Berufsbildungssystem und Berufsbildungspolitik in Deutschland · 3 1. Einleitung und Aspekte der...

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1 Günter Kutscha Universität Duisburg-Essen Fachbereich Bildungswissenschaften Berufsbildungssystem und Berufsbildungspolitik in Deutschland Seminarskript für das Wintersemester 2008/09 Copywright: Günter Kutscha, Universität Duisburg-Essen

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Günter Kutscha

Universität Duisburg-Essen

Fachbereich Bildungswissenschaften

Berufsbildungssystem und Berufsbildungspolitik in Deutschland

Seminarskript für das Wintersemester 2008/09

Copywright:

Günter Kutscha, Universität Duisburg-Essen

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Inhaltsverzeichnis:

1.  Einleitung und Aspekte der Analyse von Berufsbildungssystem und Berufsbildungspolitik ............................................................... 3 

2.  Bildungssystem und bildungspolitische Entwicklungen in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung ihrer Segmentierungs- und Kanalisierungsfunktionen im Hinblick auf das Berufsbildungssystem ............................................................... 4 

3.  Das Berufsbildungssystem – Systemdifferenzierung, Funktionen und Strukturprobleme .................................................................... 10 

3.1 Definitorische Kontexte ...................................................... 10

3.2  Berufliches Übergangssystem............................................. 11 

3.3  Duales Ausbildungssystem ................................................. 13 

3.4  Berufsbildende Schulen und Schulberufssystem ................ 20 

3.5  Berufliche Weiterbildung ................................................... 23 

4.  Berufsbildungspolitik als Teil des politischen Systems - Dimensionen und Aspekte ............................................................. 26 

4.1  Definitorische Kontexte ...................................................... 26 

4.2  Policy-Aspekte: Inhalte und Zielnormen der Berufsbil-dungspolitik ......................................................................... 27 

4.3  Politics-Aspekte: Prozedurale Aspekte der Berufsbildungs-politik .................................................................................. 29 

4.4  Polity-Aspekte: Zur gesamtgesellschaftlichen Funktions-analyse der Berufsbildungspolitik ....................................... 31 

5.  Funktionsprobleme des Berufsbildungssystems im Hinblick auf das Beschäftigungssystem – Aspekte und offene Fragen aus berufsbildungspolitischer Sicht ..................................................... 33 

6.  Literaturverzeichnis ....................................................................... 36 

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1. Einleitung und Aspekte der Analyse von Be-rufsbildungssystem und Berufsbildungspolitik

Die Entwicklungsdynamik des Berufsbildungssystems und der Be-rufsbildungspolitik in ihrer Mehrdimensionalität zu erfassen, „ist ein zentrales Anliegen berufs- und wirtschaftspädagogischer Forschung“ (Reinisch/Eckert/Tramm 2004, S. 9). Nach wie vor sind Forschungs-lage und Theorieentwicklung auf diesen Gebieten disparat und defizi-tär. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch werden die Bezeichnungen Berufsbildungssystem und Berufsbildungspolitik von einer Vielzahl von Beobachtern und in einer kaum noch übersehbaren Vielfalt an Diskursen unterschiedlich in Anspruch genommen, wobei nicht immer deutlich wird, ob die Beobachtungsperspektiven die eines Praktikers, eines Politikers oder Wissenschaftlers sind und welche Erkennt-nisinteressen den jeweiligen Diskurspraxen zugrunde liegen. Mit dem folgenden Beitrag ist die Absicht verbunden, die Entwicklungen des Berufsbildungssystems und der Berufsbildungspolitik aus einer im weitesten Sinne funktionalen Sicht zu beschreiben und aus dieser Perspektive grundlegende Problemstellungen und Fragen zu erörtern.

Das primäre Interesse systemtheoretisch orientierter Funktionsanaly-sen gilt nicht der Bestandserhaltung etablierter Institutionen und Or-ganisationen, sondern der Frage, „welche strukturellen Anpassungs-leistungen soziale Systeme unter bestimmten veränderlichen Umwelt-bedingungen leisten müssen, um ihre wesentlichen Systemfunktionen erfüllen zu können“ (Willke 1991, S. 4). Im besonderen Fall des Be-rufsbildungssystems stehen dabei insbesondere Qualifizierungs-, Al-lokations- und Integrationsfunktionen zur Diskussion. Der Vorteil funktionaler Analyseansätze wird darin gesehen, dass Institutionen und Strukturen nicht um ihrer selbst willen betrachtet, sondern als Variable funktionaler Anpassungs- und Verzögerungsprozesse in Er-scheinung treten und einer kritischen Beurteilung unterzogen werden können („kritischer Funktionalismus“, vgl. Offe 1975).

Berufsbildungssystem und Berufsbildungspolitik werden hierbei als ausdifferenzierte Subsysteme des Bildungssystems auf der einen Seite und des politischen Systems auf der anderen betrachtet und unter funktionalen Aspekten hinsichtlich ihrer Binnendifferenzierung dar-

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gestellt und interpretiert. Das erfordert sowohl die Einbettung in insti-tutionengeschichtliche Verlaufsmuster, insbesondere soweit sie das gegliederte Schulwesen in Deutschland betrifft (Abschnitt 2), als auch die Betrachtung des Systemfindungsprozesses innerhalb des Berufs-bildungssystems (Ausdifferenzierung in Übergangssystem, duales Ausbildungssystem, Schulberufssystem, berufliche Weiterbildung, Abschnitt 3). Die Ausführungen zur Berufsbildungspolitik als Teil des politischen Systems folgen der Unterscheidung nach Inhalten (poli-cies), Prozeduren (politics) und strukturellen Rahmenbedingungen (polity) und thematisieren entlang dieser Differenzierung ausgewählte theoretische Aspekte der Berufsbildungspolitikanalyse (Abschnitt 4). Der Beitrag wird abgerundet durch Verweise auf offene Probleme und Fragestellungen im Hinblick auf funktional relevante Aspekte, die das Beschäftigungssystem betreffen (Abschnitt 5).

2. Bildungssystem und bildungspolitische Entwick-lungen in Deutschland unter besonderer Be-rücksichtigung ihrer Segmentierungs- und Ka-nalisierungsfunktionen im Hinblick auf das Be-rufsbildungssystem

Als strukturtypisches Merkmal des Bildungssystems in Deutschland gilt die Trennung von allgemeiner und beruflicher Bildung. Sie wird bei historischer Betrachtung in engen Zusammenhang gebracht mit den Ideen der neuhumanistischen Bildungstheoretiker zu Beginn des 19. Jahrhunderts, insbesondere den Schulplänen Wilhelm von Hum-boldts (vgl. Kutscha 2003). Humboldt (1809) plädierte für eine strikte Trennung von allgemeiner und spezieller Bildung. Letztere sollte nach abgeschlossenem allgemeinem Unterricht erworben werden. Hum-boldts Plan für das nationale Bildungswesen sah eine gesamtschularti-ge Struktur mit den „natürlichen Stadien“ des Elementar-, Schul- und Universitätsunterrichts vor. Diese Konzeption ließ sich in der stän-disch orientierten Gesellschaft des 19. Jahrhunderts nicht durchsetzen (vgl. Herrlitz/Hopf/Titze 2005, S. 33 ff.). Stattdessen bildete sich eine dreisäulig gegliederte Struktur des niederen, mittleren und höheren Schulwesens heraus (vgl. Dreweck/Müller 1982; Jeismann/Lundgreen

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1987; Müller 1977). Übertrittsmöglichkeiten von der Volksschule in die höheren Lehranstalten waren so gut wie ausgeschlossen.

Die Volksschule entließ ihre Schüler in der Regel entweder direkt in die Arbeit oder in die betriebliche Lehre. Letztere wurde ergänzt durch den Unterricht der Fortbildungsschule, die sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts allmählich zur Teilzeit-Pflichtberufsschule mit fol-genden Strukturmerkmalen entwickelte: (1.) Konzentration auf den Beruf (nach Lehr- bzw. Ausbildungsberufen differenzierte, aufstei-gende Fachklassen), (2.) Teilzeitform (früher in der Regel 4 bis 6 Stunden wöchentlich ergänzend zur betrieblichen Lehre, derzeit 12 Stunden als Regel) und (3.) gesetzliche Berufsschulpflicht (bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, und zwar unabhängig davon, ob ein be-triebliches Ausbildungsverhältnis besteht oder nicht).

Die Grundstruktur des gegliederten Bildungssystems blieb über das Kriegsende 1945 hinaus erhalten und hatte nach Gründung der Bun-desrepublik Deutschland (1949) hier weiterhin Bestand. Grundlage ist das so genannte „Hamburger Abkommen“ der Ministerpräsidenten der Länder von 1964. Dieses Abkommen ist auch verbindlicher Bestand-teil des Vertrags über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Eini-gungsvertrag vom 31. August 1990). Das „Hamburger Abkommen“ bestätigte einerseits die Struktur des nach Abschlüssen hierarchisch gegliederten, zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung institutio-nell getrennten Schulwesens, ermöglichte andererseits innerhalb die-ser Struktur begrenzte Reformen mit dem Ziel größerer Durchlässig-keit zwischen den Schularten und -stufen des allgemeinen und berufli-chen Schulwesens, wie sie insbesondere durch die Empfehlungen und Gutachten des Deutschen Bildungsrats (1970; 1974) angeregt wurde.

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Anmerkungen zur Grundstruktur des Bildungswesens in Deutschland:

Quelle: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005).

Grundstruktur des Bildungswesens in Deutschland

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Die Durchlässigkeit zwischen den Schularten und die Anerkennung der Schulab-schlüsse ist bei Erfüllung der zwischen den Ländern vereinbarten Voraussetzungen grundsätzlich gewährleistet. Die Dauer der Vollzeitschulpflicht (allgemeine Schul-pflicht) beträgt 9 bzw. 10 Jahre; die anschließende Teilzeitschulpflicht (Berufsschul-pflicht) 3 Jahre bzw. bis zum vollendeten Lebensjahr.

1 In einigen Ländern bestehen besondere Formen des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule (Vorklassen, Schulkindergärten). In Berlin und Brandenburg umfasst die Grundschule 6 Jahrgangsstufen.

2 Beschulung von Menschen mit Behinderungen entsprechend den Behinderungsarten in Sonderformen der allgemein bildenden und beruflichen Schulen, teilweise auch integrativ zusammen mit Nichtbehinderten. Schulbezeichnung nach Landesrecht unterschiedlich (Sonderschule / Schule für Behinderte / Förderschule).

