Beschaffung Austria Nr. 10 - Dienstleistungen

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Die Beschaffung von Dienstleistungen unterscheidet sich grundlegend vom Einkauf von Sachgütern. Nur durch fundierte Sachkenntnis in den auszu- schreibenden Bereichen und die phantasievolle Nutzung der rechtlichen Möglichkeiten können Aufträge erfolgreich und zur Zufriedenheit der Auf- traggeber vergeben werden. Nr. 10 I November 2009 Die Zeitung für den öffentlichen Einkauf www.beschaffung-austria.at > Dienstleistungen einkaufen – ohne Blick in die Glaskugel DIENSTLEISTUNGEN gewinnen ei- nen immer größeren Stellenwert – auch im Bereich des öffentlichen Einkaufs. Machten 2005 Dienstleis- tungen knapp über ein Viertel (27,12 Prozent) aller bei der Bundesbeschaf- fung nachgefragten Leistungen aus, lag dieser Anteil im ersten Halbjahr 2009 schon bei 33,4 Prozent. Der kontinuierliche Anstieg hat mehrere Ursachen: Bei Umstrukturierungen, neuen Tätigkeitsfeldern oder Ände- rungen in der Organisationsstruktur benötigt die öffentliche Verwaltung in zunehmendem Maß externe Spezi- alisten. Verstärkt wird dieser Effekt in den letzten Jahren durch zwei Trends: Unter dem Motto „Konzentration auf die Kernkompetenzen“ versucht die öffentliche Hand, Dienstleistungen, die sie bisher selbst erbracht hat, aus- zulagern. Zweitens ist es heute für die Verwaltung weder möglich noch ökonomisch sinnvoll, für spezielle Nischen Expertenwissen aufzubauen. Daher geht die öffentliche Verwaltung den gleichen Weg wie die Privatwirt- schaft und sucht sich diese Fachkom- petenz auf dem freien Markt. „Ziel der Auslagerung ist in jedem Fall, die Kosten zu optimieren und die Kompetenz und Flexibilität pri- vater Anbieter zu nutzen“, erklärt Andreas Nemec, Geschäftsführer der BBG. Die Bundesbeschaffung sieht sich in diesem Prozess als Schnittstel- le zwischen dem öffentlichen Bereich und privaten Dienstleistern. Sie will die Stärken der privaten Anbieter nutzbar machen und in den Dienst des öffentlichen Auftraggebers stel- len. „Das Zusammenspiel dieser un- terschiedlichen Bereiche gelingt nur durch fundiertes Wissen und bran- chenspezifisches Know-how“, erklärt Nemec. Die Zusammenarbeit soll ja schließlich zu einer Optimierung und Effizienzsteigerung im öffentlichen Bereich führen. Auf Basis der Bedarfe der ver- gangenen Jahre stellt die Bundesbe- schaffung ein breites Spektrum an standardisierten Dienstleistungsver- trägen für die öffentliche Hand zur Verfügung, deren Leistungsverzeich- nisse meist in Arbeitsgruppen mit den Hauptbedarfsträgern erarbeitet werden. Diese reichen von Post- und Transportdienstleistungen über Be- raterleistungen bis hin zu Versiche- rungsverträgen und Dienstleistungen im PR- und Kreativbereich. GEHT NICHT, GIBT’S NICHT Mit dem Online-Bookingtool e-Rei- sen können beispielsweise auch Flü- ge, Hotels und Mietwagen online gebucht werden. Es stehen aber auch Verträge zur Bereitstellung von Si- cherheitsfachkräften und Arbeitsme- dizinern zur Verfügung. Auch sehr komplexe und individuelle Aufgaben- bereiche können durch Rahmenver- einbarungen so abgedeckt werden, Liebe Leser, Ausschreibung ist Ausschreibung, haben Sie gedacht? Weit gefehlt. Ausschreibungen für Dienstlei- stungen unterscheiden sich erheb- lich von Produktausschreibungen. Bei Produkten kann man im Zuge der Angebotsprüfung zumindest punktuell überprüfen, ob die im Angebot versprochene Qualität auch tatsächlich erfüllt wird. Bei Dienstleistungen schaut das ganz anders aus. Hier erfolgt der Zu- schlag aufgrund eines Leistungs- versprechens, das aber erst nach Vertragsabschluss überprüft wer- den kann. Deshalb sind hier As- pekte wie Referenzen, Qualitäts- kontrolle, Leistungsevaluierung, Reklamationsmanagement, Pö- nalzahlungen und Vertragsauflö- sungsgründe besonders bedeutend. Wie die Bundesbeschaffung mit diesen Herausforderungen umgeht und was Experten dazu denken, können Sie in dieser Ausgabe der Beschaffung Austria lesen. Andreas Nemec, Hannes Hofer Geschäftsführer der BBG Expertendialog ................. 3 Welche Herausforderung sehen Experten in der Ausschreibung von Dienstleistungen und deren Qualitätsüberprüfung? Dienstleistungen ............... 6 Von Beratung und Projektunter- stützung über Versicherungen bis hin zu Briefpost und Essensbons. Reinigung ....................... 8 Wo eine Dienstleistung vor den Augen des Kunden durchgeführt wird, ist Qualitätsmanagement besonders wichtig. IT nach Maß ................... 10 Selbst spezifische Anforderungen wie IT-Dienstleistungen lassen sich gebündelt ausschreiben. Kommentar ................... 12 Zertifikate als Qualitätsnachweis – notwendig oder auch eine Hür- de für KMU? Inhalt

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Die Beschaffung von Dienstleistungen unterscheidet sich grundlegend vom Einkauf von Sachgütern. Nur durch fundierte Sachkenntnis in den auszu-schreibenden Bereichen und die phantasievolle Nutzung der rechtlichen Möglichkeiten können Aufträge erfolgreich und zur Zufriedenheit der Auf-traggeber vergeben werden.

Nr. 10 I November 2009Die Zeitung für den öffentlichen Einkaufwww.beschaffung-austria.at

>

Dienstleistungen einkaufen –ohne Blick in die Glaskugel

Dienstleistungen gewinnen ei-nen immer größeren Stellenwert – auch im Bereich des öffentlichen Einkaufs. Machten 2005 Dienstleis-tungen knapp über ein Viertel (27,12 Prozent) aller bei der Bundesbeschaf-fung nachgefragten Leistungen aus, lag dieser Anteil im ersten Halbjahr 2009 schon bei 33,4 Prozent. Der kontinuierliche Anstieg hat mehrere Ursachen: Bei Umstrukturierungen, neuen Tätigkeitsfeldern oder Ände-rungen in der Organisationsstruktur benötigt die öffentliche Verwaltung in zunehmendem Maß externe Spezi-alisten. Verstärkt wird dieser Effekt in den letzten Jahren durch zwei Trends: Unter dem Motto „Konzentration auf die Kernkompetenzen“ versucht die öffentliche Hand, Dienstleistungen, die sie bisher selbst erbracht hat, aus-zulagern. Zweitens ist es heute für die Verwaltung weder möglich noch ökonomisch sinnvoll, für spezielle Nischen Expertenwissen aufzubauen.

Daher geht die öffentliche Verwaltung den gleichen Weg wie die Privatwirt-schaft und sucht sich diese Fachkom-petenz auf dem freien Markt.

„Ziel der Auslagerung ist in jedem Fall, die Kosten zu optimieren und die Kompetenz und Flexibilität pri-vater Anbieter zu nutzen“, erklärt Andreas Nemec, Geschäftsführer der BBG. Die Bundesbeschaffung sieht sich in diesem Prozess als Schnittstel-le zwischen dem öffentlichen Bereich und privaten Dienstleistern. Sie will die Stärken der privaten Anbieter nutzbar machen und in den Dienst des öffentlichen Auftraggebers stel-len. „Das Zusammenspiel dieser un-terschiedlichen Bereiche gelingt nur durch fundiertes Wissen und bran-chenspezifisches Know-how“, erklärt Nemec. Die Zusammenarbeit soll ja schließlich zu einer Optimierung und Effizienzsteigerung im öffentlichen Bereich führen.

Auf Basis der Bedarfe der ver-gangenen Jahre stellt die Bundesbe-schaffung ein breites Spektrum an standardisierten Dienstleistungsver-trägen für die öffentliche Hand zur Verfügung, deren Leistungsverzeich-nisse meist in Arbeitsgruppen mit den Hauptbedarfsträgern erarbeitet werden. Diese reichen von Post- und Transportdienstleistungen über Be-raterleistungen bis hin zu Versiche-rungsverträgen und Dienstleistungen im PR- und Kreativbereich.

geht nicht, gibt’s nichtMit dem Online-Bookingtool e-Rei-sen können beispielsweise auch Flü-ge, Hotels und Mietwagen online gebucht werden. Es stehen aber auch Verträge zur Bereitstellung von Si-cherheitsfachkräften und Arbeitsme-dizinern zur Verfügung. Auch sehr komplexe und individuelle Aufgaben-bereiche können durch Rahmenver-einbarungen so abgedeckt werden,

Liebe Leser, Ausschreibung ist Ausschreibung, haben Sie gedacht? Weit gefehlt. Ausschreibungen für Dienstlei-stungen unterscheiden sich erheb-lich von Produktausschreibungen. Bei Produkten kann man im Zuge der Angebotsprüfung zumindest punktuell überprüfen, ob die im Angebot versprochene Qualität auch tatsächlich erfüllt wird. Bei Dienstleistungen schaut das ganz anders aus. Hier erfolgt der Zu-schlag aufgrund eines Leistungs-versprechens, das aber erst nach Vertragsabschluss überprüft wer-den kann. Deshalb sind hier As-pekte wie Referenzen, Qualitäts-kontrolle, Leistungsevaluierung, Reklamationsmanagement, Pö-nalzahlungen und Vertragsauflö-sungsgründe besonders bedeutend. Wie die Bundesbeschaffung mit diesen Herausforderungen umgeht und was Experten dazu denken, können Sie in dieser Ausgabe der Beschaffung Austria lesen.

