Bericht 28.10.2006

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THEMA 126Einsätze SALZBURG(SN). DasDatumwird RichardSchaefernievergessen. Aberannichts,wasam21.Okto- ber2005passiertist,kannsich der45-Jährigeerinnern. ErseiaufdemRückwegvon seinem126.EinsatzalsKrisenin- terventionshelfergewesen.Wem erwarumhelfenmusste?„Ich weißesnichtmehr.“Auchnicht, wasdannpassierte.Abererhat Fotosvonseinemvölligdemo- liertenCitröen,undweiß,„dass „Ichkämpfedafür, Samstag,28.Oktober2006 Samstag,28.Oktober2006 MARIAMACKINGER Bild:SN/KOLARIK

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3Samstag, 28. Oktober 2006T H E M A 3Samstag, 28. Oktober 2006T H E M A

THEMA

126 Einsätzeleistete Richard Schaefer, der imSeptember von Ministerin UrsulaHaubner zum „Freiwilligen desJahres“ gekürt wurde, als Mitar-beiter im oberösterreichischen Kri-seninterventionsteam (KIT). „Ichhabe die Angehörigen von Katas-trophen-Opfern und die Einsatz-kräfte betreut.“ Oftmals habe erselbst psychologische Hilfe im Rah-men der Supervision in Anspruchgenommen. Für die Tätigkeit gebees keine finanzielle Entlohnung.

„Ich kämpfe dafür,dass Freiwillige besser versichertsind und nach einem Unfall wäh-rend eines Einsatzes nicht in einemähnlichen finanziellen Desasterlanden wie ich.“ Beim Roten Kreuzin Innsbruck werde Mitarbeitern imFalle einer hundertprozentigen In-validität bereits jetzt mit einer So-forthilfe von 250.000 Euro unterdieArme gegriffen. Bei der Salzbur-ger Sparkasse wurde ein Spenden-konto für Richard Schaefer einge-richtet (BLZ 20404, Kontonummer251363).

HILFERUF

MARIA MACKINGER

SALZBURG (SN). Das Datum wirdRichard Schaefer nie vergessen.Aber an nichts, was am 21. Okto-ber 2005 passiert ist, kann sichder 45-Jährige erinnern.

Er sei auf dem Rückweg vonseinem 126. Einsatz als Krisenin-terventionshelfer gewesen. Wemer warum helfen musste? „Ichweiß es nicht mehr.“ Auch nicht,was dann passierte. Aber er hatFotos von seinem völlig demo-lierten Citröen, und weiß, „dass

ich eine ganze Schar von Schutz-engeln gehabt hab, dass es michüberhaupt noch gibt.“ Auf derAutobahn bei Sattledt hatte ihnein Raser „abgeschossen“. „Ichbin seitdem vom Nabel abwärtsquerschnittgelähmt und auchdie linke Schulter ist hin. Wasmir geblieben ist, ist die rechteHand – und mein Kopf.“ Er sei,sagt er, „trotz allem glücklich,dass ich lebe“. Auch wenn jetzt,ein Jahr später, nichts mehr so istwie vorher.

Vorher – da war Schaefer 27Jahre lang Freiwilliger beim Ro-ten Kreuz, und arbeitete als Pfle-ger in der Christian-Doppler-Kli-nik. „Auf jener Station, wo vorkurzem ein Kollege von mir nie-dergestochen wurde.“ 1998 be-gann er die Ausbildung zum psy-chologischen Notfallmanager imKriseninterventionsteam (KIT).„Diese Einrichtung gab es zuvor

in Österreich noch nicht. Wir wa-ren die Allerersten.“

Der allererste Einsatz sei dannauch „die Härte“ gewesen:Schaefer flog für vier Tage nachGaltür, wo 31 Menschen in derLawine umgekommen waren.„Die panische Angst in den Au-gen der Menschen vergisst dunie.“ Ein Jahr später die Seil-bahnkatastrophe von Kaprun,2002 der Hochwassereinsatz inOberösterreich.

Für die Tätigkeit beim KIT hatSchaefer nie Geld kassiert. Heutemuss er um jeden Cent betteln.„Seit dem Unfall hat sich einSchuldenberg von 160.000 Euroangehäuft. Ich musste in eine an-dere – behindertengerechte –Wohnung ziehen, brauchte einneues Auto, das ich zudem fürmeine Bedürfnisse umbauen las-sen musste.“ Das Leben sei eintäglicher Kampf mit Ämtern, Be-

Richard Schaefer war inGaltür und Kaprun imKatastrophen-Einsatz.Jetzt benötigt der seit2005 Querschnittgelähmteselbst dringend Hilfe.

Kaprun-Helfer braucht Hilfehörden und der Versicherungdes Unfall-Verursachers. „Diewill, dass ich eine 25-prozentigeTeilschuld eingestehe.“

Der Unfall habe ihn „zwei Jah-re gekostet. Noch bis nächstesJahr August bin ich in der Reha“.Danach wolle er „wieder da wei-termachen, wo ich vorher warund allein und selbstständig le-ben können.“ Derzeit brauche errund um die Uhr Betreuung.„Ich stehe dazu, dass ich einen il-legalen Pflegedienst aus der Slo-wakei in Anspruch nehme. Aberösterreichische Betreuung könn-te ich mir einfach nicht leisten.“

Schaefer sagt, er fühle sichnicht behindert. „Aber ich werdebehindert – durch die Bürokratieund die vorherrschende nichtrollstuhlgerechte Bauweise. An-sonsten wäre das Leben eigent-lich trotz des Unfalls und seinerFolgen für mich lebenswert.“

„Jetzt weiß ich, wie es Unfall-Opfern geht“, sagt Richard Schaefer. Er will weiterhin für das KIT tätig sein. Bild: SN/KOLARIK