Bildungsskonzept
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Lernen bei climbdas Konzept
WerteverständnisUnsere gesamte Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen stützt sich auf unsere fünf Werte: Anspruch, Mut, Begeisterung, Offenheit und Authentizität. Diese fünf Werte fassen zusammen, wie climb-Lernferien sich anfühlen sollen, stehen hinter den einzelnen Elementen und Abläufen, die wir anbieten und sind als Grundlage der pädagogischen Entscheidungen, die Leitungsteams und LehrerInnen an den einzelnen Standorten fällen, zu verstehen.
Anspruch heißt, dass wir von den Menschen, mit
denen wir arbeiten, von den SchülerInnen, und vor
allem von uns als Organisation viel erwarten. Aus der
Bildungsforschung wissen wir, dass die Botschaft „Ich
weiß, dass du das kannst und ich gebe dich und deine
Erfolge nicht auf, sondern unterstütze dich, bis du sie
erreicht hast“ Selbstwertgefühl und tatsächliche
Leistungsfähigkeit steigert1. Niedrige Erwartungen
verschleiern den Blick für das Potenzial, das jede/r zu
climb mitbringt. Hohe Erwartungen stärken Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit, wenn die
Herausforderung angenommen wird. climb ist nicht irgendein Ferien- oder Betreuungsprogramm,
auch, weil wir anspruchsvoll bleiben, gerade wenn es gut läuft. Deswegen investieren wir so viel in
individuelles Zielesetzen, in Diagnostik und differenziertes Material: Wir erwarten und ermöglichen,
dass jede/r sich auf seine/ihre Weise bei climb weiterentwickelt.
Mut ist für uns die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, wenn der alte nicht
weiterführt. Die Bereitschaft, sich selbst in Frage zu stellen und Fehler zu
machen und zuzugeben. Mut bedeutet für uns nicht, keine Angst zu
haben. Mut bedeutet, Angst einzugestehen und zu überwinden. Wir
erkennen an, was für eine Riesenleistung dieses Überwinden für alle an
climb Beteiligten sein kann. Nicht nur der Kletterwald ist ein gutes
Beispiel dafür, wie wir Mut fördern. Kreis-Situationen erfordern den Mut,
vor der Gruppe zu sprechen, in den Projekten brauchen SchülerInnen
Mut, Neues auszuprobieren und climb-LehrerInnen beweisen in jeder
Lernzeit den Mut, auf die Nase zu fallen und direkt wieder aufzustehen.
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1 Vgl. etwa: Howard, J. (1990). Getting smart: The social construction of intelligence. Lexington, MA: The Efficacy Institute. Knapp, M.S., Shields, P.M., & Turnbull, B.J. (1995). Conclusion: Teaching for meaning in high-poverty classrooms. In M.S. Knapp & Associates (Eds.), Teaching for meaning in high-poverty classrooms. New York: Teachers College Press.
Offenheit ist Nährboden jedes Lernprozesses. Ohne die Bereitschaft sich weiterzuentwickeln,
Neugier auf die Welt und auf die Menschen, die uns begegnen, kann kein
Lernen passieren. climb soll ein sicherer Rahmen sein, um sich zu öffnen. Und
ist offen für Feedback von den Menschen, für und mit denen wir climb
machen. Wir wollen unsere SchülerInnen und ihre Stärken selbst
kennenlernen, anstatt uns auf das Urteil anderer zu verlassen. Lernzeiten und
Projekte sollten offen sein für die Fähigkeiten oder das Vorwissen, das Kinder
und Jugendliche vielleicht schon mitbringen und ihnen Raum lassen, neues
mit vorhandenem Wissen zu verknüpfen, und dabei ihre analytischen
Fähigkeiten, ihre Reflexionsfähigkeit etc. auszubauen (vgl. Abschnitt 2 zu
exekutiven Funktionen).
Authentizität heißt, dass bei climb jede/r seine/ihre
T a l e n t e u n d P e r s ö n l i c h k e i t a u s l e b e n d a r f .