Andreas Nemec, Hannes HoferGeschäftsführer der BBG

Expertendialog ................. 3Welche Herausforderung sehen Experten in der Ausschreibung von Dienstleistungen und deren Qualitätsüberprüfung?

Dienstleistungen ............... 6Von Beratung und Projektunter-stützung über Versicherungen bis hin zu Briefpost und Essensbons.

Reinigung ....................... 8Wo eine Dienstleistung vor den Augen des Kunden durchgeführt wird, ist Qualitätsmanagement besonders wichtig.

IT nach Maß ................... 10Selbst spezifische Anforderungen wie IT-Dienstleistungen lassen sich gebündelt ausschreiben.

Kommentar ................... 12Zertifikate als Qualitätsnachweis – notwendig oder auch eine Hür-de für KMU?

Inhalt

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dass für Auftraggeber kaum mehr Wünsche offen bleiben. Bestes Bei-spiel hierfür ist das Segment Informa-tionstechnologien. „In 21 Losen sind praktisch alle relevanten IT-Dienst-leistungen verfügbar und können somit vergaberechtssicher beauftragt werden“, erklärt Elmar Endlich, IT-Einkäufer der Bundesbeschaffung (siehe Seite 10).

Auch das Einkaufen von Fahrzeu-gen hat sich zur Beschaffung von Dienstleistungen entwickelt. So gibt es Verträge im Bereich Fuhrparkma-nagement, die auf die Dienstleistung der „gefahrenen Kilometer“ abzielen. Die öffentliche Hand ist nicht mehr Eigentümer der Autos, sondern wählt einen Fuhrparkmanager aus, der die Fahrzeuge zur Verfügung stellt und die Kosten optimiert. Bezahlt werden letztendlich nur mehr die gefahrenen Kilometer.

Wo die Rahmenverträge aufgrund spezieller Bedürfnisse des Auftragge-bers nicht anwendbar sind, leistet die Bundesbeschaffung mit individuellen „Projekten im besonderen Auftrag“ (PibA) Hilfestellung. Dies ist zum Beispiel im Personalbereich für Re-cruiting (Personalvorauswahl) und Personalbereitstellung oder aber auch für Versicherungsleistungen oftmals der Fall.

ProDukt ist nicht gleich DienstleistungDer Einkauf von Dienstleistungen unterscheidet sich substanziell vom Einkauf von Waren. „Bei Produkten kann man überprüfen, ob die ange-botene Qualität auch erfüllt wird. Bei Dienstleistungen wird der Auftrag

aufgrund eines reinen Leistungsver-sprechens vergeben – die Leistung muss aber erst erbracht werden“, schildert Nemec. „Die Herausfor-derung liegt darin, schon bei der An-botsbeurteilung herauszufinden, wie viel Qualität in den einzelnen Anbie-tern steckt.“ Einziger Anhaltspunkt hierbei sind beigebrachte Referenzen und Zertifikate. Doch oft scheuen ge-rade Klein- und Mittelbetriebe den teuren Zertifizierungsprozess. Des-halb geht die Bundesbeschaffung nun den Weg, dass der Nachweis von Zer-tifikaten auch vom anbietenden Un-ternehmen versprochen werden kann und innerhalb einer bestimmten Frist nach der Auftragsvergabe nachgeholt werden muss (siehe Seite 12).

Nach dem Zuschlag an den Bestbieter ist bei der Ausschreibung von Dienst-leistungen der Job für die BBG aber noch längst nicht erledigt. Um tat-sächlich beurteilen zu können, ob der Anbieter seine Leistungsversprechen wirklich hält, sind laufende Quali-tätskontrollen notwendig. Selbst hin-ter der „einfachen Dienstleistung“ der Reinigung stecken aufwändige Beratungsleistungen während des Ausschreibungsprozesses und auch vor allem nach der Auftragsvergabe. Sollte, was eher selten vorkommt, der Auftraggeber mit der Arbeit eines Zu-schlagskandidat nicht zufrieden sein, bemüht sich die Bundesbeschaffung beispielsweise mit einem Reklama-tionsmanagement um die Zufrieden-heit der Kunden (siehe Seite 8).

Die Komplexität von Dienstleis-tungsausschreibungen hat aber auch juristische Konsequenzen. „Gerade im Bereich der Dienstleistungen und

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„Ziel beim Einkauf von Dienstleistungen ist es, Kosten zu optimieren und die Kompetenz und Flexibilität privater Anbieter zu nutzen.“

Andreas Nemec,Geschäftsführer der Bundesbeschaffung

Beratungen sind Verhandlungsver-fahren deutlich häufiger als bei Aus-schreibungen der anderen Einkaufs-bereiche der BBG“, berichtet Karin Rauschal, zuständige BBG-Teamko-ordinatorin (siehe Seite 6). Verhand-lungsverfahren laufen in zwei Phasen ab: In der ersten Phase werden An-bieter nach genau definierten Quali-tätskriterien ausgewählt. Auf diesen Pool an Unternehmen kann eine öf-fentliche Dienststelle dann zurück-greifen, wenn sie einen konkreten Be-darf hat. Im Rahmen eines „erneueten Aufrufs zum Wettbewerb“ werden die Vertragspartner eingeladen, ein konkretes Anbot zu legen.

VerbesserungsPotenzial im VergaberechtDie vielschichtigen Herausfor-derungen bei der Beschaffung von Dienstleistungen kamen auch in der Diskussionsrunde zum Vorschein, zu der „Beschaffung Austria“ Ex-perten aus den unterschiedlichsten Bereichen einlud. Ihre verschiedenen Positionen zu Ausschreibungsver-fahren, Kriterien, Qualitätsüberprü-fung und dem Vergaberecht münden in eine Erkenntnis: Die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen für Dienstleistungs-Ausschreibungen be-inhalten noch einiges Verbesserungs-potenzial. Die Diskutanten lieferten zahlreiche Praxisbeispiele, mit denen sie ihre Denkanstöße für eine Novel-lierung veranschaulichten. Geändert werden sollte aber – so die Experten – nicht nur der gesetzliche Rahmen, auch Auftraggeber und potenzielle Auftragnehmer müssten sich an der Nase nehmen (siehe Seite 4).

Rainald Edel2 Beschaffung Austria

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„Wichtig sind Wettbewerb und ein fairer Umgang mit Unternehmen“Experten aus Praxis, Theorie, Recht und Kreativität diskutierten am Runden Tisch über Schwächen des Vergaberechtes, gegenläufige Interessen bei Beschaffungen und mangelndes Know-how bei öffentlichen Auftraggebern.

teilnehmer:

Franz Deninger Einkaufsbereichsleiter der Bundes-beschaffung für Reinigung und Gebäudebewachung

Peter Drössler Obmann des Fachverbandes Werbung und Marktkommunikation

Michael Sachs Leiter des Bundesvergabeamtes

Fritz Scheuch Wirtschaftsuniversität Wien

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unterberger: Herr Professor Scheuch, die westliche Gesellschaft ist schon lang in der Phase der Dienstleis-tungsgesellschaft. Welchen Stellenwert haben Dienstleistungen inzwischen in unserer Volkswirtschaft? Welche Verän-derungen gab es in den letzten Jahren?

Scheuch: Dienstleistungen zählen zu den stark wachsenden Sektoren der Wirtschaft. Das liegt am konsequenten Outsourcing von Leistungsbereichen aus Unternehmen und öffentlichen In-stitutionen.

Unterberger: Outsourcing betreibt auch zunehmend die öffentliche Hand durch die Ausgliederung von Unternehmen. Früher wurde viel selbst gemacht, in-zwischen bedient man sich externer Dienstleister. Herr Sachs, wie verteilen sich Ihre Einsprüche ans Bundesverga-beamt zwischen Bauleistungen, Liefer-leistungen und Dienstleistungen?

Sachs: Bei uns ist der Baubereich natür-lich das Hauptthema. Nachprüfungs-aufträge bei Dienstleistungen zeigen, dass diese Ausschreibungen meist sehr komplex sind. Das hat nicht mit der Höhe der Auftragssumme zu tun, son-dern eher mit der Kreativität, die mit Dienstleistungen typischerweise ver-bunden ist. Hier stelle ich mir oft die

Frage, ob das Vergaberecht überhaupt dafür geeignet ist, bestimmte Bereiche in den Dienstleistungen abzubilden.

Unterberger: Haben Sie den Eindruck, dass Einsprüche aus dem Dienstleis-tungsbereich zunehmen?

Sachs: Das sind Wellenbewegungen. In bestimmten Bereichen sind zeitabhän-gig stärkere Einsprüche wahrzuneh-men. Jemand probiert etwas aus, das wird dann von anderen nachgemacht und irgendwann findet es Eingang oder Ablehnung in der Rechtsprechung.

Unterberger: Herr Drössler, ist das Vergaberecht geeignet, um Kreativleis-tungen sinnvoll einzukaufen?

