Beugungsfreie Lichtbündel und optische Wirbel - Physik · 3 4 Beugungsfreie Lichtbündel...

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1 1 Vortrag auf der Fortbildungstagung des MNU-Landesverbandes Ostbayern, 17.02.2005 Probleme der modernen Optik: Beugungsfreie Lichtbündel und optische Wirbel Max Maier NWFII-Physik, Universität Regensburg Ich habe zwei Teilgebiete der modernen Optik ausgewählt, nämlich beugungsfreie Lichtbündel und optische Wirbel. Die Einteilung meines Vortrags für die beugungsfreien Lichtbündel zeigt die folgende Abbildung. 2 Beugungsfreie Lichtbündel 1. Einführung 2. Ebene Wellen 3. Bessel-Lichtbündel a) Erzeugung b) Eigenschaften und Anwendungen

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Vortrag auf der Fortbildungstagungdes MNU-Landesverbandes Ostbayern, 17.02.2005

Probleme der modernen Optik:

Beugungsfreie Lichtbündel und optische Wirbel

Max MaierNWFII-Physik, Universität Regensburg

Ich habe zwei Teilgebiete der modernen Optik ausgewählt, nämlich beugungsfreie Lichtbündel

und optische Wirbel. Die Einteilung meines Vortrags für die beugungsfreien Lichtbündel zeigt

die folgende Abbildung.

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Beugungsfreie Lichtbündel

1. Einführung

2. Ebene Wellen

3. Bessel-Lichtbündela) Erzeugungb) Eigenschaften und Anwendungen

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Beugungsfreie Lichtbündel 1. Einführung Beugung ist ein Phänomen, das bei allen Wellen auftritt, z.B. bei Wasserwellen, Schallwellen,

Licht. Wenn Sie Licht auf einen Spalt fallen lassen, so wird das Lichtbündel nach Durchlaufen

des Spalts auf Grund der Beugung immer breiter werden. Der Durchmesser des Lichtbündels

eines Lasers wird bei Ausbreitung durch die Beugung ebenfalls immer größer.

Was versteht man unter einem beugungsfreien Lichtbündel? Es handelt sich dabei um ein

Lichtbündel, dessen Durchmesser bis in unendliche Entfernung konstant bleibt. Ein solches

Lichtbündel kann man praktisch nicht exakt realisieren. Es gibt aber theoretische Lösungen der

Wellengleichung, die die Ausbreitung von Licht beschreibt, die beugungsfrei sind. Ein Beispiel

dafür sind sog. Bessel-Lichtbündel, die man experimentell näherungsweise realisieren kann. Wir

haben dazu ein Experiment aufgebaut, bei dem die Ausbreitung des Lichtbündels eines Helium-

Neon Lasers mit der eines Bessel-Lichtbündels verglichen wird.

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Beugungsfreie Lichtbündel

Experimenteller Aufbau

Beugungsfreie Lichtbündel: 1. Einführung

Das Bessel-Bündel besteht aus einem zentralen hellen Maximum, das von Ringen umgeben ist.

Bei der Ausbreitung des Lichts bleibt der Durchmesser des Maximums (ca. 1 mm) in dem

gezeigten Fall über eine Strecke von ca. 50 m konstant, während der Durchmesser des Laser-

Lichtbündels stark zunimmt. In der folgenden Abbildung ist ein Vergleich der

Intensitätsverteilungen der beiden Lichtbündel zu sehen.

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Beugungsfreie Lichtbündel

ExperimenteLaser Bessel-Bündel

„Lichtstab“ mit Ringen

Beugungsfreie Lichtbündel: 1. Einführung

2. Ebene Wellen Um die beugungsfreien Lichtbündel zu verstehen, möchte ich als Nächstes von ebenen Wellen

ausgehen. Die folgende Abbildung zeigt die Flächen konstanter Phase von ebenen Wellen. Es

sind Ebenen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung z.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 2. Ebene Wellen

Ebene WellenUnendlich ausgedehnte ebene WellenFlächen konstanter PhaseEbenen senkrecht Ausbreitungsrichtung z

Interessant dabei ist, dass unendlich ausgedehnte ebene Wellen beugungsfreie Lösungen der

Wellengleichung sind. Allerdings, kann man damit nichts anfangen, weil sie praktisch nicht

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realisierbar sind. Sie enthalten nämlich unendlich viel Energie. Außerdem ist ihre Helligkeit bzw.

