„Berührt, geführt!“ - | Kinderschach in Deutschland · nen, darunter der Erlkönig, Tom der...

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HIER&HEUTE SN | 20. April 2014 | 2 Kommentar Welcome in Loewettin von Frank Schumann C arl Loewe erblickte am 30. November 1796 in Löbejün das Licht dieser Welt, die er heute vor 145 Jahren, am 20. April 1869, für immer verließ. Da- zwischen liegt ein reichhaltiges musikalisches Schaf- fen, das die Loewe-Enthusiasten der Internationalen Carl-Loewe-Gesellschaft (ICLG) seit inzwischen gut 21 Jahren erkun- den, aufbereiten, öffentlich zugänglich machen und somit in steter Erinnerung für die Nachwelt erhalten. Gleichzeitig machen sie Löbe- jün über Stadt-, Kreis-, Landes- und Bundesgrenzen hinaus bekannt. Denn Freunde der von Carl-Loewe erschaffenen Musik – immerhin rund 500 Lieder und Balladen, sechs Opern, Oratorien, Sinfonien... – gibt es weltweit; Loewe-Gesellschaften auch schon in Österreich, Po- len und sogar in Japan. Die kurz nach dem Jahrtausendwechsel ge- gründete japanische Loewe-Gesellschaft veranstaltet seit einiger Zeit regelmäßige Konzerte mit Loewe-Werken in Tokio, sorgt so im Land der aufgehenden Sonne für eine Verbreitung von Wirken und Werk des zu Unrecht manchmal auf Balladen-Meister reduzierten Kompo- nisten. Und die Reiselust der Japaner ist sprichwörtlich... Ab nächstes Wochenende haben alle Freunde von Carl Loewe auf dieser Welt einen Grund mehr, ins Geburtshaus des Komponisten nach Löbejün zu kommen. Auf rund 400 Quadratmeter haben die engagierten Akteure um ICLG-Präsident Andreas Porsche und Ku- ratorin Heidelore Rathgen eine Ausstellung zusammengetragen, die Strahlkraft weit über die mitteldeutsche Region hinaus besitzt. Doch Porsche und Rathgen wissen auch, dass ein Carl Loewe allein als für die Stadt wirtschaftlich tragfähiger Tourismusmagnet mit al- len positiven Nebenwirkungen nur der Anfang sein kann. Mit Träu- men und Hoffnungen auf ein Wunder lässt sich kein Gemeinwesen entwickeln! Noch dazu, wenn die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Entwicklungschancen eher begrenzt sind. Da gilt es auf die vorhande- nen Schätze zu setzen, sie zu entdecken und zu entwickeln, sie zu he- gen und pflegen, wie es die ICLG seit 1992 tut. Das Potenzial ist im nördlichen Saalekreis mit seiner reichen Ge- schichte und seinen zahlreich hier wirkenden Persönlichkeiten alle- mal vorhanden. Nur das Bewusstsein dafür scheint zwischen dem Stammsitz der Wettiner und dem Loewe-Geburtshaus noch nicht all- zu sehr ausgeprägt. Wichtiger als persönliche Auseinandersetzungen und Intrigen ist ein klares Bekenntnis zum gemeinsamen Handeln mit allem Für und Wider. Vielleicht kehrt diese Einsicht zum gemein- samen Ziehen an einem kultur-touristischen Strang aber nach dem 25. Mai in den neuen Stadtrat ein. Der gesamten davon profitieren- den Region wäre es zu wünschen. Willkommen in Loewettin! „Wir müssen noch eine gemeinsame Identität finden“ Carl-Loewe-Haus soll Begegnungsstätte sein – Raritäten auf Schellack und Papier – EU-Projekt geplant LÖBEJÜN. Raritäten aus der Urzeit der Tontechnik, Musi- kalien und Musik als Born un- endlicher Lebensfreude sind im Carl-Loewe-Haus in Löbe- jün zu erleben. Und wenn die Sammler und Hüter der his- torischen Schätze dazu spre- chen, besteht für Gäste höchs- te Ansteckungsgefahr. Carl Loewe, Löbejüns großer Komponistensohn, ist viel mehr als ein Balladenkönig und sei- ne Werke sind keineswegs trivia- le Unterhaltung, sagen Heidelo- re Rathgen und Andreas Porsche von der Internationalen Carl-Loe- we-Gesellschaft (ICLG). Wenn es um Loewe geht, sind sie wie Gold- gräber: Nicht zu bremsen. Trotz- dem ihre Sammlung bereits um- fangreich ist, sind sie stets bereit, weitere Schätze zu heben. Die ICLG