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Bikihkimatsmimtanir MONATSBEILAGE DES REMSCHEIDER GENERAL-ANZ’ElqERS Nr. 2 / 56. Jahrgang Mitteilungsblatt des Bergischen Geschicht-vereint Abteilung Remscheid Februar 1989 Geheimrat Dr. Carl Leverkus Streiflichter auf sein Leben und Werk anläßlich seines 100. Todestages am 1. Februar 1989 Von Karl Schumacher, Santander (2. Teil) und Schluß Fortsetzung aus der Januar—Ausgabe Während der fünfziger Jahre wurde die Not- wendigkeit einer Betriebsverlegung immer akuter. Fern von jeglichem Eisenbahnan- schluß und Schiffsverkehr hatte die erste Ul- tramarinfabrik Preußens 25 Jahre in Wermels- kirchen bestanden, als Carl Leverkus von den Höhen des Bergischen Landes hinabstieg, um an den Ufern des großen Stromes, in der Nähe der Station Küppersteg der Köln—Mindener Ei- senbahn, auf dem sogenannten „Kahlberg‘“ zwischen Wiesdorf und Flittard einen neuen Standort'für seinen expandierenden Betrieb zu suchen. Direkt am Rheinufer erwarb er dann nach und nach wie später aus dem notariellen Verkaufsakt von 1891 einzeln her- vorgeht - die nötigen Grundstücke, Felder und Wiesen von den eingesessenen Bauern, Fischern und anderen Grundeigentümern. Im Jahre 1860 konnte schon mit dem Bau begon- nen werden, dessen Überwachung hauptsäch- lich in den Händen des inzwischen herange- waehsenen ältesten Sohnes, Julius, lag. 1863, im Gründungsjahr der Firma Friedrich Bayer in Barmen und des Bergischen Geschichtsver— eins in Elberfeld, wurde der Betrieb schon zu einem Drittel, 1864 voil aufgenommen und die Wermelskirchener Fabrik stillgelegt. Dies war, vor nunmehr 125 Jahren, die Geburts- stunde der später mit ihren zahlreichen Far- ben-, Pharma-‚ Kunststoff— . a. Produkten den Weltmarkt beherrschenden Chemiestadt, und ihr Wermelskirchener Gründer damit wie einer seiner Urenkel vor Jahren einmal schalkhaft, aber ökologisch durchaus zutref— feng bemerkte —- „der erste Rheinverschmut- zer. Das neue Anwesen nannte Carl Leverkus nach dern Herkunftsort seines Geschlechtes, einem kleinen Weiler bei Lennep, Leverku— sen, und auf den Briefbögen seiner Geschäfts— briefe findet sich seitdem die Anschrift „Rhei— nische Ultramarin—Fabrik Dr. Carl Leverkus, Leverkusen bei Coeln a. Rhein“, woraus der Wiesdorfer Volksmund für einige Jahrzehnte „Die Bläu“ machte, so wie er noch despektier— licher seine im Tudorstil erbaute Villa „Die Mäuseburg“ nannte. Doch „Bläu“ hin, „Mäuo seburg“ her, sein Lebenswerk, die Farbenfa- brik zu Leverkusen am Rhein, wurde mit den Jahren zu einem der damals modernsten che- mischen Unternehmen, das unter seiner her- vorragenden Leitung außer den neuesten tech- nischen, auch die denkbar besten sozialen Ein- richtungen für die Arbeiter und Angestellten, wie Konsumverein, Kasino, eine eigene evan— gelische Schule für die Kinder seiner ebenfalls « übergesiedelten Wermelskirchener Arbeit- nehmer hier im überwiegend katholischen Umfeld, eigene Arbeiterwohnungen usw. ., schuf. Der Start des neuen Betriebes litt aller— dings darunter, daß das traditionelle Produk- tionsprogramm in erster Linie nur die hoch- wertigen Qualitäten umfaßte, die nach Eng- land, Rußland und Nordamerika exportiert wurden.. Durch den amerikanischen Sezes- sionskrieg (1861—1865), wie auch die schlechte Finanzlage Rußlands zur selben Zeit wurde aber das Geschäft empfindlich estört. Doch trotz dieser Hindernisse und die bersiedlung von Wermelskirchen nach Leverkusen konnte Der Gründer von Leverkusen am Rhein Dr. Carl Leverkus, nach einem Gemälde eines Schülers von Wilhelm Leib! Aus unserem Programm Samstag. 4. März: Mitgliederversammlung der BGV-Abteilung Remscheid mit Vorstandswahlen und einem Kurzvortrag von Karl Friedrich Bohne „Deut- sches Papiergeld- Vom preußischen Kassenbil- lett zur DM- -Währung“; 16 Uhr. in der Kloster- kirche Lennep; . Donnershg, 16. März: „Die sächsisch—bergische Hochzeit auf Schloß Burg 1526 Dynastische Aspekte der Reforma— tion im Bergischen Land“, Vortrag von Dr. Gunther Wartenberg. Karl-Marx—Universität Leipzig. Sektion Theologie; 19.30 Uhr. Heimat- museum RemscheidoHaslen, Cleffstraße; Samsug, 8. April: Die Großherzoglieh—bergische Post 1806 - 1813“. Vortrag von Oberpostdirektor LR. Alfred Brass; 16.30 Uhr, Postkantine Elberfel- der Str. 34, Eingang E; Samstag, 29. April: Jahreshauptversammlung des Bergischen Ge- schichtsvereins in Overath; Beiprogramm: Be- sichtigungen in Dhünn, Delling, Lindlar, Frie- lingsdorfl Engelskirchen und Overath. Führung Hans Euler; Abfahrt Kreishaus Lennep 8.15 Carl Leverkus in dem Jahrzehnt zwischen 1862 und 1872 seine Produktion verdreifa- ehen. Eine Vorstellung von seiner günstigen Wettbewerbsposition unter den Ultramarinfa- briken 1m Jahre 1872 mit mehr als 500 Tonnen Jahresausstoß vermittelt folgende Übersicht: 1. Nürnberger Ultramarinfabrik 314 Arbeiter ' 1135 Tonnen 2. Rhein. Ultramarinfabrik von Dr. C. Leverkus _ 162 Arbeiter 751 Tonnen 3. Hannover. Ultramarinfabrik '_ 140 Arbeiter 800 Tonnen 4. Julius Curtius, Duisburg 110 Arbeiter 750 Tonnen 5. Wilhelm Büchner, Pfungstadt 80 Arbeiter 642 Tonnen Gemessen an der Beschäftigtenzahl stand also die Fabrik in Leverkusen an zweiter und ton- nagemäßig an dritter Stelle unter den führen- den Ultramarinproduzenten Deutschlands. Während der siebziger Jahre erreichte die Pro- duktion sowohl in Leverkusen wie überall in Deutschland ihren Höhepunkt. Im Jahre 1876 stieg die Exportquote schließlich auf 82 Pro« zent. Die dann langsam einsetzende Wirt- schaftskrise machte sich jedoch bald empfind- lich bemerkbar, so daß die Produktion bis 1879 um 20 Prozent eingeschränkt werden mußte. Neben der Überkapazität auf dem U1- tramarinmarkt war hierfür auch die Konkur- renz der neuen Anilinfarben verantwortlich. Damit begann insgesamt gesehen „. . . eine lange Zeit sinnloser und substanzverzehren- der Preisschleuderei . . .“, wie es in einem Rückblick der Firma heißt. 1874, in seinem siebzigsten Lebensjahr, betrat Carl Leverkus noch Neuland, indem er seinem Ultramarin- Fortsetzung nächste Seite Uhr, Ebertplatz RS 8.30 Uhr und Wermelskir- chen 8.45 Uhr; 4.— 7. Mai. Studienfahrt nach Würzburg. siehe Sonderpro- spekt;Anmeldesch1uß am 17. März; Samstag/Sonntag, 3/4. Juni: Symposium zur Geschichte der Bergischen Ei- senindustrie seit 1800; Gemeinschaftsveranstal- tung: Deutsches Werkzeugmuseum, Stadtarchiv Remscheid, Verein deutscher Eisenhüttenleute und Bergischer Geschichtsverein. Vorherige Anmeldung ist erforderlich, da Teilnehmerzahl begrenzt. Sonntag, 11. Juni: Studienfahrt nach Monschau und in die Eifel, Besichtigung der Stadt und des „Roten Hauses“ in Monschau. Burg Reifferscheid und Kloster Steinfeld. Leiter Dr. Walter Lorenz; Abfahrt äreishaus Lennep 6.30 Uhr, Ebenplatz RS 6.45 hr. . Auskünfte: Bergischer Geschichtsverein, Abtei- lung Remscheid, Geschäftsstelle: Honsberger Str. 4 (Stadtarchiv). ‘EO 21 91 / 44 25 83 oder Dr. Walter Lorenz, Gewerbeschulstr. 8, @ 02191/292311.

