Betriebliche Mitbestimmung bei EDV- und IT-Systemen Ein...

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  • Betriebliche Mitbestimmung bei EDV- und IT-Systemen Ein praktischer Leitfaden

    Inhaltsverzeichnis

    Axel Janssen, JES GmbH, Berlin 2007

    Vorbemerkungen ............................................................................................................1

    Abgrenzung Mitbestimmung andere Formen der Mitwirkung ..........................................1

    Mitbestimmung durch Betriebsvereinbarungen..................................................................1 Inhalt und Sinn der Mitbestimmung..............................................................................1 Zwingende Mitbestimmung..........................................................................................3 Freiwillige Mitbestimmung ...........................................................................................4 Grenzen der Mitbestimmung .......................................................................................5

    Einschrnkung des Mitbestimmungsrechts bei bestehenden Gesetzen oder Tarifvertrgen ....................5 Traifvorbehalt ...................................................................................................................................6 Schlechterstellung der Beschftigten...................................................................................................6 Arbeitsvertrag ...................................................................................................................................6

    Themen fr Betriebsvereinbarungen.............................................................................7 Zustandekommen von Betriebsvereinbarungen.............................................................8

    Formvorschriften...............................................................................................................................9 Gtliche Einigung ber eine Betriebsvereinbarung ..............................................................................9 Mglichkeiten zur Erzwingung von Betriebsvereinbarungen ...............................................................10

    Einigungsstelle ...........................................................................................................................11 Einstweilige Verfgung wegen Unterlassungsanspruchs................................................................12

    Nachtrgliche Mitbestimmung ......................................................................................................13 Informationspflichten des Arbeitgebers.......................................................................15

    Informationspflicht auf Grund von 80 Abs. 2 .................................................................................15 Informationspflicht auf Grund von 90 ...........................................................................................16

    Sachverstndige .......................................................................................................16 Sonderfall: Berater bei Betriebsnderungen......................................................................................18

    Zustndigkeit: Betriebsrat, Gesamt- oder Konzernbetriebsrat.......................................18 Originre Zustndigkeit beim Gesamt- oder Konzernbetriebsrat .......................................................18

    Nicht erfolgte Mitbestimmung trotz Zustndigkeit des Gesamtbetriebsrats .....................................19 Mandat an den Gesamt- oder Konzernbetriebsrat ............................................................................20

    Konstruktion und Struktur von Betriebsvereinbarungen ................................................20 Prambel .......................................................................................................................................21 Gegenstand ...................................................................................................................................21 Geltungsbereich .............................................................................................................................21 Geltungsdauer................................................................................................................................22 Begriffsbestimmungen.....................................................................................................................22 Inhaltliche Regelungen ....................................................................................................................22 Formulierungshinweise....................................................................................................................23 Schlussvorschriften ..........................................................................................................................23 Nennung von Gesetzen und Verweis auf Gesetze .............................................................................23

    Fehlerhafte Betriebsvereinbarungen ...........................................................................25 Formfehler .....................................................................................................................................25 Tarifvorbehalt .................................................................................................................................25 Nachteile fr die Beschftigten ........................................................................................................26 Ungltige Regelungen.....................................................................................................................26 Falsche Zustndigkeit ......................................................................................................................26

    Publizierung von Betriebsvereinbarungen ...................................................................26 Durchfhrung von Betriebsvereinbarungen.................................................................27 Beendigung von Betriebsvereinbarungen....................................................................27

    Nachwirkung von gekndigten Betriebsvereinbarungen ....................................................................27 Rahmen-Betriebsvereinbarungen ...............................................................................28

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    Gesamt- und Konzernbetriebsvereinbarungen ............................................................29 Verste gegen Betriebsvereinbarungen.....................................................................30 Alternative und provisorische Konstruktionen ..............................................................31

    Regelungsabrede, Protokollnotiz etc.................................................................................................31 Betriebliche bung .........................................................................................................................32

    Betriebsvereinbarungen zu den Themen Arbeitnehmerberwachung und Datenschutz ......33 Schutz der Persnlichkeitsrechte .................................................................................33 Technische Einrichtungen zur Arbeitnehmerberwachung............................................35

    Sachverhalt und Tatbestandsmerkmale des 87 Abs. 1 Nr. 6 ...........................................................35 Technische Einrichtung ...............................................................................................................35 Arbeitnehmer.............................................................................................................................36 Verhaltens- und Leistungskontrolle ..............................................................................................36 Bestimmung der technischen Einrichtung.....................................................................................36 Inhalt der Mitbestimmung...........................................................................................................38 Verbot heimlicher berwachung lt. Bildschirmarbeitsverordnung ..................................................40 Zeitpunkt der Mitbestimmung .....................................................................................................40

    Informationspflichten des Arbeitgebers ber Einfhrung und Anwendung technischer Einrichtungen zur Arbeitnehmerberwachung...................................................................................40

    Datenschutz..............................................................................................................41 Begriffe ..........................................................................................................................................41

    Personenbezogene Daten...........................................................................................................41 Verantwortliche Stelle .................................................................................................................42 Besondere Arten von personenbezogenen Daten .........................................................................42

    Generalverbot mit Erlaubnisvorbehalt ..............................................................................................43 Erlaubnistatbestnde.......................................................................................................................43

    Einwilligung des Betroffenen .......................................................................................................43 Erlaubnis durch Rechtsvorschrift ..................................................................................................44 Erlaubnis durch das Bundesdatenschutzgesetz .............................................................................45

    Erfllung eines Vertragsverhltnisses ......................................................................................45 Speicherung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle ...........................46

    Weitere Vorschriften des BDSG........................................................................................................50 Gebot der Datenvermeidung und Datensparsamkeit....................................................................50 Gebot der Zweckbestimmung und der bestimmungsgemen Verwendung ..................................50 Gebot der Transparenz und der Erstellung eines Verfahrensverzeichnisses ....................................51

    Verarbeitung personenbezogener Daten im Auftrag .........................................................................53 Weitergabe von personenbezogene Daten .......................................................................................54

    Verantwortliche Stelle im Sinne des 3 Abs. 7 BDSG ................................................................54 Datenschutz bei Erhebung, Speicherung oder Verarbeitung der Daten im Ausland .............................55

    Anwendung des 11 BDSG .......................................................................................................55 Weitergabe von Daten an Dritte im Ausland................................................................................55 Was ist ein angemessenes Schutzniveau? .................................................................................56 bermittlung von personenbezogenen Daten trotz ungengendem Datenschutzniveau im Empfngerstaat .........................................................................................................................56 Sonderfall: Konzernmutter in den USA ........................................................................................57

    Datenschutzniveau in den USA...............................................................................................57 Das Safe-Harbour-Abkommen............................................................................................57

    Aufgaben des Betriebsrats im Zusammenhang mit dem Datenschutz .................................................58 Aufsichtspflichten .......................................................................................................................58 Informationspflichten des Arbeitgebers gegenber dem Betriebsrat...............................................58 Mitbestimmungspflichten ............................................................................................................59

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    Vorbemerkungen Wenn in diesem Text ein Paragraph ohne Nennung des Gesetzes erwhnt wird, handelt es sich um einen Paragraphen aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

    Sollte eine Berufs- oder Ttigkeitsbezeichnung oder Funktion nicht in geschlechtsneutraler Form genannt werden knnen, und wird nicht in jedem Fall die weibliche und mnnliche Form genannt, so handelt es sich keinesfalls um Diskriminierung eines Geschlechts. Viel-mehr wird mit solchen geschlechtsspezifischen Formulierungen i. d. R. Bezug auf das BetrVG oder andere Gesetze genommen, in denen normalerweise die mnnliche Form ver-wendet wird.

    Abgrenzung Mitbestimmung andere Formen der Mitwirkung Es gibt verschiedene Formen der Mitwirkung des Betriebsrats. Der Betriebsrat hat Auf-sichtspflichten, z. B. aus 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, er muss vom Arbeitgeber ber be-stimmte Sachverhalte informiert werden, z. B. auf Grund von 80 Abs. 2 oder 90 Abs. 1 BetrVG, er hat zu beantragen ( 80 Abs. 1 Nr. 2), zu frdern ( 80 Abs. 1 Nr. 2a, 2b und andere) oder hinzuwirken ( 80 Abs. 1 Nr. 2). Der Arbeitgeber muss mit dem Be-triebsrat verschiedene Sachverhalte beraten ( 90 Abs. 1), und der Betriebsrat kann Vor-schlge machen ( 82a Abs. 1) oder sogar etwas verlangen ( 93).

    Alle diese Arten der Beteiligung fhren aber letztlich nicht dazu, dass der Betriebsrat auch die Mglichkeit hat, etwas zu erzwingen. Seine Mitwirkungsmglichkeiten gehen nur so weit, wie der Arbeitgeber freiwillig bereit ist, auf die Vorschlge und Wnsche des Betriebs-rats einzugehen.

    Im brigen ist es dem Betriebsrat im BetrVG ausdrcklich untersagt, in die Geschftsfh-rung einzugreifen ( 77 Abs. 1). Das sog. Direktionsrecht liegt allein beim Arbeitgeber.

    Die einzige Form der Beteiligung, bei der ein Betriebsrat die Mglichkeit hat, etwas ggf. auch gegen den Willen des Arbeitgebers durchzusetzen, ist die der Mitbestimmung man spricht, um deutlich zu machen, dass der Betriebsrat eine bestimmte Regelung erzwingen kann, auch von zwingender Mitbestimmung.

    Das Betriebsverfassungsgesetz unterscheidet verschiedene Arten der Mitbestimmung. Der Betriebsrat kann, z. B. bei personellen Einzelmanahmen lt. 99, seine Zustimmung zu be-stimmten Manahmen des Arbeitgebers verweigern, was dazu fhrt, dass es dem Arbeitge-ber erheblich erschwert wird, diese Manahmen zu ergreifen.

    Um jedoch selbst gestaltend in betriebliche Ablufe einzugreifen (wenn auch nicht durch einseitige Handlungen s. 77 Abs. 1), kann der Betriebsrat nur das Mittel der zwingen-den Mitbestimmung einsetzen, indem er mit dem Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen ab-schliet, die den Arbeitgeber dazu zwingen, bestimmte Manahmen zu ergreifen, Verfahren einzuhalten etc.

    Mitbestimmung durch Betriebsvereinbarungen

    Inhalt und Sinn der Mitbestimmung

    Mitbestimmung durch den Betriebsrat dient verschiedenen Zwecken:

    Es gibt eine Reihe von Gesetzen und anderen Rechtsnormen, die den Beschf-tigten Rechte zubilligen, aber nicht konkret festlegen, wie diese Rechte im Ein-zelnen ausgestaltet sind. Der Arbeitgeber hat also einen Gestaltungsspielraum bei der Wahrnehmung seiner Pflichten gegenber den Beschftigten (Beispiel:

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    6 Bildschirmarbeitsverordnung [BildschirmarbV]. Dort heit es, dass der Ar-beitgeber eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermgens durch eine fachkundige Person in regelmigen Zeitabstnden anzubieten hat. Welche Art von Untersuchung angemessen ist, wodurch sich eine fachkundige Person auszeichnet und wie viel Zeit mit regelmigen Zeitab-stnden gemeint ist, ist dort jedoch nicht bestimmt. Weiteres Beispiel: Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz [GG]: Dort wird auch ein Arbeitgeber verpflichtet, die Be-schftigten nicht an der freien Entfaltung ihrer Persnlichkeit zu hindern. Was das im Einzelnen bedeutet, z. B. hinsichtlich einer Kleiderordnung, hinsichtlich des Verhaltens am Arbeitsplatz etc. steht dort natrlich nicht). Aufgabe der Mitbestimmung ist hier, dafr zu sorgen, dass die z. T. recht vagen und wenig konkreten gesetzlichen Bestimmungen fr den betrieblichen Alltag mit hand-festen, berprfbaren Regeln ausgestaltet werden.

