Beratungsmodelle in der Krankenpflege
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Bakkalaureatsarbeit
Beratungsmodelle in derKrankenpflege
Im Rahmen der Lehrveranstaltung:Didaktik
Autor:Skenderi Amela 0633136
Betreuerin:MAS Birgit Bernhardt
R.-Macholdstraße 25/5
A- 8075 Hart bei Graz
An der:Medizinische Universität Graz
Eingereicht am:März, 2010
Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Ehrenwörtliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Bakkalaureatsarbeit selbstständig
und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebene Quellen nicht
verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich
entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Weiters erkläre ich, dass
ich diese Arbeit in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen
Prüfungsbehörde vorgelegt habe.
Graz, März, 2010
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung............................................................................................................. 42. Beratung.............................................................................................................. 52.1 Begriffsdefinition der Beratung................................................................... 52.2 Beratung in der Krankenpflege................................................................... 72.3 Beratungskonzepte in der Pflege............................................................... 8 2.3.1 Psychoanalytischer Beratungsansatz..................................................... 8 2.3.2 Verhaltens-therapeutischer Ansatz......................................................... 8 2.3.3 Humanistischer Beratungsansatz............................................................ 9 2.3.4 Systemisch-konstruktivistische Beratungsansatz.................................. 10 2.3.5 Lösungsorientierter Beratungsansatz.................................................... 102.4 Rahmenbedingungen von Beratung in der Pflege................................... 112.5 Beratung als Prozess............................................................................... 122.6 Beratungsmethoden und –techniken........................................................ 153. Das systemische Beratungsmodell von Hummel-Gaatz und Doll …............... 183.1 Problemverständnis.................................................................................. 193.2 Ziele.......................................................................................................... 193.3 Haltung der BeraterIn............................................................................... 204. Der biografieorientierte Beratungsansatz von Darmann und Sahm …............ 224.1 Problemverständnis.................................................................................. 234.2 Ziele.......................................................................................................... 244.3 Haltung der BeraterIn............................................................................... 255. Das Pflegeberatungsmodell für chronisch Kranke von Helligen und Hüper...... 275.1 Problemverständnis.................................................................................. 295.2 Ziele.......................................................................................................... 315.3 Haltung der BeraterIn............................................................................... 336. Der integrative leiborientierte Beratungsansatz von Koch-Straube …............. 346.1 Problemverständnis.................................................................................. 346.2 Ziele.......................................................................................................... 356.3 Haltung der BeraterIn............................................................................... 367. Resümee........................................................................................................... 378. Abbildungsverzeichnis....................................................................................... 399. Literaturverzeichnis........................................................................................... 39
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
1. Einleitung
In meiner Bakkalaureatsarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema
„Beratungsmodelle in der Krankenpflege“.
Am Anfang meiner Arbeit beschäftige ich mich mir der Begriffsdefinition der
Bratung, gehe dann speziell auf Beratung in der Krankenpflege ein, gebe einen
Einblick in die Beratungskonzepte und Beratungsmethoden und erläutere,
welche Rahmenbedingungen bestehen müssen, damit ein gelungenes
Beratungsgespräch von beiden Seiten stattfinden kann.
Weiters beschreibe ich den Prozess der Beratung und welche Methoden und
Techniken es bei der Beratung geben kann.
Danach gehe ich auf die Beratungsmodelle in der Krankenpflege ein, und
beschreibe jedes Modell einzeln. Die Modelle, auf die ich eingehen werde sind:
der integrative leiborientierte Beratungsansatz von Koch-Straube
das systematische Beratungsmodell von Hummel-Gaatz und Doll
der biografieorientierte Beratungsansatz von Darmann und Sahm und
das Pflegeberatungsmodell von chronisch Kranken von Hellige und Hüper
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2. Beratung
Da ein allgemeines Verständnis von Beratung vorgesetzt wird, ist der Begriff nicht
genau definiert. Das Problem dabei ist, dass Beratung ein multifunktionaler und
schillernder Begriff ist, welcher uns bereits im Alltag, wie zum Beispiel beim Kauf von
Kleidung begegnet.
Umgangssprachlich wird Beratung als ein strukturiertes Gespräch oder als eine
praktische Anleitung, die das Ziel hat, das bestehende Problem zu lösen bzw. sich
der Lösung zunähren, verstanden.
2.1 Begriffsdefinition der Beratung
Da es eine Menge Definitionen der Beratung gibt, sind hier einige von verschiedenen
Autoren erläutert.
Hummel-Gaatz und Doll definiert Beratung folgendermaßen:
Beratung ist ein Beziehungsprozess zwischen Pflegekräften und Patienten bzw.
seinen Bezugspersonen (Familienangehörige und/oder Freunde) mit dem Ziel,
sie bei der Krankheits-und Krisenbewältigung zu unterstützen. Dies geschieht
durch: Unterstützen beim Bewältigung von Problemen, Unterstützen beim
Finden von Entscheidungen, Fördern, Entdecken und Erhalten von Ressourcen
und Unterstützen beim Auseinadersetzen mit verschiedenen Lebensumständen
und den daraus resultierenden Emotionen. (vgl. Hummel-Gaatz und Doll 2007, S. 16.)
Ein zweiter Versuch die Beratung zu definieren lautet so:
„Mit Beratung in welcher Form auch immer, wird versucht, dem Ratsuchenden
eine Änderung seiner Einstellung und seines Verhaltens zu ermöglichen, um
ihn dadurch in die Lage zu versetzen, seine Probleme besser zu lösen.“ (vgl. Rahm in Bernhardt 2008, Folie 2.)
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Die Definition von Koch-Straube lautet:
„Das übergeordnete Ziel der Beratung ist es, dem Klienten eine befriedigendere
und erfülltere Lebensweise zu ermöglichen. Der Begriff Beratung umfasst das
Arbeiten mit Individuen, Paaren oder Gruppen, die oft, aber nicht immer als
„Klienten“ bezeichnet werden. Die Ziele der jeweiligen Beratungsbeziehungen
variieren je nach den Bedürfnissen der Klienten. Beratung beschäftigt sich mit
Entwicklungsprozessen und kann darin spezifische Probleme ansprechen und
lösen, Klienten darin zu unterstützen, Entscheidungen zu treffen, Krisen zu
bewältigen, Einsicht und Wissen zu gewinnen, Innere Konflikte zu bearbeiten,
Beziehungen zu anderen zu verbessern. Die Rolle des Beraters ist es, die
Arbeit des Klienten dergestalt zu erleichtern, dass die Werte des Klienten seine
persönlichen Ressourcen und die Fähigkeit zur Selbstbestimmung respektiert
werden. (BAC, The code of ethics and practice for counsellers, 1993,
zitiert in Koch-Straube 2001. S. 66.)
Nestmann, Engel und Sickendieck schreiben:
„Beratung ist eine vielgestaltige, sich ständig verändernde und durch viele
interne und externe Einflussfaktoren bestimmte professionelle Hilfeform. Sie
unterstützt in variantenreichen Formen bei der Bewältigung von
Entscheidungsanforderungen, Problemen und Krisen und bei der Gestaltung
individueller und sozialer Lebensstilen und Lebensgeschichten.“ (vgl. Nußbeck 2006, S. 20.)
Wie man aus den oben genannten Definitionen herauslesen kann, ist die
Beratung ein Beziehungsprozess, der dem Patienten bei der Bewältigung seiner
Probleme hilft.
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2.2 Beratung in der Krankenpflege
Der Begriff Beratung in der Krankenpflege ist nicht eindeutig geklärt und wird oft
uneinheitlich gebraucht. Man könnte den Begriff mit einer Informationsvermittlung,
Aufklärung oder einer „kleinen Therapie“ des Patienten vergleichen. In diesem Fall
werden Begriffe wie: Pflegeberatung, Beratungspflege, pflegerische Beratung, etc.
verwendet.
