Annahme gerecht­fertigt, daB das Kloster von Anfang an im Ahnabogen nur Streubesitz gehabt hat. Damit ist audt auf dies em Wege das bereits aus der Interpretation der Urkunde van 1154 gewonnene Ergebnis gesichett.

Einwohner ... Uraltes" Judenviertel7

Da8 sidt in der Fleischhauergasse audt J u den ansiedelten, ist nidtt auffallend uDd kein Hinweis auf alte Eigentumsverhaltnisse (Klosterboden l). Wegen des von ihnen neben dem Geldgesmiift betriebenen Vieh- und Fleismhandels haben die luden aum in anderen Stadten (Frankfurt. Ge1nhausen u. a.) die Nahe der Fleismer und Lower gesumt. Wann die ersten Juden nam Kassel gekommen sind, ist bisher unbekannt. Vor 1360 ist hier kein lude bezeugt. Vielleimt waren es Fliichtlinge aus Frankfurt, die nach der zweiten gro8en Frankfurter ludensdtlacht (1349) nach Kassel auswanderten; daB im Jahre 1360 ein lude aus Kassel unter den amt Neu· griindern der Frankfurter ludengemeinde genannt wird , konnte darauf hindeuten 50 .

Die Wahrungsmanipulationen Landgraf Hermanns und seine Geldgesmafte gerade mit den Frankfurter luden mogen ihn veranlaBt haben, die Ansiedlung von luden in Kassel IU begiinstigen eo, die nam dem Wenigen, was sich bisher ermitteIn lieS, kaum vor def Mitte des 14. Jahrhunderts erfolgt ist. Die ludensdtule wird im

57 Trotz der einsmrankenden Bedenken (0. S. 51 ) ist es erwiihnenswert, daB gerade gegen· uber dem Zeughaus , van den 12 Hausern des Quartiers, das nam meiner Vermutung auf dem Boden der KlostermuhJe uDd des zugehorigen Hofes seit etwa 1550 entstanden war, sems z. T. an einander grenzende Grundzins in die Renterei zahJten (Lager·, Studc· u. Steuerbum 1767 ).

58 StAM Hessen·Cass. Generalrep. 1376 Mail : Burgenneister und Rat der Altstadt ver· kaufen an Einwohner der FJeischhauergasse ein Grundstudc in dieser Gasse.

59 HALLO : Gesch. d. Hid. Gemeinde Kasse1 (1931) 10. 60 Ober GeJdgesc:niifte des stets in Geldnot be6ndHmen Landgrafen Hennann 11. Vgl. F.

KOCH : Quellen z. Recbtsgesm. d. Stadt Marburg J (1918) 51, 128 , H2, H9. - Wah· rungsmanipuJationen : ZHG 21. 249. - Vgl. aum W. ZU,IMERM ANN : Der Okonom. Staat Landgraf Wilhelms IV. (1933) 350.

Beltrage zur mittdalterlfcheH GesdddJu der Stadt Kassd III 53

Jahre 1398 (Dez. 15) zum ersten Male genannt; erst im 15.1ahrhundert tausmte die Fleismhauergasse ihren alten Namen gegen den Namen ludengasse«u. ]n keiner der Kasseler Stadtredttsbestirnmungen ist einer bestehenden oder aum nur erwarteten Ansiedlung von Juden Rechnung getragen, wie es sonst in zahlreichen Stadtremtsurkunden gesmehen ist 62• DaB die Iudengasse vollends eine nach auBen abgesperrte, geschlossene ludensiedlung beherbergt habe, ist durm nkhts bewiesen oder nur wahrsmeinlich gemacht; ein Ghetto hat es m. E. in Kassel niemals gegeben 63.

Von der Fleischhauergasse zweigte kurz hinter dem Ahnaiibergang die Lower­gasse 64 ab, deren spater volkstiimlicher Name Fliegengasse skh aus den hier und in der Fleischhauergasse betriebenen Gewerben hinreichend erklart. In beiden Gassen war der Sitz beruflich rniteinander verbundener Gewerbe, der Fleischer und der Lower, welche mit den Sdmstern eine Zunft bildeten. Das Gildehaus dieser Zunft lag spater 65 in der Fahrt nam dem Zeughaus. an einer SteUe also, die, wie idt glaube. erst nam der Sakularisation fur die allgemeine Bebauung offen war. Es liegt nimt fern, seine fruhere Lage in der Lowergasse zu vermuten. vielleidtt in der Nahe des Metzgergildehauses. das sich auf der Spitze zwischen der Fleischhauer­uDd der Lowergasse befand 65.

Unter den aus dem spateren Mittelalter hekannten zahlreidten Namen van Einwohnern des Ahnaberger AltstadtvierteIs ist kaum ein Name einer der AIt­kasseler Patrizierfamilien zu finden. Keiner ihrer Reprasentanten, welche in den PrazeB von 1391 verwickelt waren, scheint hi er ansassig gewesen zu sein 66. Von Handwerkern werden Fleismhauer, Lower, Schuster, auch ein Kurschner (1) und ein Messerschmied genannt; die Nachrichten sind jedom in dieser Beziehung fur das 14. und 15. Jahrhundert besonders dGrftig.

61 Die Judensdtule wird 1398 Dez. 5 (Sch. 323) - nicht 1318 - zuerst genannt. die Juden­gasse 1455 Aug. 16 (Sdt. 433 ). Die Jahreszahl1318, die idt se1bst im Hess. Stadtebuch (1957) 283, 1. Sp. iibernommen habe. hat sich mir inzwismen als Drudcfehler bei 5TCkzEL : Konigshof 101 herausgestellt ; NEBELTHAU (ZHG 13.73), auf den ST5LZEL sidt beruft, hat das Ridttige. - Die Darstel1ungen der altesten Geschichte der Kasseler Juden bei STClLZEL: Konigshof 94 und HOLTMEYER. 367. denen GOR.ICH a. a. O . folgt. halte ich rur unzutreffend; wesentlich vorsichtiger: HALLO : Hid. Gemde. 107. - Die ;udea dicta RechellH in der 2. Halfte des 13. Jh. ist ein Sonderfal1. dessen AnlaS STOLZEL: Konigshof 100 vielleidtt richtig verrnutet. - Ohne jede Beweiskraft 1st die Urkunden­notiz iiber einen .. mollgartflelf" oder .. moleHhab", den .. die VOH Kassel" den .. /uddeH­kl:-chhoff He~lI1eH wolleH" (Sch. 54311 519 Apr. 18 .-545 I ohne Dat.).

62 H. GENGLER : Deutsche 5tadtrechte des MA (Erlangen 1852) pass. 63 Ebenso wenig erwiesen oder nur wahrscheinlich gemacht ist das andere angeblich .. hoch­

mittelalterliche" Judenquartier "Hinter dem Judenbrunnen" . Der Gassenname ist jungen Datums und geht auf eine bekannte. im 17. Jh. hier ansassige Judenfamilie zuriick. Nidtt die geringste Spur weist auf altere Zeit. Der Geschicbte dieses nJudenviertels" wie liber­haupt der Geschidtte der Kasseler Juden kann hier nidtt namgegangen werden.

