Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz Author(s): Bernd Huber Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 49, H. 4 (1991/1992), pp. 423- 456 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40912515 . Accessed: 14/06/2014 14:28 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.44.77.40 on Sat, 14 Jun 2014 14:28:26 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche InkonsistenzAuthor(s): Bernd HuberSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 49, H. 4 (1991/1992), pp. 423-456Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40912515 .

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz

von

Bernd Huber*

1. Einleitung

Lange Zeit hat das Leistungsfähigkeitsprinzip als breit akzeptierter Be- steuerungsgrund der Finanzwissenschaft die Diskussion über die Gestal- tung der Einkommensteuer geprägt. In der neueren Literatur findet sich aber die Forderung, unabhängig von Leistungsfähigkeitsüberlegungen die Eigenschaft der intertemporalen Neutralität als zentralen Leitgedanken bei der Konstruktion eines Steuersystems zugrunde zu legen. Intertemporale Neutralität bedeutet dabei, daß auch in einer Welt mit Steuern die Zeitprä- ferenzraten der Konsumenten der Grenzproduktivität des Kapitals entspre- chen, also gesamtwirtschaftlich im Bereich der Konsum-Spar- und Investi- tionsentscheidungen eine unverzerrte Ressourcenallokation realisiert wird1.

Solche Vorschläge dokumentieren das neuerwachte Interesse an den Effi- zienzwirkungen des Steuersystems, das vor allem durch die Ergebnisse der vorwiegend allokationstheoretisch ausgerichteten Optimal-taxation-Theo- rie, aber auch durch einige neuere Beiträge der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre geweckt wurde. Effizienzüberlegungen finden zwar auch in der traditionellen finanzwissenschaftlichen Literatur Berücksichtigung, wie die Arbeiten zur Konstruktion eines rationalen Steuersystems belegen. Gerade bei der Einkommensteuer verstellen aber Leistungsfähigkeitsüberlegungen und die Schanz-Haig-Simons-Konzeption des Einkommens den Blick auf die Problematik intertemporaler Neutralität oder Nichtneutralität (vgl. z. B. Haller, 1980, S. 183 ff.).

* Der Verfasser dankt den Professoren Hans- Werner Sinn, Ekkehard Wenger und Wolfgang Wiegard sowie Herrn Dipl.-Kfm. Günter Krause für Anregungen und Kom- mentare. Verbleibende Fehler gehen natürlich ausschließlich zu meinen Lasten. 1

Vgl. zu dieser Begriffsbildung Wenger (1989) und Sinn (1985). Ein Überblick über andere Interpretationen des Neutralitätsbegriffs findet sich bei Elschen/Hüchtebrock (1983).

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Die weiteren Überlegungen befassen sich zunächst in Teil 2 mit der Frage, welche Gründe für eine intertemporal neutrale Gestaltung des Steuersy- stems sprechen. Der einführende Abschnitt 2.1 macht deutlich, daß die dazu in der Literatur vorgetragenen Argumente kaum stichhaltig sind, um Re- formbestrebungen in diese Richtung zu rechtfertigen. In den Abschnitten 2.2 und 2.3 wird dann allerdings eine andere Begründung für intertemporale Neutralität entwickelt: Ein neutrales Steuersystem hat in dieser Perspektive vor allem die Aufgabe, die Effizienzverluste einer zeitlich inkonsistenten Finanzpolitik abzumildern. In Abschnitt 2.2 wird dazu zunächst mit einem Optimalsteuerkalkül nachgewiesen, daß die Finanzpolitik zeitlich inkonsi- stent ist, wenn eine intertemporal verzerrende Besteuerung optimal ist. So- weit ein neutrales Steuersystem optimal ist, ist dagegen zugleich auch die zeitliche Konsistenz sichergestellt. Die Anpassungsreaktionen des privaten Sektors auf zeitliche Inkonsistenz und die dadurch ausgelösten Rückwir- kungen auf die Steuerpolitik rufen in einem verzerrenden Steuersystem Effizienzverluste hervor, die in einer reinen Optimalsteuerbetrachtung über- sehen werden. Unter Berücksichtigung dieser Wohlfahrtsverluste besteht die Möglichkeit, daß ein intertemporal verzerrendes Steuersystem einer einfachen Politikregel, die eine intertemporal neutrale Besteuerung gesetz- lich vorschreibt, unterlegen ist. In Abschnitt 2.3 wird daher ein entspre- chender Wohlfahrtsvergleich zwischen einem verzerrenden Steuersystem und einer gesetzlich verankerten neutralen Besteuerung vorgenommen. An- hand von numerischen Berechnungen kann man dabei nachweisen, daß eine neutrale Besteuerung tatsächlich wesentlich günstiger abschneidet, als bisher in der Optimalsteuerliteratur angenommen wurde, und damit eine wesentlich breitere Begründung für die Idee eines intertemporal neutralen Steuersystems möglich wird.

Nach der Abklärung der theoretischen Grundlagen der Neutralitätsfor- derung wird in Teil 3 die konkrete Ausgestaltung eines intertemporal neu- tralen Steuersystems untersucht. Es werden drei Reformvorschläge zur Be- steuerung von Kapitaleinkommen diskutiert: das Cash-flow-System, der Vorschlag von Sinn und das Verfahren der zinsbereinigten Gewinn- und Einkommensermittlung. Dabei werden vor allem die Unterschiede und Ge- meinsamkeiten dieser Vorschläge herausgearbeitet und Kriterien entwik- kelt, die bei der Entscheidung für eine der Reformvarianten maßgeblich sind.

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2. Zeitliche Inkonsistenz als Begründung für die intertemporale Neutralität des Steuersystems

2.1. Zur Rechtfertigung intertemporaler Neutralität durch Ergebnisse der Theorie der optimalen Besteuerung

Für die folgenden Überlegungen ist es zunächst nützlich, das Konzept einer intertemporal neutralen oder nichtneutralen Besteuerung anhand ei- nes einfachen Modells individueller Entscheidungen zu präzisieren. Es wird ein Akteur betrachtet, der T+ 1 Perioden lang lebt und in jeder Periode konsumiert und arbeitet. Von einer Berücksichtigung von Erbschaften oder Transfers an die Eltern wird hier zunächst abgesehen; ihre Einbeziehung und die Diskussion der dadurch entstehenden Probleme erfolgt im dritten Teil dieses Aufsatzes. Die Nutzenfunktion des Akteurs sei zeitseparabel bzw. zeitadditiv und lautet

(1) Í FU(Ct9L-Lt) i = 0

Dabei bezeichnet Ct den Konsum und Lt die Arbeitszeit in Periode t. Die Differenz zwischen der vorgegebenen Gesamtzeit L und Lt in (1) beschreibt die Freizeit Ft des Akteurs in t. /}, 0 < ß < 1, gibt einen subjektiven Diskon- tierungsfaktor an. Die Besteuerung des Akteurs sei als Konsumbesteuerung konzipiert, bei der die Konsumausgaben in Periode t mit dem Steuersatz xt belegt werden. Weiterhin sei angenommen, daß der Akteur zunächst nur Arbeitseinkommen erzielt. Der Akteur maximiert damit seine Nutzenfunk- tion in (1) unter der Nebenbedingung, daß er seine in (2) angegebene Vermö- gensrestriktion einhält, die verlangt, daß der Barwert seiner Konsumausga- ben dem Barwert seiner Arbeitseinkommen entspricht. Dabei bezeichnet in (2) wt den Lohnsatz in Periode t und r den vereinfacht als konstant unter- stellten Zinssatz auf einem vollkommenen Kapitalmarkt, der hier zugleich die Grenzproduktivität des Kapitals angibt.

(2) £ (1 + t,) C, (1 + r)-' = £ w,L, (1 + r)-< f = 0 i = 0

Die Bedingungen 1. Ordnung dieses Optimierungsproblems sind in (2), (3) und (4) angegeben, wobei hier und im folgenden die verkürzte Notation Uxt = õU/õXt verwendet wird.

(3) ff UJUC0 = (1 + t,)(1 + r)-'(l + To)"1 t = 1, . . ., T

(4) ff UFt/UC0 = w,(l + r)-' (1 + to)"1 t = 0, . . ., T

Gleichung (3) stellt die Grenzbedingungen für intertemporale Konsum- Spar-Entscheidungen, (4) die Grenzbedingungen für Konsum-Freizeit-Ent- scheidungen dar.

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Wie Gleichung (3) zeigt, erfüllt die Konsumsteuer nur dann das Kriterium der intertemporalen Neutralität, wenn die Konsumsteuersätze in allen Peri- oden gleich hoch sind. In diesem Fall stimmen die individuellen Nutzenbe- wertung zukünftigen und gegenwärtigen Konsums, kurz die Zeitpräferenz- rate, und die durch den Marktzins angegebene Grenzproduktivität des Kapitals überein. Unterschiedliche Steuersätze treiben dagegen einen Keil zwischen Zeitpräferenzrate und Grenzproduktivität des Kapitals. Je nachdem, ob die Konsumsteuersätze im Zeitablauf steigen oder fallen, kommt es dabei zu einer steuerlichen Diskriminierung oder Begünstigung zukünftigen Konsums.

Aus Gleichung (4) erkennt man, daß auch bei einer intertemporal neutra- len Gestaltung der Konsumsteuer eine Verzerrung der individuellen Ar- beits-Freizeit-Entscheidungen fortbesteht, durch die der Lohnsatz des Ak- teurs nach Abzug der Belastung durch die Konsumsteuer unter sein Grenz- produkt gedrückt wird. Diese Verzerrungswirkung der Besteuerung beim Arbeitsangebot ergibt sich auch bei allen in der Literatur vorgetragenen Reform Vorschlägen zu einer intertemporal neutralen Gestaltung des Steuer- systems. Wenn es aber auf anderen Allokationsebenen zu steuerbedingten Verzerrungen kommt, ist zunächst nicht einzusehen, warum nun gerade die intertemporalen Entscheidungen des privaten Sektors davon ausgenom- men werden sollten. Die meisten Autoren begnügen sich hier mit einem Hinweis auf entsprechende Ergebnisse der Optimalsteuerliteratur. Wie im folgenden gezeigt wird, liefert aber gerade die Optimalsteuertheorie nur äußerst dürftige Belege für die These von der Überlegenheit eines intertem- poral neutralen Steuersystems.

Die Frage der intertemporalen Neutralität ist in der Theorie optimaler Besteuerung vor allem im Rahmen des Modells überlappender Generatio- nen behandelt worden. Dabei zeigen die vorliegenden Ergebnisse, daß bei einer proportionalen Tariffunktion intertemporale Neutralität nur dann optimal ist, wenn die Nutzenfunktionen der Akteure schwach separabel zwischen Konsum und Freizeit und homothetisch im Konsum der einzelnen Perioden sind (vgl. Atkinson/Sandmo, 1980, S. 538, und King, 1980).

Weiterhin muß noch gelten, daß die staatlichen Verschuldungsmöglich- keiten nicht durch Gesetze etc. beschränkt werden. Ob in den anderen Fällen Kapitalbildung steuerlich gefördert oder diskriminiert werden sollte, hängt gemäß der Corlett-Hague-Regel davon ab, ob gegenwärtiger oder zukünftiger Konsum stärker freizeitkomplementär ist. Viele Autoren sehen eine stärkere Komplementärbeziehung zwischen Gegenwartskonsum und Freizeit, was tendenziell eine Subventionierung der Kapitalbildung wün- schenswert erscheinen läßt. In diesem Sinne wäre die intertemporale Neu- tralität des Steuersystems ein Schritt in die richtige Richtung, der die existie- renden Diskriminierungen des Realkapitals beseitigt. Insgesamt bilden

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diese Ergebnisse aber nur eine schwache Stütze für die Forderung nach intertemporaler Neutralität: Zum einen ist die dafür hinreichende Nutzen- funktion äußerst restriktiv, zum anderen ist auch die Argumentation mit der Corlett-Hague-Regel nur in Modellen mit zwei Konsumzeitpunkten zuläs- sig und nicht auf Mehr-Zeitpunkt-Modelle übertragbar (vgl. zum Beweis von Oehsen, 1982, S. 72-74).

Wesentlich interessanter ist dagegen ein Ergebnis von Atkinson/Stiglitz: Sie haben nachgewiesen, daß, wenn es keinerlei Restriktionen bei der Ge- staltung der optimalen Tariffunktion gibt, eine ausschließliche Besteuerung von Arbeitseinkünften und damit die intertemporale Neutralität des Steuer- systems optimal ist, wenn die Nutzenfunktionen der Akteure separabel zwischen Konsum und Freizeit sind (vgl. Atkinson/Stiglitz, 1976, oder die klarere Darstellung bei Atkinson/Stiglitz, 1980, S. 435-439). Ihrem Ergeb- nis liegt ein Modell mit mehreren Akteuren zugrunde, die aufgrund unter- schiedlicher Fähigkeiten unterschiedliche Lohnsätze am Arbeitsmarkt er- zielen. Der Staat kann annahmegemäß nur die individuellen Arbeitsein- kommen, nicht aber die individuellen Arbeitslöhne und Arbeitseinsätze be- obachten. Diese Form der Problemstellung stellt sicher, daß auch bei der unterstellten frei wählbaren optimalen Tariffunktion nicht (oder wenigstens nicht immer) effektiv eine reine Pauschalbesteuerung realisiert wird (vgl. Stiglitz, 1987, S. 996-1008).