Innerhalb der Krankenpflege gehört Beratung auch immer zu den Aufgaben der
Pflegepersonen, wobei man sagen muss, dass die helfende Beziehung von großer
Bedeutung ist (vgl. Humme-Gaatz und Doll 2007, S. 15-16.).
Um eine Beratung durchführen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen
gegeben sein, die da wären:
● Entscheidungsfreiheit
● Vertrauensbasis
● von Seiten des Ratgebenden wird Fachkompetenz erwartet
● der Glaube an das Funktionieren der Beratung
● Sachliches Wissen
● Personale Fähigkeiten (vgl.http://www.geronto.at/Artikel/Themen_des_Managements_in_der_/Beratung_in_der_Pflege/beratung_in
_der_pflege.html 08.Februar. 2010)
Während einer Pflegeberatung können vom Fachpersonal einige Fehler gemacht
werden, welche dazu führen können, dass die Vertrauensbasis zwischen
Ratsuchendem und Ratgebendem beeinträchtigt wird.
Einige Beispiele dazu sind unter Anderem:
„Identifikation“ (in Form von Beispielen aus eigenem Leben) und Missbrauch
von eigenen Erzählungen
Vergleiche („anderen geht es viel schlechter als dir“)
Bagatellisierung, Verharmlosung
vorschnelle Ratschläge und Tipps
Unterbrechen des Ratsuchenden zum Beispiel während eines Gesprächs (vgl.
Bernhardt 2008, Folie 13.).
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Während der Beratung wird der Ratsuchende sowohl beim Bewältigen von
Problemen als auch beim Finden von Entscheidungen unterstützt. Es kommt dabei
auch zu einer Auseinandersetzung mit den veränderten Lebensumständen und den
daraus resultierenden Emotionen des Hilfesuchenden (vgl. Koch-Straube 2008, S. 66.).
2.3 Beratungskonzepte in der Pflege
Die Beratungskonzepte der Pflege liegen noch in geringer Anzahl und nur in
Ansätzen vor. Die wichtigsten fünf Beratungstraditionen, welche in Psychologie,
Sozialarbeit und Pädagogik angewendet werden, werden hier erklärt.
2.3.1 Psychoanalytischer Beratungsansatz
Das Problemverständnis bei dem psychoanalytischen Beratungsansatz ist, dass der
zu Beratende einen psychischen Defekt hat. So versucht man in der Beratung, dass
der zu Beratende eine korrigierende Erfahrung erfährt, indem die Beraterin
aufmerksam ist und sich zurückhält. Es wird auf die individuellen Einstellungen wie
zum Beispiel einer Traumdeutung hingewiesen. Der Berater ist eine
Projektionsfläche für den Patienten. Der Fokus liegt nur an den Patienten.
2.3.2 Verhaltens-therapeutischer Ansatz
Die vermittlungs- und verhaltensorientierten Ansätze beziehen sich auf den Behavio
rismus. Unter Behaviorismus versteht man die objektiv messbare Erfassung des Ver
haltens ohne Rücksichtnahme auf seelische Vorgänge.
Ziel dieses Ansatzes ist es, durch Beratung beim Patienten eine möglichst hohe
Krankheitseinsicht zu bewirken, die zu einer hohen Kooperationsbereitschaft und
einer hohen Therapiemotivation führt. Endgültiges Ziel ist es, beim Patienten
gesundheitsbewusste Denk- und Handlungsweisen zu erreichen, die zur Änderung
des Lebensstils, zum Aufbau neuer Handlungsroutinen und somit zu einer
krankheitsgerechteren Lebensführung führen.
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Diese Theorietradition geht davon aus, dass informierende, schulende aber auch
beratende Aspekte kaum voneinander zu trennen sind und somit ineinander greifen.
Um eine gezielte und strukturierte Veränderung von Verhalten zu erreichen, wird bei
der Patientenedukation ein didaktisch strukturierter Lernprozess angewendet.
Die Pflegekraft setzt Lernziele fest. Sie weiß, was die PatientIn und deren
Angehörige brauchen, was für sie wichtig und richtig ist und was sie lernen sollten.
Sie übernimmt hierbei die Funktion einer TrainerIn.
Klassische Vertreter dieses Ansatzes sind Klug-Redmann, London, Abt-Zegelin,
Saller und Bullsen.
2.3.3 Humanistischer Beratungsansatz
Die humanistischen Beratungsansätze basieren auf der humanistischen Psychologie
und dem Konzept der nicht-direktiven Beratung nach Carl Rogers. Es wird von einem
entscheidungs- und entwicklungsfähigen Menschen ausgegangen.
Die Beratung zielt darauf hinaus die durch Krisen entstandenen Blockaden zu lösen
und die Selbstheilungskräfte des Individuums freizusetzen.
Ziel des Ansatzes ist es, bei dem Betroffenen durch einfühlende Anteilnahme und
fürsorglichem Beistand eine emotionale Entlastung zu erreichen. Dadurch wird bei
dem Patienten und dessen Angehörigen wieder ein Verständnis der eigenen
Gefühle, Haltungen, Gedanken und des Verhaltens herbeigeführt, was idealerweise
zu einem bewussten und selbst bestimmten Umgang mit der Krankheit und ihren
Auswirkungen führt.
Bei dieser Art der Beratung unterstützt die PflegerIn die Patienten bzw. die
Angehörigen bei der eigenen Suche nach Selbsterkenntnis und Lösungen. Sie gehen
dabei eine partnerschaftliche Beziehung ein, die von gegenseitigem Respekt und
Anerkennung geprägt ist. Die Beraterin versucht den Blickwinkel des Patienten
einzunehmen und fungiert als Unterstützerin und Ermutigerin.
Ein Beispiel für diesen Ansatz wäre das pflegerische Beratungsmodell für chronisch
Kranke von Hellige und Hüper, welches in späterer Folge näher erläutert wird.
Klassische Vertreter dieses Ansatzes sind Rogers, Sander, Bachmaier, Ehlers,
Brearly/ Birchly, Hellige und Hüper (vgl. Hummel-Gaatz und Doll 2007, S. 18-20.).
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2.3.4 Systemisch-konstruktivistische Beratungsansatz
Dieser Ansatz hat seine Wurzel im Konstruktivismus, in der Systemtherapie und in
der systemischen Familientherapie. Im Zentrum der Betrachtung steht nicht
ausschließlich das Individuum, sondern dessen soziales Umfeld. Man geht davon
aus, dass das Problem eines Menschen nicht nur an ihm selbst liegt, sondern
Ergebnis des Zusammenspiels aller Mitglieder in seinem System ist.
Die Beratung hat als Ziel, die Beziehungen im System zu klären und das System so
wieder zu stabilisieren und ins Gleichgewicht zu bringen. Das Problem kann sich
durch kleinste Systemveränderungen ändern. Es geht nicht um die
Persönlichkeitsentwicklung des Individuums, sondern um konkrete Lösungen für das
gesamte System.
Die Beraterin versucht durch systemische Fragen die Zusammenhänge im System
aufzudecken. Gemeinsam wird nach Lösungen und Veränderungen im Verhalten des
ganzen Systems gesucht, die ausprobiert und gefestigt werden.
Die Beraterin betrachtet Problemzusammenhänge innerhalb des Systems und bleibt
dabei allparteilich, das heißt sie hält eine ähnliche Distanz zu allen
Systemmitgliedern.
Klassische Vertreter sind Satir, Schlippe/Schweizer, Weakland/Herr und Wörmann.
2.3.5 Lösungsorientierter Beratungsansatz
Der lösungsorientierte Beratungsansatz knüpft an die systematische Beratung an
und entwickelt sie so weiter, in dem ein Mensch positive Visionen für seine Zukunft
entwickelt und sie aktiv beeinflusst.