hat das Loewe-Haus neben der Stadtkirche mit viel Mühen und Beharrlichkeit zu ei- ner Stätte von internationaler Be- achtenswürdigkeit gemacht. „Wir müssen dieses Haus mit Leben erfüllen“, wissen sie. Es geht nicht nur um Loewe und Löbejün, son- dern um die Kulturregion Wettin- Löbejün. Im Mittelpunkt stehen dabei auch verschollene Künst- ler wie der Dichter Armin Stein, geboren in Neutz-Lettewitz, der Komponist Prinz Louis Ferdinand von Preußen, der einst die Burg Wettin erwarb, oder die Nachfah- ren von Valentin Haussmann, die in Löbejün wirkten. „Wettin und Löbejün müssen noch eine gemeinsame Identi- tät finden“, findet Rathgen. Dafür sollen die Schätze zusammenge- tragen werden. Das Loewe-Haus soll nicht nur ein Loewe-Museum sein, sondern ein Haus der Begeg- nung für Kunst, Kultur und Bil- dung mit Veranstaltung ganz ver- schiedener Art. So ist im Juni ein Vorlesewettbewerb geplant. Der Stolz des Hauses sind Edi- son-Phonographen, Grammo- phon-Schränke und Tischgram- mophone. Auf Wachswalzen und Schellackplatten ist heute noch zu hören, wie die Welt gestern klang. „Als man damit begann, Ton- aufnahmen zu machen, brauch- te man noch Einsinger“, erklärt Rathgen. Die sangen in einen Trichter, während die mechani- schen Schwingen direkt auf die Platte gekratzt wurden. Anfangs musste jede Platte einzeln besun- gen werden. Die älteste Schel- lack-Platte im Besitz des Loewe- Hauses stammt von 1902. Dabei handelt es sich um die Ballade „Prinz Eugen“, gesungen von Le- opold Demuth. Es ist einer der 38 Titel, die auch auf der neuen Dop- pel-CD zu finden sind, die das Lo- ewe-Haus exklusive anbietet. Por- sche erklärt den Hintergrund: Von Loewe gibt es 500 Balladen. 38 da- von sind – in verschiedenen Vari- ationen – auf Schellack erschie- nen, darunter der Erlkönig, Tom der Reimer, Heinrich der Vogler, Die Uhr oder Der Schatzgräber. „Das sind echte Raritäten.“ Schellackplatte ist nicht gleich Schellackplatte. Regulär drehte sich die Platte 78 Mal pro Minu- te, während eine Nadel, die man zum Wohle der Platten bei jedem Spiel auswechseln musste, die Töne abtastete. Die Nadel wan- derte gewöhnlich von außen nach innen. Bei Platten für den Rund- funk aber lief die Nadel von innen nach außen. Die Tonqualität auf den längeren Außenbahnen war besser, erklärt Porsche. Nach vier Nachlässen und Mu- seumsausbau danken die Loewe- Freunde dem Land und der Spar- kasse für die Unterstützung. Zwei Zukunftsprojekte sind nun ange- dacht: Erstens soll mit Jugendli- chen des Gymnasiums und des Offenen Kanals Wettin ein Touch- tisch zum Musikhören entstehen. Zweitens soll Loewes „Gesangs- lehre“ für Kinder neu gedruckt werden in deutsch, polnisch und englisch. Geplant ist ein EU-Pro- jekt mit Polen und Österreich. Martin Schramme Nach der Sanierung ein Blickfang: Das Loewe-Haus mit Freitreppe in Löbejün. Foto: Martin Schramme Friedensdemo am 28. April HALLE (mas). Seit Wochen sorgen sich Menschen, dass es im Poker um die Zukunft der Ukraine zum Krieg kommt. Nun soll es auch in Halle eine Friedensdemo geben – mit An- laufschwierigkeiten. Im Aufruf für eine Friedensde- monstration am 28. April, ab 18 Uhr auf Halles Marktplatz wur- den Anfang der Woche auch der Friedenskreis Halle und die Par- tei Piraten erwähnt. Friedens- kreis und Piraten widersprachen jedoch der Darstellung, sie sei- en Aufrufer, Initiatoren oder Un- terstützer. Die wahren Initiatoren der Demo am 28. April erklärten gegenüber SN, dass sie sich in der Tradition der 1989 erstmals abge- haltenen Montagsdemos sehen. Massenproteste waren die Mon- tagsdemos zuletzt, als es um die Hartz IV-Gesetze der rot-grünen Bundesregierung ging. Der sich jetzt langsam bundesweit auswei- tende Protest versteht sich als Ge- genentwurf zur Propaganda-Wal- ze deutscher Leitmedien. In Halle heißen die Losungen „Für den Frieden - überall auf der Welt!