Biberach und GrafZeppelin¤tter-für-den-Kreis... · Zeppelin konstruierte und unter großen...

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Von Hans Willbold, Dürnau ------- Biberach und Graf Zeppelin Am 2. Juli 1900 erhob sich das erste vom Grafen Zeppelin konstruierte und unter großen finanziellen Opfern gegen zahlreiche Widerstände gebaute Luft- schiff zu seiner Jungfernfahrt in den Himmel über dem Bodensee. Aus Anlass der einhundertsten Wie- derkehr dieses für die Luftfahrt so bedeutenden Tages sei sowohl an den Grafen Zeppelin und sein Werk als auch an die Berührungspunkte mit Stadt und Umland Biberach erinnert. Am 8. Juli 1838 wurde im Inselhotel zu Konstanz Graf Ferdinand Adolf Heinrich von Zeppelin geboren. Sein Großvater - aus Niedersachsen stammend - hat- te sich aus Freundschaft zum damaligen Herzog und späteren König Friedrich von Württemberg in Stutt- gart niedergelassen und war 1801 wegen seiner Ver- dienste in den württembergischen Grafenstand erho- ben worden. Seine Jugendjahre verbrachte der junge Graf teils in Konstanz, teils auf dem thurgauischen Landgut Girsberg bei Kreuzlingen. Nach kurzem Studium am Stuttgarter Polytechnikum wechselte er an die Lud- wigsburger Kriegsschule. Das bedeutete die Offiziers- laufbahn für ihn. 1858 wurde er Leutnant. 1863 be- urlaubte man ihn als militärischen Beobachter nach Nordamerika, wo er noch im selben Jahr an einem Erster Aufstieg des LZ 7 am 2. Juli 7900. Ballonaufstieg teilnahm, was sein besonderes Interes- se an der Luftfahrt weckte. Er wurde sogar von Präsi- dent Abraham Lincoln empfangen. Nach Deutschland zurückgekehrt, widmete er sich fortan dem Problem der Erforschung einer militärischen Eroberung des Luftraumes durch Luftfahrzeuge. 1869 heiratete er Isabella Freiin von Wolff. Nach dem Krieg 1870171 wurde er - inzwischen zum Major befördert - zum Dragonerregiment 26 nach Ulm versetzt, wo er 1874 im Tagebuch erstmals seine Gedanken über ein großes .Ballonfahrzeug" mit starrem Gerippe und 18 Traggaszellen zu Papier brachte. In Ulm wurde 1879 auch sein einziges Kind, die Tochter Helene, genannt Hella, geboren. Nach weiteren Beförderungen bis zum Generalleutnant wurde er 1890 aus dem mi- litärischen Dienst verabschiedet, da er in einer Denk- schrift kritische Anmerkungen über das preußische Kriegsministerium geäußert hatte. So konnte er sich nun mit ganzer Kraft seinen Bal- lonfahrzeug-Plänen widmen. 1895 erhielt er das Pa- tent für einen "lenkbaren Luftfahrzug mit mehreren hintereinander angeordneten Tragkörpern ". Trotz Un- terstützung durch den VDI wurden ihm von der Reichsregierung und vom Kaiser erbetene Beihilfen verweigert, sodass er im April 1899 weitgehend auf eigene Kosten mit dem Bau seines ersten Luftschiffes

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Von Hans Willbold, Dürnau-------

Biberach und Graf Zeppelin

Am 2. Juli 1900 erhob sich das erste vom GrafenZeppelin konstruierte und unter großen finanziellenOpfern gegen zahlreiche Widerstände gebaute Luft-schiff zu seiner Jungfernfahrt in den Himmel überdem Bodensee. Aus Anlass der einhundertsten Wie-derkehr dieses für die Luftfahrt so bedeutenden Tagessei sowohl an den Grafen Zeppelin und sein Werk alsauch an die Berührungspunkte mit Stadt und UmlandBiberach erinnert.

Am 8. Juli 1838 wurde im Inselhotel zu KonstanzGraf Ferdinand Adolf Heinrich von Zeppelin geboren.Sein Großvater - aus Niedersachsen stammend - hat-te sich aus Freundschaft zum damaligen Herzog undspäteren König Friedrich von Württemberg in Stutt-gart niedergelassen und war 1801 wegen seiner Ver-dienste in den württembergischen Grafenstand erho-ben worden.

