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HERAUSGEBER: KGL. DÄNISCHE BOTSCHAFT NR. 90 NOVEMBER 2009 23. JAHRGANG nr. 90 KENNZEICHEN DK Berlin Königlich Dänische Botschaft UN-KLIMAGIPFEL KOPENHAGEN Kopenhagen – die Stadt der Fahrräder Klimaschutz – das dänische Modell geht um die Welt Energiestädte – lokale Lösungen für globale Herausforderungen NGOs – der Bürger als Klimabotschafter

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Kopenhagen – die Stadt der FahrräderKlimaschutz – das dänische Modell geht um die WeltEnergiestädte – lokale Lösungen für globale HerausforderungenNGOs – der Bürger als Klimabotschafter

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Es ist an der Zeit, dass die Welt zusammen-kommt und eine Lösung vorlegt. Eine Lösung, die eine kraftvolle Antwort auf den Klimawan-del gibt. Eine Lösung, die grünes Wachstum und nachhaltige Entwicklung ankurbelt.

Auf der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen werden wir ein Abkommen anstreben, das den wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht wird. Damit ist konkret ein Abkommen ge-meint, das einen globalen Temperaturan-stieg von nicht mehr als 2 Grad Celsius als gemeinsames Ziel vorsieht. Das Abkommen muss Entwicklung, einen ökonomischen Auf-schwung und Zukunftswachstum fördern. Fest steht, dass wir das 2-Grad-Ziel nicht ohne eine übergreifende und enge internationale Kooperation zwischen Politik, Industrie und Forschung erreichen können.

In den grünen Aufstieg investierenvon Lars Løkke Rasmussen, Ministerpräsident von Dänemark

Lars Løkke Rasmussen, Ministerpräsident von Dänemark

Der Klimawandel ist einer der größten Her-ausforderungen unserer Generation. Zwar findet er nicht von heute auf morgen statt, doch wir müssen jetzt nach Lösungen su-chen, um das Problem in Zukunft in den Griff zu bekommen.

In wenigen Wochen werden wir sehen, wie groß die Bereitschaft ist, ein verbindliches Abkommen unter Dach und Fach zu bringen. Eine beeindruckende Umgestaltung hat bereits heute mit dem Wechsel hin zu einer globalen kohlenstoffarmen Wirtschaft eingesetzt.

Darüber hinaus müssen wir entschlossen vor-gehen und international zusammenarbeiten, um eine effektive Strategie zur Bekämpfung der globalen Erwärmung zu entwickeln und um die Möglichkeiten zu nutzen, die mit einer grünen Ökonomie verbunden sind.

Wir kämpfen gerade gegen die hoffentlich letzten Züge des größten ökonomischen Ab-schwungs seit den 1930er-Jahren. Zu Beginn dieser Krise fürchteten viele Menschen – dar-unter auch ich selbst –, dass der Klimawandel nun in den Hintergrund der internationalen Bemühungen gedrängt werden würde. Dies ist glücklicherweise nicht geschehen. Vielmehr hat die Krise uns Möglichkeiten aufgezeigt, die im Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft liegen.

Die Klimaagenda ist wichtig, und ganz beson-ders in Zeiten der Finanzkrise.

Ein Klimaabkommen zu erreichen, wird keine einfache Aufgabe. Grundlegende Verände-rungen sind immer schwer. Doch wenn es uns gelingt, können wir einer Zeit nachhaltiger Entwicklung und Prosperität entgegensehen.

Die Regionen, Länder und Unternehmen, die sich dem Übergang zu einer neuen, grünen Ökonomie anschließen, werden die Gewinner von morgen sein. Und die, die jetzt vorne mit dabei sind, werden in 10 bis 20 Jahren den Ton angeben.

Investitionen in den grünen Aufschwung müssen sicherstellen, dass unsere Wirtschaft mehr ressourcen- und energieeffizient arbei-tet. Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird Wachstum generieren und Arbeitsplätze schaffen.

Genau aus diesem Grund bereitet Dänemark sich darauf vor, Gastgeber einer der größten internationalen Regierungskonferenzen in der Geschichte des Landes zu sein.

Ein Mitwirken der höchsten politischen Ebe-nen ist entscheidend dafür, dass im Dezem-ber ein effektives Abkommen beschlossen werden kann, und ich werde auch persönlich dafür kämpfen, dass ein ehrgeiziges Resultat erzielt wird.

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Ein Klimawechsel hat bereits stattgefundenNachhaltigkeit als neuer Leitstern

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Waren auf den Markt und es entstehen immer mehr nachhaltige Bau-ten sowohl aus privater als auch von öffentlicher Hand. Manch einer wird sich noch daran erinnern, wie Anfang der 1980er-Jahre plötzlich fair gehandelter Kaffee auftauchte. Er schmeckte etwas merkwürdig und war preislich nicht für jedermann erschwinglich. Dies war der An-fang einer Entwicklung, die erst in den letzten Jahren eine öffentliche Breitenwirkung gezeigt hat.

Heute verzichten viele Modehäuser und sogar große Versandhäuser auf synthetische Textilien und benutzen klimafreundliche Rohstoffe. Aus Afrika importierte Baumwolle beispielsweise stammt aus kontrol-liert biologischem Anbau. Auf diese Weise lassen sich wirtschaftliche und ökologische Interessen mit denen der Entwicklungshilfe problem-los verbinden. Voraussetzung ist, dass auch der Handel unter fairen Bedingungen stattfi ndet. Die dänische Designergruppe re:Something, die gerade in Kopenhagen ihre Ausstellung mit dem Titel „Trash“ zeigt, arbeitet etwa mit ausgesonderten Gebrauchsgegenständen und Müll, um daraus Neues in neuen Formen und Funktionen zu entwickeln. So entsteht eine neue Form der Ästhetik und ein Secondhand-Design, das international gefragt ist.

Wenn heute allerdings fair gehandelte Produkte angeboten werden, geschieht dies zu bezahlbaren Preisen. Genau hier macht sich be-merkbar, dass eine Veränderung in der Gesellschaft eingetreten ist. Die Menschen kämpfen wieder für eine lebenswerte Welt, aber dieses Engagement drückt sich weniger durch Protestbewegungen wie in den 70er-Jahren aus, sondern vielmehr durch verantwortungsvolles und bewusstes Wirtschaften.

Diese Veränderung wird angeführt von den „Lohas“, einer Gruppe Konsumenten, die Wert darauf legen, bewusst zu konsumieren, sich wohl zu fühlen, sich Gutes zu tun und anderen damit zu helfen. Lohas steht für Lifestyle of Health and Sustainability und beweist, dass Lifet-rends und Verantwortungsbewusstsein kein Widerspruch sein müssen. Mittlerweile sind auch Otto Normalverbraucher oft bereit, einen hö-

Der UN-Klimagipfel steht vor der Tür. Kopenhagen, der Gastgeber der internationalen Klimakonferenz, ist in aller Munde. Dänemark be-müht sich, den hohen Erwartungen der Weltgemeinschaft nicht nur gerecht zu werden, sondern diese auch noch zu übertreffen. Nur die Staatengemeinschaften tun sich noch schwer, verbindliche Aussagen zu treffen und ihre Zielvorgaben miteinander abzustimmen. „Die Ver-handlungen für ein UN-Klimaabkommen gehen im Schneckentempo voran“, kritisierte der WWF. Das ist schade, weil es nie zuvor eine so große Bereitschaft vonseiten der Bevölkerung gegeben hat, sich für eine Schonung des Planeten und seiner Ressourcen zu engagieren.

Dieses Heft will sich nicht mit den politischen Verhandlungen beschäf-tigen und auch nicht auf die naturwissenschaftlichen Folgen der Erd-erwärmung hinweisen. Wir alle wissen, dass es Zeit zum Handeln ist, dass das Eis in Grönland zu schmelzen begonnen hat, dass sich durch Erderwärmung bedingte Naturkatastrophen häufen und dass der welt-weite Ausstoß von Treibhausgasen ungebremst ist. Windräder sind so beliebt wie nie zuvor und entwickeln sich als Exportschlager. Alle reden von Erneuerbaren Energien und grünen Technologien. Daher will sich dieses Heft der Thematik des Klimawandels von einem anderen Blickwinkel her nähern. Es stellt die Frage, wie jeder für sich und wir als Gemeinschaft von Individuen täglich dazu beitragen können, im Alltag klimafreundliche Entscheidungen zu treffen. So befassen sich die Autoren Nils-Georg Lundberg und Katrine Dahl Madsen mit den pädagogischen Herausforderungen von Schulen und Universitäten in Zeiten des Klimawandels. Mit Beiträgen von sowohl öffentlichen (Ko-penhagener Kommune, „Energiestädte“, Tourismusorganisation Visit Denmark) als auch nicht öffentlichen Organisationen (Klimaforum 09, Peoples Cimate Action) wollen wir ein differenziertes Bild der Klima-debatte zeichnen.