64 50 ist in dem verlorenen Original des Hauserverzeichnisses von 1605 zweifell05 zu lesen. nimt Bevergasse (HOLTMEYER).

65 Hauserverzeichnis 1605. 66 Die Wohnsitze der meisten sind bekannt; sie lagen in der Heyergasse (Wildemanns­

gasse). am Markt und in dessen Nadtbarschaft.

54 Robert Frlderlcl

Das Kloster

Qber den Hofen des Dorfes im Tal uod am Hang erhob sim das Geviert der Klosterbauten in ahnlich beherrsmender Lage wie spater das konkurrierende Kar­meliterkloster auf der Anhohe jenseits des Marktes. Von der Baugeschichte des Klosters Ahnaberg is t wenig bekannt 81• DaB irgendwann die ursprunglkh kleinere Anlage nach 0 erweitert UDd MaueT. Stadttor uod StraBe entspremend hinaus­gertickt wurdeD, scheint aus dem Grundril3 abzulesen. Aber die Bestimmung der ein­zelnen. auf spateD PHinen erkennharen Gebaude ist unsicher. strittig insbesondere die Lage der Kircne. die man nur allS spateren Zeugnissen Zll ersdtlieBen versuch.en kann. Die mittelalterliche Klosterkirche (wohl nom die bei deT Griindung erbaute) fiel wahrsmeinlim mit den anderen Hauptgebauden dem limbau der Klosteranlage rum Opfer. der nom kurz vor def Reformation in AngriH genom men. aber nimt mehr zu Ende geftihrt wurde. Smon filr seine Fortftihrung nam 1512 fehlen alle Zeugnisse. In diesem lahre wurde das groBe Steinhaus an der Nordfront des Klosters fertiggestellt, das bis 1879/ 80 gestanden hat. Uber Abbruch, Neubau und Neuweihe der Kirche jedom enthalt keine Quelle aum nur eine Andeutung. OHenbar war sie vor der Reformation abgerissen. h interher aber infolge der Auf­hebung des Klosters und ihres Kirmsprengels liberfliissig und nimt wieder aufgebaut worden. Bei dem Fehlen smriftlimer Quellen liber ihre Lage gewinnt die alteste bildlime Darstellung, die sdton dem 1.1541 88 entstammt, den Wert einer authen­

tismen Aussage. Sie zeigt eine nam W und 0 durm Nebengebaude, nam N durm .das unverkennbare Steinhaus abgesdtlossene Anlage; nam S dagegen ist diese liberrasmenderweise oHen - ein Zustand, weldter dem mittelalterlimen Aussehen wohl kaum entsprechen kann. Die bildliche Darstellung wird aber gerechtfertigt durch die T atsache, daB die Klosteranlage an dieser Stelle erst durch den Neubau Landgraf Wilhelms IV. wieder geschlossen wurde (1568)". Da das groBe Steinhaus an der N-Seite unmoglich als Kirme angespromen werden kann, ist die Vermutung begrilndet. daB die auf dem Plan von 1541 simtbare Bauliicke die Stelle der mittel­alterlicnen Kirme bezeimnet. Hier im Slag diese sicnerer als an der Nordfront. wo eine der am me is ten gefahrdeten Stellen def Stadtumwehrung war. Aum war der Zugang zum Gotteshaus filr die Laien nur durch die Klausur moglim. wenn es sim im N befand. Stand es an der S-Seite. so fiihrte der Weg der Laien, wie bei den anderen Kirmen der Stadt, uber den oHenen Kircnhof zum HauptportaI. das dann in def Mitte der einen Langseite zu sumen ist. Die Abweidtung von dem iiblimen Schema, nam dem sim die Klausur der Kirme s il d lie h vorlegt, ist in diesem Falle gelandebedingt.

67 H OLTMEYER bes. H8 ff.. wo das Notige gesagt, auch die Streitfrage betr. die Lage der Kirdle erortert ist (134). H OLTMEYER gibt. m. E. mit Unrecht, den Darstellungen von DILICH u. M ERIAN den Vorzug gegeniiber der von MULLER.

68 Plan von MULLER. Vgl. Abb. 69 FRIDERICI : Beitrage Il -+ ZHG 67 (19 56) 108. A. 5.

Beitrdge zur mlttdalterliOteH GesOtIChte der Stadt Kassel III

Ahnaberger Tor und Kloster Ahnaberg v o n N gesehen Aumhnitt IUS dem Plan von M. Mnller. lS47 (AStK)

Befestigung

55

Das neue Gemeinwesen, das fm J. 11S2 nom als villa 'hezeimnet wird, umfaSte eine Flame von etwa 11,2 ha 70. Seine heiden Pole waren der Ahnaberg mit .. Dorf" und Kloster im N uod die Pfarrkirme (wahrsdteinlich mit landesherrlimer Burg in unmittelbarer Nahe) im S. Durch die neue Befestigung wurde die alte Umwehrung der civitas CassaluH nicht unbetrachtlich erweiterti die spatere Alt~ stadt erhielt damit vielleimt smon jetzt den Umfang, der dann 200 lahre lang. bis zur Begriindung der Freiheit. unverandert geblieben ist. Die Befestigung. deren Nordtor am Ende der Heyer~(Wildemanns-)gasse vor dem ,Brink stand. setzte sich etwa von der Mitte des spateren Topfenmarktes aus als K10stermauer nadt N fort bis zum Ahnaknie; sie umgriff den damals nom engeren Klosterhezirk his zu dessen SO-Edce. Hier. etwa da. wo die Fliegengasse auf die StraSe vor dem Ahna­berg Iraf. dfirfte das altere Wollsanger (Ahnabergerl Toe zu suchen sein. neben dem im Anfang des 14.1ahrhunderts der Hof Ante valvam zu sumen .ist 6o• In­folge der Eeweiterung des Klostees nach O. die vielleicht mit dee Ableitung dee Ahn'a (138S) im Zusammenhang steht 48, wurde die StraBe nam 0 verlegt. der Hof, der inzwisdten Klostereigentum geworden war. in die Befestigung einbezogen und das Tor nach NO. an seine spatere Stelle. hinausgeschoben. Von dieser Stelle aus lid die Mauer am Hang des Ahnaberges, ein Stiidc we it oherhalb des Ufer-

70 Beredmungen des liegenschaftsamtes der Stadt KasseI. - Ober Stadtumfang und Stadt-ausdehnung s. PLANITZ : Die Deutsche Stadt am Mittelalter (1954) 198 ff. Hier wird der Umfang der Kasseler Altstadt mit nur 10 ha angegeben. wahrscheinlich weil das Ahna­berggeHinde nicht eingerechnet ist (302).

