Bilanz: Die 50 stärksten Marken der Schweiz im Social-Media-Ranking

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Lovestorm! Eine Frühreife an der Spitze, ein Spätstarter als Aufsteiger und ein Horchposten am Schluss: BILANZ zeigt die 50 stärksten Marken der Schweiz im Social-Media-Ranking. ANDREAS GÜNTERT TEXT 54 BILANZ 01/2013 Trends Social Media Wettbewerb. 50 Schweizer Top-Marken kämpfen im Netz um Aufmerksamkeit – angeführt von der Airline Swiss. BIL_01_054_Social_Media 54 08.01.13 16:28

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Eine Frühreife an der Spitze, ein Spätstarter als Aufsteiger – und ein Horchposten am Schluss: BILANZ zeigt die 50 stärksten Marken der Schweiz im Social-Media-Ranking.

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Lovestorm!Eine Frühreife an der Spitze, ein Spätstarter als Aufsteiger – und einHorchposten am Schluss: BILANZ zeigt die 50 stärksten Marken derSchweiz im Social-Media-Ranking. ANDREAS GÜNTERT TEXT

54 BILANZ 01/2013

Trends Social Media

Wettbewerb. 50 Schweizer Top-Markenkämpfen im Netz umAufmerksamkeit –angeführt von der Airline Swiss.

BIL_01_054_Social_Media 54 08.01.13 16:28

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01/2013 BILANZ 55

Die Begrüssungwar schlicht:

«Liebe alle!

Heute ist ein

wichtiges Datum.

Von jetzt an er-

fährt ihr direkt

von Swiss alles

über News, Promotionen und Gewinn-

spiele.» Berühmte erste Worte, mit denen

die nationale Airline am 19.Mai 2009

ihren oiziellen Auftritt auf Facebook

lancierte. Christian Lüdi war vom ersten

Moment an dabei. Ab Mai 2009 beklei-

dete er bei Swiss einen Job, den damals

kein Berufsberater kannte: Community-

Manager. Swiss hatte die virtuelle Start-

rampe von einem Fan übernommen, der

eigenhändig eine Gruppe auf Facebook

gründete und für Input sorgte. Bis Mai

2009 brachte er eine Fan-Basis von 300

Leuten zusammen. Eine Anzahl Likers,

die locker in zwei Mittelstreckenlugzeu-gen Platz gefunden hätte. Heute spricht

Lüdi zu einem Publikum, das von der

Grösse her 765 vollbesetzten Maschinen

vom Typ Airbus A321 entspricht.

Mit dem oiziellen Start vor dreiein-

halb Jahren gehört die Airline hierzu-

lande zu den Social-Media-Frühstartern,Lüdi geht mit seinen 32 Jahren schon als

Veteran der Social-Media-Szene durch.

Twitter war damals noch kaum ein

hema in der Unternehmenswelt, auf

Facebook tummelte sich weltweit erst ein

Fünftel der heute rund eine Milliarde

zählenden User, und unter «Shitstorm»

verstand man bestenfalls eine analoge

Schlechtwetterlage. «Man konnte nir-

gends etwas abschauen», erinnert sich

Christian Lüdi, «es war die Ära des ‹trial

and error›.»

Kleine halten mit. Mittlerweile spielt die

Airline auf der digitalen Bühne eine füh-rende Rolle. Im zweiten Social-Media-

Ranking der BILANZ steht Swiss an ers-

ter Stelle, gefolgt von Swisscom. «BeideBrands investieren in einen professionel-

len und kundenfreundlichen Online-

Auftritt über verschiedene Kanäle», lobt

David Eicher, Gründer und Geschäftslei-

ter von Webguerillas. Die Agentur für al-ternative Werbeformen hat für BILANZ

das aktuelle Ranking der 50 stärksten

Schweizer Marken zusammengestellt. Es

ist durch eine Erweiterung der Kriterien

zwar nicht direkt vergleichbar mit der

ersten Aulage vom Frühling 2011. Neu

wurde unter anderem die Reichweite

(Followers/Likers) in die Bewertung auf-

genommen, die Interaktivität stärker be-

rücksichtigt und der Zeitraum massiv

ausgedehnt. In den Grundzügen aber

manifestieren sich ähnliche Ergebnisse:

Jede der 50 Marken ist auf irgendeine Art

aktiv in den Social Media. Die meisten

binden neben Facebook auch Videoka-

näle in die Kommunikation ein, behan-

deln das hema Markenblog aber eher

stiefmütterlich. Kleinere nationale Un-

ternehmen wie Rivella oder Appenzeller

Käse können im Konzert der Giganten

mithalten. Banken bekunden weiterhin

Mühe, Social Media attraktiv zu nutzen,

Uhrenmarken hingegen zeigen sich stark

in dieser neuen Disziplin.

Zwei Geschwindigkeiten. In den Social

Media, sagt Online-PR-Spezialist Marcel

Bernet, zeige sich eine Schweiz der zwei

Geschwindigkeiten. «First Movers wie

Swiss kommen in eine Maturitätsphase,

Grossunternehmen sind daran, Social

Media in all ihre Geschäftsprozesse zu

integrieren. Viele KMUs aber steigen erst

jetzt überhaupt ein.» Wer schon länger

dabei ist, richtet seine Online-Kommuni-

kationskanäle neu aus. Lotete man bei

Swiss zu Beginn hauptsächlich Produkt-

neuigkeiten und Wettbewerbe aus, so

sieht man Social Media gemäss Lüdi nunhauptsächlich als Kundenservice- und

Kundenbindungs-Werkzeug. Bis Anfang

2012 beantwortete der Community-Ma-

nager noch jede Anfrage selber, heute

wird er von einem rund 30-köpigenTeam unterstützt, das die virtuelle Welt

der Swiss rund um die Uhr fünfsprachigin Callcentern in Basel und Kapstadt im

Auge behält.

Anders als Swiss wagten sich die SBB

erst viel später oiziell auf Facebook.

Drei Jahre nach der Airline begannen die

Bundesbähnler ihre «Reise auf Face-

book», wie sie es am 4. Juli 2012 an-

kündigten. Die Social-Media-Newcomer

schaften es damit auf den sechsten Platz

im Ranking, besser als Marketing-

Schwergewichte wie Omega, Rolex •Fo

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Trends Social Media

Die Top 50

Punktezahl (max. mögliche Punkte je Kategorie)

Rang Unternehmen

1 2,75 3,50 2,00 2,25 2,75 2,50 15,75

2 3,00 2,25 2,25 3,00 3,00 1,00 14,50

2 3,00 2,75 1,75 2,50 1,75 2,75 14,50

4 2,50 2,75 2,00 2,00 2,25 2,25 13,75

4 2,50 1,50 1,50 3,00 3,00 2,25 13,75

6 2,50 2,50 2,00 1,75 2,50 2,25 13,50

6 2,75 2,25 2,25 3,00 1,25 2,00 13,50

8 2,25 2,50 2,00 3,00 1,75 1,75 13,25

8 2,50 3,00 2,00 2,75 0 3,00 13,25

8 2,75 2,75 2,00 2,25 2,25 1,25 13,25

11 2,00 2,25 2,25 1,50 2,50 2,50 13,00

12 2,50 2,50 2,00 1,25 2,00 2,00 12,25

13 2,75 2,50 2,75 2,50 0 1,25 11,75

14 1,75 2,75 2,25 2,75 0 1,75 11,25

14 1,00 3,25 1,25 2,75 1,50 1,50 11,25

14 2,00 2,50 2,25 2,75 0,25 1,50 11,25

17 2,75 2,50 1,75 1,50 0 2,00 10,50

17 3,00 2,50 1,25 1,75 0 2,00 10,50

19 2,50 3,00 1,00 1,25 0 2,50 10,25

20 2,00 2,00 2,00 2,50 0 1,50 10,00

20 2,25 2,50 1,75 1,75 0 1,75 10,00

22 2,50 1,50 1,75 1,50 0 2,50 9,75

22 2,50 3,25 0,50 1,75 0 1,75 9,75

24 2,00 2,00 2,00 2,75 0 0,75 9,50

24 2,50 1,75 1,50 2,50 0 1,25 9,50

Punktezahl (max. mögliche Punkte je Kategorie)

