Beziehungsentwicklung und Kommunikation · - „Bindungshormon“ Oxytocin - Kommunikation im 1....
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kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
Margret Ziegler Frühe Entwicklung und Kommunikation
Kbo-Kinderzentrum München
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
24.09.2018
BDH: Feuersteintagung 2018
1991 von Prof. Mechthild Papoušek eingerichtet
im Kinderzentrum München
Münchener Sprechstunde für Schreibabys
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- there is no such a thing as a baby
Beziehungsentwicklung
- there is no such a thing as a mother
Winnicott
„Baby und Mutter sind eine unzertrennliche Einheit. Ein Baby kann man ohne seine Mutter nicht adäquat erforschen und therapieren“ Winnicott, 1957
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- good enough mother
Beziehungsentwicklung
Winnicott
„die ausreichend gute Mutter ist in der Lage, auf die Bedürfnisse des Babys einzugehen, zumindest so weit, dass sich das Baby nie komplett verlassen fühlt. Mit der Zeit löst sich die Mutter aus dieser engen Verbindung, so dass das Kind lernen kann, dass die Mutter nicht Teil von ihm ist“
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Inhalt: - Frühkindliche Entwicklung im Beziehungskontext Präverbale Kommunikation zwischen Eltern und Neugeborenem - Warum Berührung so wichtig ist - „Bindungshormon“ Oxytocin - Kommunikation im 1. Lebensjahr Lautsprachliche Entwicklung - Unterstützung des Babys in seiner Regulation
Bewältigung der Entwicklungsaufgaben - Unterstützung der Emotionsregulations - Bindungssicherheit - Beratung, Begleitung, Therapie
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
Präverbale Kommunikation zwischen Eltern/Mutter und Kind
Das Neugeborene als aktiver Mitgestalter an der Kommunikation
11 Woche alter Säugling aus Klaus &Klaus: Das Wunder der ersten Lebenswochen
1Augenblicke der Begegnung
Co-Evolution von komplementären psychobiologischen
Prädispositionen
beim Säugling:
Motivationen und Fähigkeiten für vorsprachliche
Kommunikation, Lernerfahrungen und Bindungsaufbau
bei den Eltern:
Motivationen und Fähigkeiten zur komplementären
Unterstützung mit Hilfe intuitiver
Kommunikationsfähigkeiten
M. Papoušek
M. Ziegler
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
30 min. nach der Entbindung aus Klaus & Klaus: Das Wunder der ersten Lebenswochen, 2003
Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten
Sehen Beste Sehfunktion in einem Abstand von 20-25 cm Sehschärfe, Akkomodation, Vorliebe für Hell-Dunkelkontraste Vorliebe für Gesichter, für menschl. Bewegungsmuster Der Blick sucht die bereits vertraute Stimme Verknüpfungen von verschiedenen Sinneseindrücken Herstellen von Zusammenhängen
Das Neugeborene als aktiver Mitgestalter an der Kommunikation
Meltzoff & Moore, 1977 12
Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten
Hören Gutes Gehör bei Geburt, Unterscheidung von Geräuscharten, Lautstärke, Tonhöhe, Richtung Vorliebe für menschliche Stimmen, insbesondere die Stimme der Mutter Vorliebe für hohe Stimmen Folgt der Stimme der Bezugsperson mit seinem Blick Nach etwa 2 Wochen können die Neugeborenen den Anblick und die Stimme ihrer Mutter zuordnen
Das Neugeborene als aktiver Mitgestalter an der Kommunikation
Das Neugeborene dreht sich aktiv zur Stimme seiner Mutter
Aus: L. Murray The social baby
Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten
Tasten, Schmecken,Riechen Bei Geburt bereits hochentwickelt körperliche Nähe, Beruhigung durch Berührung Lippen und Hände haben die meisten Tastrezeptoren Vorliebe für Süßes, Beruhigung durch süße Flüssigkeiten Gestillte Neugeborene erkennen nach 1-2 Tagen den Geruch von Brust, Hals und Achseln ihrer Mutter
Das Neugeborene als aktiver Mitgestalter an der Kommunikation
Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten Vorliebe für menschliche
Gesichter, Bewegungen,
Stimmen …
Verknüpfungen von Sinneseindrücken Herstellen von Zusammenhängen
Frühe Kommunikation
Frühe Beziehungsentwicklung Präverbale Kommunikation
11 Woche alter Säugling Klaus & Klaus, 2003
Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten
Entwicklungsförderung durch Stimulation
Entwicklungshemmung durch Überstimulation oder Mangel an sensorischen Reizen
Das Neugeborene als aktiver Mitgestalter an der Kommunikation
Eine Liebesbeziehung entsteht: …Die Fähigkeiten des Neugeborenen, aber auch das unersättliche Verlangen der Eltern, es zu bewundern, sorgen für eine enge Familienbindung und helfen mit, das große Abenteuer des gegenseitigen Kennenlernens zu bestehen…
Klaus & Klaus, 2003
Das Wunder der ersten Lebenswochen
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
Philipp Wächter: Sohntage
• Sie kompensieren die kindlichen Einschränkungen der Sehfähigkeiten
• Sie machen sich „verständlich“ durch prototypisches Ausdrucksverhalten
• Sie antworten mit feinfühliger Kontingenz
• Sie ahmen das kindliche Ausdrucksverhalten nach („Spiegeln“)
• Sie schreiben dem kindlichen Verhalten affektive Bedeutungen und Absichten zu
• Intuitives Einfühlungsvermögen
• Empathie
• Intersubjektiver Rahmen für die Entwicklung der kindlichen Subjektivität
Elterliche Prädispositionen:
Die intuitiven Kommunikationsfähigkeiten
M. Papoušek
Konzept der intuitiven elterlichen Kompetenzen
• Angeborene Verhaltensbereitschaften, die Eltern und andere Betreuer intuitiv in der Kommunikation mit dem Baby ausüben
• Regulatorische Unterstützung des Kindes bei der gemeinsamen Bewältigung der Anpassungs- und Entwicklungsaufgaben
• Universelle biologische Ausstattung, die individuell gehemmt, überlagert, verschüttet, blockiert sein kann
M. Ziegler
M. Papoušek
Konzept der Feinfühligkeit (M. Ainsworth, 1974) Feinfühlige Bindungsperson : - Wahrnehmen der kindlichen Signale mit größter Aufmerksamkeit - Richtige Deutung der Signale aus der Perspektive des Säuglings - Prompte Reaktion ohne Über- und Unterstimulation in tolerierbarer Frustrationszeit - Frustrationszeit ist in der ersten Lebenszeit sehr kurz (z.B. wenn Baby darauf wartet gestillt zu werden)
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
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Warum Berührung so wichtig ist - „Bindungshormon“ Oxytocin
Oxytocin: Ausschüttung bei Mutter und Kind bei:
„Haut zu Haut“ - Kontakt (Kuscheln), Stillen,
Warum Berührung so wichtig ist - „Bindungshormon“ Oxytocin
Unvnäs-Moberg, 2007
Wirkungen bei der Mutter Mütterliches Verhalten
Beziehungsaufbau mit Neugeborenem
Reduktion von Angst, beruhigende und stresslösende Wirkung
Schmerzstillende Wirkung (zusammen mit körpereignen Opioiden)
Wirkungen beim Neugeborenen Körperliche Entspannung, Beruhigung
Förderung der Kontaktaufnahme
Warum Berührung so wichtig ist - „Bindungshormon“ Oxytocin
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Oxytocin Wirkung
im Gehirn des Säuglings
Die frühe Bindungsbeziehung wird als
Belohnung gespeichert: bei welcher Person fühle ich mich wohl,
wer unterstützt mich
Wohlgefühl, Wohlbehagen, Geborgenheit: Liebe und Schutz
Freisetzung von Opioiden – Speicherung der Information
mit wem das Wohlgefühl erreicht wurde
Warum Berührung so wichtig ist - „Bindungshormon“ Oxytocin
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Oxytocin Wirkung im Gehirn des Säuglings
Die frühe Bindungsbeziehung hemmt das Stresssystem:
- sorgt für eine optimale Lernumgebung (soziales Lernen)
und Sicherheit zur Erkundung der Welt
- für das Baby vorhersagbare Reaktionen der Mutter:
kurze Berührung oder Blickkontakt genügen, dass das Baby
wieder in einen ausgeglichen Zustand kommt.