    Wenn der Arbeitgeber freiwillige Leistungen erbringt, die u. U. durchaus in sei-nem Interesse liegen (z. B. ein betriebliches Vorschlagswesen einrichtet, Sozial-einrichtungen wie etwa eine Kantine betreibt, eine betriebliche Altersversor-gung einrichtet etc.), hat der Betriebsrat mitzubestimmen, wie diese Leistungen ausgestaltet werden, um z. B. Willkrmanahmen des Arbeitgebers oder eine andere Benachteiligung von Beschftigten zu verhindern.

    Arbeitgeber und Beschftigte haben jeweils wirtschaftliche Interessen. Diese Interessen sind teilweise kongruent, z. B. haben beide Seiten ein Interesse dar-an, dass das Unternehmen erfolgreich am Markt agiert und wirtschaftlich pros-periert. In welcher Form dieser Erfolg angestrebt und sichergestellt wird, kann aber durchaus umstritten sein. Zwar hat der Arbeitgeber das Direktionsrecht, z. B. allein darber zu entscheiden, welche Produkte wie produziert und ange-boten werden, welcher Mittel er sich dabei bedient etc. Sobald aber wesentliche Interessen der Beschftigten betroffen sind und mglicherweise in Widerspruch zu den Interessen des Arbeitgebers geraten, greift ein Mitbestimmungsrecht, das darauf abzielt, die Interessen der Beschftigten in angemessener Weise zu bercksichtigen (Wichtigstes Beispiel: 111 schreibt bei einer sog. Betriebs-nderung vor, den Betriebsrat zu beteiligen, weiteres Beispiel: 97 Abs. 2: Wenn der Arbeitgeber Manahmen ergreift, die dazu fhren, dass die Qualifi-kationsanforderungen an die Beschftigten sich ndern, kann der Betriebsrat die Durchfhrung von Bildungsmanahmen erzwingen).

    Die Beschftigten haben Rechte, die sich z. T. unmittelbar, z. T. mittelbar aus Gesetzen ergeben (Beispiel: Art. 2 Abs. 2 GG: Generell hat ein Beschftigter ein Grundrecht auf krperliche Unversehrtheit. In weiteren Schutzvorschrif-ten, etwa dem Arbeitsschutzgesetz, der BildschirmarbV etc. wird dieses Grund-recht durch einzelne Vorschriften konkretisiert, die es dem Arbeitgeber verbie-ten, Verhltnisse herbeizufhren oder zu dulden, die die krperliche Unver-sehrtheit von Beschftigten gefhrden). Diese Rechte aber im Betrieb gegen-ber dem Arbeitgeber auch durchzusetzen, ist den Beschftigten oft nicht mglich, z. T. weil sie diese Rechte nicht kennen, z. T. weil sie sich nicht in der Lage sehen, gegenber dem Arbeitgeber den Rechtsweg zu beschreiten. Der Betriebsrat hat zwar eine Aufsichtspflicht, die sich aus 80 Abs. 1 ergibt; diese Aufsichtspflicht erffnet dem Betriebsrat aber noch keine Mglichkeit, die Einhaltung der Schutzvorschriften auch zu erzwingen. Diese Mglichkeit ent-steht erst durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung, also durch die frm-liche Mitbestimmung, denn die Einhaltung einer Betriebsvereinbarung ist zwingend ( 77 Abs. 4), und gegen einen Versto gegen eine Betriebsvereinba-

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    rung durch den Arbeitgeber kann der Betriebsrat nach 23 Abs. 3 gerichtlich vorgehen. Insofern erffnet die Mitbestimmung also auch die Mglichkeit, die Einhaltung von Rechten der Beschftigten im Betrieb durch den Betriebsrat zu erzwingen.

    Zusammenfassend kann man sagen, dass es bei der Mitbestimmung generell nicht vorrangig um ein Recht des Betriebsrats geht, sondern ihr Zweck ist, dafr zu sorgen, dass Rechte, Ansprche und Interessen der Beschftigten im Betrieb richtig und angemessen umgesetzt bzw. vertreten werden.

    Insofern ist es dem Betriebsrat auch nicht allein berlassen, darber zu entscheiden, welche Mitbestimmungsaufgaben er wahrnimmt und welche nicht. In 87 Abs. 1 z. B. heit es Der Betriebsrat HAT [...] mitzubestimmen. Diese Formulierung deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber hier wenig Entscheidungsspielraum lsst: Wenn es in einem anderen Ge-setz, z. B. ber zu zahlende Steuern etwa heit Der Steuerpflichtige hat Steuern zu zah-len, dann will der Gesetzgeber damit ja nicht etwa sagen, dass der Steuerpflichtige Steuern zahlen darf, wenn er fr das Geld keine bessere Verwendung hat, sondern dass er unbedingt Steuern zahlen muss. Demnach ist auch die entsprechende Formulierung im BetrVG ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es sich hier nicht um ein Recht zur Mitbestimmung han-delt, das der Betriebsrat nach freiem Ermessen wahrnehmen oder vernachlssigen kann, sondern dass es die Pflicht eines Betriebsrats ist, seine Mitbestimmungsaufgaben im Inte-resse der von ihm vertretenen Beschftigten zu erfllen.

    Zwar ist der Betriebsrat in seiner Geschftsfhrung und der Wahrnehmung seiner Aufgaben frei, und ihm kann keine grobe Pflichtverletzung nachgewiesen werden ( 23 Abs. 1), wenn er einzelne Mitbestimmungsaufgaben vernachlssigt. Jedoch sollte jeder Betriebsrat sich darber klar sein, dass seine wichtigste Aufgabe darin besteht, die Interessen der von ihm vertretenen Beschftigten durchzusetzen.

    Zwingende Mitbestimmung

    Grundstzlich kann natrlich jeder Sachverhalt auf dem Wege der Mitbestimmung geregelt werden. Erzwingbar durch den Betriebsrat sind aber nur Sachverhalte, die sich auf Themen beziehen, die im BetrVG als zwingende Mitbestimmungstatbestnde gekennzeichnet sind. Die Formulierung in 87 Abs. 2:

    Kommt eine Einigung ber eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

    kennzeichnet die Erzwingbarkeit der Mitbestimmung. Entsprechende Formulierungen fin-den sich in folgenden weiteren Paragraphen des BetrVG:

    91: Versto gegen menschengerechte Gestaltung der Arbeit;

    94: Inhalt von Personalfragebogen, standardisierte Arbeitsvertrge, Aufstel-lung allgemeiner Beurteilungsgrundstze;

    95: Aufstellung und Inhalt von Richtlinien ber personelle Auswahl;

    97 Abs. 2: Durchfhrung von Manahmen zur Berufsbildung bei Einfhrung oder nderung von Arbeitsverfahren, Arbeitspltzen etc.;

    98: Durchfhrung von Manahmen der beruflichen Bildung durch den Ar-beitgeber;

    112: Interessenausgleich bei Betriebsnderung gem. 111.

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    All diese Paragraphen beschreiben also Tatbestnde zwingender Mitbestimmung, weil im Falle einer Nichteinigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ber den im jeweiligen Pa-ragraphen beschriebenen Sachverhalt eine Einigungsstelle angerufen werden kann, die dann anstelle der Betriebsparteien eine verbindliche Einigung herbeifhrt.

    Freiwillige Mitbestimmung

    ber die Sachverhalte hinaus, die Gegenstand zwingender Mitbestimmung sind, knnen weitere Regelungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat getroffen werden, die der Ar-beitgeber freiwillig eingeht. Das kann durchaus in seinem Interesse liegen, z. B. weil er im Gegenzug dafr etwas erhlt, was er sich wnscht, weil er damit Rechtssicherheit herstellt oder dergleichen.

    Fr (vom Arbeitgeber) freiwillig abgeschlossene Betriebsvereinbarungen gelten im Detail etwas andere Regeln. Insbesondere die Nachwirkung (s. Kapitel Nachwirkung von gekn-digten Betriebsvereinbarungen auf S. 27) fllt bei solchen Betriebsvereinbarungen weg, die nur Sachverhalte zum Inhalt haben, die Gegenstand freiwilliger Mitbestimmung sind.

    Ein Beispiel dafr, dass der Arbeitgeber durchaus daran interessiert sein kann, eine Be-triebsvereinbarung freiwillig abzuschlieen, ist der Datenschutz. Datenschutz an sich ist nicht Gegenstand der Mitbestimmung, denn er wird nirgendwo im BetrVG erwhnt. Indi-rekt hat der Betriebsrat zwar Mitbestimmungsmglichkeiten, etwa ber 87 Abs. 1 Nr. 6 oder ber 94 Abs. 1 BetrVG. Der Datenschutz an sich ist aber Gegenstand des Bundesda-tenschutzgesetzes (BDSG) und mithin bereits abschlieend geregelt der Arbeitgeber ist ohnehin verpflichtet, sich an das BDSG zu halten, und damit entzieht sich dieses Thema an sich der Mitbestimmung.

    In 4 BDSG heit es aber

    Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulssig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.

    Das bedeutet, dass der Arbeitgeber, wenn er personenbezogene Daten der Beschftigten verarbeiten oder nutzen mchte, dafr eine Rechtsgrundlage als Erlaubnis bentigt, z. B. die Zustimmung der Betroffenen. Da es in der Praxis aber kaum mglich ist, von jedem einzel-nen Betroffenen die Zustimmung einzuholen, zumal an diese Zustimmung wiederum gewis-se Anforderungen gestellt werden ( 4a BDSG), kommen als Rechtsgrundlage eigentlich nur eine Erlaubnis der Verarbeitung auf Grund des BDSG selbst oder auf Grund einer ande-ren Rechtsvorschrift in Frage.

    Das BDSG erlaubt in 28 Abs. 1 die Verarbeitung personenbezogener Daten in bestimm-ten Fllen:

    Das Erheben, Speichern, Verndern oder bermitteln personenbezogener Da-ten oder ihre Nutzung als Mittel fr die Erfllung eigener Geschftszwecke ist zulssig

    1. wenn es der Zweckbestimmung eines Vertragsverhltnisses oder vertrags-hnlichen Vertrauensverhltnisses mit dem Betroffenen dient,

    2. soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutz-wrdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung berwiegt [...]

