Bibliotheken fördern. Wie und was?

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Öffentliche Anhörung zum Entwurf eines Sächsischen Bibliotheksgesetzes Drucksache SLT 5/6104 Dr. Achim Bonte 5. Dezember 2011

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Öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Sächsisches Bibliotheksgesetz). Sächsischer Landtag, 5.12.2011

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Öffentliche Anhörung zumEntwurf eines Sächsischen Bibliotheksgesetzes

Drucksache SLT 5/6104

Dr. Achim Bonte

5. Dezember 2011

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Förderung der BibliothekenMögliche Schwerpunkte für „bewertende Stellungnahmen“

• Der Weg: Wie sollte gefördert werden?

• Das Ziel: Was sollte gefördert werden?

• Der Text: Konkrete Hinweise zum vorliegenden Gesetzentwurf?

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Förderung der BibliothekenWie sollte gefördert werden?

• Als eigenständiges Bibliotheksgesetz oder – wie aktuell in NRW auf Antrag von SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN – als übergreifendes Kulturgesetz?

• Als echtes Leistungsgesetz oder eher als rechtsverbindlicher Gestaltungsrahmen?

• In welcher Beziehung zu SächsKRG und SächsLBG?

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Förderung der BibliothekenWas sollte gefördert werden?

• Welche Herausforderungen sind für die Bibliotheken aktuell wesentlich?

• Welche Struktur sollte die sächsische Bibliothekslandschaft haben, um die Zukunft zu gewinnen?

• Welche Dienstleistungen und Servicemerkmale sollten öffentlich-rechtliche Bibliotheken besonders beachten, die sie von (kommerziellen) Konkurrenzangeboten hinreichend unterscheiden und die von ausreichend vielen Menschen tatsächlich als Mehrwert geschätzt werden?

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Förderung der BibliothekenDie entscheidende Herausforderung

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• Der Beginn des Internetzeitalters bedeutet für die Bibliotheksgeschichte eine mindestens so tiefe Zäsur wie die Erfindung des Buchdrucks

August 1991 Veröffentlichung des Projekts „World Wide Web“April 1993 Publikation des ersten graphikfähigen Webbrowsers

• Das Internet ist inzwischen die maßgebliche Infrastruktur für die Recherche, Verteilung und Nutzung von Informationen

• Vielfalt und Qualität webbasierter Angebote entwickeln sich höchst dynamisch

• Die breite Öffentlichkeit sowie Politik und Verwaltung (und auch manche Bibliothekare) definieren „Bibliothek“ gleichwohl noch vorwiegend traditionell, d.h. als Büchersammlung mit angeschlossenen Sondermedien

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Bibliotheken im UmbruchDie digitale Revolution

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Bibliotheken im UmbruchDie digitale Revolution

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Bibliotheken im UmbruchDie digitale Revolution

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Bibliotheksberufe im Umbruch.Was ist eine Bibliothek?

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Bibliotheken im UmbruchEin Servicemonopol der Bibliotheken besteht nicht mehr

• Konkurrierende Angebote kommerzieller Anbieter wachsen oft sehr viel schneller und verfügen über eine wesentlich höhere Reichweite

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Bibliotheken im UmbruchDigitale Revolution – auch bei „Büchern“

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April 2011

Die Zahl der verkauften E-Books übertrifft bei Amazon USA erstmals die Gesamtzahl der verkauften gedruckten Bücher (Hardcover und Paperback)

Im Amazon-Angebot sind inzwischen auch 25.000 E-Books in deutscher Sprache, darunter 71 der TOP 100 SPIEGEL-Bestseller. Der Kindle kostet nur noch 99 €.

November 2011

Allein die Bayerische Staatsbibliothek bietet bereits über 600.000 digitalisierte Werke frei im Internet an.

Im Wege eines Patron-Driven Acquisition-Modells vermehrt die SLUB für ihre Kunden die im SLUB-Katalog verfügbaren E-Books um über 200.000 Titel. Darunter sind über 60% der Titel nicht älter als 5 Jahre, 21% nicht älter als 1 Jahr. Knapp 9% oder 17.550 E-Books sind 2011 erschienen.

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Bibliotheken im UmbruchDie digitale Revolution. Konsequenzen

• Bericht des Deutschen Bibliotheksverbands zur Lage der Bibliotheken 2011:

„Was heißt das für die Bibliotheken selbst? Sind sie bald verlassene Orte, werden sie zu Museen einer vergangenen Lesekultur?

Ganz im Gegenteil! Die Bibliotheken erleben derzeit trotz der zahlreichen digitalen Möglichkeiten ihrer Nutzer eine regelrechte Renaissance.[...] Ausstellungen, Vorträge und Wettbewerbe laden zu Diskussionen und kostenloser Teilhabe an Kultur ein – und das Know-how der Bibliotheksmitarbeiter/innen kann keine Suchmaschine ersetzen. Auch der große Bestand an Titeln und die einzigartige Atmosphäre sind Argumente, die Leser nach wie vor von einem Besuch des Ortes Bibliothek überzeugen. Hinzu kommt die moderne Architektur vieler Bibliotheken. Das zeigen die Beispiele Chemnitz, Mülheim/Ruhr, Augsburg.“

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Bibliotheken im UmbruchDie digitale Revolution. Konsequenzen