Intensität überall gleich groß. Wenn man ein Lichtbündel anwenden will, dann muss es eine

räumliche Struktur z.B. ein Maximum oder mehrere Maxima besitzen.

Dies lässt sich erreichen, wenn man zwei ebene Wellen mit einem kleinen Winkel zwischen ihren

Ausbreitungsrichtungen überlagert (siehe folgende Abbildung).

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Beugungsfreie Lichtbündel: 2. Ebene Wellen

Interferenz von ebenen Wellen Winkel � zwischen den Ausbreitungsrichtungen

0 0.2 0.4 0.6 0.8

4

2

0

2

4aπ⋅

a−π⋅

x

10 fx()

Ausbreitung ist beugungsfrei, d.h. Abstand und Breite der Streifen bleiben bei Ausbreitung konstant.

Intensität

y

Das Interferenzbild besteht aus horizontalen parallelen hellen und dunklen Streifen. Die

Intensitätsverteilung entlang der y-Achse ist proportional zum Quadrat des Kosinus. Die

Ausbreitung ist beugungsfrei, das heißt der Abstand und die Breite der Streifen bleiben bei der

Ausbreitung konstant.

Im Folgenden sollen nun einige Experimente dazu gezeigt werden. Der experimentelle Aufbau ist

schematisch in der nächsten Abbildung zu sehen.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 2. Ebene Wellen

ExperimenteAufbau: Ringspalt in Brennebene einer Linse

Ringspalt Linse

Detektor:CCD-Kameraoder Web-Kamera

f

Ein Ringspalt (Durchmesser D = 1 cm, Breite B = 125 �m befindet sich in der Brennebene einer

langbrennweitigen Linse (Brennweite f = 200 cm). Das vom Ringspalt ausgehende Licht wird

deswegen durch die Linse parallel gemacht. Im Bereich hinter der Linse tritt Interferenz auf, die

mit einem Detektor nachgewiesen wird. Der Detektor ist entweder eine CCD-Kamera oder eine

Web-Kamera. Der detaillierte Aufbau ist in der nächsten Abbildung zu sehen.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 2. Ebene Wellen

Experimenteller AufbauRingspalt in Brennebene einer Linse

Reichweite ca. 160 cm

Das Lichtbündel eines Helium-Neon Lasers wird durch ein Fernrohr aufgeweitet und fällt dann

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auf den Ringspalt. Nach der Linse wird ein Teil des Lichtbündels durch einen Strahlteiler

ausgekoppelt und fällt auf den Detektor. Der restliche Teil erreicht nach einer Strecke von ca. 160

cm ebenfalls auf den Detektor. Dadurch ist es möglich, das Lichtbündel in zwei verschiedenen

Entfernungen zu vergleichen.

Als erstes wird der Ringspalt zum großen Teil abgedeckt, so dass nur zwei kleine

gegenüberliegende Stellen offen sind. Als Interferenzbild erhält man parallele horizontale helle

und dunkle Streifen.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 2. Ebene Wellen

ExperimenteZwei gegenüberliegende Stellen des Ringspalts offen, Rest abgedeckt.