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    Ob im Einzelfall aber die dort genannten Voraussetzungen erfllt sind, die es dem Arbeit-geber erlauben, auf Grund von 28 BDSG personenbezogene Daten der Beschftigten zu verarbeiten, kann durchaus fraglich sein,

    Sicherer ist es fr den Arbeitgeber hier, eine andere Rechtsvorschrift, wie sie in 4 als wei-tere mgliche Rechtsgrundlage fr die Verarbeitung personenbezogener Daten genannt ist, heranzuziehen. Solch eine Rechtsvorschrift kann ein Gesetz, eine Verordnung, aber auch ein Vertrag sein. Eine Betriebsvereinbarung ist solch ein Vertrag. Wenn also der Arbeitge-ber mit dem Betriebsrat eine (freiwillige) Betriebsvereinbarung abschliet, in der geregelt ist, dass, wie, zu welchem Zweck und in welchem Umfang personenbezogene Daten der Be-schftigten verarbeitet werden drfen, hat der Arbeitgeber damit fr sich selbst Rechtssi-cherheit geschaffen. Er hat hier also ein eigenes Interesse, eine Betriebsvereinbarung abzu-schlieen.

    Auch fr freiwillig abgeschlossene Betriebsvereinbarungen gelten verschiedene Einschrn-kungen, wie sie in einigen der folgenden Kapitel beschrieben sind: Der Tarifvorbehalt ist hier z. B. ebenso zu beachten wie die Regel, dass Arbeitnehmer durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung i. d. R. nicht schlechter gestellt werden drfen, als sie ohne die Be-triebsvereinbarung stnden.

    Grenzen der Mitbestimmung

    Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats werden einige Grenzen gesetzt. Es gilt das Prinzip, dass Betriebsvereinbarungen generell nicht gegen hherrangiges Recht verstoen drfen. Auch individuelle arbeitsrechtliche Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber begrenzen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat u. U.

    Einschrnkung des Mitbestimmungsrechts bei bestehenden Gesetzen oder Tarifvertr-gen

    Die Formulierung in 87 Abs. 1

    Der Betriebsrat hat, SOWEIT EINE GESETZLICHE ODER TARIFLICHE REGELUNG NICHT BESTEHT, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen [...]

    schrnkt das Mitbestimmungsrecht insofern ein, als der Betriebsrat kein Mitbestimmungs-recht geltend machen kann, wenn es bereits abschlieende andere Rechtsnormen gibt. Es kann sich dabei um Gesetze, um Tarifvertrge, aber auch um Vorschriften anderer Organe, etwa Unfallverhtungsvorschriften o. . handeln.

    Dort allerdings, wo zwar eine Rechtsvorschrift besteht, diese Rechtsvorschrift aber Gestal-tungsspielrume lsst (s. Beispiel oben: Bildschirmarbeitsverordnung), kommt der Mitbe-stimmung wieder die Aufgabe zu, diese Gestaltungsspielrume im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und notfalls wieder auf dem Wege der zwingenden Mitbe-stimmung zu fllen.

    Mglich ist auch, dass ein Arbeitgeber freiwillig bestimmte Regelungen mit einem Betriebs-rat eingeht, die die Umsetzung dieser Vorschriften im Betrieb bestimmen oder die Bestim-mungen zum Vorteil der Beschftigten verbessern, erzwingen lassen sich solche Regelungen jedoch nicht.

    Wenn eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird, die gegen Gesetze oder andere Rechtsnormen verstt, ist diese Betriebsvereinbarung nichtig und unwirksam.

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    Traifvorbehalt

    Weiter geht die Einschrnkung in 77 Abs. 3, wo es heit:

    Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag ge-regelt sind oder blicherweise geregelt werden, knnen nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergnzender Betriebsvereinbarungen ausdrcklich zulsst.

    Diese Regelung gilt unabhngig davon, ob der Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht. Al-lein der Umstand, dass ein Betrieb rumlich und fachlich von einem geltenden Tarifvertrag erfasst wird, begrndet, dass ber einen Sachverhalt, der in diesem Tarifvertrag geregelt ist, keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden kann. Der Gesetzgeber rumt hier also den Tarifparteien Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverband und Gewerkschaft(en) das Mo-nopol zur kollektivrechtlichen Gestaltung der Arbeitsbedingungen ein.

    Dieses Verbot geht insofern weiter, als es ja durchaus zulssig wre, eine Betriebsvereinba-rung z. B. zum Thema Datenschutz abzuschlieen, obwohl es bereits abschlieende ge-setzliche Regelungen zu diesem Thema gibt, solange diese Betriebsvereinbarung nicht gegen u. a. das Bundesdatenschutzgesetz verstt. Eine Betriebsvereinbarung ber die wchentli-che Arbeitszeit dagegen darf nicht abgeschlossen werden, weil dies ein Thema ist, das bli-cherweise durch einen Tarifvertrag geregelt wird.

    Erst dann, wenn diese Parteien dauerhaft (blicherweise) keinen Gebrauch von diesem Monopol machen, kann eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden. Das ist dann der Fall, wenn nicht nur kein Tarifvertrag besteht, sondern auch damit zu rechnen ist, dass kein Tarifvertrag abgeschlossen werden wird.

    Zulssig ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung auch dann, wenn im Tarifvertrag aus-drcklich zugelassen wird, dass ergnzende Betriebsvereinbarungen zu seinem Regelungs-gegenstand abgeschlossen werden. Man spricht hier von einer ffnungsklausel im Tarif-vertrag.

    Schlechterstellung der Beschftigten

    Natrlich ist es berhaupt nicht zulssig, durch eine Betriebsvereinbarung die Arbeitneh-mer ohne zwingende Notwendigkeit schlechter zu stellen, also sie von Gesetz, Tarifvertrag oder einer anderen Rechtsvorschrift her stehen. Also darf z. B. der Betriebsrat nicht in einer Betriebsvereinbarung das Recht des einzelnen auf Auskunft ber die ber ihn gespeicherten Daten ( 34 Bundesdatenschutzgesetz) auer Kraft setzen, er darf nicht durch Betriebsver-einbarung bestimmen, dass bestimmte Schutzvorschriften nicht oder nur eingeschrnkt an-gewandt werden etc.

    Nhere Informationen hierzu finden Sie unten im Kapitel Fehlerhafte Betriebsvereinba-rungen ab Seite 25.

    Arbeitsvertrag

    Gegenber dem Arbeitsvertrag ist eine Betriebsvereinbarung hherrangig. Im Zweifel gilt jedoch das Gnstigkeitsprinzip: Dort, wo eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung mit einer Regelung in einem Arbeitsvertrag konkurriert, gilt im Zweifel immer die fr den jeweiligen Arbeitnehmer gnstigere Regelung.

    Im Einzelfall drfe es allerdings hufig schwer fallen, zu beurteilen, ob eine einzelvertragli-che Regelung wirklich vorteilhafter ist als die Regelung in einer Betriebsvereinbarung.

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    Themen fr Betriebsvereinbarungen

    Die Vorschriften, aus denen sich Betriebsvereinbarungen erzwingen lassen, wurden bereits genannt:

    87 Abs. 1 Nr. 1: Ordnung im Betrieb und Verhalten der Arbeitnehmer im Be-trieb;

    87 Abs. 1 Nr. 2: Beginn und Ende der tglichen Arbeitszeit einschlielich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;

    87 Abs. 1 Nr. 3: vorbergehende Verkrzung oder Verlngerung der be-triebsblichen Arbeitszeit;

    87 Abs. 1 Nr. 4: Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;

    87 Abs. 1 Nr. 5: Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundstze und eines Ur-laubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs fr einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeit-nehmern kein Einverstndnis erzielt wird;

    87 Abs. 1 Nr. 6: Einfhrung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu berwachen;

    87 Abs. 1 Nr. 7: Regelungen ber die Verhtung von Arbeitsunfllen und Be-rufskrankheiten sowie ber den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzli-chen Vorschriften oder der Unfallverhtungsvorschriften;

    87 Abs. 1 Nr. 8: Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtun-gen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Kon-zern beschrnkt ist;

    87 Abs. 1 Nr. 9: Zuweisung und Kndigung von Wohnrumen, die den Ar-beitnehmern mit Rcksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhltnisses vermie-tet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;

    87 Abs. 1 Nr. 10: Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundstzen und die Einfhrung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren nderung;

    87 Abs. 1 Nr. 11: Festsetzung der Akkord- und Prmienstze und vergleich-barer leistungsbezogener Entgelte, einschlielich der Geldfaktoren;

    87 Abs. 1 Nr. 12: Grundstze ber das betriebliche Vorschlagswesen;

    87 Abs. 1 Nr. 13: Grundstze ber die Durchfhrung von Gruppenarbeit;

    91: Angemessene Manahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Aus-gleich einer besonderen Belastung der Arbeitnehmer durch nderungen der Arbeitspltze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die den gesicher-ten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen ber die menschengerechte Gestal-tung der Arbeit offensichtlich widersprechen;

    94 Abs. 1: Inhalt von Personalfragebogen;

    94 Abs. 2: standardisierte Arbeitsvertrge, Aufstellung allgemeiner Beurtei-lungsgrundstze;

    95 Abs. 1: Aufstellung und Inhalt von Richtlinien ber personelle Auswahl;

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    95 Abs. 2: Erzwingung der Aufstellung von Richtlinien ber personelle Aus-wahl in Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern;

    97 Abs. 2: Erzwingung der Durchfhrung von Manahmen zur betrieblichen Berufsbildung bei Einfhrung oder nderung von technische Anlagen, Ar-beitsverfahren und Arbeitsablufen oder Arbeitspltzen, wenn die beruflichen Kenntnisse und Fhigkeiten der Arbeitnehmer zur Erfllung ihrer Aufgaben nicht mehr ausreichen;

    98 Abs. 1: Durchfhrung von Manahmen der beruflichen Bildung durch den Arbeitgeber

    98 Abs. 2: Widerruf der Bestellung oder Abberufung einer mit der Durchfh-rung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person;

    98 Abs. 3: Teilnahme von Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern des Betriebs an Manahmen der beruflichen Bildung;

    112: Interessenausgleich bei Betriebsnderung gem. 111.

    Weiter unten werden einige der Mitbestimmungstatbestnde einzeln erlutert und Beispiele fr Betriebsvereinbarungen vorgestellt.

    Darber hinaus kann wie bereits erwhnt ber nahezu jedes Thema, ber das sich Betriebs-rat und Arbeitgeber einig sind oder werden, eine freiwillige Betriebsvereinbarung abge-schlossen werden. 88 hebt hier besonders folgende Tatbestnde hervor:

    zustzliche Manahmen zur Verhtung von Arbeitsunfllen und Gesundheits-schdigungen;

    Manahmen des betrieblichen Umweltschutzes;

    die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Be-trieb, das Unternehmen oder den Konzern beschrnkt ist;

    Manahmen zur Frderung der Vermgensbildung;

    Manahmen zur Integration auslndischer Arbeitnehmer sowie zur Bekmp-fung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb.

    Diese Liste ist jedoch nur als Anregung, nicht als abschlieende Auflistung mglicher The-men zu verstehen. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Sachverhalte, die lt. BetrVG Gegens-tand freiwilliger Betriebsvereinbarungen sein knnen:

    38 Abs. 1: Freistellung von Betriebsratsmitgliedern

    47 Abs. 4: Mitgliederzahl im Gesamtbetriebsrat

    76 Abs. 1 Einrichtung einer stndigen Einigungsstelle

    86: Ergnzende Vereinbarungen ber Einzelheiten zum Beschwerdeverfahren

    93: Ausschreibung von Arbeitspltzen

    102 Abs. 6: Zustimmung bei Kndigungen

    Zustandekommen von Betriebsvereinbarungen

    Eine Betriebsvereinbarung ist nach weithin herrschender Meinung im Prinzip ein Vertrag im Sinne brgerlichen Rechts, der zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber abge-schlossen wird, und aus dem unmittelbar Rechte und Pflichten fr Arbeitgeber, Arbeit-nehmer und den Betriebsrat entstehen knnen.