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BikihkimatsmimtanirMONATSBEILAGE DES REMSCHEIDER GENERAL-ANZ’ElqERS

Nr. 2 / 56. Jahrgang Mitteilungsblatt des Bergischen Geschicht-vereint — Abteilung Remscheid Februar 1989

Geheimrat Dr. Carl LeverkusStreiflichter auf sein Leben und Werk anläßlich seines 100. Todestages am 1. Februar 1989

Von Karl Schumacher, Santander (2. Teil) und Schluß

Fortsetzung aus der Januar—Ausgabe

Während der fünfziger Jahre wurde die Not-wendigkeit einer Betriebsverlegung immerakuter. Fern von jeglichem Eisenbahnan-schluß und Schiffsverkehr hatte die erste Ul-tramarinfabrik Preußens 25 Jahre in Wermels-kirchen bestanden, als Carl Leverkus von denHöhen des Bergischen Landes hinabstieg, uman den Ufern des großen Stromes, in der Näheder Station Küppersteg der Köln—Mindener Ei-senbahn, auf dem sogenannten „Kahlberg‘“zwischen Wiesdorf und Flittard einen neuenStandort'für seinen expandierenden Betriebzu suchen. Direkt am Rheinufer erwarb erdann nach und nach — wie später aus demnotariellen Verkaufsakt von 1891 einzeln her-vorgeht - die nötigen Grundstücke, Felderund Wiesen von den eingesessenen Bauern,Fischern und anderen Grundeigentümern. ImJahre 1860 konnte schon mit dem Bau begon-nen werden, dessen Überwachung hauptsäch-lich in den Händen des inzwischen herange-waehsenen ältesten Sohnes, Julius, lag. 1863,im Gründungsjahr der Firma Friedrich Bayerin Barmen und des Bergischen Geschichtsver—eins in Elberfeld, wurde der Betrieb schon zueinem Drittel, 1864 voil aufgenommen unddie Wermelskirchener Fabrik stillgelegt. Dieswar, vor nunmehr 125 Jahren, die Geburts-stunde der später mit ihren zahlreichen Far-ben-, Pharma-‚ Kunststoff— . a. Produkten denWeltmarkt beherrschenden Chemiestadt, undihr Wermelskirchener Gründer damit — wieeiner seiner Urenkel vor Jahren einmalschalkhaft, aber ökologisch durchaus zutref—feng bemerkte —- „der erste Rheinverschmut-zer.Das neue Anwesen nannte Carl Leverkusnach dern Herkunftsort seines Geschlechtes,einem kleinen Weiler bei Lennep, Leverku—sen, und auf den Briefbögen seiner Geschäfts—briefe findet sich seitdem die Anschrift „Rhei—nische Ultramarin—Fabrik Dr. Carl Leverkus,Leverkusen bei Coeln a. Rhein“, woraus derWiesdorfer Volksmund für einige Jahrzehnte„Die Bläu“ machte, so wie er noch despektier—licher seine im Tudorstil erbaute Villa „DieMäuseburg“ nannte. Doch „Bläu“ hin, „Mäuoseburg“ her, sein Lebenswerk, die Farbenfa-brik zu Leverkusen am Rhein, wurde mit denJahren zu einem der damals modernsten che-mischen Unternehmen, das unter seiner her-vorragenden Leitung außer den neuesten tech-nischen, auch die denkbar besten sozialen Ein-richtungen für die Arbeiter und Angestellten,wie Konsumverein, Kasino, eine eigene evan—gelische Schule für die Kinder seiner ebenfalls