Die nachfolgenden Beiträge in der Literatur haben gezeigt, daß auch in einem Wachstumsmodell mit überlappenden Generationen die Separabili- tätsbedingung hinreichend ist für die Optimalität eines intertemporal neu- tralen Steuersystems (vgl. Ordover/Phelps, 1979, S. 17-21, sowie Stiglitz, 1985; 1987, S. 1031-1032). Zudem kann man nachweisen, daß im Steady state eines Wachstumsmodells mit unendlich lang planenden Akteuren in- tertemporale Neutralität ebenfalls zentrales Charakteristikum eines opti- malen Steuersystems ist (vgl. Judd, 1985, S. 79, und Stiglitz, 1987, S. 1032- 1033). Dieses Ergebnis gilt sogar für nichtseparable Nutzenfunktionen und lineare Tarifstrukturen.

Auf den ersten Blick scheint damit ausreichendes theoretisches Beweis- material vorzuliegen, um eine Steuerreform in Richtung intertemporale Neutralität zu rechtfertigen. Tatsächlich sind jedoch auch diese Bedingun- gen recht restriktiv (vgl. Stiglitz, 1987): Zum einen ist die wenig plausible Annahme einer beliebigen Tariffunktion erforderlich; Restriktionen bei der Tarifgestaltung, wie sie in der Realität zu erwarten sind, führen dazu, daß regelmäßig eine intertemporal neutrale Besteuerung nicht mehr optimal ist. Zum anderen muß wie zuvor eine flexible staatliche Verschuldungspolitik unterstellt und vor allem die wenig plausible Annahme getroffen werden, daß die Kapitalakkumulation nicht die Lohnstruktur beeinflußt. Berück- sichtigt man diese Einschränkungen, decken auch diese Bedingungen nur

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eine Klasse von theoretischen Spezialfällen ab, deren empirische Relevanz sich durchaus anzweifeln läßt. Die Optimal-taxation-Literatur liefert damit insgesamt nur eine schwache Begründung für die Optimalität eines inter- temporal neutralen Steuersystems. Keinesfalls fallen die Ergebnisse so ein- deutig aus, daß sie eine radikale Umgestaltung des Steuersystems in diesem Sinne rechtfertigen würden. Wenn man nicht auf die traditionelle Doppelbe- lastungsargumentation oder andere allgemeine finanzpolitische Überlegun- gen zurückgreifen will, muß man daher nach einer zusätzlichen theoreti- schen Fundierung der Forderung nach intertemporaler Neutralität suchen.

2.2. Die zeitliche Inkonsistenz nichtneutraler Steuersysteme

2.2.1. Optimale Konsumbesteuerung in einem einfachen intertemporalen Gleichgewichtsmodell

Für die Beurteilung eines Steuersystems im intertemporalen Kontext kommt es nicht nur auf seine Optimalitätseigenschaften an, sondern auch auf seine zeitliche Konsistenz. Zeitliche Konsistenz bedeutet, daß es auch in späteren Perioden optimal ist, eine ursprünglich als optimal bestimmte Politik beizubehalten. Zeitliche Inkonsistenz liegt dagegen dann vor, wenn es sich nachträglich als optimal erweisen sollte, von der alten Politik abzu- weichen und eine andere Steuerstruktur zu realisieren.

Seit dem grundlegenden Beitrag von Kydland/Prescott (1977) sind die negativen Konsequenzen zeitlicher Inkonsistenz bekannt: Nachträgliche Abweichungen von der ursprünglich optimalen Politik werden von lernfä- higen Akteuren antizipiert und bei den individuellen Entscheidungen be- rücksichtigt. Dieser Antizipationseffekt hat wiederum Rückwirkungen auf die Gestaltung der ursprünglichen Politik. Insgesamt wird dann eine zeit- lich konsistente, aber suboptimale Lösung realisiert. Ein besonders drasti- sches Beispiel für die negativen Konsequenzen zeitlicher Inkonsistenz bildet das bekannte Patentproblem, bei dem langfristig die gleiche Rate techni- schen Fortschritts wie ohne jeglichen Patentschutz zustande kommt.

Um nun im folgenden die zeitliche Konsistenz der Steuerpolitik zu über- prüfen, wird hier zunächst untersucht, wie eine optimale intertemporale (Konsum-) Besteuerung aussieht. In Abschnitt 2.2.2 findet sich eine Ablei- tung der notwendigen Bedingungen für die zeitliche Konsistenz der optima- len Politik. Anschließend werden die negativen Wohlfahrtseffekte einer zeit- lich inkonsistenten Politik analysiert und mögliche finanzpolitische Lösun- gen diskutiert.

In der folgenden Analyse wird ein Modell mit einem repräsentativen Akteur betrachtet, der wie im vorigen Abschnitt einen Planungshorizont von T+ 1 Perioden hat und zunächst nur Arbeitseinkünfte erzielt. Auf die

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Berücksichtigung von Verteilungsfragen wird hier verzichtet, um die Effi- zienzaspekte der vorliegenden Fragestellung deutlicher herauszuarbeiten. Gegenüber der in (1) angegebenen Nutzenfunktion soll hier gelten, daß der Konsum- und Freizeitnutzen additiv verknüpft sind. Diese Annahme be- deutet eine erhebliche Vereinfachung der formalen Analyse; konzeptionell bereitet die Einbeziehung nichtseparabler Präferenzstrukturen keine Pro- bleme, und das im folgenden abgeleitete Ergebnis der zeitlichen Inkonsi- stenz einer nichtneutralen Besteuerung läßt sich analog auch auf diesen Fall übertragen.

Die Nutzenfunktion lautet damit

(5) ÍF[U(Q+V(L-L¿] í = 0

Wie im vorigen Abschnitt kann der Staat in jeder Periode nur eine Konsum- steuer erheben. Andere Steuern bleiben im folgenden unberücksichtigt; ihre Einbeziehung würde die Analyse des Zeitinkonsistenzproblems erheblich komplizieren und kann hier nicht behandelt werden.

Die Gleichungen (2) -(4) (mit UFt = VFt) beschreiben wie zuvor das indivi- duelle Verhalten des Akteurs. Das Optimalsteuerproblem besteht für den Staat nun darin, die Steuersätze xt so zu wählen, daß einerseits die Wohl- fahrtskosten der Besteuerung minimiert werden und andererseits die Ein- haltung der staatlichen Vermögensrestriktion gewährleistet ist. Die staat- liche Vermögensrestriktion verlangt, daß der Barwert der (exogenen) Staats- ausgaben Ro dem Barwert der Steuereinnahmen entspricht. Formelmäßig bedeutet dies:

(6) Ro= ¿Tt(l+r)-<Ct i = 0

Vor einer Lösung des staatlichen Optimierungsproblems ist allerdings noch die Bestimmung der Gleichgewichtspreise in dieser Modellökonomie zu klären. Dabei bieten sich zwei Möglichkeiten an: Zum einen kann man Zinssätze und Löhne endogen bestimmen, indem man das Modell um eine Produktionsseite bzw. eine Ausstattungsrestriktion erweitert. Zum anderen kann man von konstanten relativen Preisen ausgehen und damit eine Öko- nomie mit linearer Technologie oder den Fall einer kleinen offenen Volks- wirtschaft zugrunde legen. Bei dieser Vorgehensweise beschreiben die Glei- chungen (2) -(4) und (6) die Struktur eines einfachen Gleichgewichtsmodells. Der vorliegende Beitrag verfolgt diese zweite Variante. Dafür spricht nicht nur der verringerte mathematische Aufwand, sondern auch ein guter öko- nomischer Grund: In einer Welt mit hochintegrierten Kapitalmärkten wird der Einfluß der Fiskalpolitik eines einzelnen Landes auf den Zinssatz, der hier ja vor allem interessiert, relativ klein. Es spricht vieles dafür, daß diese

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Konstellation die Lage der meisten Industrieländer in der westlichen Welt beschreibt. Selbst für die USA lassen sich empirische Untersuchungen an- führen, die keine dominierende Wirkung ihrer Finanzpolitik auf den Zins- satz nachweisen können (vgl. dazu z.B. Plosser, 1987). In dieser Situation stellt aber die oftmals kritisierte Partialanalyse mit konstanten Preisen für die meisten Länder einen realitätsgerechteren Analyserahmen dar als das kompliziertere Modell mit endogener Zinsbestimmung.

Um nun die optimalen Steuersätze zu bestimmen, wird hier nicht der übliche Weg über die Maximierung der indirekten Nutzenfunktion beschrit- ten, sondern das weniger gebräuchliche duale Mengenproblem formuliert 2. Dabei maximiert man die Nutzenfunktion (5) unter den Nebenbedingungen (2), (3), (4) und (6). Dieses Optimierungsproblem läßt sich vereinfachen, indem man (3) und (4) nach Umstellung dazu benutzt, um in (2) und (6) die Steuersätze zu ersetzen. Dadurch tauchen nur noch die Mengen Ct und Lt als Entscheidungsvariable auf, deren Optimalwerte schließlich über (3) und (4) die eigentlich interessierenden Steuersätze t, bestimmen. Die Lagrange- funktion Z dieses Optimierungsproblems ist in (7) angegeben, wobei zur Vereinfachung (1 +r)~* = Pt geschrieben wird und die Lohnsätze auf 1 normiert werden.

Z=ÍF[U(Ct)+V(L-Lt)] í = 0

+ fi1'vF0R0-i(ß'UCt-VF0Pl)C^' (') r r r "I

+ H2 ZVF0PtL,-Zß'UCtCt' _t = 0 i = 0 J

+ i^[vF0P,-ß'^,}

Um das Maximum der Funktion Z zu erhalten, müssen ihre partielle Ablei- tungen nach Ct und Lt sowie nach den Lagrangemultiplikatoren ¡il , ¿i2 und Xt null werden. Nach einigen einfachen Umformungen kann man die im folgenden interessierenden Optimierungsbedingungen für Cn t = 0, . . ., T, Lo und L,, t = 1, . . . , T, als (8), (9) und (10) schreiben.

(8) i + ¡i ! et - fi 1 - - - ß2 (i - et) = o t = o, . . . 1 +T,

(9) - 1 + y0 Qjl, + fi2) ÍPtLt + n2 + yoJ:¿tPt = 0 t = O i = 0

(10) fi2-'=Xtyt i = l,...

2 Vgl. dazu Atkinson/Stiglitz (1980, S. 376-379) und Lucas/Stokey (1983). Eine Lö- sung über die indirekte Nutzenfunktion findet man bei Huber (1990).

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Dabei bezeichnet 9t in dieser Gleichung die Elastizität des Grenznutzens des Konsums und yt das Maß für die absolute Risikoaversion des Freizeitnut- zens. Formal sind 9t und yt definiert als

UCt Tt

wobei UCCt, 'ÇFt die jeweiligen zweiten Ableitungen von U bzw. V angeben. Im vorliegenden Zusammenhang interessiert nun natürlich vor allem die

Frage, unter welcher Bedingung eine intertemporal neutrale Besteuerung optimal ist. An (8) kann man erkennen, daß ein konstanter Steuersatz xt nur dann optimal ist, wenn 9t für alle Konsumzeitpunkte gleich hoch ist. In diesem Fall reduzieren sich die T+ 1 Gleichungen in (8) auf eine einzige zeitinvariante Gleichung, die bei gegebenen Werten von fil9 'i2 und 6 den einheitlichen Steuersatz t bestimmt. Dieses Ergebnis ist ein Spezialfall der bereits zuvor angegebenen hinreichenden Bedingungen für einheitliche Konsumbesteuerung und damit für intertemporale Neutralität, nach der die Nutzenfunktion schwach separabel zwischen Konsumgütern und Freizeit und homothetisch in den Konsumgütern sein muß (vgl. zum Beweis z.B. Wiegard, 1976, S. 208). Bei der hier unterstellten additiven Nutzenfunktion verlangt die Homothetizitätsbedingung, daß die Grenznutzenelastizitäten 6t in allen Perioden konstant und gleich hoch sind. Als Nebenprodukt des hier betrachteten Modells zeigt sich außerdem, daß die angeführte Bedin- gung auch für den Fall mehrmaliger Arbeitsangebotsentscheidungen hinrei- chend ist, während in der Literatur nur ein einmaliges Arbeitsangebot ana- lysiert wird3.