“, „Gegen Medienlügen und Kriegs- treiberei!“ und „Wir sind das Volk! – 25 Jahre Montagsdemo.“ Feinstaub: Dass die Feinstaub- werte in Deutschland trotz Um- weltzonen weiter hoch sind, hat die Bündnisgrünen in Halle dazu veranlasst, die Ausweitung der Umweltzone zu fordern. Das ste- he ohnehin im Luftreinhalteplan der Stadt. Um die Feinstaubwer- te zu senken, fordern die Grünen ferner, den Nahverkehr auszu- bauen, den Lkw-Durchgangsver- kehr zu senken und das Stadt- grün zu fördern. Seit September 2011 hat Halle eine Umweltzone. Nach hartem Widerstand durch die damalige Oberbürgermeiste- rin Dagmar Szabados und Wirt- schaftsvertreter gilt sie seither – anders als in Leipzig – nicht für das gesamte Stadtgebiet. Kreuzworträtselmord: Mehr als 33 Jahre nach dem Mord an dem siebenjährigen Lars aus Halle- Neustadt sind die Ermittelungen im so genannten Kreuzworträt- sel-Mord endgültig eingestellt. Im Herbst 1981 war der Mör- der ermittelt. Nach Strafminde- rung nach Bundesrecht kam er 1999 frei und lebte bis zu seinem Tod 2013 in Magdeburg. Im sel- ben Jahr veröffentlichte seine da- malige Freundin Kerstin Apel ein Buch zum Mord. Weil Aussagen dort von ihren Aussagen 1981 ab- wichen, nahm die Staatsanwalt- schaft Halle die Ermittlungen wieder auf, die sie jetzt aus Man- gel an Beweisen einstellte. Meisterarbeiten im Volkspark: Bis zum 11. Mai zeigt die Burg- Galerie im Volkspark unter dem Titel „DHL-Express“ Arbeiten von neun Meisterschülern aus Dres- den, Halle und Leipzig. „Dresden, Halle, Leipzig – wir schaffen neue Verbindungen. Schneller als die Post erlaubt“, hieß es in der Ver- anstaltungsankündigung. Tanzrausch: Die Tanzschule „Tanzrausch“ lädt zur Aufführung ihres Stückes „Das Ich im Wir – Das Wir im Ich“ ins Puschkin- haus ein – am 26. April um 19 Uhr und am 27. April um 17 Uhr. Jun- ge Tänzerinnen und Tänzer im Al- ter zwischen zwölf und 28 Jahren treten auf, choreografiert von Sil- ke Neumann. Das Tanzstück geht den Fragen nach, was uns bewegt, womit wir hadern und wann wir „wir selbst“ sind. Karten gibt es über www.tanzrausch-halle.de oder unter 0163/ 380 79 17. Kinderchorfestival: Vom 8. bis 11. Mai findet das 35. Internatio- nale Kinderchorfestival statt. Die Veranstalter erwarten Chöre aus Deutschland, Österreich, Russ- land, Bulgarien, Japan und Süd- korea. Weitere Infos sind im Fes- tivalbüro (Telefon: 0345/ 780 80 00) oder unter kinderchorfestival. com im Internet zu bekommen. HALLE & UMLAND KOMPAKT Redaktion: (03 45) 2 04 09-20 E-Mail: [email protected] Anzeigen: (03 45) 2 04 09-0 E-Mail: [email protected] Kleinanzeigenannahme: (03 45) 2 04 09-60 Verlag: Saale Verlagsgesellschaft mbH 06110 Halle (Saale), Franckestraße 2 Tel.: (0345) 2 04 09-0; Fax: (0345) 2 04 09-90 Verlagsleiter und Geschäftsführer: Hagen Königseder Redaktion: Frank Schumann (verantw./ 2 04 09-23); Martin Schramme (2 04 09-20). Anzeigenleitung: Hagen Königseder, Jens Weise (2 04 09-25). Verlagsrepräsentanten: Frank Bleuel (2 04 09-44), Dr. Wolfgang Hippe (2 04 09-43), Gerd Lienemann (2 04 09-41). Anzeigenschluss: Freitag, 12 Uhr. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Gewähr. Weiterverwendung der eigens für den Verlag entworfenen Anzeigen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Für die Richtigkeit telefonisch aufgenommener Anzeigen oder Än- derungen übernimmt der Verlag keine Gewähr. Druck: AROPRINT Druck- und Verlagshaus GmbH Hallesche Landstraße 111 06406 Bernburg. Kombinations-Gesamtauflage: 707.200 Auflage Wirtschaftsraum Halle – III. Quartal 2013 Verteilte Auflage: 150.538 Geprüfte Druckauflage: 153.008 Impressum Kontakt HALLE. Niklas grabbelt um die Bauern, greift den König und will die Dame schlagen. Ger- hard Köhler interveniert: „Das Pferd deckt die Dame.