« übergesiedelten Wermelskirchener Arbeit-nehmer hier im überwiegend katholischenUmfeld, eigene Arbeiterwohnungen usw..,schuf. Der Start des neuen Betriebes litt aller—dings darunter, daß das traditionelle Produk-tionsprogramm in erster Linie nur die hoch-wertigen Qualitäten umfaßte, die nach Eng-

land, Rußland und Nordamerika exportiertwurden.. Durch den amerikanischen Sezes-sionskrieg (1861—1865), wie auch die schlechteFinanzlage Rußlands zur selben Zeit wurdeaber das Geschäft empfindlich estört. Dochtrotz dieser Hindernisse und die bersiedlungvon Wermelskirchen nach Leverkusen konnte

Der Gründer vonLeverkusen am Rhein

Dr. Carl Leverkus, nach einem Gemälde einesSchülers von Wilhelm Leib!

Aus unserem ProgrammSamstag. 4. März:Mitgliederversammlung der BGV-AbteilungRemscheid mit Vorstandswahlen und einemKurzvortrag von Karl Friedrich Bohne „Deut-sches Papiergeld- Vom preußischen Kassenbil-lett zur DM--Währung“; 16 Uhr.in der Kloster-kirche Lennep; .Donnershg, 16. März:„Die sächsisch—bergische Hochzeit auf SchloßBurg 1526 — Dynastische Aspekte der Reforma—tion im Bergischen Land“, Vortrag von Dr.Gunther Wartenberg. Karl-Marx—UniversitätLeipzig. Sektion Theologie; 19.30 Uhr. Heimat-museum RemscheidoHaslen, Cleffstraße;Samsug, 8. April:Die Großherzoglieh—bergische Post1806 - 1813“. Vortrag von Oberpostdirektor LR.Alfred Brass; 16.30 Uhr, Postkantine Elberfel-der Str. 34, Eingang E;Samstag, 29. April:Jahreshauptversammlung des Bergischen Ge-schichtsvereins in Overath; Beiprogramm: Be-sichtigungen in Dhünn, Delling, Lindlar, Frie-lingsdorfl Engelskirchen und Overath. FührungHans Euler; Abfahrt Kreishaus Lennep 8.15

Carl Leverkus in dem Jahrzehnt zwischen1862 und 1872 seine Produktion verdreifa-ehen. Eine Vorstellung von seiner günstigenWettbewerbsposition unter den Ultramarinfa-briken1m Jahre 1872 mit mehr als 500 TonnenJahresausstoß vermittelt folgende Übersicht:1. Nürnberger Ultramarinfabrik

314 Arbeiter ' 1135 Tonnen2. Rhein. Ultramarinfabrik von

Dr. C. Leverkus _162 Arbeiter 751 Tonnen

3. Hannover. Ultramarinfabrik '_140 Arbeiter 800 Tonnen

4. Julius Curtius, Duisburg110 Arbeiter 750 Tonnen

5. Wilhelm Büchner, Pfungstadt80 Arbeiter 642 Tonnen

‘ Gemessen an der Beschäftigtenzahl stand alsodie Fabrik in Leverkusen an zweiter und ton-nagemäßig an dritter Stelle unter den führen-den Ultramarinproduzenten Deutschlands.Während der siebziger Jahre erreichte die Pro-duktion sowohl in Leverkusen wie überall inDeutschland ihren Höhepunkt. Im Jahre 1876stieg die Exportquote schließlich auf 82 Pro«zent. Die dann langsam einsetzende Wirt-schaftskrise machte sich jedoch bald empfind-lich bemerkbar, so daß die Produktion bis1879 um 20 Prozent eingeschränkt werdenmußte. Neben der Überkapazität auf dem U1-tramarinmarkt war hierfür auch die Konkur-renz der neuen Anilinfarben verantwortlich.Damit begann insgesamt gesehen „. . . einelange Zeit sinnloser und substanzverzehren-der Preisschleuderei . . .“, wie es in einemRückblick der Firma heißt. 1874, in seinemsiebzigsten Lebensjahr, betrat Carl Leverkusnoch Neuland, indem er seinem Ultramarin-

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Uhr, Ebertplatz RS 8.30 Uhr und Wermelskir-chen 8.45 Uhr;4.—7. Mai.Studienfahrt nach Würzburg. siehe Sonderpro-spekt;Anmeldesch1uß am 17. März;

Samstag/Sonntag, 3/4. Juni:Symposium zur Geschichte der Bergischen Ei-senindustrie seit 1800; Gemeinschaftsveranstal-tung: Deutsches Werkzeugmuseum, StadtarchivRemscheid, Verein deutscher Eisenhüttenleuteund Bergischer Geschichtsverein. VorherigeAnmeldung ist erforderlich, da Teilnehmerzahlbegrenzt.Sonntag, 11. Juni:Studienfahrt nach Monschau und in die Eifel,Besichtigung der Stadt und des „Roten Hauses“in Monschau. Burg Reifferscheid und KlosterSteinfeld. Leiter Dr. Walter Lorenz; Abfahrtäreishaus Lennep 6.30 Uhr, Ebenplatz RS 6.45

hr..