Bei unterschiedlichen Grenznutzenelastizitäten im Optimum fallen dage- gen die Steuersätze gemäß (8) auseinander, und es kommt zu einer Verzer- rung des intertemporalen Allokationsgeschehens. Ob dabei Sparentschei- dungen steuerlich subventioniert oder diskriminiert werden, braucht hier keine Rolle zu spielen und ist tatsächlich aufgrund der komplexen mathe- matischen Lösungen bei Optimalsteuerproblemen kaum zu klären. Ange- sichts der restriktiven Präferenzstruktur, bei der ein konstanter Steuersatz optimal ist, ist aber klar, daß das vorliegende Optimalsteuerkalkül keines- wegs die Idee der intertemporalen Neutralität stützt, sondern eher systema- tische Neutralitätsverletzungen nahelegt. Dieser Eindruck ändert sich aber,

3 Das widerlegt zugleich die gegenteilige Behauptung bei Auerbach/Kotlikoff/Skin- ner (1983, S. 83). Eine andere hinreichende Bedingung für optimale konstante Steuersätze ist, daß bei identischen Periodennutzenfunktionen der Kapitalmarktzins und die Rate reiner Zeitpräferenz (1/ß) - 1 übereinstimmen. Auch für diesen Fall kann man die zeit- liche Konsistenz der Steuerpolitik nachweisen. Auf eine nähere Behandlung dieser Kon- stellation wird hier aber aus Raumgründen verzichtet (vgl. aber Tabelle 2 und Fußnote 9).

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wenn man im nächsten Abschnitt das Problem der zeitlichen Inkonsistenz berücksichtigt.

2.2.2. Notwendige Bedingungen für die zeitliche Konsistenz einer intertemporalen Konsumbesteuerung

Um die zeitliche Konsistenz der Steuerpolitik im vorliegenden Zusam- menhang zu überprüfen, genügt es, das Optimalsteuerkalkül in der Periode 1 zu wiederholen (vgl. zu dieser Technik z.B. Lucas/Stokey, 1983). Zeitliche Inkonsistenz läge vor, wenn die in Periode 1 als optimal ausgewiesenen Steuersätze t1,í = 1,...,71, sich von den in Periode 0 ermittelten unter- scheiden würden. Die Finanzpolitik würde in diesem Fall die in Periode 0 angekündigten Steuersätze an die neuen Optimalwerte anpassen. Wieder- holte Politikrevisionen dieser Art würden langfristig antizipiert werden und dementsprechend einen negativen Wohlfahrtseffekt auslösen. Das Optimal- steuerkalkül in Periode 1 läßt sich im wesentlichen analog zu dem in Peri- ode 0 formulieren. Man muß allerdings berücksichtigen, daß dem Akteur in Periode 1 nun aus den Anlageentscheidungen von Periode 0 Kapital- einkünfte zufließen können. Hat er in Periode 0 den Betrag A angelegt (A < 0 bedeutet eine Kreditaufnahme), stehen ihm in Periode 1 Zins- und Tilgungszahlungen mit einem Barwert in Höhe von (1 + r) A zu. Seine Ver- mögensrestriktion lautet damit:

(12) ¿/?(1+t,)C,= £ PtLt + (l+r)A, r=l r=l

wobei Pt = Pt (1 + r) angibt. Aus dem Optimalsteuerkalkül der Periode 1 lassen sich ähnliche Bedin-

gungen wie (8) -(10) ableiten. Sie sind in (13) -(15) angegeben, wobei das Dach die neuen Werte der Variablen in Periode 1 kennzeichnet.

(13) i+fíldt-fií-^--(i2(i-Õt) "h = o r = l,...

(I "h Tt)

(14) -i+flWl+02)["(i+ L r)A+ Z^l

J + ̂ + fi Í 44 = 0

L 1=1 J t = 2

(15) ß2-'=Xtyt í = 2,... Wenn die Steuerpolitik das Kriterium der zeitlichen Konsistenz erfüllen soll, müssen die in Periode 0 ermittelten optimalen Steuersätze und die daraus resultierenden Werte von Ct und Lt auch in Periode 1 weiterhin optimal sein. Formal würde dies bedeuten, daß f, = xt , 0t = 9t und ft = yt. Bei zeitli- cher Inkonsistenz weichen dagegen ff , @t und ff von den in Periode 0 ermit- telten Werten ab. Die Nebenbedingungen des Optimalsteuerkalküls können

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hier unberücksichtigt bleiben, da ihre Einhaltung bei zeitlich konsistenten Politiken bereits durch das Kalkül in Periode 0 gesichert ist.

Zunächst soll die zeitliche Konsistenz für den Fall geprüft werden, daß in Periode 0 ein einheitlicher Steuersatz und damit eine intertemporal neutrale Besteuerung optimal war. In dieser Konstellation stimmen die Grenz- nutzenelastizitäten in allen Perioden überein, so daß auch in Periode 1 weiterhin ein einheitlicher Steuersatz für alle Perioden optimal ist. Es ist unmittelbar einleuchtend, daß daher der bisherige Steuersatz beibehalten wird. Auch formal läßt sich dies unmittelbar nachweisen. Dabei ist zu zei- gen, daß die bisherige Allokation, die durch rf, 9t und yt beschrieben wird, die Bedingungen (1 3)-(l 5) erfüllt. Substituiert man diese Werte in (1 3)-(l 5), stehen insgesamt noch T + l Variable, die Lagrangemultiplikatoren, zur Verfügung, die die Einhaltung der Optimierungsbedingungen sicherstellen können. Wegen der konstanten Grenznutzenelastizitäten verbleiben aber gleichzeitig in (13)- (15) nur T + 1 Gleichungen, die mit den Lagrangemulti- plikatoren gelöst werden können. Damit stellen die in Periode 0 ermittelten Werte t,, 9t und yt auch die Lösung des Optimalsteuerkalküls der Periode 1 dar. Damit kann man das folgende zentrale Ergebnis festhalten: Wenn eine inter temp or al neutrale ( Konsum- ) Besteuerung optimal ist, ist die Steuerpoli- tik auch zeitlich konsistent.

Ein ganz anderes Bild stellt sich dagegen ein, wenn die optimale Besteu- erung durch eine Verzerrung der intertemporalen Allokation gekennzeich- net ist. Hier ist im allgemeinen die zeitliche Inkonsistenz der Steuerpolitik zu erwarten. Am einfachsten erkennt man dies an dem Beispiel T=2. Wenn die Steuerpolitik der Konsistenzanforderung genügen soll, müssen xt, 6t und yt die Bedingungen (13)- (15) erfüllen. In dem unterstellten Beispiel stehen aber den insgesamt vier Gleichungen nur drei Lagrangemultiplikatoren, nämlich fil9 fi2 und X2, gegenüber. Die beiden Gleichungen in (13) verlan- gen, daß ßl = nl und fi2 = 'i2, wenn f, = xt und 6t = 9t gelten soll. Daraus folgt für (15) die Bedingung X2 = X2. Damit kann zeitliche Konsistenz nur zustande kommen, wenn die in Periode 0 geltenden Multiplikatoren Glei- chung (14) erfüllen. Wie der Vergleich mit (9) zeigt, folgt aus den Optimal- steuerbedingungen der Periode 0 nicht die Einhaltung von (14) für die bishe- rigen Werte der Lagrangemultiplikatoren. Allgemein liegt mit (13)- (15) für die bisherigen Steuersätze und die aus ihnen resultierende Allokation ein unterbestimmtes Gleichungssystem in den Lagrangemultiplikatoren ßY , (x2 und Xt vor, für das im allgemeinen keine Lösung existiert. Daher wird die in Periode 0 formulierte Steuerpolitik in der Regel die Optimierungsbedingun- gen (13) -(15) verletzen und daher in Periode 1 nicht länger optimal sein. Vielmehr bestimmt das Optimalsteuerkalkül in Periode 1 eine neue Se- quenz von Steuersätzen xt und verändert damit die bisher geplante Alloka- tion. Und dies bedeutet nichts anderes, als daß die Steuerpolitik zeitlich

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434 Bernd Huber

inkonsistent ist. Man kann daher folgendes Ergebnis formulieren: Wenn eine nichtneutrale Besteuerung optimal ist, ist die Steuerpolitik im allgemeinen zeitlich inkonsistent.

Für die hier angestellten Überlegungen ist es dabei unerheblich, ob ein System optimaler verzerrender Steuern die Kapitalbildung fördert oder diskriminiert. Entscheidend ist allein, daß eine optimierende Steuerpolitik regelmäßig nach kurzer Zeit die zuvor angekündigte Politik aufgeben und durch eine neue Steuerstruktur ersetzen wird. Diese Steuersatzänderungen bewirken eine eindeutige Wohlfahrtsverbesserung gegenüber der bisherigen Politik. Zentrales Problem einer zeitlich inkonsistenten Politik ist aber, daß dieser positive Effekt an die Voraussetzung geknüpft ist, daß der private Sektor bei seinen intertemporalen Planungen die ursprünglich angekündig- ten Steuersätze zugrunde legt. Ein solches Verhalten ist aber zumindest auf Dauer wenig wahrscheinlich. Vielmehr ist damit zu rechnen, daß die priva- ten Akteure zukünftige Politikabweichungen antizipieren und ihr Verhalten entsprechend anpassen. Bei rationaler Erwartungsbildung sind überra- schende nachträgliche Politikabweichungen ausgeschlossen; der private Sektor rechnet dann mit den Steuersätzen, die in den Folgeperioden tat- sächlich realisiert werden, und läßt sich nicht durch anders lautende Poli- tikankündigungen täuschen. Insgesamt ergibt sich bei rationalen Erwartun- gen ein Gleichgewicht, das als sog. zeitlich konsistente Lösung bezeichnet wird.

Da bei der zeitlich konsistenten Lösung nachträgliche Politikabweichun- gen antizipiert werden, besteht die optimale Finanzpolitik in Periode 0 darin, eine optimale Sequenz von Steuersätzen festzustellen, von denen in der Folgeperiode nicht mehr abgewichen wird. Die Menge der zulässigen Politikpläne wird also auf die Menge der zeitlich konsistenten Politikpläne eingeschränkt. Die optimale zeitlich konsistente Politik führt im Vergleich zur optimalen zeitinkonsistenten Politik der Periode 0 zu einem Wohl- fahrtsverlust. Wie die zeitlich konsistente Steuerpolitik und ihre Wohl- fahrtsimplikationen genau aussehen, läßt sich aufgrund der komplexen spieltheoretischen Situation zwischen privatem und staatlichem Sektor nichtmehr allgemein bestimmen. Anhand von konkreten numerischen Bei- spielen kann man aber die negativen Folgen zeitlicher Inkonsistenz illustrie- ren und abschätzen. Im folgenden Abschnitt wird ein solches Beispiel dar- gestellt, das die bisherigen Modellüberlegungen und die Problematik einer zeitlich inkonsistenten Steuerpolitik verdeutlichen soll.

2.2.3. Die Folgen zeitlicher Inkonsistenz: Ein numerisches Beispiel

Das folgende Beispiel legt einen Zeithorizont von drei Perioden zu- grunde, der den minimal erforderlichen Analyserahmen für Zeitinkonsi-

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 435

stenzprobleme angibt 4. Damit kann zeitliche Inkonsistenz einmalig in Peri- ode 1 auftreten, wenn die Steuersätze der Perioden 1 und 2 gegenüber den ursprünglich geplanten Werten geändert werden. In der letzten Periode sind Politikabweichungen dagegen ausgeschlossen, weil dann die Budgetrestrik- tion den verbleibenden Steuersatz f 2 determiniert. Bereits für diese einfache Konstellation ergibt sich eine äußerst komplexe nichtlineare Modellstruk- tur. Für die Präferenzen des Akteurs wird die in (16) angegebene einfache Nutzenfunktion vom Stone-Geary-Typ unterstellt:

(16) U = In (Co - a0) + In (L-Lo) + In (C, - aj + In (I- LJ + In (C2 - a2) + In (L-L2)

Auf eine Diskontierung zukünftigen Nutzens oder eine andere Form der Nutzengewichtung wird hier verzichtet, weil eine Einbeziehung von Dis- kontierungsfaktoren die Rechengenauigkeit und die Qualität der Lösungen deutlich herabsetzt.

Tabelle 1 Die Wohlfahrtskonsequenzen zeitlicher Inkonsistenz

Optimale Zeitinkonsistente Zeitkonsistente Lösung Lösung Lösung

t0 0,114284 0,114284 0,107357 ri 0,196 0,206307 -0,029922 t2 0,310431 0,304533 0,448183 U 3,0331 3,03315 3,01090

Parameter: a0 = 0, o^ = 5, a2 = 10, L = 10, w = 1, Ro = 5 und r = 05.