56 Robert Frider/cJ

streifens. der samt der Grabe mole auSerhalb blieb. zur alten Ahnamiindung uod tra£ jenseits des Wassers an unbestimmter Stelle mit dem alteren Wehrbering ZU~ sammen. Nam Griindung der Freiheit errei'chte dert" Befestigung am Ahnaknie die alte Klostermauer; an der Nahtstelle sudtt man den Knickturm. Der alte. nun innerhalb def Deuen Umwehrung gelegene Teil der Altstadtmauer blieb erhalteD. Man hieIt ihn zunadtst wahrsmeinlidt deswegen nicht fur iiberfiiissig, weil die neue Freiheiter Befestigung uher den sumpfigen Ahnagrund hinweg nur durch Pallisaden­week fortgesetzt weeden konnte. wie das in entsprechend schwierigem Gelande aum anderwarts gesdtah 71 , Aber sogar nom im 16. lahrhundert, als das alte Mauerstiid< samt dem Knickturm dem Zeughausbau weimen muSte. blieben Wan und Mauer an der Westseite des Ahnagrundes bestehen, oder wurden sogar neu errichter, ob­wohl die geHihrdete SreBe inzwismen durch den vorgelagerten starken Befestigungs­zug des Landgrafen Philipp geniigend gesidtert war 72.

Bis zum vol1igen Ausbau der neueo Umwehrung muB lange Zeit vergangen sein: Aum in Kassel smeint man, wie iiblidl 73, mit def Anlage der Graben begonnen .Ill

haben. Sie waren im lahre 1345 vorhanden. dem Fortgang des Werkes waren abeT die Zeitverhi:i1tnisse denkbar ungiinstig. Erst gegen Eode des 14. 1ahrhunderts weisen gewisse Spuren auf verstarkte Bautatigkeit. vollendet diirfte die neue Mauer kaum vcr 1415 gewesen sein. Auf diese Zeit jedenfaIls deuten die fUr Tore uDd Tiirme vorliegenden Angaben 73.

Das GeHinde zwischen den Stadtmauern gehorte zur Almende der Altstadt ; der stidliche T eH davon war dem Kloster Ahnaberg verpachtet 74 .

71 GENGLEK : Deutsm e Stadtrechts-Alterthiimer (Erlangen 1882) 6. - HOLTMEYER 72 A 3.­

Plan von MULLER (15'47). der freilich gerade an dieser Stelle besonders smwer zu deuten ist .

72 Plane von WESSH 1673 . ROTH 1736 (HOLTMEYEIl. Atlas 1. Tafel12. Original vemidttet), WASSEIlHUHN 1766. - Altere Freiheiter Mauer b. D1 LICH : Ritterspiel (159 8).

73 GENGLER : Stadtremts-Alterthumer 23 . - Fur das Vorhandensein des Grabens im lahre 1H5 s. KUCHENBECKEIl : Anal. Hass. IV. 28] (StAM Hessen-Cass. Generalrep. 1345 Apr. 17): .. . agros l1 os tros extra libertateHf i n Cassel circultf fossa ta ... oppidaltfs conruliHfus .. . - 13 54 stedcte der Bau offenbar nom in den Anfangen ; der Landgraf remnete damaIs mit einer Bauzeit von wenigstens nom 17 Jahren (1354 Juli 1 AStK ; Congeries ~ ZHG 7. 324) . - Die Daten fUr Tore und Tiirme weisen in das H. Jh . Das Molhuser Tor heiBt 1404 Mai 9 (Lehnsrevers des Th ile WoIff v. Gudenberg. StAM) nom "das Thor", 1433 das .. a lte " Thor (Lehnsrevers des Thile und Henn e von Wehren. StAM). Das neue Molhuser Tor wurde friihestens 1414. der DruseIturm 1415 erbaut ; der Knidcturm wird 1429 zuerst erwahnt. Auch das Zwehrentor war gewi6 nom nimt 13 30 erbaut (so HOLTMEYEIl 74), jedenfall s war es gegen Ende des Jahrhunderts nom nidtt an seiner spa teren Stelle vorhanden . - Nadt altem Privileg durften die Burger zwar Hob zum Festungsbau aus den landgra fl ichen Waldungen entnehmen. Steine da­gegen muBte die Stadt selbst besdtaffen (1394 Jun i 27 / StAM . Hesse n-Cass. Gene­ralrep .).

74 Sch. 379 (1429 Apr. 28 ) ; voller Wortlaut bei G. LENNEP: Abhdlg. v. d. Leyhe Zll Land­siedel-Remt Cod. prob. (1768) 558/ 59. Nr. 243. Das verpachtete Landstii dc lag bei des Klosters boymgarteH HerHeddir zcusdteH dell sradtlHuren ulld der rruset Iferl1edir

VOH delH kHygtorl1 e. Die Bezeimnung " rruse1" meint die Ahna s. o. A. 4. - Die Ut-

Bdtrilge zur Hf ltttlalterlfdlell Gesdfidite der Stadt Kassel lll 57

Gartbus~D

Smon die Umwehrung der zusammenwamsenden versmiedenen Siedlungen, die urn die Zeit der KIostergrtindung errichtet wurde. smeint nur einen Teil des be­siedelten Raumes umfaBt zu haben. der sim besonders in der Nahe, dodt abseits der groBen StraBen. weiter hinaus ecstredete. Damit mag es zusammenhangen, daB das Gebiet der stadtisdten Pfarrkirdte we it tiber die ersten bekannten Stadtmaueen hinausreichte. und Kirchen vor den Toren od er in den neu angelegten Erweiterungs­stadten automatism ihr zustandig waren.

Aum im N. vor dem Wo lf s anger Tor. vor dem KIosterbezirk, dessen Gren­zen hier mit denen der villa .. Ahnaberg" zusammenfielen. ]agen um die Mitte des 12. lahrhundert einzeloe Hofe. Hier, v 0 r dem Ort, glaube .idt die alia loea aediftciis occupata et ad {tHem villae usque rende"uia zu finden, deren Besitz den NODnen im I . 1154 besta tigt wurde: Grundsttidce. uDd zwar be b a ut e Grundstiidee (= Hofe). die van a u Ben her bis an die Ortsgrenze heranreimten n: Das neue Kloster. auf dem Boden versmiedener Darfgehofte errimtet, Jag inmitteD 3US­

gedehnten Streubesitzes, der z. T. innerhalb der villa, z. T. auSerhalb, unmittelbar var ihrer Nordgrenze sim befand. Namweisbar sind Klosterhofe hier bereits gegen Ende des 13. lahrhunderts 71. Wieviele es urspriinglidt waren, laSt sidt nimt einmal vermuten. dom ist gut zu beobamten, wie ihre Zabl seit dem fruhen 14. Jahchundert durm Stiftung, Kauf uDd T ausm sim rasm vergroBert uDd das Klaster aum in endeenteren Orten Grundbesitz erwirbt. So umzogen seit dem Anfang des 14. lahr­hunderts Klosterhofe den Moncheberg an seiner 0 -, S- und W-Seite in dimtem Kranz : an einzelnen Stellen ball ten sie sidt zu groBeren, gesmlassenen Komplexen.

