Bildung des Höhenrauchs

6
289 dann hatte man, uin das Brausen zu venneiden, reines Aetz- natroii nehmen mussen. Auf dein Lande bekommt man aber dieses nicht leicht. Au€serdem hatte die genaue Be- stimmung des Chlorwasserstoffs Hulfsmittel erheischt , die mir nicht zu Gebote standen. Da ich zudein den Haupt- zweck, den Nachweis der Moglichkeit, Lkht durch Chlor- wasser zu messen, erreicht habe, glaubte ich, die Untersu- chungen init Salzsaure einstweilen liegen lassen zu kiinnen. Aus den vorstehenden Versuchen geht iibrigens hervor, d a t wenigstens die wahrend der Insolation sich bildende Salz- l u r e sich indifferent verhalt. Sollte Jeinand zu seinein Vergniigen annehmen, dafs diese Salzsaure die Chlorwasser- anderung verhindere, da€s aber diese Wirkung dadurch auf- gehoben werde, dab bei lsnger dauernder Insolation die Lichtwirkung etwas starker wird, so babe ich durchaus nichts dagegen. In meiner ersten Abhandlung habe ich das Princip an- gegeben, nach welchem sich die Lichtwirkungen auf die ab- soluten Einheiten der Warme und der Elektricitat reduci- ren lassen. Auch diese Seite habe ich nicht weiter ver- folgt, denii ich halte alle weitere Miihe, die man sich da- init giebt, so lange man die Diacheinansie des Glases uiid des Wassers nicht kennt, fur eine verlorene. V I. Bilrtrmg ties Hiihenrauchs ; wii A1 e x a rt de r Mu I1 e r. (Mitgetheift in der K. Academie d. Wiss. in Stockholm.) Hihenrauch uenkit inaii die Erscheinung, bei welcher die Atinospliare wie angefiillt init blaugrauein Dunst erscheint, so dafs eine bei HtbheiiraucR beobachtete Landschaft ein Bild mit verwaschenen Umrissen und Farben darbietet, un- geachtet des wolkenfreisten Hiinmels und vollen Sonne~i- f'oggendorff's Annal. Ed. CVI. 19

Transcript of Bildung des Höhenrauchs

289

dann hatte man, uin das Brausen zu venneiden, reines Aetz- natroii nehmen mussen. Auf dein Lande bekommt man aber dieses nicht leicht. Au€serdem hatte die genaue Be- stimmung des Chlorwasserstoffs Hulfsmittel erheischt , die mir nicht zu Gebote standen. Da ich zudein den Haupt- zweck, den Nachweis der Moglichkeit, Lkht durch Chlor- wasser zu messen, erreicht habe, glaubte ich, die Untersu- chungen init Salzsaure einstweilen liegen lassen zu kiinnen. Aus den vorstehenden Versuchen geht iibrigens hervor, d a t wenigstens die wahrend der Insolation sich bildende Salz- l u r e sich indifferent verhalt. Sollte Jeinand zu seinein Vergniigen annehmen, dafs diese Salzsaure die Chlorwasser- anderung verhindere, da€s aber diese Wirkung dadurch auf- gehoben werde, dab bei lsnger dauernder Insolation die Lichtwirkung etwas starker wird, so babe ich durchaus nichts dagegen.

In meiner ersten Abhandlung habe ich das Princip an- gegeben, nach welchem sich die Lichtwirkungen auf die ab- soluten Einheiten der Warme und der Elektricitat reduci- ren lassen. Auch diese Seite habe ich nicht weiter ver- folgt, denii ich halte alle weitere Miihe, die man sich da- init giebt, so lange man die Diacheinansie des Glases uiid des Wassers nicht kennt, fur eine verlorene.

V I. Bilrtrmg ties Hiihenrauchs ; w i i A1 e x a rt d e r M u I1 e r.

(Mitgetheift in der K. Academie d. Wiss. in Stockholm.)