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    Wenn nach Ablauf der Wahlperiode ein neuer Betriebsrat eingesetzt wird, gilt der Vertrag weiter, weil er nicht zwischen den Personen, sondern zwischen den Gremien abgeschlossen wird, unabhngig davon, wie diese Gremien jeweils besetzt sind.

    Sollte jedoch aus irgendwelchen Grnden kein Betriebsrat mehr bestehen, werden auch die Vertrge hinfllig, weil es an einer Vertragspartei fehlt. Sollte spter ein neuer Betriebsrat gewhlt werden, muss er also alle Betriebsvereinbarungen neu abschlieen.

    Formvorschriften

    Im Unterschied zu einem einfachen zivilrechtlichen Vertrag mssen bei einer Betriebsver-einbarung besondere Formvorschriften eingehalten werden.

    77 Abs. 2 schreibt vor, dass Betriebsvereinbarungen schriftlich niederzulegen sind. Im Falle einer Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind sie von jeweils einer vertre-tungsberechtigten Person beim Betriebsrat i. d. R. der bzw. die Betriebsratsvorsitzende zu unterschreiben. Der Betriebsrat muss einen Beschluss fassen, mit dem er die/den Be-triebsratsvorsitzende(n) ermchtigt, stellvertretend fr den Betriebsrat die Betriebsverein-barung zu unterschreiben.

    Die Unterschrift durch die beiden Parteien kann entfallen, wenn die Betriebsvereinbarung durch den Spruch einer Einigungsstelle entstanden ist. In dem Fall wird ihre Gltigkeit durch das Protokoll, das die bzw. der Einigungsstellenvorsitzende erstellt, besttigt.

    Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass eine Betriebsvereinbarung mit dem Titel Betriebs-vereinbarung berschrieben ist. Fr die Gltigkeit ist es aber notwendig, dass sich beide Parteien darber im Klaren sind, dass sie im Begriff sind, eine Betriebsvereinbarung abzu-schlieen.

    Am Rande sei bemerkt, dass die Formulierung in 77 Abs. 2 vom Betriebsrat und Arbeit-geber gemeinsam zu beschlieen schlicht falsch ist. Einen gemeinsamen Beschluss von Be-triebsrat und Arbeitgeber gibt es nicht. Richtig ist vielmehr, dass Arbeitgeber und Betriebs-rat parallel bereinstimmende Willenserklrungen abgeben, wobei die Willenserklrung zu-mindest des Betriebsrats durch einen Beschluss entsteht.

    Gtliche Einigung ber eine Betriebsvereinbarung

    Wenn ein Betriebsrat der Meinung ist, eine Betriebsvereinbarung abschlieen zu wollen o-der zu mssen, muss er hierber einen ordentlichen Beschluss fassen, dessen Zustande-kommen in den 29, 33 und 34 beschreiben ist. Das bedeutet:

    Die/der Betriebsratsvorsitzende nennt den Gegenstand der Betriebsvereinba-rung in der Tagesordnung, die er der Einladung beifgt ( 29 Abs. 2).

    Es wird mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder ( 33 Abs. 1) des be-schlussfhigen Gremiums (also unter Beteiligung von mehr als der Hlfte der Betriebsratsmitglieder bzw. stellvertretenden Ersatzmitglieder) ( 33 Abs. 2) beschlossen, eine Betriebsvereinbarung abschlieen zu wollen.

    Es kann ein Auftrag an einen Ausschuss ergehen, den Inhalt der Betriebsver-einbarung vorzubereiten und zu verhandeln auch darber sollte ein ordentli-cher Beschluss gefasst werden, der jedoch Teil des ersten Beschlusses sein kann:

    Der Betriebsrat beschliet, unter Berufung auf xx Abs. yy BetrVG den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema zz anzustreben. Er beauftragt den Aus-schuss abc damit, die Betriebsvereinbarung auszuarbeiten und Verhandlungen mit dem Arbeitgeber aufzunehmen. ber den letztendlichen Wortlaut der Be-triebsvereinbarung wird ein gesonderter Beschluss im Betriebsrat gefasst. Der Be-

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    triebsrat fordert den Arbeitgeber auf, Verhandlungen mit dem hier benannten Aus-schuss aufzunehmen und bis sptestens zum (tt.mm.jjjj) eine Einigung herbeizufh-ren.

    Der Beschluss bzw. die Beschlsse werden im Sitzungsprotokoll ordentlich do-kumentiert ( 34 Abs. 1).

    Der Arbeitgeber wird ber den Beschluss informiert.

    Es empfiehlt sich aus Grnden der Verhandlungsstrategie, bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber aufgefordert wird, Verhandlungen aufzunehmen, sptestens aber eini-ge Tage spter, einen Entwurf fr die Betriebsvereinbarung zu prsentieren.

    Sollte es bei den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zu einer Einigung ber den Inhalt der Betriebsvereinbarung kommen, muss erneut ein ordentlicher Beschluss ber den Inhalt und Abschluss der Betriebsvereinbarung, die das Ergebnis der Verhandlung darstellt, geschlos-sen werden. Dieser Beschluss ist die Willenserklrung des Betriebsrats, aus der dann zu-sammen mit der bereinstimmender Willenserklrung des Arbeitgebers der Vertrag Be-triebsvereinbarung entsteht.

    Nur dadurch und nicht z. B. durch die eigenmchtige Unterschrift des Betriebsratsvorsit-zenden kommt eine Betriebsvereinbarung ordentlich zustande. Es ist also unbedingt not-wendig, einen frmlichen und nicht womglich wegen eines Formfehlers anfechtbaren Be-schluss des Betriebsrats ber die Zustimmung zur Betriebsvereinbarung zu fassen.

    Die/der Betriebsratsvorsitzende ldt zu einer Betriebsratssitzung ein und nennt in der mit der Einladung verteilten Tagesordnung als Tagesordnungspunkt den Beschluss ber die Betriebsvereinbarung und ihren Gegenstand. Es ist nicht notwendig, die zu beschlieende Betriebsvereinbarung mit zu verteilen, hier gengt ein Hinweis, dass sie beim Betriebsrat eingesehen werden kann.

    Auf der Sitzung wird ein ordentlicher Beschluss (s. o.) ber den Abschluss der Betriebsvereinbarung gefasst:

    Der Betriebsrat erklrt sich mit der Betriebsvereinbarung zum Thema zz in der Fassung vom [tt.mm.jjjj] einverstanden. Die/der Betriebsratsvorsitzende [oder bei Bedarf auch eine andere Person] wird ermchtigt, die Betriebsvereinbarung im Namen des Betriebsrats abzuschlieen.

    Natrlich muss der Beschluss korrekt ins Protokoll aufgenommen werden.

    Die Betriebsvereinbarung wird schriftlich ausgefertigt und von einer vertre-tungsberechtigten Person des Arbeitgebers sowie von der Person unterschrie-ben, die im Beschluss dazu ermchtigt wurde. Damit ist die Betriebsvereinba-rung ab sofort oder ab dem Datum, das in der Betriebsvereinbarung genannt wurde, gltig.

    Mglichkeiten zur Erzwingung von Betriebsvereinbarungen

    Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitgeber sich gegen den Abschluss einer Betriebs-vereinbarung strubt. Hier gilt es, zunchst sorgfltig zu prfen, ob es sich um einen Sach-verhalt zwingender Mitbestimmung handelt (s. o.). Ist dies der Fall oder berwiegt die Vermutung, dass dies der Fall ist, hat der Betriebsrat eine Reihe von Mglichkeiten, den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu erzwingen.

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    Einigungsstelle

    Der ordentliche Weg, um den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu erzwingen, ist der Weg, die Einigungsstelle anzurufen. Das Einigungsstellenverfahren ist im 76 beschrieben:

    Jede der beiden Parteien kann feststellen, dass eine Einigung nicht zustande kommt und das Einigungsstellenverfahren in Gang setzen.

    Eine Einigungsstelle besteht lt. 76 Abs. 2 Satz 1 aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die jeweils vom Betriebsrat und Arbeitgeber bestellt werden, sowie einem neutralen Vorsitzenden.

    Betriebsrat und Arbeitgeber mssen sich zunchst intern darber einigen, wie gro die Zahl der Beisitzer sein soll. blich sind in Einigungsstellen ber Be-triebsvereinbarungen zwei oder drei Beisitzer pro Partei, bei wichtigen oder komplizierten Sachverhalten gelegentlich auch vier oder mehr. Sollte eine Eini-gung ber die Anzahl der Besitzer nicht mglich sein, entscheidet das zustndi-ge Arbeitsgericht darber ( 76 Abs. 2 Satz 2).

    Betriebsrat und Arbeitgeber mssen sich auch ber die Person des Vorsitzen-den einig werden. blicherweise, aber nicht zwingend handelt es sich hier um einen Arbeitsrichter. Meistens macht die Partei, die das Einigungsstellenverfah-ren in Gang setzt, einen Vorschlag. Kommt es hierber zu keiner Einigung, so entscheidet ebenfalls das zustndige Arbeitsgericht ( 76 Abs. 2 Satz 3).

    Das weitere Verfahren liegt in der Hand des Vorsitzenden. Er bestimmt einen mglichst kurzfristigen Termin fr eine erste Sitzung ( 76 Abs. 3 Satz 1).

    Bei dieser Sitzung wird nach mndlicher Verhandlung eine erste Abstimmung vorgenommen, bei der der Vorsitzende sich der Stimme enthlt ( 76 Abs. 3 Satz 2 und 3).

    Sollte es (was oft der Fall ist) zu keiner Mehrheit kommen, weil die Beisitzer einer Partei jeweils einheitlich abstimmen, wird erneut beraten, und es kommt zu einer zweiten Abstimmung. An dieser zweiten Abstimmung beteiligt sich der Vorsitzende mit einfacher Stimme, so dass es mit groer Wahrscheinlich-keit zu einer Mehrheit kommen wird ( 76 Abs. 3 Satz 3).

    Sptestens durch die zweite Abstimmung kommt es zu einem Beschluss, der vom Vorsitzenden schriftlich ausgefertigt wird ( 76 Abs. 3 Satz 4) und fr beide Seiten verbindlich ist.

    Es ist unbedingt empfehlenswert, sich bei einem Einigungsstellenverfahren von einem im kollektiven Arbeitsrecht versierten Rechtsanwalt untersttzen zu lassen, um Formfehler zu vermeiden.

    Gegen das Ergebnis der Einigungsstelle kann jede der beiden Parteien innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses beim Arbeitsgericht einwenden, dass die Eini-gungsstelle die Grenzen ihres Ermessens berschritten habe ( 76 Abs. 5 Satz 4).

    Das kann z. B. dann der Fall sein, wenn die Einigungsstelle eine Betriebsvereinbarung ber einen Tatbestand nach 87 Abs. 1 beschlossen hat, der Arbeitgeber aber der Meinung ist, dass der Sachverhalt schon durch ein Gesetz abschlieend geregelt sei. Auch wenn der Ar-beitgeber der Meinung ist, dass die Betriebsvereinbarung, die auf Grund der Einigungsstelle zustande kam, die Belange des Betriebes nicht in angemessener Weise bercksichtige, knn-te er einen entsprechenden Antrag beim Arbeitsgericht stellen.