3 Die Jahrgangsstufen 5 und 6 bilden unabhängig von ihrer organisatorischen Zuord-nung eine Phase besonderer Förderung, Beobachtung und Orientierung über den weiteren Bildungsgang mit seinen fachlichen Schwerpunkten.

4 Die Bildungsgänge der Hauptschule und der Realschule werden auch an Schularten mit mehreren Bildungsgängen mit nach Ländern unterschiedlichen Bezeichnungen angeboten. Hierzu zählen die Mittelschule (Sachsen), Regelschule (Thüringen), Se-kundarschule (Bremen, Sachsen-Anhalt), Erweiterte Realschule (Saarland), Integrierte Haupt- und Realschule (Hamburg), Verbundene Haupt- und Realschule (Hessen) und Regionale Schule (Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern) sowie die Gesamt-schule.

5 Der Bildungsgang des Gymnasiums wird auch an Gesamtschulen angeboten. In der kooperativen Gesamtschule sind drei Bildungsgänge (der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums) pädagogisch und organisatorisch zusammengefasst, in der integrierten Gesamtschule bilden sie eine pädagogische und organisatorische Einheit. Die Einrichtung von Gesamtschulen ist nach dem Schulrecht der Länder unterschied-lich geregelt.

6 Die allgemein bildenden Schulabschlüsse nach Jahrgangsstufe 9 und 10 tragen in einzelnen Ländern besondere Bezeichnungen. Der nachträgliche Erwerb dieser Ab-schlüsse an Abendschulen und beruflichen Schulen ist möglich.

7 Zugangsvoraussetzung ist die formelle Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe, die in der Regel nach Jahrgangsstufe 10 erworben wird. Der Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife erfolgt zur Zeit in den meisten Ländern noch nach Jahr-gangsstufe 13 (9-jähriges Gymnasium). Gegenwärtig findet jedoch in den meisten Ländern die Umstellung auf das 8-jährige Gymnasium statt, in dem die Allgemeine Hochschulreife bereits nach Jahrgangsstufe 12 erworben wird. Einige Länder haben die Umstellung auf das 8-jährige Gymnasium bereits vorgenommen.

8 Die Berufsoberschule besteht bisher nur in einigen Ländern und bietet Absolventen mit Mittlerem Schulabschluss und abgeschlossener Berufsausbildung bzw. fünfjähri-ger Berufstätigkeit die Möglichkeit zum Erwerb der Fachgebundenen Hochschulreife.

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Bei Nachweis von Kenntnissen in einer zweiten Fremdsprache ist der Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife möglich.

9 Die Fachoberschule ist eine 2-jährige Schulart, die aufbauend auf dem Mittleren Schulabschluss mit Jahrgangsstufe 11 und 12 zur Fachhochschulreife führt. Für Ab-solventen mit Mittlerem Schulabschluss und einer beruflichen Erstausbildung ist der unmittelbare Eintritt in Jahrgangsstufe 12 der Fachoberschule möglich.

10 Berufsfachschulen sind berufliche Vollzeitschulen verschiedener Ausprägung im Hinblick auf Zugangsvoraussetzungen, Dauer und Abschlüsse. In ein- oder zweijähri-gen Bildungsgängen kann eine berufliche Grundausbildung, in zwei- oder dreijähri-gen Bildungsgängen eine Berufsausbildung erworben werden. In Verbindung mit dem Abschluss eines mindestens zweijährigen Bildungsgangs kann unter bestimmten Voraussetzungen die Fachhochschulreife erworben werden.

11 Zusätzlich zum berufsqualifizierenden Abschluss ggf. Erwerb des Hauptschulab-schlusses oder des Mittleren Schulabschlusses.

12 Fachschulen dienen der beruflichen Weiterbildung (Dauer 1-3 Jahre) und setzen grundsätzlich den Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung in einem aner-kannten Ausbildungsberuf und eine entsprechende Berufstätigkeit voraus. Unter bestimmten Voraussetzungen ist zusätzlich der Erwerb der Fachhochschulreife mög-lich.

13 Einschließlich Hochschulen mit einzelnen universitären Studiengängen (z. B. Theologie, Philosophie, Medizin, Verwaltungswissenschaften, Sport).

14 An Pädagogischen Hochschulen (nur in Baden Württemberg) wird für verschiede-ne Lehrämter ausgebildet. Im Einzelfall ist auch ein Studium für Berufe im außer-schulischen Bildungs- und Erziehungsbereich möglich.

15 Die Berufsakademie ist eine Einrichtung des tertiären Bereichs in einigen Ländern, die eine wissenschaftsbezogene und zugleich praxisorientierte berufliche Bildung durch die Ausbildung an einer Studienakademie und in einem Betrieb im Sinne des dualen Systems vermittelt“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2005, S. 3 f.).

Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung (2005): Grund- und Struktur-daten 2005. Bonn-Berlin.

Reformpläne zur strukturellen Veränderung des Bildungswesens wie die des Deutschen Bildungsrats (1970; 1974) oder ambitionierte Mo-dellversuche zur Integration von allgemeiner und beruflicher Bildung

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wie der des Kollegstufenversuchs in Nordrhein-Westfalen (Kultusmi-nister des Landes Nordrhein-Westfalen 1972) konnten sich nicht durchsetzen. Modernisierungsansätze folgten dem Prinzip „Kontinui-tät im Wandel“ unter Beibehaltung der Gliederung nach Schularten innerhalb des Sekundarbereichs I und der Trennung von gymnasialer Oberstufe und dem berufsbildenden Schulwesen auf der Stufe des Sekundarbereichs II. Die Reformstrategie „separiert, aber gleichwer-tig“ in Verbindung mit der vertikalen Durchlässigkeit bei Konstanthal-tung des gegliederten Schulsystems führte seit Beginn der 1970er Jahre zu einem starken Anstieg der Bildungsgänge mit höherwertigen Abschlüssen. Dies löste paradoxe Reformeffekte aus: Entsprechend den bildungspolitischen Zielsetzungen erhöhte sich der Anteil der Schulabgänger mit studienqualifizierenden Abschlüssen deutlich, zugleich führte diese Entwicklung zu einer Abwertung der Bildung-sgänge mit niedrigeren Abschlüssen. Erwarben 1960 im Gesamtgebiet der alten Bundesrepublik Deutschland fast zwei Drittel aller Schulab-gänger als höchsten Abschluss den der Hauptschule, so waren es in den alten Ländern der Bundesrepublik 1995 weniger als ein Drittel. Bezogen auf die alterstypische Bevölkerung der 15- bis unter 17-jährigen betrug die Hauptschulabschlussquote im Jahr 2006 nur noch 28,5 %. Der Anteil der 16- bis 18jährigen Absolventen mit mittlerem Abschluss lag im Jahr 2006 bei rund 50,0 %, und der Anteil der 18 bis unter 21 Jahre alten Absolventen mit Fachhochschulreife bei 13,6 % und mit Allgemeiner Hochschulreife bei 30,0 % (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 87 f).

Die Struktur des gegliederten allgemein bildenden Schulwesens über-nimmt Creaming-Funktionen für die interne Segmentierung des beruf-lichen Bildungssystems in Abhängigkeit von schulischer Herkunft und verlängert damit die soziale Selektion, die innerhalb des Schulwesens beim Übergang in weiterführende Bildungsgänge und später durch „cooling-out-Effekte“ stattfindet (vgl. Frommberger 2007). Sie kanali-siert den Zugang zu Ausbildungsberufen, die nach Prestige, aber auch im Hinblick auf Beschäftigungschancen unterschiedlich privilegiert sind, und führt zur schultypenspezifischen Stigmatisierung mit der Folge, dass Absolventen der Hauptschule – obwohl für das duale Ausbildungssystem keine formalen Zulassungsvoraussetzungen fest-

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gelegt sind – immer weniger Chancen haben, einen Ausbildungsplatz in den oberen Segmenten zu finden. Der Bildungsbericht 2008 spricht in diesem Zusammenhang von einer „Segmentationsstruktur nach Schulabschlüssen“ (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 110 f.).

3. Das Berufsbildungssystem – Systemdifferenzie-rung, Funktionen und Strukturprobleme

3.1 Definitorische Kontexte

Die Begriffe ‚Berufsbildung‘ und ‚Berufsbildungssystem‘ werden in deutschsprachigen Verwendungskontexten im weitesten Sinne auf die Gesamtheit der schulisch und außerschulisch institutionalisierten Formen der Qualifizierung bzw. Kompetenzentwicklung für das Be-schäftigungssystem unterhalb der Hochschulebene bezogen (vgl. Au-torengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S 95). Nicht berücksich-tigt sind hierbei die Ausbildungsgänge (Studiengänge) an Hochschu-len (Universitäten, Fachhochschulen) sowie die non-formalen und informellen Qualifizierungsprozesse für Erwerbstätigkeiten innerhalb und außerhalb des regulären Beschäftigungssystems. Die herkömmli-che Abgrenzung von der akademischen Berufsbildung wird in dem Maße fraglich, wie die Verkopplung von beruflicher Erst- und Wei-terbildung mit dem Hochschulstudium in Formen ausbildungsinte-grierter dualer Studiengänge an Bedeutung gewinnt (vgl. Dobi-schat/Fischell/Rosendahl 2008).

Wie die Bildungsberichte für Deutschland belegen, zeichnet sich seit längerer Zeit eine Ausdifferenzierung und veränderte Gewichtung nach „drei Sektoren“ der „beruflichen Bildung“ ab: dem „dualen Aus-bildungssystem“, dem „Schulberufssystem“ und dem „beruflichen Übergangssystem“ (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S.95; Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 79). Die Abgrenzung dieser „Teilsysteme“ – oder wie zutreffender und ohne Beanspruchung des Systembegriffs zu formulieren wäre – der „Be-rufsbildungssektoren“ erfolgt nach folgenden Bestimmungsmerkma-len: „Bildungsgänge, die einen qualifizierenden beruflichen Abschluss vermitteln, finden sich im dualen System (Teilzeitberufsschule, außer-

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betriebliche Ausbildung und kooperatives Berufsgrundbildungsjahr), im Schulberufssystem (vollzeitschulische Ausbildung) und in der Be-amtenausbildung (einfacher und mittlerer Dienst) … Maßnahmen außerschulischer Träger und schulische Bildungsgänge, sofern sie keinen qualifizierenden Berufsabschluss anbieten, sind dem Über-gangssystem zugeordnet. Hierunter fallen auch teilqualifizierende Angebote, die auf eine anschließende Ausbildung als erstes Jahr ange-rechnet werden können oder Voraussetzung zur Aufnahme einer voll-qualifizierenden Ausbildung sind“ (Autorengruppe Bildungsbericht-erstattung 2008, S. 99). Hervorstechendes Merkmal in der Verteilung der Neuzugänge ist die seit einigen Jahren hohe Konstanz in der Rela-tion zwischen diesen Sektoren.

