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Vivien Heller, Uta Quasthoff, Anna Vogler, Susanne Prediger Bildungssprachliche Praktiken aus professioneller Sicht: Wie deuten Lehrkräfte Erklärungen und Begründungen von Kindern? 1 Diskurspraktiken im Fokus bildungssprachlichen Handelns: auch aus Sicht von Lehrkräften? Die Sprachlichkeit des Lernens ebenso wie die sprachliche Heterogenität von Lernenden ist ins Blickfeld nicht nur der Sprachdidaktik, sondern auch der übrigen Fachdidaktiken gerückt. Prägend für die gegenwärtigen Diskussio- nen ist, dass die sprachlichen Anforderungen fachlichen Lernens nicht mehr nur im Erwerb und Gebrauch von Fachlexik gesehen, sondern zunehmend weiter gefasst werden. Als ein gegenüber Fachsprache deutlich weiter gefasstes Konstrukt wurde unter dem Terminus Bildungssprache (Ortner 2009; Ahren- holz 2010; Gogolin & Lange 2011; Feilke 2013; Hövelbrinks 2014) bzw. Academic Language (Chamot & O’Malley 1997; Snow & Uccelli 2009) zunächst die Perspektive auf andere Sprachebenen, wie etwa die Syntax, ausgeweitet. Zugleich wurde in den Blick gerückt, dass die kommunikative Darlegung und Vermittlung fachlichen Wissens auch auf domänenübergreifenden sprach- strukturellen Fähigkeiten beruht, die als Merkmale eines formellen Registers (Gogolin & Lange 2011; Schleppegrell 2004) und im angloamerkischen Raum jüngst als „core academic language skills“ (Uccelli et al. 2014) beschrieben wurden. Eine stärker pragmatische und in der Ethnomethodologie wurzelnde Sichtweise macht geltend, dass Interaktanten nicht einfach ein bestimmtes Register oder eine bestimmte Varietät von Sprache gebrauchen, sondern sprechen und schreiben, um bestimmte kommunikative Funktionen zu rea- lisieren: Dazu erklären sie einen Sachverhalt oder ein Vorgehen, begründen eine Position, beschreiben einen Versuchsaufbau. Wir plädieren daher für eine Konzeptualisierung von Bildungssprache, die der Kontextualisiertheit, Interaktivität und Zweckorientierung des Sprechens und Schreibens in Bildungszusammenhängen systematisch Rechnung trägt. Damit vollziehen wir abermals eine Erweiterung des Gegenstandes: Als bildungssprachliche Praktiken (Morek & Heller 2012; Heller & Morek 2015) beschreiben wir die situierten sprachlich-diskursiven und körperlichen Ver- fahren, mit denen in unterschiedlichen Bildungskontexten Erkenntnisse generiert, Wahrheitsansprüche geltend gemacht und gesicherte Wissensbe- stände vermittelt werden. Der in der Ethnomethodologie wurzelnde Begriff

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Vivien Heller, Uta Quasthoff, Anna Vogler, Susanne Prediger

Bildungssprachliche Praktiken aus professioneller Sicht: Wie deuten Lehrkräfte Erklärungen und Begründungen von Kindern?

1 Diskurspraktiken im Fokus bildungssprachlichen Handelns: auch aus Sicht von Lehrkräften?

Die Sprachlichkeit des Lernens ebenso wie die sprachliche Heterogenität von Lernenden ist ins Blickfeld nicht nur der Sprachdidaktik, sondern auch der übrigen Fachdidaktiken gerückt. Prägend für die gegenwärtigen Diskussio-nen ist, dass die sprachlichen Anforderungen fachlichen Lernens nicht mehr nur im Erwerb und Gebrauch von Fachlexik gesehen, sondern zunehmend weiter gefasst werden. Als ein gegenüber Fachsprache deutlich weiter gefasstes Konstrukt wurde unter dem Terminus Bildungssprache (Ortner 2009; Ahren-holz 2010; Gogolin & Lange 2011; Feilke 2013; Hövelbrinks 2014) bzw. Academic Language (Chamot & O’Malley 1997; Snow & Uccelli 2009) zunächst die Perspektive auf andere Sprachebenen, wie etwa die Syntax, ausgeweitet. Zugleich wurde in den Blick gerückt, dass die kommunikative Darlegung und Vermittlung fachlichen Wissens auch auf domänenübergreifenden sprach-strukturellen Fähigkeiten beruht, die als Merkmale eines formellen Registers (Gogolin & Lange 2011; Schleppegrell 2004) und im angloamerkischen Raum jüngst als „core academic language skills“ (Uccelli et al. 2014) beschrieben wurden.