- Beruhigende Wirkung von Bindung auf Stress
Warum Berührung so wichtig ist - „Bindungshormon“ Oxytocin
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Die frühe Bindungsbeziehung bildet die Grundlage für die
Emotionsregulation und Empathieentwicklung
Zustand der Gleichzeitigkeit zwischen Mutter und Kind
Momente des Miteinanders: Oxytocinausschüttung bei
Mutter und Kind
Unterstützung des Babys in seiner emotionalen Regulation
Feldmann 2015
Psychosoziale - Psychoemotionale
Entwicklung
Babys
- sind biologisch darauf vorbereitet von
interaktiven Partnern zu lernen
- brauchen ein responsives soziales Umfeld
- brauchen eine feinfühlige Bezugsperson
Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse
promptes, adäquates Reagieren
- brauchen eine Sicherheit und Halt gebende
primäre Bezugsperson in emotional belastenden
Situationen
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Bowlby 1969; Ainsworth 1978; Grossmann & Grossmann 2004
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Gemeinsam Spaß haben Face to face
Kommunikation im ersten Lebensjahr
Kommunikation im ersten Lebensjahr
Erfahrungen früher Selbstwirksamkeit:
- Auslösen und Beeinflussen von Reaktionen
- Immitation von mimischen und oralen
Bewegungsmuster des Gegenübers
Papousek M & Papousek H 1984
Kommunikation im ersten Lebensjahr
Bedingungen für Lernerfahrungen des Säuglings: Einfache, langsame, kontrastreiche Stimulation mit
häufigen Wiederholungen
Kontingenter Zusammenhang mit seinem Verhalten
Aufnahmebereiter, ausgeglichener Wachzustand,
Erholungspausen und Regulationshilfen der Eltern
Intuitiv passen sich die Eltern dem Baby an in Dynamik, Tempo, Timing.
Nachahmen des kindlichen Ausdrucksverhaltens und Spiegelung.
Papousek M & Papousek H 1987, 1989
Kommunikation im ersten Lebensjahr
Kommunikationsmuster positiver Gegenseitigkeiten:
Eltern: erleichtern durch ihre Verhaltensanpassungen den
Blickkontakt und Episoden gemeinsamer Aufmerksamkeit
Erfüllen das kindliche Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit
Kind: Blickzuwendung, Lächeln, Gurren:
Belohnung der Eltern: Stärkung ihres Selbstvertrauens
Integrieren von innerem Erleben
Elterliche Affektausdruck spiegelt kindlichen Affekt
Augenblicke unmittelbarer emotionaler Bezogenheit (Stern 2007) Grunderfahrugen primärer Intersubjektivität (Trevarthen 1979) Engelskreise positiver Gegenseitigkeiten (Papousek 2004)
Kommunikation im ersten Lebensjahr
Einflussfaktoren auf die lautsprachliche Entwicklung
- Reifungs- und Lernprozesse
- Hörfähigkeit
- Sprachwahrnehmung und Sprachverarbeitung (bereits pränatal)
- Qualität des Sprachinputs
- Stimmliche Nachahmung: Lautinventar der Muttersprache
- Ammensprache
als Teil der intuitiven elterlichen Kommunikationsfähigkeiten:
Anpassung der Sprechweise mit einem Säugling
Vereinfachen und Verdeutlichen, Betonung, Wiederholung,
Verlangsamtes Sprechen, Variationen verlängerte Pausen
Soziale Interaktion
Fernald 1989, Englund 2005, Liu 2003; Kuhl 2008
Mutter mit Wochenbettdepression
Mutter spricht kaum mit dem Kind, nicht wahrnehmen der kindlichen Signale
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Kommunikation im ersten Lebensjahr
Einflussfaktoren auf die lautsprachliche Entwicklung:
Soziale Interaktion Kein Erlernen einer Sprache über Fernsehen / Tonträger
- natürliche Interaktion notwendig
Ausmaß des an das Kind gerichtetem Sprachangebot
- Wortschatz
Kuhl & Rivera-Gaxiola, 2008; Kuhl 2010
Weisleder & Fernald, 2013
Folgende Faktoren besonders wichtig: - Blickkontakt zum Kommunkationspartner
- Gemeinsamer Aufmerksamkeitsfokus während der Kommunikation
- Wechsel zwischen Blickkontakt zum Kommunikationspartner und dem