In Tabelle 1 sind die Ergebnisse des numerischen Beispiels und die zu- grunde liegende Parameterkonstellation zusammengefaßt. Die Ergebnisse basieren dabei nicht auf der Lösung des Mengenproblems, sondern auf der konventionellen Maximierung der indirekten Nutzenfunktion (vgl. dazu z.B. Auerbach, 1985, S. 85 ff.), die für die numerische Bestimmung optimaler Steuersätze besser geeignet ist.

In Spalte 1 sind die Werte der Optimallösung, wie sie in Abschnitt 2.2.1 formuliert wurde, angegeben. Im vorliegenden Beispiel belastet eine opti- male Konsumsteuer Zukunftskonsum stärker und diskriminiert damit steu- erlich die Kapitalbildung.

4 In einem Modell mit endogenen Staatsausgaben, wie z. B. bei Rogers (1987), läßt sich zeitliche Inkonsistenz bereits für ein Zwei-Perioden-Modell analysieren.

5 Ein Zinssatz von Null wird hier nur unterstellt, damit ein interessierter Leser die nachfolgenden Ergebnisse für eine möglichst einfache Parameterkonstellation überprüfen kann. Im folgenden wird auch noch der Fall positiver Zinssätze behandelt.

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436 Bernd Huber

Die in Spalte 2 angegebenen Werte der zeitlich inkonsistenten Steuerpoli- tik erhält man, wenn man das Optimalsteuerkalkül in Periode 1 wiederholt, nachdem in Periode 0 die optimale Steuerpolitik angekündigt wurde und der Akteur diese Politik bei seinen Planungen zugrunde gelegt hat. Die in Periode 1 realisierte Politikabweichung besteht in einer leichten Abschwä- chung der intertemporalen Diskriminierungswirkungen der Konsumsteuer, ökonomisch sind diese Steuersatzänderungen darauf zurückzuführen, daß der Akteur in Periode 0 eine positive Ersparnis realisiert hat, die in Peri- ode 1 als Lump-sum-Komponente des Vermögens tendenziell zu einer Ver- einheitlichung der Steuersätze führt. Zugleich erkennt man, daß der (kurz- fristige) Nutzenzuwachs aus zeitlicher Inkonsistenz relativ niedrig ausfällt.

In der letzten Spalte finden sich die numerischen Ergebnisse für das zeit- konsistente Gleichgewicht, bei dem der private Sektor zukünftige Politik- abweichungen antizipiert. Bei der zeitlich konsistenten Lösung legt die Re- gierung in Periode 0 eine Sequenz optimaler Steuersätze fest, die zugleich auch die Bedingung zeitlicher Konsistenz erfüllen. Um bei der Politikpla- nung in Periode 0 zukünftige Politikabweichungen auszuschließen, werden die Bedingungen für ein ab der Periode 1 optimales Steuersystem als zusätz- liche Restriktion berücksichtigt. Bezeichnet man mit W die indirekte Nut- zenfunktion und mit fl den Lagrangemultiplikator, ermittelt man allge- mein für Periode 1 die folgenden aus der Literatur bekannten Optimal- steuerbedingungen (vgl. Auerbach, 1985, S. 87)

dw/dTt = n[p, ct + fcí xk Pk ^J t = i, 2

Nach Division der beiden Gleichungen erhält man eine zusätzliche Restrik- tion, die bei einer zeitkonsistenten Besteuerung zu beachten ist. Soweit die in Periode 0 gewählten Steuersätze t0, t15 t2 diese Bedingungen einhalten, ist automatisch sichergestellt, daß die Steuerpolitik auch die Optimierungs- bedingungen in Periode 1 erfüllt 6.

Wie die numerischen Ergebnisse zeigen, unterscheidet sich die zeitlich konsistente Steuerstruktur deutlich von der optimalen Lösung. Bei der steuerlichen Belastung des Konsums der Perioden 0 und 1 schlägt sogar die ursprüngliche Diskriminierung des Zukunftskonsums in eine steuerliche Förderung um. Gleichzeitig wird aber die Steuerschraube beim Konsum in der letzten Periode deutlich angezogen. Die Steuerstruktur der ursprüng- lichen Optimallösung läßt daher kaum Rückschlüsse zu, wie die zeitlich

6 Für die unterstellte Nutzenfunktion lautet diese Restriktion:

-te2-/>2)a2(Z + Í2a2)4Í+(^3-P3)a3(Z + a3^3)^2+4(^2-i>2)(Z + a3^3) (z + q2 «2/4) 43 - 4 fe 3 - P3) (z 4- q2) (z + q3 <x3/4) q2 = 0.

Dabei sind qt = (1 4- t,)(1 + r)~f und z = w2 (1 4- r)~ l F2 .

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 437

konsistente Lösung aussieht. Dies gilt auch dann, wenn die Politikabwei- chungen, die für zeitliche Inkonsistenz verantwortlich sind, wie hier relativ klein ausfallen.

Der Wohlfahrtsverlust der zeitkonsistenten Lösung relativ zur Optimal- lösung ist erheblich; dieses Resultat ist insofern bemerkenswert, als nur relativ geringe Politikabweichungen bei der zeitlich inkonsistenten Lösung auftreten, deren Vermeidung aber dennoch gravierende Wohlfahrtskonse- quenzen hat. Zudem ist zu berücksichtigen, daß in dem unterstellten Drei- Perioden-Modell zeitliche Inkonsistenz nur einmalig in Periode 1 auftreten konnte. Auch wenn es sich aufgrund der komplexen formalen Struktur kaum beweisen läßt, erscheint es plausibel, daß bei wiederholten Politikab- weichungen noch mit einem erheblich höheren Wohlfahrtsverlust zu rech- nen ist.

2.3. Die Lösung des Zeitinkonsistenzproblems durch eine intertemporal neutrale Besteuerung

Aufgrund ihrer fundamentalen zeitlichen Inkonsistenz verfehlt eine inter- temporal verzerrende Konsumbesteuerung das Optimalsteueroptimum und realisiert statt dessen auf Dauer nur eine Lösung, die zwar zeitlich konsi- stent ist, aber gegenüber der optimalen Politik zu einem Wohlfahrtsverlust führt. Bereits bei Kydland/Prescott (1977), aber auch in den nachfolgenden Beiträgen zum Thema findet sich der Vorschlag, diese negativen Wohl- fahrtskonsequenzen durch die Einführung einer Politikregel abzumildern, die den diskretionären Spielraum der politischen Instanzen einschränkt und so die Möglichkeit nachträglicher Politikabweichungen beseitigt 7. Im vor- liegenden Zusammenhang bietet sich als einfache Politikregel an, eine inter- temporal neutrale Besteuerung gesetzlich zu verankern. Diese Politikregel würde bedeuten, daß die Regierung einen einheitlichen Konsumsteuersatz für alle Perioden wählen muß8. Es ist unmittelbar einleuchtend, daß damit die zeitliche Konsistenz der Steuerpolitik gewährleistet ist.

7 Es gibt allerdings auch Modellstrukturen, bei denen sich durch den Einsatz staatli- cher Verschuldungspolitik die zeitliche Konsistenz der ursprünglich optimalen Politik sicherstellen läßt (vgl. Lucas/Stokey, 1983; Persson/Persson/Svensson, 1988; Huber, 1991). 8 Diese Politikregel läßt sich vor allem unter den Gesichtspunkten praktische Durch- führbarkeit und politisch-ökonomische Akzeptanz begründen: Eine neutrale Besteuerung muß nicht die Höhe der Steuersätze explizit festschreiben und kann daher flexibel auf Änderungen des staatlichen Ausgabenprogramms reagieren. Zugleich schränkt sie die diskretionären Spielräume der Fiskalinstanzen jeder Periode gleichmäßig ein und macht sie damit auch für zukünftige Regierungen, die das Prinzip einer neutralen Besteuerung beachten müssen, akzeptabel.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß man mit dem vorliegenden Modell zwar die Notwendigkeit von Politikregeln, nicht aber ihre sinnvolle Gestaltung

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438 Bernd Huber

Für die Wohlfahrtsbewertung einer gesetzlich vorgeschriebenen inter- temporal neutralen Besteuerung ist der Vergleich mit der zeitkonsistenten Lösung maßgeblich. In beiden Fällen handelt es sich dabei um Third-best- Optima, die durch unterschiedliche Beschränkungen der Finanzpolitik ge- kennzeichnet sind: Bei einer intertemporal neutralen Konsumsteuer ist die Beschränkung auf einen einheitlichen Steuersatz zu beachten; beim zeitkon- sistenten Gleichgewicht unterliegt die Finanzpolitik der Restriktion, daß die gewählten Steuersätze auch die Optimalsteuerbedingungen zukünftiger Pe- rioden erfüllen oder, anders ausgedrückt, zeitlich konsistent sein müssen.

Aufgrund der komplexen formalen Struktur ist wiederum ein allgemeiner Vergleich dieser beiden Third-best-Lösungen ausgeschlossen, so daß man auf numerische Berechnungen zurückgreifen muß. Einige Beispiele hierfür sind in den Tabellen 2 und 3 zusammengestellt, die die numerischen Lösun- gen für vier Parameterkonstellationen der Stone-Geary-Nutzenfunktion in (16) angeben9.

In den beiden Tabellen finden sich fünf Beispiele für Parameterkon- stellationen, bei denen eine intertemporal neutrale Besteuerung eine zeit- konsistente verzerrende Konsumbesteuerung dominiert. In diesen Fällen ist unter Wohlfahrtsgesichtspunkten der Verzicht auf eine diskretionäre verzer- rende Steuerpolitik und der Übergang auf eine gesetzlich verankerte neu- trale Besteuerung angezeigt. Ein neutrales Steuersystem hat dabei die Third-best-Aufgabe, die Wohlfahrtsverluste aus zeitlicher Inkonsistenz ab- zumildern, die eine verzerrende Steuerstruktur bei realistischen Erwar- tungsannahmen hervorruft.

Aus diesen Ergebnissen folgt zunächst einmal, daß bei Berücksichtigung des Zeitinkonsistenzproblems eine neutrale Besteuerung unter schwächeren Bedingungen optimal ist als bei einer reinen Optimalsteuerbetrachtung, wie

erklären kann. Ursache hierfür ist, daß sich in diesem Modell - ähnliches gilt für die meisten neoklassischen Modelle - regelgebundene und diskretionäre Politiken analytisch nicht trennen lassen. Rein modelltheoretisch läßt sich jede budgetmäßig zulässige Steuer- politik auch als Politikregel interpretieren, die durch eine entsprechende Verfassungsvor- schrift gesetzlich verankert ist. Um eine sinnvolle materielle Unterscheidung von Regeln und diskretionärer Politik herauszuarbeiten, wäre eine theoretische Analyse zu entwik- keln, die vor allem auch politisch-ökonomische und institutionelle Aspekte integrieren müßte. Da aber für die folgende Diskussion bereits die vorstehenden Überlegungen die hier vorgeschlagene Politikregel hinreichend plausibel machen, braucht auf diese Frage hier nicht näher eingegangen zu werden.

Die Symmetrie der Optimallösungen in den Zeilenabschnitten 1 und 4 in Tabelle 2 ist auf die Symmetrie der Nutzenfunktion bei r = 0 zurückzuführen. Der in Zeilenab- schnitt 3 ausgewiesenen zeitlich konsistenten Optimallösung mit konstanten Steuersätzen liegt die in Fußnote 3 behandelte Konstellation zugrunde, bei der Kapitalmarktzins und die Rate reiner Zeitpräferenz übereinstimmen.

Die Annahme, daß die diskontierten Lohnsätze in Tabelle 3 ebenfalls 1 betragen, soll den Vergleich mit den Ergebnissen in Tabelle 2 erleichtern.