Seine Jugendjahre verbrachte der junge Graf teilsin Konstanz, teils auf dem thurgauischen LandgutGirsberg bei Kreuzlingen. Nach kurzem Studium amStuttgarter Polytechnikum wechselte er an die Lud-wigsburger Kriegsschule. Das bedeutete die Offiziers-laufbahn für ihn. 1858 wurde er Leutnant. 1863 be-urlaubte man ihn als militärischen Beobachter nachNordamerika, wo er noch im selben Jahr an einem

Erster Aufstieg des LZ 7 am 2. Juli 7900.

Ballonaufstieg teilnahm, was sein besonderes Interes-se an der Luftfahrt weckte. Er wurde sogar von Präsi-dent Abraham Lincoln empfangen. Nach Deutschlandzurückgekehrt, widmete er sich fortan dem Problemder Erforschung einer militärischen Eroberung desLuftraumes durch Luftfahrzeuge. 1869 heiratete erIsabella Freiin von Wolff. Nach dem Krieg 1870171wurde er - inzwischen zum Major befördert - zumDragonerregiment 26 nach Ulm versetzt, wo er 1874im Tagebuch erstmals seine Gedanken über eingroßes .Ballonfahrzeug" mit starrem Gerippe und 18Traggaszellen zu Papier brachte. In Ulm wurde 1879auch sein einziges Kind, die Tochter Helene, genanntHella, geboren. Nach weiteren Beförderungen biszum Generalleutnant wurde er 1890 aus dem mi-litärischen Dienst verabschiedet, da er in einer Denk-schrift kritische Anmerkungen über das preußischeKriegsministerium geäußert hatte.

So konnte er sich nun mit ganzer Kraft seinen Bal-lonfahrzeug-Plänen widmen. 1895 erhielt er das Pa-tent für einen "lenkbaren Luftfahrzug mit mehrerenhintereinander angeordneten Tragkörpern ". Trotz Un-terstützung durch den VDI wurden ihm von derReichsregierung und vom Kaiser erbetene Beihilfenverweigert, sodass er im April 1899 weitgehend aufeigene Kosten mit dem Bau seines ersten Luftschiffes

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Von Hans Willbold, Dürnau

Graf Ferdinand von Zeppelin (1838-1977).

begann. König Wilhelm 11. von Württemberg hatteihm hierzu in Manzell ein Grundstück zur Verfügunggestellt, auf dem man die Werkstatt errichtete. DasLuftschiff selbst wurde in einer schwimmenden Hallemontiert. Widrige Wetterverhältnisse verzögerten denBau bis zum Frühjahr 1900. Am 2. Juli war es dann soweit. Am Ufer drängten sich viele Zuschauer, die Zeu-ge dieses Ereignisses sein wollten. Gegen 18 Uhr er-hob sich LZ 1 erstmals in die Luft, von den zahlrei-chen Zuschauern begeistert bejubelt. Obwohl diesesLuftschiff insgesamt nur drei Fahrten machte, hattesich gezeigt, dass die Idee des Grafen erfolgverspre-chend war. Dennoch blieb infolge Geldmangels nichtsanderes übrig, als LZ 1 im Jahr darauf abzuwrackenund die Bestandteile als Altmaterial zu verkaufen.Dieser Geldmangel begleitete die Bemühungen desGrafen um den Luftschiffbau in den ersten Jahren un-ablässig und kosteten ihn schließlich sein ganzes Ver-mögen, obwohl König Wilhelm von Württemberg dieAbhaltung zweier Lotterien zu seinen Gunsten bewil-ligt hatte. Überdies wurde er immer wieder mit Spottund Hohn überschüttet. Sein Wahlspruch: Man mussnur wollen und deren glauben, dann wird es gelin-gen, bewahrte ihn mehrmals davor, die Flinte insKorn zu werfen. So wurde das Jahr 1900 zum Beginneiner vielversprechenden Entwicklung auf dem Sek·tor des Luftverkehrs. Heute, nach 100 Jahren, blicken

wir auf die Anfänge zurück und stehen, bezogen aufden Zeppelin NT, wieder vor einer neuen Epoche derLuftschifffahrt. Stadt und Landkreis Biberach warendabei bis zum Jahre 1937 mehrere Male in engerenKontakt sowohl mit dem Grafen Zeppelin als auch mitseinen Luftschiffen gekommen, woran im Folgendenzum hundertsten Jahrestag erinnert sein soll.