Unter den Labeln von CSR (Corporate Social Responsibilitiy) und Nach-haltigkeit investieren Konzerne in umweltfreundlichere Produktions-, Vertriebs- und Logistikwege. Tourismuskonzerne bieten nachhaltige Reiseformen an, Handelsketten und Modelabels bringen nachhaltige

heren Preis für nachhaltige Produkte zu zahlen. Die Wirtschaft hat dies längst erkannt. Ob die Wirtschaft allerdings das Konsumverhalten antizipiert hat oder umgekehrt bleibt dahingestellt, dies spielt aber auch eine untergeordnete Rolle. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass die Wirtschaft Nachhaltigkeit nicht mehr mit Extrakosten verbindet, sondern als Investition in die Zukunft ansieht. Gerade erst haben sich 500 der namhaftesten global tätigen Unternehmen zusammengetan, um das „Kommuniqué für Kopenhagen“ zu unterzeichnen. Sie fordern darin die Politik auf, sich auf dem Kopenhagener Klimagipfel für ein ehrgeiziges, stabiles und faires Abkommen in Kopenhagen ein-zusetzen, denn eine wirtschaftliche Entwicklung sei ohne Lösung der Klimafrage nicht möglich.

Ein weiteres Beispiel für einen Bereich, den die Lohas eingenommen haben, ist der nachhaltige Tourismus. Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) defi niert ihn folgendermaßen: „Er erfüllt sozi-ale, kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Verträglichkeitskriterien. Nachhaltiger Tourismus ist sozial gerecht, kulturell angepasst, ökolo-gisch tragfähig und insbesondere für die ortsansässige Bevölkerung wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig.“ Da Tourismus allgemein weltweit zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige geworden ist, ist es nicht verwunderlich, dass auch dem nachhaltigen Tourismus immer mehr Wichtigkeit beigemessen wird. Europaweit gibt es mittlerweile mehr als 50 verschiedene Umweltzertifi kate und -marken für fast alle Arten touristischer Angebote: Strände, Restaurants, Campingplätze, Hotels, Ferienhäuser, Bauernhöfe und vieles mehr. Viele Hotels bieten ihren Gästen biologisch erzeugte Speisen und Getränke aus der Region an. Dafür arbeiten sie mit heimischen Bio-Landwirten zusammen.

Sogenannte BIO-Hotels legen darüber hinaus Wert auf Anreisemöglich-keiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und nachhaltige Energie- und Abfallkreisläufe. In Kopenhagen gibt es sogar Hotels, die ihren Gästen Papierlaken anbieten. Dieses reichhaltige Angebot an Leistungen gibt umweltbewussten Touristen Orientierung und setzt damit Standards für die ganze Branche. Letztere braucht geschultes Personal, und auch

dafür ist gesorgt. Der Fachhochschul-Studiengang „Nachhaltiges Tourismusmanagement“ gibt Antwort auf diese Herausforderungen und rüstet seine Absolventen mit dem touristischen Handwerkszeug des nachhaltigen Tourismus aus.

Im Bereich Architektur und Städteentwicklung sind skandinavische Länder führend. Davon konnte man sich kürzlich in Berlin ein Bild machen. Zwei Ausstellungen zum Thema „Sustainable architecture“ zeigten im gemeinsamen Kulturhaus der Nordischen Botschaften von September bis Oktober über 140 beeindruckende Modelle und Stadt-pläne in Form von Filmen, Skizzen und 3D-Animationen. Nachhaltiges Bauen bedeutet in erster Linie, den Menschen und die Umwelt in den Mittelpunkt zu stellen. Dass dies den dänischen Architekten und In-genieuren gelungen ist, bewiesen Projekte wie die „moving schools“, ein Projekt, das mobile Schulen für ein Deltagebiet in Indien ent-worfen hat oder „Vertical Hutong“, ein Hochhaus in China, das aus vielen Minidörfern besteht und somit nachbarschaftliche Kontakte fördern soll. Es wurde gezeigt, dass nachhaltige Architektur nicht bei Solarzellen aufhört, sondern ein Zusammenspiel aus vielen komplexen Anwendungen umweltfreundlicher moderner Technologie besteht. Die Ausstellung wirft die Frage auf, was sich hinter nachhaltigem Bauen verbirgt und wie eine neue Generation dänischer Architekten Nachhal-tigkeit in ihre Arbeit mit einbezieht.

Ob der Kopenhagener Klimagipfel ein Erfolg wird und einen Eintrag in die Geschichtsbücher zukünftiger Generationen fi ndet, steht noch in den Sternen, aber eines steht schon jetzt fest: Die Verbraucher haben den Ernst des Klimawandels erkannt und versuchen ihm persönlich Rechnung zu tragen, indem sie verantwortungsbewusst handeln und konsumieren.

Bert Bugdahl, Presse-Attaché der Königlich Dänischen Botschaft

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Erfolg zu haben bedeutet, unter Zugzwang zu stehen

Das dänische Modell geht um die Welt

Historisch gesehen beruht das dänische Modell auf dem erfolgreichen Beschluss der dänischen Regierung, Energieeffi zienz, Energiesicherheit und den Energiemix zu fördern. Der direkte Auslöser hierfür war die Ölkrise in den 1970er-Jahren, die die fast totale Abhängigkeit Däne-marks von Ölimporten aus dem Mittleren Osten offensichtlich machte. Damals stammten 93 Prozent der Energievorräte Dänemarks aus importiertem Öl.

Die besondere deutsche Herausforderung besteht darin, die Atomener-gie abzuwickeln, ohne die CO2-Emmissionen ansteigen zu lassen. Die-se Herausforderung hat sich als besonders fruchtbar für verschiedene Bereiche der Forschung und Entwicklung herausgestellt. Auch in Deutschland ist der Clean-Tech-Sektor zu einem wichtigen Wirt-schaftsfaktor geworden und macht heute fast 8 Prozent des gesamten deutschen Exports aus.

Das dänische Modell „2.0“Neben all den Impuls- und Hilfspaketen für klimafreundliche Forschung und Entwicklung, infrastrukturelle Änderungen und Clean Tech, die wie Pilze aus dem Boden schießen, könnte ein internationales Klima-abkommen auf der COP15-Klimakonferenz „zum größten nachhaltigen Antriebspaket von allen werden“ sagte Achim Steiner, Chef des UNO-Umweltprogramms, im Juni.Anfang August überraschte die Internationale Energieagentur (IEA) mit ihrer Einschätzung, die Ära der fossilen Brennstoffe werde viel schnel-ler auslaufen als erwartet. Für Dänemark wurde vorausgesagt, dass die Öl- und Gasreserven, die heute Dänemarks Selbstversorgung bei der Energieproduktion gewährleisten (und dem Staat hohe Einnahmen be-scheren), binnen der nächsten zehn Jahre dahinschwinden werden. Im Energiezusammenhang bedeutet weniger als ein Jahrzehnt eigentlich dasselbe wie „morgen“.

Zudem werden in Zukunft eine Reihe neuer Konfl ikte über die Vertei-lung der Ressourcen erwartet, und bestehende Konfl ikte werden sich im Zuge der Klimaveränderungen verschärfen, wie zum Beispiel Migra-tionsströme, insbesondere aus den weniger entwickelten Ländern hin zur entwickelten Welt. Geopolitische Herausforderungen werden ihren Anteil an Ressourcen und Aufmerksamkeit einfordern.

Unter all diesen Gesichtspunkten sollte Dänemark dringend mit inno-vativen und nachhaltigen Ideen das exemplarische dänische Modell zu einer „Version 2.0“ aktualisieren – ansonsten droht die Kombination aus wachsendem internationalen Wettbewerb im Clean-Tech-Sektor und schwindenden dänischen Öl- und Gasreserven, die dänische Er-folgsgeschichte in einen Albtraum von nicht genutzten Möglichkeiten zu verwandeln. Auch wenn die Zukunft zum Teil mit den Resultaten von COP15 zusammenhängt, müssen die Herausforderungen in erster Linie national angegangen werden.

Else Kloppenborg, Dänisches Klima- und Umweltministerium, Abteilung International Business and Policy(Die Meinung der Autorin spiegelt nicht unbedingt die Haltung des Ministeriums wider)

Mit der exemplarischen Entkopplung von ökonomischem Wachstum und Energieverbrauch, welche Dänemark in den vergangenen drei Jahrzehnten erlebt hat, ist das dänische Modell zu einem zentralen Faktor in der dänischen Klimadiplomatie geworden. Immer wieder wird in den Befürwortungen der ehrgeizigen Klima- und Energiepolitik, die die dänische Ministerin für Klima und Energie Connie Hedegaard weltweit vertritt, darauf verwiesen.