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 439

Tabelle 2 Wohlfahrtsvergleich zwischen zeitkonsistenter verzerrender und neutraler Be-

steuerung bei einem Zinssatz von Null

Parameter Optimale Zeitkonsistente Konstante Lösung Lösung Steuersätze

ao = 0 t0: 0,114284 0,107357 0,257334 a1 = 5 Tji 0,196 -0,029922 0,257334 a2 = 10 t2: 0,310431 0,448183 0,257334

U: 3,0331 3,01090 3,02571

ao = 4 t0: 0,227712 '

0,234516 0,257334 a1 = 5 Tt: 0,253707 0,186835 0,257334 a2 = 6 t2: 0,282193 0,336411 0,257334

U: 3,02610 3,02418 3,02571

ao = 5 t0: 0,257334 0,257334 0,257334 a1 = 5 xt: 0,257334 0,257334 0,257334 <x2 = 5 t2: 0,257334 0,257334 0,257334

U: 3,02571 3,02571 3,02571

ao = 10 t0: 0,310431 0,35676 0,257334 a1 = 5 Tii 0,196 0,157238 0,257334 a2 = 0 t2: 0,114284 -0,033472 0,257334

U: 3,0331 3,02358 3,02571

Sonstige Parameter: L = '0, wo = wi = w2 = Í, Ro = 5, r = 0.

sie sich in den Abschnitten 2.1 und 2.2.1 findet. Als Beleg können schon die angeführten Beispiele des linearen Ausgabensystems dienen; man kann aber vermuten, daß sich ähnliche Ergebnisse auch für Modelle mit anderen Nut- zenfunktionen und längeren Zeithorizonten ableiten lassen, und daher von einer deutlichen Abschwächung der für Neutralität hinreichenden Bedin- gungen ausgehen. Damit wird vor allem der Einwand, Neutralität sei nur unter restriktiven Annahmen über die individuellen Präferenzen optimal, erheblich relativiert. Unter theoretischen Gesichtspunkten erlauben Zeitin- konsistenzüberlegungen daher auf jeden Fall eine wesentlich breitere Be- gründung für intertemporale Neutralität.

Für die Frage der intertemporalen Neutralität ist allerdings noch ein zweites Argument entscheidend: Solange man sich auf eine reine Optimal- steuerbetrachtung beschränkt und Zeitinkonsistenzprobleme ausblendet, ist ein neutrales Steuersystem im allgemeinen nicht optimal. Durch die Berücksichtigung der Effizienzverluste aus zeitlicher Inkonsistenz wird die-

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440 Bernd Huber

Tabelle 3 Wohlfahrtsvergleich zwischen zeitkonsistenter verzerrender und neutraler Be-

steuerung bei positivem Zinssatz

Parameter Optimale Zeitkonsistente Konstante Lösung Lösung Steuersätze

ao = 0 t0: 0,134385 0,134605 0,275213 a1 = 5 xx' 0,226234 0,021811 0,275213 a2 = 10 t2: 0,331195 0,470542 0,275213

U: 4,50179 4,48417 4,49489

ao = 4 t0: 0,253338 0,258907 0,26925 0^ = 5 T^ 0,269599 0,216753 0,26925 a2 = 6 t2: 0,28251 0,328335 0,26925

U: 4,14487 4,14363 4,14476

ao = 5 t0: 0,280582 0,280586 0,267805 a1 = 5 tx: 0,266584 0,266724 0,267805 a2 = 5 t2: 0,254418 0,254273 0,267805

U: 4,05398 4,05398 4,05390

ao = 10 t0: 0,317234 0,349354 0,260829 a1 = 5 xx: 0,190737 0,171382 0,260829 a2 = 0 t2: 0,115982 -0,014666 0,260829

U: 3,58521 3,57816 3,57740

Sonstige Parameter: L = 10, w0 = wx (1 + r)~ 1 = w2 (1 + r)~2 = 1, Ro = 5, r = 0,1.

ses Ergebnis grundsätzlich in Frage gestellt. Wie die numerischen Beispiele dieses Abschnitts zeigen, ist es ohne weiteres möglich, daß sich die Rang- folge von neutraler und nichtneutraler Besteuerung gegenüber der Optimal- steueranalyse umkehrt. Die allgemeine Beurteilung neutraler und verzer- render Steuersysteme ist daher grundsätzlich offen, wenn man das Problem zeitlicher Inkonsistenz einbezieht. Da ein allgemeiner Wohlfahrtsvergleich aufgrund der komplexen Modellstruktur ausgeschlossen ist und man nur auf numerische Beispiele zurückgreifen kann, ist diese Frage wohl auch kaum abschließend zu klären. In dieser Situation sprechen aber allein schon pragmatische Überlegungen dafür, eine neutrale Besteuerung als Mittelweg für die Gestaltung des Steuersystems zu wählen. Denn solange unklar ist, ob zukünftiger Konsum in einer Third-best-Lösung steuerlich gefördert, diskri- miniert oder neutral behandelt werden sollte, erscheint ein neutrales Steuer- system am ehesten als geeignet, die Abweichungen von einem unbekannten Third-best-Optimum zu minimieren.

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 441

Denkt man an das Patentbeispiel von Kydland/Prescott, erscheint eine neutrale Besteuerung auch deswegen angezeigt, um möglicherweise sehr krasse Wohlfahrtsverluste aus zeitlicher Inkonsistenz auf jeden Fall auszu- schließen. Umgekehrt erscheint es dagegen wenig wahrscheinlich, daß der Verzicht auf eine zeitlich konsistente verzerrende Besteuerung ähnlich gra- vierende Wohlfahrtskonsequenzen hervorrufen würde. Die numerischen Ergebnisse dieses Abschnittes bestätigen diese Vermutung. So entstehen jeweils bei den ersten Parameterkonstellationen in den Tabellen 2 und 3 durch den Übergang auf eine neutrale Besteuerung erhebliche Nutzenge- winne, während in den Fällen, in denen eine verzerrende eine neutrale Be- steuerung dominiert, die Einführung konstanter Steuersätze nur mit relativ niedrigen Nutzenverlusten verbunden ist10.

Zusammenfassend sprechen daher sowohl die theoretischen als auch die pragmatischen Implikationen dieses Teils für eine intertemporal neutrale Besteuerung.

3. Intertemporal neutrale Steuersysteme - Ein Überblick

3.1. Konsum- und Arbeitseinkommens teuer als Grundformen intertemporal neutraler Besteuerung

Aufgabe des ersten Teils war es, eine theoretische Begründung für eine intertemporal neutrale Besteuerung zu entwickeln. Im folgenden geht es nun um die Frage, wie sich ein neutrales Steuersystem ausgestalten läßt. Bei den in der Literatur vorgetragenen Reformvorschlägen kann man drei Kon- zeptionen für eine neutrale Besteuerung von Kapitaleinkommen unter- scheiden, wobei innerhalb dieser Ansätze teilweise wiederum zwischen ver- schiedenen Reformvarianten zu differenzieren ist. In diesem Abschnitt wird zunächst die grundsätzliche Gestaltung eines neutralen Steuersystems dis- kutiert; im folgenden wird dann auf die einzelnen Reformkonzepte der Kapitaleinkommensbesteuerung eingegangen.

10 Natürlich läßt der Vergleich ordinaler Nutzenziffern nur bedingt Rückschlüsse über die Größenordnung der Wohlfahrtseffekte zu. Anhand der unverzerrten Preisrelationen kann man aber leicht ein Maß für die Wohlfahrtsgewinne bzw. -Verluste entwickeln. Für die erste Parameterkonstellation in Tabelle 3 ermittelt man dabei für die zeitlich konsi- stente Lösung einen Wohlfahrtsverlust der Besteuerung von 0,1 1 1 19 (in Einheiten Gegen- wartskonsum) und für die neutrale Besteuerung von 0,08959. Durch den Übergang auf konstante Steuersätze läßt sich also ein Wohlfahrtsgewinn von 0,0216 realisieren und damit die Excess burden des Steuersystems um 19,5% reduzieren. Bei der letzten Parame- terkonstellation in Tabelle 3 beträgt die Excess burden der zeitlich konsistenten Lösung 0,068502 und der neutralen Besteuerung 0,069792. Der Verzicht auf eine verzerrende Besteuerung bedeutet damit nur einen Wohlfahrtsverlust von 0,00129 und damit eine Erhöhung der Excess burden von weniger als 2%.

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442 Bernd Huber

Im ersten Teil wurde als eine einfache Variante intertemporal neutraler Besteuerung eine Konsumsteuer mit einheitlichem Steuersatz t eingeführt. Neutralität stellt sich auch ein, wenn statt einer Konsumbesteuerung eine auschließliche Besteuerung von Arbeitseinkünften mit dem Steuersatz s vorgenommen wird. Dies wird deutlich, wenn man noch einmal das in Abschnitt 2.1 vorgestellte Modell eines repräsentativen Akteurs betrachtet. Seine Vermögensrestriktion ist bei Erhebung einer Arbeitseinkommen- steuer durch (17) gegeben:

(17) ¿C,(l+r)-<= £(l-s)w,L,(l+r)-' i = 0 i = 0

Offensichtlich ist eine Besteuerung von Arbeitseinkünften einer einheitli- chen Konsumbesteuerung, für die die Bedingung (1 - s) = (1+t)~1 gilt, ökonomisch äquivalent (vgl. Atkinson/Stiglitz, 1980, S. 70-72). Daher muß auch eine Arbeitseinkommensteuer in intertemporaler Hinsicht Neutralität gewährleisten, was sich mit einer formalen Analyse unmittelbar bestätigen läßt.

Diese ökonomische Äquivalenz von Konsum- und Arbeitseinkommen- steuer ist schon seit längerem bekannt; ihre Implikationen werden jedoch in vielen Beiträgen immer noch übersehen. So wird oftmals behauptet, eine Konsumsteuer weise gegenüber einer Einkommensteuer eine regressive Wirkung auf, weil sie die Spartätigkeit nicht belaste und so tendenziell die Bezieher hoher Einkommen, die eine hohe Sparquote aufweisen, begün- stige. Tatsächlich bewirken aber Sparaktivitäten nur eine Steuerstundung bis zu der Periode, in der der Sparbetrag und die aufgelaufenen Zinsen konsumiert werden (vgl. dazu z.B. auch die Klarstellung bei Sinn, 1985, S. 244-247). Insgesamt stimmt, wenn (1 - s) = (1 + t)"1, der Barwert der Konsumsteuereinnahmen mit dem der Einnahmen der Arbeitseinkommen- steuer überein, und eine spezielle regressive Wirkung der Konsumsteuer tritt nicht auf. Konsumsteuer und Arbeitseinkommensteuer unterscheiden sich daher nur durch den zeitlichen Anfall der Steuereinnahmen, der durch Spar- und Entsparaktivitäten entsteht, aber auf einem vollkommenen Kapital- markt irrelevant ist.

Schon die Existenz von Erbschaften stellt allerdings diese Äquivalenz in Frage. Eine reine Arbeitseinkommensteuer beeinflußt nicht die Grenzbe- dingung für das optimale Erbschaftsverhalten und stellt damit Neutralität bezüglich der intergenerationellen Transferentscheidung her, was üblicher- weise als Bestandteil eines intertemporal neutralen Steuersystems angese- hen wird. Ob eine einer solchen Arbeitseinkommensteuer äquivalente Kon- sumsteuer die Erhebung einer Erbschaftsteuer erforderlich macht, hängt von der Form der intergenerationellen Nutzenverbindung ab: Wenn in die Nutzenfunktion des Erblassers nur die Höhe der Erbschaft eingeht, müssen

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 443

Erbschaften steuerlich als Konsum behandelt und dementsprechend besteu- ert werden, um Neutralität bei Erbschaftsentscheidungen zu gewährlei- sten11. Bezieht der Erblasser hingegen die Nutzenfunktion des Erben in seine Nutzenfunktion ein, wie z. B. in dem bekannten Aufsatz von Barro (1974) zur Staatsschuldneutralität, dürfen Erbschaften nicht besteuert wer- den12. Für die Konstruktion eines intertemporal neutralen Steuersystems weist die Konsumsteuer damit eine Schwäche auf: Es ist schon theoretisch unklar, ob eine Erbschaftsteuer einen Bestandteil des Steuersystems bilden muß oder nicht. Da sich über die in der Realität existierenden Formen intergenerationeller Nutzenbeziehungen bestenfalls Plausibilitätsüberle- gungen anstellen lassen, ist in diesem Punkt die Neutralitätseigenschaft eines Konsumsteuersystems in Frage gestellt.

Die gravierendsten Unterschiede zwischen den beiden Besteuerungsva- rianten ergeben sich aber, wenn man nun die steuerliche Behandlung von Realinvestitionen näher untersucht. In den bisherigen Überlegungen wurde implizit unterstellt, daß sich alle Anlagen des Akteurs mit dem Zinssatz r, der Grenzproduktivität des Kapitals, verzinsen und daher immer einen Kapitalwert von Null generieren. Diese Annahme ist für Kapitalmarktanla- gen sicherlich zutreffend; bei Realinvestitionen gilt sie aber regelmäßig nur für die Grenzinvestition, also für die letzte investierte Einheit Realkapital. Für das gesamtwirtschaftliche Investitionsvolumen bzw. den Kapitalstock ist dagegen zu erwarten, daß seine interne Verzinsung den Marktzinssatz r übersteigt und sein Kapitalwert größer als Null ist13. Der Kapitalwert K eines repräsentativen Investitionsprojektes bzw. der Marktwert einer reprä- sentativen Unternehmung ergibt sich vor Berücksichtigung von Steuern als

11 Gibt HT die Erbschaft in Periode T an, lautet die Nutzenfunktion allgemein U = (7(C0, . . . , Cr, L - Lo, ...,L - Lr, HT). Erbschaften lassen sich hier als eine spezielle Form von Konsum interpretieren und sind steuerlich entsprechend als Konsum zu behan- deln.