Rang Unternehmen

26 2,50 2,50 1,50 1,00 0 1,75 9,25

27 1,75 2,25 1,00 0,50 0,75 2,75 9,00

27 2,50 3,00 0,50 1,00 0 2,00 9,00

29 2,25 1,75 1,25 1,75 0 1,25 8,25

30 2,75 2,00 1,25 0,50 0 1,50 8,00

30 1,25 2,50 1,00 1,00 1,00 1,25 8,00

30 1,75 2,25 1,75 1,25 0 1,00 8,00

30 3,00 2,00 0,25 0,75 0 2,00 8,00

34 2,50 2,00 1,25 0,25 0 1,75 7,75

35 2,75 1,50 1,00 0,50 0 1,75 7,50

36 2,00 2,50 1,25 0,25 0 1,25 7,25

37 1,50 1,75 1,75 0,25 0 1,25 6,50

37 1,25 0 1,50 1,25 1,75 0,75 6,50

37 1,75 0 1,50 1,50 0 1,75 6,50

40 1,25 1,75 0 1,75 0 1,50 6,25

40 2,00 0 1,50 0,75 0 2,00 6,25

42 2,25 1,75 0 0,75 0 1,25 6,00

42 2,00 1,75 0,50 0 0 1,75 6,00

42 2,00 1,50 0 1,50 0 1,00 6,00

42 1,75 2,00 0 1,50 0 0,75 6,00

46 1,75 1,25 0,50 0 0 1,75 5,25

47 0 2,75 0 0 0 1,00 3,75

47 1,75 1,75 0 0 0 0,25 3,75

49 0 0 0 1,75 0 0 1,75

50 0,50 0,50 0,25 0 0 0 1,25

Allgem

ein(3

)

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Facebook (4)

Facebook (4)

Twitter (3

)

Twitter (3

)

Video-P

lattform

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)

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)

Blog

(3)

Blog

(3)

Bonus (3)

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Total

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Quelle: Webguerillas

56 BILANZ 01/2013

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oder Nespresso. Eine starke Leistungvon Eliane Tschudi (37), die seit Septem-ber als Social-Media-Managerin bei denSBB amtet. Mit den Social Media will die

SBB Dialogfähigkeit, Eizienz und Kun-denzufriedenheit erhöhen, «die Kundensollen schnell und kostenlos mit uns inKontakt treten können». Das tun sie –

und oft sehr heftig. In den allermeisten

Oft, sagt Tschudi, gelinge es, die virtu-ell Reisenden schnell zu besänftigen.Dies auch deshalb, weil man intern einesehr sportliche Reaktionszeit befolge:«Innert vier Stunden soll der Kunde aufFacebook eine Antwort von uns erhal-ten.» Finanzielle Kennzahlen spielendabei eine untergeordnete Rolle. Im Vor-dergrund stehe bei den SBB die Maxime,

per Social Media die Imagewerte und dieKundenzufriedenheit zu erhöhen.