3.2 Berufliches Übergangssystem Das Übergangsystem umfasst Bildungsangebote, „die unterhalb einer qualifizierten Berufsausbildung liegen bzw. zu keinem anerkannten Ausbildungsabschluss im Sinne des dualen oder des Schulberufssys-tems führen“ (Neß 2007, S. 65). Institutionell besteht ein breites Spektrum von nebeneinander laufenden Angeboten unterschiedlicher Träger (Schule, Betriebe, freie Träger) mit einer Vielfalt von Förder-maßnahmen zur Verbesserung der individuellen Kompetenzen zwecks Aufnahme einer Ausbildung, unter Umständen auch einer Beschäfti-gung. Dies kann u. a. durch nachträglichen Erwerb eines Schulab-schlusses, durch Berufsorientierung und Berufsvorbereitung, durch Teilqualifizierung für einen Übergang in eine vollqualifizierende Ausbildung oder durch eine Kombination allgemeinbildender, motiva-tionaler sowie berufsvorbereitender und arbeitsfördernder Maßnah-men geschehen (vgl. Kutscha 2004; Neß 2007, S. 65 ff.).

Sowohl institutionell als auch hinsichtlich der Adressaten ist der Übergangsbereich durch „Komplexität als Strukturmerkmal“ charak-terisiert (vgl. Biermann 2008, S. 38 ff.). Die Diversität der Problemla-gen im Übergangssystem spiegelt sich in den dafür geltenden Geset-zen wider. So werden berufsvorbereitenden Maßnahmen geregelt durch Schulgesetze der Länder (wie im Fall des schulischen Berufs-vorbereitungsjahrs), durch das Berufsbildungsgesetz (betreffend Be-rufsausbildungsvorbereitung) und durch die einschlägigen Bestim-

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mungen des Sozialgesetzbücher (SGB III: Berufsvorbereitende Maß-nahmen im Sinne der Arbeitsförderung, SGB VIII: Berufsvorberei-tung im Rahmen der Jugendberufshilfe und der Jugendsozialarbeit, SGB IX: Berufsvorbereitung für behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen).

Nicht berücksichtigt sind hierbei Jugendliche, die sowohl ausbil-dungsgeeignet als auch ausbildungsbereit sind, aber unter konjunktu-rell und regional bedingten Engpässen keinen Ausbildungsplatz finden können. Sie besuchen zu einem großen Teil Einrichtungen des berufli-chen Schulwesens, die traditionell als Aufstiegswege zum Erwerb weiterführender Abschlüsse gedacht waren, unter Bedingungen kon-junktureller und regionaler Disparitäten am Ausbildungsstellen- und Arbeitsmarkt die Funktion eines „Auffangbeckens“ bzw. einer „War-teschlange“ für marktbenachteiligte Jugendliche übernommen haben. Hierzu gehören insbesondere Berufsfachschulen; sie hatten infolge des Nachfrageüberhangs auf dem Ausbildungsstellenmarkt einen star-ken Anstieg der Schülerzahlen zu verzeichnen.

Der seit Jahren hohe Anteil des Übergangssystems an Neuzugängen im beruflichen Bildungssystem wird im Bildungsbericht als „Verfesti-gung von Passungsproblemen“ an der Schwelle zwischen allgemein-bildenden Schulen und qualifizierter beruflicher Ausbildung interpre-tiert (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 99 ff.). Es spricht viel für die Vermutung, dass sich daran auch unter verän-derten demographischen Bedingungen (Rückgang der Schulabgänger-zahlen) nichts gravierend ändern wird, solange das gegliederte Schul-wesen aus der Hauptschule eine Abgängerklientel entlässt, die vom dualen Ausbildungssystem auch bei Überhang des Ausbildungsplatz-angebots gegenüber der Ausbildungsplatznachfrage aufgrund steigen-der Qualifikationsanforderungen zu einem großen Teil nicht absor-biert werden.

Angesichts des stark angewachsenen Segments der Integrationsförde-rung wird im Bildungsbericht die Frage aufgeworfen, „ob die in der Vergangenheit beobachtete und weiter anhaltende Ausweitung der institutionellen Gelenkstellen im Bildungs- und Ausbildungssystem mit der damit verbundenen Vermehrung von Entscheidungssituationen

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nicht zu einer Verschärfung von Benachteiligungen einzelner Gruppen der Gesellschaft beiträgt, insbesondere zu einer Verfestigung sozialer Ungleichheit“ (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 154). Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen, wenn auch auße-rordentlich wichtigen Teilaspekt der Integrationsproblematik. Von grundlegender Bedeutung ist die Frage, was an die Stelle der Ausbil-dungs- und Arbeitsmarktfixierung berufsvorbereitender Maßnahmen treten soll, wenn deren Legitimation und Funktion als „Brücke zur Arbeitswelt“ nicht mehr trägt und neue Lösungen gefunden werden müssen, um lebenslauffördernde Lernprozesse für junge Erwachsene ohne Berufsausbildung und Arbeit zu organisieren (vgl. Galuske 1998).

3.3 Duales Ausbildungssystem

Die Berufsausbildung im dualen System wird gesetzlich geregelt durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG) von 1969 in der novellierten Fassung nach dem Berufsbildungsreformgesetz von 2005. Sie wird durchgeführt in Ausbildungsbetrieben, Berufsschulen und Berufsbil-dungseinrichtungen außerhalb der schulischen und betrieblichen Be-rufsausbildung. Obschon die Ausbildung überwiegend in dualer Form absolviert wird, kann sie gemäß BBiG auch nach Besuch einer berufs-bildenden Schule oder einer sonstigen Berufsbildungseinrichtung ab-geschlossen werden, wenn dieser Bildungsgang der Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entspricht (§ 43 Abs. 2 BBiG).

Im Vergleich zu rein marktwirtschaftlich gesteuerten Qualifizierungs-systemen auf der einen Seite und ausschließlich staatlich (etatistisch) geregelten Schulberufssystemen auf der anderen Seite, handelt es sich beim dualen System ordnungspolitisch betrachtet um ein Mischsystem mit staatlichen, marktwirtschaftlichen und korporativen Steuerungs-elementen. Als wichtigste Merkmale dieses Mischsystems sind zu nennen: (1.) Staatliche Regulierung nach dem Vier-Bänke-Prinzip: Der Staat ordnet die Berufsausbildung durch das Berufsbildungsgesetz und durch Rechtsverordnungen des Bundes für den betrieblichen Teil der Ausbildung sowie durch Schulgesetze und Lehrpläne der Länder

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für den Berufsschulunterricht. Die Entwicklung von Ausbildungsord-nungen für die betriebliche Ausbildung und Rahmenlehrplänen für den Berufsschulunterricht erfolgt in einem aufwendigen Abstim-mungsverfahren zwischen den vier paritätisch besetzten „Bänken“ aus Sachverständigen von Bund, Arbeitgebern und Arbeitnehmern für die Ausbildungsordnungen auf der einen Seite sowie den Ländern (koor-diniert durch die Kultusministerkonferenz) für den Berufsschulunter-richt auf der anderen. (2.) Marktwirtschaftliche Regulierung nach dem Prinzip der Berufsfreiheit: Die Durchführung der betrieblichen Be-rufsausbildung basiert auf dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Berufsfreiheit (gemäß Artikel 12 des Grundgesetzes) und kommt durch privatrechtlichen Berufsausbildungsvertrag zustande (gemäß §§ 10 ff. BBiG). (3.) Korporative Regulierung durch Selbstverwal-tungsorgane der Wirtschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip: Die Kammern überwachen als öffentlich-rechtliche Selbstverwaltung- und Interessenvertretungsorgane der Wirtschaft und in der gesetzlichen Funktion als „zuständige Stellen“ die Durchführung der Berufsausbil-dung; sie fördern diese durch Beratung und bestellen zu diesem Zweck Berater und Beraterinnen.

Was unter „dualem Ausbildungsystem“ zu verstehen ist, hängt davon ab, auf welcher Ebene man dieses „System“ beobachtet: auf der Ma-kroebene der Systemsteuerung und -regelung durch Bund und Länder, auf der Mesoebene der intermediären Instanzen von Kammern und Schulaufsicht oder auf der Mikroebene der Berufsausbildung von be-trieblicher Praxis und Berufsschulunterricht. Weitere Dualitäten wie die der Finanzierungsebene (öffentliche/private Finanzierung), der Steuerungs- und Regulierungsmodalitäten (marktwirtschaftlich/ad-ministrativ) oder der ausbildungsdidaktisch-curricularen Prinzipien (praktisch/theoretisch, kasuistisch/systematisch) ließen sich hinzufü-gen. Die Pluralität der Dualitäten erschwert den Gebrauch des Begriffs „duales System“ und führt vielfach zu Missverständnissen, die sich nur dadurch vermeiden lassen, dass man deutlich macht, aus welcher Perspektive und in Referenz auf welche Merkmalsdimensionen man das duale System beobachtet. Überdies ist zu berücksichtigen, dass sich die empirischen Bedingungen, unter denen die Bezeichnung des „dualen Systems“ erstmals 1964 in einem Gutachten des Deutschen