Eine stärker pragmatische und in der Ethnomethodologie wurzelnde Sichtweise macht geltend, dass Interaktanten nicht einfach ein bestimmtes Register oder eine bestimmte Varietät von Sprache gebrauchen, sondern sprechen und schreiben, um bestimmte kommunikative Funktionen zu rea-lisieren: Dazu erklären sie einen Sachverhalt oder ein Vorgehen, begründen eine Position, beschreiben einen Versuchsaufbau. Wir plädieren daher für eine Konzeptualisierung von Bildungssprache, die der Kontextualisiertheit, Interaktivität und Zweckorientierung des Sprechens und Schreibens in Bildungszusammenhängen systematisch Rechnung trägt.

Damit vollziehen wir abermals eine Erweiterung des Gegenstandes: Als bildungssprachliche Praktiken (Morek & Heller 2012; Heller & Morek 2015) beschreiben wir die situierten sprachlich-diskursiven und körperlichen Ver-fahren, mit denen in unterschiedlichen Bildungskontexten Erkenntnisse generiert, Wahrheitsansprüche geltend gemacht und gesicherte Wissensbe-stände vermittelt werden. Der in der Ethnomethodologie wurzelnde Begriff

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In B. Ahrenholz, B. Hövelbrinks & C. Schmellentin (Hrsg.), Fachunterricht und Sprache in schulischen Lehr-/Lernprozessen (S. 139-160). Tübingen: Narr.
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der Praktiken verweist darauf, dass es sich dabei um gesellschaftlich verfes-tigte Lösungsverfahren für Probleme handelt, die sich innerhalb einer Gemeinschaft wiederkehrend stellen. In diesem Sinne stellen die Konstruk-tion, Aushandlung und Vermittlung von Wissen wiederkehrende gesell-schaftliche ‚Probleme‘ dar, die sozial geregelte kommunikative Lösungs-verfahren verlangen. Es sind nun u.E. gerade diskursive Praktiken, die für die Bearbeitung dieser Probleme bzw. Aufgaben zentral sind. Damit sind Ver-fahren angesprochen, bei denen äußerungsübergreifende Einheiten, sog. Diskurseinheiten, interaktiv hervorgebracht werden. Sie werden in der Wissenssoziologie als Gattungen bezeichnet (Luckmann 1986).

Im Kontext des Unterrichts in der Sekundarstufe, so zeigen unsere Daten1, kommt den diskursiven Praktiken des Erklärens und Argumentierens eine Vorrangstellung zu. Die Erfassung von Gattungsrepertoires2 (vgl. Abb. 1) in den Fächern Mathematik und Deutsch zeigen, dass Erklären und Argumen-tieren im Vergleich zu anderen Gattungen – bspw. Erzählen, Berichten, Beschreiben – deutlich häufiger realisiert werden.

Die Gattungsrepertoires erbringen somit einen empirischen Beleg dafür, dass unter den sprachlich-kognitiven Operationen, die Vollmer & Thürmann (2010) auf Basis einer Curriculumanalyse als grundlegend modelliert hatten (Benennen/Definieren, Beschreiben/Darstellen, Berichten/Erzählen, Erklä-ren/Erläutern, Bewerten/Beurteilen, Argumentieren/Stellung nehmen, Simulieren/Modellieren), für Unterrichtsgespräche in der Sekundarstufe die Praktiken des Erklärens und Argumentierens von zentraler Bedeutung sind. Dass die Relevanz bestimmter Gattungen möglicherweise auch jahrgangs-stufenabhängig ist, legen die Befunde von Hövelbrinks (2014) nahe: Sie findet im naturwissenschaftlichen Unterricht des ersten Schuljahres eine besonders hohe Frequenz des Berichtens, Beschreibens und Explorierens.

1 Die Daten stammen aus dem interdisziplinären Projekt InterPass („Interaktive Verfahren

der Etablierung von Passungen und Divergenzen für sprachliche und fachkulturelle Praktiken im Deutsch- und Mathematikunterricht. Eine rekonstruktive Unterrichts-studie zur Teilhabe an schulischen Vermittlungsprozessen“), das mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert wird (Förderkennzeichen 01JC1112; Projektleitung S. Prediger & U. Quasthoff).