Doch hier lauert auch die Gefahr: Mit dem Bekanntheitsgrad der Entkopplungstheorie wächst der Druck auf das dänische Modell, das zum Teil auf dem Pionierstatus dänischer Clean-Tech-Entwicklungen beruht, also verschiedene Technologien und Praktiken, die saubere Energietechnologien und energieeffiziente Lösungen umfassen.Wir beobachten zunehmend, wie in ganz Europa und von den USA bis China Anreize geschaffen werden, die zum großen Teil auch im Clean-Tech-Sektor investiert werden. Welches sind also die Herausfor-derungen für das dänische Modell?

Das dänische ModellZuerst einige Zahlen und Fakten zum dänischen Modell: Die Entkopp-lung von ökonomischem Wachstum und Energieverbrauch bedeutet in der Praxis, dass in den vergangenen drei Jahrzehnten in Dänemark ein ökonomisches Wachstum von circa 78 Prozent stattgefunden hat, während der Energieverbrauch konstant geblieben ist.

Dank Öl- und Gasquellen in der Nordsee ist Dänemark seit 1997 in der Energieproduktion selbstversorgend und verfügt über stabile und bedeutende Einnahmen zum Wohle des privaten und des staatlichen Sektors. Darüber hinaus gehört Dänemark zu den energieeffi zientesten Ländern innerhalb der EU und der OECD.Zudem ist der relative Anteil der erneuerbaren Energiequellen seit den 1980er-Jahren gestiegen. Im Jahr 2006 kamen 19 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und 16 Prozent des Bruttoenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen. Wird der Stromverbrauch gesondert berechnet, betrug der Anteil des gesamten dänischen Verbrauchs, der aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wurde, 26 Prozent.

Indirekt spiegeln diese Zahlen den boomenden dänischen Clean-Tech-Sektor wider. Von 2007 bis 2008 wuchs dieser Sektor im Exportbereich um unglaubliche 19 Prozent – fast viermal so viel wie andere Exportbe-reiche. Die vergleichbare Wachstumszahl der 15 alten Mitgliedstaaten der EU liegt bei „nur“ 5 Prozent. Von 1998 bis 2008 hat der dänische Clean-Tech-Export sich mehr als verdreifacht und beträgt derzeit mehr als 11 Prozent des gesamten dänischen Exports. Deutschland ist seit 2008 der wichtigste Binnenmarkt, gefolgt von den USA und Großbritannien.Mit anderen Worten und unter dem Gesichtspunkt der schlimmsten ökonomischen Krise seit Entstehung des dänischen Modells hat der Clean-Tech-Sektor andere dänische Exportbereiche überholt und sich auch innerhalb Europas sehr gut geschlagen.

Auch wenn die Bekämpfung der globalen Erderwärmung damals noch nicht ganz oben auf der Agenda stand, trug der politische Wille, eine grö-ßere Energiesicherheit, Effi zienz und einen Energiemix zu gewährleisten, dazu bei, dass Dänemark heute eine führende Stellung bei der Entwick-lung fortschrittlicher Klimapolitiken und -praktiken einnehmen kann.

Der konkrete Ausgangspunkt dieser Entwicklung war ein stabiler poli-tischer Beschluss, der die nötige Infrastruktur und die richtigen Anreize schuf und zudem bewusstseinsvertiefende Initiativen beinhaltete. Die Maßnahmen bestanden unter anderem aus wiederkehrenden Kampag-nen, Energiezertifi zierung, Richtlinien und Vorschriften (zum Beispiel für Gebäude), Versorgungstarifen, Energiesteuern und hoch effektiver Kraft-Wärme-Kopplung (die effektivsten Kraft-Wärme-Anlagen haben eine Effi zienz von über 90 Prozent). Die Erfahrungen aus Dänemark zeigen, dass die richtige Anzahl von regulierenden Maßnahmen sich am Ende auszahlt – in fi nanzieller Hinsicht und bei der Reduktion von CO2. Ebenso wie Deutschland muss Dänemark laut Kyoto-Proto-koll bis 2012 seine CO2-Emissionen um 21 Prozent senken. Dänemark ist auf einem guten Wege dorthin, doch weitere Bemühungen müssen vorgenommen werden.

Das dänische Modell in einem deutschen und internationalen KontextNatürlich ist das dänische Modell kein patentgeschütztes Produkt. Auch Deutschland betreibt eine ehrgeizige Energie- und Klimapolitik, insbe-sondere seit dem Übergang zum neuen Jahrtausend, wo die Investiti-onen in die erneuerbaren Energiequellen begannen, Früchte zu tragen.

Welches sind also die

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Das dänische Ministerium für Klima und Energie hat sechs sogenannte Energiestädte ausgerufen: Skive, Kolding, Kopenhagen, Albertslund, Århus und Herning. Sie sind Vorreiter im Klimaschutz und leisten einen besonderen Beitrag, um Energie zu sparen und den CO2-Ausstoß zu begrenzen. Ziel der Ausrufung der Energiestädte ist es, das lokale Engagement für Klima- und Energie-fragen in dänischen und internationalen Städten und Gemeinden voranzutreiben.

Die Herausforderungen im Klima- und Ener-giebereich sind globaler Natur. Alle Länder tragen zum weltweiten CO2-Ausstoß bei und riskieren, von den Folgen betroffen zu wer-den. Aus diesem Grund muss natürlich auf

internationaler Ebene etwas getan werden, doch das ist nicht genug. Denn wenn Ver-besserungsmaßnahmen im Klima- und Ener-giebereich wirklich greifen sollen, muss auch auf lokaler Ebene angepackt werden. Um dies zu gewährleisten, wurden die Energie-städte ins Leben gerufen.

Energiestädte als MusterbeispieleDie vom dänischen Ministerium für Klima und Energie ausgerufenen Energiestädte sind Musterbeispiele dafür, wie auf kommunaler Ebene die Herausforderungen angegangen werden können, unter anderem in Bezug auf die Produktion und den Verbrauch von nach-haltigen Energieressourcen und im Bereich der Versorgungssicherheit.

Zugleich haben sich die Energiestädte mit ihrem Titel dazu verpflichtet, eine Reihe ausgeklügelter, zukunftsorientierter und ehrgeiziger Initiativen auf den Weg zu brin-gen, die auf nationaler wie internationaler Ebene herausstechen.

Ziel ist die Inspiration anderer Städte und Gemeinden Durch Wissens- und Erfahrungsaustausch der Energiestädte mit anderen Städten und Gemeinden soll das Projekt das lokale Engagement im Klima- und Energiebereich anregen und zu neuen Initiativen führen.Durch die Vermittlung der guten Beispiele werden andere Städte und Gemeinden dazu inspiriert, ähnliche Initiativen in die Wege zu leiten, damit wir in Dänemark auf lokaler Ebene zu einer klima- und energiefreund-lichen Entwicklung beitragen können.

Engagement der Bürger in der Klima- und EnergiearbeitZur Schaffung wesentlicher Verbesserungen im Klima- und Energiebereich bedarf es der Unterstützung der Bürger, denn ansonsten riskieren selbst die besten Initiativen, im Sande zu verlaufen. Dieser Meinung ist man jedenfalls in Skive Kommune, wo man zielge-recht die Bürger in die Arbeit miteinbezieht.

Letzten Endes sind es immer die Bürger, die durch ihre alltäglichen Taten zum Erfolg oder Misserfolg der Bestrebungen beitragen. In

Die Energiestädte sind gerüstetLokale Lösungen für globale Herausforderungen von Energistyrelsen, Kopenhagen

Skive Kommune hat man aus diesem Grund verschiedene Projekte initiiert, um das Be-wusstsein der Bürger für Klima- und Energie-fragen zu stärken.

Bürger als KlimabotschafterSkive Kommune möchte unter anderem Bür-ger zu Klimabotschaftern ausbilden, damit diese auf lokaler Ebene als Klima- und Energie-experten auftreten können. Sie sollen ihren Mitbürgern bei Fragen neuer Energietech-nologien und CO2-sparender Maßnahmen beratend zur Seite stehen und damit dazu beitragen, dass sich mehr Menschen kri-tisch mit dem eigenen Energieverbrauch auseinandersetzen.