gemeinsamen Aufmerksamkeitsfocus
- Kindgerichtetes Sprachangebot
- Sozial-kommunikative Interaktion in natürlichem Kommunikationskontext
Nickisch, 2012
Keine soziale Interaktion
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Unterstützung des Babys/Kleinkinds
in seiner Regulation
Bindungs- und Beziehungsentwicklung
Entwicklung in den ersten zwei Lebensjahren
phasenspezifische Regulationsprozesse (Brazelton: Touchpoints; Emde: Biobehavioral shifts)
physiologische
Regulation
Regulation von
Bindung und Exploration
sprachliche Integration
Abhängigkeit und Autonomie
2-3 15-18 7-9 Monate
Von externer Coregulation zur internen Regulation
Mutter reagiert stabil und
beruhigend
(prosodisch, mimisch, gestisch)
Psychoemotionale frühkindliche Entwicklung
Unterstützung des Babys in seiner Regulation
„Als-ob-Affekt“ bei den Bezugspersonen (nicht wirklicher Affekt bei den Bezugspersonen) Damit kann das Kind den elterlicher Affekt von dem eigenen entkoppeln
A. Schore, 2003; E. Rass, 2011
Feinfühligkeit der Bezugsperson und Fähigkeit, über sich und andere zu reflektieren Die Bezugspersonen schreiben dem kindlichen Verhalten affektive Bedeutungen und Absichten zu
Sie verbalisieren den kindlichen Affekt
Fonagy & Target 2005
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Mutter massiv erschöpft,
angespannt,
Teufelskreise
Mangelnde Coregulation
Störungen der Emotionsregulation
Exzessives Schreien
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Beispiel: exzessives Schreien (home video) Marc, 6 Wochen; Eltern massiv belastet
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
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Beispiel: exzessives Schreien, Wickelsituation Marc, 3 Monate; Elterliche Kompetenzen
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
Förderung der selbstregulatorischen Kompetenz Eltern:
Schutz des Kindes vor
Überforderung,
sich verlassen fühlen
Kind:
Angemessene Frustrationen
um Bewältigungsstrategien entwickeln zu können
Psychoemotionale frühkindliche Entwicklung
Fehlabstimmungen in den Eltern-Kind-Interaktionen sind normal.
Entscheidend sind die Korrekturen für eine
wachstumsfördernde Beziehung Lieberman, 2015
Unterstützung des Babys /Kleinkinds
in seiner Regulation
Anbieten von Bindungssicherheit
Die Bezugspersonen leihen dem Kind in seinem psychisch überlasteten Zustand ihre eigenen reiferen psychischen Strukturen und helfen durch einfühlsames Handeln, das homöostatische Ungleichgewicht zu beheben
A. Schore, 2003; E. Rass, 2011
Belastungen der Eltern:
- unsicher, verunsichert
- hoher Leistungsanspruch: „perfekte Eltern“
- Erfahrung mit „Schreibaby“
- Psychisch kranke Eltern
- Wahrnehmungsverzerrungen
- Erschöpfung, Hilflosigkeit
- Multiple psychosoziale Belastungen
- Armut, wenig Perspektive, existentielle Ängste
- Intelligenzminderung der Eltern
- Partnerschaft, Elternschaft, Familiensystem:
- Alleinerziehende Eltern
- Zerrüttung, Streit ums Kind
- Gewalt in der Familie, Traumata
Störungen der Emotionsregulation
Ziegenhain et al. 2007
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Mutter verzweifelt,
hilflos
Kind überfordert
mit eigener Affekt-
regulation
Störungen der Emotionsregulation
Trotzanfall
Inadäquater Umgang mit negativen Affekten des
Babys/Kindes (Wut, Trauer, Angst, Ekel)
- Vermeidung
negieren, bagatellisieren,
- Überforderung des Kindes
negative Affekte werden abgewehrt, ausagiert
- Rückzug der Bezugsperson
- Bestrafung
Störungen der Emotionsregulation
Petermann, 2011 Ziegenhain, 2007
Kreis der Sicherheit Wie Eltern auf die Bedürfnisse ihres Kindes achten
Ich brauche
Dich , damit..