2 Die erfassten Häufigkeiten umfassen alle von der Lehrkraft geforderten und von den Lernenden realisierten Diskurseinheiten. Diese wurden hinsichtlich ihrer Gattungs-spezifik differenziert (zur Abgrenzung des Erklärens und Argumentierens vgl. Morek, Heller & Quasthoff 2017; zum Berichten, Erzählen und Beschreiben vgl. Quasthoff 2001 und Rehbein 1984). Aufgrund unterschiedlicher Stundenraster an den fünf Schulen (vgl. Abschnitt 2.1) wird die Gesamtunterrichtszeit in Zeitstunden angegeben.

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Abb. 1: Häufigkeiten gesetzter Zugzwänge für die einzelnen Gattungen

Die besondere Bedeutung des Argumentierens und Erklärens lässt sich aus deren Funktionalität für unterrichtliche Zwecke erklären: Während das Erklären darauf ausgerichtet ist, Probleme des Wissenstransfers und der Wissensdemonstration zu lösen, lassen sich durch Argumentieren divergente Geltungsansprüche behandeln (Morek, Heller, Quasthoff 2017). Wenngleich Kinder auch im (Familien-)Alltag mitunter gefordert sind, Sachverhalte zu erklären (Morek 2012) oder Geltungsansprüche zu begründen (Heller 2012), so kommt ihnen doch im Unterricht eine herausgehobene Bedeutung zu. Damit ist Unterricht zugleich als der primäre Kontext für den Erwerb und Ausbau dieser diskursiven Fähigkeiten zu sehen. Unsere rekonstruktiven Analysen zu Erklär- und Argumentationsprozessen im Unterricht zeigen allerdings, dass diese Fähigkeiten in sehr unterschiedlicher Weise realisiert und gefördert werden: – Es sind bestimmte Aufgabenaufteilungen beim Erklären zu beobachten, die

den Lernenden mehr oder weniger Verantwortung für das Erklären zugeste-hen, indem sie sie entweder als „small piece suppliers“ oder „principal con-tributors“ beteiligen (Quasthoff, Heller, Prediger & Erath demn.).

– Kommt es in Unterrichtsgesprächen zu Erklärungen und Argumentationen, so verdeutlichen Lehrkräfte die damit verbundenen diskursiven und norma-tiven Erwartungen größtenteils auf implizite Art und Weise (Heller 2015).

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– Interaktive Verfahren des Unterstützens diskursiver wie epistemischer Pro-zesse von Lernenden finden sich in unterschiedlicher Häufigkeit. Gelegenhei-ten, die sich im Rahmen von Unterrichtsgesprächen ergeben oder arrangieren lassen, bleiben oftmals ungenutzt (Quasthoff, Heller, Prediger & Erath demn.; Heller & Morek 2015).

Mit diesen Befunden deutet sich an, dass Lehrkräfte in Unterrichtsgesprächen nicht unbedingt auf die Sprachlichkeit fachlichen Lernens orientiert sind. Darauf weisen auch Ergebnisse einer Fragebogenuntersuchung von Busch & Ralle (2013) hin, derzufolge Chemielehrkräfte die Bedeutung von Fach-sprache vor allem für den Lehrervortrag und die Arbeit an Texten sehen; in geleiteten Gesprächen im Klassenverband wird sie dagegen für weniger rele-vant gehalten. Diskursive Aspekte wurden in der genannten Studie nicht eigens untersucht.

Fassen wir also zusammen: Die unter dem Terminus Bildungssprache beschriebenen Phänomene zeichnen sich nicht nur durch lexikalische und syntaktische Anforderungen, sondern insbesondere auch durch ihre Über-satzmäßigkeit und Diskursivität aus. Bildungssprachliche Praktiken wie Erklären und Argumentieren sind in besonderer Weise auf die Zwecke von Unterricht zugeschnitten. Dies macht Unterricht zugleich zu dem Kontext, in dem sich Erwerbsgelegenheiten ‚naturwüchsig‘ ergeben können. Die Frage, inwieweit Lehrende wahrnehmen, dass fachliche Lernprozesse immer auch sprachlich-diskursive Anforderungen beinhalten, ist bislang weitgehend unbeantwortet. Die Wahrnehmung (bildungs-)sprachlicher Anforderungen dürfte aber die Voraussetzung dafür darstellen, dass diese zugleich als Lerngelegenheiten erkannt und genutzt werden.