Besanders in den 5iedlungen zu beiden Seiten des Monmebergs, ftir die seit den eesten lahrzehnten des 14. lahrhunderts der Name G a rt h use n 17 namweisbar ist.

kunde ist verschieden gedeutet worden. BRUNNERS Interpretation (Cassel SO/ SI ) ver­dient m. E. den Vorzug vor HOLTMEYERS Auslegung (70/ S5, bes. 72).

7S Die. soviel ich ,ehe. auf NEBELTHAU zuruckgehende Ansicht. welche diese HOfe inn er ­ha 1 b der villa his zu deren sUdlicher Grenze sucht. halte ich nicht fUr richtig. -KROESCHELLS Behauptung (ZHG 67, 1956. 220) : "Diese ganze Waldrechtssiedlung lag genau auf dem StUck alten lconiglichen Gutes. welches das Kloster Ahnaberg 1154 mit Iconiglicher Zustimmung hekommen hatte"' ist in dieser fo rm sicher un richtig.

76 Seft. 40 (1298 Nov. H ); Seft .• 2 (1299 Sept. 25). 77 Zum folgenden 5. K. A. K1t.OESCHELL : Waldrecht und Landsiedelrecht im Kasseler Raum

_ Hess. Jb. f. 1gesch . ... (1954) 117 ff. - D ERS.: Rodun gssiedlung und Stadtgru ndung -+- 811 . f. dt. 1gesch. 91 (1954) 53 ff. - W. GORICH : Hess. Stiidte - entwickelt aus Hagensiedlungen1 -+ ZHG 67 (1956) 215 H. - K. A. KROECHELL : Entgegnung ebd. 215 H. - Aus den Untersuchungen KaOESCHELLS entst3nd. soweit Kassel in Betracht Icommt. zwismen ihm und W. GORICH die Streitftage. ob die Kasseler He g erg a ss e (Wildemannsgllsse) als Riickgrat ei ner Hagensiedlun g anzusehen oder aus einer Ha in­grabenlinie entstanden ist. In der Diskuss ion spielt der Name der Gasse eine nicht un­wichtige Rolle . Mit seine r Deutung hat sich schon STOLZEL (Konigshof, bes. 189. 281. 376, 378 f.) , der von beiden Gesprachspa rtnern merkwfirdigerweise ig noriert wird . d ngehend besm iiftigt . Ffir den Namen sei im fibrigen auf meine Zusammenstellung der ve rsm ie:denen Namensformen -+ ZHG 67 (1956) 110 A. 64 vecwiesen, die ich jetzt durch die Form Ifeygergasse (16. Jh.) verm ehren hnn. Aus der Untersuchung scheiden

5' Rober! Frlderici

grenzten an versdtiedenen Stellen mehrere Klosterhofe aneinander. fUr deren Ver­gabung das Kloster u. U. einheitlime Redttsgrundsatze durmzufuhren versumte. Die SiedIung var dem Wolfsanger (Ahnaberger) Tor wird zum eesten Male im J. 1372 iu dell gartlmself genannt. dom smeint der Name wenigstens fiinfzig Jahee vacher fur diese Gruppe van Hafen schon gebrauchlkh gewesen zu se in 78, Ob er audt smon die gegen Ende des 13. Jahrhunderts 78 hier namweisbaren Hafe. unter denen sim Klosterbesitz befand. bezeidmet hat. war nicht festzustellen; er hielt sich dann his uber die Mitte des 16. lahrhunderts lll.

Diese gartlmseH vcr dem Ahnaberger Tor begannen didlt vcr dem Tor ; der Kern lag beiderseits des Mitt e I w e g s. des aIren Hauptverkehrswegs nam Wolfsanger. der geradezu garthuserstra[1e hieS 80 (heute GartenstraSe). Urspriinglich vielleimt unmittelbar vom Ahnaberger Tor ausgehend. war dieser Weg spater nur ein Ab­zweig des Oberwegs (WeserstraSe); durm Querwege stand er mit dem Weg auf den Werd (5chiitzenstraBe) uDd dem von diesem abzweigenden Branthains G r a beD (Franzgraben) in Verbindung. Oberweg uod Branthains Graben be­grenzten die Garthuseo im NW uod im SO. so daB die Riickseiten der an diesen

vollig aus : Hag e n gas seals Erfindung ST6LZELS; He g e n gas 5 e aIs lesefehler NEBELTHAUS (statt hegergasse 1391). He erg ass e entstammt erst dem Hauser- u. StraBenverzeichnis von 1605 (kann dart aber ISt6Jzel 1891 auch herrgasse ge­lesen werden; das Original ist vemimtet). He g gas se (GORICH : Entwiddungsgesdt. 12) ist eine weitetgesmleppte Flfichtig1ceit NEBELTHAus. bzw. seines Hetausgebers (Ge­baude. 14). DaB der einwandftei gelesene Name hegergasse (1391) .. nut als Versmtei­bung gelten kann" (G01UCH: Hess . Stadt. -+- ZHG 67 (195'6) 216 A. 6) ist um so mehr zu bestreiten. als er mit dem spater oft bezeugten lteyergasse dom wohl identisch ist. Die folgende Darstellung sucht filr KasseI die bisbet vermiBte Klarheit uber die topo­graphischen Grundlagen der Erorterung zu schaffen. Die Ent s c h e i dun g der Namens­frage. erst recht der eigentlichen Streitfrage (Haingrabenlinie oder Hagenrechtssiedlung?) bleibt den Fachleuten uberlassen. die ihr letztes Wort wohl nom nImt gesprodten haben.

78 Sch. 274 (1372 Mai 25'). - StAM 22a2 St. Martin . - Da im Badcerzunftbrief von 1224 Dez. 8 (GROTEFEND-RoSENFELD 727) bereits von vlllae ganhuseH die Rede ist. kann man annehmen. daB der Name wenigstens in diesem Jahre fur beide Siedlungen ge­braudtlidt war.