Du meinen Erkundungs-
drang unterstützt
Beschütz mich
Tröste mich
Freu dich an mir
Ordne meine Gefühle
Du mich willkommen heißt,
wenn ich Deine Nähe suche
Pass auf mich auf
Hilf mir
Freu dich mit mir
Immer: Sei Größer. Stärker, Klüger & Liebenswürdig
Wenn möglich: Folge meinen kindl. Bedürfnissen
Wenn nötig: Übernimm die Leitung
Ich brauche
Dich , damit..
Marvin u.a.:(2002), Deutsch in SCHEUERER-ENGLISCH u.a., 2003
Powell et al., 2015
Was braucht das Kind?
Sichere Umgebung
Stabile Bezugs- und Bindungspersonen
Selbstwirksamkeitserfahrungen mit den Eltern
und in therapeutischen Situationen
Kind aus seiner Perspektive verstehen
Kindgerechte Erfahrungen
Sensitives Umfeld
Gegebenenfalls Begleittherapien
z.B. Frühförderung, Ergotherapie
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
Was brauchen die Eltern?
Wertschätzung, Respekt
Unterstützung
Korrigierende Beziehungserfahrungen
- in der therapeutischen Beziehung
- mit ihrem Kind
- im sozialen Netzwerk
In der Eltern-Kleinkind-Therapie:
Förderung einer positiven Beziehung zum Kind
Sicherheit, Kompetenz im Umgang mit ihrem Kind
Wissen über die frühkindliche Entwicklung
Psychoemotionale frühkindliche Entwicklung
70
Frühkindliche Entwicklung im Beziehungskontext zu den primären Bezugspersonen
Präverbale Kommunikation
Intuitives elterliches Verhalten
Koregulatorische Unterstützung des Kindes bei der Bewältigung der Entwicklungsaufgaben
Soziale Interaktion bedeutsam für die Entwicklung und vor allem für Spracherwerb
Beratung und Begleitung der Eltern bei Herausforderungen Unterstützung und Therapien
Fazit:
Beziehungsentwicklung und Kommunikation
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Beziehungsentwicklung und Kommunikation
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Prävention und frühe Interventionen
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• Im Beziehungskontext
Aufmerksamkeit, Präsens, soziale Modelle
altersgemäße Entwicklungsanreize,
Herausforderungen
Selbstwirksamkeitserfahrungen
• Stabile Eltern-Kind-Beziehungen
• Beziehungsfähigkeit
• Positives Selbstwertgefühl
• Zutrauen in die eigenen Kompetenzen
• Fähigkeit zur emotionalen Selbstregulation
Förderung der Resilienz
Sarimski, 2013; Grotberg, 2011
Psychoemotionale frühkindliche Entwicklung
Kind:
- schwieriges Temperament: geringere Anpassungsfähigkeit
- geringere selbstregulatorische Kompetenzen „Schreibaby“: Kind bleibt schwierig
- Erkrankungen, Entwicklungsstörungen
-
Störungen der Emotionsregulation
Belastungen der Eltern:
- unsicher, verunsichert
- hoher Leistungsanspruch:
„perfekte Eltern – perfektes Kind“
- Erfahrung mit „Schreibaby“
- Psychisch kranke Eltern
- Wahrnehmungsverzerrungen
- Erschöpfung, Hilflosigkeit
- Multiple psychosoziale Belastungen
- Armut, wenig Perspektive, existentielle Ängste
- wenig Eigenwahrnehmung,
sich in das Kind hineinversetzen
- Intelligenzminderung der Eltern
- Abgabe der Verantwortung
- Partnerschaft, Elternschaft, Familiensystem:
- Alleinerziehende Eltern
- Zerrüttung
- Streit ums Kind
Störungen der Emotionsregulation
Eltern-Kind-Interaktionen - Beziehungen
- permissiver Erziehungsstil
- Rollenumkehr Kind wird zum „Bestimmer“
- Wechsel von permissivem und kontrollierendem Erziehungsstil
Wechselseitige Beeinflussung
Helfersystem: viele reden mit z.T. viele Hilfen, aber nicht passgenau
M. Ziegler 77
Face to face; still face
Skala elterlicher Feinfühligkeit (Ute Ziegenhain, Anne Katrin Künster)
-Verhalten der Hauptbezugsperson in verschiedenen Alltagssituationen in den Interaktionen mit dem Baby/Kind
- 7 stufige Skala von „sehr feinfühlig“ – „überhaupt nicht feinfühlig“
- grün-hellgrün: kein Interventionsbedarf - gelb: weitere Abklärung und weitere Hilfen für die Familie bei Bedarf - orange: Interventionsbedarf notwendig - rot: sofortiger Interventionsbedarf, Einleitung von Hilfen
- keine Diagnose; Instrument zur Beobachtung der Eltern-Kind-Interaktion
Interventionen bei Regulationsstörungen
Behandlung der kindlichen
Verhaltensstörung
Entlastung/Unterstützung
der Eltern
Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung
Psychoemotionale frühkindliche Entwicklung
80
Gemeinsames Spiel - Beziehungsmomente: Ungeteilte Aufmerksamkeit Selbstwirksamkeitserfahrung für das Kind positives feedback für die Mutter positive Beziehungserfahrung für Beide gemeinsam Spaß haben