12 Die Nutzenfunktion ist jetzt gegeben durch U = U (Co ,...) + a W ( ), wobei a einen Diskontierungsfaktor und W die indirekte Nutzenfunktion des Erben angibt. In einer Welt ohne Steuern lautet die Optimierungsbedingung für strikt positive Erbschaften: olS W/ÒHt = UCT. Wenn ein Erbe mit der direkten Nutzenfunktion Û erstmals in Peri- ode T konsumiert, ergibt sich ö W/Ô HT= ÛCT und damit die folgende Marginalbedin- gung für unverzerrte Erbschaftsentscheidungen: a ÛCT = UCT . Wird nun eine Konsum- steuer, aber keine Erbschaftsteuer erhoben, ermittelt man a ô W/ô HT= UCT/(' + t) als Grenzbedingung für den Erblasser und ô W/ô HT= ÛCT/(' + t) als Grenznutzen des Einkommens für den Erben. Eine zusätzliche Erbschaftsteuer bewirkt nun eine Verzer- rung der intergenerativen Transferentscheidungen. Die Grenzbedingung des Erblassers lautet dann insgesamt: a ÛCT/{1 + t) = UCT.

Dies gilt allerdings nicht, wenn man wie in der Wachstumstheorie linear homogene Produktionsfunktionen unterstellt.

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444 Bernd Huber

der Barwert seiner Einzahlungsüberschüsse Et:

(18) K=ÍEt('+ryt t = 0

Der Kapitalwert läßt sich dabei auf einem vollkommenen Kapitalmarkt unmittelbar als die Vermögenserhöhung interpretieren, die der Akteur bei der Durchführung des Projektes erfährt. Gemäß dem Fisherschen Separa- tionstheorem maximiert eine optimale Investitionspolitik den in (18) ange- gebenen Kapitalwert und investiert in dieses Projekt so lange, bis der Kapi- talwert der Grenzinvestition Null wird bzw. die Grenzproduktivität des Kapitals, die marginale interne Verzinsung, dem Marktzins r entspricht. Aufgrund des Separationstheorems lassen sich zudem die Investitionsent- scheidungen unabhängig vom sonstigen Verhalten des Akteurs als separates Vermögensmaximierungskalkül analysieren, dessen Ergebnis dem Akteur als Vermögenserhöhung zufließt und über das er im Rahmen seiner Kapital- marktanlagen disponieren kann. Wie in den meisten Beiträgen zum Thema wird auch hier von vermögensmaximierendem Investitionsverhalten ausge- gangen, so daß K den Kapitalwert bei einer optimalen Investitionspolitik angibt. Dabei lassen sich positive Kapitalwerte analog zur statischen mikro- ökonomischen Theorie als intramarginale Renten interpretieren, die durch die intramarginalen Investitionsvorhaben eines Akteurs bzw. einer Unter- nehmung entstehen.

Wenn dem Akteur direkt oder indirekt über eine Unternehmung eine solche intramarginale Rente in Form eines positiven Kapitalwertes zufließt, ändert sich bei Erhebung einer Konsumsteuer seine Vermögensrestriktion zu:

(19) £ (1 + t)C,(1 + r)-f = K + £ wtLt (1 + r)-f i = 0 i = 0

Die Konsumsteuer belastet den Kapitalwert aus den Investitionen des Ak- teurs mit dem Steuersatz t/(1 + t), während eine Arbeitseinkommensteuer den Kapitalwert steuerlich nicht erfaßt. Zwar garantieren beide Besteu- erungsvarianten intertemporale Neutralität, doch wäre hier die Konsum- steuer eindeutig vorzuziehen, weil sie das gleiche Steueraufkommen wie die Arbeitseinkommensteuer mit einem niedrigeren Steuersatz erzielen kann und so die Verzerrungswirkung bei der Arbeits-Freizeit-Entscheidung abzu- mildern vermag. Die in den letzten Jahren vorgetragenen Reformkonzepte halten nun allerdings eine direkte Konsumbesteuerung für nicht durchführ- bar und schlagen statt dessen eine Arbeitseinkommensteuer vor, die mit einer Besteuerung von Investitionserträgen verbunden wird, die einerseits intertemporale Neutralität gewährleisten, andererseits aber die angeführten Nachteile einer ausschließlichen Besteuerung von Arbeitseinkünften ver-

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 445

meiden soll. Im folgenden Abschnitt sollen nun diese Vorschläge zu einer ergänzenden Besteuerung von Investitionen untersucht werden.

3.2. Varianten einer intertemporal neutralen Besteuerung von Kapitaleinkommen

3.2.1. Das Cash-flow-System

Allen im folgenden vorgestellten Reformvorschlägen ist gemeinsam, daß Arbeitseinkünfte zum einheitlichen Satz s besteuert werden. Die einfachste Form einer ergänzenden Besteuerung von Investitionserträgen besteht nun darin, den Kapitalwert mit dem Steuersatz s zu belasten und damit unmittel- bar die Äquivalenz mit einer Konsumsteuer wiederherzustellen. Dieser Be- steuerungsvorschlag, der auch griffig als Cash-flow-Steuer bezeichnet wird, geht auf Brown (1948) und Musgrave (1959) zurück und ist in jüngerer Zeit von Kay/King (1986) und in einer noch zu besprechenden Variante vom Meade Committee (1978) vertreten worden14. Die Cash-flow-Steuer liegt auch der „Business Tax" des Hall-Rabushka-Plans (1983; vgl. Bradford, 1986, S. 76-82) zugrunde. Die Vermögensrestriktion des Akteurs lautet dann:

(20) £ C,(l +r)-< = (1 -s)K+ £ (1 -s)w,L,(l +r)"' i = 0 i = 0

Die Besteuerung des Kapitalwertes läßt sich dabei praktisch so durchführen, daß die Einzahlungsüberschüsse des Investitionsprojektes linear um den An- teil s gekürzt werden. Der für die Investitionsentscheidungen relevante Kapi- talwert nach Steuern Ks ergibt sich dann als:

(21) Ks=í(í -s)Et(í +r)-< f = 0

Entscheidend für intertemporale Neutralität ist nun, wie die Besteuerung das optimale Investitionsverhalten verändert. Wie (21) unmittelbar zeigt, hat die Cash-flow-Steuer bei gegebenem Marktzinssatz r keinerlei Einfluß auf die optimale Investitionsentscheidung. Ähnlich wie eine Gewinnsteuer im stati- schen Modell führt sie nur zu einer proportionalen Verkürzung aller Zahlun- gen und läßt die Grenzbedingung für das optimale Investitionsvolumen unbe- rührt. Im Optimum entspricht daher die Grenzproduktivität des Kapitals dem Marktzins r und damit der Zeitpräferenzrate, so daß insgesamt intertem- porale Neutralität gewährleistet ist.

Eine Ausgestaltung der Kapitaleinkommensbesteuerung im Sinne der Cash-flow-Steuer würde bedeuten, daß Unternehmen für ihre Investitionen eine Sofortabschreibung vornehmen können und die späteren Zahlungsüber- schüsse zum Satz s versteuern müssen. Unterschiedliche Auffassungen beste-

14 Einen Überblick findet man bei King (1987).

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446 Bernd Huber

hen in der Literatur allerdings dahingehend, wie die steuerliche Abgrenzung des Begriffs Zahlungsüberschüsse erfolgen soll. In der ursprünglichen Version von Brown und Musgrave, der sich Kay/King anschließen, werden nur die Einzahlungsüberschüsse aus dem Investitionsprogramm Et steuerlich berück- sichtigt, während sämtliche Finanzierungsaktivitäten des Unternehmens nicht in die Bemessungsgrundlage eingehen, also weder Steuerzahlungen noch Steuerentlastungen induzieren. Finanzierungsaktivitäten bedeuten in diesem Zusammenhang, daß die Unternehmung Kredite aufnimmt oder ver- gibt und dadurch den Anfall der Zahlungen zeitlich verlagert, die dem Akteur aus dem Investitionsprojekt bzw. der Unternehmung zufließen. Wenn man mit Dt die Kreditaufnahme in Periode t bezeichnet, läßt sich der Kapitalwert nach Steuern in dieser Version dann schreiben als

Ks= Í((í-s)Et + Dt-(í+r)Dt.1)(í+r)-t9 í = 0

wobei D_1 = 0. Da der Barwert der Kreditaufnahme und -tilgung Null ist, fällt diese Gleichung mit Gleichung (21) zusammen.

Das gleiche Bild stellt sich ein, wenn man die zweite Variante der Cash- flow-Steuer analysiert, die das Meade-Komitee vorgeschlagen hat: Sie sieht ausschließlich eine Besteuerung der Nettozahlungen vor, die der Akteur empfangt, und stellt daher konzeptionell eine Ausschüttungsteuer dar, bei der allerdings auch negative Ausschüttungen, also Einlagen, steuerlich berück- sichtigt werden. In diesem Fall ergibt sich die folgende Gleichung für Ks, die wiederum mit (21) ökonomisch äquivalent ist:

Ks= £ (1 -*)(£, + D.-il+rJD,.!) (1+r)-' * = o

Beide Varianten der Cash-flow-Steuer sind in dieser Modellwelt äquivalent und stellen eine intertemporal neutrale Besteuerung sicher.

Intertemporale Neutralität bleibt auch gewahrt, wenn im Rahmen eines Cash-flow-Systems eine Besteuerung von Zinseinkünften eingeführt wird, bei der empfangene Zinsen steuerpflichtig und gezahlte Zinsen steuerlich abzugs- fahig sind. Eine Zinsbesteuerung mit symmetrischer Behandlung von Gläubi- ger- und Schuldnerpositionen hat zur Folge, daß bei den intertemporalen Entscheidungen des privaten Sektors mit dem Nettozinssatz gerechnet wird. Im Gleichgewicht stimmen daher einerseits die Zeitpräferenzraten der Ak- teure, andererseits die Grenzproduktivität des Kapitals mit dem Nettozins- satz überein, so daß die intertemporale Neutralität des Steuersystems sichergestellt ist. Dies wird auch deutlich, wenn man die Bedingungen für optimale Spar- und Konsumentscheidungen des individuellen Nutzenmaxi- mierungskalküls und den für Investitionsentscheidungen relevanten Kapital- wert nach Steuern betrachtet.

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 447

Sie sind in (22) und (23) angegeben, wobei r den Bruttokapitalmarktzins angibt. Wie (22) zeigt, orientieren sich die Konsumenten bei ihren Konsum- Spar-Entscheidungen jetzt am Nettozins; gemäß (23) sind alle Investitions- projekte profitabel, deren interner Zinssatz größer als der Nettozinssatz r (1 - s) des Marktes ist. In einem Optimum paßt daher eine vermögensmaxi- mierende Investitionspolitik die Grenzproduktivität des Kapitals - die margi- nale interne Zinsrate des Kapitalstocks - an den Nettozinssatz an.

(22) ßtUCt/UC0 = ('+r('-sTt

(23) Ks= £(l-s)£,(l+r(l-S))-< i = 0

Allerdings hat die Besteuerung von Zinseinkünften Konsequenzen für die Gestaltung der Bemessungsgrundlage der Cash-flow-Steuer. Für die beiden zuvor vorgestellten Varianten geben jetzt die Gleichungen (24) und (25) die Kapitalwerte nach Steuern an, wobei zur besseren Illustration nur zwei Peri- oden betrachtet werden.

m k..(1_s)£o+d,+«ä<i±p ,25, K-,(.-»)(E, + P0) + ('-i)1%-;r>D0)

In beiden Fällen reduziert eine Kreditaufnahme den Kapitalwert, während eine Kreditvergabe vermögenserhöhend wirkt. Damit geben beide Versio- nen der Cash-flow-Steuer den Akteuren Anreize, ihre gesamten Kapital- marktanlagen steuerbegünstigt durch Unternehmen zu halten. Ein solches Verhalten führt nicht nur zu einer indeterminierten Finanzierungsstruktur (vgl. Sinn, 1985, S. 125-129), sondern gefährdet auch die intertemporale Neutralität des Steuersystems, weil private Anleger wegen dieser Steuerver- meidungsmöglichkeiten ihre Zeitpräferenzraten an den Bruttozins anpas- sen, während private Schuldner und Unternehmen weiterhin mit dem Net- tozins rechnen. Diese Probleme lassen sich nur durch eine Anpasung der Bemessungsgrundlage der Cash-flow-Steuer vermeiden, bei der Zinszahlun- gen steuerlich erfaßt werden, die Kreditsumme jedoch unberücksichtigt bleibt. Der Kapitalwert nach Steuern bei einer so modifizierten Cash-flow- Steuer lautet:

(26) Ks = ¿ ((1 - s)(Et - rDt.J + Dt - Dt_,) (1 + r(l - s))"' i = 0

In diesem Fall ist der Barwert aller Kreditaktivitäten null, und Gleichung (26) läßt sich unmittelbar in Gleichung (23) überführen, so daß nach einer solchen Modifikation der Bemessungsgrundlage die Cash-flow-Steuer auch

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448 Bernd Huber

bei einer Zinsbesteuerung weiterhin intertemporale Neutralität gewährlei- stet.