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Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen eingeführt wur-de, sich sehr verändert haben. Der Deutsche Ausschuss sprach vom "System der gleichzeitigen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule" (Deutscher Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen 1965, S. 57). Diese Definition ist zwar einprägsam, aber ungenau und sogar irreführend (vgl. hierzu u. a.: Greinert 1995; Fingerle/Kell 1990; Kut-scha 1982; Stratmann/Schlösser 1990). Richtig daran ist, dass Betrieb und Berufsschule die Hauptträger der früheren Lehrlingserziehung waren und es unter den gegenwärtigen Bedingungen der Berufsausbil-dung immer noch sind. Aber was heißt "gleichzeitig", und was "Sys-tem"? Obwohl der Deutsche Ausschuss mit der Bezeichnung "dual" vermutlich nur hatte andeuten wollen, dass der Lehrling während sei-ner zwei- bis dreieinhalbjährigen Ausbildungszeit alternierend in Be-trieb und Berufsschule (in diesem Sinne "gleichzeitig") ausgebildet wird, konnte bei Nichtinformierten leicht der Eindruck entstehen, Betrieb und Berufsschule seien auch gleichwertig und gleichgewichtig an der Berufsausbildung beteiligt. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil bis in die Gegenwart hinein von der wöchentlichen Ausbildungs-zeit auf den Berufsschulunterricht sehr viel weniger Stunden entfallen als auf die betriebliche Ausbildung und für die Berufsabschlussprü-fung nicht die Berufsschulen, sondern die Kammern als Selbstverwal-tungseinrichtungen der Wirtschaft zuständig sind. Davon abgesehen sind Ausbildungsbetrieb und Berufsschule komplexe Organisationen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Lernorte (Arbeitsplatz, Schulklas-se, Werkstätten, Laboreinrichtungen, Lerninseln etc.), die zudem durch außerbetriebliche und -schulische Ausbildungseinrichtungen ergänzt werden (vgl. Münch/Müller/Oesterle/ Scholz 1981; Pät-zold/Walden 1995). In Bezug auf die Ausdifferenzierung der Lernorte, hat sich das duale System der Berufsausbildung längst schon (und systemnotwendig) vom dualen zum pluralen System der Lernorte entwickelt (vgl. Kutscha 1985). Last but not least ist die Dualität der Ausbildung in Betrieb und Berufsschule auch im Sinne eines ausbil-dungsdidaktischen Kriteriums fragwürdig geworden, seit das Prinzip der Handlungsorientierung als Leitnorm für den Berufsschulunterricht eingeführt worden ist und lernfeldstrukturierte Lehrpläne sowie ar-beits- und geschäftsprozessorientierte Formen der Unterrichtsplanung

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sich peu à peu Geltung verschaffen (vgl. Kultusministerkonferenz 1991, 1996).

Das duale System ist nicht das Ergebnis eines geplanten Systemfin-dungsprozesses. Vielmehr ist es historisch gewachsen aus der bereits im 18. Jahrhundert offenkundig gewordenen Ergänzungsbedürftigkeit der rein betrieblichen Berufsausbildung (vgl. Stratmann 1977). Es hat sich in der Vergangenheit entgegen scharfer Kritik und trotz aller Ero-sionsprognosen (vgl. u. a. Geißler 1991; Baethge 2001) als relativ robust und anpassungsfähig erwiesen. Das System blieb zwar erhalten, aber nicht so wie es war. Zu fragen ist, was denn letztlich bei aller Variabilität die tragenden Säulen des dualen Systems sind und wie es mit deren Bestand aussieht. Diese Frage kann nur hypothetisch beant-wortet werden.

Als „bewährte Prinzipien“ des dualen Systems hat der Deutsche Bun-destag mit seiner Entschließung zu dem von ihm verabschiedeten Be-

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rufsbildungsreformgesetz vom 27. Januar 2005 das Dualitätsprinzip, das Berufsprinzip und das Konsensprinzip postuliert. Interpretiert man Dualitäts-, Berufs- und Konsensprinzip als systemische Bestandvor-aussetzungen des dualen Systems, ist die Frage nach der Funktionsfä-higkeit dieser Prinzipien von grundlegender Bedeutung. Dementspre-chend findet sie in der berufsbildungspolitischen Diskussion über die Zukunftsfähigkeit und den Reformbedarf des dualen Systems hohe Beachtung. Hierzu im Einzelnen:

(1.) Wichtigstes Kriterium für die Funktionsfähigkeit des Dualitäts-prinzips ist ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungs-plätzen. Das Wissen über die künftige Entwicklung der betrieblichen Ausbildungskapazitäten ist unbefriedigend, zumal für die Ausbil-dungsversorgung nicht die absolute Zahl der Ausbildungsplätze rele-vant ist, sondern die Relation von Ausbildungsangebot und Ausbil-dungsnachfrage. Gab es in der Vergangenheit erhebliche Ungleichge-wichte am Ausbildungsmarkt, weil der Rückgang an betrieblichen Ausbildungsplatzangeboten einherging mit einem demographisch bedingten Anstieg der Ausbildungsnachfrage, zeichnet sich wegen des Rückgangs der Schulabsolventen und des erwarteten Anstiegs von Absolventen, die ein Studium aufnehmen werden, ab dem kommen-den Jahrzehnt das Risiko eines globalen Nachfragedefizits bei gleich-zeitigem mismatch der regionalen und sektoralen Ausbildungsversor-gung ab. Statt der bisher beklagten Defizite der Ausbildungsversor-gung werden Probleme des demografischen Wandels im Fokus der Politik stehen (vgl. Haugg 2007). Abgesehen von demografischen Einflussfaktoren wird der (politisch angestrebte) Anstieg der Abitu-rientenquote und der Studienanfängerzahlen zusätzlich auf den Rück-gang der Neuzugänge im dualen System einwirken. Infolge der Tren-nung von allgemeinem und beruflichem Bildungswesen wird das dua-le Ausbildungssystem im Vergleich zu den gymnasialen Bildungsgän-gen mit ihren privilegierten Berechtigungen und den daran anschlie-ßenden komparativen Vorteilen im Beschäftigungssystem an Attrakti-vität einbüßen. "Verlierer" beim mismatch auf dem Ausbildungsstel-lenmarkt werden unversorgte Jugendliche sein, die nicht über die im Beschäftigungssystem nachgefragten Qualifikationen verfügen, aber auch die mittleren und kleineren Betriebe des Handwerks und der

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Industrie, denen es an geeigneten Bewerbern um Ausbildungsplätze mangelt. Die bereits im Zusammenhang mit der Kritik an der „merito-kratischen Logik“ des gegliederten Bildungssystems vorausgesagte "Facharbeiterlücke" könnte sich unter diesen Bedingungen als große Belastung sowohl für das duale Ausbildungs- als auch für das Be-schäftigungssystem herausstellen (vgl. Lutz 1991), wenn es nicht ge-lingt, neue und geeignete Ausbildungsressourcen über das Schulbe-rufssystem zu erschließen und die Strukturprobleme im allgemeinbil-denden Schulwesen zu beheben.

(2.) Ebenso wie dem Dualitätsprinzip ist auch dem Berufsprinzip eine grundlegende Systemeigenschaft beizumessen. Die berufsbildungspo-litische Diskussion über das „Ende des Berufs“ ist deshalb aus guten Gründen eng mit der Frage nach der Bestandssicherung des dualen Ausbildungssystems und darüber hinaus mit den Funktionsprämissen des beruflich strukturierten Beschäftigungssystems in Deutschland verbunden. Unter Beruf wird hier ein auf betriebsübergreifende Quali-fikationsstandards bezogenes Muster von Arbeitsfähigkeiten (Arbeits-kraftmuster) verstanden, das in der Regel in Formen zertifizierter Qua-lifikationen (insbesondere durch Berufsausbildungs- und Fortbil-dungsabschlüsse) nachgewiesen wird. Kern des beruflich strukturier-ten Ausbildungs- und Beschäftigungssystems ist die Kopplung von Ausbildung, Beruf und Erwerb (vgl. Daheim 2001, S. 24; Kurtz 2005). Aus Sicht der Individuen ist dabei entscheidend, dass sie mit dem Erwerb eines Berufsabschlusses über eine gesellschaftlich aner-kannte, am Arbeitsmarkt verwertbare und betrieblich einsetzbare Bündelung von Kompetenzen verfügen. Dies setzt voraus, dass es auf der Ebene des Qualifizierungs- und Beschäftigungssystems gelingt, eine „Passung“ zwischen Ausbildungsberufen und Erwerbstätigkeiten herzustellen und dafür funktionsfähige Aushandlungssysteme und Steuerungsarrangements herzustellen und aufrecht zu erhalten, „die für die Schneidung von Berufen, für betriebliche Arbeitsbedingungen und für den Umfang sozialer Sicherung, auf dem Hintergrund der verschiedenen nationalstaatlichen Politiken, einen Rahmen festlegen“ (Daheim 2001, S. 24).

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Die dynamischen Entwicklungen der Wirtschafts- und Wissensgesell-schaft und die Bedingungen verschärfter Globalisierung setzen die bisher relativ dauerhaften Passungsmechanismen mehr und mehr au-ßer Kraft. Ob unter diesen Voraussetzungen, das bislang „bewährte“ Berufsprinzip auch künftig tragfähig sein kann, ist in der Arbeits-markt- und Berufsbildungsforschung und in der politischen Diskussi-on ebenso umstritten wie die Strategie, mittels Dynamisierung und Flexibilisierung der Ausbildungsberufe das Prinzip der Beruflichkeit aufrecht zu erhalten oder sich den im europäischen Wirtschaftsraum favorisierten Formen der Modularisierung anzuschließen. Wohl kaum in Zweifel steht, dass die mit den Chiffren der „Employability“ bzw. „Beschäftigungsfähigkeit“ verbundenen Zielvorstellungen im Rahmen der EU-Qualifizierungs- und Beschäftigungspolitik nicht das trifft, was im Kontext deutscher Bildungsgänge unter Berufsqualifizierung verstanden wird (vgl. Georg 2008).

(3.) Beim Konsensprinzip handelt es sich um eine spezifische Form der Aushandlung berufsbildungspolitischer Entscheidungen (siehe Teil Berufsbildungspolitik), die eng mit dem Dualitäts- und Berufs-prinzip zusammenhängt. Abgesehen von den bereits in früheren Pha-sen des dualen Systems kritisierten Eigenschaften des konsensbasier-ten Tripartismus von Staat, Arbeitgeber- und Wirtschaftsorganisatio-nen sowie Gewerkschaften steht die Systemrationalität des Konsens-prinzips auf dem Prüfstand längerfristig wirksamer Veränderungspro-zesse, die aus dem Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleis-tungsgesellschaft sowie dem zunehmenden Einfluss der Internationali-sierung von Industrienormen resultieren (vgl. Kutscha 1998). In dem Maße, wie die kollektiven Aushandlungssysteme intern wie auch ex-tern unterlaufen werden können, geraten nicht nur die Konsensfähig-keit, sondern auch die Funktionsfähigkeit nationaler Verhandlungssys-teme in Effizienz- und Legitimationsnot. Das ist zum einen der Fall, weil die außerstaatlichen Akteure der konsensorientierten Berufspoli-tik mit dem Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesell-schaft nicht mehr über die interne Bindekraft, den Organisiertheits-grad und die Gestaltungshoheit in Bezug auf die Arbeitsbeziehungen im Beschäftigungssystem verfügen, wie sie kraft Geltung früherer Industrienormen weitgehend gewährleistet waren. Zum anderen

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kommen Steuerungsrisiken auf das duale System zu, weil konsensba-sierte Entscheidungen nationaler Verhandlungssysteme durch die Internationalisierung und Digitalisierung von Geschäfts- und Arbeits-prozessen überall und innerhalb kürzester Zeit unterlaufen werden können und überdies durch die Entkopplung von globaler Finanz- und nationaler Produktionswirtschaft dem Druck nicht kontrollierbarer Einflüsse unterworfen sind. Das duale Ausbildungssystem ist folglich keine eigenständige Arena, sondern „ein Politikfeld, für dessen Regu-lierung und Gestaltung verschiedenartige Akteure zuständig sind“ (Müller-Jentsch 1999, S. 246), deren Handlungseffizienz maßgeblich von den Funktionsmechanismen international vernetzter Kapitalbe-schaffungs- und verwertungsprozesse abhängt. Eine kritisch-funktionale Analyse der Bestandsvoraussetzungen und Entwicklungs-potenziale des dualen Ausbildungssystems müsste diesen Zusammen-hängen verstärkt Rechnung tragen.