Die Person, die die Beratung in Anspruch nimmt, hat keinen Zugang zu ihren
Lösungen und Ressourcen. Es werden bei dieser Beratung nicht die Probleme und
Beschwerden im Mittelpunkt gestellt, sondern im Zentrum stehen die Lösungen und
die Ressourcen der Person, die bisher unzugänglich waren. Das Ziel der Beratung
ist, dass beim Ratsuchenden Lösungsmöglichkeiten entdeckt werden.
Die Beraterin lenkt die Suche nach Lösungen und eröffnet der Person neue
Lösungsräume durch spezielle Frageformen. Klassische Vertreter sind de Shazer,
und Bamberger (vgl. Hummel-Gaatz und Doll 2007, S. 16-22.).
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2.4 Rahmenbedingungen von Beratung in der Pflege
Da es häufig kein klar definiertes Beratungssetting gibt, besteht zwischen den
Beratungsgesprächen in der Pflege und dem Beratungsangebot der Therapeuten
und Psychologen ein großer Unterschied.
Ein großer Vorteil der Beratung in der Pflege ist es, dass diese überall dort
stattfindet, wo sie gebraucht wird, sei es im Badezimmer bei der Körperpflege, im
Nachtdienst, im Gang etc. Beim Kontakt zwischen Pflegenden und des Patienten
stecken öfters ein Ansatz und der Bedarf an Beratung dahinter.
Die spontanen Beratungsgespräche schafften eine Intimsphäre, dies kann aber zu
einer Doppelbelastung der Pfleger führen. Die Doppelbelastung kommt zu Stande,
da die Pflegenden unter Zeitdruck stehen und andere Patienten zu versorgen haben.
Kein definierter und organisierter Zeitplan und keine Räumlichkeit, die zur Verfügung
steht, führen zu Problemen in der Pflege. Um diese Probleme zu beseitigen, wird
versucht Pflegebüros, Informationszentren, Beratungsstellen und
Pflegeberatungsambulanzen zu erreichen.
Wenn dieses Problem behoben ist, dann können die Kenntnisse, die Motivation der
Patienten und der Stand der Krankheit gezielt in die Beratung konkreter einbezogen
werden.
Die Vorteile die sich dadurch ergeben, sind folgende:
Gemütliche Räume mit Sitzgelegenheiten
Ausreichend Zeit für jeden Patienten
Bessere Gesprächsatmosphäre
Geschützte Intimsphäre
offene und persönliche Gespräche (vgl. Hummel-Gaatz und Doll 2007, S. 24-26.)
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2.5 Beratung als Prozess
Beratung wird als ein Prozess verstanden, der sich auf mehrere Gespräche
hintereinander bezieht, indem sich die Problemlösung befindet.
Die fünf verschiedenen Beratungsprozesse sind:
Informieren und Analysieren
Planen
Entscheiden
Kontrollieren und Bewerten
Auswerten und Reflektieren
Aus diesen Beratungsprozessen lässt sich ein Modell für die Beratung in der Pflege
definieren.
Abbildung 1: Phasenmodell der Beratung
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Phase 1:
Die Grundvoraussetzung in der Phase 1 ist die Kontaktaufnahme und der Aufbau
einer Beziehungs- und Vertrauensbasis. Diese ermöglicht dem Patienten seine
Anliegen und Probleme gegenüber dem Berater offen zu legen.
Phase 2:
Die wichtigste Aufgabe in dieser Phase ist es den objektiven Beratungsbedarf aber
auch das subjektive Beratungsbedürfnis herauszufinden. Diagnostisches Denken
des Beraters wird in Phase 2 vorausgesetzt.
Gemeinsam kann man durch strukturiertes Beobachten wie zum Beispiel durch
Fragen, das Problem als Ausgangspunkt der Beratung benennen und dabei auf die
unterschiedlichen Schwerpunkte eingehen:
Probleme aus der individuellen Patientensicht erfassen
Einflussfaktoren, Ursachen und Symptome des Problems erheben
Unterstützung bei der Klärung der Gefühle des zu Beratenden mit
anschließenden einbeziehen in den Prozess
Man muss zwischen Beratungsbedarf und –bedürfnis unterscheiden. Ein
Beratungsgespräch kommt nicht zustande, wenn Beratungsbedarf und
Beratungsbedürfnis nicht zusammenfallen. Bei einem Beratungsbedarf ist die
Pflegekraft der Meinung, dass eine Beratung stattfinden sollte, aber der Patient nicht.
Bei einem Beratungsbedürfnis ist dies genau umgekehrt Der Patient sendet keine
eindeutigen Signale, dass er eine Beratung braucht und dies kann dazu führen, dass
die Pflegekraft diese Signale nicht wahrnimmt.
Phase 3:
Hier wird die gemeinsame Zielsetzung definiert, die von dem Beratungsansatz
abhängig ist. Die Erkenntnisse werden von dem Berater zusammengefasst um
verschiedene Optionen darzustellen, was bei der Beratung erreicht werden soll(vgl. Hummel-Gaatz und Doll 2007, S. 26-30.).
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Phase 4:
In dieser Phase geht es um das Entwickeln von Lösungen. Der Berater hört dem
Patienten aktiv zu und dieses aktive Zuhören wird durch gezieltes Nachfragen
unterstützt. Die Wünsche des Patienten werden mitberücksichtigt und in den
Problemlösungsversuchen einbezogen.
Phase 5:
Die Phase 5 wird auch als Reflexion bezeichnet und dient der Bewertung des
Gesprächsverlaufes, der Zusammenfassung des Erkenntnisgewinns und der
Vereinbarung von konkreten Handlungsschritten.
Hier haben die Patienten die Möglichkeit den Verlauf und das Gespräch kritisch zu
bewerten und sich zu äußern wie zufrieden sie waren.
Auch der Berater sollte sich Zeit nehmen und das eigene Verhalten zu reflektieren,
welches außerhalb des Gespräches geschieht, welches aber zu einem
professionellen Beratungsprozess gehört.
Phase 6:
In der letzen Phase wird das Gespräch dokumentiert und bewusst beendet. Hierbei
ist es wichtig, dem Patienten aufzuzeigen wie sein Veränderungsprozess weiterhin
begleitet werden kann und wer ihn dabei unterstützen kann selbstständiger zu
werden (vgl. Hummel-Gaatz und Doll 2007, S. 26-30.).
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2.6 Beratungsmethoden und –techniken
Es gibt viele Methoden und Techniken, die bei einem Gespräch in der Beratung
angewendet werden können. Je nach Theorietradition, Situation und
Beratungsphasen unterscheidet man folgende Fragestellungen:
Offene Frage: Sie fördert den Dialog, indem sie dem Patienten die Möglichkeit
gibt sich zu äußern und beginnt mit den Fragewörter wer, wo, was, wann oder
wie kam es dazu.
Geschlossene Frage: Diese lässt sich nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten
und bestätigt die Zusammenfassung der Pflegeperson.
Alternativfrage: Diese bietet zwei Möglichkeiten zur Auswahl und dient als
Entscheidungsfindung.
Suggestivfrage: Um eine Richtung für die Antwort vorzugeben, eine Meinung
zu unterstellen oder zu beeinflussen kann diese Fragestellung verwendet
werden. Ein Beispiel wäre „Sie wollen das eh nicht!“.
Indirekte Frage : Sie rufen Informationen nicht auf direktem Wege ab, wie zum
Beispiel „Ich würde gerne wissen, wann du morgen kommst?“.
Rhetorischen Frage: Hier wird keine Antwort erwartet, wie auf die Frage
„ Machen wir nicht alle Fehler?“.
Wunderfrage: Sie ist eine Methode der „Kurztherapie“ und wird verwendet, um
den Patienten einen neuen Blickwinkel zu eröffnen und die Bedeutung des
Problems zu analysieren.
