Bienen unter mangelndes Futter - Log in | RASCH … · Neonikotinoide sind synthetisch hergestellte...

1
Die in den Stock eingeschleppte Milbe klettert von der Biene in eine Brutzelle (Drohnenbrut bevorzugt), die kurz vor der Verdeckelung steht (1). Dort befällt sie die Larve und saugt deren Blut (2). Anschliessend legt die Milbe in der Brutzelle mehrere Eier (3).  Mit dem Schlüpfen der Jungbiene verlassen auch die Milben die     Brutzelle (4) und befallen andere Bienen, um deren Blut zu saugen. Die Milben schlüpfen danach erneut in eine Brutzelle und legen dort wieder Eier. Die Varroa überträgt unter den Bienen Viren. Von der Varroa geschädigte Jungbienen haben Missbildungen, durch die sie – wenn überhaupt – nur vermindert leistungsfähig sind. Parasitierte Bienen sind kurzlebig. Deswegen gehen befallene Völker in diesen Monaten oft ein. Obstblüten werden mit Fungiziden (Pilzgiften) behandelt (etwa bei Apfelblüten gegen Spitzendürre). Dadurch werden die Pollen belas- tet. Diese können die Verdauung der Bienen stören. Gegen Schädlings- maden (etwa die Sägewespenlarve) wer- den beim Abblühen auch Insektizide auf Hormonbasis eingesetzt. Diese stören die Häutung der Maden und können auch den Bienennachwuchs schädigen. Der Befall wird regelmässig kon- trolliert. Um die Milben zu dezi- mieren, werden organische Säuren eingesetzt. Zum Beispiel wird Oxalsäure als Lösung in die Wa- bengassen geträufelt oder mit einem batteriebetriebenen Gerät verdampft. Die Behandlung schadet auch den Bienen. Die viel kleinere Varroa hat aber ein schlechteres Verhältnis von Körpervolumen zu -oberfläche und ist den Dämpfen stärker ausgesetzt. Silage- und Heuernte verwandeln Wiesen vor dem Blühen in eine grüne Wüste. Neben Monokulturen wie etwa Rapsfeldern kann dies zu einseitiger Ernährung der Bienen führen. Im Juni kann das Nahrungs- angebot sogar knapp werden, vor allem, wenn sich kein Wald im Einzugsgebiet befindet. Imker sprechen dann von einer «Trachtlücke». Schlimmstenfalls müssen die Bienen mitten im Sommer gefüttert werden. Pestizide in gebeiztem Saatgut: Neonikotinoide Die Varroamilbe Einseitiges oder mangelndes Futter Varroabehandlung Februar Januar Dezember November Oktober September August Juli Juni Mai April März 1 1 2 3 4 5 westliche Honigbiene (Apis mellifera) ILLUSTRATION: ATELIER OCULUS Neonikotinoide sind synthetisch hergestellte Nervengifte und ähneln, wie der Name sagt, dem Wirkstoff Nikotin. Sie stören die Kommunikation zwischen den Nervenzellen. Vergiftete Bienen verlieren die Orientierung, beginnen zu zittern oder machen unkoordinierte Bewegungen. Bienen können durch unsachgemässe Anwendung mit dem Gift in Berührung kommen, zum Beispiel wenn bei der Aussaat Pestizidabrieb entsteht, der auf blühende Wiesen geweht wird (1). Die Wirkstoffe können Bienen aber auch auf anderen Wegen schädigen, denn Neonikotinoide sind systemische Pestizide: Das heisst, sie verbreiten sich in allen Teilen einer beha ndelten Pflanze. Deshalb sind unter Umständen  auch Guttationstropfen (2) (Wasser, das von der Pflanze ausgeschieden und von Bienen aufgenommen wird) und Pollen (3) problematisch. Pestizide auf Obstblüten 2 3 4 5 mögliches Massensterben im Bienenstock Die wichtigsten Stressfaktoren, die den Bienen das Jahr hindurch zusetzen können. Befall der Bienen/der Brut durch Varroamilben Monokulturen auf Feldern/ Futterknappheit Varroabehandlungen durch den Imker Mit Fungiziden belastete Pollen in Obstblüten Aufnahme von Nikotinoiden auf Feldern und Pflanzen/ Schwächung durch Ernährung mit Pollen, die mit Nikotinoiden belastet sind QUELLEN: AGROSCOPE; MATTHIAS LEHNHERR: «IMKERBUCH» (ARISTAIOS-VERLAG) 1 1 3 3 3 2 2 5 4 5 1 3 ? ? 2 1 2 3 4 1,6mm Entwicklung des Bienenvolks innerhalb eines Jahres 40 000 30 000 20 000 10 000 0 Durchschnittliche Anzahl Bienen und Brut Winterbienen Winterbrut Sommerbienen Sommerbrut mögliches Massen- sterben Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. In einem Honigbienen- volk schlüpfen jährlich bis zu 200 000 Arbeite- rinnen. Sommerbienen leben nur rund 40 Tage. Die stete Erneuerung des Volkes hilft, Krank- heiten einzudämmen, da allfällige Erreger mit- sterben. Ab Juli schlüp- fen langlebigere Winter- bienen, von denen 5000 bis 12 000 einwintern. Dezember bis Ende Januar ist das Volk brut- frei, es schlüpft also auch kein Nachwuchs. Bienen unter Stress Von Monokulturen bis zur Varroamilbe: Verschiedene Faktoren können die Bienen das Jahr über so schwächen, dass im Winter das ganze Volk sterben kann. Text: Balz Ruchti; Infografik: Daniel Röttele und Anne Seeger

Transcript of Bienen unter mangelndes Futter - Log in | RASCH … · Neonikotinoide sind synthetisch hergestellte...