Selbstbewusstsein und ein gutes Gefühl für die eigenen
Stärken und die eigene Persönlichkeit gehören zu den
wichtigsten Einflusswerten auf späteren Bildungserfolg2
und fördern andere wichtige Kompetenzen wie
Frustrationstoleranz, Empathie und Teamfähigkeit.
Authentizität heißt für uns auch, dass climb für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen ein
sicherer Raum ist und dass wir immer wieder Mechanismen einbauen und anbieten, durch die
Menschen herausfinden können, was ihnen wichtig ist, was sie können, wie sie sich in einer Gruppe
entfalten etc. Dazu gehört z.B. auch, dass wir Räume geben, in denen gerade die SchülerInnen –aber
auch die Erwachsenen– sich von den Rollen und Etiketten lösen, an die sie sich in ihrem Alltag
gewöhnt haben.
Begeisterung ist für viele der Zauber, der climb ausmacht: Das Ganze ist
ein Riesenspaß, trotz oder gerade wegen der konstanten
Herausforderung, drei Wochen am Stück (ab dem ersten Vorbereitungs-
Wochenende) mutig, offen und anspruchsvoll zu bleiben, viel zu arbeiten,
viel zu lernen und sich selbst weiterzuentwickeln. Wie schaffen wir das?
Weil climb uns Spaß macht! Weil wir unsere Arbeit lieben und begeistert
sind für und von kleinen und großen Mutproben, Persönlichkeiten und
Bildungserfolgen. Lernen, Schule und auch climb gelingen mit Spaß und
Leidenschaft, mit Humor und der Fähigkeit, sich selbst nicht all zu ernst zu nehmen, viel besser. Und
wir stecken mit der Begeisterung für unsere Arbeit an.
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2 Vgl. etwa Zins, Joseph E. et. Al. Building Academic Success on Social and Emotional Learning: What Does the Research Tell us? New York 2004
Stärkenorientierung
Herzstück unserer Arbeit ist darüber hinaus die Stärkenorientierung: Stärken zu sehen, zu benennen und weiterzuentwickeln, anstatt Schwächen beseitigen zu wollen.
Stärken gekonnt einzusetzen, um Potenziale zu hegen und
zu pflegen: Das ist nicht nur der Wesenskern dessen, was wir
tun, sondern auch die Methode, mit der wir unsere Werte
austarieren, ausbalancieren, und in Bezug zueinander
setzen. Stärkenorientierung vereinbart Anspruch und Spaß ,
vereinbart Mut und Offenheit und schafft die ganz
besondere Atmosphäre, die so viel Begeisterung fürs Lernen
auslöst. Jede Person hat etwas, wofür sie brennt und was sie
gut kann, und wir befähigen Kinder, Jugendliche und Erwachsene, zu entdecken, was das ist.
Wie lebt man Stärkenorientierung? Indem man
Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
Erfolgserlebnisse ermöglicht, und danach einen
Bezug zwischen dem Erfolg und den Stärken
herstellt. Indem konstant gelobt, Erwartungen
positiv formuliert, Erfolge aufgezeigt und
verbalisiert werden. Indem wir ein gutes Maß
zwischen Fordern und Fördern finden und eine
Atmosphäre schaffen, in der SchülerInnen und
Erwachsene sich bewusst werden, wie viel
sie schon können. Stärkenorientierung bedeutet,
Verhalten zu loben, z.B. "Du hast weiter
gemacht, als es schwierig war und die Aufgabe
deswegen fast allein geschafft." anstatt statische
E i g e n s c h a f t e n w i e " D u b i s t s c h l a u . "
hervorzuheben oder Allgemeinplätze wie "gut
gemacht" zu nutzen. Dadurch können Menschen
weiter über sich hinauswachsen und glauben
daran, dass sie sich weiter verbessern können.