Hihenrauch uenkit inaii die Erscheinung, bei welcher die Atinospliare wie angefiillt init blaugrauein Dunst erscheint, so dafs eine bei HtbheiiraucR beobachtete Landschaft ein Bild mit verwaschenen Umrissen und Farben darbietet, un- geachtet des wolkenfreisten Hiinmels und vollen Sonne~i-

f'oggendorff's Annal. Ed. CVI. 19

290

scheins. Meiiies Wissens zeigt sich Hohenrauch ineist iin Spatsommer, hochst selten im Winter, gewbhnlich nach an- haltender Trockenheit, nie unmittelbar nach Regen.

Der Urspriing dieses Phanomens mufs in einer Mischung der Luft init eiiiein Stoff, der sich abweichend zum Licht verhalt, gesucht werden, sey es, dafs diescr Stoff undurch- sichtig oder durchsichtig, aber von abweichender Lichthre- chungskraft ist.

Welche konnen solche lichtstorenden Stoffe seyn? Dunst- blaschen oder Wassertropfchen sind ihrer Natur nach von der Urheberschaft am Hohenrauch ausgeschlossen ; geineinig- lich erklart man den Hohenrauch durch eine AufschIammung von Staub oder Rauch in der Luft, also durch Gegenwart von festen undurchsichtigen Korpern.

Beiderlei Erlilsrungen scheinen mir unzureichend; wenn jenials so diirfte iiur hochst selten der Grund fur Hohcn- much in Staub oder Kauch gefunden werden; in den weit zahlreicheren Fallen inochte ich die Ursache in einer Dis- hoinogenitat der Luft selbst suchen. W i e liaiin aber die atmosphairische Luft ihre Homogenitat verlieren? Einfach durch Warme.

Die Luft ist, wie inan weifs, eiu aufserst schleehter War- ineleiter; wohl verbreitet sich strahlende TVarine sehr leicht durch dieselbe, dagegen ist eine Mittheiliing von Warme vermittelst Luft als Trager fast nur dann inerklich, wenn die Luft circuliren kann, wie es z. B. innerhalb der Dop- pelfenster der Fall ist. Hier erwarmt sich die Luft am in- nern Fenster, steigt empor, wird am Zufseren abgekiihlt und sinkt wieder zu neuem Kreislauf.

Anders verhalt sich die Luft in der Erdatmosphare; dort warint sich die Luft an der Erdoberflache, sucht sich danii einen Wrg iiach oben dorch die kalteren Luftschichten, kann aber nicht abgekuhlt werden durcll Reruhrung init bes- sern Warmeleitern, sondern giebt iliren Warineuberschufs nur ganz allmahlich an ihre Umgebung, das ist Luft, ab.

Dafs diesem SO ist, sieht man deiitlich, wenn man die Some beobachtet, die sich auf weifser Kalkwand nnhe eiiiem

geheitzteii Ofen spiegelt, - wie zittert das Bild, ein aufwir- belndes Gemisch von helleren und dunkeln Streifen!

Aehnliches bemerkt man, wenn die Soniie auf weite Ackerfliichen sclieint, - die ganze htmosphare zittert ! Unter diesen Umstanden existirt unleugbar ein Gemenge voii kalter, dichterer, und warmer, dunnerer, Luft als solches eine Ian- gerc Zeit: eiii solclies Gemenge ist aber gleich bedeuteiid init einem Gemeiige starker und schwacher lichtbrechender Stoffe. Die Lichtstrahlen miissen bei ihrem Durchgang durch ein solches Gemenge zerstreut, gebeugt, sogar zuriickgewor- fen werdeii uud bei hinlhnglicher Ausdehnung des disho- mogenen Mediums inufs das Resnltat dasselbe werdeii als ob die Lichtstrahlen durch Milch gegangen waren. Milch ist ja auch ein Geinenge voii ciner durchsichtigen wasserigen Liisung init gleichfalls durchsichtigen Butterkiigelchen ; wie diefs mufs auch die Luft unter aogegebenen Bedingungeii bewirken, dafs durch sie gesehene Gegenstande wie init einem blafsblaugrauen Schleier bekleidet erscheinen. Durch solche Luft gesehen mufs die S o m e dieselbe braungelbe Farbung annehmen, wie wenn sie durch Beinglas oder (mit F o r b e s) durch halbcondensirteii Wasserdampf dicht iiber dein Dainpfrohr der Locomotiveu betrachtet wird.