Drössler: Wir haben da massive Zweifel. Gerade der Kommunikationsbereich ist ein sehr spezifischer Sektor, weil es um nicht standardisierte Leistungen geht. Kreativleistungen sind bewertbar, aber nicht nach den Kriterien, die im Gesetz festgelegt sind. Ein zweites Problem ist: Ein entscheidender Teil der Arbeit muss gemacht werden, bevor es überhaupt zu einer Entscheidung kommt. Die Krea-tion einer Kampagne, die Entwicklung einer Idee ist der entscheidende Kern der Arbeit. Diese Arbeit wird in einem Vergabeverfahren nicht oder nur sehr 3Beschaffung Austria

Gemeinsam mit BBG-Pressesprecher Florian Unterberger (Mitte) diskutierten BBG-Einkaufsbereichsleiter Franz Deninger, WU-Professor Fritz Scheuch, FV-Obmann Peter Drössler und BVA-Leiter Michael Sachs (v.l.n.r.) das kom-plexe Thema der Ausschreibung von Dienstleistungen.

schlecht honoriert. Die Gestaltungs-weise des Prozesses entspricht über-haupt nicht der Arbeitsweise für Kam-pagnen.

Unterberger: Wie müsste dieser Prozess aussehen?

„Wir brauchen einen Dialog“Drössler: Wir haben eine Reihe von Änderungswünschen deponiert. Wir wünschen uns z.B. eine verpflichtende Begleitung durch Pitch-Berater. Was wir brauchen, ist ein Dialog; es braucht persönliche Gespräche, sogenannte Re-Briefings, man muss hier Diskussi-onsmöglichkeiten schaffen. Werbekon-zepte kann man nicht versiegelt im Ku-vert abgeben.

Unterberger: Ich sehe das Horrorsze-nario vor mir, dass öffentliche Auftrag-geber in einem so intensiven dialo-gischen Prozess vergaberechtlich völlig angreifbar sind.

Sachs: Je mehr kommuniziert wird, desto leichter kann der Vorwurf der Mauschelei erhoben werden. Aber wir im Bundesvergabeamt versuchen, das Gleichgewicht zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu finden und zu schauen, dass wir den Grundsätzen des Vergaberechts Rechnung tragen. Ich

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> glaube, dass die vom Kollegen an-gesprochene Problematik nicht nur im Marketingbereich anzutreffen ist, son-dern z.B. auch bei Architekten, Ingeni-euren und im EDV-Bereich. Es ist kein Einzelproblem, und deswegen glaube ich auch, dass der Gesetzgeber hier Re-gelungen finden kann und soll.

Unterberger: Bei Dienstleistungen spielt das Vertrauen zum Vertragspartner eine zentrale Rolle. In vielen Fällen stellt auch die Bekanntheit eines Lieferanten einen realen Wert für den Auftragge-ber dar. Wie berücksichtigt man das in einem Vergabeverfahren?

Sachs: Das sind berechtigte Anliegen. Aber oft habe ich den Eindruck, dass dem Auftraggeber nicht klar ist, was er will.

Scheuch: Wir planen gerade eine neue Universität. Die Vergabe der Archi-tekturleistung erfolgt unter Begleitung einer Jury, die von der Architekten-kammer definiert wird. Die Nutzer – Bundesimmobiliengesellschaft und Universität – haben mit zwei Stimmen so gut wie gar nichts zu sagen. Und so sieht dann auch die Herangehensweise aus: Zuerst wird ein wunderschöner Baukörper entworfen, in den dann im Nachhinein die Funktionen hineinge-plant werden müssen.

Unterberger: Steht bei Architekten zu sehr die Selbstverwirklichung im Mit-telpunkt?

Scheuch: Die Interessen der Nutzer müssten stärker eingebracht und die Anforderungen an den Dienstleister klarer formuliert werden. Im Kreativ-bereich ist das sicher am schwierigsten. Aber grundsätzlich kann man Dienst-leistungen sehr präzise definieren. Aus-schreiben ist zuerst einmal eine präzi-se Prozessbeschreibung: wie soll das konkret ablaufen? Man muss genau festlegen, welche Handlungen erwartet werden, welche Personen zum Einsatz kommen, welche Sachmittel verwen-det werden, wo der Prozess stattfindet, wann und wie lange. Damit hat man aber erst die Anforderungen definiert, dann folgen noch der Einkaufsprozess an sich und die Ergebnisdimension. Ich beurteile das Ergebnis äußerst un-terschiedlich – je nachdem, um welche Dienstleistung es sich handelt. Es gibt Dienstleistungen, die sind sehr leicht objektivierbar: Der Zug kommt ent-weder pünktlich an oder nicht. Es gibt Dienstleistungen, die sind sehr stark prozessabhängig: Beratung, Kreativ-leistung, künstlerische Leistung, medi-zinische Betreuung. Manchmal ist die Frage, wie objektivierbar ist ein Ergeb-nis, wie klar ist es darstellbar oder was macht man, wenn das schwierig ist?

Unterberger: Herr Deninger, das The-ma Ergebnisbeurteilung beschäftigt Sie ja seit vielen Jahren.

„Vergaberecht WirD begriff ‚eignung‘ nicht gerecht“Deninger: Am Beginn einer Angebot-sprüfung steht die Frage, ob ein Un-ternehmen überhaupt geeignet ist, den Auftrag durchzuführen. Beim Einkauf von Reinigungsdienstleistungen stelle ich immer wieder fest, dass das Verga-berecht dem Begriff der Eignung nicht gerecht wird: Wer die technische Lei-stungsfähigkeit in Wien hat, muss sie deshalb noch lange nicht in Vorarlberg haben. Dazu kommt, dass wir beim Einkauf von Dienstleistungen immer ein Leistungsversprechen beurteilen müssen. Die Problematik dabei ist, dass der Einkauf einer Dienstleistung mit dem Vergabeverfahren noch nicht ab-

geschlossen ist, sondern erst mit Ver-tragsende. Es nützt mir nichts, wenn ich mit strengen Regeln des Vergaberechts bis zum Zuschlag alles formal richtig mache und im Nachhinein alle Prin-zipien durch Tricks ausgehebelt werden. Darum dürfte meiner Meinung nach bei Dienstleistungen das Vergaberecht nicht schon mit dem Zuschlag, sondern erst mit dem Vertragsende aufhören.

Scheuch: Man macht Erfahrungen mit einem Anbieter, den man nach bestem Wissen und Gewissen gewählt hat, und dann evaluiert man, was wirklich pas-siert ist. Dann weiß man beim nächsten Mal mehr.

Unterberger: Was in der Privatwirt-schaft selbstverständlich ist, geht aber im Vergaberecht nicht. Vorerfahrungen mit Lieferanten kann man – weder po-sitiv noch negativ – nicht in eine Aus-schreibung einfließen lassen.

Sachs: Wir müssen nur auf die Grundsät-ze der Gleichbehandlung und Fairness aufpassen: Auftraggeber – auch private – tendieren dazu, nicht nur daran zu denken, welche Leistung sie brauchen, sondern auch, mit wem sie sich verste-hen und mit wem nicht. Deshalb hat der Gesetzgeber davon abgesehen, solche subjektiven Vorerfahrungen als zuläs-sige Bewertungskriterien einzuführen.

Drössler: Unlängst hat ein Unterneh-men der öffentlichen Hand eine Son-dierungsphase gemacht und eine der be-kanntesten und größten Agenturen des Landes kam nicht einmal in die engere Wahl. Man weiß nicht, aufgrund welcher Kriterien das entschieden wurde, weil das geheim ist. Eignungskriterien sind oft viel zu eng definiert. Die öffentliche Hand agiert in einer Weise, dass immer dieselben Leute zum Zug kommen. Der Unmut in der Branche besteht aber nicht nur aufgrund der unpassenden rechtlichen Rahmenbedingungen für Ausschreibungen, es fehlt vor allem die Langfristigkeit in der Kommunikati-on. Es wirkt gerade so, als würde Coca Cola nur zu Weihnachten und zum Be-ginn der Sommerferien am Markt prä-sent sein. Die Bundesregierung sollte zumindest über eine Legislaturperiode definieren: Wie wollen wir Themen wie Migration, EU, gesunder Lebensstil etc. langfristig kommunizieren?

„Der kunDe ist Die materialqualität“Scheuch: Im Dienstleistungsbereich sehen wir den Kunden als einen der zentralen Produktionsfaktoren an: Der Kunde ist die Materialqualität, mit der der Dienstleister arbeitet. Gerade Ihr Beispiel zeigt, wenn ich einen schlecht präparierten, nicht mit Kommunikati-onsfragen vertrauten, über keine Kon-zepte verfügenden Auftraggeber habe, habe ich schlechtes Material, mit dem ich als Dienstleister arbeiten muss.

Unterberger: Ich beobachte bei öffent-lichen Auftraggebern eine sehr große Risikoaversion, weil sie – von Oppositi-on, Medien, Rechnungshof – nur an ih-ren Fehlern gemessen werden. Deshalb drängen die Auftraggeber auf die stren-ge Prüfung der Eignung des Bieters und ein umfassendes Bündel an Referenzen.

Deninger: Ich glaube, dass es bei vielen ein Bequemlichkeitsfaktor ist. Er will sich auf die sichere Seite begeben und bevor er dann nachdenkt und nach kre-ativen Lösungen oder risikobeladenen Faktoren sucht, geht er den sicheren Weg. Jeder, der in der Öffentlichkeit steht, will sich einfach absichern. Die Absicherungsphilosophie ist ja schon seit Jahrhunderten im Beamtentum

„Warum gibt es in Österreich keine zentrale Stelle für die Vergabe von Kommunikationsetats?“

Peter Drössler,Obmann des FV Werbung und Marktkommunikation

„Entweder machen wir professionellen Einkauf oder wir machen Strukturpolitik. Beides gemeinsam ist nicht möglich.“

Fritz Scheuch, Wirtschaftsuniversität Wien

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verankert. Warum soll ich mich hinaus-lehnen, wenn ich keinen Benefit habe?