“ Der Kö- nig steht in der Ecke, nach ei- ner Rochade, wohlgemerkt. Niklas ist sechs und steckt die Niederlage weg – ohne Wutan- fall. Das ist ein Ergebnis nach dem ersten Projektjahr Schach im Kindergarten in Halle. Niklas, Emma und 13 weite- re Kinder der Kita „Reideburg I“ in der Paul-Singer-Straße kom- men freiwillig zum Schach, ver- sichert Leiterin Ines Ullrich. „Wer Lust und Laune hat, kommt.“ Sie sagt: Die Kinder freuen sich mit- einander, auch wenn der andere gewinnt. Dienstags ist Grundkurs, mittwochs Fortgeschrittenenkurs. Jeweils zehn Kinder können spie- len. „Ziel ist es, den König Schach- matt zu setzen.“ Die Erzieherinnen wurden ge- schult. Organisiert hat das der Verein „Kinderschach in Mittel- deutschland“. Hinter dem Projekt steht der Landesschachverband Sachsen-Anhalt, sagt dessen Prä- sident Günter Reinemann. „Wir wollen deutschlandweit arbei- ten.“ Inzwischen sei man in zahl- reichen Kitas in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Nieder- sachsen und Nordrhein-Westfa- len präsent. In Halle startete das Unternehmen Kinderschach im Sommer 2012. Bildungsdezernent Tobias Kogge und freie Träger wurden angesprochen. Seit Feb- ruar 2013 gibt es den Verein. In- zwischen sind in Halle zwölf Kitas dabei, darunter „Entdeckerland“ in Halle-Neustadt, „Ökolino“ in Diemitz und die integrative Kin- dertagesstätte „Tabaluga“. „Das ist etwas Positives, das aus Sachsen-Anhalt kommt und deutschlandweit ausstrahlt“, sagt Tanja Pflug, Leiterin des Projek- tes Schach im Kindergarten. Die Politikwissenschaftlerin spielt seit mehr als 30 Jahren Schach. Ihr fünfjähriger Sohn ist inzwischen auch mit von der Partie. Pflug weiß aus einer Schulschach- studie, dass das Spiel nicht nur die Konzentration und das ma- thematische Verständnis för- dert, sondern auch die Lese- und Sprachkompetenz. Dem Klischee, Schachspieler sind Eigenbröd- ler, widerspricht sie. Emma lie- fert, ins Spiel vertieft, gleich den Beweis, indem sie einen Zug ih- res Gegners mit dem Spruch „Be- rührt, geführt!“ kommentiert, was bedeutet, dass ein Zug ausgeführt werden muss, sobald eine Figur berührt worden ist. Robert Stein (13) aus Halle ist frischer Jugendschachweltmeis- ter. Den Titel hat er gerade aus Al- Ain (Vereinigte Arabische Emi- rate) mitgebracht. „Das liegt bei Dubai“, berichtet er. Sein Endspiel gegen einen Kanadier endete mit einem Remis. Das Unentschie- den reichte für den Gesamtsieg, weil er genügend Punkte hatte. Schach spielt Robert seit seinem sechsten Lebensjahr. Sein Ziel: Schach-Großmeister. Das Kinderschach-Projekt be- deutet: Erzieher werden geschult und mit Schachspielen bestückt. Hinzu kommt Lehrmaterial von Dirk Jordan und Harald Niesch. Das kostet Geld. 500 Euro pro Kita, sagt Gerhard Köhler, Vor- stand bei Sponsor Orwo Net AG und selbst im Schachsport zu- hause. Er sagt, dass Schach das vernetzte Denken fördert. „Die Kinder lernen, sich an Regeln zu halten, zu kämpfen und zu Feh- lern zu stehen.“ Nun würden wei- tere Sponsoren für Schachprojek- te an weiteren Kitas gesucht. Mit vergleichsweise wenig Geld kön- ne viel bewegt werden. Alle Informationen sind unter www.kigaschach.de im Internet zu finden. Wer sich zu den Details bei Projektleiterin Tanja Pflug er- kundigen will, erreicht sie über Funk unter 0178/ 661 79 49. Martin Schramme „Berührt, geführt!“ Verein aus Halle bringt Schach in deutsche Kindergärten Emma und Niklas sind mit Konzentration und Spielfreude am Schachbrett zugange. Im Kindergarten „Reideburg I“ gehören sie seit gut einem Jahr zu den Kindern, die Schach lernen und spielen. Nachden- ken, Zusammenhänge erkennen, kämpfen, anständig verlieren – das können sie. Foto: Martin Schramme