79 Die letzte. mir bekannte Erwihnung stammt von 155'2. luli 28 (AStK). 80 1383 (Sch. 825). dazu Redmungen des Officium fidelium d. Martinskirdte (StAM).

z. J. 1387; vgl. NEBELTHAu -+- ZHG 12. 276 f. - Sm. 395' (1438 Marz 23). Wegen der Bedeutung der Urkunde filt die weitete Untersuchung gebe ich ihren entscheidenden Teil hier im Wortlaut wieder (G. LENNEP : Landsiedelleihe. cod. prob. 247. S. 5'63; das Original der Urkunde war im StAM z. Zt. nicht auf6ndbat). Der Text hat infolge des Fehlens der Interpunktionen zu MiBdeutungen AnlaS gegeben. von denen aum da, Regest Sch. 395 nicht frei ist. Im Folgenden sind die Interpunktionen sinngemiiB ein­gesetzt : (Entscheidung in Streitigkeiten des Klostets Ahnaberg mit seinen Waldrechts­leuten) VOH Itobe. wegeH. gnmd ulld abe ... gelegeH vor deme A,tberge thore (suHder­lfdtell ill deH garrJUlseH). by der Roden mo/eH. uftde anders. wo die gdegeH SiH t vor der staid Cassel .. An spaterer Stelle : wer es 1ft de't garrhuseH ad j r vor deme Auberga tltore von deft ltoben. die VOH belder syd stopeft ulf deft weg. der zeu Wolflsanger geltit. die gellallt sin IH dell gartlruseft Imde garrltuStr stra"e ltey"er VO II beyder syd . .. -VgI. auSerdem 5th. 424 (145'0. luli 25).

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Loh­mUhlt

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Aufteilung der Flur im Ahna-Mombachbogen Iflfl Fenun"ltlindr

60 Roberr F,iderki

Wegen gelegenen HOfe an die riickwartigen Hecken uDd Ziiune der Garthusenhofe stieBen. Das ganze GeHinde war also vcn drei Hauptwegen in allgemein siid-nord­licher Rimtung durdlzogen; man mochte glauben, daB sie Zll seiner ErschlieBung angelegt wurdeD, daB rnithin die ganze Siedlung planmiiBiger Anlage ihre Ent­stehung verdankt. Darf man, wie hier vermutet wurde. die alia 10ea aedi{tciis occu­pata des J. 1154 dazu redmeD. so konnte als ihr Begrlinder nur deT Landgraf oder der Konig selbst in Frage kommen, nimt das KIoster. da sie bei de ss en Erricbtung bereits vorhanden gewesen wareD. Reicner Grundbesitz auch des Landgrafen ist an dieser Stelle. besonders in Branthains Graben. spater ebenfalls namweisbar.

Smwieriger ist die Lage der Garthusen vor dem Mollertor zu bestimmen, fur die eine eindeutige Ortsangabe fehlt. Zwar weisen deutlime Spuren darauf hin, daB aum hier smon vor 1300 Hofe bestanden, aber der Name G art h use n fur die hier gelegenen Hofe ist zwar simer. aber weit weniger haufig bezeugt. als fUr die Siedlung vor dem Ahnaberger Tor. Er ersmeint 1314. 1324 und 1331. taumt da'im aber nur 1438 81 nom einmal auf. Dazu laBt die Urkunde, die diesem Jahre ent· stammt. die Frage offen. ob die von ihr genannten Hofe an derselben Stelle lagen, wie die hundert Jahre vorher erwahnte Siedlung.

FUr die Ortsbestimmung der Garthusen des J. 1438. von denen auszugehen ist, bieten die Mu hIe n an der Ahna einen gewissen Anhalt, aber aum ihre Lage muS erst genauer ermittelt werden. Den einzigen Festpunkt im GeIande bildet die L 0 h· mu hIe. uber deren Lokalisierung kein Zweifel besteht 82. Sie stand auE dem rem ten FluGu!er. am Siidende des groGen. nam W offenen Bogens. der durdl Mombam und Ahna gebildet wird. Die MUhle war Eigentum des Landgrafen. von dem sie die Kasseler Lohgerbergilde in Erbpamt hatte. Miihle und Miihlenho! gingen bei der Belagerung Kassels im Marz 1761 in Flammen auf; die intakt gebliebene Smleuse wurde von den belagerten Franzosen benutzt, urn das nordlim. im Ahna-Mombam­bogen gelegene Gelande nnter Wasser zu setzen 83. Spater wurde nur das Hof­gebaude auf den alten Grundmauern wieder aufgebaut. Es muBte erst im 19. Jahr­hundert dem Vordringen der Hensmelwerke weimen. FluGabwarts der Lohmiihle beland sim die Smeibenmiihle. fluGau!warts die Rote Miihle.

Die Scheibenmilhle. 1302 zuerst erwahnt, wurde von der Verlegung des Ahnabettes im J. 138S nimt betro!!en. dagegen beim Festungsbau des Landgra!en Philipp beseitigt s.4 . Sie kann daher nur zwismen der Stelle. an der urn 1530 der

81 o. A. 80. Aus den Ortsangaben der Urkunde ergibt sich, daB Waldrechtsguter des Klo­sters 1. vor dem Ahnaberger Tore in den garthuseH. 2. by der RodeH moleH iH de» garthuseH und 3. auch an anderen Stellen vor den Toren der Stadt sich befanden.

82 Gemarkungskarte Kassel1686 (StAM Kartenabt. 2700). - Karte 1697. 83 Plan de Cassel et de ses attaques 1761 (Murhardsche Bib!. Kassel). - Die .. ehemaIige

Lohmuhle" diente in der ersten Halfte des 19. Jh . als Bandfabrik. Ihrem Besitzer. Kaufmann F. Babr, gehorten auch die anliegenden Grundstiid<e (Kataster 1809 H. AStK).

84 Die Miihle verdankt ihren Namen wahrscheinlich der Kasseler Familie Se h e i be . Erste. mir bekannte Erwahnung 1303 (HOLTM EYER 602). Jetzte 15'83 (StAM Mitte1-alter1. Rechnungen 11. 15'38): 8 alb .• welche der Muller in der Sdleiben-Muhle sonst

BeitriSge zur mittelalterlidftll GesdticHte der Stadt Kasse1 III 61

Ahnakanal von der alten Ahna abgezweigt wurde. und der altesten Ableitungs· stelle gesucht werden. also in der Gegena der heutigen BernhardistraBe. Der Weg langs der Ahna zur Scheibenmuhle (heutige BernhardistraBe) war die Fortsetzung der alten Molengasse (Kastenalsgasse). welche die Stadt durch die Molenpforte ver· lieS. Gasse und Pforte verdanken der Sdteibenmuhle ihren Namen 83.

FluBaufwans der Lohmiihle. die, wie gesagt. den einzigen Orientierungspunkt bildet, ist die Rot eMU hie (Rodenu,unle, molendinu," 'U,UHf) zu suchen. Obgleich gerade diese Muhle his in die Neuzeit sehr haufig genannt wird. ist man fur die Feststellung ihrer Lage auf Vermutungen angewiesen, die besonders in einigen Ortsbezeidtnungen ihre Sttitze find en.