Sachs: Man muss hier auch ein bisschen Verständnis für die Auftraggeber ha-ben, die mit dem Rechnungshof eine politische Ebene hinter sich haben. Da bin ich schon lieber auf der sicheren Seite. Damit sich hier wirklich etwas ändert, müsste der Auftraggeber vor allem vom Auftragsgegenstand viel mehr verstehen. Man darf nicht verges-sen, dass viele öffentliche Auftraggeber etwas beschaffen, wovon sie wenig Ex-pertenwissen haben. Das Einzige, was die Auftraggeber gut können, ist, die Rechnung pünktlich zu zahlen. Wenn ein Auftraggeber keine Kenntnis von der Branche hat, wie soll er dann Eig-nungskriterien kreieren, die den Anfor-derungen gerecht werden?

Drössler: Das ist der springende Punkt. Man muss Kompetenz anfüttern. Wir haben das heuer im März bei unserem Symposium versucht. In Großbritan-nien gibt es das „Central Office of In-formation“, eine zentrale Stelle, die für die Vergabe von Kommunikationsetats zuständig ist. Warum sollte so etwas nicht auch in Österreich funktionie-ren?

Sachs: Ich bin mir nicht sicher, ob man damit den Dingen gerecht wird. Wenn ich nur sage, ich setze mir ein, zwei Ex-perten dazu, komme ich sehr leicht in die unangenehme Situation, dass Exper-ten über die Projekte anderer Experten entscheiden. Außerdem bin ich genug Österreicher und Realist, dass das auf politischer Ebene nicht denkbar ist.

Drössler: Mit dem derzeitigen System ist jedenfalls keine Transparenz gewähr-leistet. Viele Entscheidungen gehen an der Branchenöffentlichkeit vorbei und es gibt auch nirgendwo die Chance, ei-nen Überblick darüber zu bekommen, wie viel Geld der öffentlichen Hand in Kommunikation geht. Ich fürchte, ei-nen Überblick hat nicht einmal die öf-fentliche Hand selbst.

Unterberger: Im Dienstleistungsbe-reich sind besonders viele Anbieter Klein- und Mittelbetriebe. Aufgrund ihres Sicherheitsdenkens tut sich die öffentliche Hand aber oft schwer mit kleinen Lieferanten.

Drössler: Kreativagenturen haben oft fünf bis 15 Mitarbeiter. Drei Kleinun-ternehmen – z.B. eine Webfirma, eine PR-Agentur und eine Agentur für klas-sische Werbung – können zusammen hervorragende Kampagnen machen. Zurzeit schneidet sich die öffentliche Hand weitgehend von diesem krea-tiven Potenzial ab, weil alle Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft alle Anfor-derungen erfüllen müssen und auch so-lidarisch haften.

„aufgabenbereiche klar abgrenzen“Sachs: Hier stellt sich das Problem der Bietergemeinschaft und des Subunter-nehmers. Wenn die Aufgabenbereiche klar abgegrenzt sind, ist laut Verfas-sungsgerichtshof auch die Eignung in-dividuell zu prüfen. Solidarisch haften tun sie aber auf jeden Fall. Wenn beim Brückenbau derjenige, der das Geländer baut, für die ganze Brücke solidarisch haftet, dann haben wir ein Problem. Jedenfalls sollte sich ein öffentlicher Auftraggeber bei jeder Ausschreibung fragen, in welchen Bereichen wir uns volkswirtschaftlich bewegen. Wenn ich eine sehr teilstrukturierte Wirtschaft habe, dann muss die Ausschreibung anders sein, als wenn ich nur drei oder vier Riesen habe.

Drössler: In der Kommunikations-branche sind 70 Prozent Ein-Per-sonen-Unternehmen. Das ist eine Branche, die von Freien und Kreativen geradezu geprägt ist. Auch der Auf-traggeber nimmt sich selbst Chancen, wenn er versucht, einen Kommunika-tionsetat wie einen Bauauftrag zu ver-geben. Das kann nicht funktionieren. Wo ist das Problem, wenn eine Agen-tur sagt, sie garantiert die Abwick-lung, aber sie holt sich noch zwei freie Grafiker dazu, weil die gut und kon-zeptionell stark sind? Warum müssen diese Grafiker auch für die öffentliche Hand schon einen 700.000-Euro-Etat gemacht haben?

Deninger: Meine Erfahrungen sind: Kleine wollen sich ein Vergabeverfah-ren oft nicht antun. Wir bemühen uns im Reinigungsbereich intensiv, lokale Klein- und Mittelbetriebe zur Teil-nahme zu überreden. Oft gibt aber trotzdem kein Einziger ein Angebot ab. Nicht alle wollen sich dem Wett-bewerb aussetzen.

Scheuch: Man darf eines nicht verges-sen: 50-Mann-Unternehmen haben keine Funktionen wie Marketing, Recht oder Öffentlichkeitsarbeit – das macht, wenn überhaupt, der Firmen-chef persönlich. Diese Unternehmens-größe lässt keine professionelle Orga-nisation zu, die man für die Teilnahme an einem Vergabeverfahren bräuchte.

Unterberger: Was ist die Konsequenz aus dieser Erkenntnis?

Scheuch: Entweder machen wir profes-sionellen und den Gesetzen entspre-chenden Einkauf, oder wir machen Strukturpolitik. Beides gemeinsam ist unmöglich.

Unterberger: Wir sind im Jahr 2025: Was hat sich in der Beschaffung von Dienstleistungen durch die öffentliche Hand geändert?

Drössler: Ich bin eher pessimistisch für die kommenden Jahre. Wir wer-den grundsätzlich noch immer die gleichen Probleme haben, weil wir das Herumbasteln an Reformen lieben. Meine optimistische Hoffnung ist, dass es, zumindest für jene Bereiche, die weitgehend außerhalb eines Par-teienstreits stehen, gelungen ist, Kom-munikationszentren zu schaffen, die durchaus transparente, branchenkon-forme Vergaberegime für die Kom-munikation entwickelt haben. Auch die öffentliche Hand hat gelernt, dass in einem dialogischen Prozess unterm Strich die Steuermittel besser einge-setzt sind.

Scheuch: Ich denke, man wird daraus lernen, dass hier ein flexibler Umgang mit Märkten notwendig ist. Manches wird aus guten Gründen reguliert und zentralisiert sein und anderes wird wieder dezentralisierter und unkom-plizierter werden.

Sachs: Es geht schlicht darum, das Optimum aus öffentlichen Geldern zu holen. Und das Optimum ist das beste Produkt. Vor 150 Jahren gab es kein Vergaberecht und trotzdem wurde die Wiener Ringstraße gebaut. Ich bin mir nicht sicher, ob wir das Vergaberecht in dieser Form brauchen. Wichtig sind bestimmte Formen des Wettbewerbs und ein fairer Umgang der öffent-lichen Stellen mit den Unternehmen. Was wir mit dem Vergaberecht nicht schaffen werden ist, kriminelle Ele-mente wegzubekommen.

Stefan Beig

„Bei Dienstleistungen darf das Vergaberecht nicht schon mit dem Zuschlag, sondern erst mit dem Vertragsende aufhören.“

Franz Deninger, BBG-Einkaufsbereichsleiter für Reinigung und Gebäudebewachung

„Ich bin mir nicht sicher, ob wir das Vergaberecht in dieser Form brauchen.“

Michael Sachs,Leiter des Bundesvergabeamtes

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Beratung: Spagat zwischen Transparenz und VertrautheitDer Faktor Mensch steht bei der Beschaffung von Trainern oder Beratungs-leistungen wesentlich stärker im Mittelpunkt als beim Einkauf von Waren. In diesem sensiblen Feld ist daher fast jede zweite BBG-Ausschreibung ein Projekt im besonderen Auftrag.

Wie in jeder anderen Beschaf-fungsgruppe schließt die BBG auch im Dienstleistungsbereich Verträge ab, die allen Kunden zur Verfügung stehen. Die Leistungsverzeichnisse für diese Ausschreibungen werden meist in Ar-beitsgruppen vorbereitet bzw. gemein-sam mit den wichtigsten Bedarfsträgern erarbeitet. Die große Herausforderung besteht darin, Rahmenvereinbarungen abzuschließen, die einerseits den hohen Qualitätsanforderungen der Kunden entsprechen und andererseits flexibel genug sind, um den jeweiligen Einzel-anforderungen gerecht zu werden.