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Bei climb haben Kinder und Erwachsene die Möglichkeit, sich gegenseitig freundliche Briefe zu schreiben - auch das ist Stärkenorientierung
Zukunftskompetenzen
und exekutive FunktionenUnsere Arbeit, in den Lernzeiten, den Projekten, auf Ausflügen und in der Erwachsenenbildung, ist wertebasiert und kompetenzorientiert, d.h. entscheidend ist im Beurteilen des Erfolgs einer Lernzeit oder der zwei Wochen climb weniger, ob die SchülerInnen sich fachlich weiterentwickelt haben (z.B. das 1x7 gelernt haben), sondern ihre überfachlichen Fortschritte.
Das macht uns nachhaltig, weil wir Kindern und Jugendlichen eine neue Haltung zum Lernen
mitgeben. Die fachlichen Inhalte sind bei climb ein Mittel zum Erreichen überfachlicher Fortschritte
und dem langsamen Ausbauen exekutiver Funktionen. In Anlehnung an unsere Werte, unsere Vision
einer mutigeren Gesellschaft und neueste Erkenntnisse aus der Bildungsforschung haben wir sechs
"Zukunftskompetenzen" identifiziert, an denen wir bei den climb-Lernferien gezielt mit Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen arbeiten. Diese sechs Kompetenzen sind bei climb in jedem
Klassenzimmer, in jeder Lernzeit und jeder Reflexionsrunde präsent und sind für uns Herzstück
unserer Arbeit - weil sie fachliches Lernen erst möglich machen und Persönlichkeiten stärken.
climb-Lernferien fördern bei Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen...
Selbst-
bewusstsein
Resilienz Rücksicht Teamfähigkeit Planungs-kompetenz
Umsetzungs-kompetenz
Ich kenne meine Stärken und nutze sie.
Ich mache weiter, wenn es schwierig
wird
Ich achte auf meine
Mit-menschen
Ich bringe mich produktiv in Gruppen ein
Ich setze mir ein Ziel und mache einen
Plan
Ich erreiche meine Ziele und setze
meine Pläne um
Es passiert immer mal wieder, das SchülerInnen mit
Diagnosen ihrer KlassenlehrerInnen wie „kann nicht
schreiben“ bei uns auftauchen, und dann bei climb
scheinbar unmögliche Fortschritte machen. Das liegt nicht
daran, dass unsere Materialien fachdidaktisch exzellent
und der Schule meilenweit voraus wären, sondern daran,
dass wir an einem anderen Punkt ansetzen, um
Kompetenzen weiterzuentwickeln: nicht im fachlichen,
sondern im überfachlichen Bereich, und auch im
Handlungsfeld der exekutiven Funktionen. „Als exekutive
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Funktionen bezeichnet man in der Gehirnforschung geistige Fähigkeiten, die das menschliche
Denken und Handeln steuern.“ Dazu gehören Impulskontrolle und eine bewusste Steuerung des
eigenen Verhaltens, Planungsfähigkeit sowie die Bereitschaft und Fähigkeit, eigenes Verhalten zu
reflektieren und in Bezug zu Anderen zu setzen. Diese Fähigkeiten hemmen im Gehirn die instinkt-
oder reflexhafte Antwort auf Reize von außen, sie ermöglichen es unserem Gehirn, und damit uns,
„uns im Griff“ zu haben . Wir wollen den TeilnehmerInnen auf dieser Ebene etwas mitgeben, weil
exekutive Funktionen der Grundstein jedes fachlichen Lernerfolges sind und Lernen mit ihnen
leichter von der Hand geht. Außerdem ist die Fähigkeit, eigenes Handeln zu steuern, die zentrale
Kompetenz, die es unseren SchülerInnen ermöglicht, nach climb selbstbestimmt und
eigenverantwortlich ihren Weg zu gehen.