Sicherlich kann die gegebene Erklsruiig des Hohenrauchs durch exacte physikalische Versuche gepruft werden ; wobei indessen die Art, Gemenge voii kalter und warmer Luft zu erzeugen, einige Berucksichtigung verdienen miichte. Ich denke inir die Verhdtoisse in der Natur in shnlicher Weise als wenn eiii schweres fettsaures Salz z. B. iilsaures Bleioxyd unter Wasser durch Essigsaure oder dergl. zersetzt wird; das freigewordene Oel uberzieht aiifiinglich als dunnes Haut- chen das noch unzersetzte Salz, sainmelt sich aber allmah- lich in Triipfchen uiid steigt eiidlich, wenn die Differenz der specifischert Gewichte die Adhasion uberwindet, in der masserigen Flussigkeit empor. So ~liiilich mag wohl auch an den wannen Sandkorncheii cines sonuenbeschienenen Ackerfeldes erst eine dunue Scliicht warmer und somit ver- diinnter Luft sich samrneln , die allni&lich in Lufttropfen

19 *

292

sich vereinigt und in solcheii der kalteren Luft sich bei- mischt. Ich betrachte den Hohenrauch als Luft, welche durch zahlreiche darin suspendirte warmere und somit ver- diiniitere Lufttropfchen, nattirlich init uiiinerklicher Abwei- chung zwischeii beideii, einen Theil ihrer Durchsichtigkeit eingebufst hat.

DemHohenrauch ahnliche Erscheinungen treffen ein, wenn man den Mond moglichst nahe dem Zenith durch ein Fern- rohr beobachtet , das von einein geheitzten Ziiiimer hinaus in die kalte Luft dicht unter dem oberen Fensterrahmen reicht ; oder, auf Augenblicke, wenn concentrirte Losongen init duiinereu Losungsinitteln schnell gemischt werden z. B. wafsrige Zuclierlosnng init Weingeist, oder, das Einfachste, wenn Oel init Wasser geschtittelt wird. Vielleicht mag es erlaubt seyn, auch an das inilchige Ansehen zu erinnern, welches Zuckerlosungen im Polarisationsapparat eigen ist, so lange die concentrirte Losung noch nicht vollkominen init dein zugesetzten Verbindungswasser sich vereinigt hat.

Eingangs wurde angefiihrt, dafs Hohenrauch meist nach Iangerer Trockenheit , nie unmittelbar nach Regen auftritt ; er scheiiit somit in eine enge Beziehung zuin Feuchtigkeits- zustand der Luft zu stehen. Ich finde dafur eine Erklarung in dem Terhdtiiifs des Wassers zur Warme.

Sobald warine und nicht init Fenchtigkeit gesattigte Luft niit fliissigem Wasser in Beruhrung komint, geht der Warme- uberschufs an das Wasser uber und verwandelt soviel da- von in Wassergas als nach Temperatur, Druck u. s. w. moglich ist. Demgeinafs kann Hohenrauch einem Regen iiicht widerstehen, welcher 'den Zustand der Luft sowohl calorisch, wie mechanisch ausgleicht ; die Atmosphare ist am dnrchsichtigstrn nach Regen.

Aus demselben Grund knnn Hohcnrauch nicht wohl entsteheii, wo die Sonnenstrahlen auf Eisfelder oder Was- serflachen falleu; hier gcht die WEirinc auf zur Schinelzung des Eises oder Verdampfung des TYassers; wahrend die Tern- pel-ntnr in trockenen~ Said, bri 20 bis 25" Luftwsrme, oft n u f 60 und 70" steigt.

293

Dafs feuchte d. h. init Wassergas nahezu gesattigte Luft wenig zur Bildung von Hohenrauch geeignet ist , beruht vielleicht darauf, dafs Wassergas relativ zur Luft eiu holies Warineleitungsverniogen, starke Warinecapacitiit, einen be- deiitenden Unterschied der Tension fur kleine Temperatur- intervalle, init geringeui Lichtbrechungsverinogen vereinigt. Warme Luft .verhalt sich zuin Wassergas in Luft VOII glei- ehem Feuchtigkeitszustanid wie ein luftverdunnter Raum und veranlafst Diffusion ; in derselben Richtung wirkt das hohere Warmeleitungsvennogen so wie die starbere Warmecapacitat, und die kleinen Ursacheri konnen wohl eine merkbare Wir - kung aufsern.