Vor allem im Bereich Personalbereit-stellung verzeichnet die Bundesbe-schaffung stark wachsenden Bedarf. Personalengpässe entstehen nicht nur dann, wenn es zu längeren Kranken-ständen oder Pensionierungswellen kommt, sondern auch, wenn beispiels-weise durch Gesetzesänderungen ver-mehrt Bürgeranfragen zu beantworten sind. Hier bietet unter anderem die

Firma Manpower Rahmenverträge für Personaldienstleistungen an: „Die mei-sten BBG-Kunden haben noch keine Erfahrungen mit Unternehmen wie unserem“, so Annemarie Kriegs-Au, Chefin des Key-Account-Teams bei Manpower Österreich. „Viele kennen nur einen Teil unserer Möglichkeiten und denken in erster Linie an Leih-personal. Als Personalberater rekru-tieren wir aber auch für Dauerstellen oder führen psychologische Bewer-bertests durch.“ Seit 2006 arbeitet bei Manpower ein spezielles Team für die Kunden der Bundesbeschaffung. Dank der weltweiten Vernetzung kann dieses Team auf internationale Erfahrungen mit öffentlichen Stellen zurückgreifen. Für Kriegs-Au ist die Zusammenarbeit mit der BBG vorbildlich: „Auf beiden Seiten sorgen stabile Verantwortliche für beste Ergebnisse – auch bei sehr speziellen Fragen.“

Aber der Dienstleistungsbereich be-schäftigt sich nicht nur mit Personal-

themen: Zwei Rahmenvereinbarungen für Verpflegungssysteme mit Essens-gutscheinen mit den österreichischen Marktführern garantieren hier eine optimale Abdeckung. Verträge mit der Österreichischen Post ermögli-chen kostengünstige und zuverlässige Brief- und Paketzustellungen. Hier beobachtet die BBG schon jetzt genau die Entwicklungen, um auf Verände-rungen durch die für 2011 geplante Liberalisierung des Postwesens ent-sprechend reagieren zu können. Auch bei Versicherungen und Risikoma-nagement wird fachkundige Beratung durch Experten sichergestellt, die die Risikosituation des Kunden analysie-ren und den jeweiligen Versicherungs-bedarf feststellen.

SchnittStelle zWiSchen öffentlich und privatBei Umstrukturierungen, der Einfüh-rung neuer Tätigkeitsfelder und spe-ziellen Projektarbeiten werden in Zu-kunft auch öffentliche Stellen vermehrt

„Die meisten öffentlichen Stellen haben noch keine Erfahrung mit Personal-dienstleistern.“

Annemarie Kriegs-Au,Chefin des Key-Account-Teams bei Manpower Österreich

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in der Teilnahmephase Kriterien zur Auswahl geeigneter Bewerber und der Leistungsumfang definiert. Geeignete Bewerber werden dann eingeladen, ein konkretes Angebot zu legen. Da-rauf folgen Verhandlungen über die exakten Bedingungen, das Letztan-gebot wird schließlich von einer Ex-pertenkommission bewertet. Karin Rauschal, die zuständige BBG-Team-koordinatorin, erklärt: „Meist werden drei bis fünf Unternehmen zu den Verhandlungen eingeladen. Bei spezi-ellen Themenstellungen, die besonde-re Fachkenntnisse erfordern, kann es unter Umständen auch vorkommen, dass nur zwei Unternehmen beteiligt sind.“ Das bedeutet allerdings keines-wegs, dass nur die Big Player Chancen

auf externe Spezialisten zurückgreifen müssen. Die BBG kann hier mit ih-rem fundierten Wissen über die unter-schiedlichen Strukturen und Branchen eine Schnittstelle zwischen öffent-lichem Bereich und privaten Dienstlei-stern bilden.

GeeiGnete BeWerBer leGen konkreteS anGeBotIm Bereich Dienstleistung/Beratung sind sogenannte Verhandlungsver-fahren deutlich häufiger als bei Aus-schreibungen von Produkten. Wäh-rend bei offenen Verfahren auf Basis von Ausschreibungsunterlagen kon-krete Angebote eingeholt und bewer-tet werden, verlaufen Verhandlungs-verfahren zweistufig. Zuerst werden

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* Quelle: IDC, 2005

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haben: Fast zwei Drittel der Aufträge werden an kleine und mittlere Unter-nehmen vergeben.

Auf den lückenlosen und professio-nellen Auswahlvorgang können sich Kunden aber nicht nur bei Standard-Ausschreibungen, sondern auch bei sogenannten „Projekten im besonde-ren Auftrag“ verlassen. Ist ein Produkt oder eine Dienstleistung nicht im Port-folio der BBG enthalten, kann der Ein-kaufsdienstleister mit der individuellen Beschaffung beauftragt werden. Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) läuft derzeit die von der BBG ausgeschriebene Erhebung „Alpenque-render Güterverkehr“. Für dieses alle fünf Jahre durchgeführte Projekt wer-den unter anderem LKW-Lenker an Grenzen und Alpenübergängen befragt, wo sie gestartet sind, wohin sie fahren, was sie geladen haben usw. Aber auch andere Organisationen wie ÖBB oder Asfinag sind daran beteiligt.

Projektleiter Thomas Spiegel vom BMVIT meint dazu: „Da es sich um eine multinationale Erhebung handelt, waren die Bedingungen unter ande-rem wegen des Zeitdrucks nicht ein-fach. Aber die Ausschreibung verlief sehr gut und wurde ohne Einsprüche abgeschlossen. Mit der Durchführung der Erhebung sind wir ebenfalls sehr zufrieden. Wir werden sicher auch in Zukunft größere Vorhaben im Bereich Beratung und Projektunterstützung über die BBG ausschreiben.“

kreativ und kompetentDie Liste erfolgreicher Projekte im be-sonderen Auftrag lässt sich aber noch weiter fortsetzen. Im Bereich Organi-sationsentwicklung, Effizienzsteige-rung und Strukturbereinigung zählt z.B. die vom Rechnungshof empfoh-lene Reorganisation der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik zu den Referenzprojekten. Ein gutes Bei-spiel ist auch das Kompetenzzentrum „Forschungsschwerpunkt Internati-onale Wirtschaft“: Hier war das Ziel, die Infrastruktur für eine Forschungs-plattform zu außenwirtschaftsrele-vanten Themen bereitzustellen. Dieses Zentrum soll die nachhaltige Koope-ration zwischen den unterschiedlichen Projekten, Instituten und Aktivitäten

IMPRESSUM „Beschaffung Austria“Sonderbeilage der „Wiener Zeitung“ in Zusammenarbeit mit der „Bundesbeschaffung GmbH“.

Inhaltliche Verantwortung: „Bundesbeschaffung GmbH“ (1020 Wien, Lassallestraße 9b).

Anzeigen und Verleger: „Wiener Zeitung GmbH“ (1040 Wien, Wiedner Gürtel 10).

Druck: „Herold Druck&Verlag AG“ (1030 Wien, Faradaygasse 6).

Bildnachweis: S. 1: Fotolia (alle); S. 2: Voglhuber; S. 3, 4, 5: Pessenlehner (alle); S. 6, 7: Fotolia (2), Manpower, BMVIT; S. 8, 9: Redtenbacher, Fotolia, BMUKK; S. 10, 11: Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Unterberger, Webservices United, Fotolia (3); S. 12: Voglhuber.

„Wir werden auch in Zukunft größere Vorhaben im Bereich Beratung und Projektunterstützung über die BBG ausschreiben.“

Thomas Spiegel,Projektleiter „Alpenquerender Güterverkehr“ im BMVIT

Gerade bei kreativen Dienstleistungen müssen viele Details in persönlichen Gesprächen zwischen Kunden und Lieferanten geklärt werden.

des Forschungsschwerpunkts Inter-nationale Wirtschaft (FIW) sowie die Vernetzung und Einbindung in inter-nationale Projekte sichern.

„Die Ausschreibung von Kreativleis-tungen ist immer eine besondere He-rausforderung“, berichtet Rauschal. „Das strenge Vergaberecht und krea-tive Leistungen halten viele für kaum vereinbar. Wir versuchen hier auch durch Informationsveranstaltungen, z.B. in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer, Möglichkeiten aufzuzeigen und ein Umdenken ein-zuleiten.“ Positive Beispiele für die ge-lungene Kombination von kreativem und juristischem Know-how gibt es bereits, z.B. die Informationskampa-gne zum Kinderbetreuungsgeld oder die Verkehrssicherheitskampagne.

Astrid Fadler

Page 8: Beschaffung Austria Nr. 10 - Dienstleistungen

1500 öffentliche Gebäude mit 3,6 Millionen Quadratmetern Reinigungs-fläche ergaben 2008 stolze 55 Millionen Euro Umsatz. Warum es in der Vergan-genheit praktisch nie zu Vertragskün-digungen gekommen ist, beantwortet BBG-Bereichsleiter Franz Deninger nach einer kurzen Nachdenkpause so: „Für uns hört der Beschaffungsprozess immer erst am Ende des Vertrages auf. Wer seine Kunden versteht und den Markt kennt, hat eben auch das Poten-zial, Probleme zu lösen. So gesehen, sind wir eigentlich ewige Übersetzer. Denn wer umsetzen will, muss auch übersetzen können.“

Schon seit 2001 ist Deninger für den Einkauf von Rei-nigungsdienstleistungen,

-mitteln und -materialien, Lacken, Gebäudebewa-chung und Papier in der BBG verantwort-lich. „Um eine kon-

krete und kalkulierbare Ausschreibung machen

zu können, muss ich mir zunächst einen Überblick verschaffen, was unser Kunde wirklich braucht

und welche subjektiven Erwartungen er hat“, er-

klärt der Einkaufsexperte. Nachdem viele Kunden oft nicht genau wissen, was oder wie sie etwas gereinigt haben wollen, nimmt die Beratung der Kunden mindestens 40 Prozent seiner Arbeitszeit in Anspruch. Nach einer genauen Datenerhebung werden die bisherigen Kosten des Auftraggebers analysiert. Hier gilt es vor allem, die teuren Dop-pelgleisigkeiten aufzudecken, die bei großen Objekten wie Krankenhäusern oder Universi-täten schnell passieren können. Deninger erklärt: „Wenn Eigen-, Leasing- und Fremdpersonal gleichzeitig mit Reinigungsaufga-ben beauftragt wurden, weiß man oft nicht mehr, wer was gereinigt hat.“ Intelligentes Sparen ist laut Deninger gerade bei langjährig bindenden Verträgen wichtig, allerdings „ohne dabei den Auf-tragnehmer auszuquetschen“.