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Kommentar

Welcome in Loewettinvon Frank Schumann

Carl Loewe erblickte am 30. November 1796 in Löbejün das Licht dieser Welt, die er heute vor

145 Jahren, am 20. April 1869, für immer verließ. Da-zwischen liegt ein reichhaltiges musikalisches Schaf-fen, das die Loewe-Enthusiasten der Internationalen Carl-Loewe-Gesellschaft (ICLG) seit inzwischen gut 21 Jahren erkun-den, aufbereiten, öffentlich zugänglich machen und somit in steter Erinnerung für die Nachwelt erhalten. Gleichzeitig machen sie Löbe-jün über Stadt-, Kreis-, Landes- und Bundesgrenzen hinaus bekannt. Denn Freunde der von Carl-Loewe erschaffenen Musik – immerhin rund 500 Lieder und Balladen, sechs Opern, Oratorien, Sinfonien... – gibt es weltweit; Loewe-Gesellschaften auch schon in Österreich, Po-len und sogar in Japan. Die kurz nach dem Jahrtausendwechsel ge-gründete japanische Loewe-Gesellschaft veranstaltet seit einiger Zeit regelmäßige Konzerte mit Loewe-Werken in Tokio, sorgt so im Land der aufgehenden Sonne für eine Verbreitung von Wirken und Werk des zu Unrecht manchmal auf Balladen-Meister reduzierten Kompo-nisten. Und die Reiselust der Japaner ist sprichwörtlich...

Ab nächstes Wochenende haben alle Freunde von Carl Loewe auf dieser Welt einen Grund mehr, ins Geburtshaus des Komponisten nach Löbejün zu kommen. Auf rund 400 Quadratmeter haben die engagierten Akteure um ICLG-Präsident Andreas Porsche und Ku-ratorin Heidelore Rathgen eine Ausstellung zusammengetragen, die Strahlkraft weit über die mitteldeutsche Region hinaus besitzt.

Doch Porsche und Rathgen wissen auch, dass ein Carl Loewe allein als für die Stadt wirtschaftlich tragfähiger Tourismusmagnet mit al-len positiven Nebenwirkungen nur der Anfang sein kann. Mit Träu-men und Hoffnungen auf ein Wunder lässt sich kein Gemeinwesen entwickeln! Noch dazu, wenn die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Entwicklungschancen eher begrenzt sind. Da gilt es auf die vorhande-nen Schätze zu setzen, sie zu entdecken und zu entwickeln, sie zu he-gen und pflegen, wie es die ICLG seit 1992 tut.

Das Potenzial ist im nördlichen Saalekreis mit seiner reichen Ge-schichte und seinen zahlreich hier wirkenden Persönlichkeiten alle-mal vorhanden. Nur das Bewusstsein dafür scheint zwischen dem Stammsitz der Wettiner und dem Loewe-Geburtshaus noch nicht all-zu sehr ausgeprägt. Wichtiger als persönliche Auseinandersetzungen und Intrigen ist ein klares Bekenntnis zum gemeinsamen Handeln mit allem Für und Wider. Vielleicht kehrt diese Einsicht zum gemein-samen Ziehen an einem kultur-touristischen Strang aber nach dem 25. Mai in den neuen Stadtrat ein. Der gesamten davon profitieren-den Region wäre es zu wünschen. Willkommen in Loewettin!

„Wir müssen noch eine gemeinsame Identität finden“Carl-Loewe-Haus soll Begegnungsstätte sein – Raritäten auf Schellack und Papier – EU-Projekt geplant

LÖBEJÜN. Raritäten aus der Urzeit der Tontechnik, Musi-kalien und Musik als Born un-endlicher Lebensfreude sind im Carl-Loewe-Haus in Löbe-jün zu erleben. Und wenn die Sammler und Hüter der his-torischen Schätze dazu spre-chen, besteht für Gäste höchs-te Ansteckungsgefahr.

Carl Loewe, Löbejüns großer Komponistensohn, ist viel mehr als ein Balladenkönig und sei-ne Werke sind keineswegs trivia-le Unterhaltung, sagen Heidelo-re Rathgen und Andreas Porsche von der Internationalen Carl-Loe-we-Gesellschaft (ICLG). Wenn es um Loewe geht, sind sie wie Gold-gräber: Nicht zu bremsen. Trotz-dem ihre Sammlung bereits um-fangreich ist, sind sie stets bereit, weitere Schätze zu heben.