Der Rote Rain hieS der dem Sdteitel des genannten Ahna'hogens gegenuber­liegende Abhang des Monchebergs, eine Bezeichnung, die vielleimt mit dem Namen der Muhle in Verbindung gebradtt werden darf 8G. An dieser Stelle lag ein Grund­stuck. das noch im 18. Jahrhundert "der Rahmen" oder "der 0 b e r s t e Rahmen" genannt wurde 87. Das Wart bewahrt eine letzte Erinnerung an die Arbeit der Tuch· mamer und weist auf die im 14. lahrhundert bezeugte Walkmuhle hin. die unweit des Rahmens gelegen haben wird. Da sie wenig oberhalb der Roten Muhle stand 88,

ist audt diese selbst in der Nahe. d. h. am Sdteitel des Ahnabogens. zu sudten. Diese Zusammenhange fuhren in die Gegend der seit Anfang des 19. lahrhunderts in den Karten ersdteinenden Wacksdten Fabrik. die mit einer an einem Muhlgraben liegenden Mlihle verbunden war. Vielleicbt darf man an die Moglidtkeit denken, daB hier Reste einer alteren Anlage. insbesondere der audt fur die Rote Muhle bezeugte MUhlgraben, verwendet worden gnd so. Bei der Roten MUhle beland sich ein Ahnasteg iO ; auf ihn wird ein Zweig des Weges zugeleitet haben. weldter das Gelande durc:nsdtnitt it • Diese Anzeigen und Merkmale fiihren etwa auf die Stelle. an der heute die MoritzstraBe die Ahna uberquert. Hier ist also. wie ich glaube, die Rote Muhle IU sudten. Sie wird im J. 1314 zuerst erwahnt, 1538 grundlich renoviert

zu zahlen hat .. . Im apgaHge ist il1 grabeH kOHfmeH . - BRUNNER: Cassel 8 dedct sich mit der hier versuchten Lokalisierung; B. hat die Miihle freilich auch an ganz anderen Stellen gesucht.

85 s. o. A. 84 . 86 Salbuch 1582; StAM 124. - Plan um 1700, Stadtarchiv. - Andere (bes . Nebelthau ~ ZHG H. 66) wollen den Namen. vielleicht mit Recht, von dem Familiennamen Rod e ableiten.

87 Cass. Pol. u. Comm. Ztg. 1745. 11. 88 Sch. 1307 (1382). Letzte Erwahnung : 1394 Juli 2 (StAM Hessen~CasseIsch. General­

repertorium). Um diese Zeit scheint die Miihle an die Fulda verlegt worden zu stin. 1398 Okt. 23 (Sch. 322) wird die Walkmiible der Tuchmacher auf der Freiheit uft delH were czuscHell der grabe ftUfieH uHd der HuweHstad lHo/eH zuerst erwahnt. Uft bedeutet hi er nicht auf im wortlichen Sinne, sondern, wie oft. unmitteJbar an; auf dem Wehre kann die MiihJe schon aus technischen Griinden nidit gelegen haben (trotz HOLTMEYER 604).

89 Alter Miihlgraben: Sch. 581 (zw. 1522 u. 1526). - Wadc'sche Fabrik : Karte von NEU~ MANN (1878).

90 Sd>. 572/73 (1525). 91 Katasterkarte 1686. I

62 Roberr Fridericj

uod mit zwei Mahlgangen ausgestattet, steht abeT trotzdem schen 15 64/ 65 " lehr "lid wuste" . Die leerstehenden Gebaude erwiesen sich im J. 1579 als ungeeignet flir die Einrichtung eines Pestspitals ll!.! . Weitere Naduichten uher sie liegen nidlt vor. Der N a m e deT Mtihle abeT haftete Iangst an dem gaozen Gelandestreifen an deT Ahna im Ahna-Mombachbogen, von deT Mombach his herunter zur Lohmiihle. "Bei deT Roten Miihle" war his ins 18 . Jahrhundert, wie smon im Mittelaher, eine urn­fassende Flurbezeichnung, welche nicht nur die an das Miihlengrundstiick unmitte!­bar ansto6enden Hofstatten meint 93.

Dieses Gehiet Bei deT Roten Miihle wurde durdt die riid<wartigen Grenzen deT Hofe am SteiHweg vcr dem Mollertor (HolHindische Stral3e) begrenzt. Er­smlossen wurde es durch einen vom spatmittelalterlimen Mollertor im flamen Bogen ausstrahlenden Weg, der sich nordwestlim der Lohmiihle in zwei HJ.upt­strange aufspaltet. Der westlime van ihnen (die heutige Smlamtha fstral3e) lief ziemlim genau nam N und erreimte die Mombach etwa in der Mitte zwismen der Steinbrucke (im Zuge der heutigen Hollandismen Stra6e) und der Mombam­miindung; er iibersmritt dieses F1iil3men auf einem holzernen Stege, ohne sim jedoch unmitteIbar nordwarts fortzusetzen . Anfangs fiihrte er den Namen Lober­weg, der spater durch die jiingere Bezeimnung Seilerweg Om 19. Jh. 2. Seiler­weg), dann durm den modernen Namen SchlamthafstraSe verdrangt wurde. Der ostlime Strang, der offenbar nur der ErsdtlieBung des parzellierten Gelandes diente. endete als Sackgasse (wie nom im spaten 19. Jh. ) unweit der Mombach­rnundung; etwa in der Mitre seines Verlaufes war er durdt ein fast im rem ten Winkel abzweigendes Wegstuck uber einen Ahnasteg mit dem Moncheberggelande verbunden. Von diesem Wegs tuck aus war auch ein wenig nordlidt ge legener zweiter Ahnasteg zu erreidten. der vielleidtt die Lage der Roten Muhle bezeichnet 94•

Auch dieser Strang fuhrte. wie der westlime und das beiden gemeinsame Stii ck vom Mollertor an. die Namen Loberweg (Weg Had1 der loemoleH) 11 5 , Seilerweg Om 19. Jh. 1. Seilerweg), ge!egentlich .uch Mitte!weg.

Ocr 1. Seilerweg (MoritzstraBe) wurde spater vom Moncheberg uher den Ahna­steg und die Wegeg.bel rur Holliindischen Str.Se durchgefilhrt, d. gegen fi e! d.s sudliche Stuck des 2. Seilerwegs (Gegend der stadtismen .. Gasberei tungsanstalt" ) zeitweilig fort. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der inzwisc:hen "SchlamthofstraBe" benannte 2 . Seilerweg wieder bis zum Hollandiscnen Platz fort­gesetzt.

In dem Flurstilck Bei der Roten Milhle, welch .. durch den sich g.belnden Lober­weg (Seilerweg) erschlossen word en war, sind die im J. 14 38 genannten gar rl1UseH vor del1f Mollertor zu sumen. Hier lagen im IS.1ahrhundert etwa 35 Hofe, von denen mehe aIs die HaIfte (etwa 19) als Klostergut anzusprechen sind ; im S des

92 HOLTMEYEIl 604 in Verbindung mit StAM 4 d 432. 93 Vgl. : IH de, hoheH Mahle bei Niedervellmar (kurh . Generalstabskarte 18 59); uf de,

Weirmole (0 . S. 36); eyHe stede gmwt de Pettzel~Ulofe 1482 Febr. 4. C. PH. Ko,, : Ausfiihrlime Namrimt von den geistlimen u. Zivil-Gerichten. (1769). Beil . zu St. 1. 5. 7 0<. A. ECKHARDT: Witzenhausen 63 ). Uff de , T,auselmuhle in Kassel (HOLTMEYEIl 615 ).