Von dieser relativ zeitaufwän-digen Grobanalyse profitieren letztendlich alle Beteiligten, be-tont der BBG-Bereichsleiter: „Wir erarbeiten für Auftraggeber und Auftragnehmer ein tragfähiges Arbeitsmodell, indem wir die ver-

Auf die Übersetzung kommt es anDie Beschaffung von Reinigungsleistungen steht in krassem Widerspruch zum bescheidenen Image der eingekauften Dienstleistung. Im Interview erklärt BBG-Bereichsleiter Franz Deninger, warum das komplexe Feld der Gebäudereinigung ein permanenter Lernprozess für alle Beteiligten ist.

schiedenen Erwartungen – bewusste und unbewusste – auf eine realistische Basis stellen. Erst dann sind wir in der Lage, eine vernünftige Ausschreibung durchzuführen.“

QualitätSmanaGement im mittelpunktIm Unterschied zu Lieferleistungen, wo es genaue Produktspezifikationen gibt, rückt bei Dienstleistungen das Qualitätsmanagement viel stärker in den Mittelpunkt. Die genaue Einhal-tung der im Vertrag festgeschriebenen Rahmenbedingungen ist für eine rei-bungslose Zusammenarbeit der bei-den Parteien absolut notwendig. „Wir überprüfen natürlich auch die Um-setzung der vereinbarten Leistung“, erzählt der Reinigungsexperte. Zur Leistungsevaluierung nützt Deninger eine ganze Reihe unterschiedlicher Maßnahmen wie z.B. stichprobenartige Kontrollen der Organisationsunter-lagen, das jährliche Objekt-Audit des Qualitätsmanagers oder Kundenbefra-gungen. Voraussetzung für eine hohe Qualität der Leistung sei, dass „auch die einfachen Reinigungskräfte unsere Verträge verstehen“. Weil Reinigungs-dienstleistungen vor Ort und sehr oft auch vor den Augen des Kunden er-bracht werden müssen, ist ein struktu-rierter Kommunikationsprozess zwin-gend erforderlich. „Unser Ziel ist, dass der Auftragnehmer lernt, Fehler zu erkennen und zu korrigieren, bevor sie der Auftraggeber entdeckt“, sagt De-ninger. Ein Lernprozess, von dem vor allem kleine Unternehmen auch in der Zusammenarbeit mit ihren Kunden aus der Privatwirtschaft profitieren. „Wenn doch einmal alle Stricke reißen sollten und ein Problem nicht bilateral gelöst werden kann, bieten wir als Bundes-beschaffung ein Reklamationsmanage-ment an. Innerhalb von 15 Minuten reagieren wir auf jedes Problem.“

BBG Schult kunden und lieferantenIm Zuge der Leistungsevaluierung wird von der BBG auch überprüft, ob die versprochene Leistung vom Liefe-ranten eingehalten wurde und inwie-weit der Auftraggeber damit zufrieden war. „Um die erbrachte Dienstleistung fair beurteilen zu können, müssen unsere Auftraggeber allerdings den Vertrag genau kennen. Aus diesem Grund bieten wir ihnen sofort nach Auftragsbeginn spezielle Workshops an“, berichtet Deninger. Und weil ma-ximale Transparenz beiden Seiten hilft, werden seit kurzem auch die Auf-tragnehmer, darunter viele kleine und

„Zuerst muss ich mir einen Überblick verschaffen, was unser Kunde wirk-lich braucht und welche subjektiven Erwartungen er hat.“

Franz Deninger,Einkaufsbereichsleiter für Reinigung und Gebäudebewachung in der BBG

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9Beschaffung Austria

Grund-, Fenster-, Unterhalts- oder objektspezifische Reinigung: Das Portfolio an Reinigungsdienstleistungen ist um-fassend. Qualitätssicherung und -management stehen hier an erster Stelle.

Wir schaffen die besten Voraussetzungen zum Beschaffen.Business Lösungen von Kapsch.

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mittlere Unternehmen, zu kostenlosen Vertrags- und Qualitätsmanagement-Schulungen eingeladen.

Erich Steinreiber vom Marktführer ISS Facility Services begrüßt die verstär-kte „Ausbildungsoffensive“ der BBG und betont gleichzeitig die Bedeutung der firmeninternen Qualitätskon-trolle: „Unternehmen, die das Thema Qualität in ihr Unternehmensleitbild aufnehmen, setzen das Qualitätsma-nagement ohnehin nicht nur bei Kun-denanforderungen ein. Wir verwenden

dieses Instrument vor allem dazu, um intern die Leistung der einzelnen Un-ternehmensbereiche zu evaluieren und laufend an der Verbesserung unserer Dienstleistungen zu arbeiten.“ Sek-tionschef Helmut Moser vom Bun-desministerium für Unterricht, Kunst und Kultur kennt als langjähriger BBG-Kunde die Schwierigkeiten, die sich bei der Vergabe von Dienstleis-tungen in der Qualitätsbewertung von Unterhaltsreinigungen ergeben: „Eine ‚Probereinigung’ macht keinen Sinn und die Prüfung des vorgelegten

Qualitätsmanagementsystems der An-bieter gewährt auch keine erfolgreiche Umsetzung während der Vertragsdau-er. So gesehen hat die BBG hier einen überaus erfolgreichen Weg beschritten, indem sie einerseits die nötige Unter-stützung bei auftretenden Mängeln für einzelne Schulen bietet und anderer-seits bemüht ist, durch Informations-veranstaltungen eine hohe Vertrags-kenntnis bei den abrufenden Stellen zu erreichen.“

Tony Bayer

„Die BBG ist erfolgreich, weil sie bei Mängeln die nötige Unterstützung bietet und die abrufenden Stellen auch über Ver-tragsdetails informiert.“

Helmut Moser,Sektionschef im BMUKK

Page 10: Beschaffung Austria Nr. 10 - Dienstleistungen

10 Beschaffung Austria

IT­Dienstleistungen: Profi s für alle FälleDer Siegeszug der IT führt auch zu einem verstärkten Bedarf an IT-Dienstleistungen. Doch gerade der vergaberechtskonforme Einkauf dieser Spezialisten birgt viele Tücken. Eine neue Rahmenvereinbarung der Bundesbeschaffung soll da Abhilfe schaffen.

dEr Einsatz von it ist in der Ver-waltung heute genauso selbstverständ-lich wie in der Privatwirtschaft. Im Gegenteil: Durch ihre besondere Auf-gabe kann die öffentliche Hand in vie-len Fällen nicht auf Standardprodukte zurückgreifen, sondern investiert viel Zeit und Energie in die Entwicklung von Spezialsoftware. Dass Österreich diesbezüglich absolut am Puls der Zeit ist, beweist nicht nur der Umstand, dass die Alpenrepublik regelmäßig zum E-Government-Weltmeister ge-kürt wird.

Das Spektrum der IT-Dienstleis-tungen ist weit und umfasst sowohl Beratungs- als auch Programmierleis-tungen. Neben Design- und Umset-zungsaufgaben kann es sich auch um langfristige Betreuungsaufgaben oder Schulungen handeln. Im Unterschied zu fertigen Hardware- und Software-Produkten kann bei individuellen IT-Dienstleistungen die Qualität der Leistung erst nach Vertragsabschluss überprüft werden. Entsprechend kompliziert ist daher die Sicherstel-lung einer adäquaten Leistungserbrin-gung zu einem korrekten Preis.

„Die spezifi sche Herausforderung liegt darin, dass eine Leistung, die erst in der Zukunft erbracht werden muss, ungleich schwerer zu bewerten ist“, berichtet Elmar Endlich, IT-Experte bei der Bundesbeschaffung. „Dazu kommt, dass bei Dienstleistungen na-türlich die handelnden Personen im Vordergrund stehen – und deren Leis-tungsfähigkeit in der Zukunft ist nicht

Tipps aus dem Vergabekompetenzcenter

Qualifi kationen von Bietern: Eignungs­ oder Zuschlagskriterium? bEi produKtliEfErunGEn ist die Sache einfach: Im Zuge von Teststel-lungen kann die angebotene Qualität einer exakten Kontrolle unterzogen werden. Bei der Vergabe von Dienst-leistungen ist die Qualitätskontrolle hingegen wesentlich schwieriger – sie ist erst über einen längeren Betrach-tungszeitraum im Zuge der Vertrags-erfüllung möglich.

Ein Lösungsansatz ist die Vereinba-rung von Pönalen oder Vertragsauf-lösungsgründen bei einer man-gelhaften Vertragserfüllung. Dies ermöglicht dem Auftraggeber zwar, einen nachlässigen Vertragspartner loszuwerden, birgt aber gleichzei-tig die Gefahr, dass plötzlich kein leistungsfähiger Partner mehr zur Verfügung steht und ein neues Ver-gabeverfahren durchgeführt werden muss. Deshalb setzen Auftraggeber viel daran, schon durch die Auswahl des richtigen Vertragspartners eine ausreichende Qualität sicherzustel-len.

