Berliner Zeitung - Was Unsere Kinder Heute Nicht Mehr Verstehen

2
15/2/2015 Berliner Zeitung Was unsere Kinder heute nicht mehr verstehen http://www.berlinerzeitung.de/familie/wasunserekinderheutenichtmehrverstehen,27871856,29788906,view,printVersion.html 1/2 Familie 09.02.2015 „OH NEIN! BANDSALAT!“ Was unsere Kinder heute nicht mehr verstehen Von Jenny Meyszner Das Knöpfchen am Auto herunterdrücken oder ewig warten, bis das Telefon frei wird: Vieles, was in den 80er Jahren noch normal war, kennen unsere Kinder überhaupt nicht mehr. Ein paar exemplarische Sätze. Sie kommen uns wie gestern vor, aber gerade in Sachen Technik Entwicklung sind die 80er Jahre Steinzeit. Das finden Sie übertrieben? Dann probieren Sie mal einen dieser zehn Sätze an Ihren Kindern aus. Sie werden nur fragende Blicke ernten – oder Gelächter. Wer schon mal ein ganzes Wochenende damit verbracht hat, das perfekte Mixtape für die Neue aus der Parallelklasse aufzunehmen, wer noch analog fotografiert hat und weiß, wie man ein Auto ohne Zentralverriegelung verschließt der hat die 80er Jahre erlebt und findet keinen der folgenden zehn Sätze merkwürdig. Und doch verstehen unsere Kinder nur Bahnhof. Probieren Sie's aus: 1. „OH NEIN! BANDSALAT!“ Es beschreibt den Ärger darüber, dass sich mal wieder das Magnetband der Lieblingskassette im Rekorder verheddert hat. Hitzige Gemüter beförderten gleich das ganze Bandgewirr in den Mülleimer. Geduldige reparierten das Tape mit einem Bleistift. Wie? Fragen Sie Ihre Eltern. 2. „BITTE ZURÜCKSPULEN!“ So lautete die gängige Ermahnung jeder Videothek, die geliehenen VHSKassetten vor der Rückgabe wieder an den Anfang zu spulen. Wer der Aufforderung nicht nachkam, musste eine Strafgebühr zahlen. 3. „HOFFENTLICH IST DAS BILD WAS GEWORDEN.“ Zu Zeiten analoger Fotografie hatte ein Film im besten Fall 36 Bilder, war teuer und das Ergebnis der eigenen Knipserei war erst nach der Entwicklung im Labor zu sehen. Sehr ärgerlich, wenn dann ausgerechnet der süße Urlaubsflirt im Bild abgeschnitten war. 4. „Leg' endlich auf! Ich erwarte einen Anruf.“ Unvorstellbar, aber wahr: Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte eine gesamte Familie nur ein einziges Telefon. Und das stand im Flur. Und wenn die Tochter mal wieder stundenlang an der Strippe hing, hörten andere Anrufer nur das Besetztzeichen. Und mussten warten. Und noch mal neu wählen. Und was das bei einem Wählscheibentelefon bedeutete, das kann sich auch kein Kind mehr vorstellen. 5. „SINGLES MUSST DU AUF 45 STELLEN.“ Dieser Satz ist in mehrfacher Hinsicht erklärungsbedürftig: Singles sind in diesem Fall keine alleinstehenden Die 80er Jahre: Wie eine weit entfernte Galaxie kommen sie einem manchmal schon heute vor. Foto: dpa

description

Was unsere Kinder heute nicht mehr verstehen

Transcript of Berliner Zeitung - Was Unsere Kinder Heute Nicht Mehr Verstehen

  • 15/2/2015 BerlinerZeitungWasunsereKinderheutenichtmehrverstehen

    http://www.berlinerzeitung.de/familie/wasunserekinderheutenichtmehrverstehen,27871856,29788906,view,printVersion.html 1/2

    Familie09.02.2015OHNEIN!BANDSALAT!

    WasunsereKinderheutenichtmehrverstehenVonJennyMeyszner

    DasKnpfchenamAutoherunterdrckenoderewigwarten,bisdasTelefonfreiwird:Vieles,wasinden80erJahrennochnormalwar,kennenunsereKinderberhauptnichtmehr.EinpaarexemplarischeStze.

    Siekommenunswiegesternvor,abergeradeinSachenTechnikEntwicklungsinddie80erJahreSteinzeit.DasfindenSiebertrieben?DannprobierenSiemaleinendieserzehnStzeanIhrenKindernaus.SiewerdennurfragendeBlickeerntenoderGelchter.

    WerschonmaleinganzesWochenendedamitverbrachthat,dasperfekteMixtapefrdieNeueausderParallelklasseaufzunehmen,wernochanalogfotografierthatundwei,wiemaneinAutoohneZentralverriegelungverschlietderhatdie80erJahreerlebtundfindet

    keinenderfolgendenzehnStzemerkwrdig.UnddochverstehenunsereKindernurBahnhof.ProbierenSie'saus:

    1.OHNEIN!BANDSALAT!