Was heißt das für die tägliche Arbeit während der
Lernferien? Zum Beispiel, dass wir Lob eher für
Arbeitsverhalten als für fachlichen Fortschritt
a u s s p r e c h e n ( „ D u h a s t m i t d e i n e m
Rechenschieber gearbeitet und dich ganz
geduldig gemeldet!“ = du hattest dich unter
Kontrolle vs. „Du hast drei Seiten gerechnet.“ =
du hast viel geschafft). Wir konzentrieren uns,
auch in der Auswahl des Material-Angebots, mit
dem SchülerInnen bei climb arbeiten können, auf
den Lernprozess und die Kompetenzen, die
Kinder, Jugendliche und natürlich auch
Erwachsene brauchen, um Lernfortschritte zu
machen (Ausdauer, Geduld, Kreativität, sich Hilfe
holen, etc.). In den Lernzeiten, Projekten, beim Essen und in der Freizeit leben LehrerInnen
exekutive Funktionen vor und unterstützen SchülerInnen beim Entwickeln dieser, z.B. durch
Meldesysteme, transparente Ablaufpläne, klare, visualisierte Regeln und Abläufe u.v.m.. Solche
Systeme geben SchülerInnen nicht nur Sicherheit und lassen Lern- und Projektzeiten sowie den
ganzen climb-Tag effektiver und entspannter ablaufen, sondern sind wie Schwimmflügel für
SchülerInnen, die ihre exekutiven Funktionen noch entwickeln: Sie geben Halt, schaffen
Transparenz und machen es ihnen leichter, ihr Verhalten zu kontrollieren, weil Abläufe klar und
Handlungsoptionen transparent sind (z.B. ich muss aufs Klo -> Ich stelle das Klo-Tier auf meinen
Platz und gehe aufs Klo, ohne jemand anderen zu stören. Ich habe eine Frage -> ich klammere meine
Klammer an die Wäscheleine und kann dann abwarten, weil ich abschätzen kann, wie lange es
dauern wird, bis jemand sich um mich kümmert.)
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Diagnostik als HaltungDas pädagogische Grundkonzept von climb geht davon aus, dass Menschen sich in Interaktion mit ihrer Umwelt und den darin befindlichen Personen entwickeln, und das sie sich durch ein gutes Maß aus Herausfrderung und Unterstützung am besten weiterentwickeln.
I m B e r e i c h d e r s o z i o k u l t u r e l l e n
Entwicklungstheorien ist besonders der Begriff
der „Zone der nächsten Entwicklung“, den der
Entwicklungspsychologe Lew Wygotski geprägt
hat, von zentraler Bedeutung. Wygotski geht
davon aus, dass zur optimalen Förderung von
Kindern nicht nur der Stand dessen, was ein
Kind schon alleine kann, entscheidend ist,
sondern auch die Fähigkeiten und Kenntnisse
ausschlaggebend sind, die ein Kind unter
Anleitung und in Zusammenarbeit mit einem
Erwachsenen zeigt. Unsere Art zu arbeiten ist
also nur möglich, wenn SchülerInnen innerhalb
b z w . g e n a u a m H o r i z o n t i h r e s
Kompetenzbereiches arbeiten und Erwachsene
da sind, die Aufgaben stellen, die weder unter-
noch überfordern und so an genau der
richtigen Stelle für das Kind den Schritt in die
Zone der nächsten Entwicklung möglich machen.
Für diese Art des Arbeitens ist eine konstante diagnostische Brille der LehrerInnen und des
Projektleitungs-Teams ein wesentlicher Erfolgsfaktor: Entwickelt Nils gerade Ausdauer und
Frustrationstoleranz oder ist ihm die Matheaufgabe wirklich viel zu schwer? Schult der Steckwürfel
Hassanes Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten oder beschäftigt er sich damit, weil ihn eine
andere Aufgabe gelangweilt hat? Kann Sara wirklich nicht schreiben oder fehlt ihr der Mut, Fehler zu
machen? Hat Mohamed wirklich eine Hörverarbeitungsstörung – oder hat er sich einfach damit
abgefunden, dass ihm niemand zuhört?
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Zone der
Unterforderung
Vorkenntnisse, Voraussetzungen, Interessen
Zone derÜberforderung
Zone dernächsten Entwicklung
Zentrale Aufgabe bei climb ist es,
LehrerInnen zu ermutigen, genau diese
Fragen zu stellen und mit ihren
SchülerInnen an diesen Themen zu
arbeiten. Das geht nur mit einer
k l e i n t e i l i g e n u n d g r ü n d l i c h e n
D i a g n o s t i k u n d k o n s t a n t e r
Beobachtung und Überprüfung, wie die
Kinder und Jugendlichen arbeiten.