Skive Kommune hat auch die Themen Klima und Energie auf den Lehrplan aller Grund-schulen gesetzt, und die Technische Schule hat auf Versuchsbasis Unterrichtsmaterial hierzu entwickelt. Durch diese Initiative hofft man, das Umweltbewusstsein der jungen Bürger der Gemeinde zu schär-fen, unter anderem in Bezug auf die globale Erderwärmung und den CO2-Ausstoß. Das übergeordnete Ziel der Projekte ist es, einen breiten Konsens unter den Bürgern in Skive Kommune zur Klima- und Energiearbeit zu schaffen, um alle dazu zu bewegen, einen besonderen Einsatz zur Ver-besserung der Klima- und Energiebalance zu leisten.

Unternehmen helfen dem Klima und sich selbstSkive Kommune be-zieht auch die Unter-nehmen in die Klima- und Energiearbeit mit ein. Dies geschieht nicht nur, um das ehrgeizige CO2-Ziel der Gemeinde er-reichen zu können, sondern auch um die wirtschaftliche Lage der Unternehmen zu verbessern.

Bürgermeister-Klimagipfel

Kommune von Kopenhagen veranstaltet

Bürgermeister-Klimagipfel

im Dezember gibt sich kopenhagen die grosse ehre,

Gastgeber des Un-klimagipfels zu sein. Die ganze Welt

wird die seriösen Verhandlungen einer hoffentlich

ambitionierten gemeinsamen klimapolitik verfolgen. in

kopenhagen tun wir alles erdenkliche, um die Staats-

oberhäupter zu beeinflussen und zu Verpflichtungen zu

bewegen – und dies tun wir in Allianz mit Grossstädten

der Welt, deren Bürger wir gern einbeziehen. Wir sehen

den Gipfel als willkommenen Anlass – und natürlich

als Verpflichtung –, die gesamte Weltbevölkerung in

das Thema klimaschutz zu involvieren und sich dafür

zu engagieren.

es sind ja nicht die Staatsoberhäupter allein, die eine

immense Verantwortung für das klima der erde in der

zukunft tragen. Diese Verantwortung ruht genauso auf

dem einzelnen Mensch und der einzelnen Stadt.

Städte spielen eine ganz besondere Rolle für das klima,

da der Grossteil der Weltbevölkerung in Metropolen

lebt. Unsere Verantwortung für 80 Prozent des welt-

weiten cO2-Ausstosses gibt uns sowohl eine Verpflich-

tung als auch eine reelle Möglichkeit, unser Verhalten

zu differenzieren.

Unsere Bürger erwarten, dass wir uns der Verantwor-

tung stellen. Dies belegte auch eine internationale

Untersuchung der kommune kopenhagens aus dem Janu-

ar 2008: Mehr als die hälfte der befragten einwohner

von London, new York, Tokio, Toronto und kopenhagen

halten es für wichtig, in einer Stadt zu leben, die etwas

gegen die klimaveränderungen unternimmt. ein grosser

Teil des Schlüssels zur Lösung der klimafrage liegt in

unseren händen, und dieses Potenzial wollen wir gern

konstruktiv nutzen. Mit zunehmender Verantwortung

und wachsendem einfluss können wir auch steigende

Ansprüche an unsere energieversorger und kooperati-

onspartner stellen.

Um den Fokus auf die Rolle der Städte zu lenken,

veranstalten wir parallel zur klimakonferenz einen

Bürgermeister-Gipfel. Wir laden 100 Bürgermeister aus

der ganzen Welt ein – von São Paulo bis Seoul, von

Toronto bis Tokio und von new York bis new Delhi – und

wir zeigen zusammen, was wir heute tun und was wir

in zukunft für das klima tun werden. Das Motto dieses

Bürgermeister-Gipfels lautet „cities Act“ – Städte agie-

ren – gemäss der handlungsorientierten Ausrichtung

des Treffens. Wir beeinflussen die nationalen Vertreter,

wir stellen die Fahrräder der zukunft vor und wir zei-

gen die ersten klimalösungen aus den Städten in aller

Welt in der interaktiven Ausstellung „Future city“.

Von der „kommune von koppenhagen“

Skive Kommune hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2029 CO2-neutral zu sein. Um dies erreichen zu können, müssen alle Teile der Gemeinde miteinbezogen werden, und insbesondere die Unternehmen können mit ihrer fachlichen Kompetenz und ihren Ressourcen dazu beitragen.

Stiftung sammelt die Ideen der UnternehmenUm den Unternehmen der Gemeinde eine ge-meinschaftliche Plattform für ihre Klima- und Energiearbeit zu geben, hat Skive Kommune die Stiftung Energiestadt Skive gegründet. Durch diese Stiftung können Unternehmen ihre Kompetenzen und ihr Expertenwissen für konkrete Projekte beitragen. Zugleich bringt die Stiftung finanzielle Mittel zur Klima- und Energiearbeit auf.

Die Stiftung soll des Weiteren als Forum genutzt werden, in dem die Unterneh-men gemeinsam Ideen entwickeln und sich gegenseitig austauschen, um ihre eigenen Geschäftsaktivitäten in eine klima- und energiefreundliche Rich-tung zu entwickeln. Skive Kommu-ne hofft, dass das Bewusstsein in Bezug auf Klima- und Energiefra-gen, das die Unternehmen nach und nach entwickeln, auch auf die Mitarbeiter übertragen wird und sich danach auf an-dere Teile der Bevölkerung ausbreitet.

Über das Ziel der CO2-Neutralität spätestens im Jahr 2029 hinaus hat die Einbeziehung der Unternehmen auch einen weiteren Zweck. Skive Kom-mune hofft, dass die Arbeit Unternehmen wertvolle Erkennt-nisse im Klima- und Energiebereich lie-fert, welches die Anwerbung neuer Kunden und neuer Mitarbeiter erleich-tern könnte.

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Die Unesco, UN-Organisation für Ausbildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, hat die Jahre 2005 bis 2014 zur „Dekade für Ausbildung für nachhaltige Entwicklung“ (Decade for Education for Sustainable Deve-lopment, DESD) ausgerufen. Damit soll die Botschaft der Nachhaltigkeit bei Schulen, Schülern und Lehrern ankommen.

Mit der Unesco pflegen wir in Dänemark eine außerordentlich wichtige und effektive Zu-sammenarbeit: Die dänischen Unesco-Schu-len sind Teil eines weltweiten von der Unesco initiierten Netzwerks. An diesem Associated Projects Network – auch ASP-Schulen ge-nannt – beteiligen sich 8.500 Schulen aus 179 Ländern. In Anlehnung an das globale ASP-Netzwerk wird auch in Deutschland ein effek-tives und erprobtes Netzwerk aufgebaut. Kennzeichen der dänischen Unesco-Schulen ist ihre Verpflichtung gegenüber den Werten und Zielen der Unesco. Deshalb unterliegt un-sere Arbeit natürlich auch der Nachhaltigkeit und den Themen, die in der „Dekade für Aus-

bildung für nachhaltige Entwicklung“

formuliert sind. Es war nicht schwierig, dä-nische Schüler für diese Themen zu motivie-ren, denn sie werden als außergewöhnlich gegenüber dem sonstigen Schulalltag erlebt.

Die nationale Herausforderung In der Mitte dieser „Dekade für Ausbildung für nachhaltige Entwicklung“, Dezember 2009, wird Dänemark Gastgeber des UN-Klimagipfels COP15 sein, und überall wird die Aufmerksamkeit auf die Klimaproblematiken gelenkt. Die Konferenz ist auch ein willkom-mener Anlass für die dänischen Unesco-Schu-len, den Fokus auf die globalen Klimaher-ausforderungen zu setzen. Deshalb haben wir schon im Frühling 2009 die dänischen Unesco-Schulen dazu eingeladen, an einem Wettbewerb zum Thema Klimawandel teilzu-nehmen. Wir nannten das Projekt „Bilder von der Zukunft“.

Für diesen Wettbewerb sollten die Jugend-lichen Untersuchungen anstellen und ver-schiedene Szenarien entwickeln, wie die Zu-kunft ihrer Kinder in den nächsten 30 Jahren aussehen könnte. Die Teilnehmer sollten ihre Ideen kreativ ausdrücken und ihre Zu-kunftsszenarien in verschiedene Darstel-lungsformen umsetzen: Drama, Film, Bilder, Novellen, Schlagzeilen, Plakate, Gedichte,

Erfindungen und vieles andere mehr. Die Visionen sollten dabei auch auf fach-

lichem Wissen basieren. Mit einer in-terdisziplinären Herangehensweise werden die Ideen und Theorien von relevanten Fächern, nicht zuletzt den Naturwissenschaften, als ein wichtiger Teil der Allgemeinbil-dung unterstützt. Die Resultate wurden in einer Ausstellung im Nationalmuseum Kopenhagen im März 2009 präsentiert.