Die Qualität von Dienstleistungen steht in direktem Zusammenhang mit den Fähigkeiten der jeweils aus-

führenden Personen. Leider ist die Beurteilung von Qualifi kationen vergaberechtlich überaus diffi zil, da diese manchmal als Eignungs- und manchmal als Zuschlagskriterium herangezogen werden müssen. Eine Unterscheidung, die gravierende Konsequenzen im Vergabeverfahren hat: Erfüllt ein Bieter die geforderten Eignungskriterien nicht, ist er auszu-scheiden. Umgekehrt ist eine Über-erfüllung von Eignungskriterien ver-gaberechtlich irrelevant. Es gilt also: Entweder geeignet oder nicht. Bei den Zuschlagskriterien gibt es viel mehr Spielraum – liegt ein Bieter bei einem Kriterium hinten, kann er es durch seinen Vorsprung in anderen Bereichen wettmachen. Insbesonde-re Klein- und Mittelbetriebe, die na-turgemäß weniger Referenzen oder Zertifi zierungen nachweisen können als Großbetriebe, haben ein großes Interesse daran, dass Eignungskrite-rien niedrig gehalten werden.

Die einfache Faustregel – bieterbe-zogene Kriterien sind Eignungskri-terien, auftragsbezogene Kriterien sind Zuschlagskriterien – hilft hier nur beschränkt weiter. Referenzen

gelten grundsätzlich als Eignungskri-terium, um die grundsätzliche Befä-higung des Lieferanten festzustellen. Im Urteil „GAT“ führt der Europä-ische Gerichtshof (EuGH) aus, dass eine Referenzliste, die nur Namen und Anzahl der Kunden, aber keine anderen Angaben zu den erbrachten Leistungen enthält, keinen Hinweis für die Ermittlung des besten Ange-botes liefert und daher auch kein Zu-schlagskriterium darstellt.

übErErfüllunG als WichtiGEr zusatznutzEnWenn aber die Übererfüllung von Referenzanforderungen als wichtiger Zusatznutzen bei der Vertragserfül-lung dargestellt werden kann und dazu beiträgt, das beste Angebot zu ermitteln, ist auch eine Bewertung als Zuschlagskriterium möglich. Die BBG überprüft beispielsweise durch Interviews die die Eignung überstei-gende Qualifi kation der betreffenden Personen. Voraussetzung für die Verwendung als Zuschlagskriterium ist allerdings die eindeutig auftrags-bezogene Formulierung des Kriteri-ums. Im Urteil „Lianakis“ schließt der EuGH nur jene Kriterien als Zu-

schlagskriterien aus, die wesentlich mit der Beurteilung der fachlichen Eignung zusammenhängen.

Franz Pachner, Vergabeexperte aus dem Wirtschaftsministerium, stellte in der „Zeitschrift für Vergaberecht und Beschaffungspraxis“ (Ausga-be 2008/10) zu „Lianakis“ fest, dass – neben dem Angebotspreis – gera-de die persönliche Qualifi kation des Schlüsselpersonals bei Dienstleis-tungen eines der wenigen wirklich tauglichen Bestbieterkriterien sei.

Es kann daher durchaus Kriterien geben, die zunächst auf das Unter-nehmen eingehen und dennoch auch der Ermittlung des besten Angebotes dienen, indem sie die unterschied-liche Qualität der zu erbringenden Dienstleistungen überhaupt nach-prüfbar machen. Aber Vorsicht: Auf-grund des Verbotes der Doppelver-wertung muss man verhindern, dass personelle Qualifi kationen sowohl als Eignungs- als auch als Zuschlags-kriterium herangezogen werden. Eine klare Trennung tut also Not.

Henrik Sigmaier

„Alles wurde extrem pro­fessionell durchgeführt – besonders die Rechts­ und Verfahrenssicherheit der BBG begeistert.“

Michael Pisecky, Stv. Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder

immer leicht abzuschätzen.“ Darüber hinaus zeichnen sich IT-Projekte vor allem durch Unterschiedlichkeit aus – keines gleicht dem anderen. Sowohl die technische Komplexität als auch die kommerzielle Relevanz von IT-Dienstleistungen weisen eine große Bandbreite auf. Zum Beispiel ist die klassische Aufgabe einer Homepage-Entwicklung in der Regel rasch ab-geschlossen, das Risiko überschaubar. Anders kann es bei Großprojekten aussehen, die von ganzen Teams mit unterschiedlichen Fähigkeiten über Jahre erbracht werden. Endlich be-richtet: „Im Wesentlichen unterschei-det man zwischen reinen Dienstleis-tungen und Projekten, bei denen der Auftragnehmer auch Ergebnisverant-wortung trägt. Eine zweite wesentliche Abgrenzung ist die Dauer: Manchmal werden kurzfristige Hilfestellungen, manchmal auch langfristige Betreu-ungen benötigt.“ EinE datEnbanK für allEimmobiliEn-informationEnGerade weil die vergaberechtskon-forme und ökonomisch sinnvolle Be-schaffung von IT-Dienstleistungen al-les andere als einfach ist, hat sich auch die Wiener Wirtschaftskammer an die Bundesbeschaffung gewandt. Die dor-tige Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder bestellte beim Einkaufsdienstleister eine Immobili-en-Datenbank. „‚Makler für Makler’ ist eine Datenbank mit Immobilien-Objekten, die zu einer Vernetzung unter den Maklern beitragen soll“, berichtet Roland Schmid, Geschäfts-

führer von Webservices United. Das Unternehmen ist ein IT-Spezialist, der primär die Immobilienbranche be-dient. Mit diesem Wissen hat sich das Unternehmen an der Ausschreibung der BBG beteiligt und diese auch für sich entscheiden können. „Die Mak-ler können dadurch erstmals über eine Datenbank alle Informationen über die Objekte anderer Makler bekom-men. Das bedeutet eine große Verein-fachung.“ Dank der Bundesbeschaf-fung sei die Abwicklung des Auftrags „wesentlich vereinfacht“ worden. „Alles wurde extrem professionell durchgeführt“, erzählt auch Micha-el Pisecky, stellvertretender Fachob-mann der Fachgruppe der Immobi-lien- und Vermögenstreuhänder bei der Wirtschaftskammer. Besonders begeistert ist Pisecky von der Rechts- und Verfahrenssicherheit, die ihm die BBG geboten hat: „Wir werden auf dieses tolle Service beim nächsten Mal sicher wieder zurückgreifen.“ von proJEKtmanaGEmEnt bis soa-bEratunGUm nicht jedes Mal bei Null anfan-gen zu müssen, hat sich die Bundes-beschaffung im vergangenen Jahr dem Thema IT-Dienstleistungen umfas-send angenommen. Dank einer neu-en Rahmenvereinbarung stellt sie seit Anfang 2009 eine breite Palette an IT-Dienstleistungen zur Verfügung. In insgesamt 21 Losen sind praktisch alle relevanten Leistungen verfügbar – von E-Government-Beratung bis Java-Programmierung, Web-, Software- und Applikationsentwicklung. Allein

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„Dank der Bundes­beschaffung ist die Abwicklung des Auftrags wesentlich vereinfacht worden.“

Roland Schmid,Geschäftsführer von Webservices United

für diese Ausschreibung wurden bei der Bundesbeschaffung 50 Angebote abgegeben. Für jede der 21 Leistungs-kategorien wurden dann im Sinne des Bestbieterprinzips die besten und fä-higsten Unternehmen ausgewählt und mit diesen Rahmenvereinbarungen abgeschlossen. Bei der Auswahl wa-ren vor allem Qualität und Preis ent-scheidend. „Gerade die Qualität der Dienstleistung ist hier unglaublich wichtig und die Unterschiede können enorm sein. Ebenso muss man auch die Folgekosten der jeweiligen Dienst-leistung abschätzen, die z.B. durch die Weiterentwicklung der erstellten Lö-sung verursacht werden“, berichtet Endlich. „Am Ende blieben von den 50 Angeboten 29 Partner übrig.“

Durch die Rahmenvereinbarung sind IT-Dienstleistungen wesentlich einfacher und vor allem schneller zu bekommen. Endlich informiert: „Vergabeprozesse sind eine sehr zeit-aufwändige Geschichte. Es kommt schon wegen der gesetzlichen Fristen zu langen Durchlaufzeiten. Die fach-liche Auseinandersetzung ist auch oft wegen der Komplexität des Gegen-standes sehr zeitintensiv. Das erspa-ren sich die öffentlichen Auftraggeber durch unsere Ausschreibung, weil sie die Leistungsfähigkeit der Partner nicht mehr überprüfen müssen.“

ErstplatziErtEr odEr ErnEutEr WEttbEWErbBesonders groß ist die Auswahl an Partnern beim Los „Begleitung der Einführung von CRM-/DMS-/ECM-Software-Applikationen“. Wer Systeme im Umfeld von Customer-Relationship-Management (CRM), Dokumentenmanagement (DMS) oder Enterprise-Content-Management (ECM) einführen will, kann dank die-ser IT-Dienstleistung von einem Bera-ter begleitet werden. Bei der BBG gibt es für dieses Service gleich sieben Ver-tragspartner. Bei der Auswahl eines konkreten Unternehmens geht der Auftraggeber folgendermaßen vor: Entweder der Auftrag wird unmittel-bar an den bestplatzierten Partner ver-geben. Die Bundesbeschaffung stellt für jedes Teillos ein einfaches Berech-nungssystem zur Verfügung, in das der Auftraggeber die Anforderungen des jeweiligen Auftrages (Einsatzort, Dauer, Anzahl der Arbeitstage pro Woche etc.) eingibt. Am Ende spuckt ihm das System aus, welcher der An-bieter für sein Anliegen der Bestbieter ist. Dieser Unternehmer muss dann innerhalb einer Woche prüfen, ob er den Auftrag durchführen kann oder nicht. Wenn nicht, ist der Zweitplat-zierte am Zug.