Auskünfte: Bergischer Geschichtsverein, Abtei-lung Remscheid, Geschäftsstelle: HonsbergerStr. 4 (Stadtarchiv). ‘EO 21 91 / 44 25 83 oderDr. Walter Lorenz, Gewerbeschulstr. 8,@ 02191/292311.

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Carl Leverkus betritt NeulandFortsetzung von vorheriger Seitebetrieb- einen weiteren zur Herstellung des1868 erfundenen Alizarin angliederte, womiter einen Schritt in das Gebiet der organischenChemie vollzog. Zur selben Zeit machte erauch seine vier Söhne, nämlich den schon er-wähnten Julius (1840—1890), Carl 1845—1925),Ernst 1851—1936) und Otto (1856—1934) zu sei-nen Teilhabern und führte die Firma fortanunter dem Namen „Rheinische Ultramarin-nnd Alizarinfabrik von Cr. Carl Leverkus &Söhne“, wodurch der alternde Mann eine not-wendige Entlastung erfuhr. Und noch zu sei-nen Lebzeiten kam es zu einer weiteren bedeu-tenden Vergrößerung, als man 1886 ein Zweig-werk in dem russischen Ostseehafen Mühlgra—ben bei Riga in Lettland errichtete.Im Alter von jetzt 82 Jahren konnte Carl Le-verkus mit Recht auf ein reich gesegnetes underfülltes Leben zurückblicken. Und so bliebauch dem Zeitgenossen von Heinrich E.Merck (Pharmaproduzent in Darmstadt),Friedrich F. Runge (Erforscher des Steinkoh-lenteers) und dem Nestor der chemischen Wis-senschaften Justus von Liebig die äußere Aner-kennung nicht versagt. 1873 wurde er zumKommerzienrat ernannt und erhielt 1876 denKronenorden 111. Klasse; und während ihnseine Vaterstadt Wermelskirchen am 27. Okto-ber 1884 zum Ehrenbürger ernannte, verliehihm sein Landesherr, Kaiser und König Wil-helm I., aniäßlich seines SOjährigen Ge-schäftsjubiläums auch Titel und Charakter alsGeheimer Kommerzienrat. Im 85. Jahr seineserfolgreichen Lebens starb schließlich CarlLeverkus am 1. Februar 1889 in dem von ihmgegründeten Leverkusen am Rhein und wurdein der Familiengrabstätte auf dem Wermels-kirchener stadtfriedhof an der Berliner Straßeunweit seiner ersten Fabrik beigesetzt. seineErben aber setzten — wenn auch nach 1891 nurnoch teilweise in Leverkusen — sein Werk fort,eingedenk der Worte Justus von Liebigs:

„Die Krone aller Entdeckungen der Mi-neralchemie in Beziehung auf die Her-vorbringung von Mineralien ist diekünstliche Erzeugung des Ultrama-rms.“ ·

1891 und die FolgenUnter diesem Titel beschließt die Festschriftzum 50jährigen Stadtjubiläum von Leverku-sen das Kapitel .,Leverkus“ und bginnt dasneue, das heute bekanntere Kapitel „Bayer“.

Und auch wir wollen noch aus besonderemGrunde-) nach dem Ableben des Firmen- undstadtgründers kurz in Leverlcusen verweilen,um den Übergang des Betriebs von der einenin die andere Hand mit ein paar Worten auf—zuzeigen.Im Rückblick auf 140 Jahre in „Fortschritt,Wachstum und Verantwortung“ wird festge-stellt, daß unmittelbar nach C. Leverkus’ Tod,„. . . eine der wichtigsten, aber auch schwierig-sten Aufgaben die Bereinigung des Ultrama—rinmarktes war . . .“, denn nach Berichten ausden 80er Jahren des 19. Jahrhunderts muß derWettbewerb mit einer solchen Rücksichtslo-sigkeit geführt worden sein, „. . . die jeder Be-schreibung spottete . . ., so daß man heutewohl begreift, daß die Unternehmer gern ihreHand zum Zusammenschluß reichten . . .“.Aus diesem Grunde fusionierten unter Füh-rung der drei größten Ultramarinhersteller,nämlich Leverkus, Zeltner und Curtius, 14 der19 noch bestehenden Fabriken zu „VereinigteUltramarinfabriken AG vorm. Leverkus, Zelt-ner und Consorten“. Es war dies der erste gro-Be Zusammenschluß, den die deutsche chemi-sche Industrie im Jahre 1890 erlebte. Die Füh-rung des neuen Großunternehmens lag zu-nächst in'Händen der leitenden Herren derZeltnerschen Fabrik in Nürnberg. Am Endedes Jahrhunderts wurde die Zentrale abernach Köln verlegt und die Leitung Carl Lever-kus jun. übertragen, unter dem im Jahre 1891auch schon die ersten Teilverkäufe an die E1-berfelder Firma von Friedrich Bayer getätigtwurden. Am 5. Dezember 1891 nämlichschlossen vor dem Kgl. Preuss. Notar EmilKrumbiegel zu Elberfeld „Herr Carl Leverkus(jun.), Fabrikbesitzer zu Leverkusen bei Mül—heim am Rhein als Verkäufer, und die HerrenA) Henry Theodor Böttinger, und B) FriedrichBayer (jun.), Fabrikdirektoren zu Elberfeld alsAnkäufer“, den ersten Kaufvertrag (Re-pert.-Nr. 3150). Damit ging zunächst der Ali-zarinbetrieb und durch weitere Teilverkäufebis 1917 nach und nach auch der restlicheGrund- und Gebäudebesitz der Firma Lever-kus in das Eigentum der Elberfelder Farbenfa-briken über. Diese entsandte bald nach demersten Ankauf ihren jungen, aber schon rechtbedeutenden Chemiker und Organisator, Dr.Carl Duisberg, nach Leverkusen, um die Neu-erwerbung am Rhein in Augenschein zu neh-