Es ist immer reizvoll, eine Mög-lichkeit zu erhalten, seine Visionen

vorzustellen und sich mit anderen messen zu lassen. Diese Ausstel-

lung war aber etwas Besonderes, denn sie wurde von Ihrer Königlichen

Hoheit Prinzessin Maria aus Dänemark feierlich eröffnet. Weder die Schüler noch

wir hatten etwas davon geahnt – so wurde der Tag zu einen ganz besonderen Ereignis

Den Fokus auf Klimaprobleme setzen – auch in der Schule!

Die Beiträge der Unesco-Schulen zum Klimaunterricht

für alle Mitwirkenden. Die öffentliche Rede der Prinzessin zog natürlich auch die Presse an: Medienvertreter von Fernsehen und Radio waren zahlreich zugegen. Dies alles ging weit über die Erwartungen hinaus, die wir uns von einer Unesco-Schülerveranstaltung zum The-ma Klimaprobleme versprochen hatten. So war die Präsentation ein voller Erfolg.

Natürlich schärfte die Aufmerksamkeit der Prinzessin und der gesamten dänischen Pres-se die Motivation und Energie der Schüler. Aber auch ohne den Presserummel war die Aktion äußerst erfolgreich. Die Jugendlichen standen im Zentrum, sie formulierten und prä-sentierten ihre Gedanken über die Zukunft in einem fachlich begründeten Zusammenhang vor einem öffentlichen Publikum. Die Teilneh-mer kamen aus dem ganzen Land nach Ko-penhagen, um ihre Arbeiten zu präsentieren, und sie brachten jede Menge Motivation und Inspirationen mit.

Nächste Stufe: eine globale Klimakonferenz für die JugendIm März 2010 erweitern wir unsere Perspekti-ve. Über Dänemark hinaus streben wir einen internationalen Kontext an. Junge Menschen aus der ganzen Welt, die nach Kopenhagen zur globalen Klimakonferenz kommen, wer-den eingeladen. Wir hoffen auf die Teilnah-me von 60 Jugendlichen und ihrer Lehrer aus 16 verschiedenen Ländern – gemeinsam mit den Preisträgern des diesjährigen nationalen dänischen Projekts. Die Teilnehmer werden unter Unesco-Schulen in den jeweiligen Län-dern ausgewählt. Hier findet sich bereits ein erprobtes und gut organisiertes Netzwerk von Schulen mit Interesse an den großen Heraus-forderungen in der Welt.

Dem geht allerdings ein langer Prozess vor-aus. Im Herbst 2009 sollen die angemeldeten Schulteams ihre Projekte ausarbeiten, die sich den zentralen Klimaherausforderungen in ihrem jeweiligen Land annehmen. Die Projektbeschreibungen aller teilnehmenden Schulen werden auf einer gemeinsamen In-ternetseite präsentiert. Im Anschluss arbeitet jedes Team ein Szenario aus mit einer Vor-stellung, wie die Welt in 30 Jahren aussehen wird. Wir hoffen, dass es nicht nur Schre-ckensszenarien geben wird, sondern dass

die Jugend auch zuversichtliche Visionen un-serer gemeinsamen Zukunft entwickeln wird.Im März 2010 treffen sich alle teilnehmenden Schulen in Kopenhagen mit den dänischen Schulen. Auf der Konferenz präsentieren und bearbeiten sie gemeinsam ihre Visionen. Zu-gleich werden die Ergebnisse des UN-Klimagip-fels COP15 in Kopenhagen vom Dezember 2009 vorgestellt. Wie schätzen die Teilnehmer die COP15-Resultate ein, und wie passt das zu ihrer Beschreibung der Herausforderungen für ihr eigenes Land und ihrer Visionen der Zukunft? Es steht zu erwarten, dass die jungen Men-schen die Lösungen, die alle Politiker der Welt erarbeiten, aufmerksam und kritisch beobachten, und vermutlich werden sie auch alternative Lösungsvorschläge mitbringen. Wir hoffen, dass die Jugendlichen ihre Erfah-rungen der Klimaprobleme in einer globalen

Perspektive mit nach Hause bringen werden und den politisch Verantwortlichen in ihrem eigenen Land präsentieren. Wir sind davon überzeugt, dass die Schüler diese Herausfor-derung annehmen und motiviert in ihren Schu-len daran arbeiten, eine positive, inspirieren-de und denkwürdige Diskussionsgrundlage auf der Konferenz präsentieren zu können. Das fördert harte Arbeit, fachliche Einsicht und eine offene Geisteshaltung – eine gute Inspiration, die globale Klimaherausforderung auf den Lehrplan zu setzen.

Laut Unesco-Verfassung besteht der Zweck der Organisation, durch die Zusammenarbeit zwischen den Nationen sowie durch Ausbil-dung, Wissenschaft und Kultur zu Frieden und Sicherheit beizutragen. Nachhaltige Ent-wicklung und der Einsatz gegen die globale Klimaherausforderung sind entscheidende

Voraussetzungen für Frieden und Sicherheit. Deshalb ist das Thema Klimaschutz ein not-wendiger Fokus nicht nur für die Unesco-Schulen, sondern für alle Schulen.

Einer unserer dänischen Schüler hat die Her-ausforderung so beschrieben: „Es ist wichtig, dass Dänemark dazu beiträgt, einen Unter-schied für die Umwelt und auf der Erde für die nächsten vielen Jahre zu machen. Wir sol-len auf unsere Erde aufpassen. Das können wir nur tun, indem wir zusammenarbeiten, als ein gemeinsames Projekt.“

Nils-Georg Lundberg, Mitglied der dänischen Unesco-Nationalkommission, Vorsitzender des Führungsteams der dänischen Unesco-Schulen (ASP-Schulen) und Dekan für die pädago-gischen Ausbildungen am University College Nordjylland

Wie wird die

Welt in 30 Jahren

aussehen?

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12 I KENNZEICHEN DK I NOVEMBER 2009 KENNZEICHEN DK I NOVEMBER 2009 I 13

Die Emanzipation des Lernens

Klimawandel und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung

„Nachhaltige Entwicklung bedeutet Risiken zu bewältigen, auch wenn unser Wissen noch ungenau ist. Es geht um schwierige und komplexe Themen. Die Herausforderung des Bildungswesens besteht darin, Menschen dazu zu motivieren, nicht mit Gleichgültigkeit auf die fordernden und unangenehmen Fra-gen zu reagieren, sondern Räume zu schaf-fen und Prozesse zu ermöglichen, die durch kritisches, innovatives und handlungsorien-tiertes Lernen bestimmt sind.“*

In den letzten Jahren haben die Themen Kli-mawandel und nachhaltige Entwicklung über-all auf der Welt eine größere Aufmerksamkeit erfahren. Auf der politischen Agenda sind sie auf globaler, nationaler und lokaler Ebene zu etablierten Themen avanciert, und führende Politikerinnen und Politiker sprechen sich da-für aus, den Klimawandel zu bekämpfen und fordern eine „grüne Revolution“. Umweltfra-gen sind nun nicht mehr ausschließlich Be-lange von Umweltverbänden und NGOs. Die globale Erderwärmung und das Abschmelzen des Polareises haben den Klimawandel zu einem Thema gemacht, das für alle Menschen wichtig ist, und das spürbare Konsequenzen nach sich zieht.

Doch wie sollen wir die Herausforderungen des Klimawandels und der anderen umweltbe-dingten Probleme begreifen, und wie sollen wir handeln, um eine Zukunft zu gestalten, die auf nachhaltige Entwicklung baut? Es gibt keine simplen Antworten auf diese Fragen, doch Bil-dung wird zwangsläufig ein Teil davon sein.

Die UNO hat die Jahre 2005 bis 2014 zum Jahr-zehnt der Bildung für nachhaltige Entwicklung ausgerufen mit dem Ziel, „Prinzipien, Werte und Praktiken der nachhaltigen Entwicklung in alle Aspekte der Bildung und des Lernens zu integrieren“. Das Ziel bezieht sich auf das Kon-zept der „nachhaltigen Entwicklung“, das im Bericht der Brundtland-Kommission „Our Com-mon Future“ (1987) eingeführt wurde. Darin wird nachhaltige Entwicklung in der Kurzform definiert als „… Entwicklung, die den Nöten und Belangen der Gegenwart gerecht wird, ohne zukünftigen Generationen die Möglich-keit zu nehmen, ihren Bedürfnissen gerecht zu werden“ (World Commission on Environment and Development, 1987, Kapitel 2).

Die UNO unterstreicht, dass Bildung für nach-haltige Entwicklung das komplexe Zusam-menspiel von sozialen, ökonomischen und ökologischen Fragen impliziert. Sie basiert auf Werten wie zum Beispiel dem gegenseitigen Respekt zwischen Menschen, Umweltschutz, sozialer Gerechtigkeit und einer weltweiten, verantwortungsvollen Bürgerschaft.