Verschlimmerungsfrage: Der Patient sollte sich vorstellen, was er tun müsste,
damit sich sein Problem verschlechtert.
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Zirkulären Frage: Der Patient soll die Situation aus der Perspektive seiner
Partnerin oder seines Sohnes betrachten und schildern, um dabei neue
Lösungswege finde.
Nun möchte ich auf die Beratungsmethoden eingehen und diese kurz erklären.
Pacing: Dies bedeutet, dass die Körpersprache, die Bewegungen der
Patienten gespiegelt werden. Pacing soll dabei helfen, dem Patienten zu
signalisieren, dass die Beraterin auf ihn eingeht und versucht ihn in seiner
Welt abzuholen.
Wiederholen: Hier wird die wörtliche Wiedergabe des Patienten wiederholt
und soll somit dem Patienten zeigen, dass die Beraterin aufmerksam zuhört
und das richtig verstanden hat, was der Patient gesagt hat.
Paraphrasieren: Es ist die Wiederholung mit eigenen Wörtern welche helfen
soll Missverständnisse frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen.
Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte: Spricht die Beraterin den Patienten
auf Gefühle an, die sie aus dessen Ausführungen, oder aus der
Körpersprache des Patienten signalisiert bekommt, soll das dem Patienten
helfen verdeckte Emotionen bewusst zu machen und dadurch neue
Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Leading : Hier wird versucht das Individuum langsam zu neuem Denken,
Fühlen, Handeln zu bewegen und somit neue Lösungen zu finden und neue
Wege auszuprobieren.
Rafraiming : Diese Methode richtet sich gegen entwicklungsstörende
Denkmuster und soll dem Patienten helfen ihn „wachzurütteln“ und somit bei
ihm Veränderungen anzustoßen.
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Konfrontieren: Hier versucht die Beraterin den Patienten mit den
Widersprüchen, die ihr während des Gesprächs aufgefallen sind zu
konfrontieren und so den Patienten auf sein Problem aufmerksam zu machen.
Direktheit: Die Beraterin teilt dem Patienten mit, wie ihr Verhalten auf sie wirkt
und versucht so den Patienten anzuregen und sein Verhalten zu überdenken.
Informieren: Der Patient bekommt wichtige Informationen in Bezug auf sein
Problem. Das Informieren dient als Wissensgrundlage zur Lösungsfindung. Es
soll ihm aber auch bei seinen Entscheidungen unterstützen (vgl. Hummel- Gaatz
und Doll 2007. S. 31-33.).
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3. Das systemische Beratungsmodell von Hummel-Gaatz und Doll
Im Beratungsmodell von Hummel-Gaatz und Doll werden die Kontexte, die
Interaktionen und Wechselbeziehungen der „Lebenswelt Patient“ und des
„Betreuungssystems“ dargestellt.
Abbildung 2: HUGADO Modell
Zu dem System „Lebenswelt Patient“ gehört der Patient selbst, aber auch sein
„näheres Umfeld“ wie seine Familie oder Freunde und sein „weiteres Umfeld“ wie
zum Beispiel seine Nachbarn, Arbeitskollegen, etc. (vgl. Humme-Gaatz und Doll 2007, S.
22.).
Das System wird durch den politischen und gesellschaftlichen Rahmen festgelegt.
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Der Patient wird in diesem Modell als bio- psycho-sozio-spirituelles Wesen
angesehen, in dem sich die körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen
Dimensionen widerspiegeln.
3.1 Problemverständnis
Man unterscheidet zwischen vier Dimensionen, die von den Erkrankungen und deren
Auswirkungen abhängig sind. Die Krankheit, Behinderung wirkt sich auf das System
„Lebenswelt Patient“ aus. Das Wahrnehmen der Dimensionen, d.h. ob eine
Dimension im Vordergrund steht oder ob sie vom Patienten gezeigt wird bzw. von
der Umwelt wahrgenommen wird, ist von der Situation abhängig.
Ein Beispiel für die oben genannten Dimensionen wäre die Übelkeit. Sie wirkt sich
körperlich auf die Appetitlosigkeit, auf der sozialen Dimension auf Isolation und auf
der psychischen und spirituellen Ebene durch Verluste der Lebensqualität aus.
3. 2 Ziele
Ein wichtiger Bereich dieses Systems ist die Bezugsperson, die auch durch die
Erkrankung des Patienten leiden kann. Die Bezugspersonen werden dadurch auch
von den Pflegekräften beraten und unterstützt. Die Pflege- und Betreuungsaufgaben
gegenüber dem Patienten stellen die Bezugsperson vor eine große Hürde, die von
der Person bewältigt werden soll. Ein weiteres Ziel ist es auch die vorhandenen
Ressourcen im System zu nutzen, den Patienten in die Entscheidung einzubeziehen
und das Verhalten welches zum „Gesundwerden“ führt, zu fördern.
Es gibt Beratungsanlässe zwischen den Pflegekräften, Patienten und den Ärzten. Die
Pflegekräfte übernehmen hier unter Anderem die Dolmetscherfunktion bezogen auf
die Diagnosen und Therapien, da sie den Patienten sehr vertraut sind und mögliche
Verständigungsprobleme überbrücken können.
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Der Übergang des Patienten vom Krankenhaus in eine Pflegeeinrichtung oder von
einer stationären in eine häusliche Betreuung wird in dem Entlassungsmanagement
als Betreuungsanlass behandelt. Die vorhersehbaren Probleme, wie zum Beispiel
das neue Umfeld, sollten von den Pflegekräften so bald als möglich, behoben
werden.
Das Versorgungsmanagement gilt nur bei Patienten, die bereits die professionelle
Pflege im häuslichen Umfeld in Anspruch genommen haben (vgl. Hummel-Gaatz und Doll
2007, S. 24.).
3.3 Haltung der BeraterIn
Jede Pflegekraft sollte mit unterschiedlichen Kompetenzen ausgestattet sein, die
unterteilt werden in:
Fachkompetenz
Methodenkompetenz
Sozialkompetenz
Personalkompetenz (vgl. Humme-Gaatz und Doll 2007, S. 23.)
Unter Fachkompetenz versteht man alle Kenntnisse über die speziellen Themen
bzw. Pflegephänomene, in denen Probleme beim Patienten identifiziert werden
können. Es bezieht sich auf die Kenntnisse, welche Pflegekraft braucht, um
Anleitung und Beratung als Methode durchzuführen.
Die Methodenkompetenz bezieht sich auf die Gestaltung des Beratungs- und
Anleitungsprozesses und seiner Kontextbedingungen. Das Merkmal ist, die
Verknüpfung von Beratungsinhalte und Beratungsmethoden.
Sozialkompetenz ist wiederum schwer zu definieren, da Beratung ein Beziehungs-
und Interaktionsprozess ist, es wird größtenteils von der Methodenkompetenz
abgedeckt. Zu erwähnen ist aber, dass Beratung nicht nur die Kommunikation
zwischen zwei Individuen, sondern die Interaktion von Mitgliedern verschiedener
Systeme ist. Daher soll die Pflegekraft diese Verpflichtungen analysieren und
mitgestalten.
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Bei der Personalkompetenz liegt das Augenmerk auf die Reflexion eigener
Handlungen und Positionen bezogen auf das eigene Menschenbild, das eigene
Gesundheits- und Pflegeverständnis und das Beratungsverständnis der Pflegekraft.
Die Beraterin muss konkrete Beratungs- und Anleitungsprozesse einnehmen
können.
Die wechselseitige Aufeinandereinwirkung zwischen der Pflegekraft, dem
„Betreuungssystem“ und dem System „Lebenswelt Patient“ bezeichnet man als
Beratungsprozess. Wichtig ist hierbei, dass dieser Prozess nicht als statisch,
eindimensional und linear zu sehen ist, sondern als dynamisch und wechselwirkend
zu verstehen ist (vgl. Humme-Gaatz und Doll 2007, S. 23.).