Ziel des vorliegenden Beitrags ist es daher, die professionelle Sicht (Good-win 1994: „professional vision“; vgl. auch Sherin 2007, s.u.) von Lehrenden auf Unterrichtsinteraktionen, insbesondere auf diskursive Beiträge von Ler-nenden, zu untersuchen: Wie – oder genauer: als was – nehmen Lehrende vor dem Hintergrund ihrer professionellen Deutungsmuster (s.u.) Beiträge von Schülerinnen und Schülern wahr?

Einen Zugang zu professionellen Deutungsmustern haben uns Gruppen-diskussionen von Lehrkräften zu videographierten Unterrichtsinteraktionen eröffnet. Unsere Analysen der thematischen Relevanzsetzungen, die Lehr-kräfte in diesen weitgehend ungesteuerten Diskussionen vornehmen, zeigen, dass Lehrkräfte ihre Aufmerksamkeit fast durchgängig auf die didaktische Logik des beobachteten Handelns der Lehrkräfte und nur selten auf Beiträge von Lernenden oder gar interaktive Prozesse richten (Vogler 2015; Prediger, Quasthoff, Vogler & Heller 2015; vgl. auch Lee & Takahashi 2011 für den Mathematik- und Bräuer 2015 für den Deutschunterricht). Der vorliegende Beitrag fokussiert jene Sequenzen aus den Gruppendiskussionen, in denen die diskutierenden Lehrkräfte tatsächlich Schülerbeiträge zum Gegenstand machen. Er untersucht, welche Aspekte dabei jeweils in den fachlichen

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Diskussionen relevant gesetzt werden. Daneben gibt uns der mikroanalyti-sche Blick auf die Verfahren, mit denen Lehrkräfte bestimmte Aspekte zur Sprache bringen, Hinweise auf die Art der Wissensbestände (implizit oder explizit, geteilt oder nicht-geteilt) über bildungssprachliche Praktiken. Die Analyse soll somit Aufschluss darüber geben, was (nicht) ‚im Blick‘ von Lehrkräften ist – an welchen blinden Flecken also die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften im Hinblick auf Unterstützungsverfahren diskursiven und fachlichen Lernens anknüpfen müsste. Wir gehen dabei davon aus, dass Lehr-Lern-Prozesse ohne die Berücksichtung der Wahrnehmungs- und Handlungsmuster der Lehrenden (und Lernenden) selbst nicht ‚optimiert‘ werden können (Prediger, Quasthoff, Vogler & Heller 2015).

2 Methodologischer Rahmen: Gruppendiskussionen als Kontexte handlungsentbundenen professionellen Deutens

Wir verstehen Lehren als eine Profession, die musterhafte Weisen des Wahr-nehmens und Deutens beinhaltet, die im Verlauf der beruflichen Ausbildung und Sozialisation erworben werden. Aus Perspektive der im deutschsprachi-gen Raum verwurzelten Wissenssoziologie können diese als Deutungsmuster aufgefasst werden. Im Unterschied zu dem Konstrukt der subjektiven Theorien oder beliefs handelt es sich dabei nicht um individuelle Konzeptualisierungen, sondern um sozial geteilte und habitualisierte Muster des Deutens und Bewertens. In Bezug auf beruflich spezialisierte Deutungsmuster hat Good-win den Terminus professional vision geprägt und bezeichnet damit „socially organized perceptual frameworks” (1994: 616), die von den members einer professionellen community geteilt werden.

Nach Mannheim (1980) werden solche gemeinsamen Weltanschauungen und Wahrnehmungsstrukturen im Kontext konjunktiver Erfahrungsräume – bspw. der professionellen Wissensvermittlung – angeeignet. Das Wissen, das in der Praxis des konjunktiven Erfahrungsraums erworben wird, ist ein prä-reflexives, „atheoretisches Wissen“ (Mannheim 1980: 73). In der Terminologie von Meuser & Sackmann (1992) werden nun solche konjunktiven Sinngehalte in Deutungsmustern prozessiert, die als „überindividuell (re-)produzierte Antwort auf objektive, Handlungsprobleme aufgebende gesellschaftliche Bedingungen“ (1992: 15) zu verstehen sind. Die Nutzung von Deutungs-mustern lässt sich aus ethnomethodologischer Perspektive als dokumentari-sche Methode der Interpretation (Garfinkel 1967: 76ff.) verstehen: Eine Erscheinung, in diesem Fall: das Agieren von Lehrenden und Lernenden in Unterrichtsgesprächen, wird von der handlungsentlasteten Lehrkraft als Dokument eines zugrundeliegenden Musters begriffen. Da Deutungsmuster Suchstrategien nach Belegen erzeugen, können sie als Orientierungsrahmen für die Deutung komplexer Unterrichtsprozesse verstanden werden.