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    Einstweilige Verfgung wegen Unterlassungsanspruchs

    Hat der Arbeitgeber vollendete Tatsachen geschaffen bzw. steht er im Begriff, dies zu tun, so kann der Betriebsrat unabhngig vom Einigungsstellenverfahren versuchen, einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen, um den Arbeitgeber daran zu hindern, unter Missachtung des Mitbestimmungsrechtes Manahmen vorzunehmen bzw. aufrecht zu er-halten.

    Das Mitbestimmungsrecht ist ein Rechtsanspruch des Betriebsrats, der durch nichts aufge-hoben oder auer Kraft gesetzt werden kann. Wenn der Arbeitgeber diesen Rechtsanspruch missachtet, indem er z. B. eine Kleiderordnung vorschreibt ( 87 Abs. 1 Nr. 1), eine neue Telefonanlage in Betrieb nimmt ( 87 Abs. 1 Nr. 6) oder eine Befragung der Arbeitnehmer z. B. in Form von Fragebogen, die an alle verteilt werden, vornimmt ( 94 Abs. 1), ohne je-weils vorher dem Betriebsrat die Gelegenheit zu geben, sein Mitbestimmungsrecht wahrzu-nehmen, hat der Betriebsrat einen Rechtsanspruch darauf, dass der Arbeitgeber diese Ma-nahme unterlsst.

    Diesen Unterlassungsanspruch kann der Betriebsrat einerseits durch ein Beschlussverfahren gem. 23 Abs. 3 BetrVG durchsetzen. Dabei muss der Arbeitgeber noch nicht einmal einen groben Versto gegen das BetrVG begangen haben, wie es in 23 Abs. 3 BetrVG heit. Der Unterlassungsanspruch und damit die Mglichkeit, diesen Anspruch durchzusetzen, be-steht unabhngig von den Voraussetzungen, die in 23 Abs. 3 BetrVG genannt sind.

    Weil solche Angelegenheiten meistens eilig sind, kann der Betriebsrat diesen Rechtsan-spruch auf Unterlassung notfalls sogar durch eine einstweilige Verfgung beim Arbeitsge-richt erzwingen. Es mssen aber einige Voraussetzungen erfllt sein, damit ein Antrag auf eine einstweilige Verfgung Aussicht auf Erfolg hat:

    Es muss sich um eine Manahme handeln, die tatschlich eine neue Situation schafft: Wenn der Arbeitgeber z. B. eine vorhandene und bereits eingesetzte Software durch eine neuere Version ersetzen will, die keine erhebliche Erweite-rung z. B. der berwachungsmglichkeiten mit sich bringt, werden die meisten Arbeitsgerichte dem Antrag nicht stattgeben besonders dann, wenn fr die bestehende Software bereits eine Betriebsvereinbarung besteht. Auf gar keinen Fall hat ein Antrag auf einstweilige Verfgung dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Betriebsrat eine Situation bisher geduldet hat, nun aber schnellstmglich nachtrglich eine Betriebsvereinbarung erzwingen will dann wird das Arbeits-gericht mit ziemlicher Sicherheit auf das Einigungsstellenverfahren verweisen.

    Es muss ein erhebliches Recht der Beschftigten gefhrdet sein. Wenn z. B. der Arbeitgeber mit dem Personalfragebogen ( 94 Abs. 1) nur ermitteln mchte, ob die Anzahl der Fahrrad-Einstellpltze ausreicht, wird das Mittel der einst-weiligen Verfgung von den meisten Arbeitsgerichten als unangemessene Ein-schrnkung der unternehmerischen Freiheit angesehen werden.

    Das Verhltnis zwischen der durch die Manahme des Arbeitgebers drohenden Einschrnkung des Rechtes der Beschftigten und dem drohenden Nachteil fr den Arbeitgeber durch Erlass der einstweiligen Verfgung muss den Erlass rechtfertigen: Wenn z. B. der Betrieb durch die einstweilige Verfgung stillge-legt wrde, dass in einem Call-Center eine neue Telefonanlage die alte (wo-mglich defekte) Anlage nicht ersetzen darf, werden viele Arbeitsgerichte dem Antrag nicht stattgeben.

    Die einstweilige Verfgung muss wirklich die einzige Mglichkeit sein, eine drohende Einschrnkung von Rechten der Beschftigten zu verhindern. Wenn z. B. in einem Betrieb bereits eine Rahmen-Betriebsvereinbarung ber EDV-

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    und IT-Systeme besteht, in der generell verboten wird, das Verhalten oder die Leistung von Beschftigten zu berwachen, und der Arbeitgeber ein E-Learning-System einfhren mchte, dann ist dieses System selbst zwar wieder-um mitbestimmungspflichtig ( 87 Abs. 1 Nr. 6). Da aber die Persnlichkeits-rechte der Beschftigten bereits in ausreichendem Mae durch die bestehende Rahmen-Betriebsvereinbarung, die auch fr das E-Learning-System gilt, ge-schtzt sind, wre eine einstweilig Verfgung hier wohl nicht gerechtfertigt es sei denn, der Betriebsrat kann Argumente vorbringen, die es glaubhaft er-scheinen lassen, dass andere Rechte der Beschftigten bzw. andere Mitbestim-mungsrechte eklatant verletzt werden, z. B. weil das System sofort auch fr ei-ne interne Bewerberauswahl verwendet werden soll ( 95 Abs. 1) oder weil der Arbeitgeber mit der Einfhrung die Anweisung erteilt, nach der die Arbeit-nehmer mit diesem System sofort arbeiten mssen, und es sich um eine Ma-nahme zur beruflichen Bildung der Beschftigten handelt ( 98 Abs. 1).

    Wenn der Arbeitgeber schuldhaft seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, z. B. den Betriebsrat nicht seinen gesetzlichen Verpflichtungen entspre-chend rechtzeitig und umfassend informiert hat, wird der Betriebsrat sich bei der Begrndung der Dringlichkeit und damit Notwendigkeit einer einstweili-gen Verfgung leichter tun.

    Generell gilt fr einstweilige Verfgungen, dass ihr Erlass natrlich erheblich davon ab-hngt, welche Einstellung das zustndige Arbeitsgericht generell verfolgt, wie der Antrag formuliert und begrndet ist und wie die Parteien ggf. argumentieren. Auch hier sollte man sich unbedingt von einem betriebsverfassungsrechtlich versierten Rechtsanwalt vertreten lassen, wenn man glaubt, einen sofort erzwingbaren Unterlassungsanspruch geltend machen zu mssen.

    Sinnvoll kann es u. U. sein, mit der einstweiligen Verfgung nicht die Manahme selbst zu verbieten, sondern von Arbeitsgericht Auflagen erteilen zu lassen, etwa in der Form, dass dem Arbeitgeber zwar nicht verboten wird, z. B. eine bestimmte technische Einrichtung in Betrieb zu nehmen, ihm aber per einstweiliger Verfgung die Auflage gemacht wird, Daten ber das Verhalten oder die Leistung von Beschftigten so lange nicht verwenden zu drfen, bis es zum Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung gekommen ist.

    Nachtrgliche Mitbestimmung

    Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gelten immer und ununterbrochen. Wenn eine be-stimmte Manahme des Arbeitgebers bereits vor einiger Zeit stattgefunden hat, der Be-triebsrat aber seinerzeit sei es, weil er keine Notwendigkeit der Mitbestimmung erkannt hat, weil er vom Arbeitgeber ungengend informiert wurde oder aus anderen Grnden sein Mitbestimmungsrecht nicht ausgebt hat, dann kann er zu jedem beliebigen spteren Zeitpunkt, zu dem die Manahme noch gilt, seine Mitbestimmungsaufgaben wahrnehmen.

    Wenn also der Arbeitgeber z. B. bereits vor einiger Zeit eine Kleiderordnung erlassen hat ( 87 Abs. 1 Nr. 1), und der Betriebsrat zu dem Zeitpunkt seine Mitbestimmungsaufgabe nicht wahrgenommen hat, dann kann er solange die Kleiderordnung noch gilt jederzeit spter verlangen, eine Betriebsvereinbarung ber das Thema abzuschlieen. Er wird natr-lich in dem Fall kaum die Mglichkeit haben, die Kleiderordnung nachtrglich durch eine einstweilige Verfgung verbieten zu lassen.

    Das Argument mancher Arbeitgeber, es handle sich hier doch um betriebliche bung und der Betriebsrat habe sein Mitbestimmungsrecht sozusagen verwirkt, weil er den Zu-stand stillschweigend akzeptiert habe, greift aus verschiedenen Grnden nicht:

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    Es geht bei der Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte ja nicht in erster Li-nie um ein Recht des Betriebsrat, sondern darum, Rechte der Beschftigten si-cherzustellen. Es kann nicht sein, dass diese Rechte der Beschftigten nur des-halb nicht mehr gelten sollen, weil der Betriebsrat aus welchem Grund auch immer in der Vergangenheit seine Aufgaben nicht korrekt wahrgenommen hat oder hat wahrnehmen knnen. Der Betriebsrat kann durch sein Handeln oder in diesem Fall Nichthandeln die Beschftigten nicht schlechter stellen, als sie von Gesetzes wegen stehen.

    Ein Zustand, der dem Gesetz widerspricht, wird wohl kaum dadurch besser, dass man ihn sozusagen zementiert. Mit dem gleichen Argument knnte sonst z. B. ein Steuerhinterzieher behaupten, der Anspruch des Staates auf seine Steuerzahlungen sei verwirkt, weil der Staat sich ja schon daran gewhnt habe, dass er keine Steuern zahle. Wie falsch es wre, einen Zustand zu dulden, der nicht mitbestimmt wurde, obwohl er an sich mitbestimmungspflichtig ist, er-kennt man auch an folgendem Beispiel: Angenommen, in einem Betrieb steht eine Maschine, die die unerfreuliche Eigenart hat, im Durchschnitt etwa einmal monatlich einem Beschftigten einen Arm abzutrennen. Wenn nun der Be-triebsrat mit Verweis auf sein Mitbestimmungsrecht nach 91 darauf besteht, unverzglich eine Regelung dahingehend zu treffen, diese Maschine auer Be-trieb zu setzen oder zumindest die von ihr ausgehende Gefahr zu beseitigen, wrde eine Argumentation des Arbeitgebers, die Beschftigten htten sich ja nun schon daran gewhnt, dass einmal monatlich einer von ihnen um einen Arm rmer nach Hause gehe, und es deshalb fr eine Mitbestimmung jetzt zu spt sei, ganz offensichtlich geradezu grotesk falsch sein.