D. Winnicott: „Spielraum“ M. Ainsworth: „gegenseitiges Entzücken“ D. Stern: „Moment of meeting“ A. Lieberman: „Angels in the nursery“
Psychoemotionale frühkindliche Entwicklung
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
Indikationen: Belastungen/Störungen der Eltern-Kind-Beziehung mit: - Regulationsstörungen - emotionale Störungen Kindes - Psychischer Erkrankung Elternteil
Integrierte teilstationäre erwachsenenpsychiatrische Therapie
in der Sozialpädiatrie
Zusammen gesund werden
„You have to nurture the mother, so she can nurture her baby“ Selma Fraiberg
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
Konzept der intuitiven elterlichen Kompetenzen
• Angeborene Verhaltensbereitschaften, die Eltern und andere Betreuer intuitiv in der Kommunikation mit dem Baby ausüben
• Regulatorische Unterstützung des Kindes bei der gemeinsamen Bewältigung der Anpassungs- und Entwicklungsaufgaben
• Universelle biologische Ausstattung, die individuell gehemmt, überlagert, verschüttet, blockiert sein kann
M. Ziegler
M. Papoušek
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Beeinträchtigungen der intuitiven elterlichen Kompetenzen emotionale und körperliche Beeinträchtigung durch:
• Streß, Überforderung, Schlafmangel
• Depression, Wochenbettdepression
• Schwere Entbindung
• tiefgreifende Ängste um Überleben und Gedeihen des Kindes
• Unbewältigte Auseinandersetzung mit dem Schicksal einer Behinderung
• Unbewältigter Trauerprozeß bei Verlust einer nahestehenden Person
• Unbewältigte Traumatisierung in der eigenen Kindheit
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Entschlüsseln der kindlichen Signale Wachsein, Schlafen, Schreien, Quengeln Abwenden Hunger?, Müdigkeit?, Unwohlsein?,Nähebedürfnis? Erste Lebensmonate
Wahrnehmungsverzerrungen: Inadäquate Zuschreibung von Bedürfnissen/Gefühlen - „der ärgert mich“, „ist ärgerlich“ - „ist wütend“ - „will verwöhnt werden“ „hat Langeweile“ - „hat keinen Spaß mit mir“ - „schreit mich an“, „lacht mich aus“ - „verzweifeltes Schreien“ - „ist unglücklich mit mir“, „ist traurig“
- …
M. Ziegler
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• Alleinige Behandlung der mütterlichen
Depression zeigt keine positive
Beeinflussung der Mutter-Kind-
Beziehung und der kindlichen
Entwicklung
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Forman et al. 2007
Frühe Interventionen:
Förderung von stabilen Eltern-Kind-Beziehungen
Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten
Kompetenzen zur emotionalen Selbstregulation
Kinder psychisch kranker Eltern
Sarimski, 2013
M. Ziegler
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Elterliche Belastungsfaktoren • chronisches Erschöpfungssyndrom
• extreme Verunsicherung
• psychische Erkrankungen der Mutter/Eltern
(u.a. Wochenbettdepression)
• Paarkonflikte
• Konflikte mit Herkunftsfamilien
• belastete Vorgeschichte der Mutter
• soziale Isolation, multiple psychosoziale Risiken
Schränken elterliche intuitive Kompetenzen
und Coregulation ein Papousek & von Hofacker 1998, Cierpka 2012
Psychoemotionale frühkindliche Entwicklung
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Kindliches Regulationsproblem
Diagnostische Trias der frühkindlichen
Regulationsstörung
(Definition nach Mechthild Papoušek et al. 1998)
Dysfunktionale Interaktionen
Elterliche Überforderung
Emotionale Belastung
Patient „Beziehung“
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Mutter massiv erschöpft,
angespannt
Mangelnde Coregulation
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Mutter erschöpft,
depressiv verstimmt,
geht aus dem Kontakt
Teufelskreise entstehen
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018 94
Mutter erschöpft,
verunsichert
Wochenbettdepression
Mangelnde Coregulation - Missmatch
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Mutter erschöpft,
verunsichert
Wochenbettdepression
Mangelnde Coregulation - Missmatch
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Mutter:
Wochenbettdepression
Intuitives mütterliches
Verhalten, wenn Kind
Nicht schreit
Matching – Repair: gute mütterliche Abstimmung
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Hochbelastete Mutter-Kind-Beziehung:
Kind vermeidet Blickkontakt
Missmatch bleibt – kein Repair
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Exzessives Schreien, Schlaf-und Fütterstörungen
- Extremvarianten der normalen individuellen Variabilität
- Störungen oder belastende Symptome?