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Deuten ist immer auch ein interaktiver Prozess. Es bietet sich deshalb an, Deutungen im Rahmen von Gruppendiskussionen zu provozieren. Nur dieser Rahmen ermöglicht es zudem, individuelle Deutungen von kollektiven Deutungsmustern zu differenzieren (Bohnsack 2014: 119).

2.1 Daten

Um Aufschluss über die Frage zu erhalten, ob bzw. als was diskursive Bei-träge von Schülerinnen und Schülern gesehen werden, haben wir also eine ganz bestimmte Art von Daten konstituiert: Da lehrerseitige Deutungen nicht schon durch die Relevanzen der Forschenden gelenkt werden sollten, verbot sich der Einsatz leitfadengestützter Interviews oder schriftlicher Fragebögen. Stattdessen haben Gruppen von Lehrenden videographierte Unterrichts-episoden weitgehend ungesteuert diskutiert. Es handelte sich dabei um „other confrontations“ (Auer 1995); die diskutierenden Lehrkräfte waren also selbst nicht in den aufgezeichneten Unterricht involviert.

Auswahl und Präsentation der Videosequenzen. Aus dem umfangreichen Unterrichtskorpus von InterPass wurden fünf kurze Sequenzen aus Unter-richtsgesprächen in den Fächern Deutsch und Mathematik ausgewählt, in denen ein- und mehrsprachige Fünftklässler Erklärungen oder Begründun-gen realisieren.3 Diese Auswahl eröffnete die Möglichkeit, die übersatz-mäßigen, diskursiven Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern zu themati-sieren. Da die Gruppendiskussionen eine Entbindung von Handlungs-zwängen und eine Entschleunigung der Wahrnehmung ermöglichen sollen, wurden die Videosequenzen abschnittsweise zusammen mit übersichtlichen Verschriftlichungen präsentiert. Impulse gingen vornehmlich vom ausge-wählten Videomaterial aus; weitere Lenkungen wurden weitgehend vermieden, um die Gruppendiskussionen als einen ungelenkten kollektiven Meinungsbildungsprozess zu rahmen.

Zusammensetzung der Gruppen. Die beteiligten Lehrkräfte waren hinsicht-lich des Alters, der gesprochenen Sprachen, der Ausbildung (Schulart und Fächer) sowie der Berufserfahrung (Unterricht in einer fünften Klasse) mit den aufgezeichneten Lehrkräften vergleichbar. Die vier Gruppen waren heterogen zusammengesetzt, und zwar entweder hinsichtlich der Schulart (Gesamtschule, Gymnasium) oder des fachlichen Hintergrundes (Deutsch, Mathematik). Diese Zusammensetzung zielte darauf ab, die Explikation impliziter schulartspezifischer oder fachkultureller Erwartungen zu provo-zieren, die sonst nicht thematisiert werden. Es wurden vier Gruppendiskus-sionen mit insgesamt 28 Lehrkräften aufgezeichnet, die jeweils eine Dauer von 90-110 Minuten umfassen. 3 Aus Darstellungsgründen werden im empirischen Teil nur Diskussionsausschnitte zu

drei Videoclips bzw. fünf der insgesamt neun Kinder präsentiert. Diese wurden so ausgewählt, dass eine große Bandbreite an Deutungen sichtbar wird.

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Datenaufbereitung. Die jeweils mit zwei Kameras aufgezeichneten Gespräche wurden gemäß den Konventionen des GAT 2 (Selting et al. 2009) vollständig transkribiert (Detaillierungsstufe: Minimaltranskription).

2.2 Analytischer Zugang

Der analytische Zugang im vorliegenden Zusammenhang umfasste drei Schritte. In einem ersten Schritt wurden in den Gruppendiskussionen die-jenigen Sequenzen identifiziert, in denen sich die Beteiligten auf Schüler-äußerungen in den Videos bezogen. Die insgesamt 96 Sequenzen wurden im Hinblick auf die thematischen Relevanzsetzungen der Lehrkräfte untersucht. Diese betrafen kognitive, fachliche, identitätsbezogene und sprachlich-diskursive Aspekte.