Social Absentia. Ganz am Ende der Top50 inden sich zwei Spezialfälle aus der

Schweizer Markenwelt. Beim Hörgeräte-

hersteller Phonak (Sonova Holding),

einer Business-to-Business-Vertriebsge-

sellschaft, machen die Schweizer Face-

book- und Twitter-Accounts einen unge-

plegten bis inaktiven Eindruck, die

Social-Media-Kanäle sind auf der Fir-

men-Website nicht verlinkt. «Wir haben

uns bei Phonak bisher darauf fokussiert,

Erfahrungen und Erkenntnisse aus den

verschiedenen Ländern, in denen wir

tätig sind, zu sammeln und zu sehen, was

funktioniert und was nicht», sagt Hans

Tuithof, Direktor Interactive Marketing.Potenzial gäbe es auf jeden Fall: «Dankzielgerichteten Kampagnen haben wir

herausgefunden, dass gerade Menschenmit einem starken Hörverlust sehr aktivin den sozialenMedien sind.»

Coop verweigert sich, ganz anders alsdie glänzende Dauerrivalin Migros, fast

allen Social-Media-Kanälen, was er-

Methodik

Sowurde bewertetIm Fokus der Untersuchung von

Webguerillas standen die drei

reichweitenstärksten Plattfor-

men, Facebook, Twitter und

YouTube, sowie Corporate Blogs.

Die untersuchten Kanäle wur-

den jeweils unter den drei Krite-

rien Reichweite, Aktivität und

Interaktion analysiert. Bewertet

wurde der Hauptauftritt der

Marken. Gab es keinen spezii-

schen Schweizer Auftritt, galt

der internationale Auftritt. Zu-

sätzliche Punkte verdienten sich

die Marken für einheitliche

Kommunikation über die be-

spielten Kanäle, konsequent

ersichtliches Corporate Design

und Vernetzung zwischen

Kanälen und Website. Bonus-

punkte wurden für personali-

sierte Moderation der Plattfor-

men, schnelle Reaktionszeit

sowie das Bespielen weiterer

Kanäle verteilt. Untersuchungs-

zeitraum: 30. Juli bis 21.Oktober

2012.

Auswahl der Marken

Ausgewählt wurden die 50

Schweizer Top-Brands von

BILANZ nach Markenwert (In-

terbrand-Liste der wertvollsten

Schweizer Marken 2012) sowie

nach dem aktuellsten Schweizer

BrandAsset Valuator (Young &

Rubicam Gruppe). Berücksich-

tigt wurden Brands mit Breiten-

wirkung und Bedeutung für Kon-

sumenten. Ferner wurde ein gutes

Dutzend Schweizer Traditions-

marken hinzugefügt.

Allgemein (max. Punktzahl: 3)

Einheitliche Kommunikation über

Social Media / Website // Corpo-

rate Identity / Corporate Design

in allen Kanälen // Gegenseitige

Vernetzung, Integration der

Website

Facebook (4), Reichweite (Anzahl

Fans) // Aktivität: Anzahl Ad-

minposts / Woche plus Mehrwert-

Tabs) // Interaktion (Talking

about)

Twitter (3), Reichweite (Anzahl

Followers) // Aktivität (Anzahl

Tweets / Woche) // Interaktion

(Retweets)

YouTube (3), Reichweite (Anzahl

Views) // Aktivität (Anzahl Vi-

deos) // Interaktion (Abonnenten)

Blog (3), Reichweite (Daily Unique

Visitors) // Aktivität (Anzahl

Blogposts pro Woche) // Interak-

tion (Kommentare)

Bonus (3), Personalisierung des

Accounts // Wie schnell wird auf

Fragen/Kritik eingegangen?

(Richtwert: weniger als 24 Stun-

den) // Weitere Plattformen (ver-

linkt auf der Website)

Pro Kriteriumwaren 0, 0,25, 0,5,

0,75 oder 1 Punkt zu vergeben,

maximale Gesamtpunktzahl: 19.

Pionier. Die nationale Airline Swiss mit ihrem «Community-Manager»Christian Lüdi übernahm in der Schweiz die Pionierrolle in Sachen Social Media– und ist immer noch der Klassenprimus.