Fortsetzung nächste Seite

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1 Firmenprospekl der Ultramarinfabrik Leverkus mit den Werken in Wermelskirchen und Leverkusen

Eine Medaille hat die Stadt Leverkusen ausAnlaß des 100. Todestages von Carl Leverkusherausgegeben: Die Vorderseite zeigt den ge—biirligen Wermelskirchener — Rückseire: eineAnsicht der Bayer-Werke von der Rheinseile.

Anmerkungen‘) Frdl. Mitteilung von Herrn Prof. Dr. Wolfgang Köll-mann. Ruhr-Universität Bochum, vom 23. 6. 1988.2) Frdl. Mitteilung vom Geheimen Staatsarchiv — Preu-ßischer Ku1turbesitz. Berlin-Dahlem. vom 9. 8. 1988.Der Patentnachweis befindet sich nach dieser Mittei-lung in der Repositur 120 (Preußsches Handelsministe-rium). Die Unterlagen wurden im Zweiten Weltkriegausgelagert und werden derzeit im „Zentralen Staatsar-chiv der DDR. DDR-4200 Merseburg, König—Heinrich-Straße 37“ aufbewahrt.’) Es ist oft unverständlich. was an sachlichen Ge-schichtsirrtümern (ob nun bewußt oder unbewußt,bleibt dahingestellt) sowohl in offiziellen wie privatenVeröffentlichungen manchmal weiterkolportiert wor-den ist und z. T. auch noch wird. Unverständlich beson-ders dann auch. wenn es sich dabei um Ereignisse derjüngeren Geschichte handelt. obwohl uns eindeutigeund verhältnismäßig leicht zugängliche Quellen beleh-ren, daß manche bisher vertretene Hypothesen in dieFabelwelt der zwar interessanten und unterhaltsamen.aber urkundlich nicht beweisbaren „Vertällchen“ ver-wiesen werden müssen. Zwei Beispiele dazu bietet dasvorstehende Thema „Leverkus“. denn:a) war carl Leverkus 1834/35 nicht der erste Ultrama-rinhersteller in Deutschland (gesamtstaatlich gesehen.denn die Bismarcksche Reichsgründung erfolgte erst1871). wohl aber in Preußen, einem Teilstaat des spätergeeinten Reiches, so wie es klar aus der preußischenPatenterteilung von 1838 hervorgeht. Er kann deshalbnur als einer der Mitbegründer der deutschen Ultrama-rinindustrie angesehen werden.b) muß der (anscheinend weit verbreiteten) Ansichtentgegengetreten werden, wonach Carl Leverkus „Teil—halber“ der Firma Bayer gewesen sei. oder gar einer ihrer„Gründer“, wie es allen Ernstes 1973 im Wermelskir-chen-Buch „Aus alten und neuen Tagebüchern eines lie-benswürdigen Straßenmädchens“ (Seite 149) von Karl-Heinz Marpe und Paul Hombrccher behauptet wordenist. mdem sie schreiben: „. . . der hier (in Wermelskir-chen) seine erste Ultramarinfabrik gründete und durchihre Verlegung zum Rhein Mitbegründer (sie!) der Far-benfabriken Bayer wurde . . .“ — Die oben zitierte nota-rielle Verkaufsurkunde vom 5. 12. 1891 spricht aber klarund eindeutig von der Firma Leverkus als Verkäuferin.und der Firma Bayer als Ankäuferin. Eine weitergehen-de Beziehung zwischen beiden Firmen — falls man die—sen Yerkaufsvertrag als „Beziehung“ ansehen will — hates nie gegeben, denn auch in der Firmengeschichte Bay-er g1bt es dafür keinerlei Anhaltspunkte.