In einem zweiten Schritt wurde sequenziell rekonstruiert, wie die Diskussionbeteiligten bestimmte Aspekte einer Äußerung hervorheben und zum Gegenstand ihrer Deutung machen. Dabei lag der mikroanalytische Fokus auf a) den sprachlichen Verfahren, mit denen dies bewerkstelligt wurde (Bewerten, Beschreiben, Metaphern usw.), und b) den Kategorien, die bei den Deutungen in Anschlag gebracht wurden. Auf diese Weise ließ sich Aufschluss darüber gewinnen, auf welche Arten von Wissen (implizites vs. explizites, als geteilt verfügbares vs. ad hoc konstruiertes) die Beteiligten jeweils zugreifen. Die rekonstruierten Deutungsmuster reflektieren somit, wie und im Hinblick worauf Lehrende Erklärungen und Begründungen der Lernenden deuten. In einem dritten Schritt wurden die Deutungsmuster hinsichtlich ihrer Häufigkeit verglichen, um Dominanzen zu ermitteln.

3 Empirische Befunde: Wie deuten Lehrkräfte Diskursbeiträge?

3.1 Nutzung von Erklärungen und Begründungen der Lernenden als Fenster in das Verstehen

Wenn Lehrkräfte Diskursbeiträge der Lernenden als Fenster in deren Verste-hen nutzen, sehen sie gleichsam durch die Erklärung bzw. Begründung hindurch. Die Äußerung wird dann nicht als diskursive Praktik wahrge-nommen, sondern als Dokument bzw. Hinweis auf kognitive Leistungen. Im Beispiel (1) nehmen die Lehrkräfte auf Videoclip 4 Bezug, in dem der Begriff Lexikon in Abgrenzung zum Wörterbuch erklärt werden soll. Die im Videoclip gezeigte und von den Lehrkräften diskutierte Erklärung von Feli lautet:

dass man zum beispiel einen BUCHstaben hat, zum beispiel KA:, (.) und dann ist das äh einmal KLEIN und einmal GROSS geschrieben, =und da steht zum beispiel DIE katze daneben,und die ka (.) also katze (.) daneben SO, und DIE katze steht daneben als ähm (.) verb; (4.0) <<p> SO weit war ich>.

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Diskussionsexzerpt (1) Les (DL), Val (DL) und Rie (ML) zu Feli, L-GD-2 (GS-DL-ML)4

2058 les ich finde dass sie eher n WÖRterbuch beschreibt.

2059 val JA.

2060 ((reden durcheinander))

2061 rie <<all> aber im lexikon habt ihr auch die

ANfangsbuchstaben.=

2062 =na GUT.

2063 äh KLEIN gibt es dann AUCH in dem [lexikon nIcht.> ]

2064 les [klein und GROße?]

2065 aber das ist ja eher das klassische (.) im WÖRterbuch.

2066 dass man dann GUCKT-

2067 schreibt man das GROSS oder KLEIN.

2068 rie hm_hm is RICHtig.=ne?

2069 les von daher hab ich den eindruck dass feli (.) KEInen

überblick (.) nicht WEISS was_n lexikon is.

2071 rie aber sie weiss zuMINdest, (-)

2072 dass es nach BUCHstaben geordnet ist;=

2073 =das wollte sie ja damit ANdeuten.

Die Deutschlehrerin (DL) Les äußert ihre Wahrnehmung, dass Feli anstelle des Begriffes Lexikon den Begriff Wörterbuch erklärt. Sie lässt zuächst offen, wie das beobachtete Verhalten aus ihrer Sicht zu erklären ist bzw. was es dokumentiert. So wäre denkbar, dass die nicht zum Zugzwang des Lehrers passende Erklärung der Schülerin entweder durch ihr unzureichendes Wissen (keine Differenzierung zwischen Lexikon und Wörterbuch) bedingt ist oder in einer Fehlkontextualisierung des Zugzwangs (Verkennen des genauen Erklärgegenstandes) begründet liegt.