LehrerInnen bei climb sollten sich im
Idealfall immer wieder die Frage
stellen, woran es gelegen haben
könnte, dass ein Kind heute so viel
geschafft, so konzentriert gearbeitet
hat, und diese Erkenntnisse nutzen, um ihn weiter zu stärken und weitere Erfolgserlebnisse zu
ermöglichen. Eine diagnostische Haltung leben heißt auch, SchülerInnen konstant zu sehen, ihre
Fortschritte wahrzunehmen und sie ihnen transparent zu machen. Wenn Kinder und Jugendliche
nach einigen Tagen bei climb aufgetaut sind und sich trauen zu zeigen, was sie können, ist es
Aufgabe der LehrerInnen, diesen Mut mit neuen Herausforderungen und viel Wertschätzung zu
honorieren.
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Ich finde den Kletterwald am besten, und Mathe. Die Aufgaben sind genau so, dass ich sie kann. Und die Lehrer meckern nicht gleich, wenn man was nicht versteht! - Davud
Die MottosJedes climb steht unter einem Motto, das sich durch die Lernzeiten, die Projekte und das
Rahmenprogramm zieht. Stehen z.B. „Sport und Ernährung“ im Mittelpunkt, werden in Deutsch
Rezepte gelesen, bei den „Forscherferien“ werden in den Mathelernzeiten Datensätze erstellt und
Diagramme gemalt.. Geht es um „Traumberufe“ probieren wir uns Nachmittags als
Leuchtturmwärterinnen ader Madedesigner, beim „Hamburg entdecken“ führt uns der zweite
Ausflug an den Elbstrand. Das climb-Motto gibt einen festen Rahmen und eröffnet den Kindern neue Horizonte.
TraumberufeDas Traumberufe-Motto ist unsere Überzeugung, dass früh
ansetzen sich später auszahlt, in Reinform. Kurz vor dem
Schulabschluss werden Jugendliche in der Schule immer wieder
mit der Frage konfrontiert, wie sie sich ihre weitere berufliche
Zukunft vorstellen. Wir stellen Grundschulkindern diese Frage
früher, in der Hoffnung, Horizonte zu erweitern, alternative
Lebenswege aufzuzeigen, und Kindern Lust und Motivation auf
ihren weiteren Bildungsweg zu machen. Mit diesem climb wollen
wir Kindern früh und handfest die Frage beantworten, warum
Mathe und Deutsch lernen sich lohnt, warum Schule eine sinnvolle
Sache ist, und wie ihre Bildungskarriere aussehen könnte. Dies ist
ein erster Denkanstoß, ein Vorentlasten des Themas vor dem
Wechsel auf die weiterführende Schule und der Pubertät.
Kürzlich nach Deutschland geflohene Jugendliche stehen vor den
Frage: Wie geht es weiter? Wie funktioniert das alles in meiner
neuen Umgebung? Was kann ich mit meinem Schul- oder
Studienabschluss / meiner Ausbildung hier anfangen? Climb zeigt
ihnen Zusammenhänge zwischen ihren Stärken und beruftlichen
Perspektive auf und ermuntert sie, weiter zu machen, auch wenn
es schwierig wird.
Lernen geht für die meisten Menschen leichter von der Hand, wenn
sie zumindest eine vage Vorstellung haben, wofür sie lernen. Ob
Patricia letztlich Pilotin wird oder nicht ist für uns zweitranging,
und das können wir auch nicht bzw. nur bedingt beeinflussen. Aber
dass sie sich mit dem Hinweis, Pilotinnen müssten
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unterschiedliche Sprachen können, mit mehr Motivation an ihre Englischaufgaben setzt, ist ein
kleiner Erfolg, dem wir der Beschäftigung mit dem Themenfeld Berufe während climb zuschreiben.
Daher sollte das Thema Berufe während des climbs quasi in der Luft liegen, für die SchülerInnen ein
nachvollziehbarer roter Faden sein und immer wieder einbezogen werden – natürlich mit Spaß und
ohne erhobenen Zeigefinger!