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Von Leverkus zuBayer Leverkusen

Fortsetzung von vorheriger Seitemen. Carl Duisberg hat später seinen erstenEindruck in folgende Worte gefaßt:

„Als wir vor 32 Jahren von Elberfeldnach hier kamen, fanden wir weder ei—ne Gemeinde Wiesdorf noch eine Ge-meinde Leverkusen vor. Die Gemein-deverwaltung hatte damals den NamenKüppersteg. Das in der Wiese gelegeneDorf ,Wiesdorf‘ hatte nur ein paar hun—dert Einwohner, und wie es in den Stra-ßen des Dorfes aussah, darüber will ichlieber schweigen . . .“

Trotz —- oder gerade wegen (?) — dieses nieder-schmetternden ersten Eindrucks hat “dann die-ser Carl Duisberg, ebenfalls ein Sohn des Ber—gischen Landes aus dem Wuppertal, das Heftenergisch in die Hand genommen, indem erschon im Januar 1893 in seiner „Denkschriftüber den Aufbau und die Organisation derFarbenfabriken zu Leverkusen“ seine Plänefür einen großzügigen Auf— und Ausbau derkünftigen Farbenstadt vorlegte. So „. . . wie ei—ne Stadtverwaltung für Jahrzehnte hinausStraßenlinien festlegt.. .“, so konzipierte erauf dem Reißbrett „sein“ großes Werk für dieZukunft. Dazu heißt es in der genanntenDenkschrift unter anderem:

„Die sämtlichen Hauptverkehrsstrassenzu Leverkusen sollten gradlinig undmöglichst breit angelegt werden . . .Durch diese grossen Strassen denkenwir uns nun die gesamte Fabrik in 7grosse Abteilungen zerlegt. . . . Diese 7grosse Abteilungen sind nun folgende:1) Die Abteilung für anorganischenGrossbetriebII) Die Abteilung für organische Zwi-schenprodukte111) Die Abteilung für Alizarin undAlizarinfarbstoffeIV) Die Anilinfarben-AbteilungV) Die Abteilung für pharmazeutischeProdukteV1) Die Abteilung für den Werkstät-tenbetriebVII) Die Verwaltungs— und Betriebsab—teilung“

Mit der Annahme dieser Pläne durch die Bay-

er-Direktion in Elberfeld waren die Weichenfür die moderne Farbenstadt von heute anRhein, Wupper und Dhünn gestellt. DemGründer Carl Leverkus aus Wermelskirchenfolgte nun der Konstrukteur und geniale Orga-nisator Carl Duisberg aus Barmen, dem es vor-behalten war, das Leverkusener Werk und densich daraus entwickelnden Weltkonzern aufeine nie geahnte Höhe zu führen, und persön-lich zu einem der einflußreichsten und bedeu-tendsten Wirtschaftsführer seiner Zeit zuavancieren. So bekleidete er, neben vielen an-deren Ehrenämtern, als Nachfolger von Dr.Kurt sorge fast sieben Jahre lang das Amt desPräsidenten des Reichsverbandes der Deut-schen Industrie, das er 1931 in schwerer Zeitan Dr. Gustav Krupp von Bohlen und Halb-ach in Essen wieder abgab.Kurz nach dem ersten Verkauf wurde der denVertrag unterzeichnende Carl Leverkus jun.am 10. Mai 1892 in den Aufsichtsrat der FirmaBayer berufen, dessen stellvertretender Vorsit-zender er auch vom 1. November 1920 bis zuseinem Tode am 19. Mai 1925 war. Ein — wennman so will - letztes Leverkussches Mitwirkenam weiteren Aufbau des modernen Leverku-sen, dessen riesiges BAYER—Kreuz nun schonseit Jahrzehnten allnächtlich weit ins Rhei-nisch—Bergische Land erstrahlt — als Wahrzei-

Rheinische UItramarin-Fabrik Dr. Carl Leverkus mil Fabrikamenvilla und Wiesdorf(um 1870).

chen einer dynamischen und stetig expandie-renden Industrie ebenso wie als Gütezeichenfür deutschen Forschergeist auf dem weitenFeld der chemischen Wissenschaften. Schluß

Quellen und ‚LiteraturStadtarchive: Leverkusen, Remscheid und Wermelskir-

_ chen.Werksarchiv: Firma Bayer AG, Leverkusen.„Die Familie Leverkus“, 1912, (mit Ergänzungen von1937/38) von Dr. Carl Otto Leverkus, Heidelberg.

„Fortschritt, Wachstum und Verantwortung“, 1970, vonErich Leverkus 0.0.„Neue Deutsche Biographie“, Band 12/1980, Mün—chen—Berlin.„Bergische Geschichte“, 1958, von Hashagen—Narr—Rees—Strutz. RS-Lennep.

„Carl Duisberg — vom Chemiker zum Wirtschaftsfüh-rer“, 1960, von Hans-Joachim Flechtner, Seen-VerlagDüsseldorf.„Werksgeschichte“ (zur Erinnerung an die 75. Wieder-kehr des Gründungstages der Farbenfabriken vorm.Friedr. Bayer & Co.), 1938, von Hermann Pinnow,Frankiurt/Main—München.„Beiträge zur hundertjährigen Firmengeschichte1863—1963“, herausgegeben vom Vorstand der Farbenia-briken Bayer AG. Leverkusen.„Denkschrift über den Aufbau und die Organisation derFarbenfabriken zu Leverkusen“, 1893, von Carl Duis-

rg.„50 Jahre und mehr. .. streiflichter der stadtgeschich-te“. 1980, von Klaus Plump, Leverkusen.