Die in den Stock eingeschleppte Milbe klettert von der Biene in eine Brutzelle

(Drohnenbrut bevorzugt), die kurz vor der Verdeckelung steht (1).

Dort befällt sie die Larve und saugt deren Blut (2).

Anschliessend legt die Milbe in der Brutzelle

mehrere Eier (3). !Mit dem Schlüpfen

der Jungbiene verlassen auch die Milben die !!!!Brutzelle (4) und befallen andere Bienen, um deren Blut zu saugen. Die Milben schlüpfen danach erneut in eine Brutzelle und legen dort wieder Eier. Die Varroa überträgt unter den Bienen Viren. Von der Varroa geschädigte Jungbienen haben Missbildungen, durch die sie – wenn überhaupt – nur vermindert leistungsfähig

sind. Parasitierte Bienen sind kurzlebig. Deswegen

gehen befallene Völker in diesen Monaten oft ein.

Obstblüten werden mit Fungiziden (Pilzgiften) behandelt (etwa bei Apfelblüten gegen Spitzendürre). Dadurch werden die Pollen belas-tet. Diese können die Verdauung der Bienen stören. Gegen Schädlings- maden (etwa die Sägewespenlarve) wer-den beim Abblühen auch Insektizide auf Hormonbasis eingesetzt. Diese stören die Häutung der Maden und können auch den Bienennachwuchs schädigen.

Der Befall wird regelmässig kon-trolliert. Um die Milben zu dezi-mieren, werden organische Säuren eingesetzt. Zum Beispiel wird Oxalsäure als Lösung in die Wa- bengassen geträufelt oder mit einem batteriebetriebenen Gerät verdampft. Die Behandlung schadet auch den Bienen. Die viel kleinere Varroa hat aber ein schlechteres Verhältnis von Körpervolumen zu -oberfläche und ist den Dämpfen stärker ausgesetzt.

Silage- und Heuernte verwandeln Wiesen vor dem Blühen in eine grüne Wüste. Neben Monokulturen wie etwa Rapsfeldern kann dies zu einseitiger Ernährung der Bienen führen. Im Juni kann das Nahrungs-angebot sogar knapp werden, vor allem, wenn sich kein Wald im Einzugsgebiet befindet. Imker sprechen dann von einer «Trachtlücke». Schlimmstenfalls müssen die Bienen mitten im Sommer gefüttert werden.

Pestizide in gebeiztem Saatgut: Neonikotinoide

Die Varroamilbe Einseitiges oder mangelndes Futter

Varroabehandlung

Februar

JanuarDezember

Novem

ber

Okto

ber

Sept

embe

r

Augus

t

Juli Juni

Mai

AprilM

ärz

1

1

2

3

4

5

westliche Honigbiene (Apis mellifera)ILLUSTRATION: ATELIER OCULUS

Neonikotinoide sind synthetisch hergestellte Nervengifte und ähneln, wie der Name sagt, dem Wirkstoff Nikotin. Sie stören die Kommunikation zwischen den Nervenzellen. Vergiftete Bienen verlieren die Orientierung, beginnen zu zittern oder machen unkoordinierte Bewegungen. Bienen können durch unsachgemässe Anwendung mit dem Gift in Berührung kommen, zum Beispiel wenn bei der Aussaat Pestizidabrieb entsteht, der auf blühende Wiesen geweht wird (1). Die Wirkstoffe können Bienen aber auch auf anderen Wegen schädigen,

denn Neonikotinoide sind systemische Pestizide: Das heisst, sie verbreiten sich in allen Teilen einer beha!ndelten Pflanze. Deshalb sind unter Umständen !auch

Guttationstropfen (2) (Wasser, das von der Pflanze ausgeschieden und von Bienen aufgenommen wird) und Pollen (3) problematisch.

Pestizide auf Obstblüten

2

3

4

5

mögliches Massensterben im Bienenstock

Die wichtigsten Stressfaktoren, die den Bienen das Jahr hindurch zusetzen können.

Befall der Bienen/der Brut durch Varroamilben

Monokulturen auf Feldern/Futterknappheit

Varroabehandlungen durch den Imker

Mit Fungiziden belastete Pollen in Obstblüten

Aufnahme von Nikotinoiden auf Feldern und Pflanzen/ Schwächung durch Ernährung mit Pollen, die mit Nikotinoiden belastet sind

QUELLEN: AGROSCOPE; MATTHIAS LEHNHERR: «IMKERBUCH» (ARISTAIOS-VERLAG)

1

1

3

3

3

2

2

5

45

1

3

?

?

2

1

23

4

1,6mm

Entwicklung des Bienenvolks innerhalb eines Jahres40 000

30 000

20 000

10 000

0

Durchschnittliche Anzahl Bienen und Brut

Winterbienen Winterbrut Sommerbienen SommerbrutmöglichesMassen-sterben

Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.

In einem Honigbienen-volk schlüpfen jährlich bis zu 200 000 Arbeite-rinnen. Sommerbienen leben nur rund 40 Tage. Die stete Erneuerung des Volkes hilft, Krank-heiten einzudämmen, da allfällige Erreger mit-sterben. Ab Juli schlüp-fen langlebigere Winter-bienen, von denen 5000 bis 12 000 einwintern. Dezember bis Ende Januar ist das Volk brut-frei, es schlüpft also auch kein Nachwuchs.

Bienen unter StressVon Monokulturen bis zur Varroamilbe: Verschiedene Faktoren können die Bienen das Jahr über so schwächen, dass im Winter das ganze Volk sterben kann. Text: Balz Ruchti; Infografik: Daniel Röttele und Anne Seeger