Zeppelins drittes Luftschiff, begonnen erst im Mai1906, zeitigte in Bezug auf Stabilität und Steuerfähig-keit ausgezeichnete Ergebnisse. Stundenlange Probe-fahrten verliefen zur vollen Zufriedenheit. Auch derKommandeur des Luftschiffer-Bataillons in Berlin-Te-gel, Major Groß, selbst Luftschiffbauer zusammen mitdem Ingenieur Basenach und eifrigster Verfechterhalbstarrer Luftschiffe als schärfster Kritiker der star-ren Luftschiffe des Grafen Zeppelin, anerkannte neid-los die guten Eigenschaften der Zeppelin'schen Kon-struktion. Nun schlug die Stimmung um. Der Grafwurde mehrfacher Ehrendoktor, und der DeutscheReichstag bewilligte zwei Millionen Mark zum An·kauf des LZ 3 für Heereszwecke. Kaiser und Kron-prinz erschienen in Manzell und fanden das Luftschifffür militärische Zwecke geeignet. Zur Verbesserungder Leistungen wurde das Schiff im Jahre 1908 von128 auf 136 m verlängert und mit stärkeren Daimler-Motoren versehen. Noch im gleichen Jahr kam KaiserWilhelm wieder nach Manzell und genehmigte dieÜbergabe an das Heer. Es erhielt nun als Reichsluft·schiff die Bezeichnung Z 1.

Nach mehreren Probefahrten mit dem Grafen alsFührer startete es am 29. Juni 1909 kurz nach Mitter-nacht zu seiner Überführungsfahrt nach Metz, wo esstationiert wurde. Kommandant war Major Sperling.Ihm zur Seite standen Hauptmann George, IngenieurMüller, der auf besonderen Wunsch des Prinzen Hein-rich von Preußen zum Z 1 kommandierte SignalmaatMetze sowie die Monteure Hachter, Weik und Lahe,Letzterer vom Luftschifferbataillon. Major Sperlinghatte bereits einige Fahrten mit Groß/Basenach-Luft-schiffen hinter sich und war ein umsichtiger Führer.Ohne Hindernisse ging es an diesem Tag aber nichtab, denn um 2.45 Uhr am 30. Juni musste Z 1 wegeneines starken Gewittersturms und eines gleichzeitigengeringen Motorschadens auf einer Wiese bei Mittelbi·berach landen. Die Landung erfolgte glatt und ohnenennenswerten Flurschaden in einem Getreideacker.Zunächst übernahm die vollzählig unverletzt geblie-bene Besatzung die provisorische Sicherung und Ver-ankerung des Schiffes. Sie wurde durch eine Kompa-

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Die LZ 3 (=Z 7) 1909 bei Konstanz.

nie Infanteristen aus Weingarten ersetzt, bis ein Son-derzug mit 100 Pionieren aus U1m eingetroffen war.Die Ersten, welche von der kurz zuvor erfolgten Lan-dung Kenntnis erhielten, waren ein Bauer und seineTochter, die morgens um 3 (!) Uhr auf ihren Kleeackergingen, um dort Futter zu holen. Sie brachten dieKunde von der Landung ins Dorf. Dort informierte derBürgermeister telefonisch zunächst Friedrichshafenund alarmierte dann seine Feuerwehr. Diese war als-bald an Ort und Stelle. Man löste die provisorischenAnker aus dem Boden, grub einen leeren Mistwagenin die Erde ein, füllte ihn mit Boden und legte dasLuftschiff mit Seilen daran fest.

Sehr bald waren viele Mittelbiberacher schon früham Morgen zur Landestelle gekommen, weil man janicht wusste, wie lange der Aufenthalt dauern würde.Die Nachricht von der Landung hatte sich wie einLauffeuer durch das Dorf verbreitet. In Bierbonzenwurde Wasser zur Ergänzung des Ballastes herbeige-fahren. Für die Besatzung wurden aus Biberach undMittelbiberach - freudig begrüßt - warme Suppe undandere Nahrungsmittel gebracht, denn es war unan-genehm kalt, nass und windig. Der Regen goss ohneUnterlass. Im Laufe des Vormittags waren auch aus Bi-berach und den umliegenden Dörfern, wo sich dasEreignis ebenfalls herumgesprochen hatte, zahlreicheZuschauer gekommen, die trotz der Kälte beim Luft-schiff ausharrten, um sich nichts entgehen zu lassen.