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4. Der biografieorientierte Beratungsansatz von Darmann und Sahm
Biografien sind das eigene Leben betreffende soziale Selbstbeschreibungen oder
Selbstpräsentationen (Fischer-Rosenthal, 1997.).
Ein Zeichen für die wachsende Bedeutung von beratenden Tätigkeiten für die Pflege
in den letzten Jahren ist die hohe Beschäftigungsrate in wissenschaftlichen
Zeitschriften seit 1990 (vgl. Sahm. 2005.). Durch andere Studien ist jedoch zu sehen,
dass diese Beratungsangebote bislang unprofessionell gestaltet wurden.
Die unprofessionelle Vorgangsweise hat den Hintergrund, dass die biografischen
Perspektiven des Patienten zu wenig berücksichtigt wurden.
In dem biografieorientierten Beratungsansatz werden zwei Konzepte, der Ansatz von
Koch-Straube (siehe Kapitel 6.) und von Abt-Zegelin aus dem deutschsprachigen
Raum näher beschrieben. Daraus ist zu sehen, dass in beiden Konzepten wichtige
biografische Konstruktionsprozesse ausgeblendet werden.
Die pflegerische Beratung ist nicht rein psychologische Beratung, die auf nicht-
direktive Modifikation abzielt, aber auch nicht rein soziale Beratung, diese These
verfolgt Koch-Straube. Die Besonderheiten der Beratung sind die Kommunikation
zwischen Pflegenden und Patienten, der Austausch von Sprache sowie der
Austausch von Berührungen.
Der Mittelpunkt des Koch-Straube Ansatzes ist der Aspekt der Leiborientierung.
Ebenso ein zentrales Charakteristikum ist die „Heilung“, im Sinne eines
prozesshaften, leiborientierten Geschehens. Weiters ist sie der Meinung, dass der
biografische Kontext berücksichtigt werden soll (vgl. Darmann-Finck und Sahm 2006, S.287-
288.).
Weitere Informationen vom Koch-Straube Modell sind im Kapitel 6 erläutert.
Das zweite Konzept ist von Abt-Zegelin. Sie ist die Mitbegründerin des Wittener
Konzepts und verwendet den Begriff Patientenedukation für folgende Aktivitäten:
Informieren, Schulung und Beratung.
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Unter dem Begriff „Informieren“ versteht sie die gezielte Mitteilung, Bereitstellung
verschiedener Medien, Recherchehilfen, etc. Schulung wird als zielorientiertes,
strukturiertes und geplantes Vermitteln von Wissen beschrieben und Beratung als
ergebnisoffener, dialogischer Prozess.
Weiters ist zu erwähnen, dass der Begriff Edukation unter seiner internationalen
Gebräuchlichkeit zu berücksichtigen ist, wobei den Ausgangspunkt eine Erkrankung
mit den damit einhergehenden Defiziten im Alltag darstellt. Dieser Zustand ist
bekannt unter dem Begriff „Nullpunkterfahrung“. Hier ist der Bruch der Biografie
gemeint, der mit dem Beginn der Erkrankung beginnt. Durch Patientenedukation soll
Empowerment im Sinne einer Stärkung des eigenen Lebensmanagement erreicht
werden. Als Arbeitsinstrument wird die Methode des Kompetenzdialogs verwendet, die eine
Form der lösungsorientierten Beratung darstellt und zur Zukunftsorientierung
beiträgt. Folgende Komponenten werden im Wittener Konzept für die
Wiederherstellung der Alltagskompetenz vorgeschlagen: Wissen über die
Erkrankung, Handlungsfähigkeit und Motivation. Es lassen sich bei diesen
Komponenten Parallelen feststellen. Das Ziel dieses Konzeptes ist Compliance (vgl.
Darmann-Finck und Sahm 2006, S. 288.).
4.1 Problemverständnis
Herr M. (54) lebt gemeinsam mit seiner Ehefrau. Seit einem Apoplex hat Herr
M. mehrere neurologische Ausfallerscheinungen. Um die häusliche
Versorgungssituation finanziell zu gewährleisten und sozialrechtliche
Ansprüche erheben zu können, muss Herr M. gemäß der Pflegeversicherung in
eine Pflegestufe eingeordnet werden. Daher nimmt das Paar Kontakt mit einem
Pflegedienst, welcher mit einer umfassenden Pflegeberatung wirbt, auf. In der
Beratungssituation informiert der Pflegedienst über die Vorgehensweise der
Einstufung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversichern (MDK),
macht dem Paar ein Angebot hinsichtlich möglicher pflegerischer Leistungen
und übernimmt schließlich die Kontaktaufnahme mit der Krankenkasse. (vgl. Darmann-Finck und Sahm 2006, S. 289.)
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Dieses oben genannte Fallbeispiel soll auf das Problemverständnis aufmerksam
machen, da hier der sozialrechtliche Aspekt im Vordergrund steht und die
angebotenen Dienstleistungen ein Standardangebot darstellen, wobei die
Problemlage des Herrn M. und seiner Ehefrau nicht erfasst wird, wie zum Beispiel
die Berufslosigkeit des Herrn M., Überlastung der Ehefrau, etc.
Diese psychosozialen Hintergründe und Folgen der Pflegebedürftigkeit und die
Ressourcen des Herrn M. werden nicht untersucht und es wird daraus keine
Konsequenz gezogen.
Als strukturdeterminierte Antwort eines Systems auf eine Störung in Form einer
Erkrankung wird Coping aus systemtisch-konstruktivistischer Perspektive gesehen.
Dies bedeutet, dass die Erkrankung Deutungsmuster und
Verabreichungsmechanismen im System bestimmt. Wie ein Patient auf seine
chronische Erkrankung reagiert, ist abhängig davon, welche subjektiven
Krankheitskonzepte, Kontrollüberzeugungen und sozialen Netzwerke biografisch
entwickelt wurden (vgl. Grieshop, Holtkotte, 1999.).
Geht man davon aus, dass Krankheiten biografisch erzeugt werden, so müssen die
Pflegenden auf die Perspektive des Patienten näher eingehen. Eine solche
biografische Diagnostik ist von Bedeutung, wenn die Problemlagen komplex sind (vgl. Darmann-Finck und Sahm 2006, S. 289.).
4.2 Ziele
Das Ziel hierbei ist es, dass durch die Beratung die Revision des bisherigen
Lebensentwurfes unterstützt wird. Sie müssen die Verluste, Einschränkungen und
Verunsicherungen verkraften, aber auch Emotionen wie Angst,
Minderwertigkeitsgefühl, Trauer, Schmerzen, Gefühle der Abhängigkeit verarbeiten
und zu dem Ganzen noch Selbstmanagement aufbauen.
Ein weiters Ziel ist es auch, dass die Patienten versuchen ihrem Leben neuen Sinn
zu geben und sich an die beruflichen und privaten Planungen anzupassen.
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Mit dem Beginn der Moderne muss das Individuum eine Vielzahl von Angeboten
aktiv in sein Leben integrieren. Dieser Prozess wird als biografische Arbeit
bezeichnet. Das Ziel ist es, dass die erzählte Biografie den Pflegepersonen und
Forschern Anhaltspunkte gibt über reale Ereignisse und Bedingungen.
Aber auch, dass dadurch neue biografische passende Lösungen erarbeitet und
Situationen wieder Sinn gegeben wird.
Hier ist auch Coping wichtig. Der Begriff wird von mehreren Leuten definiert, zum
Beispiel bezeichnet Lazarus den Begriff als Prozess der emotionalen, kognitiven und
aktionalen Auseinandersetzungen der Patienten mit deren äußeren und inneren
Belastungen (vgl. Darmann-Finck und Sahm 2006, S. 289.).
