Benn, Gottfried

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Gottfried Benn

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Gottfried Benn (1886-1956)

Prof. Engel - Lyrik der Moderne 2 WS 04/0524Gottfried Benn (1886-1956)

Text 1: entstanden vor Mrz 1912; Erstdruck in: 'Morgue' 1912; Text 2: entstanden vor August 1912; Erstdruck in: 'Pan' Aug. 1912; Texte nach: G. B., Ges. Werke in der Fassung der Erstdrucke. 4 Bde. Hg. von Bruno Hillebrand. Bd. l: Gedichte. Frankfurt 1982 (Fischer Tb 5231). Als hist.-krit. Gesamtausgabe mit den Texten in der Fassung letzter Hand vgl. auch: G. B., Smtliche Werke. 5 Bde. Stuttgarter Ausgabe. In Verbindung mit Ilse Benn hg. von Gerhard Schuster. Stuttgart 1986ff.

Mann und Frau gehn durch die Krebsbaracke

Der Mann:

I.Hier diese Reihe sind zerfressene Scheund diese Reihe ist zerfallene Brust.Bett stinkt bei Bett. Die Schwestern wechseln stndlich.

II.Komm, hebe ruhig diese Decke auf.5Sieh: dieser Klumpen Fett und faule Sftedas war einst irgendeinem Manne ground hie a u c h Rausch und Heimat.

III.Komm, sieh auf diese Narbe an der Brust.Fhlst du den Rosenkranz von weichen Knoten?10Fhl ruhig hin. Das Fleisch ist weich und schmerztnicht.

IV.Hier diese blutet wie aus dreiig Leibern.Kein Mensch hat so viel Blut. Hier dieser schnitt manerst noch ein Kind aus dem verkrebsten Scho.

V.Man lt sie schlafen. Tag und Nacht. Den Neuen15sagt man: Hier schlft man sich gesund. Nur Sonntagsfr den Besuch lt man sie etwas wacher.

VI.Nahrung wird wenig noch verzehrt. Die Rckensind wund. Du siehst die Fliegen. Manchmalwscht sie die Schwester. Wie man Bnke wscht.

VII.20Hier schwillt der Acker schon um jedes Bett.Fleisch ebnet sich zu Land. Glut gibt sich fort.Saft schickt sich an zu rinnen. Erde ruft.

D-Zug

I.Braun wie Kognak. Braun wie Laub. Rotbraun.Malaiengelb.D-Zug Berlin - Trelleborg und die Ostseebder.

II.Fleisch, das nackt ging.Bis in den Mund gebrunt vom Meer.5Reif gesenkt. Zu griechischem Glck.In Sichel-Sehnsucht: wie weit der Sommer ist!Vorletzter Tag des neunten Monats schon!

III.Stoppel und letzte Mandel lechzt in uns.Enthaltungen, das Blut, die Mdigkeiten,10Die Georginennhe macht uns wirr.

IV.Mnnerbraun strzt sich auf Frauenbraun:

V.Eine Frau ist etwas fr eine Nacht.Und wenn es schn war, noch fr die nchste!Und dann wieder dies Bei-sich-selbst-sein!15Diese Stummheiten. Dies Getriebenwerden!

VIEine Frau ist etwas mit Geruch.Unsgliches. Stirb hin. Resede.Darin ist Sden, Hirt und Meer.An jedem Abhang lehnt ein Glck.

VII.20Frauenhellbraun taumelt an Mnnerdunkelbraun:

VIII.Halte mich! Du, ich falle!Ich bin im Nacken so mde.O dieser fiebernde seLetzte Geruch aus den Grten.