94 Kataster '1686. 95 Sch. 4'6 (,.46 Aug. ]5).

BeifTQge zur IfIlttelalterliduu Geschichte deT Stadt Kassellll 63

Gelandes. unweit der LohmUhle, finden sim allein neun Klosterhofe nebeneinander. Mit seinen Waldremtsleuten, die sie inDe hatten. geriet das KJoster vor 1438 in Streitigkeiten. Ihren Grund wird man in dem smon 1418 VG erkennbaren Bestreben des KJosters erblicken dUrfen. fur seine Hafe vor dem H-Iolhuser tore czusrnen der rodeJ1lHolen und der lomolen . die wahrsmeinlim nimt lange vorher eingerimtet waren, eine gemeinsame. vielleimt mit eiDer Verschlechterung des bisherigen Remtszustandes verbundene Regelung herbeizufiihren. Der genaueren Lokali­sierung der im J.1438 genannten Hafe by der RodeJ1lHolen in deH garthusel1 dient smlieBlim nom die Angabe. daB sie am wege "am der /oemo/e" ( = Loberweg) lagen. Aus allem ergibt sich. daB sie im S der Flurlage "Bei der Roten MUhle" zu sumen sind. Aus dieser Ortsbestimmung ist aber weder zu folgern . daB das g a n z e Gart­ltusen-Gebiet geschlossener Klosterbesitz war. noch daB die Bezeidtnung in den garthusell sich mit der by der rodel1H-1olen im ganzen Umfang deckt.

Da der Bogen des Seilerwegs (Loherwegs) unzweifelhaft auf das spatmittel­alterlime Mollertor (Molhuser Tor) abgestellt. die Parzellierung des von diesem Wege durchsmnittenen bzw. begrenzten Gebietes aber auf ihn und seine Ver­astelungen zugesmnittcn ist, wird man die Entstehung der Hofstattenreihen in den garthHseH by der rodeJlH-lolen nicht vor die Anlage des Tares selbst. d. h . nicht vor das fruhe 15. Jahrhundert hinaufrucken konnen. Man wird sie als Folge der land­graflimen Verordnung des J.1345 v1 betramten durfeD. welche den Burgern als Ersatz fur Hofland, das sie als Gartenland inne hatten und nun fur die Quartiere der neuen Freiheit hergeben muSteD. landgraflidtes Land vor den hinausgeriickten Toreo zur Verfugung steIlte. Die Vermessung der Wege und Grundstucke in dem neuen Gartenbezirk wird kaum vor der endgultigen Festlegung des Wehrberings der neuen Stadt fertiggestellt worden sein 98, die sim wahrsmeinlich his in den Anfang des 15. Jahrhunderts hinzog 13• Mit der Neuordnung der Besitzverhaltnisse in dieser Gegend hangeD woh1 auch die bald darauf einsetzenden Streitigkeiten des Klosters Ahnaberg mit seineD W'aldrechtsleuten zusammen. Ob die in einem papst­lkhen Dekret des 1. 1421 99 gehrauchte Bezeidtnung suburbia der Stadt nur als formularmaBige Redensart der papstlidten Kanzlei zu werten oder bestimmt auf die Hafe vor der Stadt zu beziehen ist, wage im nicht zu entsmeiden.

Betrachtet man die bisher genannten Hofe als Neusiedlungen. die um 1400 als Ersatz fur frtihere, nun dem Stadtgebiet eingegliederte Garten angelegt wurden. so

96 Srn. 316 (1418 Aug. 4). 97 1315 Apr. 17 (StAM Hessen·Casse1sm. Generalrep.). 98 KUCHENBECKER : Anal. Hass.IV. 281 ; vgl. Congeries ZHG 7. 323 z. 1. 1339. - Der Pro·

zea der Hinausdrangung des Ackerlandes zugunsten von BUrgergarten (Ha fen) ist nom i. J. 1403 im Gange (Sm. 331). Wenn vor dem Bau der Freiheit von Hafen in dieser Gegend die Rede ist. kann mit Simerbeit angenommen werden. daB sie diesseits der Smeibenmiihle lagen; bei der Roten MUhle. wo Kloster Ahnaberg aum damals smon Besitz batte, bzw. erwarb. war nom Ackerland. Im 15. lahrhundert war, wabrsmeinlim infolge der landgraflimen Verordnung von 1315. das Ackerland etwa bis zur Mombadt in Garten verwandelt. Deren i. J. H45 festgesetzte NormalgraBe von 1 Acker. bzw. I / ! Acker war nom 1686 die Regel (Katasterkarte).

99 1421 Jan. 7. KUCHENBECKER: Anal. hass. V, 73. Oder handelt es sidt um eine formular· gemiiBe Redensart?

64 Robert Friderici

wird man die Ur-garthusen in dem von deT Deuen Stadt eingenommenen Bezirk vcr dem alteren Mollertor. das nom nam 1400 an der aIten SteUe stand uod wirk­lich nom als Tor diente 73, im Beeul urn die Molengasse herum sumen dUffen 100.

DaB ihee wenigen SpureD mit dem J. 1331 verscnwinden. hangt wahrsmeinlidt mir dem urn die gleiche Zeit beginnenden Bau deT Freiheit zusammen. Ein Mitglied deT Familie Ho m ut. die seit dem friihen 14. Jahrhundert vcr dem Mollertor, in den G art h use n bezeugt ist, gehort zum ersten Schoffenkollegium der Freiheit lOt.

Als Eigentiimer des Grund uDd Bodens unmittelbar vor dem alteren Molhuser Tor uod vcr dem Wolfsanger (Ahnaberger) Tor ersmeint in erster Linie deT Land­graf. Auf Herrengrund baute er die neue Stadt. Nom im 11. }ahrhundert bezog er den Grundzins von mehr als 30 Hausgrundstiid<en im Brink und im Breul 57 • Aum die Biirgergarten. die dem Stadtneubau zum Opfer fielen. dilrhen in erster Unie vererbpamtetes Herrenland. nicht wirkliches Bilrgereigentum. gewesen sein; daher wies der Landgraf anderes Herrenland vor den hinausgesmobenen T oren als Ersatz an. Ganz ebenso verfuhren die spateren Landgrafen in der Zeit des Festungsbaus (17. und 18 . Jh .). Hier im N und W der mittelalterlidten Stadt. etwa in dem Sektor zwischen Kratzenberg und Fulda. erreichte landgraflimes Grundeigentum Uberall die GemarkuDgsgrenzen. Es wurde teils in der Form der Waldremts~ bzw. Land­siedelleihe ausgetan. teils wurde es bis in die Neuzeit mit Hilfe der Dienstver­pBimtungen der Dorfer des Amtes Ahna unmittelbar bewirtsmaftet. So ist der Landgraf im 16.1ahrhundert nimt nur EigeDtilmer von mehreren Hundert aus ­getaner Einzelhofe. die aus Herrenland gemamt wareD. sondern aum der Erblehen diesseits uDd jenseits der Mombach. auf denen noch die P£limt zu besonderen Lei­stungen (Kriegsfuhren usw. ) ruhte lOt.