Interferenzmuster ist beugungsfrei. Nur über eine endliche Strecke zR, die Reichweite.„Quasi-beugungsfrei“

Das Interferenzmuster ist über eine bestimmte Strecke, die Reichweite zR, beugungsfrei. Als

Nächstes wird der Ringspalt weiter geöffnet. Dadurch werden im Außenbereich die

Interferenzstreifen breiter und die Intensität wird in drei Maxima im Zentrum konzentriert. Das

Interferenzmuster ist wieder quasi-beugungsfrei.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 2. Ebene Wellen

ExperimenteRingspalt weiter öffnen

Interferenzmuster ist quasi-beugungsfrei

3. Bessel-Lichtbündel

Erzeugung

Öffnet man den Ringspalt ganz, so ist das Interferenzbild rotationssymmetrisch, wie in der

folgenden Abbildung zu sehen ist.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Erzeugung

Bessel-Bündel: ErzeugungRingspalt ganz öffnen

Beugungsfreies Bessel-Lichtbündel Elektrische Feldstärke ~J0(krr), Intensität ~J0

2(krr).Alle auf diese Art erzeugten Lichtbündel sind beugungsfrei.

Die radiale Verteilung der Intensität ist proportional zur Bessel-Funktion J0 im Quadrat. Man

kann zeigen, dass alle mit dieser experimentellen Anordnung erzeugten Lichtbündel quasi-

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beugungsfrei sind.

Die Erzeugung eines Bessel-Lichtbündels mit Ringspalt und Linse ist nicht sehr effektiv, weil der

Ringspalt eine kleine Breite besitzt. Es gibt effektivere Methoden zur Erzeugung von Bessel-

Lichtbündeln. Ein Beispiel dafür ist das Axicon, ein Kegel aus Glas mit kreisförmiger

Grundfläche. Man kann sich das Axicon auch in Sägezahn-Stufen aufgetrennt denken, die man

durch kleine Treppen ersetzt. Man ätzt eine entsprechende Struktur in eine dünne Glasplatte, die

ein Phasengitter darstellt, und kann damit ein J0-Bessel-Bündel erzeugen. Die

Herstellungsmethoden sind in der folgenden Abbildung zusammengefasst.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Erzeugung

Erzeugung von Bessel-LichtbündelnMit Ringspalt und Linse

Mit Axicon

Mit PhasengitterzR

2R

Eigenschaften

Es sollen einige wichtige Eigenschaften von Bessel-Lichtbündeln behandelt werden. Die

Wellenvektoren k eines Bessel-Bündels liegen auf einem Kegelmantel mit dem Öffnungswinkel

�. Sie haben alle die gleiche z-Komponente kz = k cos(�). Dies ist auf Grund ihrer Erzeugung mit

Hilfe eines Axicons in der folgenden Abbildung ersichtlich.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Eigenschaften

Bessel-Bündel: EigenschaftenWellenvektoren liegen auf Kegelmantel mit Öffnungswinkel �, gleiche z-Komponente kz = k cos(�).

z z�

kz

kr

k�

k�

zR

k�k�

2R

Es ist auch interessant, die Wirkung eines Axicons und einer Linse auf ein paralleles Lichtbündel

zu vergleichen. Wir haben dazu ein Experiment vorbereitet, bei dem der Strahlengang der

Lichtbündel, die durch die Linse und durch das Axicon erzeugt werden, mit Hilfe von Nebel

sichtbar gemacht wird (siehe Abbildung).

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Eigenschaften

Vergleich Axicon-Linse

Experimenteller Aufbau

HeNe-Laser emittiert grünes Licht!

Man sieht deutlich, dass die Linse das Licht wie gewohnt fokussiert ("Punktfokus"), während das

Axicon einen "Linienfokus" erzeugt. Aus der vorhergehenden Diskussion wissen wir, dass das

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Axicon ein Bessel-Lichtbündel erzeugt. Wir können das Bessel-Bündel also auch als

Linienfokus betrachten (siehe Abbildung).

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Eigenschaften

Vergleich Axicon-LinseAxicon: Linse: dBB = 0,1 mm, zR = 0,1 m. dFokus = 0,1 mm, �Fokus = 0,1 m.

dFokus � �f/DL; �Fokus � ?z.B. � = 633 nm, DL = 1 cm, f = 50 cm, dFokus = 32 µm

Bessel-Bündel stellt „Linienfokus“ dar! „Punktfokus“

zR

2R

Eine Anwendungsmöglichkeit des Linienfokus ist die Materialbearbeitung.