- Hohe Prävalenz (15-25 %)
- Im klinischen Kontext:
Multiple psychosoziale Risikobelastungen
- Versagen der gemeinsamen Bewältigung von
Entwicklungsaufgaben
Papoušek 2004
Regulationsstörungen
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Pränatale Entwicklung:
Vorgeburtliche Sinneseindrücke
auditiv, visuell, taktil, emotional
Belastungsfaktoren:
- Noxen: Alkohol, Nikotin, Medikamente, Drogen
- pränataler Stress:
durch psychosoziale Belastungen der Mutter:
Extremer beruflicher und privater Stress,
depressive Erkrankungen,
vermehrte Ängste (um das Kind, vor der Geburt)
gestörter zirkadianer Cortisol-Rhythmus des Babys
Bei Geburt Anpassungsleistung des Kindes an seine Umwelt
gestört (vermehrte Irritabilität, exzess. Schreien)
Frühe Störungen der Verhaltensregulation
(van der Wal et al. 2007; Wurmser et al. 2006; Schieche et al. 2003)
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
• Emotionsregulation: • Beeinflussen von Art, Intensität und Dauer von Emotionen
• Regulation der eigenen Gefühle
• Regulation der Gefühle anderer (z.B. Eltern trösten ihr Kind) und Vermitteln von Kompetenzen zur Emotionsregulation
• Emotionen: affektive Zustände von relativ kurzer Dauer eindeutiger Auslöser
• Affektregulation: übergeordnete Kategorie Emotions- Stimmungs- und Stressregulation
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
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- good enough mother
Psychoemotionale frühkindliche Entwicklung
Winnicott
„die ausreichend gute Mutter ist in der Lage, auf die Bedürfnisse
des Babys einzugehen, zumindest so weit, dass sich das Baby
nie komplett verlassen fühlt. Mit der Zeit löst sich die Mutter aus
dieser engen Verbindung, so dass das Kind lernen kann,
dass die Mutter nicht Teil von ihm ist“
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
Diagnostik im frühen Kindesalter Videogestützte Interaktionsdiagnostik Feinfühligkeitsskala: Ainsworth (1974) Emotional Availability Scale: Biringen et al. 1993 CARE-Index: Crittenden 2000
Eltern: Feinfühligkeit, Responsivität, Intrusivität
Feindseligkeit, Kontrolle
Kind: Anpassung, Responsivität, Passivität
Störungen der Emotionsregulation
Ziegenhain et al. 2007
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018
• Mutter spielt mit Kind
• Fremde Person kommt hinzu
• Mutter verlässt den Raum
• Mutter kommt zurück
• Fremde Person verlässt den Raum
• Mutter verlässt den Raum
• Mutter kommt zurück
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Max: 20 Monate: V.a. reaktive Bindungsstörung. Wechselnde Bezugspersonen im 1. Lebensjahr Rückführung zur Mutter geplant Mutter: 20 Jahre, ungeplante SS. Keine psychiatrische Erkrankung Möchte Kind unbedingt behalten
Fremde Situation
Fallbeispiel
kbo-Kinderzentrum M. Ziegler Emotionsregulation 2018 114 Rene 2 Jahre Fremde Situation