Fällenwird die SBB-Site auf Facebook als

eine Art elektronischer Blitzableiter be-nutzt. Von zehn Postings sind neun eineSchelte und nur eines ein Lob. Es sei zuBeginn nicht immer leicht gewesen fürdie 20 Angestellten in der KontaktstelleBrig, die eine Facebook-Schulung durch-laufen haben und den Kunden virtuellRed und Antwort stehen.

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Page 5: Bilanz: Die 50 stärksten Marken der Schweiz im Social-Media-Ranking

Was ist Ihnen bei der Performance

der 50 Schweizer Marken in den

Social Media aufgefallen?

Überraschend war insbesondere,dass es auch 2013 bedeutendeBrands gibt, die Social-Media-

Kanäle gänzlich ignorieren oderderen Potenzial kaum nutzen.

Wie kann sich eine Marke

proilieren?

Zum Beispiel über die personali-sierte Moderation der Accounts,eine schnelle und kompetente Be-antwortung von Fragen und Kri-tik, eine einheitliche Kommunika-tion über die bespielten Kanäle.Marken wie Coca-Cola oder H&M

machen es vor. Sie binden alleAbteilungen in die Social-Media-

Kommunikation ein – vom Perso-nalwesen über PR, Marketing biszu Promotionen.

Weshalb rangieren ausser der CS

Banken so weit unten?

Sie haben wohl Angst, sich überdie Social Media zu öfnen. Dabei

gäbe es so viele Möglichkeiten fürFinanzinstitute, wie es etwa die

neuseeländische ASB Bank zeigt.

Man lässt dort Kunden, die nicht

zu einem Event eingeladen sind,

zum Schluss der Veranstaltung

virtuell Fragen stellen, und diese

werden gleich vom Chef beant-

wortet. Das schaft Nähe.

Facebook, Twitter und Co. gelten

oft noch als Schwatzbuden.

Ich glaube nicht, dass Banken nur

Kunden möchten, die ausschliess-

lich Schopenhauer und Seneca

lesen. Drei Millionen Schweizer

sind auf Facebook aktiv, das sind

alles Leute, die auch einmal einKonto eröfnen.

Was gewinnt 2013 an Relevanz in

den Social Media?

Starke Marken zünden jetzt dienächste Stufe. Sie nutzen SocialMedia nicht nur als Bühne, son-dern fürs Geschäft. Sie kümmernsich um das, was ich den «SocialReturn» nenne.

Dieser Return lässt sich aber nur

schwer berechnen.

Falsch. Wer den Social Returnnicht messen kann, ist bloss zuträge, ihn zu ermitteln. Man mussnur wissen, welches die eigene Er-folgswährung ist. Wer User in denKundenservice einbindet, kanndie daraus resultierende Erspar-nis, die im eigenen Betrieb anfällt,berechnen. Genauso bei der Per-sonalrekrutierung via SocialMedia. Oder man schaft überMehrwert-Tabs auf Facebook Akti-

onen, die direkt zum Verkaufs-punkt führen.Die Resultate lassen

sich genau bezifern. Oder man

entwickelt zusammen mit Usern

neue Produkte. Damit spart man

nicht nur Entwicklungskosten,

sondern schaft höchste Loyalität.

Worin besteht der Unterschied

von Social Media im Vergleich

zu konventionellen Marketing-

Werkzeugen?

Noch nie konnten Marken einesolche Nähe zum Konsumentenherstellen. Wer es gut macht, wird

Teil vom Alltag – ohne die Kundenzu nerven.

David Eicher ist Gründer, Inhaber undGeschäftsführer von Webguerillas.Die «Agentur für alternative Werbeformen»

aus München beschäftigt insgesamt 130Angestellte, davon 21 in der Schweiz.