Es ist zu beachten, daß sich dieses Neutralitätsergebnis nur auf die Erfül- lung einer bestimmten Effizienzbedingung bezieht, aber nichts darüber aus- sagt, wie die Zinsbesteuerung Spartätigkeit und Investitionen beeinflußt. Man kann zwar nachweisen (vgl. Wenger, 1986, S. 141-143), daß in einer geschlossenen Volkswirtschaft die Besteuerung von Zinseinkünften die Res- sourcenallokation nicht beeinflußt, also irrelevant ist; dies ist aber für die Neutralitätseigenschaft zunächst einmal unerheblich. Denn auch in einer offenen Volkswirtschaft, in der die Zinsbesteuerung sehr wohl reale Effekte haben kann, ist im Inland die Bedingung Zeitpräferenzrate gleich Grenz- produktivität des Kapitals im Inland erfüllt15.

3.2.2. Der Reformvorschlag von Sinn

Die zuletzt diskutierte Variante der Cash-flow-Steuer ist von Sinn (1985, S. 300-308) wesentlich verfeinert und zu einem eigenständigen Reformvor- schlag ausgebaut worden. Seine Diskussion kann dabei unmittelbar an Gleichung (24) anknüpfen. Auch die Sinnsche Besteuerungskonzeption geht von einer Sofortabschreibung und einer Besteuerung von Zinseinkünften aus, der auf Unternehmensebene durch eine Abzugsfähigkeit von Zinszah- lungen Rechnung getragen wird. Allerdings interpretiert Sinn abweichend von der Cash-flow-Steuer den Steuersatz s als einen einheitlichen Steuersatz auf Zinseinkünfte und den (einbehaltenen) Gewinn Et - rDt_1 der Unter- nehmung in Periode t. Als weiteres Reformelement schlägt nun Sinn vor, zusätzlich noch eine Steuer auf die periodischen Ausschüttungen (1 - 5) (Et - r Dt _ i) + Dt - Dt_ ! der Unternehmung zu erheben. Bezeichnet sA den Steuersatz dieser Ausschüttungsteuer, ergibt sich der Kapitalwert nach Steuern im Sinnschen Reformkonzept als16:

(27) Ks = £ (1 - sA)((l - s)(Et - rDt.J + Dt- D^Ui + r(l - s))"' i = O

Auch ohne formalen Nachweis ist unmittelbar einleuchtend, daß die zusätz- liche Ausschüttungsbelastung das Investitionskalkül nicht beeinflußt und

15 Es können allerdings auf internationaler Ebene intertemporale Tausch- und Pro- duktionseffizienzbedingungen verletzt sein.

10 In der Notation von Sinn ist dabei (1 - sA) = 6J0e und (1 - s) = 0e. Gleichung (19) weicht insoweit von seinem Reformkonzept ab, als auch negative Ausschüttungen, also Einlagen, steuerlich berücksichtigt werden, was bei Sinn nur in der Variante C seines Vorschlages (mit sA - 0) vorgesehen ist. Dieser Unterschied erweist sich allerdings als unproblematisch, weil selbst bei einer fehlenden steuerlichen Abzugsfähigkeit von Einla- gen in seinem Reformkonzept die Ausschüttungsbelastung nicht die Investitionsentschei- dung beeinflußt (vgl. Sinn, 1985, S. 305-308).

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 449

dementsprechend wie bei der modifizierten Version der Cash-flow-Steuer in Gleichung (26) insgesamt intertemporale Neutralität gesichert ist17.

Die Besteuerungskonzeption von Sinn weist einen wichtigen, aber auch problematischen Vorzug auf: Durch den Einbau einer zusätzlichen Aus- schüttungsteuer erzielt der Fiskus ohne weitere Excess burden Mehreinnah- men, die er bei gegebenen Staatsausgaben zu einer Senkung von s und damit zu einem prinzipiell erwünschten Abbau der Verzerrung der Arbeits-Frei- zeit-Entscheidung einsetzen kann. Dieser positive Wohlfahrtseffekt beruht darauf, daß der Kapitalwert eine intramarginale Rente darstellt, deren ver- stärkte Besteuerung keine Effizienzkosten verursacht. Derselbe Effekt läßt sich auch im einfachen Cash-flow-Steuersystem erreichen, wenn man die Äquivalenz mit einer Konsumsteuer aufgibt und in Gleichung (20) den Kapitalwert mit einem höheren Steuersatz als Arbeitseinkünfte belegt. In beiden Fällen wird eine unter Effizienzaspekten optimierende Steuerpolitik die Besteuerung des Kapitalwertes knapp unter der Hundert-Prozent- Marke ansetzen, um das fiskalische Ziel der Besteuerung soweit wie möglich zu Effizienzkosten von Null zu erfüllen.

Nichtsteuerliche Überlegungen wie die Frage der Kapitalmarktkontrolle von Unternehmen 18, aber auch das Ansteigen von Steuerhinterziehungsak- tivitäten dürften zwar in praxi die Verwirklichung einer annähernd hundert- prozentigen Besteuerung verhindern; man muß sich aber klarmachen, daß eine Abkehr von einer einheitlichen Besteuerung von Arbeits- und Kapital- einkünften die Gefahr der zeitlichen Inkonsistenz der Steuerpolitik in sich birgt. Soweit nämlich beide Einkunftsarten unterschiedlich besteuert wer- den können und die gegenwärtig optimale Belastung des Kapitalwertes unter 100% liegt, bestehen für die Steuerpolitik in den zukünftigen Perioden immer Anreize, die Besteuerung des Kapitalwertes (vor allem auch bereits getätigter Investitionen) nachträglich hochzuschrauben, um so die Effi- zienzkosten des Steuersystems zu senken. Solche nachträglichen Steuerer- höhungen treten auf, wenn die Restriktionen, die ursprünglich eine höhere Besteuerung verhindern, sich im Zeitablauf abschwächen und dadurch Raum schaffen für das Anziehen der Steuerschraube. Eine solche Entwick- lung erscheint durchaus plausibel: Beispielsweise dürften Steuerhinterzie- hungsargumente vor allem im Hinblick auf Neuinvestitionen zu niedrigeren Steuersätzen führen, während der existierende Kapitalstock einer verstärk- ten Besteuerung kaum ausweichen könnte. Nun ist von der Einführung eines intertemporal neutralen Steuersystems kurzfristig eine verstärkte In-

17 Diese einfache Begründung für die Neutralität seines Reform Vorschlages unter- scheidet sich von der Argumentation von Sinn, die sich auf ein komplexes Investitions- und Finanzplanungskalkül der Unternehmung stützt.

10 Die Frage der Kapitalmarktkontrolle betont vor allem Wenger (1989).

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vestitionstätigkeit zu erwarten. Nach ihrem Abschluß bestünde damit die Möglichkeit einer verstärkten Kapitalwertbesteuerung, deren negative Konsequenzen nur noch ein vermindertes Volumen von Neuinvestitionen betrifft. Ganz allgemein muß man damit rechnen, daß der Staat versuchen wird, sich einen höheren Anteil der Erträge des bereits gebildeten Kapital- stocks anzueignen und so die Excess burden des Steuersystems abzumil- dern. Die möglichen negativen Konsequenzen einer solchen Politik fallen um so weniger ins Gewicht, je größer der Kapitalstock relativ zu den Neuin- vestitionen in der Volkswirtschaft ist.

Selbst wenn der Spielraum für solche Steueränderungen in der Realität eingeschränkt ist und sie auch nur in größeren Zeitabständen auftreten, haben sie doch Rückwirkungen auf das Investitionsverhalten, weil die Inve- storen sie zumindest teilweise antizipieren und in ihrem Investitionskalkül nicht länger von konstanten Steuersätzen in jeder Periode ausgehen. Unter- schiedliche Steuersätze gefährden aber im Regelfall die intertemporale Neu- tralität sowohl des Cash-flow-Steuersystems als auch die des Sinnschen Reformkonzepts 19. Ist dagegen die Besteuerung von Arbeits- und Kapital- einkünften aneinander gekoppelt, entfällt der Anreiz für eine verstärkte Kapitalwertbesteuerung. Diese Überlegungen weisen auf das zentrale Pro- blem der neueren Reformvorschläge hin: Soweit die Reformvorschläge eine einheitliche Besteuerung von Arbeits- und Kapitaleinkünften vorsehen, sind sie einer Konsumsteuer weitgehend äquivalent und unterscheiden sich nur noch durch erhebungstechnische Modalitäten. Besteht dagegen eine Diffe- renzierungsmöglichkeit, sind die Reformsysteme grundsätzlich überlegen, weil sie die Excess burden der Besteuerung reduzieren. Zugleich sind sie

19 Howitt/Sinn (1989) haben allerdings nachgewiesen, daß bei der einfachen Ausschüt- tungsteuer des Meade-Komitees unterschiedliche Steuersätze in den einzelnen Perioden und demzufolge auch Steuersatzänderungen keinen Einfluß auf die Investitionsentschei- dung haben. Zentrale Voraussetzung für diese Irrelevanz ist, daß eine flexible betriebliche Verschuldungspolitik zugelassen ist. Abgesehen von zusätzlicher Steuerarbitrage verla- gert dann nämlich eine optimale betriebliche Finanzplanung durch geeignete Verschul- dungsoperationen alle Ausschüttungen in die Periode mit dem niedrigsten Steuersatz, während die Zahlungen an die Eigner in allen anderen Perioden auf Null gesetzt werden. Die Maximierung des Barwerts dieser einmaligen Ausschüttung ist wiederum unabhängig von der Höhe der Steuersätze. Man kann aber drei wichtige Argumente gegen dieses Irrelevanztheorem anführen. Erstens können handelsrechtliche Bewertungs- und Aus- schüttungssperrvorschriften Irrelevanz verhindern. Zweitens beeinflussen unterschied- liche Steuersätze die Investitionsentscheidung, wenn Investitionen zumindest teilweise mit Eigenkapitaleinlagen der Eigentümer finanziert werden müssen. Wenn beispielsweise in einem Zwei-Perioden-Modell eine Ausschüttungsteuer erst in der zweiten Periode anfallt, betragen die Kapitalkosten für eine Investition mit einem Eigenkapitalanteil a an der Finanzierung a(l + r)/(l - sA) + (1 - a) (1 + r) * (1 + r). Schließlich kann man leicht nachweisen, daß in einer Welt mit Unsicherheit und unvollständigen Märkten Steuersatz- änderungen ebenfalls die Investitionsentscheidung beeinflussen.

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 451

aber auch der Gefahr der zeitlichen Inkonsistenz ausgesetzt, die ja, wie der erste Teil dieses Beitrages zeigte, gerade durch ein neutrales Steuersystem vermieden werden soll.

Ein naheliegender Ausweg aus diesem Dilemma besteht in einer Verfas- sungsvorschrift, die eine einheitliche Besteuerung von Arbeits- und Kapital- einkünften gesetzlich verankert. Die gesetzlich erzwungene Übereinstim- mung der Steuersätze für beide Einkunftsarten garantiert dabei die zeitliche Konsistenz und die dauerhafte intertemporale Neutralität des Steuersy- stems. Für die Cash-flow-Systeme hat eine solche Regel die Konsequenz, daß ihre Äquivalenz mit einer Konsumsteuer gesetzlich vorgeschrieben würde. Bei dem Reformkonzept von Sinn muß bei einer einheitlichen Be- steuerung sA mit s übereinstimmen, so daß es effektiv zu einer Doppelbe- steuerung des Kapitalwertes mit dem Steuersatz s kommt. Wiederum ent- spricht ein solches Steuersystem einer Konsumbesteuerung, die nun aller- dings um eine zusätzliche Ausschüttungsteuer mit dem Satz t/1 + t ergänzt wird. Damit würde dieses Reformkonzept auch bei einer solchen Beschrän- kung der Steuerpolitik eine zusätzliche Besteuerung intramarginaler Renten erlauben und wäre prinzipiell den Cash-flow-Systemen überlegen. Aller- dings wird dieser Effizienzgewinn um den Preis erkauft, daß vor allem Eigentümer kleinerer Firmen jetzt Anreize haben, Kapitaleinkünfte als (niedriger besteuerte) Arbeitseinkünfte auszuweisen oder sie durch über- höhte Zinszahlungen für Kredite der Gesellschafter der Ausschüttungsbela- stung zu entziehen. Um solche Steuervermeidungsaktivitäten zu verhin- dern, bedarf es eines Kontrollsystems, dessen Kosten den ursprünglichen Wohlfahrtsgewinn reduzieren und eventuell sogar übersteigen können. Im letzten Fall wäre der Verzicht auf die Doppelbesteuerung und damit der Übergang auf das Cash-flow-System optimal.