4.3 Haltung der BeraterIn
Der/ die BeraterIn übernimmt hier die Rolle des Zuhörers und lässt so den Raum für
die Rekonstruktionen der Beratenden. Im Vordergrund steht das Beschreiben des
individuellen und subjektiven Erlebens der Krise und nicht die Deutung auf die
Lösungsideen.
Die Berater nehmen sich ein Beispiel am Soziologen Schütze und führen so die
Beratung so durch, dass die Probanden durch eine offene Erzählaufforderung dazu
angeregt werden, ihre Lebensgeschichte oder Lebensphase zu erzählen, ohne sie
dabei zu unterbrechen.
Erst am Ende des Erzählens hatte er den Probanden Fragen gestellt. Diese Methode
nennt sich narratives Interview.
Ähnlich wie Schütze hatte es auch Hanses gemacht. Er hatte das Interview mit
folgenden Sätze angefangen: „Erzählen Sie doch bitte, wie Sie hierher gekommen
sind!“ oder „Wie kam es zu den Problemen, und wie hat sich dann alles
weiterentwickelt, erzählen Sie doch mal!“. Durch das Fragen-Antwort- Spiel nimmt
die Pflegekraft die Rolle des Zuhörers ein und im Vordergrund steht das Gespräch.
Hanses hat die Ressourcen und Defizite mit den Seiten einer Medaille verglichen, die
eng beieinander liegen, z.B. dass biografische Ereignisse sowohl positiv als auch
negativ gedeutet werden können.
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Ob die Methode der biografischen Diagnostik eine bessere Erfolgsquote aufweist
konnte im Rahmen des Projekts nicht beurteilt werden (vgl. Darmann-Finck und Sahm
2006, S.291- 292.).
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5. Das Pflegeberatungsmodell für chronisch Kranke von Helligen und Hüper
Das Wort „Chronos“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Zeit“.
Curtin/Lubkin und Badura definieren den Begriff „chronische Krankheit“ so:
„Unter chronischer Krankheit versteht man, dass irreversible Vorhandensein
bzw. die Akkumulation oder dauerhafte Latenz von Krankheitszuständen oder
Schädigungen, wobei im Hinblick auf die unterstützende Pflege, Förderung der
Selbstsorgekompetenz, Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und
Prävention weiterer Behinderung das gesamte Umfeld des Patienten gefordert
ist“ (Curtin/ Lubkin 2002. S, 26.)
„… Ergebnisse eines länger andauernden Prozesses degenerativer
Veränderung somatischer und psychischer Zustände“ bzw. „… Krankheiten, die
zu dauerhaften psychischen, somatischen Problemen führen“ (Badura 1981. S. 7.)
Der Prozess des Erlebens einer chronischen Krankheit aus vergangener und
heutiger Sicht wird in folgenden Zitaten deutlich.
„Oh, Gott, du kommst jetzt aus dem Krankenhaus und du sitzt da zu Hause
und du weißt eigentlich gar nichts oder viel zu wenig über die Krankheit.
Wie sollst du damit umgehen? Im Krankenhaus sagen die Ärzte einem ja
ein bisschen, aber das reicht ja nicht für das ganze Leben, das man mit der
Krankheit verbringt.“ (Hellige 2002, S. 11.)
Und ein Zitat von heute:
„… denken wir gar nicht mehr daran. Jetzt geht’s mir gut… heute wie der
junge Gott… da fahr ich mit meinem E-Rolli rum, ich bin überall“ ( Hellige 2002, S. 11.)
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Wie man aus den Zitaten herauslesen kann, liegen zwischen diesen Aussagen viele
Jahre. Es wird deutlich, dass sich die Wahrnehmung und das Leben mit einer
chronischen Krankheit, in diesem Fall der Multiple Sklerose (MS) verändert haben.
Hinter der Krankheit, die anfangs als etwas Fremdes wahrgenommen wird, steht eine
mühevolle Bewältigungsarbeit, die im Gesundheitswesen kaum wahrgenommen
wird.
Selbstverständlich ist es, dass chronische Erkrankungen einen sehr großen Einfluss
auf das gesamte Leben der Betroffenen, die Behandlungen und die Pflege haben.
Chronisch kranke Menschen haben viele Anpassungs- und Bewältigungsleistungen
zu vollbringen. Aufschluss über diese Leistungen sind durch diverse Studien aus der
Vergangenheit zu gewinnen.
Bezugspersonen und chronisch Kranke müssen verschiedenste Kompetenzen auf
unterschiedlichen Ebenen erwerben, um einen guten Umgang mit den Erkrankungen
zu haben (vgl. Hellige und Hüper 2007, S. 53-54.).
Nun ein paar Merkmale der chronischen Erkrankung:
Dauerhaftigkeit der Krankheit
Krankheit verläuft phasenhaft
Großes Bemühen Symptomauswirkungen abzuschwächen
Soziale Isolation durch die Krankheit
Senkung des Selbstwertgefühles
Veränderung des körperlichen Aussehens
Veränderung der körperlichen Fähigkeiten
Krankenhäuser haben zu wenig Erfahrung in Bezug auf chronische
Krankheiten
Unsicherheit bezogen auf die Krankheit, aber auch auf die Bezugspersonen
o Krankheitsunsicherheit
o Symptomunsicherheit
o Diagnostische Unsicherheit
o Unsicherheit im Alltagsleben (vgl. Hellige und Hüper 2007, S. 53.59.)
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
5.1 Problemverständnis
Das pflegerische Beratungsmodell geht davon aus dass chronisch-kranke Menschen
sich auf einem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum befinden und somit zwischen den
Polen Gesundheit und Krankheit schwanken.
Das bedeutet nicht dass sie krank oder gesund sind, sondern dass sich gesunde und
kranke Anteile verschränken und ergänzen.
Um ein Verständnis für chronische Krankheiten zu bekommen und nur darauf kann
pflegerische Beratung aufbauen, haben Strauss und Corbin die Pflege- und
Krankheitsverlaufskurve definiert. Diese Kurve baut auf qualitativen Studien auf.
Diese beinhalten sowohl physiologische als auch psychologische Phänomene der
Krankheit. Die wichtigste Aufgabe besteht darin Symptome und Zeichen zu
erkennen. Nicht zu vergessen sind die mitberücksichtigten soziologischen
Phänomene.
Bewältigung der Krankheit wird als ein Prozess angesehen, der das ganze Leben
andauert und kann je nach Situation zwischen Betroffenen, den Angehörigen und
den Professionellen neu ausgehandelt werden.
Ein weiterer Aspekt, der sich auf die Kurve auswirken kann, ist eine Menge von
biografischen Konsequenzen, die von den Pflegekräften nicht berücksichtigt werden (vgl. Hellige und Hüper 2007, S. 60-62.).
Weiters werden die Verlaufskurvephasen erklärt, die die Veränderung der
zusammenhängenden Arbeit und die biografischen Veränderungen beinhaltet.
Die Probleme, die hier entstehen, sind am Beginn einer Krankheit, am Ende der
Diagnosephase, und in der Phase, in der die Betroffenen und ihre Angehörigen
lernen müssen, die chronische Krankheit zu integrieren.
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
In der Verlaufskurvenphasen unterscheidet man zwischen:
Verlaufskurvenphasen Zentrale AspekteVorstadium Lebensweisen, die eine Gesellschaft für
eine chronische Krankheit im Voraus
festlegtVerlaufskurvenbeginn Erste Symptome und Einsetzen der
Diagnostik
Angst bei der Auswirkung auf den Alltag,
Berufsleben, die FamilieStabile Phase Krankheitsverlauf derzeit kontrolliert
Krankheitsmanagement findet zu Hause
stattInstabile Phase Unkontrollierbare Symptome
Probleme den Alltag, die Familien- und
Berufsarbeit zu organisierenAkute Phase Komplikationen und Aktivitäten nur
begrenzt möglich
Krankheitseinweisung notwendigKrisenphase Kritische oder lebensbedrohliche
SituationNormalisierung Neue Wege finden, mit den
eingeschränkten Ressourcen zu leben
Verlauf aufwärts gerichtetAbwärtsphase Probleme bei der Symptomkontrolle
Alltag und Biografie müssen ständig
angepasst werdenSterbephase Tage oder Wochen vor dem Tod
Rapide Fähigkeitsverluste
Leben reflektieren um es loslassen zu
könnenTabelle 1: Verlaufskurvenphasen
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Diese Verlaufskurvenphasen beinhalten drei Hauptarbeitslinien und zwar die
Krankheitsarbeit, die Biografiearbeit und die Alltagsarbeit.