Zwar hatte die Landung kaum Flurschaden verur-sacht, aber die vielen Neugierigen zertrampeltenohne Rücksicht die benachbarten Äcker. In gleicherWeise wurden die umliegenden Wiesen samt Feldwe-gen in knöcheltiefe Moraste verwandelt, denn nachund nach und auch noch an den folgenden Tagen ka-men immer mehr Neugierige aus nah und fern, umden gestrandeten .Luftkreuzer" zu sehen. An einenerneuten Start war bei dem fortwährenden Dauerre-gen vorläufig nicht zu denken. Aus Stuttgart kamenDaimler-Monteure, um die mechanischen Schäden zu

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beheben. Außerdem war neues Wasserstoffgas bestelltworden, um den inzwischen eingetretenen Verlustauszugleichen. Vorher war ein neuer Aufstieg oh-nehin nicht möglich.

Nachdem am 1. Juli die Gasfüllung beendet war,hörte der Regen einige Zeit auf. Sogar die Sonne zeig-te sich für einige Minuten. Dadurch trocknete dieHülle rasch ab. Das hatte einen starken Auftrieb zurFolge, der die hintere Gondel, welche von sechs Pio-nieren gehalten wurde, mitsamt den Soldaten in dieHöhe hob. Nachdem gegen Abend die Daimler-Mon-teure mit ihrer Arbeit fertig waren, konnte dennochnicht wieder gestartet werden, weil wieder ein neuerWolkenbruch einsetzte, welcher den Zeppelin voll-ständig durchnässte und erneut zu Boden drückte. Ingebührender Entfernung vom Luftschiff wärmten sichdie duchnässten und durchfrorenen Wachmannschaf-ten an Biwakfeuern, denn es wehte ein kräftiger kal-ter Wind aus verschiedenen Richtungen, der dieWachleute immer wieder zwang, den Zeppelin gegenden Wind zu drehen. Tags darauf, am 2. Juli, regnetees den ganzen Tag noch viel mehr. Ein Start war völligunmöglich. Nachmittags wurden die Ulmer Pionieredurch neue ersetzt. Der Zustrom an Neugierigen hat-te noch nicht nachgelassen, obwohl der Boden in wei-tem Umkreis um den Zeppelin inzwischen fußtiefdurchweicht war und die Wege allesamt unpassierbargeworden waren.

Am 3. Juli besserte sich das Wetter schließlich. DerRegen ließ nach. Die Startvorbereitungen wurden ge-troffen. Kurz nach 23 Uhr - es war sternenklar - hießes "Luftschiff hoch!". Um 23.15 Uhr war Z 1 überBiberach, in ganzer Länge im Mondlicht silbernschimmernd und durch die Lichter der beiden

Die LZ 3 (= Z 1) über Äpfingen (19131).

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Von Hans Willbold, Dürnau

Die LZ 5 (= Z 2) bei der Anfahrt überSchemmerberg (I.Juni 1909).

Gondeln erhellt, sehr gut zu sehen. Um 0.10 Uhr wares über Ulm und kurz vor 2 Uhr war Stuttgart er-reicht. Als der Zeppelin um 3.30 Uhr Karlsruhe pas-sierte, wurde er dort trotz der frühen Stunde von ei-ner großen Menschenmenge jubelnd begrüßt. Kurzvor 8 Uhr am 4. Juli landete Z 1 reibungslos in Metz,dort schon sehnliehst erwartet und umgehend in dieHalle gebracht. Zurück blieben in Mittelbiberach diedurch die Menschenrnassen verursachten ungeheu-ren Flurschäden.

In Metz wurde Z 1 als Schulschiff eingesetzt undzu Vergleichsfahrten mit den halbstarren Groß/Ba-senach-Luftschiffen bzw. den Prallluftschiffen des Ma-jors Parseval herangezogen, die in allen Fällen die bes-sere Eignung der Zeppelin-Konstruktion ergaben.Nach 4 Jahren mit glückhaften Fahrten im Dienstedes Militärs wurde Z 1 im März 1913, da veraltet, ab-gewrackt.