3.4 Berufsbildende Schulen und Schulberufssystem

Berufsbildende Vollzeitschulen haben in Deutschland eine lange Tra-dition, wobei der Systemfindungsprozess dieses Bereichs heterogenen Einflüssen der Gewerbe-, Sozial- und Bildungspolitik unterlegen war. Eine bis in unsere Zeit nachwirkende Konsolidierung der beruflichen Vollzeitschulen basiert auf der Klassifizierung gemäß Erlass des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 29 Oktober 1937 zur „Vereinheitlichung der Benennung der Be-rufs- und Fachschulen“. Dieser Erlass ordnete die berufsbildenden Schulen folgenden Schultypenkategorien zu: dem Typ der ‚Berufs-schule’, dem Typ der ‚Berufsfachschule’ und dem Typ der ‚Fachschu-le’ (vgl. hierzu: Harney u. a. 2006). Wie bereits ausgeführt, ist die Berufsschule Teil des dualen Ausbildungssystems; sie ergänzt die betriebliche Ausbildung alternierend in Form des Teilzeitunterrichts oder des Blockunterrichts. Die Fachschule dient der beruflichen Fort-bildung nach Abschluss der Berufsausbildung und dem Erwerb be-rufspraktischer Erfahrungen. Die Berufsfachschulen waren in dem oben zitierten Erlass definiert als „Schulen, die, ohne eine praktische Berufsausbildung vorauszusetzen, freiwillig in ganztägigem Unter-richt, der mindestens ein Jahr umfasst, zur Vorbereitung auf einen

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handwerklichen, kaufmännischen oder hauswirtschaftlichen Beruf besucht werden“ (zitiert nach Kümmel 1980, S. 197).

Eine weitere Ausdifferenzierung der berufsbildenden Schulen und der damit verbundenen Klassifizierungspraxis erfolgte nach 1945 und in der Bundesrepublik Deutschland mit der Einrichtung der Berufsauf-bauschule als eine Art Zweiter Bildungsweg für Lehrlinge, der den Zugang zur Höheren Fachschule eröffnete. Es folgte die Einführung von Bildungsgängen, die der Verbesserung der Durchlässigkeit zum Hochschulbereich dienten (Wirtschafts- und Berufsgymnasien, Fach-oberschulen, höhere Berufsfachschulen), sowie Bildungsgänge, die als Reformprojekte für die berufliche Erstausbildung konzipiert waren (Berufsgrundschuljahr, kooperatives Berufsgrundbildungsjahr) oder zum Zweck der Berufsfindung und Benachteiligtenförderung einge-führt wurden (Berufsvorbereitungsjahr, Vorklasse zum Berufsgrund-schuljahr). Nach Harney et al. (2006, S. 121) haben sich im Laufe der berufsbildungsgeschichtlichen Entwicklung unterschiedliche Hand-lungslogiken „aufaddiert und überlagert“. Sie betreffen die Hierarchi-sierung der Binnenstruktur des berufsbildenden Schulwesens mit Auf-stiegswegen zum Hochschulbereich, die Ausdifferenzierung von be-rufsqualifizierenden Bildungsgängen auf der Ebene der beruflichen Erstausbildung und die Integration benachteiligter Personengruppen bzw. deren Versorgung in Warteschleifen.

Neben der Teilzeitpflichtberufsschule nimmt die Berufsfachschule in ihren vertikal und horizontal differenzierten Ausprägungen den quan-titativ bedeutendsten Teil des berufsbildenden Schulwesens ein. Be-rufsfachschulen haben entsprechend der Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz über Berufsfachschulen vom 28.02.1997 i.d.F. vom 22.10.2004 „das Ziel, Schülerinnen und Schüler in einen oder mehrere Berufe einzuführen, ihnen einen Teil der Berufsausbil-dung (zum Beispiel berufliche Grundbildung) in einem oder mehreren anerkannten Ausbildungsberufen zu vermitteln oder sie zu einem Be-rufsausbildungsabschluss in einem Beruf zu führen. Sie erweitern die vorher erworbene allgemeine Bildung und können einen darüber hin-ausgehenden Bildungsstand vermitteln“ (Kultusministerkonferenz 2004, S. 3). Bei dieser Begriffsbestimmung bleibt unberücksichtigt, dass die Berufsfachschule aufgrund veränderter Rahmenbedingungen

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auf dem Ausbildungsstellenmarkt Ausgleichsfunktionen für marktbe-nachteiligte Personengruppen übernimmt, und zwar sowohl als Ersatz für den Rückgang an berufsvorbereitenden Maßnahmen der Arbeits-förderung (nach SGB III) durch die Bundesagentur für Arbeit als auch in Bezug auf die berufliche Erstausbildung unter dem Druck des Mangels an betrieblichen Ausbildungsstellen. Ein Bedeutungszuwachs der Berufsfachschulen lässt sich aus der Novellierung des Berufsbil-dungsgesetzes von 2005 ableiten. Sie eröffnet den Berufsfachschulen neue Möglichkeiten der Anrechnung schulisch erworbener Qualifika-tionen auf die Ausbildungszeit in einem anerkannten Ausbildungsbe-ruf nach § 7 BBiG sowie der Zulassung zu den Abschlussprüfungen der Kammern gemäß § 43 BBiG. Hiervon wird bislang allerdings nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht.

Empirische Befunde zur Ausbildung an Berufsfachschulen sowie jahrzehntelange Erfahrungen dokumentieren, dass sich die Berufs-fachschule unter bestimmten Voraussetzungen durchaus als anerkann-ter „Schulweg zum Beruf“ und als berufsqualifizierender „Teil des deutschen Berufsbildungssystems“ (vgl. Feller 2001) hat bewähren können. Dafür spricht auch die Expansionsdynamik des Schulberufs-systems. Sie wird im Bildungsbericht 2008 nicht als Folge der Eng-pässe im dualen System interpretiert, sondern mit dem langfristigen Tertiärisierungsprozess erklärt (vgl. Arbeitsgruppe Bildungsberichter-stattung 2008, S. 106).

Die Ambivalenz der Schulberufsausbildungen ist mit Krüger (2004, S. 143) darin zu sehen, dass Schulberufsausbildungen einerseits Berufs-bildungspfade bieten, die hinsichtlich der Bedarfssteuerung und Quali-tätssicherung, der Finanzierung und der Anschlussfähigkeit an Be-rufspositionen von denen des dualen Systems abweichen, andererseits gerade wegen ihrer vom dualen System abweichenden Verknüpfung zwischen allgemein bildendem System und Arbeitsmarkt am ehesten Übergangswegen in anderen europäischen Staaten entsprechen. Ob dem Schulberufssystem mit Einführung des Europäischen Qualifikati-onsrahmen (EQF) und der EU-weiten Etablierung eines Leistungs-punktesystems (ECVET) eine neue Bedeutung zuwächst, ist schwer abzuschätzen. Hierbei ist zwischen den unterschiedlichen Modalitäten der vollzeitschulischen Ausbildungsgänge ebenso zu differenzieren

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wie zwischen den unterschiedlichen Formen der Einbindung dieser Bildungswege in das Beschäftigungssystem und der Verknüpfung mit weiterführenden Qualifikationskarrieren im Bereich der beruflichen Weiterbildung.

3.5 Berufliche Weiterbildung

Im Rahmen des deutschen Gesamtbildungssystems stellt die berufli-che Weiterbildung den tertiären bzw. quartären Bereich dar, wobei die Abgrenzung zwischen allgemeiner und beruflicher Weiterbildung nicht immer eindeutig ist. Der Deutsche Bildungsrat definierte in sei-nem „Strukturplan für das Bildungswesen“ (1970, S. 197) „Weiterbil-dung“ als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungs-phase“. Diese Begriffsbestimmung hat in der bildungspolitischen Dis-kussion weite Verbreitung gefunden. Sie berücksichtigt jedoch nicht den Bedeutungszuwachs der nicht organisierten betrieblichen Weiter-bildung am Arbeitsplatz. Bei der Konzeptentwicklung für den Natio-nalen Bildungsbericht wurde „berufliche Weiterbildung“ verwendet als Oberbegriff für die berufliche Anpassungs- und Aufstiegsfortbil-dung (in Form von Kursen, Lehrgängen, Fernunterricht etc.), für die berufliche Umschulung in anerkannte Ausbildungsberufe und Er-werbsberufe und für die betriebliche Weiterbildung als organisiertes und informelles Lernen am Arbeitsplatz (z. B. durch Einarbeitung mit Hilfe von Kollegen und Vorgesetzten, Selbstlernen, gegebenenfalls mit computerunterstützten Lernprogrammen) (vgl. Baeth-ge/Buss/Lanfer 2003, S. 88 ff.).