Eine weitere Eigenschaft des Bessel-Lichtbündels ist, dass es quasi-beugungsfrei ist. Ich möchte

darauf jetzt etwas näher eingehen. Das zentrale Maximum des Bessel-Bündels hat einen

Durchmesser dBB und eine Reichweite zR, die vom Öffnungswinkel des Kegelmantels � der k-

Vektoren abhängt. Der Zusammenhang ist in der folgenden Abbildung gezeigt.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Eigenschaften

Quasi-beugungsfrei

Durchmesser zentrales Maximum J0-Bessel-Bündels: dBB � 4,810/(k�)Reichweite: zR � R/�Beispiele: R=1 cm; � =633 nm; k=2�/��105 cm-1

dBB

zR

z

k�

kz

kr

k�k�k�k�k�k�

zR

2R �

Für die dort angegebenen Zahlenwerte kann man den Durchmesser dBB und die Reichweite zR

berechnen. So hat man z.B. für einen Öffnungswinkel � =0,057° einen Durchmesser dBB von 0,5

mm und eine Reichweite zR von 10 m. Eine Anwendungsmöglichkeit für ein solches Lichtbündel

ist die Justierung über große Entfernungen. Erhöht man den Öffnungswinkel � auf 2,86°, dann

beträgt der Durchmesser des zentralen Maximums nur noch 10 �m und die Reichweite immerhin

noch 20 cm. Ein solches Lichtbündel ist als optische Pinzette geeignet, wie wir später noch sehen

werden. In der folgenden Abbildung sind noch weitere Beispiele angegeben.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Eigenschaften

Quasi-beugungsfrei

0,020,00128,6500

50

5

1

� (mrad)

2,86

0,29

0,057

� (°)

0,200,01

20,1

100,5

zR (m)dBB (mm)

Anwendung: Justierung über große EntfernungenMit J0-Bündel (Fleck im Zentrum) oder J1-Bündel (Loch im Zentrum)

dBB

zR

k�

kr

kz

� z

Es soll nun die Fokussierung eines Laser-Lichtbündels (Gauß-Bündel) mit der Fokussierung

eines Bessel-Bündels verglichen werden. Fokussiert man ein Gauß-Bündel, so findet man in der

Brennebene der Linse einen kleinen intensiven Fleck. Bei der Fokussierung eines Bessel-Bündels

entsteht in der Brennebene ein Ring. Der Grund dafür ist, dass die Wellenvektoren bei einem

Bessel-Bündel auf einem Kegelmantel liegen. Die Situation ist in der folgenden Abbildung

dargestellt.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Eigenschaften

Fokussierung

Bessel-Bündel: Ring Gauß-Bündel: Fleckk-Vektoren auf Kegelmantel

Radius Ring rR � �f, z.B. � = 100 mrad, f = 55 mm, rR � 5,5 mmAnwendungsmöglichkeit: Ringfokus zur Materialbearbeitung

f

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Eine Anwendungsmöglichkeit des "Ringfokus" ist wieder die Materialbearbeitung.

Eine bemerkenswerte Eigenschaft des Bessel-Lichtbündels ist die Selbstrekonstruktion. Wenn

man in ein Bessel-Lichtbündel ein kleines Scheibchen bringt, so wird die Ausbreitung des

Lichtes gestört und das Bessel-Bündel enthält einen schwarzen Fleck, der sich während der

weiteren Ausbreitung verändert. Nach einer bestimmten Strecke, die von den genauen

Parametern des Bessel-Bündels abhängt, hat das Bessel-Bündel seine ursprüngliche ungestörte

Form wieder angenommen. Die Erklärung kann man der folgenden Abbildung entnehmen.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Eigenschaften