Ist der Auftrag so komplex, dass er nicht durch das Berechnungssystem abgebildet werden kann, besteht die Möglichkeit, einen „erneuten Wettbe-werb“ durchzuführen. Dann werden alle Partner der Rahmenvereinbarung eingeladen, ein Angebot zu legen. Laut Elmar Endlich deckt das jetzige Dienstleistungsangebot mit 21 Losen den Bedarf der Verwaltung ziemlich umfassend ab: „Vielleicht werden wir das Angebot noch durch weitere Lose ergänzen. Aber im Hinblick auf die Nachfrage muss man sagen, dass wir die vom Markt geforderten Leistungen fast vollständig erfasst haben.“ Zu den bislang nicht abgedeckten Nischen gehören z.B. Beratungsleistungen zu Spezialprodukten. Das Ziel, eine kun-dengerechte Plattform zu schaffen, ist jedenfalls aufgegangen. Jetzt fehlt nur noch eines: Die Bekanntheit des Angebotes. „Wir werden noch kräftig die Werbetrommel rühren“, kündigt Endlich an. „Es hat sich noch nicht überall herumgesprochen, dass es hier ein tolles Angebot gibt, mit dem man sich extrem viel Zeit und Geld sparen kann.“

Stefan Beig

- Begleitung der Einführung von CRM-/DMS-/ECM-Software- Applikationen

- Beratung und Begleitung der Einführung und Wartung von Linux-Systemen

- Beratung und Begleitung der Einführung und Wartung von Windows-Systemen

- Business Intelligence/Datawarehouse Beratung

- C#/.NET-Entwicklung- E-Government-Beratung- ITIL Beratung, Service-Management

und Prozessoptimierung- Java-Entwicklung- Netzwerkberatung und Optimierung

- Oracle – Beratung, Entwicklung und Customizing

- Projektcontrolling- Projektmanagement- Rechenzentrumsnahe Dienst-

leistungen- SAP – Beratung, Entwicklung und

Customizing- Schulungen- Security-Beratung- SOA-Beratung- Team Applikationsentwicklung- Team Softwareentwicklung Host- Visual Basic/VBA Entwicklung und

Migration- Webentwicklung, Web-nahe Dienst-

leistungen

IT­Dienstleistungen – das Angebot der BBG

Page 12: Beschaffung Austria Nr. 10 - Dienstleistungen

Qualität – der Schlüssel zum ErfolgZertifizierungen sind ein Qualitätsgarant bei der Beschaffung von Dienstleistungen. Aber viele Unternehmen scheuen den aufwändigen Zertifizierungsprozess. Die BBG hat ein zukunftsweisendes Modell entwickelt, um dieses Dilemma zu überwinden.

Ein KommEntar von bbG-GEschäftsführEr hannEs hofEr.

12 Beschaffung Austria

„Wir bewerten auch das Versprechen von Unternehmen, sich nach einem Zuschlag zertifizieren zu lassen.“

Hannes Hofer,Geschäftsführer der Bundesbeschaffung

als EinKaufsdiEnstlEistEr der Republik Österreich lernen wir jeden Tag aufs Neue, worauf es wirklich an-kommt: Es gilt, die Erwartungen unserer Kunden zu erfüllen und wenn möglich sogar „überzuerfüllen“. Denn zufrie-dene Kunden sind mit ihrer Mundpro-paganda der Schlüssel zum Erfolg eines Dienstleisters. Die wichtigsten Fak-toren dabei sind Kompetenz, Zuverläs-sigkeit, Höflichkeit, Zugang, Verstehen der Kunden, Kommunikation, Reakti-onsvermögen, Erscheinungsbild, Ver-trauenswürdigkeit und Sicherheit. Auf diese Faktoren haben wir unser Unter-nehmen ausgerichtet.

Ein Bereich, in dem unsere Kompetenz im Laufe der Jahre stark gewachsen ist, ist die Ausschreibung von Dienstleis-tungen. Das öffentliche Ausschreiben von Dienstleistungen unterscheidet sich eklatant von Produktausschrei-bungen. Einerseits, weil Einkaufen für die öffentliche Hand grundsätzlich eine Herausforderung ist, andererseits, weil das Thema Dienstleistung spezielle Antworten braucht.

zuschlaG aufGrund EinEs vErsprEchEnsKönnen Sie sich vorstellen, dass Sie eine Bank als Ihre Hausbank ins Auge fassen, die Ihnen zu hohe Zinsen verrechnet hat und der Bankbeamte ausrichten lässt, dass er lieber im Internet surft, als Sie über Ihren Kontostand zu informieren? Oder ist eine Bank mit einem derartigen Gehabe nicht schon von Vornherein für Sie ausgeschlossen? Das Vergabegesetz sieht vor, dass Erfahrungen mit Liefe-ranten aus der Vergangenheit nicht bei

der Auswahl berücksichtigt werden dürfen. Diese Bank hat also das gleiche Recht wie alle anderen Mitbewerber, sich an der Ausschreibung und damit am Wettbewerb um einen öffentlichen Auftrag zu bewerben. Die Bank könnte schließlich in der Zwischenzeit auch ihr Zinsberechnungssystem erneuert ha-ben, den Mitarbeiter versetzt, gekündigt oder zu einer Schulung im Umgang mit Kunden geschickt haben. Übrigens ver-hält es sich umgekehrt genauso – auch wenn Sie noch so zufrieden mit Ihren bestehenden Lieferanten sind, dürfen Sie dem Unternehmen keinen Vorteil bei einer neuerlichen Ausschreibung einräumen – einkaufen für die öffent-liche Hand nach dem Vergabegesetz hat eben seine eigenen Regeln.

bEstE qualität zumbEstEn prEis Was aber beim Ausschreiben von Dienstleistungen besonders klar hervor-sticht ist, dass man sich nicht allein auf den besten Preis verlassen darf, sondern sich auch auf die Qualität der Dienstleis-tung konzentrieren muss! Die Qualität muss bewertet und der Bieter gefunden werden, bei dem die beste Qualität zum besten Preis angeboten wird. Damit landet man automatisch bei Verfahren nach dem Bestbieter-Prinzip und nicht nach dem Billigstbieter-Prinzip. Das ist gut so, auch wenn man rein formal gesehen nach dem Billigstbieter-Prinzip effizienter den besten Bieter nach dem besten Preis ermitteln kann.

Bei Dienstleistungen ist es so, dass zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung die Dienstleistung nicht erbracht wird,

sondern zu diesem Zeitpunkt nichts anderes als ein Leistungsversprechen bewertet werden kann. Die Reinigung der Schule wird nicht anhand einer we-nig aussagekräftigen Probereinigung bewertet, sondern aufgrund direkt mit der Leistung in Verbindung stehender Qualitätskriterien. Das können besser qualifizierte Mitarbeiter, aber auch Zer-tifikate sein, die bestätigen können, dass der Qualitätsprozess im Unternehmen fix definiert ist. Gerade bei Reinigung ist es dann darüber hinaus noch das Thema Umwelt, welches für die Bewertung he-rangezogen wird. Als ausschreibende Stelle der öffentlichen Hand gilt es auch hier, den politischen Willen umzuset-zen. Qualität wird neben dem Preis als Zuschlagskriterium bewertet.

zErtifiKatE nachrEichEnWas sich hier so einfach darstellt, wird in der Realität durch mehrere Fak-toren erschwert. Wie können Sie nach-weisen, ob eine Firma hohe Qualität garantieren kann? Die Objektivität von Referenzen reicht hier nicht aus. In der Literatur finden sich vor allem Verweise auf Zertifikate wie ISO oder beim Thema Umwelt die Emas-Zer-tifizierung. Damit stehen Sie aber vor dem Problem, dass die entsprechend zertifizierten Unternehmen sicher hohe Qualität anbieten können, aber Sie nicht sicher sein können, dass jene Unternehmen, die den Zertifizierungs-prozess nicht durchlaufen haben, qua-litativ schlechter sind. Oft fehlt es ge-rade bei kleinen Unternehmen an Geld und Ressourcen, um aufwändige Qua-litätssicherungsprozesse zu durchlau-fen. Für sie rechnet sich die Investition der Zertifizierung nicht – besonders dann nicht, wenn sie zum Zeitpunkt der Abgabe eines Angebotes nicht wis-sen können, ob sie für einen Zuschlag überhaupt in Frage kommen.

Dieses Spannungsfeld haben wir auf-gegriffen, indem wir die Ungewissheit eines Ausgangs einer Ausschreibung mit unserer Verpflichtung nach Qua-lität kombiniert haben. Wir bewerten auch das Versprechen von Unterneh-men, sich nach einem Zuschlag zertifi-zieren zu lassen, d.h. der Auftrag wird einem Unternehmen zugesprochen, das danach in die gewünschte Zertifi-zierung investieren muss. Bewertungs-relevant ist dabei der versprochene Zeitpunkt der Zertifizierung – je frü-her, desto mehr Punkte können erzielt werden. Für uns bedeutet der Zu-schlag, ein weiteres Unternehmen für das Thema Qualität gewonnen zu ha-ben und damit auch ein weiteres Un-ternehmen im Wettbewerb unterstützt und fitter gemacht zu haben.

Der Umstand, dass ein Leistungsver-sprechen bewertet wird, erfordert von den ausschreibenden Stellen eine hö-here Anforderung an die Qualität. Es gibt im Dienstleistungsmarkt – wie in den meisten anderen Märkten auch – nur wenige Unternehmen mit höchster Qualität. Sich von Vornhinein nur auf diese zu konzentrieren, würde den Wettbewerb um öffentliche Aufträge deutlich einschränken.