Während sich die Bildungsgänge der beruflichen Erstqualifizierung durch ein hohes Maß an Formalisierung der Abschlüsse und Standar-disierung der Ausbildungsinhalte auszeichnen, ist der Bereich der beruflichen Weiterbildung durch eine Vielfalt von Bildungsangeboten mit einer großen Heterogenität von Weiterbildungsanbietern in unter-schiedlicher Trägerschaft und divergierenden organisatorischen Struk-turen sowie einer Vielfalt an Finanzierungsmodalitäten gekennzeich-net. Entsprechend kompliziert und unübersichtlich ist das Zertifikats- und Berechtigungswesen in diesem Bereich. Werden aus Sicht der Wirtschaft die Flexibilitätsvorteile der beruflichen, insbesondere der

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betrieblichen Weiterbildung betont, treten nach den vorliegenden em-pirischen Erhebungen und Weiterbildungsberichten insbesondere die Nachteile der Intransparenz des Bildungsangebots sowie die Selektivi-tät des Zugangs zu den qualitativ höchst unterschiedlichen Weiterbil-dungsmöglichkeiten in den Vordergrund. Sowohl das „Berichtssystem Weiterbildung“, herausgegeben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (2006), als auch der jüngste Bildungsbericht 2008 (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 137 ff.) konstatie-ren eine seit Jahren scharfe Polarisierung bei der Teilnahme an beruf-licher Weiterbildung in Abhängigkeit von der jeweils erreichten Aus-bildungsstufe. So nehmen bei der beruflichen Weiterbildung Personen mit Hochschulabschluss mindestens viermal häufiger an Weiterbil-dung teil als solche ohne Berufsausbildung.

politischeWeiterbildung

allgemeineWeiterbildung

Weiterbildung

berufliche Weiterbildung

nicht berufliche Weiterbildung =Erwachsenenbildung

Fortbildung Umschulung Lernen am Arbeitsplatz/Einarbeitung

in anerkannte Aus-bildungsberufe

in Erwerbsberufe/berufliche Tätigkeiten

Anpassungs-fortbildung

Aufstiegsfortbildung (z. B. Meister, Techniker)

organisiertes Lernen (z. B.Anlernen/Qualitätszirkel)

informellesLernen

Quelle: Baethge, M./Buss, K.-P./Lanfer, C. (2003), S. 88.

Struktur der Weiterbildung in Deutschland

Über alle Einzelaspekte hinweg stellt sich die ordnungspolitische Grundsatzfrage, ob die berufliche Weiterbildung allein dem freien Markt überlassen oder durch staatliche Eingriffe reguliert werden sollte. Vertreter der liberal-marktwirtschaftlichen Position bringen insbesondere zur Geltung, dass Weiterbildung als Investition in Hu-

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mankapital eine Angelegenheit unternehmerischer Entscheidungsfrei-heit zu sein habe, um den optimalen Einsatz knapper Ressourcen und die Flexibilität der am betrieblichen Qualifikationsbedarf und an den Markterfordernissen orientierten Weiterbildung sicherstellen zu kön-nen. Hieraus werden als bildungspolitische Forderungen abgeleitet: (1.) Eigenverantwortlichkeit der Unternehmen für Erhalt und Weiter-entwicklung der Qualifikationen ihrer Mitarbeiter und für die Gestal-tung der betrieblichen Weiterbildung, (2.) Verantwortung des Einzel-nen, Weiterbildungschancen wahrzunehmen, und die Bereitschaft zu Eigenleistungen, (3.) Selbstregulierung des Weiterbildungsmarktes durch freie Konkurrenz der Träger und Angebote über- und außerbe-trieblicher Weiterbildung, (4.) Orientierung staatlicher Aufgaben am Subsidiaritätsprinzip (vgl. Kuratorium der deutschen Wirtschaft für Berufsbildung 1999, S. 2).

Im Widerspruch dazu wird von Kritikern der liberal-marktwirtschaftlichen Position eingewendet, dass die Prinzipien der Marktsteuerung, der Subsidiarität und der Selbstregulierung die be-reits oben angesprochene hohe Intransparenz in Verbindung mit stark ausgeprägter Selektivität zur Folge habe. Im Grunde geht es bei dieser Kontroverse um den grundsätzlichen Gegensatz von manpower-approach-Ansatz und social demand-Ansatz. Der manpower-approach-Ansatz stellt die einzelwirtschaftlichen Bedarfsaspekte in den Vordergrund, während der social demand-Ansatz stärker an sozi-alpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Zielgrößen interessiert ist. Das daraus resultierende Spannungsfeld zwischen ökonomischer Effi-zienz und sozialer Gerechtigkeit, zwischen nachfrage- und bedarfs-orientierten Interessen wirft mithin die zentrale Frage des Interessen-ausgleichs und der Abstimmung zwischen den unterschiedlichen (po-litisch organisierten) Verhandlungspositionen auf.

Eine vermittelnde, gleichwohl ihrerseits kontrovers diskutierte Positi-on wird mit dem in die wissenschaftliche Diskussion eingeführten Konzept der „mittleren Systematisierung“ eingenommen (vgl. Teich-ler 1997; Faulstich 1993). Es handelt sich um ein Strategiekonzept, welches darauf abzielt, das „weiche“ System der Weiterbildung in einen Entwicklungspfad zu überführen, der unter Beibehaltung der Besonderheiten der Weiterbildung wie z.B. der Flexibilität, Vielfalt

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und Spontaneität die spezifische Funktionalität und Leistungsfähigkeit des Systems erhöht. Netzwerken als dezentralen Formen der Problem-lösung und Entscheidungsfindung werden hierbei im Kontext „lernen-der Regionen“ Aufgaben der kooperativen und intermediären Steue-rung zugewiesen (vgl. Dobischat/Kutscha 2000). Darüber hinaus wer-den neue Finanzierungsmodelle zur Diskussion gestellt (vgl. Exper-tenkommission 2004) sowie die Einführung gesetzlicher Rahmenvor-gaben für die berufliche Weiterbildung gefordert (hierzu im Über-blick: Dobischat 2005; Dobischat/Husemann 1995). Im Mittelpunkt steht dabei das Konzept des „lebenslangen Lernens“ als bildungspoli-tische Leitperspektive der Europäischen Union).

4. Berufsbildungspolitik als Teil des politischen Systems - Dimensionen und Aspekte

4.1 Definitorische Kontexte

In Anlehnung an die englischsprachige und in der Politikwissenschaft gebräuchliche Terminologie lässt sich der Begriff ‚Politik‘ analytisch nach folgenden Dimensionen differenzieren (vgl. Meyer 2000, Rohe 1994): (1.) nach Zielen, Inhalten und Problembereichen, die Gegens-tand politischer Programme, Vereinbarungen und Auseinandersetzun-gen sind und auf die sich politisches Handeln bezieht (policies), (2.) nach Prozessen und Szenarien, in denen eine Vielzahl von Akteuren politisch agiert (politics) und (3.) nach (konstitutionellen) Formen und Strukturen (insbesondere Verfassungsgrundlagen) des politischen Systems, innerhalb dessen die einzelnen Politikfelder und –szenarien „verortet“ sind (polity).

Im Kontext dieser Terminologie kann ‚Berufsbildungspolitik‘ ver-standen werden als ein auf Ordnungs- und Gestaltungsprobleme der Berufsbildung fachlich spezialisierter Politikbereich. Berufsbildungs-politik bezieht sich auf die in betrieblichen und außerbetrieblichen (zum Beispiel schulischen) Lernorten organisierte berufliche Bildung und umfasst die Teilgebiete der beruflichen Erstausbildung (im dualen System und im Schulberufssystem), der Integrationsförderung im Kontext des beruflichen Übergangssystems und der beruflichen Wei-terbildung (Policy-Aspekt). Sie ist Teil des gesellschaftlichen und

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durch die Verfassung geregelten (z. B. föderalen) Ordnungszusam-menhangs (Polity-Aspekt), innerhalb dessen staatliche und nicht-hoheitliche Entscheidungsträger durch Einsatz von Mitteln politischer Macht und/oder mit Hilfe konsensorientierter Verhandlungssysteme Entscheidungen mit kollektiv bindender Wirkung herzustellen, zu erhalten oder zu beeinflussen versuchen (Politics-Aspekt). Inhalte, Prozesse und Formen der Berufsbildungspolitik variieren in Abhän-gigkeit von den besonderen Bedingungen nationaler, supranationaler und sonstiger internationaler Politikverflechtungen.

4.2 Policy-Aspekte: Inhalte und Zielnormen der Berufsbildungs-politik

Unter Policy-Aspekten umfasst Berufsbildungspolitik Inhalte der Ordnungs-, Markt- und Strukturpolitik. Ordnungspolitische Aspekte betreffen insbesondere qualitative Fragen innerhalb des bestehenden Berufsbildungssystems (z. B. im Zusammenhang mit der Ordnung von Ausbildungsberufen), während es bei strukturpolitischen Problemen um Reformmaßnahmen, also um die Veränderung der bestehenden Grundlagen des Berufsbildungssystems geht (z B. im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses). Im Mittelpunkt marktpolitischer Debatten stehen Allokationsprobleme primär quantitativer Art im Zusammenhang mit der Verteilung von Aus- und Weiterbildungsres-sourcen (z. B. bei der Abstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsstellenmarkt). Integrierte Ansätze der Berufsbil-dungspolitik betonen die Verbindung quantitativer und qualitativer Zielgrößen im Kontext struktureller Modernisierungsmaßen. Sie über-zeugen durch theoretische Stringenz, haben sich in der politischen Praxis jedoch kaum durchsetzen lassen.

Übergreifendes und in Abgrenzung zu anderen Politikbereichen spezi-fizierendes Merkmal der Berufsbildungspolitik ist der Bezug auf die Ordnungs- und Gestaltungsprobleme der beruflichen Bildung. Beruf-liche Bildung findet statt im Überschneidungsbereich von Bildungs- und Beschäftigungssystem, womit die besondere Problematik von Berufsbildungspolitik mit ihren Bezügen zur Bildungs-, Beschäfti-gungs- und Sozialpolitik angedeutet ist. Von grundsätzlicher Bedeu-tung für die Berufsbildung in Deutschland ist der Bezug auf „die be-

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rufliche Organisation der Arbeit“ (Deutsche Forschungsgemeinschaft 1990, S. 7). Berufe sind - im Hinblick auf das Beschäftigungssystem interpretiert - betriebsübergreifend standardisierte und institutionali-sierte Bündelungen komplexer und am Arbeitsmarkt verwertbarer Arbeitsfähigkeiten von Personen. Die Ordnung der Ausbildungsberu-fe, also deren Anerkennung und Aufhebung, deren Differenzierung ("Schneidung") und didaktisch-curriculare Binnenstrukturierung, ge-hören mithin zu den Schwerpunkten der Berufsbildungspolitik.