    Esbeschreibtdenrgerdarber,dasssichmalwiederdasMagnetbandderLieblingskassetteimRekorderverhedderthat.HitzigeGemterbefrdertengleichdasganzeBandgewirrindenMlleimer.GeduldigerepariertendasTapemiteinemBleistift.Wie?FragenSieIhreEltern.

    2.BITTEZURCKSPULEN!

    SolautetediegngigeErmahnungjederVideothek,diegeliehenenVHSKassettenvorderRckgabewiederandenAnfangzuspulen.WerderAufforderungnichtnachkam,mussteeineStrafgebhrzahlen.

    3.HOFFENTLICHISTDASBILDWASGEWORDEN.

    ZuZeitenanalogerFotografiehatteeinFilmimbestenFall36Bilder,warteuerunddasErgebnisdereigenenKnipsereiwarerstnachderEntwicklungimLaborzusehen.Sehrrgerlich,wenndannausgerechnetderseUrlaubsflirtimBildabgeschnittenwar.

    4.Leg'endlichauf!IcherwarteeinenAnruf.

    Unvorstellbar,aberwahr:VorgarnichtallzulangerZeithatteeinegesamteFamilienureineinzigesTelefon.UnddasstandimFlur.UndwenndieTochtermalwiederstundenlanganderStrippehing,hrtenandereAnrufernurdasBesetztzeichen.Undmusstenwarten.Undnochmalneuwhlen.UndwasdasbeieinemWhlscheibentelefonbedeutete,daskannsichauchkeinKindmehrvorstellen.

    5.SINGLESMUSSTDUAUF45STELLEN.

    DieserSatzistinmehrfacherHinsichterklrungsbedrftig:SinglessindindiesemFallkeinealleinstehenden

    Die80erJahre:WieeineweitentfernteGalaxiekommensieeinemmanchmalschonheutevor.Foto:dpa

  • 15/2/2015 BerlinerZeitungWasunsereKinderheutenichtmehrverstehen

    http://www.berlinerzeitung.de/familie/wasunserekinderheutenichtmehrverstehen,27871856,29788906,view,printVersion.html 2/2

    Grostdter,sondernkleineSchallplatten.Undumsieordnungsgemabzuspielen,musstemandieGeschwindigkeitvon331/3UmdrehungenproMinutefrgroeSchallplattenauf45beschleunigen.SonstklangVickyLeandroswieSamsonausderSesamstrae.Obwohldasnatrlichauchganzlustigwar.

    WiemanAutosohneFernbedienungverschlietundwasumschaltenmitaufstehenzutunhat,lesenSieaufdernchstenSeite.

    6.KannstdubittedasKnpfchenrunterdrcken.

    ModerneAutosverriegelndieTreninzwischenschonselbstttig,aberfrhermusstejedeoffeneTreinzelnabgeschlossenwerden.UmnichtmitdemSchlsselumdasganzeAutoherumgehenzumssen,hrtenBeifahrervomFahrerregelmigdiesenSatz.

    7.HiersindnochGroschenfrdieTelefonzelle.

    FrsorglicheElterngabenihrenSprsslingenstetszweiZehner(Groschen)mitaufdenWeg,damitdiesieimNotfallauseinerffentlichenTelefonzelleanrufenkonnten.Ja,liebeKinder:EsgabkeineHandys.Keine.Handys.Aberdafr:Mnzfernsprecher.

    8.BEIMNCHSTENTONISTES11UHR,47MINUTENUNDDREISSIGSEKUNDEN.DT.

    AlsnochnichtjederaufseinHandysah,umzuerfahren,wiesptesist,wardieZeitansagederDeutschenPostvermutlichdiemeistgewhlteTelefonnummerDeutschlands.DortwiederholteeineweiblicheStimmedieaktuelleUhrzeitindieserForm.UndzwarallezehnSekundenaufsNeue.

    9.GEHMALBITTEUMSCHALTEN.

    EsgibtzweiGrnde,warumdasWortZappinginden80erJahrennochnichtbekanntwar.ErstensgabessowiesonurdreiFernsehprogrammeundzweitenswarUmschaltenwesentlichaufwendiger.DennnichtjedeFamilieverfgtebereinenFernsehermitFernbedienung.VomerstenaufszweiteProgrammwurdeamGertselbstgewechselt.

    10.HASTDUNOCHNE90ER?NEE,NURNOCHNE60ER.

    DieserSatzbeziehtsichnichtaufMusikCompilationsausden90eroder60erJahren,sondernaufdieLngevonLeerkassetten.EinesogenannteC90botproSeite45MinutenSpeicherplatzfrMusik,eineC60dementsprechend30Minuten.

    WennunsereKinderdieseStzenichtverstehen,dannliegtesandermangelndenErfahrung.EsgibtaberauchStze,unbedachtgeuert,diekommenbeimKindganzandersan.Esistverletzt,bekommtAngstoderfhltsichunterDruckgesetzt.WelcheStzeElternliebervermeidensollten,lesenSiehier.

    ArtikelURL:http://www.berlinerzeitung.de/familie/wasunserekinderheutenichtmehrverstehen,27871856,29788906.html

    Copyright2015BerlinerZeitung