58 BILANZ 01/2013

Trends SocialMedia

staunt. Denn nahe am Verkaufspunkt

zeigt Coop viel Innovationskraft, lässt die

Kunden per iPhone ihre Einkäufe scan-

nen oder per Smartphone Bestellungen

auf einer Posterwand tätigen. Facebook

und Co. hingegen spielen eine unterge-

ordnete Rolle. Man verfolge, heisst es in

Basel, eine eigene Online-Kommunikati-

onsstrategie und setze Social-Media-Ele-

mente nur gezielt und kampagnenbezo-

gen ein.

Hauptgrund der selbst gewählten Abs-

tinenz: «Für Coop steht der inanzielleund personelle Aufwand im Verhältnis

zur kommunikativen Wirkung in vielen

Bereichen derzeit noch in einem Miss-

verhältnis.» Damit sprechen die Basler

einen der heissesten Punkte an: den Re-

turn on Investment. Was schaut für das

Unternehmen ganz konkret heraus bei

den virtuellen Aktivitäten? Und wie misst

man das?

Finanzchefs, die es gewohnt sind, mit

Massstäben wie Umsatzrendite, Zins-

aufwand und Kapitalumschlag zu han-

tieren, beissen bei Social Media oft auf

Granit. So leicht lassen sich Aktivitäten

auf Facebook und Co. nicht messen, vor

allem wenn auch weichere hemen wie

Image oder Kundenzufriedenheit ins

Spiel kommen. Webguerillas-Chef David

Eicher (siehe Interview links) sieht das

anders: «Wer den Social Return nicht

messen kann, ist bloss zu träge, ihn zu

ermitteln.»

Kostenlose Marktforschung. Oft seien

über Kanäle wie Facebook Einsparungen

zu erzielen, etwa bei der Entwicklung

neuer Produkte in Zusammenarbeit mit

den Usern oder im Kundendienst. Der

Markenexperte Dominique von Matt

sieht daneben ganz neue Auswirkungen.

Social Media könnten beispielsweise

helfen, Retourenquoten von Versand-

•David Eicher

«Nächste Stufe»Webguerillas-Chef David Eicher über Versäumnisse,Chancen und Erfolgskontrolle bei Facebook und Co.

David Eicher:«Noch niekonntenMar-ken eine solcheNähe zumKonsumentenherstellen.»

«WerdenSocialReturnnichtmessen kann, istbloss zu träge, ihnzu ermitteln.»

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händlern zu optimieren. «Kunden, dieihre Kleider Facebook-Freunden zeigen,schicken die georderte Ware weniger oftzurück, weil sie sich damit bereits virtu-

ellen Applaus geholt haben.» Einsparun-gen erkennt auch Christian Lüdi vonSwiss: «Mit den Social Media betreibenwir quasi kostenlose Marktforschungund können uns das Geld für Fokus-gruppen sparen.»

Unternehmen, die ihre Super-User als(kostenlose) Problemlöser für die Com-munity einsetzen, sparen ebenso Geld.Aber sie öfnen sich dabei auch in einemMasse, das vielen Marken aus der OldEconomy fragwürdig erscheint. Erfolgmessen Schweizer Firmen meist, indemsie nachverfolgen, wie viele Besucher sie

von ihren Social-Media-Plattformen aufdie eigene Website umleiten können.Weitere wichtige Messgrössen sind dieEntwicklung von Likers und Followers

sowie die Intensität des Dialogs. Das

hema des Social Media Returns sei in

Entwicklung, sagt Dominique von Matt:

«Da entstehen neue soziale Spielregeln,

die jedes Unternehmen für sich lernen

muss.» Was für ihn klar ist: «Social Media

sind längst kein Hype mehr. Es ist ein

Trend, der immer wichtiger wird.»

Neben den elektronischen Kanälen

bleiben aber auch konventionelle Medien

Marken dann die Möglichkeit, dazu

einen öfentlichen Dialog zu führen».Neben dem Kundendialog gewinnen

Social-Media-Plattformen für Personal-

verantwortliche an Relevanz: «Wir setzen

Plattformen wie Xing und LinkedIn aktiv

zur Rekrutierung ein», sagt Hans Tuithof

von Phonak. Ab 2013 wolle man zudem

einen Schritt weiter gehen und einen er-

fahrenen Social-Media-Manager einstel-

len, «der sich nur mit der Umsetzung

unserer Strategie beschäftigen wird».