• Der Bericht zur Lage der Bibliotheken lebt an dieser Stelle von vielen Prämissen. Die notwendigen Voraussetzungen für die postulierte Zukunftsfähigkeit muss man an jedem einzelnen Standort möglichst umfassend erfüllen können, wenn die Prognose Realität werden soll

• Obwohl der Freistaat Sachsen über eine vergleichsweise hohe Bibliotheksfinanzierung verfügt, bleiben besonders die kleinen und mittleren Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft sehr weit von dem skizzierten Ideal entfernt

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Bibliotheken im UmbruchAusstattungsmerkmale der sächsischen Bibliothekslandschaft

• Unter 482 zur Deutschen Bibliotheksstatistik 2010 gemeldeten Öffentlichen Bibliotheken in Sachsen hatten

– 79% keine Bibliothekshomepage, 75% keine Kataloginformationen im Netz

– 2% eine Ausleihe für E-Books, 7% ein Datenbankangebot

– 41% einen Jahresneuzugang unter 100 Medien, 24% Neuzugang 0

– 74% eine Stellenkapazität von weniger als einer Planstelle, 53% gar kein gewidmetes Personal

– 84% weniger als 25 Stunden pro Woche geöffnet, 58% weniger als 15

– 84% unter 1.000, 73% unter 500, 37% unter 100 Entleiher

– 67% unter 50 Neuanmeldungen im Jahr5.12.2011Dr. Achim Bonte

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Bibliotheken im UmbruchNotwendiger Umbau der Infrastruktur

• Angesichts der vielfältigen alternativen Informations- und Unterhaltungsangebote in der digitalen Welt ist dieses Bibliotheksnetz nicht überlebensfähig

• Notwendig sind die Konzentration von bibliotheksfachlichem Know-how und der Ausbau zentraler Service- und Koordinierungsfunktionen, um die Versorgung in der Fläche professionell sicherzustellen bzw. ein ausreichend attraktives Angebot zu machen

• Ortsnaher Zugang zu Wissen und Kultur wird je länger je mehr nicht zwingend statischer „physischer Zugang“ bedeuten. Flexible Serviceeinheiten und elektronische Angebote werden die nicht mehr konkurrenzfähigen Klein- und Kleinstbibliotheken ablösen müssen

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Förderung der BibliothekenWas sollte gefördert werden?

• Vertiefte Zusammenarbeit: Clusterbildung / Zweckverbände

• Die Herausbildung von etwa 10 hoch leistungsfähigen Schwerpunktbibliotheken (besondere Kompetenzen bzw. besondere Bestandsdichte)

• Ein flächendeckendes Netz von attraktiven Fahrbibliotheken

• Der quantitative und qualitative Ausbau der Landesfachstelle für Bibliotheken und deren sinnvolle behördliche Einbindung (Bibliotheks-IT, Marketing u.a.)

• Die Mobilisierung von bürgerschaftlichem Engagement zur Unterstützung der hauptamtlichen Kräfte

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Förderung der BibliothekenMobilisierung von bürgerschaftlichem Engagement

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Bibliotheken im UmbruchMarketing und Strategiebildung

• Bibliotheken benötigen je individuell eine differenzierte Profilbildung und Aufgabendefinition (vielleicht sogar neue Bezeichnungen)

• Die wenigsten Bibliotheken besitzen bislang ein ausreichendes Zukunftskonzept

• Für die Papierbibliothek wird in der Regel noch zu viel, für die neuen Aufgaben der Digitalen Bibliothek viel zu wenig Personalkapazität gewidmet

• Notwendig sind möglichst exklusive bzw. klar konkurrenzfähige Produkte und Leistungsmerkmale, die den klassischen Auftrag der Bibliotheken – Informieren, Anregen, Unterhalten – neu ausfüllen

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Förderung der BibliothekenWas sollte gefördert werden?

• Die Herstellung eines Bibliotheksentwicklungsplans, in dem auch die SLUB als

Wissenschaftliche und zugleich Öffentliche Bibliothek eine Rolle spielen sollte

• Spezifische Produkte und Leistungsmerkmale wie

- Lesepatenprogramme

- Medienboten

- überlegener Medienbestand für bestimmte Segmente oder Altersgruppen

- besondere Öffnungszeiten (Sonntagsöffnung!)

- Gebührenfreiheit

- keine kommerziellen und ideologischen Interessen

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Förderung der BibliothekenHinweise zum vorliegenden Gesetzentwurf

• Bibliotheksbegriff neu denken (s. z.B. Erreichbarkeit einer Bibliothek für jedermann in 2 km Entfernung)

• Strukturproblem stärker gewichten. Das tradierte Bibliotheknetz dient noch als Ausgangspunkt für Ausstattungsvorgaben. Landesfachstelle ausbauen

• Als richtig erkannte Instrumente konsequenter gestalten (s. z.B. landesweit zugängliche „digitale virtuelle Bibliothek“, Betrieb von Fahrbibliotheken, Kooperationen und regionale Bibliotheksverbünde)

• Die traditionelle Spartentrennung überwinden. Die Wissenschaftlichen Bibliotheken sind unter „Weitere Bibliothekstypen“ falsch platziert

• Mitwirkungsmöglichkeiten der SLUB beachten. Die strukturbildende Organisationskraft und IT-Kompetenz der Staatsbibliothek kann auch im Bereich der Öffentlichen Bibliotheken helfen (s. das Beispiel Bayern)

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Öffentliche Anhörung zumEntwurf eines Sächsischen Bibliotheksgesetzes

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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