3.2.3. Die zinsbereinigte Gewinn- und Einkommensermittlung

Auch der dritte hier zu behandelnde Reformvorschlag, der von Wenger (1983, 1988; vgl. auch Boadway/Bruce, 1984) zur Diskussion gestellt wurde, gewährleistet nur bei einer einheitlichen Besteuerung von Arbeits- und Ka- pitaleinkünften die zeitliche Konsistenz der Steuerpolitik; selbst dann weist er aber immer noch einige interessante Unterschiede zur Konsumsteuer und zu den anderen Reformkonzepten auf, die eine nähere Betrachtung erfor- dern. Auch diese Reformvariante ist prinzipiell mit einer Zinsbesteuerung kompatibel, auf deren Berücksichtigung hier aber aus Raumgründen ver- zichtet wird.

Die Reformüberlegungen zielen hier allerdings weniger auf die Entwick- lung eines konkreten steuerlichen Reformvorschlages ab, sondern versu- chen vielmehr, die möglichen Ausgestaltungsformen eines intertemporal

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neutralen Steuersystems aufzuzeigen. Ausgangspunkt ist dabei die Überle- gung, daß die Steuerzahlung für ein Unternehmen oder eine Realinvestition in einer Periode üblicherweise nicht wie im Cash-flow-Steuersystem aus den Einzahlungsüberschüssen, sondern über eine steuerliche Gewinn- bzw. Ein- kommensermittlung bestimmt wird. Unabhängig von der noch zu klären- den Definition des Gewinns bzw. des Einkommens Gt einer Periode läßt sich der Kapitalwert nach Steuern in diesem Fall schreiben als:

(28) Ks= £(£,-sGt)(l+r)-< r = 0

Es ist unmittelbar einleuchtend, daß bestimmte Restriktionen für die steuer- liche Gewinnermittlung erforderlich sind, um die intertemporale Neutrali- tät einer Besteuerung gemäß Gleichung (28) sicherzustellen. Wenger (1983, 1988) schlägt als Restriktion vor, die Gewinnermittlung so zu gestalten, daß die Besteuerung effektiv in eine lineare Besteuerung des Kapitalwertes wie in Gleichung (21) einmündet. Dazu müßte der Barwert der Gewinne in Gleichung (28) mit dem Barwert der Einzahlungsüberschüsse übereinstim- men oder formelmäßig folgende Bedingung erfüllt sein:

(29) £ £,(l+rr=£G,(l+rr i = 0 i = 0

Eine Gewinndefinition mit dieser Eigenschaft ist durch das von Wenger vorgeschlagene Verfahren der zinsbereinigten Gewinn- oder Einkommens- ermittlung gegeben. Eine zinsbereinigte Gewinn- oder Einkommensermitt- lung gestattet die Verwendung eines beliebigen Abschreibungsverfahrens, verlangt aber eine Zinsbereinigung in dem Sinne, daß in jeder Periode die Zinsen auf den durch das gewählte Abschreibungsverfahren gegebenen An- fangsbuchwert gewinnmindernd zu verrechnen sind. Gibt Bt den Buchwert zu Anfang von Periode t an, errechnet sich der Periodengewinn demnach als Gt = Et + Bt+1 - (1 + r)Bt. Berücksichtigt man noch die sinnvolle Bedin- gung, daß der Buchwert vor Beginn (Bo) und nach Abschluß (BT+1) eines Investitionsprojektes null sein muß, kann man leicht zeigen, daß die in (29) angegebene Bedingung bei zinsbereinigter Gewinnermittlung tatsächlich erfüllt ist. Daneben ist allerdings noch die Behandlung von Kreditpositio- nen zu klären: Die steuerliche Erfassung von Finanzierungsaktivitäten muß genau wie im Cash-flow-Steuersystem in Abhängigkeit davon erfolgen, wie Zinseinkünfte steuerlich behandelt werden, wenn insgesamt eine intertem- poral neutrale Besteuerung zustande kommen soll.

Durch eine zinsbereinigte Gewinn- und Einkommensteuerermittlung ist es im Gegensatz zu den anderen Reform vorschlagen möglich, auf die even- tuell finanzpolitisch unerwünschte Sofortabschreibung zu verzichten und durch jedes beliebige andere Abschreibungsverfahren zu ersetzen. Die öko-

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 453

nomischen Wirkungen anderer Abschreibungsregeln werden durch die Zinsbereinigung in der Weise neutralisiert, daß der Barwert der Differenz zwischen Einzahlungsüberschüssen und Gewinnen immer Null ist. Daher braucht sich dieses Reformkonzept nicht auf ein bestimmtes Abschrei- bungsverfahren festzulegen, sondern kann sich auf die Forderung nach einer Zinsbereinigung - kombiniert mit einer korrekten Behandlung von Kredit- positionen - beschränken, um intertemporale Neutralität herzustellen. Das Abgehen von der Sofortabschreibung hat im wesentlichen nur Konsequen- zen für die zeitliche Verteilung der Steuerzahlungen, die unter den Prämis- sen eines vollkommenen Kapitalmarktes irrelevant ist, aber unter dem Ge- sichtspunkt der Steuerhinterziehung eventuell steuerpolitisch Bedeutung haben kann.

Das Hauptproblem dieses Reformvorschlages besteht darin, daß seine Neutralitätseigenschaften uneingeschränkt nur für den Fall der Sicherheit gelten. Betrachtet man dagegen den wohl realitätsnäheren Fall einer Mo- dellwelt mit Unsicherheit und unvollständigen Kapitalmärkten, führt eine zinsbereinigte Gewinnermittlung nur in einem reinen Zwei-Zeitpunkte- Modell zu intertemporaler Neutralität. Bei mehr als zwei Zeitpunkten ist für beliebige Abschreibungsverfahren diese Bedingung nur noch dann erfüllt, wenn entweder die zukünftigen Kapitalmarktzinsen sicher sind oder aber bestimmte Kovarianzterme null werden. Andernfalls kann man anhand einfacher Beispiele zeigen, daß nicht jede beliebige Abschreibungsregel in- tertemporale Neutralität gewährleistet 20. Für die beiden anderen Reform- konzepte erweist sich die Berücksichtigung von Unsicherheit dagegen als unproblematisch. Tatsächlich muß sich die zinsbereinigte Gewinnermitt- lung der Sofortabschreibungskomponente dieser Vorschläge weitgehend annähern, wenn ihre Neutralitätseigenschaften auch im Unsicherheitsfall erhalten bleiben sollen. Damit läuft aber diese Reformvariante im wesentli- chen auf eine Konsumsteuer hinaus und unterscheidet sich von ihr nur durch eine andere Erhebungstechnik.

3.2.4. Zusammenfassende Beurteilung der Reformvorschläge Bei der Konstruktion eines intertemporal neutralen Steuersystems bieten

sich zunächst eine ausschließliche Besteuerung von Arbeitseinkünften und 20 Ein einfaches Beispiel ist ein Drei-Zeitpunkte-Modell, in dem in den letzten beiden

Zeitpunkten 1 und 2 konsumiert wird. Wenn die Akteure bei ihren Investitionsentschei- dungen ihren Erwartungsnutzen maximieren, kann man zeigen, daß eine lineare Abschrei- bung der Investitionsausgaben auch bei einer Zinsbereinigung im Regelfall nicht zu intertemporaler Neutralität führt, wenn der Sicherheitszinssatz in der letzten Periode zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung noch nicht mit Sicherheit bekannt ist. Eine Aus- nahme stellt der (wenig wahrscheinliche) Fall dar, daß die Kovarianz zwischen dem Grenznutzen des Konsums im Zeitpunkt 2 und dem (unsicheren) zukünftigen Kapital- marktzins Null ist.

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eine Konsumsteuer als steuerpolitische Alternativen an. Soweit der Kapital- stock in der Volkswirtschaft intramarginale Renten abwirft, ist die Konsum- steuer dabei einer reinen Arbeitseinkommensteuer überlegen, weil sie diese Renten zu Effizienzkosten von Null steuerlich erfaßt und so die Excess burden des Steuersystems reduziert.

Der Grundgedanke der in den letzten Jähen entwickelten Reformvor- schläge besteht nun in einer Ergänzung der Arbeitseinkommensteuer durch eine intertemporal neutrale Besteuerung von Kapitaleinkünften. Gegen- über der Konsumsteuer weisen die Reformsysteme dabei auf den ersten Blick den Vorteil auf, daß sie bei unterschiedlichen Steuersätzen für Arbeits- und Kapitaleinkünfte eine noch stärkere Besteuerung intramarginaler Ren- ten gestatten und dadurch die Wohlfahrtskosten der Besteuerung weiter senken können. Eine genauere Betrachtung zeigt aber, daß dieser Vorteil nicht unbeschränkt genutzt werden kann, wenn man nicht die zeitliche Konsistenz und damit die dauerhafte intertemporale Neutralität der Steuer- politik gefährden will. Eine naheliegende Lösungsmöglichkeit für das Pro- blem der zeitlichen Inkonsistenz bildet eine Verfassungsvorschrift, die eine einheitliche Besteuerung von Arbeits- und Kapitaleinkünften gesetzlich ver- ankert. Für die Cash-flow-Systeme erzwingt eine solche Verfassungsregel die Äquivalenz mit der Konsumsteuer. Dies gilt auch für den Reform- vorschlag von Wenger, der allerdings eine andere zeitliche Verteilung der Steuereinnahmen realisieren kann. Nur bei dem Reformkonzept von Sinn kommt es wegen der Unterscheidung einbehaltener und ausgeschütteter Gewinne trotzdem zu einer Doppelbesteuerung intramarginaler Renten und damit gegenüber der Konsumsteuer zu einem Wohlfahrtsgewinn. Zu- gleich schafft aber die Doppelbesteuerung auch zusätzliche Anreize zur Steuervermeidung, deren Kosten diesen Wohlfahrtsgewinn eventuell über- steigen können.

Die Frage, welches der vorgestellten Steuersysteme am ehesten für eine praktische Umsetzung geeignet ist, kann hier nicht abschließend geklärt werden: Die zusätzliche Besteuerung intramarginaler Renten spricht für den Reformansatz von Sinn, bei dem andererseits aber die Konsequenzen zu- sätzlicher Steuervermeidungsaktivitäten zu berücksichtigen sind. Soweit die Steuerpolitik auf eine Doppelbesteuerung verzichtet und die Äquivalenz mit einer Konsumsteuer herstellt, liegt es nahe, die Besteuerung von Kapitalein- künften nach dem von Wenger vorgeschlagenen Verfahren der zinsbereinig- ten Einkommens- und Gewinnermittlung vorzunehmen. Allerdings kann man auch diesen Besteuerungsvorschlag nicht uneingeschränkt befürwor- ten, weil seine Neutralitätseigenschaft bei Unsicherheit und unvollständigen Märkten gefährdet ist.

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Besteuerung, intertemporale Neutralität und zeitliche Inkonsistenz 455

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Abstract The first part of the paper derives a welfare theoretic justification for intertemporal

neutrality of taxation. It is proved that non-neutral tax systems are, in general, subject to the problem of time inconsistency. Simulation results indicate that time consistent equilibria of non-neutral tax systems are often welfare inferior to a simple rule prescribing neutral taxation. These results lend additional theoretical support to the idea of intertem- poral neutrality. The second part of the paper critically reviews several proposals for neutral taxation.

Kurzfassung Im ersten Teil des Beitrages wird eine wohlfahrtstheoretische Begründung für ein

intertemporal neutrales Steuersystem entwickelt. Es wird gezeigt, daß eine nichtneutrale Besteuerung im allgemeinen zeitlich inkonsistent ist. Anhand von Simulationsergebnissen kann man nachweisen, daß die zeitkonsistente Gleichgewichtslösung eines nichtneutralen Steuersystems vielfach einer einfachen Regel, die eine neutrale Besteuerung vorschreibt, unterlegen ist. Aufgrund dieser Ergebnisse läßt sich eine theoretisch wesentlich breitere Rechtfertigung für ein intertemporal neutrales Steuersystem ableiten. Im zweiten Teil des Beitrages werden verschiedene Vorschläge zur Ausgestaltung eines neutralen Steuersy- stems untersucht.

Dr. Bernd Huber Bayerische Julius-Maximilians- Universität Würzburg Volkswirtschaftliches Institut Sanderring 2 W-8700 Würzburg Deutschland

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