Solche Bestrebungen sind für Nappo ein

Beweis mehr, dass die Phase der künstli-chen Erregung vorbei ist: «Der Bedarf

nach Aus- und Weiterbildung auf dem

Gebiet der Social Media hat sich etab-

liert. Es werden Stellenprozente geschaf-

fen, zumal auch die extreme Verlagerung

der Konsumenten auf mobile Endgeräte

wie Smartphones und Tablets neue Be-

dingungen schafen wird.»

Prois gefragt. Auch bei Swiss sind Fach-

kräfte gefragt, die über soziale Platt-

formen kommunizieren können. Die

Airline, die mit der Konzernmutter Luft-

hansa einem strengen Spardiktat gehor-

chen muss, baut aus. «Wir stellen in New

York, Tokio, Mumbai und Shanghai soge-

nannte E-Liners ein, das sind Social-

Media- und Online-Spezialisten, die

wichtige Communities quasi vor Ort be-

treuen», sagt Christian Lüdi. Zudem will

man demnächst auf dem chinesischen

Micro-Blogging-Dienst Weibo aktiv wer-

den. Wobei man auch einmal in Sälen

spricht, die nicht so voll sind wie erhoft:«Von Plattformen wie Friendfeed und De-

licious haben wir uns zurückgezogen,weil dort das Bedürfnis zu gering war.»

Wichtig bleibt auch 2013 bei den So-

cial Media, dass sich Marken nicht bloss

selber darstellen, sondern ihren Zuhö-rern und Zuschauern Mehrwert bieten.

«Die angebotenen Services und Inhalte

müssen für die Gemeinschaft relevant

sein. Hier nehmen sich viele Unterneh-

men noch zu wichtig und stellen ihre In-

teressen über jene der Community. Zu-

hören ist besser als gleich loslegen!», sagt

David Eicher. Ein Interaktions-Imperativ,

der dazu führt, dass Leute wie Swiss-

Community-Manager Christian Lüdi daund dort als CLO – Chief Listening Of-

icer – betitelt werden. Was dem Commu-

nity-Manager der Swiss einleuchtet: «Das

trift es ganz genau. Zuhören ist in die-

sem Job die wichtigste Eigenschaft.» •Quelle: Bernet ZHAW

Prozent

0 20 40 60 80

Besucher eigener Websites

Likers, Followers

Dialog, Teilnahme

Zufriedenheit, Empfehlungen

Anfragen, Absatz

Übernahme von Themen

Anteil Berichte im Social Web

Image im Social Web

Was die Unternehmen messen

Links zur Website, Anzahl Followers,

Intensität des Dialogs – das sind für

Marken die wichtigsten Erfolgskriterien.

77

63

51

30

21

18

17

16

wichtig, was sich in der starken Oline-

Online-Wechselwirkung bei derhemen-

setzung zeigt.

Wenn Zeitungen, Radio und Fernse-

hen ein hema stark forcieren, wird das

in der Regel auch heftigen Niederschlag

bei Facebook und Twitter inden. «Das

eine treibt das andere an», sagt Manuel P.

Nappo, Studienleiter Social Media Ma-

nagement an der HWZ Hochschule fürWirtschaft Zürich. Das Fernsehen etwa

wirke oft als Brandbeschleuniger fürhemen – «und via Social Media haben

Spätzünder.Die SBBwurden von Eliane Tschudi zwar spät ins Social-Media-Geschäft geführt, dafür umso erfolgreicher. Zu Beginn funktionierte derAuftritt in erster Linie als Klagemauer – allerdings als eine mit schnellem Echo.

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