Diese Lesart macht deutlich, dass unter Bildung für nachhaltige Entwicklung nicht nur die Übermittlung von Wissen zu umwelt-bedingten Fragen zu verstehen ist, sondern dass auch ein tieferes Bewusstsein über die Dilemmas zwischen inkompatiblen Bedürfnis-sen und Wünschen und zwischen verschie-denen Gesellschaftsgruppen gefordert ist. Sie deutet auch die Relevanz der Partizipation an und verlangt, dass man dazu in der Lage ist, kritisch über die Themen der nachhaltigen Entwicklung zu reflektieren und dementspre-chend zu handeln – in formalen Bildungssitu-ationen sowie in informellen Situationen.Der Vorteil dieser breiten Definition von Bil-dung für nachhaltige Entwicklung liegt darin, dass sie verschiedene Interpretationen und Anwendungsmöglichkeiten des Begriffs in

verschiedenen kulturhistorischen Kontexten zulässt. Das Risiko besteht hingegen darin, dass diese breite Definition ein abgehobenes Ideal bleibt, ohne dass eine Umsetzung zu aktuellen Lernsituationen stattfinden kann.

Als Teil des UNO-Jahrzehnts der Bildung für nachhaltige Entwicklung wurde ein globa-les Netzwerk von Bildungsorganisationen in Form von „Regionalen Expertisenzentren“ geschaffen. Heute umfasst dieses Netzwerk 62 Länder von Japan bis Mexiko und von Südafrika bis Schweden. Die Zentren streben durch Unterstützung und Entwicklung von regionalen Implementierungen der globalen Herausforderungen von Bildung für nachhal-tige Entwicklung an, das Ziel des UNO-Jahr-zehntes zu erreichen.

Heute, zur Halbzeit im UNO-Jahrzehnt der Bil-dung für nachhaltige Entwicklung, stellt sich die Frage, was bisher im Bereich der Bildung geschehen ist. Ein umfassendes internatio-nales Forschungsprojekt der International Alliance of Leading Education Institutes hat untersucht, wie schulbasierte Bildung für nachhaltige Entwicklung in zehn Ländern, verteilt über sechs Kontinente, angegangen und konkret praktiziert wird. Die Untersuchung zeigt, dass Bildung für nachhaltige Entwicklung (und Bildung generell) versuchen sollte, Bür-gerinnen und Bürger mit den nötigen Fähig-keiten auszustatten, sich aktiv in kontroversen und komplexen Gesellschaftsbereichen und in der Entwicklung von nachhaltigen Lösungen einbringen zu können, statt sie zu passiven Empfängern von Handlungsanweisungen zu reduzieren – Letzteres ist leider eine weitver-breitete Auffassung. Eine weitere Hauptkon-klusion des Forschungsprojekts ist die fest-gestellte Tendenz, Bildung für nachhaltige Entwicklung zu simplifizieren und sie auf Fak-ten, Wissenschaft und technische Lösungen, die in den naturwissenschaftlichen Fächern

gelehrt werden, zu begrenzen. Dabei geht ein breiteres Verständnis von Bildung für nachhal-tige Entwicklung, das pluralistische Zugänge bietet und offene Fragen stellt, verloren. Ein anderes neues Forschungs- und Entwick-lungsprojekt im Rahmen von Bildung für nachhaltige Entwicklung, das mit Schüle-rinnen und Schülern aus dritten, siebten und achten Klassen in Dänemark durchgeführt wurde, berichtet von erfolgreichen Lernpro-zessen und hoch motivierten Kindern. Eines der Hauptresultate ist, dass kein Kind zu jung ist, um mit Bildung für nachhaltige Ent-wicklung zu arbeiten. Das Projekt zeigt, dass selbst die Kleinsten in der Lage sind, ratio-nal über die grundlegenden Bedingungen zu reflektieren und zu verstehen, dass nach-haltige Entwicklung berücksichtigt werden muss. In einem der Schulprojekte wurde eine Geschichte über einen Jungen aus Guatemala als Beispiel genutzt, um auf unterschiedliche Lebensbedingungen, Möglichkeiten und Ab-hängigkeiten von natürlichen Ressourcen in Dänemark und Guatemala hinzuweisen. Der Unterricht bezog sich unter anderem auf die Fähigkeit der Schüler, sich in eine andere Person hineinversetzen zu können. Dabei entwickelten sie ein Verständnis dafür, dass unsere gegenwärtige Situation ein Resultat der historischen Entwicklung ist, und dass daher auch die Zukunft von unseren heutigen Taten abhängt.**

Wenn wir uns von einer rhetorischen und politischen Absichtserklärung hin zu einem wirklichen Kampf gegen den Klimawandel be-wegen wollen, spielt Bildung eine Schlüssel-rolle. Gebraucht werden innovative, interaktiv orientierte Strategien und Praktiken, die die Herausforderungen des Klimawandels und der nachhaltigen Entwicklung in alle Aspekte der Bildung integrieren.

Katrine Dahl Madsen, The Danish School of Education, Universität Aarhus, DänemarkQuellen

* Interview mit Professor Jeppe Læssøe. Von Camilla Mehlsen.

Education Alliance Quaterly, September 2009,

The Danish School of Education, Universität Aarhus

** Interview mit Professor Karsten Schnack und Dozent Søren

Breiting. Von Torben Clausen. Education Alliance Quaterly,

Sept. 2009, The Danish School of Education, Universität Aarhus

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BEWÄLTIGEN …

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14 I KENNZEICHEN DK I NOVEMBER 2009 KENNZEICHEN DK I NOVEMBER 2009 I 15

Streiter im Dienst des Klimas

Willen kann Berge versetzen

Mit einer staatlichen Unterstützung von 20

Millionen dänischen Kronen haben dänische

NGOs und die People’s Climate Action die

Verantwortung dafür übernommen, die dä-

nische Bevölkerung für ein persönliches

Engagement in der Klimaproblematik zu mo-

tivieren. Ein Tropfen auf den heißen Stein,

ist man versucht zu sagen, denn es ist eine

große Aufgabe, die Gewohnheiten der Dänen

im Alltag zu verändern.

Trotz wenig Zeit und noch weniger Geld gibt es in Dänemark zahlreiche

Aktivisten, die in Vereinen und Initiativen für den Klimaschutz freiwillig

organisiert sind. Von Bürgerinitiativen bis hin zum offiziellen UN-Gipfel

engagieren sich Organisationen und Vereine, die mit bescheidenen

finanziellen Mitteln unterstützt werden, um die dänische Bevölkerung

für die Klimaproblematik zu sensibilisieren.

Wie macht man der dänischen Bevölkerung die Notwendigkeit deut-

lich, dass die Energieverschwendung im Alltag in einen nachhaltigen

und klimafreundlichen Lebensstil umgewandelt werden muss? „Die

Aufgabe ist gigantisch, und sie liegt in den Händen der Vereine und

Organisationen, die täglich Hilfe in Notsituationen, Sozialarbeit oder

kulturelle Veranstaltungen leisten“, erklärt Berit Asmussen, Vorstands-

vorsitzende der People’s Climate Action (PCA). Die Dachorganisation

PCA steht an der Spitze von mehr als 40 Mitgliedsorganisationen und

50 daran angeschlossenen Klimaprojekten. Ihre Aufgabe ist es, die

einzelnen Akteure zu vernetzen und eine Synergie mit dem UN-Klima-

gipfel zu schaffen.

Mehr als 150 Projekte haben sich in zwei Auswahlverfahren für das

Geld aus dem Förderungspool von 20 Millionen Kronen der dänischen

Regierung beworben. Der Großteil der Fördermittel, insgesamt 8 Millio-

nen, ging an eine alternative Bürgerkonferenz, die vom 8. bis 19. De-

zember parallel zur offiziellen Klimakonferenz der UN, COP15, im Bella

Center stattfindet.

People’s Climate Action: Zielgerichtete Kulturveranstaltungen sind die wirkungsvollste Art, Einfluss auf

Verhaltensmuster zu nehmen, wie hier beim Roskilde-Festival, wo sich Jugendliche engagieren.

Klimaforum 09

alternativer Klimagipfel soll

Dialog schaffen

Die dänischen nGOs planen mit dem „klima-

forum09“ eine grosse Parallelkonferenz

zum Un-klimagipfel cOP15. Sie wollen damit

einen offenen Gipfel schaffen, der allen

Repräsentanten der globalen zivilgesell-

schaft offensteht und auf dem gemein-

sam nach Lösungen für die klimaprobleme

gesucht werden soll. Die dänische Regie-

rung unterstützt das klimaforum09 mit

mehr als 1 Million euro.

niels Fastrup, Presseverantwortlicher des

klimaforum09, findet, dass die globale

erwärmung ein zu ernsthaftes Problem

ist, um es nur den Politikern zu überlas-

sen. Daher will das klimaforum09 einen

offenen Gipfel schaffen, an dem alle Bürger

Lösungen zum klimaschutz entwickeln kön-

nen. Dies sei eine der grössten herausfor-

derungen in der Geschichte der Menschheit,

so Fastrup.