Auf den Spuren von Joachim MuratDas Leben und schicksal des Großherzogs von Berg und Kleve / Von Alfred Brass, RemscheidFortsetzung aus der Januar—Ausgabe

seine Dienstbezeichnung lautet„Lieutenant de 1’Empereur, commandant enson absence“, sein Hauptquartier wird inStraßburg eingerichtet. Dort entfaltet Murateine außergewöhnlich rege Tätigkeit und um—gibt sich mit einem ihm treu ergebenen Stab:Den angrdnenden Kommissar Daure, der be-reits in Agypten und in Santo Domingo Dienstgeleitet hatte, ein vorzüglicher Kenner derHilfsquellen Deutschlands, wo er bereits ansechs Feldzügen teilgenommen hat; den Ge-neral Milhaud, ein hartgesottener Troupier,den Hauptmann Galdemar, der sein Mitschü-ler im Kolleg von Cahors gewesen war, denBataillonschef Latuile, verantwortlich für dasKartenwesen, Colbert, ehemaliger Adjutantdes Generals Junot. Agar, der Treueste derTreuen, wird bei Murat während des gesamtenFeldzugs bleiben.Murat war eine zweifache Aufgabe gestelltworden: Die Armee ausrüsten und die Vor-marschstraßen und Etappenorte in RichtungDeutschland vorzubereiten sowie Napoleonüber die österreichischen Truppenbewegun-gen zu unterrichten. Ende September 1805

Das Remscheider MunizipalitätsmS‘iegel vom Juli1808 trägt statt des „J.. (des Joachim M.) das „ N“ desKaisers. Hinweis aufden Henscherwechsel in Berg.

wird die Kavalieriereserve dem unmittelbarenKommando Murats unterstellt. Sie zählt21 062 Mann, 13 341 Pferde und 27 Geschüt-ze. Sie gilt als Elitetruppe und ist die besteKavallerie, über die Napoleon bei seinen be-vorstehenden Feldzügen jemals verfügt hat.Beim Feldzug des Jahres 1805 bildet sie denmilitärischen Schwerpunkt, was auch noch fürdie Jahre 1806—1807 zutraf. Die Fahnenfluchtist bei den Kavalleristen wesentlich geringerals bei der Infanterie und der Zusammenhaltist bei den Reitern hervorragend. Es herrschenManneszucht, Korpsgeist und unerschrocke-ner Mut.

Am 26. September nimmt Napoleon eineTruppenschau ab, am 29. September verläßtMurat mit der Kavallerie Straßburg und über-schreitet den Rhein. Seiner Reserveeinheitwar die Aufgabe gestellt, die Österreicher überdie wahren Absichten des Kaisers zu täuschen,indem sie ihre Aufmerksamkeit auf die Zu-gangsstralzen zum Schwarzwald als den vonNapoleon gewählten Marschweg lenken sollte,während die von Bernadotte, Marmout, Soult,

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Auf den Spuren von Joachim MuratFortsetzung von vorheriger Seite

Davout, Lannes, Ney und Augerau befehligtenArmeekorps die Donauufer erobern sollten.Außerdem war der Kavallerie der Befehl er-teilt worden, diesen Vormarsch zu sichern.Die ersten wirklichen Gefechte für Murat fan-den am 7. Oktober in der Nähe von Donau-wörth und am 8. Oktober bei Wettingen(nordwestlich von Augsburg an der Zusam)statt, wobei Murat beim letztgenannten Ge-fecht 2000 Gefangene macht sowie 6 Kanonenund 6 Fahnen erbeutet. Die Österreicher wer-den durch die vom Obersten Maupetit, dannnach dessen tötlicher Verwundung von Muratselbst geführten Kavallerie hinweggefegt. Am10. Oktober vertraut Napoleon Murat dasKommando über den rechten Flügel derGrande Armee an. Er gerät dadurch in einenheftigen Streit mit Ney und Lannes, die sehrerbost darüber sind, unter den Befehl einesMarschalls gestellt zu werden, dessen militäri-schen Fähigkeiten sie mißtrauen.

Nachdem am 13. Oktober die Österreicher beiElchingen von Marschall Ney besiegt (er wur-de 1808 zum Herzog von Elchingen ernannt)und der österreichische General Mack in derFestung Ulm eingeschlossen worden war - erhat am 20. Oktober mit 30 000 Mann nacheinem kurzen Bombardement — kapituliert,war es dem österreichischen Erzherzog Ferdi-nand noch geglückt, auf der Straße nach Böh-men über Albeck auszuweichen und mit zweiDivisionen der Gefangennahme zu entgehen.

Auf Befehl Napoleons übernimmt Murat dieVerfolgung, besetzt Nerenstetten, dann Herb-

Joachim Murat (] 767-1815), Großherzog von Berg(1806-1808)

rechtingen (beide Orte zwischen Ulm undHeidenheim/Brenz gelegen) macht 3000 Ge-fangene und läßt Hunderte von Munitions—und Verpflegungswagen sowie Pferde als Beu-te mitgehen. Als die Österreicher unter demBefehl des Generals Werneck versuchen, denRückzug nach Böhmen anzutreten, stößt Mu-rat nach Nördlingen vor, um ihnen jede Mög-lichkeit für ein Ausweichen abzuschneiden.Er überrascht sie bei Neresheim (20 km süd-lich von Nördlingen), nimmt etwa 100 Manngefangen, erobert zwei Fahnen und eine Ka-none und beschleunigt durch seinen schlagar-tigen und rücksichtslosen Angriff die Kapitu-lation des General Wernek.