Selbstrekonstruktion eines Bessel-BündelsErklärung

Man sieht, dass der gestörte Teil des Lichtbündels aus dem Überlappungsbereich, der dunkler

schattiert ist, heraus läuft. Anschließend ist das Lichtbündel nicht mehr gestört und man hat das

ursprüngliche Bessel-Bündel wieder. Bei Betrachten der Abbildung erkennt man, dass das

Bessel-Bündel entlang der Ausbreitungsrichtung in verschiedenen Entfernungen vom Axicon

durch Teile des eingestrahlten parallelen Bündels an unterschiedlichen radialen Stellen des

Axicons erzeugt wird. Das ist die Ursache für die Selbstrekonstruktion.

Das Bessel-Bündel kann als optische Pinzette verwendet werden. Bei einer optischen Pinzette

werden sehr kleine Teilchen, z.B. biologische Zellen, in der Gegend hoher Intensität gefangen

und können bewegt werden. Dies wird üblicherweise mit fokussiertem Laser-Licht durchgeführt.

Wenn man ein Bessel-Lichtbündel als optische Pinzette benutzt, hat man den Vorteil, dass kleine

Teilchen in zwei Behältern simultan bewegt werden können. Dies liegt an der

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Selbstrekonstruktion des Bessel-Bündels. Die Störung, die ein eingefangenes Teilchen im ersten

Behälter verursacht, verschwindet wegen der Selbstrekonstruktion wieder. Damit kann das

Bessel-Bündel auch im zweiten Behälter verwendet werden. Ein Beispiel dafür ist in der

folgenden Abbildung dargestellt.

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Beugungsfreie Lichtbündel: 3. Bessel-Bündel, Anwendungen

Anwendung der Selbstrekonstruktion von Bessel-Bündeln

Optische Pinzette: Manipulation mikroskopisch kleiner Teilchen,

z.B. von Zellen, in zwei Behältern

V. Garcés-Chávez et al. Nature 419 (2002) 145

Die nächste Abbildung zeigt zusammenfassend die Herstellung, die Eigenschaften und die

Anwendungsmöglichkeiten von Bessel-Lichtbündeln.

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Beugungsfreie Lichtbündel: Zusammenfassung

Zusammenfassung: Bessel-Lichtbündel

• Herstellung: Ringspalt und Linse Axicon Phasengitter

• Eigenschaften: quasi-beugungsfreiRing in Brennebene einer LinseSelbstrekonstruktion

• Anwendungen: JustierungRingfokus, LinienfokusOptische Pinzette

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Optische Wirbel Im zweiten Teil meines Vortrags möchte ich optische Wirbel besprechen. Die Gliederung ist in

der nächsten Abbildung zu sehen.

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Optische Wirbel

1. Einführung

2. Phasenflächen

3. Drehimpuls

4. Analogiena) Gase und Flüssigkeitenb) Festkörperphysik

1. Einführung Sie kennen alle Wirbel z.B. aus der Badewanne, wenn das Wasser abläuft, oder von

Wirbelstürmen. Die folgende Abbildung zeigt die Draufsicht und Seitenansicht von zwei

unterschiedlichen Wirbeln.

16

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Wirbelsturm

Draufsicht Seitenansicht

Optische Wirbel: 1. Einführung

Die Intensitätsverteilung eines optischen Wirbels zeigt die nächste Abbildung.

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Optische Wirbel

IntensitätsverteilungSenkrecht zur Ausbreitungsrichtung „Seitenansicht“

Warum heißt dieses Lichtbündel Wirbel?

Optische Wirbel: 1. Einführung

Senkrecht zur Ausbreitungsrichtung sieht man einen kleinen dunklen Fleck im Zentrum des

Lichtbündels. Hier ist die Intensität gleich Null. Wenn man die Intensitätsverteilung von der Seite

anschauen könnte, würde man eine dunkle Linie im Zentrum beobachten. Warum heißt es solches

Lichtbündel optischer Wirbel?