Ein Beispiel für die Krankheitsarbeit einer Diabetikerin wäre die Einhaltung einer Diät,
die regelmäßige Messung der Blutzuckerwerte und die richtig dosierte Einnahme der
Medikamente (vgl. Hellige und Hüper 2007, S. 60-65.).
Corbin und Strauss unterscheiden drei Bestandteile der Biografie: die biografische
Zeit, die Selbstkonzeption und den Körper.
Unter biografischer Zeit versteht man das Kontinuum in der sich jeder Mensch
bewegt und zwar die Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft.
Die Selbstkonzeption oder Identität ist abhängig von der Wahrnehmung des eigenen
Körpers und entwickelt oder verändert sich im Laufe des Lebens, wobei sie bei
chronischer Krankheit in Frage gestellt wird, zum Beispiel bei einer Schwangerschaft
bei bestimmten Medikamentenregimen (vgl. Hellige und Hüper 2007, S. 66.).
Der Körper ist das „Medium, durch das Selbstkonzeptionen gebildet werden“ (Corbin/Strauss 2004, S. 71.).
Durch den Körper nehmen wir die Welt unbewusst war, zum Beispiel riechen, hören,
schmecken, sehen, etc. Diese oben genannten Handlungen werden erst so richtig
bei MS Lähmungserscheinungen bewusst (vgl. Hellige und Hüper 2007, S. 63-66.).
5.2 Ziele
Ein Ziel ist es, dass die Beratung nicht auf die chronische Krankheit zielt, sondern
Wert auf die Bewältigung des Alltags des Patienten legt. Ein weiteres Ziel ist die
Stärkung der Selbstsorge und die Anpassung der Patienten an die Veränderungen
der Patienten.
Die Berater versuchen dem Patienten so gut es geht dabei zu helfen sich mit der
Krankheit abzufinden, Identität wiederherzustellen, aber auch seine Biografie neu zu
entwickeln. Ein weiterer wichtiger Punkt ist es auch die Krankheit als Teil des Lebens
zu sehen und es zu akzeptieren.
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Da die Betroffenen nicht nur medizinische Hilfe, sondern auch eine emotionale oder
soziale Unterstützung benötigen, versucht man in der Beratung auf die emotionale
Ebene einzugehen. Würde man nur auf den Körper „achten“ und die Gefühle im
Hintergrund lassen, wäre das von der Seite der Beratung unprofessionell.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist, dass die Beratung auf das Kohärenzgefühl zielt und es
stärkt. Es wird aber auch durch das Empowerment die Autonomie der Patienten
gestärkt.
Der zentrale Aspekt bei chronisch Kranken ist es, sich selbst, den Körper und die
biografische Zeit neu zu definieren, damit wieder Normalität auf neuem Niveau
einkehren kann (vgl. Hellige und Hüper 2007, S. 54-57.).
Zu den alltäglichen Alltagsarbeiten gehören zum Beispiel: Haushaltsführung,
Berufsausübung, Arbeit zur Beziehungsgestaltung, Kindererziehung, etc. Diese
Arbeitslinien bzw.-typen lassen sich bei chronisch Kranken noch einmal unterteilen
und zwar in:
Körperbezogene Arbeit
Medizinisch-technische Arbeit
Informationsarbeit / Kooperationsarbeit
Aushandlungsarbeit
Sicherheitsarbeit
Wohlbefindensarbeit
Gefühlsarbeit
Biografiearbeit (vgl. Hellige und Hüper 2007, S. 67-71.)
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
5.3 Haltung der BeraterIn
Ein wichtiger Punkt bei dem Modell ist eine Beratungsbeziehung, die eine Balance
zwischen Nähe und Distanz hält und so Raum für die subjektive Leidensgeschichte
jeder Patientin und ihre individuelle Deutungen gibt.
Die Berater legt das Augenmerk nicht auf die Krankheit des Patienten, sondern auf
die Gesundheit und zwar indem sie nicht Fragen stellen was die Patienten krank
macht, sondern was sie gesund macht bzw. hält.
Der Berater macht sich auch einen Überblick wie der Patient lebt, wer ihn bei seiner
Krankheit unterstützt, wer für ihn sorgt, aber auch wie er sich innerlich fühlt. Und so
versucht die Beratung die externen und internen Ressourcen zur Bewältigung des
Problems einzuschließen und neue Lösungswege zu finden (vgl. Bernhardt 2008,
Vorlesungsfolien.).
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
6. Der integrative leiborientierte Beratungsansatz von Koch-Straube
Der letzte Ansatz der Arbeit ist der integrative leiborientierte Beratungsansatz von
Koch-Straube-
6.1 Problemverständnis
Wie wird der Patient betrachtet, der Pflege in Anspruch nimmt? Als einen Körper, der
als eine materielle, von außen sichtbare Hülle gesehen wird, ausgestattet mit seinen
Organen und Funktionen und uns einen Strich durch die Rechnung machen kann,
indem er nicht funktioniert?
Oder als eine Maschine, die man durch Spritzen, mit Pillen, Verbänden, aber auch
durch Operationen wieder in Ordnung bringen kann. Oder begegnen wir einem Leib?
Wenn man diese Sätze liest, erschreckt man sich zuerst, weil man sich nicht
vorstellen kann, dass eine pflegebedürftige Person so angesehen werden kann.
Trotzdem unterliegen wir diesem Denken und handeln entsprechend.
Der Leib umfasst damit mehr als den Körper, den man von außen beschreiben kann
und dessen Funktionen beobachtbar und messbar sind. Der Leib besteht aber auch
nicht nur aus Körper, Geist und Seele, wie es unser praktisches Handeln bestimmt. (vgl. http://www.beratunginderpflege.de/pdf/berichte/symposium_april_2005/02_Vortrag_Prof_%20Dr_
%20Ursula_Koch-Straube.pdf Stand: 22.Februar.2010)
Um sich das besser vorstellen zu können, hier ein paar Definitionen ein.
„Der Leib, ist vielmehr die biologische und physiologische Basis unserer Intentionen,
Wahrnehmungen und Erkenntnisse, unseres Wollens, unserer Handlungen und
unseres gesamten Lebens“, so definiert Martin Schnell den Begriff Leib.
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Schnell definiert es so: „Einen Leib zu haben, ein leibliches Wesen zu sein, bedeutet
verankert sein in der Welt, verwoben sein mit ihr. Es bedeutet aber auch Krankheit,
Leid oder Zerfall zu erfahren oder behindert zu sein.“
Also kann man zusammengefasst sagen, dass der Mensch mit seinem Leib in sein
soziales und ökologisches Umfeld eingebunden ist und in ständigem Austausch, in
ständiger Korespondenz steht.
Weiters ist noch wichtig zu erwähnen, dass es nicht nur um eine Sammlung von
körperbezogenen Daten oder Informationen zur Lebenssituation und Biographie
geht. Sie können uns zur Veränderung des Lebens nicht beitragen.
Daher soll uns die Leiblichkeit der Menschen helfen von der Starrheit festgelegter
Daten zu befreien. Hier begegnen uns zwei Leibwesen, die miteinander leiblich
kommunizieren.