Während die offizielle konferenz im ausser-

halb kopenhagens gelegenen kongresszent-

rum „Bella center“ stattfindet, tagt der

alternative klimagipfel mitten in der Stadt

– im modernen Sportkomplex „DGi-byen“. zu

dem vom 7. bis 18. Dezember stattfindenden

event erwarten die Veranstalter täglich

zwischen 5.000 und 10.000 Besucher.

niels Fastrup zufolge arbeitet das klima-

forum09 mit zwei verschiedenen zielgruppen.

einerseits will das klimaforum09 Menschen

aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Oze-

anien einladen – nämlich alle diejenigen,

die jetzt schon an den Folgen des klima-

wandels leiden. Andererseits werden auch

Teilnehmer der industrienationen einbezo-

gen. im Anschluss ist ein Treffen zwischen

den beiden Gruppen geplant. Für Fastrup

steht die Frage im Vordergrund, wie ein

solches Treffen ablaufen könnte, und ob

dies überhaupt möglich ist, ohne dass es

zu einem „clash of cultures“ zwischen

den Teilnehmern aus den entwicklungs- und

industrieländern kommt.

Im Fördertopf verbleiben somit 12 Millionen dänische Kronen für mehr

als 50 Projekte, die sich direkt an die Bevölkerung wenden. „Bürger-

orientierte Aktivitäten“ heißt es in den Beamtensprache, es handelt

sich um Graswurzelbewegungen und deren Kampagnen, die die Dänen

zu mehr eigenverantwortlichem Engagement in der Klimaproblematik

ermuntern sollen. Diese unterstützenden Projekte haben eine breite

Reichweite, von Kunst und Kultur bis hin zu Diskussionsveranstaltun-

gen und Camps für junge Leute aus der ganzen Welt.

Neben Projekten in Hochschulen, Privatschulen und Internaten sowie

internationalen Camps erhielten auch einige Kunst- und Kulturveran-

staltungen für Kinder und Jugendliche finanzielle Förderung.

Ein Beispiel ist das Roskilde-Festival, das mit 65.000 Besuchern größ-

te Musikfestival Nordeuropas. Der Roskilde-Fonds machte die Klima-

schutzziele für junge Leute attraktiv, indem man auf dem Zeltplatz

„grüne Fußspuren“ einrichtete: Der Parcours reichte von der Mülltren-

nung über Energiesparen im Haushalt bis zu ökologisch bewusster

Ernährung. Die Camper profitierten von einem attraktiven Zeltplatz im

„Klimadorf“ am See. Die Musikfans genossen biologisches Essen, kos-

tenlose Handy-Ladestationen durch Pedalkraft, Kühlmöglichkeiten für

Getränke und vieles andere mehr.

Gleichzeitig setzt das Roskilde-Festival Maßstäbe in Sachen ener-

giesparendes Equipment für viele andere Veranstaltungen.

„Wir verwendeten LED-Licht bei den Bühnenshows, weil es bis zu

40 Prozent des Energieverbrauchs einsparen kann. Zunächst recher-

chierten wir nach einem geeigneten Lieferanten. Im kommenden Jahr

wird das gesamte Festival unter dem Motto der Nachhaltigkeit und des

Klimaschutzes stehen.“

Das Roskilde-Festival ist nur eines unter vielen Projekten unter der

Schirmherrschaft von People’s Climate Action. Trotz der klammen Bud-

gets engagieren sich scharenweise freiwillige Aktivisten und Initiativen

in dänischen Vereinen und Organisationen. Vor diesem Hintergrund

hat es sich die PCA zum Ziel gesetzt, auch nach dem UN-Klimagipfel

eine dauerhafte Interessengemeinschaft im Dienst des Klimaschutzes

zwischen dänischen und ausländischen Organisationen, Politikern,

Wirtschaftsvertretern und den Behörden zu schaffen.

Janne Aagaard, Sprecherin von People’s Climate Action

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Professioneller Service in Energiefragen von VisitDenmark

Einsatz für den Klimaschutz

Wirtschaftsunternehmen – the Marketing Denmark Fund, the Confederation of Danish Industry, the Danish Construction Association, the Agricultural Council of Denmark und the Danish Wind Industry Association – in Kopenhagen gegründet wurde. Anliegen des Konsortiums ist es, nicht nur Dänemarks Ex-pertise in Greentech-Know-how und Clean-Tech-Lösungen sowie Innovationskraft im Bereich Klimaschutz zu bündeln, sondern vor allem die Aufmerksamkeit auf Däne-marks Stärken und Errungenschaften in der

weltweiten Reduktion der Treibhausgase zu lenken. Dadurch sollen nicht nur Investo-ren angesprochen, sondern in erster Linie Know-how weitertransportiert werden. Seine Energie-, Klima- und Umweltschutzziele ver-folgt Dänemark auch weiterhin sehr ehrgeizig: Bis 2020 soll in Dänemark der CO2-Ausstoß um 30 % gesenkt und bis 2025 30 % des dä-nischen Energieverbrauchs über erneuerbare Energien gedeckt werden. Kopenhagen strebt an, bis 2015 Öko-Welthauptstadt zu sein und bis 2025 sogar CO2-neutral zu werden. Hand-

Nicht nur im Rahmen der anstehenden UN-Kli-makonferenz in Kopenhagen blickt die Welt in Sachen Klimaschutz auf Dänemark. Seit Jahr-zehnten übernimmt Dänemark Vorbildfunktion im Bereich Klima- und Umweltschutz.

Bereits nach der Ölkrise 1973 hat Dänemark begonnen, seine Produktionsprozesse und Möglichkeiten der Energiegewinnung umzu-stellen. Zeitgleich wurden Maßnahmen zur Steigerung der Energie-Effizienz entwickelt, die vor allem zur Reduktion des Energie-Ver-brauchs sowie des Ausstoßes an CO2 beitru-gen. Diese frühzeitigen Entwicklungen sowie die Tatsache, dass die dänische Umweltpolitik per Gesetz in die Zielbestrebungen aller po-litischen Bereiche integriert ist, macht Däne-mark heute zu einem der Weltführer in der Entwicklung und der Kommerzialisierung von Clean-Tech-Methoden. Dass sich der fürsorg-liche Umgang mit der Umwelt nicht mit dem Anspruch des Landes, nach Wachstum und Wohlstand zu streben, widerspricht, belegt der Anstieg des realen Wirtschaftswachstums Däne-marks in den letzten 25 Jahren um 75 % – und das bei nahezu stabilem Energieverbrauch.

Durch leistungsfähige Lösungen, basierend auf Qualität und Effizienz, konnte Dänemarks Export von Energie-Technologien und -Aus-rüstungen sich im letzten Jahrzehnt mehr als verdreifachen. Insbesondere in der Energiege-winnung durch Windkraft stehen die Dänen an erster Stelle, so stammt bereits die Hälfte aller Windturbinen auf der ganzen Welt aus Däne-mark. Im eigenen Land werden schon 20 % des Elektrizitätsverbrauchs über Windkraft ge-neriert. Als Marktführer in der Windkraft-Tech-nologie verfügen die Dänen über die weltgrößte Windkraft-Industrie und konnten dadurch im Jahr 2007 durch den Windkraft-Sektor einen Anteil von 6,5 % des Exports des Landes er-zielen – und dieser ist immer noch wachsend.

Die Leistungen Dänemarks im Bereich Kli-maschutz und Energiegewinnung sind ein-zigartig. Dänemarks Erfolg liegt darin, einen stabilen Wirtschaftszuwachs beizubehalten und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren sowie die Entwick-lung von erneuerbaren Energien voranzutrei-ben und somit die Umwelt zu schützen.