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2. Phasenflächen Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns näher mit Flächen konstanter Phase

(Phasenflächen) von Wellen beschäftigen. In der nächsten Abbildung sind drei Beispiele von

Phasenflächen gezeigt.

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Optische Wirbel: 2. Phasenflächen

PhasenflächenFlächen konstanter Phase

Ebene Welle Kugelwelle Optischer Wirbel(Schraubenversetzung)

k�

Im Zentrum des Wirbels:Nullstelle der IntensitätPhase nicht definiertPhasensingularität

Bei einer ebenen Welle sind die Flächen konstanter Phase natürlich Ebenen. Der Wellenvektor k

steht senkrecht auf den Phasenflächen. Die Photonen breiten sich in Richtung des Wellenvektors

aus. Eine punktförmige Lichtquelle sendet Kugelwellen aus, deren Phasenflächen Kugelflächen

sind. Die Phasenflächen eines optischen Wirbels sind schraubenförmig, deswegen wird ein

optischer Wirbel auch Schraubenversetzung genannt. Im Zentrum des Wirbels ist eine Nullstelle

der Intensität. Außerdem ist die Phase der Lichtwelle hier nicht definiert. Man hat also im

Zentrum eine Phasensingularität. Die nächste Abbildung zeigt für ein Beispiel die mathematische

Darstellung eines optischen Wirbels.

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Optische Wirbel: 2. Phasenflächen

Optischer WirbelElektrisches Feld, z.B. E(�,r,z) = E0 r exp(i �) exp[i(kz – t)]

E(�,r,z) = E0 r exp[i(kz + � – t)]r Radialkoordinate, �Winkel zur x-Achse

Flächen konstanter Phase (z.B. zur Zeit t = 0)kz + � = konst., Schraubenfläche

z

x

y

r �

Wie kann man nun feststellen, ob die Phasenfläche eines optischen Wirbels schraubenförmig ist?

Phasenflächen kann man mit Interferenz sichtbar machen. Überlagert man z.B. zwei ebene

Wellen, die sich unter einem kleinen Winkel zueinander ausbreiten, so erhält man als

Interferenzbild parallele helle und dunkle Streifen (siehe folgende Abbildung).

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Optische Wirbel: 2. Phasenflächen

Optischer WirbelWie kann man Phasenflächen sichtbar machen?Mit Interferenz!

Überlagerung von zwei ebenen Wellen.

Interferenzbild in Ebenesenkrecht Ausbreitungsrichtung

Wenn man eine ebene Welle und einen optischen Wirbel überlagert, sieht man auch ein

Streifenmuster. Aber bei genauerem Hinsehen zeigt die folgende Abbildung, dass ein zusätzlicher

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dunkler Streifen eingeschoben ist, der die anderen Streifen verformt. Dies ist charakteristisch für

einen Wirbel.

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Optische Wirbel: 2. Phasenflächen

Optischer Wirbel

Überlagerung von ebener Welle und optischem Wirbel.

Interferenzbild in Ebene senkrecht Ausbreitungsrichtungstellt Hologramm dar.

Das Interferenzbild stellt ein Hologramm dar. Dabei ist die ebene Welle die Referenzwelle und

der Wirbel die Objektwelle.

Will man einen optischen Wirbel herstellen, dann beleuchtet man das Hologramm mit einer

ebenen Welle und rekonstruiert damit die Objektwelle, also den Wirbel. Man kann die

Schwärzungen des Hologramms in Brechungsindexänderungen umwandeln und hat damit ein

sog. Phasengitter, mit dem man sehr effizient optische Wirbel erzeugen kann.

In der nächsten Abbildung ist nochmals ein genauerer Vergleich eines optischen Wirbels mit

einem Luftwirbel durchgeführt.

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Optische Wirbel: 2. Phasenflächen

Vergleich: Optischer Wirbel-LuftwirbelAusbreitungsrichtung der Photonen: in Richtung des -Vektors,d.h. senkrecht zur Phasenfläche.