Die ICLG hat das Loewe-Haus neben der Stadtkirche mit viel Mühen und Beharrlichkeit zu ei-ner Stätte von internationaler Be-achtenswürdigkeit gemacht. „Wir müssen dieses Haus mit Leben erfüllen“, wissen sie. Es geht nicht nur um Loewe und Löbejün, son-dern um die Kulturregion Wettin-Löbejün. Im Mittelpunkt stehen dabei auch verschollene Künst-ler wie der Dichter Armin Stein, geboren in Neutz-Lettewitz, der Komponist Prinz Louis Ferdinand von Preußen, der einst die Burg

Wettin erwarb, oder die Nachfah-ren von Valentin Haussmann, die in Löbejün wirkten.

„Wettin und Löbejün müssen noch eine gemeinsame Identi-tät finden“, findet Rathgen. Dafür sollen die Schätze zusammenge-tragen werden. Das Loewe-Haus soll nicht nur ein Loewe-Museum sein, sondern ein Haus der Begeg-nung für Kunst, Kultur und Bil-dung mit Veranstaltung ganz ver-

schiedener Art. So ist im Juni ein Vorlesewettbewerb geplant.

Der Stolz des Hauses sind Edi-son-Phonographen, Grammo-phon-Schränke und Tischgram-mophone. Auf Wachswalzen und Schellackplatten ist heute noch zu hören, wie die Welt gestern klang. „Als man damit begann, Ton-aufnahmen zu machen, brauch-te man noch Einsinger“, erklärt Rathgen. Die sangen in einen

Trichter, während die mechani-schen Schwingen direkt auf die Platte gekratzt wurden. Anfangs musste jede Platte einzeln besun-gen werden. Die älteste Schel-lack-Platte im Besitz des Loewe-Hauses stammt von 1902. Dabei handelt es sich um die Ballade „Prinz Eugen“, gesungen von Le-opold Demuth. Es ist einer der 38 Titel, die auch auf der neuen Dop-pel-CD zu finden sind, die das Lo-

ewe-Haus exklusive anbietet. Por-sche erklärt den Hintergrund: Von Loewe gibt es 500 Balladen. 38 da-von sind – in verschiedenen Vari-ationen – auf Schellack erschie-nen, darunter der Erlkönig, Tom der Reimer, Heinrich der Vogler, Die Uhr oder Der Schatzgräber. „Das sind echte Raritäten.“

Schellackplatte ist nicht gleich Schellackplatte. Regulär drehte sich die Platte 78 Mal pro Minu-te, während eine Nadel, die man zum Wohle der Platten bei jedem Spiel auswechseln musste, die Töne abtastete. Die Nadel wan-derte gewöhnlich von außen nach innen. Bei Platten für den Rund-funk aber lief die Nadel von innen nach außen. Die Tonqualität auf den längeren Außenbahnen war besser, erklärt Porsche.

Nach vier Nachlässen und Mu-seumsausbau danken die Loewe-Freunde dem Land und der Spar-kasse für die Unterstützung. Zwei Zukunftsprojekte sind nun ange-dacht: Erstens soll mit Jugendli-chen des Gymnasiums und des Offenen Kanals Wettin ein Touch-tisch zum Musikhören entstehen. Zweitens soll Loewes „Gesangs-lehre“ für Kinder neu gedruckt werden in deutsch, polnisch und englisch. Geplant ist ein EU-Pro-jekt mit Polen und Österreich.

Martin SchrammeNach der Sanierung ein Blickfang: Das Loewe-Haus mit Freitreppe in Löbejün. Foto: Martin Schramme

Friedensdemo am 28. AprilHALLE (mas). Seit Wochen sorgen sich Menschen, dass es im Poker um die Zukunft der Ukraine zum Krieg kommt. Nun soll es auch in Halle eine Friedensdemo geben – mit An-laufschwierigkeiten.