Sport & Ernährung
Schlechte Ernährung und mangelnde Bewegung sind
inzwischen ein großes Problem für Kinder und Jugendliche.
20 % der unter 15-jährigen in Deutschland sind stark
übergewichtig, ein Drittel zeigt Mängel von Eisen, Jod,
Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren3. Dazu kommt Mangel
an Bewegung durch viel Fernsehen und PC-Spielen. Das
alles hat beträchtliche Folgen: Zu viel Fett und Zucker im
Kindesalter können zu niedrigen Intelligenzquotienten4,
schlechterer Konzentrations- und Merkfähigkeit führen5,
mangelnde Bewegung schadet dem Aufbau von Grob- und
Feinmotorik. Hinzu kommt, dass Familien an unteren Ende
der Einkommensskala oft stärker betroffen sind, weil ungesunde, fett- und zuckerhaltige
Lebensmittel, Fertigprodukte oder Fast Food oft zumindest scheinbar günstiger und leichter
herzustellen sind. Haben alle TeilnehmerInnen diese Herausforderung? Nein! Sind Süßigkeiten
generell schlecht? Nein! Können wir das Problem, sollte es vorliegen, mit zwei Wochen climb
wegzaubern? Natürlich nicht. Auch hier leisten wir einen ersten Schubs und geben Kindern und
Jugendlichen für sie überschaubare Informationen und Handlungsoptionen, damit sie selbst in der
Lage sind, sich ein bisschen gesünder und bewusster zu ernähren. Vor allem möchten wir zu einer
Auseinandersetzung mit dem Thema Ausgewogenheit anregen. Natürlich darf ein Mensch Süßes
essen, aber eben nicht nur. SchülerInnen setzen sich mit ihrem Körper auseinander, entdecken, wie
sie sich wohlfühlen und dass jeder Mensch anders und einzigartig ist, und dass das gut ist. Wir
zeigen, dass Bewegung Spaß macht, und dass Sport ein schönes Gemeinschaftserlebnis ist – auch
wenn man nicht gerne Fußball spielt.
Beim Sport-climb geht es um zwei Dinge: einerseits, Kindern und Jugendlichen durch bewegte
Phasen, körperliche und haptische Betätigung im Aufbau ihrer exekutiven Funktionen zu stärken,
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3 http://www.sueddeutsche.de/leben/empfehlungen-zur-ernaehrung-von-kindern-akademiker-sind-oft-ueberzeugungstaeter-1.1836147
4 Northstone, Kate, et.al. Are dietary patterns in childhood associated with IQ at 8 years of age? A population-based cohort study. UK 2011.
5 http://thekojonnamdishow.org/shows/2014-10-15/obese-brain-how-childhood-diet-impacts-brain-development
anderseits, ein Bewusstsein für ihre Ernährung zu schaffen, z.B. durch die Ernährungstagebücher.
Bei den Sport- und Bewegungsangeboten soll es um die Steigerung des Selbstbewusstseins, die
Stärkung der Selbstwirksamkeit und das Erleben einer Gemeinschaft gehen. Wettkampf und
Leistung können hier Elemente sein, sollten sich aber die Waage halten mit Spaß, Fairness und
sicheren Räumen, in denen auch SchülerInnen, die wenig Sport machen, sich ausprobieren und
Erfolgserlebnisse haben können. Zum Thema Ernährung ist
wichtig: Die meisten SchülerInnen hören nicht bei uns zum
ersten Mal, dass Chips und Cola ungesund sind, aber die
wenigsten wissen, warum. climb kann Zusammenhänge
aufzeigen und sehr praktisch vermitteln, dass Äpfel und
Karotten als Snack lecker sein können und uns mit mehr
Energie zurücklassen als Fast Food. Natürlich dürfen die
TeilnehmerInnen vom morgendlichen süßen Brotaufstrich
oder Müsli erzählen und ihren LehrerInnen sagen, dass sie
gern Eis essen. Auf das Maß und die Selbstkontrolle kommt
es an. Das Sport-climb ist kein „fat-camp“, funktioniert
also auf keinen Fall mit Druck, Beschämung oder Verboten,
sondern mit gezielter, sehr praktischer Aufklärungsarbeit
und kleinen Aha-Effekten, die bei den Teilnehmenden
Eindruck hinterlassen, sodass sie am Ende eine eigene
Meinung zum komplexen Begriff Ausgewogenheit
entwickeln können.