    Vor allem aber: betriebliche bung bezeichnet einen Prozess, bei dem ar-beitsvertragliche Ansprche der Arbeitnehmer durch ein regelmig wiederhol-tes Vorgehen des Arbeitgebers entstehen. Wenn aus dem Verhalten des Arbeit-gebers geschlossen werden kann, dass der Arbeitgeber auch in Zukunft in glei-cher Weise verfahren will, und die Arbeitnehmer mit dieser Vorgehensweise einverstanden sind (bei einer fr die Arbeitnehmer vorteilhaften Regelung wird dies stets angenommen, es handelt sich um eine stillschweigende Annahme gem. 151 BGB), begrndet die betriebliche bung einen arbeitsvertraglichen Anspruch der Arbeitnehmer. Im umgekehrten Fall kann eine dauerhaft und wiederholt praktizierte Handlungsweise aber nicht als betriebliche bung in-terpretiert werden, die Nachteile fr die Arbeitnehmer begrndet, weil es dazu am Einverstndnis der Arbeitnehmer fehlt. Da es sich um einen mitbestim-mungspflichtigen Sachverhalt handelt, das Mitbestimmungsrecht jedoch nicht ausgebt wurde, kann man auch nicht davon ausgehen, dass die praktizierte Handlungsweise fr die Arbeitnehmer vorteilhaft ist. Die Voraussetzung fr eine stillschweigende Annahme durch die Arbeitnehmer gem. 151 BGB fehlt also.

    Was allerdings i. d. R. nicht mglich ist, ist, durch eine Betriebsvereinbarung nachtrglich schdliche Wirkungen der Manahme, ber die versptet eine Betriebsvereinbarung abge-schlossen wird, rckgngig zu machen. Wenn der Arbeitgeber z. B. in der Vergangenheit ei-nen Beschftigten mit der Begrndung entlassen hat, er habe privat das Internet genutzt, was lt. Anordnung verboten sei, und dies durch die Vorlage eines Nutzungsprotokolls be-weist, so wird diese Kndigung nicht dadurch nachtrglich unwirksam, dass spter eine Be-triebsvereinbarung abgeschlossen wird, die die Nutzung dieses Protokolls ( 87 Abs. 1 Nr. 6) verbietet.

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    Informationspflichten des Arbeitgebers

    Der Arbeitgeber hat auf Grund des BetrVG eine Reihe von Informationspflichten, denen er nachkommen muss.

    Informationspflicht auf Grund von 80 Abs. 2

    Zunchst muss er nach 80 Abs. 2 den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend und vor allem unaufgefordert von sich aus ber alles informieren, was der Betriebsrat zur Erfl-lung seiner Aufgaben bentigt. Das bedeutet z. B., dass der Arbeitgeber den Betriebsrat vorab ber Manahmen informieren muss, die mitbestimmungspflichtig sind.

    Sollte der Arbeitgeber sich nicht ganz sicher sein, ob eine Manahme mitbestimmungs-pflichtig ist oder nicht, muss er den Betriebsrat sicherheitshalber dennoch informieren. Ob Mitbestimmungspflichtigkeit vorliegt oder nicht, wird dann spter ggf. in einem Einigungs-stellenverfahren entschieden.

    Rechtzeitig und umfassend bedeutet:

    sass der Arbeitgeber den Betriebsrat so frh informiert, dass der Betriebsrat sei-nen gesetzlichen Aufgaben auch nachkommen kann. Also muss der Betriebsrat z. B. die Mglichkeit haben, sich vor der Wirksamkeit einer Manahme (z. B. vor Inbetriebnahme einer technischen Einrichtung) umfassend ber ihre Funk-tion und Wirkung zu informieren, eine Betriebsvereinbarung zu entwerfen und abzuschlieen. Das heit, dass die Information frhzeitig genug erfolgen muss, um dem Betriebsrat noch eine Einflussnahme auf die Manahme zu ermgli-chen. I. d. R. bedeutet dies, dass der Betriebsrat bereits in der Phase der Pla-nung der Manahme beteiligt werden muss;

    dass der Arbeitgeber den Betriebsrat ber alle Tatsachen informiert, die fr die Aufgaben des Betriebsrats relevant sind. Die Information muss nicht nur um-fassend, sondern auch verstndlich sein. Es wrde also z. B. nicht gengen, den Betriebsrat darber zu informieren, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Software in Betrieb genommen wird. Er muss vielmehr ausfhrlich erlutern, wie die Software funktioniert, welche Aufgaben sie hat, und in wel-cher Weise sie sich auf mitbestimmungspflichtige Sachverhalte auswirkt.

    In der Praxis findet diese rechtzeitige und umfassende Information selten genug statt. Kommt der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nicht, nicht rechtzeitig oder nicht im an-gemessenen Umfang nach, und wird dem Betriebsrat dadurch die Mglichkeit genommen, seine Mitbestimmungsaufgaben ordentlich wahrzunehmen, begrndet das nicht selten einen Unterlassungsanspruch, den der Betriebsrat ntigenfalls mit einer einstweiligen Verfgung (s. o. im Kapitel Einstweilige Verfgung auf S. 12) durchsetzen kann, damit er die Zeit gewinnt, die er bentigt, um seine gesetzlichen Aufgaben zu erfllen.

    Schriftliche Unterlagen muss der Arbeitgeber auf Grund von 80 Abs. 2 nicht von sich aus herausgeben; er ist dazu jedoch verpflichtet ( 80 Abs. 2 Satz 2), wenn der Betriebsrat dies verlangt.

    Der Betriebsrat kann verlangen, dass der Arbeitgeber ihm sachkundige Personen aus dem Betrieb zur Verfgung stellt, die ihm Auskunft erteilen, sofern dies notwendig ist ( 80 Abs. 2 Satz 3).

    Da der Betriebsrat der Geheimhaltungspflicht unterliegt ( 79 Abs. 1), kann der Arbeitge-ber die Herausgabe von Unterlagen oder die Erteilung von Auskunft nicht mit dem Hin-weis auf deren Vertraulichkeit verweigern.

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    Ob Informationen fr die Ttigkeit des Betriebsrat von Bedeutung sind oder nicht, ent-scheidet nicht der Arbeitgeber. Sollte er sich weigern, Informationen herauszugeben oder sachkundige Personen zur Auskunft zu verpflichten, obwohl der Betriebsrat dies fr not-wendig hlt, um seinen Aufgaben nachkommen zu knnen, handelt es sich um einen Ver-sto gegen 80 Abs. 2 Satz 2 bzw. Satz 3, gegen den der Betriebsrat ntigenfalls mit einem Beschlussverfahren gem. 23 Abs. 3 vorgehen kann. Im Zuge solch eines Verfahrens kann es natrlich geschehen, dass das Arbeitsgericht feststellt, dass der Betriebsrat die fraglichen Informationen tatschlich nicht bentigt.

    Informationspflicht auf Grund von 90

    Darber hinaus besteht eine weiter gehende Informationspflicht des Arbeitgebers aus dem 90.

    Bei Fragen, die insbesondere unter dem Aspekt der Gestaltung der Arbeitspltze, Arbeits-ablufe und der Arbeitsumgebung von Bedeutung sind, verpflichtet das BetrVG den Ar-beitgeber besonders dazu, den Betriebsrat rechtzeitig (hier heit es im Gesetz ausdrcklich ber die Planung) und umfassend zu unterrichten. Als Sachverhalte, ber die der Be-triebsrat besonders unterrichtet werden muss, nennt das Gesetz u. a.:

    technische Anlagen,

    Arbeitsverfahren oder Arbeitsablufe und

    Arbeitspltze.

    In diesem Zusammenhang wird der Arbeitgeber auch verpflichtet, von sich aus die notwen-digen Unterlagen vorzulegen, whrend sich aus 80 Abs. 2 ja nur die Verpflichtung ergibt, Unterlagen auf Verlangen des Betriebsrats herauszugeben.

    Lt. 121 Abs. 1 handelt der Arbeitgeber sogar ordnungswidrig, wenn er seine Pflichten aus 90 nicht rechtzeitig, nicht im erforderlichen Umfang, nicht korrekt oder gar berhaupt nicht erfllt offenbar ist dem Gesetzgeber an der Einhaltung dieser Verpflichtung des Ar-beitgebers besonders gelegen.

    Der 90 zielt darauf ab, die Arbeitnehmer vor besonderen Belastungen und Nachteilen, die dadurch entstehen knnen, dass sich die Arbeitsbedingungen ndern, zu schtzen. Das geht besonders aus dem Abs. 2 dieses Paragraphen hervor, in dem das BetrVG Betriebsrat und Arbeitgeber verpflichtet, die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und die an sie gestellten Anforderungen sorgfltig auch und besonders unter dem Aspekt der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu prfen.

    Das bedeutet aber natrlich auch, dass der Betriebsrat die so erhaltenen Informationen in anderem Zusammenhang nutzen kann und soll, z. B. hinsichtlich der Frage des Datenschut-zes, der Arbeitnehmerberwachung etc.

    Sachverstndige

    Im Zusammenhang mit den Informationspflichten des Arbeitgebers auf Grund von 80 Abs. 2 wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat auf Verlan-gen sachverstndige Personen aus dem Betrieb nennen und diese Personen zur Auskunft verpflichten muss.

    Sollte dies nicht geschehen, z. B. weil es keine sachverstndigen Personen gibt, weil der Ar-beitgeber sich weigert etc., oder sollte der Betriebsrat vorziehen, die Dienste dieser Perso-nen nicht in Anspruch zu nehmen, z. B. weil er ihnen aus gutem Grund misstraut, oder weil er die Erfahrung gemacht hat, dass sie ihm die notwendigen Informationen nicht oder nicht

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    in verstndlicher Form geben knnen, kann die Hinzuziehung eines externen Sachverstn-digen in Frage kommen.

    Ebenso kann ein externer Sachverstndiger hinzugezogen werden, wenn nach der Auskunft durch die sachkundige Person aus dem Betrieb noch Fragen offen sind oder der Betriebsrat aus anderem Grund die Hinzuziehung eines externen Sachverstndigen fr notwendig hlt.

    80 Abs. 3 sieht die Hinzuziehung von Sachverstndigen vor. Dafr mssen allerdings drei Voraussetzungen erfllt sein:

    Es muss notwendig sein, den Sachverstndigen hinzuzuziehen,

    die vom Arbeitgeber ggf., angebotene interne oder externe Hilfe muss ausge-schpft sein und

    es muss darber eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen werden, der Arbeitgeber muss also zustimmen.

    Sachverstndig kann jeder sein, der ber die erforderliche Sachkenntnis verfgt. Die Hinzu-ziehung eines Rechtsanwalts im Rahmen eines Beschlussverfahrens oder einer Einigungs-stelle fllt nicht unter diesen Paragraphen, hier ergibt sich in die Pflicht des Arbeitgebers, die Kosten zu tragen, in jedem Fall aus 40 Abs. 1.

    Die Voraussetzung, dass es notwendig ist, den Sachverstndigen hinzuzuziehen, ist dann er-fllt, wenn die notwendige Sachkunde im Betriebsrat fehlt. Dies nachzuweisen fllt im Ein-zelfall natrlich schwer. Der Betriebsrat hat einen gewissen Ermessensspielraum hinsicht-lich der Frage, ob er einen Sachverstndigen braucht.

    Die Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, die notwendig ist, um den Sach-verstndigen hinzuziehen zu knnen, ist keine Betriebsvereinbarung, bedarf also nicht der Schriftform, kann allerdings auch nicht vor einer Einigungsstelle erzwungen werden.

    Inhalt der Vereinbarung sind z. B. die Person des Sachverstndigen, der zeitliche Umfang und der Zeitpunkt der Hinzuziehung, das Thema, zu dem der Sachverstndige hinzugezo-gen wird und natrlich die Kosten, die dadurch verursacht werden.