Ziemlich genau vier Wochen vor diesem Ereignishatte das Oberamt Biberach bereits den ersten Zeppe-linbesuch erhalten, allerdings ebenfalls einen unge-planten. In diesem Falle war es das 1908 auf Kiel ge-legte Luftschiff LZ 5, welches vom Heer später als Z 2übernommen wurde. Am 29. Mai 1909 hatte es unterFührung des Grafen eine Fernfahrt nach Nord-deutschland unternommen. Infolge einer Falschmel-dung hatten sich am 30. Mai auf dem TempelhoferFeld in Berlin nicht nur eine riesige Menschenmenge,sondern auch die kaiserliche Familie eingefunden, um

den Zeppelin landen zu sehen. Z 2 war aber schonweit südlich von Berlin nach Westen abgebogen, umwieder heimwärts zu kommen. Die Nacht zum 31.Mai wurde durchgefahren. Etwa um 11 Uhr fuhr dasLuftschiff zwischen Göppingen und Iebenhausen ne-ben der Landstraße gegen einen Birnbaum, wodurchihm die Spitze eingedrückt wurde. Wie sich kurz da-nach herausstellte, hatte Oberingenieur Dürr den Z 2infolge Übermüdung gegen den Baum gesteuert. Erstwurde die Göppinger Feuerwehr alarmiert, um beider Sicherung des beschädigten Zeppelins mitzuwir-ken. Nachmittags erschien dann eine halbe Pionier-kompanie aus Ulm, und wenig später auch die ausManzell angeforderten Monteure für die Reparaturar-beiten, die sich sofort an die Arbeit machten. Die starkbeschädigte Spitze wurde mit Hilfe von Hopfenstan-gen notdürftig instand gesetzt.

Anderntags, am 1. Juni, wurde nachmittags um15.20 Uhr erneut gestartet. Um 17 Uhr war man überMünsingen, wo Z 2 von Kanonenschüssen begrüßtwurde. Die Hoffnung, am selben Tage noch Fried-richshafen zu erreichen, erfüllte sich nicht. StarkerGasverlust zwang die Besatzung, auf einer Wiese ne-ben der Straße von Schemmerberg nach Äpfingen nie-derzugehen. Schon beim Passieren der SchwäbischenAlb war es schwierig gewesen, genügend Höhe zuhalten. Im Laufe der Nacht wurde Gas angeliefert, so-dass am frühen Morgen des 2. Juni wieder gestartetwerden konnte. Kurz nach 6 Uhr erfolgte die glatteLandung in Manzell. Wie sich zeigte, hatte Z 2 beidieser Fahrt eine neue Höchstgeschwindigkeit fürLuftschiffe von 25 km/h erreicht. Das war für damali-ge Verhältnisse eine recht ansehnliche Zahl. (Knapp30 Jahre später waren die Zeppeline über 130 km/hschnell.)

Hierzu eine nette Episode am Rande! Graf Zeppe-lin kam in der Nacht zum 2. Juni mit dem Auto vonSchemmerberg nach Biberach, wo er mit seinem Be-gleiter im "Schwarzen Rößle" abstieg. Dort saßenmehrere seiner Anhänger und Bewunderer, die eben-falls erst kurz vor dem Grafen aus Schemmerberg an-gekommen waren, wo sie das notgelandete Luftschiffbestaunt hatten. Graf Zeppelin hatte seit Stundennichts gegessen und wollte daher etwas Habhaftes be-stellen. Die Wirtin bedauerte, ihre Küche sei leer undohnehin nicht auf solche Ansprüche eingerichtet. Ihreallerletzte Bratwurst hatte zuvor einer der anderenGäste geordert. Sie sollte diesem eben serviert wer-den. Als er vernahm, für den Grafen sei nichts mehr

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da, bot er ihm die Wurst an mit der Bemerkung, erhabe es in der Stadt nicht weit nach Hause und könnedort nachher seinen Hunger stillen. Nach langem ZÖ·gern nahm der Graf schließlich das Angebot an undverzehrte die Wurst mit großem Appetit. Anschlie-ßend wollte niemand nach Hause, weil noch viel zufragen und zu sagen war, und so wurde es recht spät,bis man auseinander ging. Wenige Tage darauf erhieltdie fröhliche Gesellschaft - es war ein Stammtisch -Post vom Grafen Zeppelin in Form eines großen Bildesmit eigenhändiger Unterschrift. Einige Wochen späterbrachte der Frachtexpediteur den Stammtischbrüdernsogar einige Kisten Wein, die ihnen der Graf vonseinem Weingut Girsberg im Thurgau, wo er ja auchseine Kinderjahre verbracht hatte, mit freundlichenGrüßen in Erinnerung an den schönen Abend inBiberach zukommen ließ.