Auf dem Internetportal EnergyMap.dk werden aktuelle Veranstaltungen, Studien, Forschungs-ergebnisse, Projektentwicklungen, ausgereifte Techniken und Fallbeispiele zur Linderung und Lösung des Klimaproblems präsentiert. Des Weiteren werden nicht nur dänische Unternehmen, Institutionen sowie Regionen und Stadtbezirke vorgestellt, sondern man kann auch gleichzeitig mit ihnen in Kontakt treten. Durch EnergyMap.dk wurde eine be-deutende Plattform für Unternehmen, Inves-toren, Projektentwickler, Forschungsstellen, Politiker und Journalisten geschaffen. Ob Unternehmen nach Technologien suchen, die der Karbon-Reduzierung dienen, ob R & D-Wissenschaftler sich nach Partnern oder neu-en Resultaten in der Regenerativen Energie umsehen, ob Investoren nach neuen Mög-lichkeiten von intelligenten Energie-Systemen suchen oder Politiker und Verwaltungsbeamte auf der Suche nach Informationen sind, wie eine hohe Energieeffizienz bei der Anwen-dung von fossilen Brennstoffen zu erzielen ist – EnergyMap.dk liefert ihnen Fakten, Antworten und Informationen.

Für ausländische Firmen, die Interesse haben mehr über Investitionsmöglichkeiten sowie dänische Clean-Tech-Lösungen zu erfahren, wird seit 2009 ein besonderer Service gebo-ten: In sogenannten EnergyTours werden auf die individuellen Interessen ausländischer Firmen abgestimmte Touren zu Energie-An-lagen, Unternehmen sowie landesweite und ortansässige Behörden wie z. B. zur Wellen-energie-Anlage in Nissum Bredning (Wave Star Energy), zum Offshore-Windpark Horns Rev, zum Studstrup Kraftwerk zur lokalen Wär-megewinnung oder zum Wärmekraftwerk Avedore Power Station angeboten.

Die EnergyTours bieten Unternehmen und anderen Interessierten die Möglichkeit, bei Standortbesichtigungen, Seminaren oder aber auch Face-to-Face-Meetings die wichtigsten Akteure im Klimaschutz kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen sowie über mög-liche Synergien und Austauschpotenziale zu sprechen. Dabei sind nicht nur Energie-Unternehmen aus dem Ausland und deren Management eingeladen an den Energy-Tours teilzunehmen, sondern auch Politiker

und öffentliche Verwaltungsbehörden sowie Projektentwickler, Technologie-Provider und beratende Ingenieure, die sich der Energie-Agenda verpflichtet fühlen.

Ein Verbund professioneller Dienstleister, wie beispielsweise Dänemarks Tourismuszentrale VisitDenmark, unterstützt die Tour-Teilneh-mer ebenfalls in der Wahl ihrer Reisemög-lichkeiten und Unterkünfte. Die Buchung von als umweltfreundlich zertifizierten Hotels und Konferenzräumen ist dabei natürlich selbst-verständlich.

EnergyMap.dk und EnergyTours steht unter der Verantwortung des Climate Consortium Denmark, das im Februar 2008 unter der Schirmherrschaft von Kronprinz Frederick als Public Private Partnership zwischen dem Land Dänemark und den fünf großen

lungsbedarf im Sinne des Klimaschutzes ist geboten – und zwar auf der ganzen Welt:„Unsere ganze Gesellschaft muss davon durchdrungen werden. In der Art wie wir un-sere Häuser bauen, wie wir unser Zuhause beleuchten und wie die Wärme in unseren Heizkörpern hergestellt wird, bis hin zu Autos, die mit Windkraft vorangetrieben werden oder herkömmlich mit Benzin. Dies hat Bedeutung für Industrie und Institutionen sowie für je-den Bürger“, postuliert Connie Hedegaard, Dänemarks Umweltministerin.

Dänemark möchte nun sein Wissen und seine

Erfahrungen im Umwelt- und Klimaschutz

weitergeben und die internationale Zusammenarbeit

auf diesem Gebiet fördern.

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Die FahrradstadtKennZeichen DK

nr. 90 | novemBer 2009–03 | 23. Jahrgang

titel:

un-Klimagipfel Kopenhagen

titelBilD: Danish winD inDustry association

herausgeBer:

KÖniglich DÄnische Botschaft

presse- unD KulturaBteilung (v. i. s. D. p.)

reDaKtion:

uffe anDreasen, Bert BugDahl

üBersetZung:

christian vogel, JacoB sØnDergaarD

leKtorat:

KatJa geis

Design/layout:

Q7 meDia gmBh & co. Kg

carsten KnoBloch, isaBel engelmann

BilDserie pflanZen (oBen rechts)

Bert BugDahl

auflage: 4.500 eXemplare

DrucK: ruKsalDrucK

papier: multi Design white

erscheinungsweise: minD. 4 ausgaBen pro Jahr

BeZug gratis üBer:

KÖniglich DÄnische Botschaft

presse- unD KulturaBteilung

rauchstrasse 1, D-10787 Berlin

telefaX: (030) 50 50 22 50

e-mail: [email protected]

internet: www.DaenemarK.org

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Als erstes Land der Welt hat Dänemark jetzt eine Fahrrad-Botschaft eröffnet. Die neue „Cycling Embassy“ hat ihren Sitz in Kopen-hagen und dient als Ansprechpartner für internationale Anfragen rund ums Zweirad, seine Möglichkeiten und Chancen.

Dänemark gilt als Vorreiterland in Sachen Rad-fahrkultur – allein in der dänischen Hauptstadt fahren täglich rund 36 Prozent der Einwohner mit dem Rad zu Arbeit, Schule oder Universi-tät. Bis 2015 soll dieser Anteil auf 50 Prozent steigen. Dieses umfassende Know-how rund um die gesunde, grüne, aber auch schnelle und preiswerte zweirädrige Alternative zum Auto möchte die Fahrrad-Botschaft an Ver-kehrs- und Städteplaner aus aller Welt, an

Geschäftsleute und Firmen, aber auch Radtou-ristiker und Privatpersonen weitergeben. Auf der neuen Homepage www.cycling-embassy.dk erfahren Interessenten in englischer Sprache mehr zu Radthemen wie Fahrradparkplätze, Anlage von Radwegen, Radtourismus, den kostenlosen dänischen Stadträdern (dänisch Bycykel), die man in Kopenhagen oder Århus findet, und vieles mehr.

Die Cycling Embassy ist ein Netzwerk aus den dänischen Kommunen Kopenhagen, Frede-riksberg, Århus und Odense, dem Dänischen Fahrradclub (Dansk Cyklist Forbund), Visit-Denmark – Dänemarks offizieller Tourismus-zentrale – sowie verschiedenen dänischen Fahrradherstellern und -ausrüstern.

VisitDenmark – Dänemark eröffnet neue „Cycling Embassy“ neuer raD-infrastruKturplan

Dänemark investiert in den kommenden fünf Jah-

ren eine Milliarde kronen (circa 134 Millionen

euro) in die nationale Radwege-infrastruktur.

Vor allem in den Metropolen kopenhagen, Århus

und Aalborg soll das „grüne“ Verkehrsmittel

damit ein noch attraktiveres Transportmittel

werden.

Bis 2014 fördert die dänische Regierung mit dem

Geld kommunen bei der entwicklung von „Rad-

stadtprojekten“, die den örtlichen Radverkehr

begünstigen. So soll beispielsweise eine erhöhte

Verkehrssicherheit auf Arbeits- und Schulwegen

Pendler zum Umstieg aufs zweirad bewegen. Dazu

sollen landesweite kampagnen für das cO2-neu-

trale Verkehrsmittel werben.

„Dies ist ein Sieg für die Radfahrer.

Endlich ist das Fahrrad ein anerkanntes

Verkehrsmittel geworden, das im Rahmen der

Verkehrsinvestitionen eine hohe Priorität hat“,

freut sich der Vorsitzende

des Dänischen Fahrradclubs,

Jens Loft Rasmussen.

Der neue Rad-infrastrukturplan ist Teil eines

ende Januar vom dänischen Parlament beschlos-

senen Verkehrspakets mit einem Gesamtvolumen

von 94 Milliarden kronen (circa 1,26 Milliarden

euro). Bis 2020 sollen diese Mittel nicht nur in

den Radverkehr, sondern in den öffentlichen

nah- und Fernverkehr fliessen. Gefördert werden

moderne, zukunftsweisende Bus-, Bahn- oder

U-Bahn-Verbindungen sowie der Ausbau des

Bahnsystems.

Unter anderem soll Dänemarks zweitgrösste

Stadt Århus eine neue, Leichtbahn genannte

Strassenbahn erhalten. Darüber hinaus soll

nach dem Willen der dänischen Politiker die Bahn

schneller und effektiver werden. Beispielsweise

soll sich die Reisezeit zwischen kopenhagen und

Aalborg von jetzt viereinhalb auf drei Stunden

verkürzen, um auch auf Fernstrecken Autofahrer

zum Umstieg auf umweltschonende Verkehrs-

mittel zu animieren.

Neben den „cykling embassys“ haben sich dänische Botschafter auch persönlich auf Fahrräder gesetzt,

um für den Klimaschutz zu radeln. Links Lars Thuesen, Rechts Niels Pultz.

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