Wirbel in Atmosphäre Geschwindigkeit

0v ≠⋅� sd��

v�

k�

Projektion inx-y-Ebene

nsdgrad y ⋅=⋅� πφ 2)(x�

k�

,....2,1=n

Zirkulation

[ ]),,( k zrgrad δφ=�

Links oben sieht man die schraubenförmige Phasenfläche des optischen Wirbels. Die

Wellenvektoren k stehen senkrecht auf den Phasenflächen. Sie geben die Richtung an, in der sich

die Photonen bewegen. Die Photonen beschreiben also eine schraubenförmige Bahn um das

Zentrum des Wirbels. Das ist analog zu den Luftmolekülen im Luftwirbel. Betrachtet man einen

Luftwirbel von oben (Abbildung rechts unten), so sieht man, dass die Geschwindigkeitsvektoren

v der Luftmoleküle auf einer geschlossenen Kurve um das Zentrum des Wirbels liegen. Die

Zirkulation des Wirbels, also das Integral über eine geschlossene Kurve um das Wirbelzentrum,

ist ungleich null. Bei einem optischen Wirbel sieht die Projektion der Wellenvektoren in die xy-

Ebene ähnlich aus. Das Integral über eine geschlossene Kurve über den Gradienten der Phase der

Welle ist ein ganzzahliges Vielfaches von 2�, also auch ungleich 0. Dieser Vergleich zeigt die

Ähnlichkeiten zwischen einem optischen Wirbel und einem Wirbel in einem Medium.

3. Drehimpuls Optische Wirbel besitzen einen Drehimpuls. Dies lässt sich im Wellenbild und im Photonenbild

zeigen. In der nächsten Abbildung sind die Wellenvektoren eines optischen Wirbels, die auf den

schraubenförmigen Phasenflächen senkrecht stehen, eingezeichnet.

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Optische Wirbel: 3. Drehimpuls

Optischer Wirbel: DrehimpulsPhotonenbildAusbreitung in Richtung des k-Vektorssenkrecht zur Phasenfläche

Schraubenförmige Bahn um AusbreitungsrichtungBahndrehimpuls (hier immer linear polarisiertes Licht)

Unterschied zu zirkular polarisiertem Licht:Eigendrehimpuls (Spin)

k�

In der Richtung der Wellenvektoren bewegen sich die Photonen. Sie beschreiben also eine

Spiralbahn um das Zentrum des Wirbels. Das bedeutet, dass sie einen Bahndrehimpuls besitzen.

Dabei ist zu beachten, dass das Licht in unserem Fall immer linear polarisiert ist. Es besteht also

ein Unterschied zu zirkular polarisiertem Licht, das einen Eigendrehimpuls (Spin) besitzt.

Die wichtigsten Eigenschaften eines optischen Wirbels sind in der folgenden Abbildung

zusammengefasst.

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Optische Wirbel: 3. Drehimpuls

Optischer Wirbel

• Im Zentrum des Wirbels: Nullstelle der IntensitätPhase nicht definiertPhasensingularität

• Schraubenförmige Phasenfläche• Bahndrehimpuls

Anwendungen: Optische PinzetteManipulation von TeilchenDrehung von kleinen TeilchenManipulation und Führung von Atomen

Ein optischer Wirbel kann als optische Pinzette zur Manipulation von kleinen Teilchen

verwendet werden. Dabei kann auf Grund des Drehimpulses des Wirbels auch eine Drehung

kleiner Teilchen durchgeführt werden. Optische Wirbel können auch zur Führung und

Manipulation von Atomstrahlen eingesetzt werden.

4. Analogien Es soll jetzt die Analogie zwischen einem Wirbel in Luft oder in einer Flüssigkeit und einem

optischen Wirbel noch etwas genauer diskutiert werden. Ein Wirbel in Luft wird beeinflusst von

den genauen Bedingungen, wie z.B. Druck und Temperatur. Herrschen in der Luft

Druckgradienten oder besteht eine Strömung, so bewegt sich der Wirbel.