Zusammengefasst können wir sagen, dass der Begriff des Leibes eine untrennbare
Einheit von Körper, Geist und Seele ist, und dass er darüber hinaus eingebunden
und geprägt wird von seinem sozioökologischen Kontext, seiner Biografie und seinen
Zukunftserwartungen. Das heißt, dass in der Pflege nicht nur der Körper versorgt,
gereinigt, etc. wird, sondern es wird auf den Leib des Menschen geachtet (vgl.
http://www.beratunginderpflege.de/pdf/berichte/symposium_april_2005/02_Vortrag_Prof_%20Dr_
%20Ursula_Koch-Straube.pdf Stand: 22.Februar.2010).
6.2 Ziele
Das Ziel der Beratung ist die Heilung des Leibes. Unter Heilung wird das
ganzheitliche, leiborientierte Geschehen verstanden. Das heißt bei jeder Maßnahme
sind Pflegende und Gepflegte mit ihren subjektiven Wirklichkeiten konfrontiert.
Ein weiterer Punkt ist das gemeinsame Erkunden von Lösungsschritten auf der Basis
der Wünsche, Werte, Erfahrungen, aber auch die Würde des Patienten.
Leiborientierte Beratung legt nicht nur auf Krankheiten, Behinderungen und
pflegebedürftige Zonen des Körpers Wert, sondern auch auf die
Umsetzung/Integration seiner Erfahrung in seinen Lebensentwurf.
Die Pflegenden bieten den Patienten nicht nur die medizinischen bzw.
pharmakologischen Unterstützungsleistungen. Das Angebot der Pflegenden reicht
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
vom Kontakt zur Seele der Menschen bis zu einer Beratung, die den Patienten hilft,
die Sprache ihrer Schmerzen zu analysieren.
Weiters geht es um die Wiedergewinnung der Sensibilität für ein Berühren aus
Berührtsein und ein Berührtsein aus Berührung.
6.3 Haltung der BeraterIn
Den Beratern ist bekannt, dass kein körperlicher Schmerz ohne Rückmeldung auf
seelischer und geistiger Ebene bleibt und jedes Erleben sich in Körperregionen
wiederfindet.
Sehr wichtig ist der Prozess des Verstehens, des Suchens und des Findens von
Lösungen, aber auch die Akzeptanz des Unveränderbaren.
Um sich damit auseinanderzusetzen, sollte vorher eine vertrauensvolle Atmosphäre
geschaffen werden und das Augenmerk auf die aktuelle Wirklichkeit des Patienten
gelegt werden und nur so dem Patienten geholfen werden kann.
Die Lebensziele oder Wünsche des Patienten können durch die professionellen
Berater im Verlauf wandeln, die der veränderten Lebenssituationen zuträglich ist.
Und daher sind die Berater der Ansicht, dass die Probleme zum Leben dazugehören
und entwickelt werden wollen.
Um noch einmal zusammenzufassen was leiborientierte Pflege ist:
Untrennbare Einheit von Körper, Geist und Seele
Es geht um leiborientierte Wahrnehmung der Situation des Patienten
Gemeinsame Suche nach Ressourcen und Entwicklungschancen
Lösungsschritte auf der Basis der Wünsche, Werte, Erfahrung suchen
Achtung der Selbstbestimmung und Würde des Patienten
Leiborientierte Pflege ist geprägt vom sozioökonomischen Kontext, dem
biografischen Gewordensein und den Zukunftserwartungen
Es wird versucht den Leib des Patienten zu berühren (vgl.
http://www.beratunginderpflege.de/pdf/berichte/symposium_april_2005/02_Vortrag_Prof_
%20Dr_%20Ursula_Koch-Straube.pdf Stand: 18.Februar.2010)
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
7. Resümee
Da Beratung nicht genau definiert ist, habe ich am Anfang meiner Arbeit
verschiedene Definitionen der Beratung angeschaut und bin dann näher auf die
Beratung in der Krankenpflege eingegangen. Dabei entstehen unterschiedliche
Ansichten, weil jeder Mensch sein Problem anders definiert. Einerseits gibt es Leute
die über ihre Sorgen offen und ehrlich mit seinen Mitmenschen reden und
andererseits gibt es jene, die denken, dass sie ganz alleine das Problem bewältigen
werden bzw. müssen. Die Vorgangsweise der Beratung wird im ersten Teil der Arbeit
erklärt.
Ein für mich wichtiger Punkt ist, dass Berater auf die Rahmenbedingungen,
Methoden und- techniken, die oben näher erläutert wurden, eingehen sollten, damit
ein gelungenes Beratungsgespräch stattfinden kann.
Nachdem ich den allgemeinen Teil verfasst habe, legte ich mein Augenmerk auf die
Beratungsmodelle in der Krankenpflege, in dem ich versucht habe, bei den Modellen
das Problem, die Ziele und die Haltung der Beraterin zu untersuchen.
Bei Modell von Hummel-Gaatz und Doll unterscheidet man zwischen zwei Systemen,
einerseits dem „Betreuungssystem“ und andererseits dem „Lebenswelt Patient“.
Dabei ist der Aspekt wichtig, dass sich die Krankheit oder Behinderung auch auf die
Bezugspersonen auswirken.
Bei dem Ansatz von Darmann und Sahm handelt es sich um einen
biografieorientierten Beratungsansatz. Das heißt, es werden biografische und
lebensgeschichtliche Dimensionen in der Beratung miteinbezogen. Je mehr man auf
diese Dimensionen eingeht, desto besser kann dem Patienten geholfen werden.
Das Hellige und Hüper Modell ist ein Beratungsmodell für chronisch Kranke. Bei
diesem Ansatz werden sieben Gegenstandsbereiche berücksichtigt. Das Problem ist
dabei, dass die Patienten zwischen den Polen Gesundheit und Krankheit pendeln.
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Ich persönlich würde den Ansatz von Koch-Straube bevorzugen, weil der Patient
nicht nur als eine Maschine, oder als ein Körper gesehen wird, sondern es wird auf
den Leib eingegangen. Es wird sehr auf Zeichen geachtet, wie zum Beispiel das
Zittern des Patienten. Es werden gemeinsam Lösungen gesucht. Hierbei entsteht
das Problem, dass auf einzelnen Patienten näher eingegangen werden soll. Das
macht sich indem deutlich, da dieses Modell nicht weit verbreitet ist.
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8. Abbildungsverzeichnis
ABBILDUNG 1: PHASENMODELL DER BERATUNG.............................................12
ABBILDUNG 2: HUGADO MODELL.........................................................................18
9. Literaturverzeichnis
Bernhardt, Birgit: Beratung in der Pflege, Vorlesungsunterlagen,
November/Dezember, (2008)
Hellige Barbara, Hüper Christa: Professionelle Pflegeberatung und
Gesundheitsförderung für chronisch Kranke (Rahmenbedingungen, Grundlagen,
Konzepte, Methoden), Mabuse-Verlag, (2007)
Hummel – Gaatz Sonja, Doll Axel: Unterstützung, Beratung und Anleitung in
gesundheits- und pflegerelevanten Fragen fachkundig gewährleisten,
München: Urban & Fischer, (2008)
Koch-Straube Ursula: Beratung in der Pflege, Hans Huber Verlag, (2008)
Fachzeitschriften:
Darmann-Finck Ingrid, Sahm Martina: Biographieorientierte Diagnostik in der
Beratung von Patienten mit chronischen Erkrankungen, In: Pflege, 19 (5) 287-293,
(2006)
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Beratungsmodelle in der Krankenpflege
Internetseiten:
http://www.beratunginderpflege.de/pdf/berichte/symposium_april_2005/02_Vortrag_P
rof_%20Dr_%20Ursula_Koch-Straube.pdf
http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Campus-fuer-Alten-und-
Krankenpflege/download/inhalt/Verschiedenes/Beratung.pdf
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