In den folgenden Jahren machten die Zeppelinenicht mehr Station im Biberacher Gebiet, sondernüberflogen es nur noch, so etwa 1913 die LZ 16, 17und 21. Im Jahre 1928 war es zweimal der neue LZ127 "Graf Zeppelin", ein glückhaftes Schiff. Besen-ders bemerkenswert war hierbei das Datum des 7.November. An diesem Tage kam LZ 127 von Ulmbzw. Biberach her unter Führung von Dr. Eckener zurAusgrabungsstätte der "Wasserburg Buchau" und um-rundete diese in niedriger Höhe, freudig begrüßt vonden vielen dort anwesenden Buchauern. Unter ihnenwaren auch drei Minister der württembergischenStaatsregierung. Ein weiterer, Finanzminister Dr. Deh·linger, befand sich an Bord des Luftschiffes. Er hattebei einem vorhergehenden Besuch in Buchau ver-sprochen, die Leitung des Luftschiffes auf der Rück-fahrt von Berlin nach Möglichkeit zu veranlassen, denKurs über die "Wasserburg" zu nehmen, was ihmauch gelang. So ging es den Buchauern besser als Kai-ser Wilhelm 11.im Jahre 1909, der umsonst wartenmusste. Der Luftriese mit seinen 236,6 m Länge flogsodann am Stadtrand Buchaus vorbei und über Au-lendorf und das Schussental nach Hause. LZ 127 wur-de nach insgesamt 590 Fahrten u. a. nach Amerika, indie Arktis und um die Welt im Anschluss an das De-saster des LZ 129 .Hindenburg" am 6. Mai 1937 inLakehurst einen Monat danach außer Dienst gestelltund 1940 auf Befehl Görings in Frankfurt zerstört. InBiberach und Umgebung war der LZ 127 noch in denJahren 1929, 1932 und 1936 zu sehen. Am 29. März1936 waren sogar der "Graf Zeppelin" und der nagel-neue .Htndenburg" zusammen über dem Kreisgebiet

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Die LZ 127 über dem Buchauer Bahnhofam 7. November 1928.

unterwegs. Auch bei der letzten Fahrt des LZ 127(Überführung nach Frankfurt) am 18. Juni 1937 kam"Graf Zeppelin" über das Biberacher Oberamt.

Bei einer seiner Probefahrten fuhr das neueste(und letzte) Luftschiff LZ 130 "Graf Zeppelin II", vonMünchen kommend, am 14. September 1938 an Bi-berach vorbei. Es war als Heliumluftschiff geplant ge-wesen, musste aber wieder mit Wasserstoffgas gefülltwerden, weil die USA den Export von Helium nachDeutschland zwar erst zusagten, dann aber verwei-gerten. Es wurde 1940 zusammen mit LZ 127 inFrankfurt gesprengt, nachdem es zuvor nur Probe-fahrten durchgeführt hatte.

Schließlich bleibt auch ein trauriges Ereignis ausdem Gebiet des heutigen Landkreises Biberach inErinnerung: Bei seiner ersten Fahrt als Besatzungsmit·glied mit dem LZ 129 .Hindenburg" nach Nordame-rika kam der aus Langenenslingen stammendeMaschinist Albert Holderried (geboren 1911) bei derKatastrophe von Lakehurst in den Flammen umsLeben. Er wurde in seiner Heimatgemeinde feierlichbeigesetzt.

Die Beziehungen Biberachs bzw. Mittelbiberachszum Namen Zeppelin sollen zum Schluss nicht uner-wähnt bleiben: Als sich am 19. Februar 1909 die ein-zige Tochter des Grafen Zeppelin, Hella, mit Alexan-der Graf Brandenstein verheiratete, erhielt dieser vonKönig Wilhelm 11.von Württemberg an diesem Tage"in Ehrung der Verdienste seines Schwiegervaters undzur Erhaltung des Namens Zeppelin in dieser Familieim Mannesstamme" unter Hinzufügung zum NamenBrandenstein den Namen Graf Brandenstein-Zeppe-lin.

Bildnachweis

S.37, 40 Sammlung Willbold.S.38, 39 Sammlung Ackermann.S.41 Sammlung Mayenberger.