Ein optischer Wirbel sitzt üblicherweise in einem Laser-Lichtbündel (Gauß-Bündel). In einem

solchen Lichtbündel sind an verschiedenen Orten verschiedene Intensitäten und verschiedene

Phasen vorhanden, das heißt es existieren Intensitäts- und Phasengradienten. Diese bewirken,

dass sich die Position des Wirbels bei der Ausbreitung verändert (siehe folgende Abbildung).

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Optische Wirbel: 4. Analogien

AnalogienWirbel in „Hintergrundmedium“ Luft oder Flüssigkeit:Druckgradient oder Strömung bewegen Wirbel

Optischer Wirbel in Hintergrundlichtbündel (z.B. Gauß-Bündel):Intensitätsgradient und Phasengradient verursachen Änderung der Position des Wirbels bei Ausbreitung

z

Projektion der „Bewegung“ in Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung

Projiziert man die Bewegung des Wirbels in eine Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, so

bewegt er sich auf einer Geraden. Optische Wirbel in anderen Hintergrund-Lichtbündeln führen

andere Arten von Bewegungen aus. Es existieren Analogien zwischen den

Differentialgleichungen, die die Bewegung von optischen Wirbeln in Lichtbündeln und von

Wirbeln in Luft oder Flüssigkeit beschreiben.

Die Bezeichnung Schraubenversetzung, die auch für einen optischen Wirbel verwendet wird,

stammt aus der Festkörperphysik. Hier gibt es Störungen des Kristallgitters, die eine

schraubenförmige Form haben (siehe folgende Abbildung).

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Optische Wirbel: 4. Analogien

Analogien zur FestkörperphysikPhasenflächen Gitterebenen

Schraubenversetzung SchraubenversetzungOptischer Wirbel (Gitterfehler)

Singularität entlang der Versetzungslinie

In der Festkörperphysik gibt es auch so genannte Stufenversetzungen, bei denen eine halbe

Gitterebene zusätzlich eingeschoben ist (siehe folgende Abbildung).

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Optische Wirbel: 4. Analogien

Analogien zur FestkörperphysikPhasenflächen Gitterebenen

Stufenversetzung Stufenversetzung

Singularität entlang der Versetzungslinie

Auch in der Optik kann man Stufenversetzungen erzeugen, bei denen eine halbe zusätzliche

Phasenfläche eingeschoben ist. Auf die Art der Erzeugung und die Bedeutung kann hier aus

Zeitgründen nicht näher eingegangen werden.

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Die folgende Abbildung fasst die Herstellung, Anwendungsmöglichkeiten und Analogien für

optische Wirbel zusammen.

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Optische Wirbel: Zusammenfassung

Zusammenfassung: Optische Wirbel

• Herstellung: Amplitudengitter, Phasengitter• Eigenschaften: Nullstelle der Intensität, Phasensingularität

schraubenförmige PhasenflächeBahndrehimpuls

• Anwendungen: Optische PinzetteManipulation von kleinen Teilchenund Atomen

• Analogien: Wirbel in Gasen oder FlüssigkeitenVersetzungen in Festkörperphysik

Ich möchte mich bei Florian Flossmann und Jürgen Baier für die Experimente herzlich bedanken.

Herr Flossmann hat mir zahlreiche Abbildungen geliefert und den Großteil der Experimente

aufgebaut. Danken möchte ich auch Herrn Thomas Ascherl und der Mechanischen Werkstatt der

Fakultät Physik. Herr Ascherl hat die mechanischen Arbeiten schnell und präzise erledigt. Die

mechanische Werkstatt hat die diffizile Herstellung der Spaltblende durchgeführt. Schließlich

danke ich noch Herrn Erich Hans für die Hilfe beim Aufbau im Hörsaal und bei der Projektion

der Experimente.