Mit Beruf ist jedoch nur einer der regulativen Bezugspunkte von Be-rufsbildungspolitik angesprochen; ein anderer Referenzpunkt von zentraler Bedeutung ist Bildung (zum spannungsreichen Verhältnis von Bildung und Beruf vgl. Nickolaus 1997). „Bildung als Bürger-recht“ (vgl. Dahrendorf 1965) bedeutet, dass jeder Bürger befähigt werden soll, die ihm verfassungsrechtlich eingeräumten Freiheitsrech-te und Staatsbürgerpflichten auch tatsächlich wahrnehmen zu können. Zum anderen ist mit dem Bildungsanspruch als Bürgerrecht die Forde-rung nach Gleichheit der Bildungschancen im Sinne des Zugangs zum Erwerb karrierewirksamer Berechtigungen verbunden, und zwar unabhängig von u. a. sozialer Herkunft, Nationalität, Reliogionszuge-hörigkeit und Geschlecht. Das aus der Verfassung abgeleitete Bil-dungsprinzip kann (im Anschluss an den Deutschen Bildungsrat 1970) gewissermaßen als übergreifende „norma normans“, das heißt als Maßstab für bildungspolitische Normbegründungen, Zielsetzungen und Maßnahmen in den unterschiedlichen Politikfeldern, z. B. der Berufsbildungspolitik, verstanden und ausgelegt werden: „Dem Bil-dungswesen fällt insbesondere die Aufgabe zu, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß der einzelne das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit sowie das Recht auf freie Wahl des Berufs (Art. 12) wahrnehmen kann“ (Deutscher Bildungsrat 1970, S. 25). Auf relativ allgemeiner Ebene zeichnet sich für die Bildungspolitik (ein-schließlich Berufsbildungspolitik) auf nationaler und europäischer Ebene ein politischer „Konsens“ in Bezug auf folgende Leitziele ab (vgl. Baeth-ge/Achtenhagen/Arends u. a. 2006, S. 13): (1.) Entwicklung der individuellen beruflichen Regulationsfähigkeit (Autonomie der einzelnen Handlungssub-jekte), (2.) Sicherung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Humanres-sourcen sowie (3.) Gewährleistung der Teilhabe und Chancengleichheit im Bildungs- und Beschäftigungssystem. In gewisser Analogie zur Wirtschafts-

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politik ließe sich hierbei von einem „magischen Dreieck“ der Berufsbil-dungspolitik sprechen, womit angedeutet sein soll, dass die genannten Ziel-schwerpunkte in einem Spannungsverhältnis stehen und in der Realität wohl kaum „gleichgewichtig“ um- und durchgesetzt werden (können). Verlangt die internationale Wettbewerbsfähigkeit einen deutlichen Anstieg des Bil-dungsniveaus, insbesondere die Erhöhung des Anteils der Hochschulabsol-venten, um den wirtschaftlichen Bedarf an Humanressourcen decken zu kön-nen (vgl. OECD 2008), stellt sich insbesondere bei Personen mit Bildungsab-schlüssen unterhalb des Sekundarbereichs II nicht nur die Frage der Chan-cengleichheit und -gerechtigkeit, sondern das schwerwiegende Problem, wie diese „Klientel“ künftig überhaupt noch in das Beschäftigungssystem inte-griert werden kann. Ein anderer Zielkonflikt betrifft die Frage des Bedarfs an individueller Regulationsfähigkeit und Autonomie unter betriebswirtschaftli-chen Produktivitäts- und technischen Effizienzaspekten. Optimistische Prog-nosen vom Ende tayloristischer Arbeitsteilung durch Einführung neuer Pro-duktionskonzepte (vgl. Kern/Schumann 1984), mit der sich eine Überein-stimmung zwischen betriebswirtschaftlichen Rentabilitätserwartungen und Ansprüchen auf Humanisierung der Arbeit im Sinne selbstregulierter Be-schäftigungsformen abzuzeichnen schien, sind in der Praxis als nicht verall-gemeinerungsfähig widerlegt worden. Insbesondere in der deutschen Auto-mobilindustrie zeichnen sich Tendenzen ab, partizipative Formen der Ar-beitsorganisation in Verbindung mit einer hohen Quote qualifizierter Fachar-beit durch technisch effizientere Formen der Wiedereinführung von Hierar-chie, Kontrolle und Exklusion zu ersetzen (vgl. Severing 2006, S. 20). Wie auch immer man diese Entwicklungen im Einzelnen beurteilen mag, viel spricht für die These, dass die Berufsbildungspolitik mit grundlegenden Ziel-konflikten konfrontiert ist, die letztlich nur im Rahmen einer gesamtgesell-schaftlichen Funktionsanalyse der beruflichen Bildung angemessen beobach-tet und beurteilt werden können (siehe Abschnitt 4.4).

4.3 Politics-Aspekte: Prozedurale Aspekte der Berufsbildungspo-litik

Mögen die Zielschwerpunkte der Berufsbildungspolitik auf der nor-mativen Ebene des politischen Systems sowohl der Bundesrepublik Deutschlands als auch der EU durchaus konsensfähig und kompatibel sein, ist deren Realisierung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. Eine integrierte Bearbeitung der Zielschwerpunkte innerhalb des poli-tischen Systems wird nicht zuletzt dadurch erschwert, dass Aufgaben der beruflichen Bildung durch (verfassungs-)rechtlich begründete

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Kompetenzuweisungen an Bund (u. a. zuständig für die betriebliche Ausbildung im dualen System), Länder (u. a. zuständig für das Schul-berufssystem) und Gemeinden (a. a. zuständig für die Jugendberufs-hilfe als Teil des Übergangssystems) verteilt und auf diesen Ebenen wiederum unterschiedlichen Politikressorts (Schulwesen, Wirtschaft, Soziales) zugewiesen sind.

Unter diesen Rahmenbedingungen haben sich in Deutschland unter-schiedliche Formen der Politikverflechtung und Politikvernetzung herausgebildet. Das gilt typischerweise für den Bereich des dualen Ausbildungssystems. Kennzeichnend für dessen Regelungssystem sind die Bund-Länder-Kooperation („kooperativer Föderalismus“) und die Staat-Verbände-Beziehungen („neokorporative Verhandlungssys-teme“).

Durch neokorporative Arrangements, zum Beispiel nach dem Ab-stimmungsverfahren bei der Entwicklung von Ausbildungsordnungen, können nicht-staatliche Organisationen zu „privaten Regierungen“ werden, die gegenüber ihren Mitgliedern quasi öffentliche Autorität ausüben und an der Produktion und Implementation bindender staatli-cher Entscheidungen teilhaben (vgl. Hilbert/Südmersen/Weber 1990, S. 9). Der Vorteil einer solchen „Politik durch Verbände“ kann im Zugewinn an fachlicher Kompetenz und auch in der Effizienzsteige-rung bei der Implementation staatlich sanktionierter Organisationsmit-tel (z. B. der Ausbildungsordnungen für die Regelung der Berufsaus-bildung nach BBiG) gesehen werden. In dem Maße, in dem staatliche Instanzen öffentliche Aufgaben an private Verbänden abgeben, so Hilbert/Südmersen/Weber (1990, S. 18), werde „die klassische ord-nungspolitische Dyade von Markt und Staat über die Mitwirkung der als Verband organisierten Gruppe um einen zusätzlichen Allokati-onsmechanismus erweitert und damit zur Triade“. Verfahren und Ar-rangements der Politikgestaltung würden hiernach durch eine Res-source bereichert, die einen „funktionstüchtigen Weg“ ermögliche, auf dem man „Marktversagen“ in der Berufsbildung begegnen könne, ohne systematisch „Staatsversagen“ bei der Bearbeitung von Proble-men im Berufsbildungssystem zu produzieren (Hilbert/Südmer-sen/Weber 1990, S. 115).

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Indes steht nicht nur die Funktionalität von Politikabläufen zur Dis-kussion. Von grundlegender Bedeutung ist die Legitimität politischer Prozesse. Im Kern geht es dabei um die Frage nach den normativen Gehalten des demokratischen Verfassungsstaates und um die Recht-fertigung seiner Institutionen im Prozess der Herstellung kollektiv bindender Entscheidungen. So ist das Argument nicht leicht von der Hand zu weisen, dass korporative Arrangements vom Typ des Tripar-tismus (Staat, Arbeitergeber- und Wirtschaftsverbände, Gewerkschaf-ten) verfassungsmäßig und gesetzlich legitimierte Entscheidungsin-stanzen entwerten bzw. deren Zuständigkeiten unterlaufen („Herr-schaft der Verbände“). Nicht zuletzt bleibt zu fragen, inwieweit das mit korporativen Arrangements verbundene „Konsensprinzip“, das neben dem „Berufsprinzip“ und dem „Dualitätsprinzip“, zu den „tra-genden Säulen“ der Berufsbildungspolitik bezüglich des dualen Aus-bildungssystems gehört, dazu beiträgt, notwendige Reformen zu ver-zögern bzw. Reformziele auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ zu reduzieren. Dies wirft die grundsätzlichere Frage auf, welche Rolle der Staat in einem spätkapitalistischen Gesellschaftssystem, zumal unter Bedingungen verstärkter Globalisierung, einnimmt und welche Funktionen er jenseits aller politischen Proklamationen überhaupt erfüllen kann.

4.4 Polity-Aspekte: Zur gesamtgesellschaftlichen Funktionsana-lyse der Berufsbildungspolitik

Berufsbildungspolitik bezieht sich auf das Berufsbildungssystem, ist aber nicht selbst Teil des Bildungssystems. Politische Entscheidungen (etwa in Form von Gesetzen) verändern zwar die Umweltbedingungen für das berufliche Bildungssystem, wie aber das Berufsbildungssystem auf Vorgänge der Berufsbildungspolitik reagiert, hängt von einer Vielzahl intervenierender Mechanismen ab, über deren Kopplung und Wirksamkeit nur wenig bekannt ist. Theoretische Erklärungsansätze stehen nur begrenzt zur Verfügung, belastbare empirische Daten über die Wirksamkeit der Berufsbildungspolitik in Bezug auf das berufli-che Bildungssystem sind nicht vorhanden. Dies ist nicht zuletzt Folge der Tatsache, dass Berufsbildungspolitik im Rahmen der nationalen Berufsbildungsforschung, insbesondere soweit sie den Einflüssen

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staatlicher Politik unterliegt, wie es bei der nach BBiG gesetzlich ge-regelten und im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) organisier-ten Berufsbildungsforschung der Fall ist, allenfalls rudimentär unter-sucht wird.