ForschenDas Thema, den Nachwuchs für Naturwissenschaften begeistern,
ist in aller Munde. Viele Menschen reden darüber, dass es in
Deutschland zu wenige aufgeweckte Kinder und Jugendliche gibt,
die Ingenieur, Erfinderin, Biologe oder Chemikerin werden wollen.
Mit dem climb-Motto Forschen begeistern wir schon die Kleinsten
für die Haltung eines Forschers / einer Forscherin. Wir wollen den
SchülerInnen zeigen, dass es sich lohnt, neugierig und hartnäckig
zu sein, und dass die Welt um sie herum rätselhaft und spannend
ist. Dazu bedienen wir uns der MINT-Fächer (Mathe, Informatik,
Naturwissenschaften, Technik) und anderer Disziplinen. Ein
fächerübergreifendes Thema wie der Klimawandel mit all seinen Aspekten kann ein spannender
Inhalt schon für GrundschülerInnen sein.
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Gerade beim Forschen und Experimentieren ist uns wichtig, dass es keine absolute Wirklichkeit gibt,
sondern nur eine wahrgenommene. All die wahrgenommenen Realitäten müssen stetig abgeglichen
werden, unter den SchülerInnen selbst, zwischen SchülerInnen und Erwachsenen usw. Dabei ist
genaues Beschreiben, aktives Zuhören und Nachfragen unerlässlich, um ein gemeinsames Bild der
Realität als Grundlage für das gemeinsame Arbeiten zu haben Beim Forscher-climb geht es uns
darum, dass Kinder und Jugendliche eigene Fragen stellen möchten und dürfen, genaues Beobachten
und Beschreiben lernen und Kompetenzen wie Resilienz üben, wenn sie ein Experiment mehrmals
wiederholen müssen, um ein Ergebnis zu erhalten, das sie verstehen. Genauso geht es uns darum,
Erwachsene mit dem Forschergeist und der Neugier der SchülerInnen anzustecken und so ein
gemeinsames Forschen und Entdecken möglich zu machen.
Stadt und Stadtteil
Gerade wenn es darum geht, das eigene
Lebensumfeld mitzugestalten und sich zu eigen zu
machen und alle Angebote zu nutzen, die Stadt oder
Stadtteil bieten, sind Bildung und Teilhabe eng
miteinander verknüpft. Fehlende finanzielle
Ressourcen, mangelnde Zeit, Sprachbarrieren,
kulturelle Berührungsängste oder schlichter
Informationsmangel isolieren einige der Familien,
mit denen wir arbeiten und verhindern kulturelle
und soziale Teilhabe am Leben in Stadt und
Stadtteil. 6 Mit dem Stadt/Stadtteil-Curriculum
spielen wir einen Teil der Verantwortung zurück an
die teilnehmenden Kinder und ihre Eltern: Wir
zeigen ihnen, wie viel es in ihrem Stadtteil zu
erleben gibt (z.B. durch Kooperation mit lokalen
Sportvereinen oder Ausflügen durch den Stadtteil),
leben vor, wie einfach manche Sehenswürdigkeiten
zu erreichen sind, und laden sie ein, ihre Meinung zu
ihrer Umgebung zu erörtern und zu äußern. So leben wir vor, dass von Kindern und Familien
unterschwellig wahrgenommene Hürden gar nicht so hoch sind, wie sie zu meinen scheinen, und
geben einen kleinen Schubs in Richtung mehr Teilhabe. Wir tun dies einerseits natürlich für die
Kinder: Ausflüge in die Innenstadt oder den Park, Besuche im Zoo oder im Museum erhöhen Neugier,
die motiviert, sich schulisch mit einem Thema auseinanderzusetzen und stärken analytische
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6 Herz, Birgit, et.al. Kinderarmut und Bildung: Armutslagen in Hamburg. Hamburg, 2008.