Im Aufruf für eine Friedensde-monstration am 28. April, ab 18 Uhr auf Halles Marktplatz wur-den Anfang der Woche auch der Friedenskreis Halle und die Par-tei Piraten erwähnt. Friedens-kreis und Piraten widersprachen jedoch der Darstellung, sie sei-en Aufrufer, Initiatoren oder Un-terstützer. Die wahren Initiatoren

der Demo am 28. April erklärten gegenüber SN, dass sie sich in der Tradition der 1989 erstmals abge-haltenen Montagsdemos sehen. Massenproteste waren die Mon-tagsdemos zuletzt, als es um die Hartz IV-Gesetze der rot-grünen Bundesregierung ging. Der sich jetzt langsam bundesweit auswei-tende Protest versteht sich als Ge-genentwurf zur Propaganda-Wal-ze deutscher Leitmedien. In Halle heißen die Losungen „Für den Frieden - überall auf der Welt!“, „Gegen Medienlügen und Kriegs-treiberei!“ und „Wir sind das Volk! – 25 Jahre Montagsdemo.“

Feinstaub: Dass die Feinstaub-werte in Deutschland trotz Um-weltzonen weiter hoch sind, hat die Bündnisgrünen in Halle dazu veranlasst, die Ausweitung der Umweltzone zu fordern. Das ste-he ohnehin im Luftreinhalteplan der Stadt. Um die Feinstaubwer-te zu senken, fordern die Grünen ferner, den Nahverkehr auszu-bauen, den Lkw-Durchgangsver-kehr zu senken und das Stadt-grün zu fördern. Seit September 2011 hat Halle eine Umweltzone. Nach hartem Widerstand durch die damalige Oberbürgermeiste-rin Dagmar Szabados und Wirt-schaftsvertreter gilt sie seither – anders als in Leipzig – nicht für das gesamte Stadtgebiet.

Kreuzworträtselmord: Mehr als 33 Jahre nach dem Mord an dem siebenjährigen Lars aus Halle-Neustadt sind die Ermittelungen im so genannten Kreuzworträt-sel-Mord endgültig eingestellt. Im Herbst 1981 war der Mör-der ermittelt. Nach Strafminde-rung nach Bundesrecht kam er 1999 frei und lebte bis zu seinem Tod 2013 in Magdeburg. Im sel-ben Jahr veröffentlichte seine da-malige Freundin Kerstin Apel ein Buch zum Mord. Weil Aussagen dort von ihren Aussagen 1981 ab-wichen, nahm die Staatsanwalt-schaft Halle die Ermittlungen wieder auf, die sie jetzt aus Man-gel an Beweisen einstellte.

Meisterarbeiten im Volkspark: Bis zum 11. Mai zeigt die Burg-Galerie im Volkspark unter dem Titel „DHL-Express“ Arbeiten von neun Meisterschülern aus Dres-den, Halle und Leipzig. „Dresden, Halle, Leipzig – wir schaffen neue Verbindungen. Schneller als die Post erlaubt“, hieß es in der Ver-anstaltungsankündigung.

Tanzrausch: Die Tanzschule „Tanzrausch“ lädt zur Aufführung ihres Stückes „Das Ich im Wir – Das Wir im Ich“ ins Puschkin-haus ein – am 26. April um 19 Uhr und am 27. April um 17 Uhr. Jun-ge Tänzerinnen und Tänzer im Al-ter zwischen zwölf und 28 Jahren treten auf, choreografiert von Sil-ke Neumann. Das Tanzstück geht den Fragen nach, was uns bewegt, womit wir hadern und wann wir „wir selbst“ sind. Karten gibt es über www.tanzrausch-halle.de oder unter 0163/ 380 79 17.

Kinderchorfestival: Vom 8. bis 11. Mai findet das 35. Internatio-nale Kinderchorfestival statt. Die Veranstalter erwarten Chöre aus Deutschland, Österreich, Russ-land, Bulgarien, Japan und Süd-korea. Weitere Infos sind im Fes-tivalbüro (Telefon: 0345/ 780 80 00) oder unter kinderchorfestival.com im Internet zu bekommen.

H A L L E & U M L A N DKO M PA K T

Redaktion:(03 45) 2 04 09-20E-Mail: [email protected]:(03 45) 2 04 09-0E-Mail: [email protected]:(03 45) 2 04 09-60

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Verlagsleiter und Geschäftsführer:Hagen KönigsederRedaktion: Frank Schumann (verantw./2 04 09-23); Martin Schramme (2 04 09-20).Anzeigenleitung: Hagen Königseder,Jens Weise (2 04 09-25).Verlagsrepräsentanten: Frank Bleuel(2 04 09-44), Dr. Wolfgang Hippe (2 04 09-43),Gerd Lienemann (2 04 09-41).

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Kombinations-Gesamtauflage:707.200Auflage Wirtschaftsraum Halle –III. Quartal 2013Verteilte Auflage: 150.538Geprüfte Druckauflage: 153.008

Impressum

Kontakt

HALLE. Niklas grabbelt um die Bauern, greift den König und will die Dame schlagen. Ger-hard Köhler interveniert: „Das Pferd deckt die Dame.“ Der Kö-nig steht in der Ecke, nach ei-ner Rochade, wohlgemerkt. Niklas ist sechs und steckt die Niederlage weg – ohne Wutan-fall. Das ist ein Ergebnis nach dem ersten Projektjahr Schach im Kindergarten in Halle.