Der bislang theoretisch grundlegendste Ansatz zur Berufsbildungspo-litikanalyse ist Mitte der 1970er Jahre von Claus Offe aus politikwis-senschaftlicher und staatstheoretischer Sicht vorgelegt worden (vgl. Offe 1975a; 1975b). Offes Ansatz verknüpft Polity- mit Policy- und Politicsaspekten zu einer gesamtgesellschaftlichen Funktionsbestim-mung des Bildungssystems, die am Fall der Berufsbildungsreform einer detaillierten Analyse unterzogen wird.

Als theoretische Grundlage verwendet Offe ein Strukturmodell des spätkapitalistischen Staates, demzufolge dieser die Funktion hat, die formalen und materiellen Bedingungen und Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Produktion und Akkumulation des Kapitals mög-lichst friktionslos fortgesetzt werden können. Die spezifische Dyna-mik staatlicher Berufsbildungspolitik resultiert nach Offe aus dem Umstand, dass der moderne bürgerliche Staat kapitalistischer Prägung unter Wahrung des Anscheins seiner Interessenneutralität permanent die formalen und materiellen Bedingungen und Voraussetzungen da-für zu schaffen hat, dass die Produktion und Akkumulation des Kapi-tals fortgesetzt werden kann. Die Wahrnehmung partikularer Interes-sen durch marktsubstituierende und marktkompensierende Maßnah-men erfolge im Interesse des Staates an sich selbst, das heißt: im Interesse an der eigenen Bestandserhaltung – oder negativ formuliert: an der Vermeidung bestandsgefährdender Staats- und Gesellschafts-krisen.

Dem Ansatz von Offe liegt die forschungsstrategische Prämisse zu-grunde, dass sich gesamtgesellschaftliche Funktionen des beruflichen Bildungssystems nicht zureichend in der Weise analysieren lassen, indem man die erklärten Absichtsbekundungen der politischen Akteu-re zur Grundlage der Analyse macht. Denn ein solches Verfahren würde eine Reihe von Fehlerquellen implizieren, zum Beispiel die Nicht-Übereinstimmung zwischen Handlungsabsichten und tatsächli-chen, von der gesellschaftlichen Umwelt abhängigen Handlungsmög-

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lichkeiten. Als „kritisch-funktionale Analyse“ bezeichnet Offe seinen Ansatz, weil nach dem zugrunde liegenden Erkenntnisinteresse Politik nicht daran bemessen wird, wofür sie sich selbst ausgibt, sondern un-ter dem Gesichtspunkt beurteilt wird, welche Funktion sie im gesell-schaftlichen Entwicklungsprozess einnimmt. Dabei geht es um Fragen folgender Art: Was sind die Auslöserbedingungen für staatliche Be-rufsbildungspolitik? Warum und wie kommt es überhaupt zur Thema-tisierung berufsbildungspolitischer Probleme? Über welche Organisa-tionsmittel und Methoden der politischen Steuerung verfügt der Staat auf dem Gebiet der Berufsbildungspolitik? Wie setzt der Staat das vorhandene Repertoire an Steuerungsmitteln für Problemlösungen ein, und welches sind die an der politischen Problembearbeitung mitwir-kenden Interessen? Was sind die Folgen berufsbildungspolitischer Aktivitäten des Staates bzw. des Verzichts auf den Einsatz staatlicher Steuerungsmittel? Welche gesellschaftlichen Bedingungen und Ein-flüsse behindern bzw. limitieren die Wirksamkeit staatlicher Berufs-bildungspolitik?

5. Funktionsprobleme des Berufsbildungssystems im Hinblick auf das Beschäftigungssystem – As-pekte und offene Fragen aus berufsbildungspoli-tischer Sicht

Der Begriff Beschäftigungssystem bezieht sich im weitesten Sinne auf die Gesamtheit der Erwerbsarbeit. Unberücksichtigt bleiben nicht-monetarisierte Tätigkeiten, wie z. B. die nicht bezahlte Hausarbeit oder Eigenleistungen im Rahmen informeller Subsistenzwirtschaften. Hinsichtlich seiner Struktur wird üblicherweise unterschieden zwi-schen sektoraler Beschäftigungssystemstruktur (Verteilung der Be-schäftigten nach Wirtschaftsbereichen bzw. Wirtschaftszweigen) und regionaler Beschäftigungssystemstruktur (Differenzierung nach wirt-schafts- und sozialräumlichen Merkmalen). Weitere Gliederungs-merkmale beziehen sich insbesondere auf Geschlecht, Alter, selbstän-dige /unselbständige Beschäftigung, qualifizierte/nicht qualifizierte Beschäftigung, Vollzeit-/ Teilzeitbeschäftigung. Damit korrespondiert die Segmentierung des Beschäftigungssystems nach mehr oder weni-

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ger stark voneinander abgegrenzten Teilarbeitsmärkten, z. B. für Hochqualifizierte und Einfachqualifizierte, Männer- und Frauenberu-fe, Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte oder für bestimmte Beru-fe/Berufsgruppen. Zwischen den Segmenten des Beschäftigungssys-tems bestehen vielfach keine Austauschbeziehungen, so dass hinsich-tlich des Verhältnisses von Arbeitsplatzangebot und -nachfrage zwi-schen den einzelnen Teilarbeitsmärkten erhebliche Unterschiede exis-tieren können.

Berufsbildungspolitisch von zentraler Bedeutung sind die zwischen Berufsbildungs- und Beschäftigungssystem bestehenden Abstim-mungsprobleme (vgl. Mertens/Parmentier 1983; Timmermann 1988). Sie ergeben sich zum Teil aus der oben angedeuteten Segmentie-rungsproblematik. Von grundlegender Bedeutung für die Beziehungen zwischen Berufsbildungs- und Beschäftigungssystem sind Qualifika-tions-, Allokations- und Integrationsfunktionen.

Unter Aspekten der Qualifikationsfunktion geht es um die Produktivi-tätssteigerung des Arbeitskräfteeinsatzes durch Investition in Human-kapital. Die Theorie des Humankapitals hat diesen Ansatz in theoreti-schen und empirischen Arbeiten differenziert weiterverfolgt, ausge-hend von der Investitionshypothese, wonach Bildungsaktivitäten In-vestitionen sind, die einerseits Kosten verursachen und andererseits Erträge bzw. Nutzen abwerfen (vgl. Becker 1975). Die Kosten-Nutzen-Relation wird dabei als Erklärung sowohl für das individuelle Bildungsverhalten als auch für die Qualifikations- und Arbeitskräfte-nachfrage im Beschäftigungssystem interpretiert (vgl. Bardeleben et al. 1996). Im Kontext der berufsbildungspolitischen Diskussion stellt sich unter Bezugnahme auf die Humankapitaltheorie das Problem, unter welchen Rahmenbedingungen die Bereitschaft zur Aus- und Weiterbildung bestmöglich gefördert und die für Aus- und Weiterbil-dungsaktivitäten erforderliche Finanzierung sichergestellt werden können.

Unter Allokationsaspekten stellt sich das Problem der quantitativen und qualitativen Abstimmung zwischen den mehr oder weniger stark segmentierten Teilbereichen des Berufsbildungs- und Beschäftigungs-systems. Dabei steht nicht nur die Frage der möglichst effizienten,

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sondern auch der gerechten Verteilung knapper Aus- und Weiterbil-dungsressourcen zur Diskussion. Das politische Kernproblem betrifft dabei die Frage, wie sich die (internationale) Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen mit den Prinzipien der Chancengerechtigkeit und der öffentlichen Verantwortung für die Qualifizierung der heranwach-senden Generation (Berufsausbildung) und die berufliche Weiterbil-dung der Erwerbspersonen einschließlich der Arbeitslosen in Einklang bringen lassen. Gegen die Humankapitaltheorie wird von Vertretern der Segmentationstheorie geltend gemacht, dass die Austauschbezie-hungen zwischen (Berufs-)Bildungs- und Beschäftigungssystem in-folge der Segmentierung des Ausbildungsstellen- und Arbeitsmarkts dauerhaft gestört seien. Der Zugang zu den mehr oder weniger privi-legierten Aus- und Weiterbildungs- sowie zu den Arbeitsmöglichkei-ten sei in starkem Maße abhängig von den bereits vorhandenen selek-tionsrelevanten Eigenschaften der Arbeit suchenden und zu qualifizie-renden Personen (z. B. von Bildungsvoraussetzungen, Migrationshin-tergrund, Alter). Dies habe zur Folge, dass die für Arbeitsförderung und berufliche Integration durchgeführten Maßnahmen und aufge-wendeten Mittel gemessen an den erklärten politischen Zielen unwirk-sam blieben.

Unter Gesichtspunkten der Integrationsfunktion geht es um die Ein-gliederung Jugendlicher und Erwachsener in das Ausbildungs- und Beschäftigungssystem. In dieser Hinsicht wies das duale Systems mit der typischen Verbindung von betrieblicher Berufspraxis und Berufs-schulunterricht im Vergleich zu den vollzeitschulisch organisierten Formen der Berufsausbildung, wie sie beispielsweise in den romani-schen Ländern Europas dominieren, in der Vergangenheit deutliche Stärken auf. Diese Integrationsvorteile haben aufgrund demographisch und strukturell bedingter Ausbildungsplatzdefizite an Bedeutung ver-loren. Von grundlegender Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Fragen, (1.) ob die spezifisch deutsche Form der beruflich organi-sierten Arbeit als Strukturmerkmal des Beschäftigungssystems auf Dauer wird aufrecht erhalten bleiben können und damit zusammen-hängend (2.) welche Bedeutung der Beruf für den Zusammenhalt der Gesellschaft überhaupt noch haben wird und (3.) welche neuen Me-

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chanismen der sozialen Stratifikation aus dem möglichen Bedeu-tungsverlust der Beruflichkeit von Arbeit hervorgehen werden.

Mit Blick auf das Beschäftigungssystem wird man von verschärfter Konkurrenz im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung ausgehen können, was den Druck insbesondere auf exportabhängige Branchen und Betriebe zur Flexibilisierung der Qualifizierungs- und Arbeits-strukturen erhöhen wird. Schon heute zeichnen sich Tendenzen zur Umstrukturierung von der Aus- zur Weiterbildung und zur Modulari-sierung der Berufsbildung ab. Ob damit neue Möglichkeiten der Inte-gration marktbenachteiligter Personengruppen geschaffen werden ist ebenso umstritten wie die Frage, welche Inklusions- und Exklusions-effekte strategische Restrukturierungsmaßnahmen zugunsten der in-nerbetrieblichen Weiterbildung und zu Lasten der beruflich organi-sierten Ausbildung haben werden.

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