    Der Arbeitgeber darf die Einwilligung zur Hinzuziehung eines Sachverstndigen nicht allein aus dem Grund verweigern, weil er dem Betriebsrat damit seine Arbeit schwerer machen will. Wenn der Betriebsrat nachweisen kann, dass die Hinzuziehung eines externen Sachver-stndigen tatschlich notwendig ist, hat er einen Rechtsanspruch darauf, den er ntigenfalls auf dem Wege des Beschlussverfahrens erzwingen kann.

    In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass der Arbeitgeber dennoch gern die Zustimmung zur Hinzuziehung eines Sachverstndigen verweigert und es auf ein Beschlussverfahren an-kommen lsst wohl wissend, dass er damit zumindest Zeit gewinnt und dem Betriebsrat die Arbeit erschwert.

    Der Betriebsrat knnte diese Taktik des Arbeitgebers damit kontern, dass er seinerseits die Zustimmung zu einer notwendigen Betriebsvereinbarung verweigert und auf seinem Unter-lassungsanspruch hinsichtlich der vom Arbeitgeber geplanten Manahme beharrt den Ar-beitgeber also so lange blockiert, bis es zu einer Einigung gekommen ist. Fr den Arbeitge-ber bliebe dann nur der Weg ber eine Einigungsstelle offen, was fr ihn sicherlich teurer wre, als dem Betriebsrat einen Sachverstndigen zu bezahlen.

    In einem solchen Fall kann der Betriebsrat beschlieen, dass ein Schulungsbedarf herrscht und eine interne Schulung des Betriebsrats bzw. bestimmter seiner Mitglieder durchgefhrt werden muss die natrlich dann von der Person durchgefhrt wird, die eigentlich als Sachverstndiger vorgesehen war. Eine Schulung gem. 37 Abs. 6 bedarf nmlich nicht der Zustimmung durch den Arbeitgeber.

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    Er kann lediglich das Arbeitsgericht anrufen, um wieder auf dem Wege des Beschlussver-fahrens feststellen zu lassen, dass die Schulung nicht erforderlich sei, oder die Einigungs-stelle anrufen, wenn er der Meinung ist, dass betriebliche Belange bei der Durchfhrung der Schulung nicht in ausreichendem Mae bercksichtigt werden, muss aber in jedem Falle selbst rechtzeitig aktiv werden, um diese Schulung zu verhindern.

    Man kann versuchen, in eine Betriebsvereinbarung eine Regelung aufzunehmen, die beinhal-tet, dass der Betriebsrat das Recht hat, in gewissem Umfang die Leistungen eines Sachver-stndigen in Anspruch zu nehmen. Da die Hinzuziehung eines Sachverstndigen lt. BetrVG jedoch der Zustimmung durch den Arbeitgeber bedarf, wird man solch eine Regelung nicht erzwingen knnen.

    Sonderfall: Berater bei Betriebsnderungen

    In einem besonderen Fall erlaubt das BetrVG die Hinzuziehung eines Sachverstndigen auch ohne dass vorher eine Einigung mit dem Arbeitgeber darber erzielt werden muss. Sollte eine Betriebsnderung vorliegen, kann der Betriebsrat, sofern im Unternehmen mehr als 300 Arbeitnehmer beschftigt sind, einen Berater hinzuziehen. In 111 heit es:

    In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeit-nehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat ber geplante Betriebsnderun-gen, die wesentliche Nachteile fr die Belegschaft oder erhebliche Teile der Be-legschaft zur Folge haben knnen, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsnderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. DER BETRIEBSRAT KANN IN UNTERNEHMEN MIT MEHR ALS 300 ARBEITNEHMERN ZU SEINER UNTERSTTZUNG EINEN BERATER HINZUZIEHEN; [...]

    Zustndigkeit: Betriebsrat, Gesamt- oder Konzernbetriebsrat

    Eine Betriebsvereinbarung kann nur wirksam vom jeweils zustndigen Gremium abge-schlossen werden. Grundstzlich liegt die Zustndigkeit beim rtlichen Betriebsrat, die 50 und 58 BetrVG regeln jedoch Flle, in denen der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat entweder in der Sache selbst oder auf Grund von Beschlssen der Betriebsrte oder der Ge-samtbetriebsrte zustndig sind.

    Originre Zustndigkeit beim Gesamt- oder Konzernbetriebsrat

    In der Sache ist ein Gesamtbetriebsrat lt. 50 Abs. 1 dann zustndig, wenn die Angelegen-heit das gesamte Unternehmen oder mehrere Betriebe betrifft und nicht von den einzelnen Betriebsrten geregelt werden kann. Nicht von einzelnen Betriebsrten knnen im Zusam-menhang mit EDV- und IT-Systemen z. B. Sachverhalte geregelt werden, die an zentraler Stelle entwickelt und bereitgestellt werden. Wenn das Unternehmen z. B. SAP einsetzt, und alle oder mehrere Betriebe davon betroffen sind, wird i. d. R. das Customizing, also die Anpassung der Software an den Bedarf des Unternehmens, zentral erfolgen. Auch die Be-reitstellung der Programme, Funktionen und Dienste ebenso wie die Datenhaltung wird normalerweise von einem zentralen Server aus geschehen.

    Sollte eine Betriebsvereinbarung darber abgeschlossen werden, wie SAP eingesetzt wird, welche Daten fr welchen Zweck gespeichert werden und in welcher Form und welchem Umfang Verhalten und Leistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berwacht werden, sind hier meistens die beiden Tatbestandsmerkmale des 50 Abs. 1 erfllt: Es sind mehrere Betriebe im Unternehmen betroffen, und der einzelne Betriebsrat kann auf der E-bene des Betriebes, fr den er zustndig ist, keinen Einfluss auf das zentral durchgefhrte Customizing nehmen, die Angelegenheit ist also nur auf der Ebene des Unternehmens re-gelbar.

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    Anders verhlt es sich dagegen, wenn im gleichen Fall eine Betriebsvereinbarung darber abgeschlossen werden soll, die regelt, wie verfahren werden soll, wenn durch SAP ein Fehl-verhalten einzelner Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer ermittelt werden sollte. Hier geht es nicht um technische Fragen, sondern um Fragen der Organisation und Verfahrens-weise, und das kann sehr wohl auf der Ebene des Betriebes geregelt werden. Also ergibt sich aus diesem Sachverhalt keine Zustndigkeit des Gesamtbetriebsrats.

    In der Praxis wird gerade im Zusammenhang mit der Mitbestimmung bei EDV-, IT- und Kommunikationstechniken (wir werden im weiteren Verlauf allgemein von IKT-Systemen sprechen) hufig eine Vermischung der beiden Zustndigkeiten auftreten: Fr bestimmte Sachverhalte, nmlich typischerweise Fragen der technischen Lsungen, ist dann der Gesamtbetriebsrat zustndig, wenn die technischen Lsungen fr das gesamte Unter-nehmen einheitlich an zentraler Stelle durchgefhrt werden mssen, fr andere Sachverhal-te, nmlich meistens Fragen der Nutzung, der Organisation und der Verfahrensweisen vor Ort ist der rtliche Betriebsrat zustndig.

    Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine Unterscheidung zwischen zwingender Erforder-nis und bloer Zweckmigkeit: Wenn es zwar sinnvoll und zweckmig erscheint, Rege-lungen unternehmenseinheitlich zu treffen, dies aber nicht unbedingt und zwingend aus z. B. technischen Grnden notwendig ist, ist die Voraussetzung des 50 Abs. 1 nicht er-fllt.

    Wenn z. B. ein Unternehmen verschiedene Call-Center betreibt, die Gesprche auch unter-einander vermitteln, wird der Arbeitgeber vermutlich ein Interesse daran haben, die ver-schiedenen Telefonanlagen in den Call-Centern (ACD-Anlagen) einheitlich zu konfigu-rieren. Dieses berwiegend an der technischen Zweckmigkeit ausgerichtete Interesse be-grndet aber noch keine Zustndigkeit des Gesamtbetriebsrat, da keine zwingende Erfor-dernis vorliegt. Wenn es aber aus z. B. Grnden der Rechnungslegung oder der Abrechnung mit den Kunden oder auch aus Grnden der zentralen Steuerung des Unternehmens unbe-dingt notwendig ist, die Anlagen einheitlich zu konfigurieren und zentral zu steuern, wird dadurch i. d. R. eine Zustndigkeit des Gesamtbetriebsrat entstehen.

    Dabei ist aber der rtliche Betriebsrat immer noch zustndig z. B. bei Fragen hinsichtlich der Handhabung von durch die technische Anlage (vermeintlich) festgestellten Fehlern von Arbeitnehmern.

    Wenn der Arbeitgeber ein Interesse daran hat, Regelungen ber Arbeitszeiten unterneh-menseinheitlich vorzunehmen, begrndet dies noch keine Zustndigkeit des Gesamtbe-triebsrat. Erst wenn dies zwingend erforderlich ist, weil z. B. nur durch eine unterneh-mensweit bergreifende Regelung der Arbeitszeiten sichergestellt werden kann, dass die Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen Betrieben des Unternehmens richtig erfolgt, kann eine Zustndigkeit des Gesamtbetriebsrat entstehen.

    Es muss also jeweils sorgfltig geprft werden, ob tatschlich die zwingende Erfordernis fr eine betriebsbergreifende Regelung vorliegt. Sehr hufig unterbleibt diese Prfung, was zur Folge haben kann, dass die vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinba-rung unwirksam ist.

    Nicht erfolgte Mitbestimmung trotz Zustndigkeit des Gesamtbetriebsrats

    Wenn der Gesamtbetriebsrat gem. 50 Abs. 1 zustndig ist, kann ein rtlicher Betriebsrat zu diesem Sachverhalt keine Betriebsvereinbarung abschlieen. Selbst wenn der Gesamtbe-triebsrat auf sein Mitbestimmungsrecht verzichtet und keine Betriebsvereinbarung ab-schliet, bleibt dem rtlichen Betriebsrat der Abschluss einer Betriebsvereinbarung ver-wehrt.

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    Auch das Nicht-Abschlieen einer Betriebsvereinbarung ist eine Form der Mitbestimmung: Der Gesamtbetriebsrat nimmt sein Mitbestimmungsrecht in der Form war, dass er auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verzichtet und dem Arbeitgeber damit erlaubt, die mitbestimmungspflichtige Handlung vorzunehmen. Wenn ein rtlicher Betriebsrat zu die-sem Sachverhalt eine Betriebsvereinbarung abschlieen wrde, wrde er damit der vom Ge-samtbetriebsrat gewollten (Nicht-)Regelung widersprechen, und das wre unzulssig.

    Es wird in der Literatur wie in der Rechtsprechung vereinzelt die Meinung vertreten, dass eine Auffang-Zustndigkeit der Betriebsrte besteht, wenn der Gesamtbetriebsrat von seinem Mitbestimmungsrecht keinen Gebrauch macht. Nach berwiegend herrschender Meinung ist dies jedoch nicht der Fall.

    Mandat an den Gesamt- oder Konzernbetriebsrat

    Es gilt das Prinzip: Eine Betriebsvereinbarung kann wirksam nur vom zustndigen Gremi-um abgeschlossen werden. Sollte also z. B. der rtliche Betriebsrat eine Betriebsvereinba-rung abschlieen, fr die der Gesamtbetriebsrat originr zustndig ist, ist die Betriebsver-einbarung unwirksam.