Aber Murat will den Erzherzog Ferdinand gesfangennehmen und setzt die Verfolgung fort.In Gunzenhausen wird die österreichischeNachhut überrascht, die einen Entlastungs-vorstoß auf Nürnberg versucht. Aber Ferdi-nand gelingt es, noch einmal zu entkommen.Die Verfolgung wird dann ausgesetzt. Da dasArmeekorps des Erzherzogs bis auf einigehundert Reiter aufgerieben ist, die ihm nochhaben folgen können, und Mack - wie bereitserwähnt — am 20. Oktober in Ulm kapitulierthat, ist sie militärisch nicht mehr erforderlich.In nur fünf Tagen hatte-Murat mit seiner Ka-vallerie und lnfanterie 160 Kilometer zurück-gelegt, davon allein 95 Kilometer in den letz-ten beiden Tagen unter unaufhörlichenKämpfen. Das zehnte „Bulletin de la GrandeArmee“ erweist Murat eine ehrenvolle Aner-kennung. -„Man ist voller Erstaunen, wenn man dieMarschleistung des Prinzen Murat von A1-beck bis Nürnberg betrachtet. Obgleich täg-lich gekämpft werden mußte, ist es gelungen,den Feind in seiner Schnelligkeit einzuholen.obwohl der ihm zwei Tage voraus war. DasErgebnis dieses schonungslosen Kampfes be-steht in der Gefangennahme von 16 000 Solda-ten und in der Eroberung von 50 Kanonen . . .18 Generäle haben die Waffen gestreckt.“Der Feldzug in Bayern ist beendet, der Wegnach Wien steht offen. Die Reservekavallerieoperiert zwischen Neustadt (Waldnaab) undAussig (Elbe), erreicht den von Münchenkommenden Weg in Mühldorf (Inn) und er-setzt die zerstörte Brücke über den Inn durcheine schnell aufs und abzubauende Behelfs-brücke. Vom 27. Oktober ab hat Murat dieNebenflüsse der Donau, dann den lnn und diesalzach überschritten und den Rest der öster-reichischen Armee vor sich hergetrieben. DerFeind wird aus Braunau hinausgeworfen, daszum Hauptquartier der Armee wird, er wirdaus Ried verjagt und bei seding geschlagen.Anscheinend kann Nichts den Franzosen wi-derstehen. Die Kavallerie Murats setzt ihreVerfolgungsjagd fort und stöth am 4. Novem-ber 1805 zum ersten Mal auf russische Einhei-ten, die im Gefecht von Amstetten besiegtwerden. Murat gibt in seinem Bericht vorn 5.November dem Kaiser Rechenschaft, worin eru. a. schreibt:„Sire, der Feind ist eine Meile vor strenbergangetroffen und ununterbrochen aus all sei-nen stellungen bis auf die Höhen von Amstet-ten vertrieben worden. Wir haben ihm unge-fähr 1500 Mann abgenommen, unter denensich 150 oder 200 Russen und 25 oder 30 Offi-ziere befinden. Das Korps, das zu befehlen ichdie Ehre habe, hat mit der gesamten russi-schen Armee unter dem persönlichen Befehldes Generals Kutusow Berührung gehabt. Niekmals ist auf beiden seiten mit mehr Hartnabkigkeit gekämpft worden. Aber schließhchsind die Russen gezwungen worden, den vonGeneral Oudinot befehligten tapferen Grena-dieren zu weichen, die sich heute abend aufdem Schlachtfeld ausruhen, während derFeind sich in völliger Flucht befindet. Manschätzt, daß 300—400 Mann von ihnen getötet

1 - ' UMO- JOACHIM

Par la Grace dc Dieu Graml-Duc de Berg,Prince et Gnnd-Aminl do France-

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Das Emennungsdekret des Großherzogs JoachimMurat vom Dezember I807fi1’r die Verwaltung derMunizipalität Lennep

worden sind. Es ist nieht möglich noch tapfe-rer als der General Qudinot zu sein-— Er hat ander spitze der Husaren angegriffen und an derspitze der Grenadiere gekämpft. lch muß mei-nen sämtlichen Adjutanten und allen Offizie-ren meines Stabes höchsten Lob zollen. Ichdarf nicht vergessen, Eurer Majestät mitzutei-len, daß der General Belliard sich stets an derseite des Generals Qudinot befunden hat undhabe die Ehre, Eurer Majestät morgen die Na-men der anderen Tapferen, die sich besondersausgezeichnet haben sowie die Einzelheitendieses ruhmreichen Tages bekanntzugeben.“

Ein zweiter, am nächsten Tag (6. November)von Murat an Napoleon abgesandter Bericht,ergänzt die Angaben der ersten Sendung:

„Sire, der Feind hat, wie ich es vorausgesehenhabe, in der Nacht Amstetten geräumt. Unsereleichten Truppen, die nach dem Kampf ange—sichts seiner Spähtrupps noch zurückgeblie-ben sind, habeb ihn schritt auf schritt ver-folgt, ihn unaufhörlich beunruhigt und sind indie stadt eingedrungen, als er sie gerade räum-te. Heute morgen hat die gesamte Grenadier-division des Generals Qudinot vor AmstettenStellung bezogen.

Gestern waren noch 30000 Russen hier. IhrOberbefehlshaber Kutisow hat sie währenddes Kampfes selbst geführt, und sie haben sichin größter Unordnung zurückgezogen. Ich ha-be den Brief des Marschalls Berthier, der IhreAntwort an den deutschen Kaiser enthält, denVorposten übergeben. Ich habe nicht geglaubt,bis zum Eintreffen des Parlamentärs im Offi-ziersrang warten zu müssen, den ich in Emsgelassen habe. Ich hätte mich unter keinenUmständen dazu entschließen können, IhreAntwort durch diesen Offizier übermitteln zulassen.“Durch den Kampf in Amstetten in Anspruchgenommen, hatte Murat die vom Kaiser sehn—lichst erwarteten Nachrichten nicht bereits amTag zuvor an ihn absenden können. Anstattder erwarteten kaiserlichen Anerkennungdrückt Napoleon sein Mißfallen gegenüberMurat aus, der darüber aufs höchste erbittertan Napoleon ein schreiben richtet, das seinenBrief vom Abend des 6. Nvoember näher er—läutert: ·

Fortsetzung in der März-Ausgabe

Druck und Verlag:1· F. Ziegler KG. RemscheidVerantwortlich:]ürgen Feld