Ober die Entstehung des landgrliflidten Eigentums. das durdt den Anlall der Klostergilter nam 1526 erheblich wums. smeinen urkundlime Beweise nimt vor­zuliegen. KOD6skationen Dach dem HochverratsprozeB des J. 1391 hatten wohl zu seiner Erweiterung beigetragen. dom ist nicht klar. inwieweit es sim bei den Hafen der zahlreirn.en Patrizierfamilien 103. die besonders vor dem Ahnaberger und dem Mollertor namweisbar sind. um deren echtes Eigentum oder urn Lehnsbesitz han­delt. Mit ErweiteruDg des Herrenlandes durch Kon6skationen und durch Einziehung von Lehen ist auch schon fUr die Zeit um 1300 zu remnen. wahrsmeinlich infolge der Unruhen. die Heinrichs I. alteste Sahne um diese Zeit erregten 104. Umgekehrt gingen nimt unbetrachtlicbe T eile landgraflimeD Grundeigentums im Laufe der Zeit

100 Ahnlich N • b ,I t h a u ZHG 12. 276 If. 294. 101 Sdt. 133 . 133 1. Dez. 6 : Syfrid Homut orrulaHus iH gart huseH vor dem JHolhuser dore.

S's Bruder Ditmar H. gehorte zum ersteD Sdtoffenkollegium der Freiheit. 102 Salbudt 1582. - Streit liber die Leistungspflicbt : 1631 Sept. 7 H. Kass. Ratsprotokoll

1631- 1705 (Ab,chr. AStK). 103 Gottfried und Hermann de Cassle 1264 (Sdt . 30); Heinemann von Lobene. Conrad

Bemonis. Curd Rudewigs. Ante valvam (Vormethare). De domo lapidea. Langschenkel. Regenbode u. a. - In mehreren Fallen laSt sim der Obergang eines Garthusenhofes aus der Hand des Landgrafen in Klostereigentum noch verfolgen (Sch. 128/ 1330 April 30).

104 GROTEFEND-RoSENFELD 429. 432 ; Beschlagnahme von Lehensgiltern Werners de foro (vcr 1303); vgI. EISENTRAGER[~KRUG1 : TerritcriaIgesch. 100.

Beitrage zur lIfitte1alterllduH Gesdtidtte der Stadt Kassel III 65

durch Usurpation 10S oder durm Schenkung verloren und wurden Privateigentum; insbesondere tiberHeB Landgraf Moritz in dieser Gegend, in der Leimenkule und in den GroBen Lehen jenseits der Mombam, verdienten Soldaten und Beamten groBe Stiicke Herrenland zu Eigentum.

Das Herrenland ist seit dem 12.lahrhuDdert, deutlicher erkennbar seit dem friihen 13.lahrhundert, durmsetzt mit Streubesitz der Kloster Ahnaberg uDd WeiBenstein uDd mit echtem Btirgereigentum, dessen Ursprung im einzelnen nicht nachzuweisen ist.

Die Siedlungen vor dem Ahnaberger Tor standen mit denen vor dem Mollertor durch einen Weg 106 in Verbindung, der vor der Stadtumwehrung, entlang dem Ahnagraben zwismen Hecken und Garten verlief. Mit der Vorverlegung der Be­festigungen seit 13 8 5 wurde auch er mehrfach nach N, naher an den Moncheberg heran, versmoben. An dies em Wege, ursprtinglich unmittelbar nordlich des Klosters. lag wahrscheinlich das Vorwerk. das im 1. 1385 Land zum Bau des Ahnagrabens abgeben muBte. Vielleicht geht man nicht fehI. wenn man in diesem Vorwerk. das in dem genannten I ahre zwar verkleinert aber nicht aufgehoben wurde. den mittel­alterlidten Schafhof des Klosters sieht. Dieser lag vor dem Ahnaberger Tor. jenseits der steinernen Briicke. Er erstreckte sidt entlang dem Stadtgraben (Ahnalauf van 1385) im Winkel zwischen diesem, dem Oberweg nach WaIfs anger (Weser­straBe) und dem Weg nach der Scheibenmtihle (d. h. der niirdl. des Grabens ver­laufenden Querverbindung vom Ahnaberger Tor zum Mollertor). 1523 wird er zuletzt erwahnt 107. Es ist daher anzunehmeD, daB er wie die anderen Hofe an dieser Kreuzung und wie die Scheibenmuhle dem Festungsbau des Landgrafen Philipp weichen muGte. Die landgdiflich gewordene Sdtaferei fand ihren neuen Platz weiter hinaus am Oberweg. auf dessen Bnker Seite. an der Abzweigung des Weges auf den Miincheberg (MagazinstraBe); hier zeigt sie das Stadtbild van Dilich (1605). Dieser Sdtafhof war es, der im I. 1761 bei der Belagerung der Stadt in Flammen aufging.

Am Wege nach der Scheibenmtihle und bei der Mtihle selbst beland sich ein weiterer Smwerpunkt des mittelalterlichen Klosterbesitzes 108.

105 Salhuch 1539 u. 1582. - Hessen-Casselsch. Generalrep. 1597 Mai 21 (StAM). 106 Darstellung des Weges : DILlCH : Ritterspiel (1598). Der StraBenzug Bremerstr.- Katzen­

sprung ist etwa der moderne Nachfolger der mittelalterlichen Querverhindung. 107 H20 Apr. 29 (Sch . 361). - 1520 (CStR 175, N° 107). -1521 Juni 10 (Sch. 5521553).-

1523 Jan . 3 (Sch. 560). -1523/ 26 Sch. 583). - Dilich -+ HOLTMEYER: Atlas I. Tafel25. Der Klosterschafhof lag ungefahr im Gelande der 1943 zerstorten Artilleriekaserne.

108 Sch. 197 (1351) ; H1 (1403); 454 (1466); 472 (1480); 499 (1500) usw.

* Die Karten wurden von Dr. W. ENGELBAcH-Kassel nam den Angahen des Verfassers ge­

zeichnet. Al s Grundbrte diente der Plan von W. NEuMANN (1877). Er wurde erganzt nach den Stadtplanen von WASSE RHUHN (1766). WESSEL (1 673) . MULLER (1547) und nach der Gemarkungskarte (Ka ta sterkarte) von 1687. Die Stra6enzuge des 19. Jh . wurden aus der Grundkarte zur Orientierung uhernommen, dagegen wurde auf die Stra6en der nach der Zerstorung neu aufgehauten Quartiere verziduet.

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