Sollte vielleicht auch die elektr iscbe Leitungskraft des W-assergases Antheil haben? Fur ganz unglaublich mochte ich es nicht halten, dafs ein Geinenge von warmer und halter Luft mit entgegengesetzter Elektricitat sich ladet, wel- che vom Wassergas wieder vereinigt wird.

Meine Anschauung vom Hohenrauch lafst das bekannte JJ Sternschwanken (( als einen Theil der Hohenrauchphano- inene erscheinen. Das plotzliche Auf - und Niedersinhen der Sterne nahe dem Horizont, besonders iiber Dachfirsten, erklart sich wohl durch eine umfanglichere Schicht wariner Luft, die sich vom warnien Dach losreifst und die Gesichts- linie zwischen Beobachter und Stern durchbricht.

Sie stellt ferner den Hohenrauch neben die Fata Mor- gana, Luftspiegelung, in derselben Weise als Lichtreflexion von zerstofsenem Glas und von einem Glasspiegel verwandt sind. Die letztere Erscheinung ist das Einfache im Grofsen, die erstere die unregelmafsige Wiederholung im Kleinen.

Der Entstehung nach haben wir es hier nur init der Luftspiegelung zu thun, welche sich auf eine warine Luft- schicht unter einer kalteii grundet. Dieses Meteor wird sich vorziiglich auf inoglichst ebeneln Boden, auf weiten Sandflachen oder warinein Wasserspiegel, bei vollkomineuer Windstille ausbilden ; das labile Gleichgewicht der mitwir- kenden Luftschichten wird endlich darch ein inassenhaftes Aufsteigeii der warmen Luft durch die liBltere i+ls cio Luft-

294'

strom aufgehobeu werden. 1st das Terrain mehr coupirt und mit hervorragenderen Unebcnlieiten bedeckt oder ist die Luft bereits durch sanften Wiudhauch in einer gewissen Bewegung, so kaiin sich lieiiie griifssere Menge warinerer Luft an der Erdoberflachc halteu; auf dein Meere entstcht Nebel, auf dem Lande: Hohenmuch.

A l s ich vor mehrereii Monaten in eiiieiii im Rande CIV, S. 4H2 ft'. dieser Ann. abgedruckten Aufsatze, welchen ich den Leser des gegenwartigen nachzuschlagen ersuche, auf einige g h s t i g ausgefallene Versuclie gestiitzt ein neues Ver- fahreii zur Scheidung der Talkerde voin Natron und vom Kali vorschlug, glaiibte ich, fur das Lithion wegen der Schwer- laslichkeit seines kohleiisauren Salzes eiii r~ngiinstiges Ergeb- nifs voraussetzend, ineiiie Untersuchung nicht wohl auf das letztgeiiannte Alkali ausdehiien zu kbnnen. Jene Voraus- setzuiig war aber irrig, denii, wie mir seitdem Hr. H. R 0 s e , inein hochverehrter Lehrer, mitgetheilt hat, ist das kohleusaure Lithion, wenn auch schwerl6slich in Wasser, doch, worauf es hier alleiii ankomint, leichtlbslich in koh- lensaurem Ammoniak, d. h. in dein Reagens oder FZllungs- mittel der Talkerde, desaeii Bereitling ich a. a, 0. geiiau besclirieben habe.

Diese Thatsache, ohne Zweifcl ebenso wichtig iu theo- retischer Beziehung, weil sie gleich dcr voii L. T r o o s t I )

entdeckten Isoinorpliie des salpetersauren Lithioiis mit dem salpetersauren Natron das Lithion nicht den alkalischen Er-

1 ) S. h'rchcrchus s u r fe lit/iiuni r~ 1c.s sr ls d c fithinr, pnr M. L . T v o u s I , i l l .4rin. dc chim. ct ile ph-ys. Troisi>ii,e serir. 1. LI, p . 103 f j