Niklas, Emma und 13 weite-re Kinder der Kita „Reideburg I“ in der Paul-Singer-Straße kom-men freiwillig zum Schach, ver-sichert Leiterin Ines Ullrich. „Wer Lust und Laune hat, kommt.“ Sie sagt: Die Kinder freuen sich mit-einander, auch wenn der andere gewinnt. Dienstags ist Grundkurs, mittwochs Fortgeschrittenenkurs. Jeweils zehn Kinder können spie-len. „Ziel ist es, den König Schach-matt zu setzen.“

Die Erzieherinnen wurden ge-schult. Organisiert hat das der Verein „Kinderschach in Mittel-deutschland“. Hinter dem Projekt steht der Landesschachverband Sachsen-Anhalt, sagt dessen Prä-sident Günter Reinemann. „Wir wollen deutschlandweit arbei-ten.“ Inzwischen sei man in zahl-reichen Kitas in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Nieder-sachsen und Nordrhein-Westfa-

len präsent. In Halle startete das Unternehmen Kinderschach im Sommer 2012. Bildungsdezernent Tobias Kogge und freie Träger wurden angesprochen. Seit Feb-ruar 2013 gibt es den Verein. In-zwischen sind in Halle zwölf Kitas dabei, darunter „Entdeckerland“ in Halle-Neustadt, „Ökolino“ in Diemitz und die integrative Kin-dertagesstätte „Tabaluga“.

„Das ist etwas Positives, das aus Sachsen-Anhalt kommt und deutschlandweit ausstrahlt“, sagt Tanja Pflug, Leiterin des Projek-tes Schach im Kindergarten. Die Politikwissenschaftlerin spielt seit mehr als 30 Jahren Schach. Ihr fünfjähriger Sohn ist inzwischen auch mit von der Partie. Pflug weiß aus einer Schulschach-studie, dass das Spiel nicht nur die Konzentration und das ma-thematische Verständnis för-dert, sondern auch die Lese- und Sprachkompetenz. Dem Klischee, Schachspieler sind Eigenbröd-ler, widerspricht sie. Emma lie-fert, ins Spiel vertieft, gleich den Beweis, indem sie einen Zug ih-res Gegners mit dem Spruch „Be-rührt, geführt!“ kommentiert, was bedeutet, dass ein Zug ausgeführt werden muss, sobald eine Figur berührt worden ist.

Robert Stein (13) aus Halle ist frischer Jugendschachweltmeis-

ter. Den Titel hat er gerade aus Al-Ain (Vereinigte Arabische Emi-rate) mitgebracht. „Das liegt bei Dubai“, berichtet er. Sein Endspiel gegen einen Kanadier endete mit einem Remis. Das Unentschie-den reichte für den Gesamtsieg, weil er genügend Punkte hatte. Schach spielt Robert seit seinem sechsten Lebensjahr. Sein Ziel: Schach-Großmeister.

Das Kinderschach-Projekt be-deutet: Erzieher werden geschult und mit Schachspielen bestückt. Hinzu kommt Lehrmaterial von Dirk Jordan und Harald Niesch. Das kostet Geld. 500 Euro pro Kita, sagt Gerhard Köhler, Vor-stand bei Sponsor Orwo Net AG und selbst im Schachsport zu-hause. Er sagt, dass Schach das vernetzte Denken fördert. „Die Kinder lernen, sich an Regeln zu halten, zu kämpfen und zu Feh-lern zu stehen.“ Nun würden wei-tere Sponsoren für Schachprojek-te an weiteren Kitas gesucht. Mit vergleichsweise wenig Geld kön-ne viel bewegt werden.

Alle Informationen sind unter www.kigaschach.de im Internet zu finden. Wer sich zu den Details bei Projektleiterin Tanja Pflug er-kundigen will, erreicht sie über Funk unter 0178/ 661 79 49.

Martin Schramme

„Berührt, geführt!“Verein aus Halle bringt Schach in deutsche Kindergärten

Emma und Niklas sind mit Konzentration und Spielfreude am Schachbrett zugange. Im Kindergarten „Reideburg I“ gehören sie seit gut einem Jahr zu den Kindern, die Schach lernen und spielen. Nachden-ken, Zusammenhänge erkennen, kämpfen, anständig verlieren – das können sie. Foto: Martin Schramme