    Wenn nun fr bestimmte Teile einer beabsichtigten Betriebsvereinbarung der rtliche Be-triebsrat und fr andere Teile der Gesamtbetriebsrat zustndig ist, entsteht das Dilemma, dass nicht klar aus 50 Abs. 1 hervorgeht, wer die Betriebsvereinbarung abschlieen kann. Auerdem kann es vorkommen, dass die originre Zustndigkeit zwar bei den rtlichen Be-triebsrten liegt, aber beabsichtigt ist, fr alle Betriebe gleichlautende Betriebsvereinbarun-gen zur unternehmensweit einheitlichen Regelung eines bestimmten Sachverhalts abzu-schlieen. Hier wre natrlich eine vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Betriebsverein-barung sinnvoller.

    Eine Lsung fr dieses Problem bietet der 50 Abs. 2. Dort ist geregelt, dass ein Betriebs-rat mehrheitlich beschlieen kann, den Gesamtbetriebsrat mit der Behandlung einer Ange-legenheit zu beauftragen. Wenn also alle betroffenen Betriebsrte jeweils den Beschluss fas-sen, den Gesamtbetriebsrat damit zu beauftragen, eine Betriebsvereinbarung abzuschlieen, kann der Gesamtbetriebsrat diese Betriebsvereinbarung wirksam abschlieen, weil er zum einen selbst fr die Teile zustndig ist, die nach 50 Abs. 1 das Unternehmen insgesamt betreffen und auf rtlicher Ebene nicht behandelt werden knnen, und zum anderen fr die Teile, fr die er nach 50 Abs. 1 nicht zustndig ist, das Mandat der rtlich zustndigen Be-triebsrte nach 50 Abs. 2 erhalten hat.

    Eine vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung hat noch einen weiteren Vorteil fr die Beschftigten: Die gilt auch in solchen Betrieben oder Betriebsteilen, die gar keinen Betriebsrat haben. Damit ist der Wirkungskreis einer solchen Betriebsvereinbarung weiter gefasst.

    Fr das Verhltnis zwischen Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat gilt entsprechendes aus 58: Nach 58 Abs. 1 ist der Konzernbetriebsrat zustndig fr Angelegenheiten, die mehr als ein Unternehmen im Konzern oder den Konzern insgesamt betreffen und nicht von den jeweiligen Gesamtbetriebsrten geregelt werden knnen. 58 Abs. 2 ermglicht es einem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat durch Mehrheitsbeschluss das Mandat zu erteilen, eine Angelegenheit zu behandeln, die sonst seine Obliegenheit wre.

    Konstruktion und Struktur von Betriebsvereinbarungen

    Generell sind die Betriebsparteien in der Gestaltung der Betriebsvereinbarung frei, solange sie die in 77 Abs. 2 genannten Formvorschriften einhalten und die inhaltlichen Grenzen beachten. Es gibt einige Punkte, die in jeder Betriebsvereinbarung vorkommen knnen oder sollten.

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    Prambel

    Eine Prambel ist nicht zwingend erforderlich, und oft genug enthlt solch eine Einleitung substanzlose Banalitten nach dem Schema Eigentlich wollen wir ja beide das gleiche und haben uns auch alle ganz lieb, aber.... Das Papier dafr kann man sich sparen.

    Sinnvoll ist eine Prambel allein aus zwei Grnden:

    Wenn in der Prambel bestimmte allgemeinverbindliche Prinzipien und Grund-stze genannt sind, knnen die bei spter evt. auftretenden Auslegungsschwie-rigkeiten oder Streitigkeiten ber die Anwendung der Betriebsvereinbarung Anhaltspunkte dafr liefern, welche Intention die Betriebsparteien beim Ab-schluss der Betriebsvereinbarung verfolgten.

    Man kann als Betriebsrat versuchen, in einer Prambel, die berwiegend aus Gemeinpltzen besteht, den einen oder anderen Punkt zu verstecken, der sonst nur schwer durchsetzbar wre hoffend, dass die Gegenseite diese Punkt beim berfliegen der Prambel bersieht.

    Gegenstand

    Unbedingt notwendig ist die klare und dabei mglichst umfassende Definition des Gegens-tandes der Betriebsvereinbarung. Hier sollte unmissverstndlich bestimmt werden, welcher Sachverhalt durch die Betriebsvereinbarung geregelt wird.

    Es knnen auch sehr weit gehende Definitionen formuliert werden:

    Diese Betriebsvereinbarung regelt die Einfhrung, den Einsatz und die Nutzung aller zur Zeit des Abschlusses und zuknftig eingesetzter Systeme der Informations- und Kommunikationstechnik, die von der [Firma] genutzt werden, unabhngig vom Standort dieser Systeme.

    In dieser Betriebsvereinbarung wird die Einfhrung und Anwendung von SAP R/3 in allen Modulen und Anwendungen nebst vor- und nachgelagerter Systeme und anderer Anwendungen, die im Zusammenhang mit SAP R/3 stehen, geregelt.

    sind z. B. gngige und sinnvolle Formulierungen.

    Geltungsbereich

    Es ist nicht notwendig und oft auch nicht sinnvoll, einen rumlichen oder persnlichen Gel-tungsbereich in einer Betriebsvereinbarung festzulegen.

    Eine Betriebsvereinbarung kann rumlich nur fr den Betrieb oder die Betriebe gelten, fr den bzw. die der Betriebsrat, der sie abgeschlossen hat, zustndig ist fr andere Betriebe fehlt ihm die Vertretungsbefugnis. Nur wenn die rumliche Geltung eingeschrnkt wird, z. B. fr einen bestimmten Betriebsteil, eine bestimmte Niederlassung o. ., knnte die An-gabe der rumlichen Geltung interessant werden das ergibt sich dann aber meistens schon aus dem Gegenstand der Betriebsvereinbarung.

    Der persnliche Geltungsbereich umfasst immer die Arbeitnehmer i. S. d. 5 des Betriebes, in dem der Betriebsrat gewhlt wurde. Also erbrigt sich auch hier im Prinzip, einen per-snlichen Geltungsbereich zu bestimmen, weil der Betriebsrat andere Personen gar nicht vertreten kann. Allerdings kann es in bestimmten Zusammenhngen sinnvoll sein, die per-snliche Geltung auch auf ausgeschiedene Arbeitnehmer oder ruhende Arbeitsverhltnisse auszuweiten oder den persnlichen Geltungsbereich auf bestimmte Personengruppen ein-zuschrnken. Dabei muss natrlich der Grundsatz der Gleichbehandlung ( 75) eingehalten werden.

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    Der Betriebsrat kann zwar keine Betriebsvereinbarung abschlieen, die Regelungen fr Per-sonen betrifft, die von ihm gar nicht vertreten werden ausgeschiedene Arbeitnehmer z. B. werden vom Betriebsrat nicht vertreten. Sofern die Betriebsvereinbarung diese Personen-kreise aber ausschlielich begnstigt, ihnen also nur Ansprche einrumt, ist sie ein Vertrag zu Gunsten Dritter i. S. d. 328 BGB und kann wirksam abgeschlossen werden.

    Geltungsdauer

    Eine Betriebsvereinbarung gilt, sofern sie keine andere Regelung enthlt, ab dem Zeitpunkt des Zustandekommens auf unbestimmte Dauer.

    Man kann einen abweichenden Termin fr das In-Kraft-Treten wie auch fr das Ende der Betriebsvereinbarung bestimmen, wenn dies sinnvoll erscheint. ber die Kndigung und Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung folgen spter nhere Angaben.

    Begriffsbestimmungen

    Begriffsbestimmungen in eine Betriebsvereinbarung aufzunehmen, kann sinnvoll sein, wenn es notwendig ist, mit klar definierten Begriffen zu arbeiten. Dort, wo Begriffe bereits im Gesetz eindeutig definiert sind, ist eine Begriffsbestimmung in einer Betriebsvereinbarung nicht mehr notwendig und auch nicht erzwingbar.

    Die Erluterung von Begriffen in der Betriebsvereinbarung kann aber fr die Leser ein hilf-reicher Service sein, denn nicht jeder kennt z. B. die genaue Definition des Begriffs Perso-nenbezogene Daten lt. 3 Abs. 1 BDSG und wei diesen Begriff richtig zu interpretieren. Hier ist es ntzlich, wenn man die Begriffe in der Betriebsvereinbarung nennt und be-stimmt und mglicherweise sogar versucht, sie etwas einfacher und leichter verstndlich zu beschreiben, als das im Gesetz der Fall ist.

    Sollte der Arbeitgeber jedoch mit Verweis darauf, dass er sich auf Begriffsbestimmungen nicht einzulassen brauche, weil die nicht Gegenstand der Mitbestimmung seien, weigern, solch einen Passus in die Betriebsvereinbarung aufzunehmen, kann der Betriebsrat einfach selbst aktiv werden. Zwar ist es lt. 77 Abs. 2 Pflicht des Arbeitgebers, Betriebsvereinba-rungen zu verffentlichen. Es spricht jedoch nichts dagegen, wenn der Betriebsrat, ggf. zu-stzlich zum Arbeitgeber, die Betriebsvereinbarungen bekannt macht z. B. am Schwarzen Brett oder im Intranet. Bei der Gelegenheit kann der Betriebsrat die Betriebsvereinbarung durch ein Begleitschreiben ergnzen, in dem er die wichtigsten Begriffe erlutert.

    Inhaltliche Regelungen

    Vorschlge zu inhaltlichen Regelungen zu einzelnen Sachverhalten folgen weiter unten in Form von Muster-Betriebsvereinbarungen. Generell empfehlenswert ist fr annhernd alle Betriebsvereinbarungen jedoch, Positiv-Regelungen anstelle von Negativ-Regelungen zu treffen. Eine Positiv-Regelung erlaubt bestimmte Dinge und verbietet alles andere. Eine Negativ-Regelung verbietet bestimmte Dinge und erlaubt alles andere. Solche partiellen Verbote lassen sich aber relativ leicht umgehen.

    Wenn z. B. in einer Betriebsvereinbarung steht Mit SAP R/3 drfen folgende Auswertun-gen nicht gemacht werden: [Liste...]., so lsst sich diese Bestimmung relativ leicht umge-hen: Dann werden die Auswertungen eben nicht mit SAP gemacht, sondern z. B. mit Ac-cess oder Excel, die ber ODBC auf die Datenbestnde der Datenbank, die SAP zugrunde liegt, zugreifen knnen.

    Besser wre eine Formulierung wie Die Daten, die im Zusammenhang mit SAP erfasst, ge-speichert und verarbeitet werden, drfen nur fr folgende Auswertungen verwendet wer-den: [Liste...]. Jede andere Art der Auswertung und Nutzung ist unzulssig. Damit wird

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    deutlich, dass jede andere Form der Auswertung ein Versto gegen die Betriebsvereinba-rung ist.

    Formulierungshinweise

    Eine Betriebsvereinbarung ist fr den Arbeitgeber wie fr die Arbeitnehmer und auch den Betriebsrat bindend. Das bedeutet aber auch, dass alle Beteiligten in der Lage sein sollten, die Betriebsvereinbarung zu verstehen. Fachausdrcke, komplizierte juristische Termini etc. sollten daher in einer Betriebsvereinbarung vermieden oder, wenn unvermeidlich, erlutert werden.

    Wichtig i