Funktionen wie verknüpftes Denken. Damit wecken wir Lust auf mehr: mehr Bildung, mehr Ausflüge,
Engagement im Sportverein und stärken unsere SchülerInnen, ihre Potenziale zu entfalten. Aber wir
tun das genauso für die Städte, mit denen wir arbeiten. Unsere SchülerInnen verfügen schon im
Grundschulalter über eine Vielzahl von Kompetenzen, wie Mehrsprachigkeit, Hartnäckigkeit,
Kreativität und kulturelles Code-switching, die unbedingt notwendig sein werden, um den
Herausforderungen der Zukunft zu begegnen und lebenswerte Städte zu gestalten. Wenn wir das,
was unsere Kinder an Potenzialen mitbringen, mit der Teilhabe an der Zukunft ihrer Heimatstadt
verknüpfen, zeigen wir den Kindern, dass ihre Städte sie brauchen, und motivieren sie, zu gestalten.
Das klingt hochgestochen, kann aber ganz praktisch sein: ein Nachmittagsprojekt, in dem Kinder aus
Pappkartons „ihr Hamburg der Zukunft“ bauen, zum Beispiel, oder wenn bei „Radio Hörde“ Kinder
auch äußern, was sie in ihrem Viertel gerade stört, und welche Vorschläge sie haben, um es besser
zu machen.
Was sollen die SchülerInnen aus
einem Stadt/Stadttei l -c l imb
mi tnehmen? E inerse i ts d ie
Begeisterung für ihre Stadt/ ihren
Kiez und eine erhöhte Kenntnis
dessen, was sie ausmacht. Aber
auch Anknüpfungspunkte zu mehr
Teilhabe. Stadt/Stadtteil-climbs
schulen einerseits Wertschätzung
für die eigene Stadt/den eigenen
K i e z , z e i g e n e i n f a c h e
Teilhabemöglichkeiten auf und laden Kinder ein, ihren Stadtteil mitzugestalten. Das heißt für
Projektleitungen, z.B. dass es sinnvoll sein kann, Ausflüge so zu planen, dass Kinder die Möglichkeit
haben, den Ausflug mit ihren Familien zu wiederholen. Bei Zusammenarbeit mit lokalen
Bildungsträgern im Stadtteil sollte ebenfalls ein Fokus auf Langfristigkeit liegen, z.B. bietet es sich
an, Vereine zur Abschlusspräsentation einzuladen und vor Ort Gespräche mit Eltern anzuregen.
Elterncafés in Zusammenarbeit mit existierenden Trägern wie Elternschulen oder –initiativen bieten
sich bei diesem Curriculum ebenso an, wie Eltern zu Ausflügen einzuladen. Dabei ist besonderes
Fingerspitzengefühl gefragt: Wir wollen unterstützend und Mut machend wirken, auch bei Eltern,
ohne Arroganz und Besserwisserei, dafür mit entspannter, wertschätzender Kommunikation. Und:
Wir bleiben stärkenorientiert! Das heißt, dass wir herausfinden, was der Stadtteil „kann“, was es an
Möglichkeiten und Potenzialen gibt und arbeiten damit weiter, anstatt auf dem, was nicht läuft, zu
verharren.
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Mit climb gehen wir neue Wege.
Wer geht mit?
KONTAKTCharlotte FreyJennifer Busch Hannah Schmidt-Friderichswww.climb-hamburg.de - www.facebook.com/climb.hamburg - [email protected]
SPENDENgemeinnützige CLIMB GmbHGLS Bank
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MITMACHENWir suchen für jede Lernferien bis zu 10 junge Erwachsene, die mit uns begeistern und sich begeistern lassen. climb ist praxisorientierter als jedes Seminar, anspruchsvoller als jedes Praktikum, bringt dich weiter als jeder soft-skills Kurs und macht jede Menge Spaß!
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