In einer side sequence (Jefferson 1972) klären die Lehrkräfte zunächst selbst argumentativ die Frage, ob das von Feli angeführte Beispiel auch auf Lexika zutrifft (Z. 2060-2068). Im Anschluss an die Klärung dieser Frage zieht Les den Schluss, dass Feli „KEInen überblick (.) nicht WEISS was_n lexikon is.“ Les ‚sieht‘ hier also Felis Äußerung als Dokument ihrer Wissensbestände. Die Frage nach Felis Wissen – und die Suche nach und Deutung von Dokumenten, die Rückschlüsse auf dieses Wissen zulassen – wird von Rie in seiner Ent-gegnung an Les aufgegriffen („aber sie weiss zumindest, […] das wollte sie ja damit ANdeuten.“ Z. 2073).

Das hier rekonstruierbare Deutungsmuster von Erklärungen und Begrün-dungen als Fenster in das fachliche Wissen von Lernenden korrespondiert mit Befunden gesprächsanalytischer Unterrichtsstudien, die zeigen, dass Er-klärungen und Begründungen im Unterricht häufig zum Zweck der Wissens-demonstration eingefordert werden (Morek 2012; Heller 2012). Dasselbe Muster findet sich auch im zweiten Diskussionsauszug zu Videoclip 1, der Kostas‘ Begründung für eine mathematische Rundungsaufgabe zeigt. Kostas Begründung lautete:

4 Die Kodierung gibt Aufschluss über die Zusammensetzung der Gruppen: GS – Gesamt-

schule, Gym – Gymnasien, DL – Deutschlehrkräfte, ML – Mathematiklehrkräfte.

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°hhh ja wenn man die drei_nsechzig ABrundet (.) auf die ZEHner, (-) dann kommt (.) dann isses (.) muss hinten IMmer eine null stehen, es MUSS sein, wenn_man RUNdet; und dann (.) da (-) wenn man (.) die drei WEGnimmt,=und die NULL dahinschiebt,=also (.) könnte man jetzt MAchen;=aber eigentlich is_es FALsch, (.) man muss einfach ABrunden, (--) und nä (.) nähere zahl mit ner NULL muss man dahin schreiben; (-)

Diskussionsexzerpt (2) Nho5 (ML) zu Kostas und Katja, L-GD-2 (GS-DL-ML)

869 nho also ich find auch wenn ich (.) wenn kostas erklärung

n bisschen kompliZIERter und n bisschen verZWICKter

ist,

870 hab ICH eher so das gefühl-

871 kostas hat das thema GUT verstanden,=

872 =und er hat das mit EIgenen worten wiedergegeben.

Die Beobachtung, dass Kostas seine Erklärung zwar „n bisschen kompliZIER-ter“, aber „mit EIgenen worten wieder[gibt]“, wird vom Mathematiklehrer Nho als Dokument herangezogen, um Rückschlüsse auf Verstehensprozesse des Schülers zu ziehen: „kostas hat das thema GUT verstanden“. Das evaluie-rende Adjektiv gut bringt dabei eine positive Bewertung klar zum Ausdruck.

Richten wir nun den Blick auf die sprachlichen Verfahren, mit denen die beiden Lehrkräfte Aspekte des Verstehens für sich und die Mitdiskutierenden sichtbar machen: Es fällt auf, dass der eigene Deutungsprozess – das Verste-hen also der an sich unbeobachtbaren Verstehensprozesse der Lernenden – vor allem durch verba sentiendi, die die Mittelbarkeit bzw. den inferentiellen Charakter der eigenen Deutung markieren (Bsp. 1: „hab ich den Eindruck“; Bsp. 2: „hab ICH eher so das gefühl“), verbalisiert werden. Die Kategorien, die sodann in Anschlag gebracht werden, sind dichotom: Verstehen vs. Nicht-verstehen bzw. Verfügen vs. Nichtverfügen von Wissen. Sie werden den Ler-nenden in Form von verba cogitandi wissen („nicht weiß“, „weiß zuMINdest“ in Bsp. 1) und verstehen („GUT verstanden“ in Bsp. 2) zugeschrieben.

3.2 Bewerten der inhaltlichen Richtigkeit

Inhaltliche Richtigkeit oder auch Vollständigkeit stellt einen weiteren zentra-len Interpretationsrahmen für die Wahrnehmung von Erklärungen und Begründungen dar. Der folgende Auszug aus einer Gruppendiskussion bezieht sich auf die oben zitierte Erklärung Felis, was ein Lexikon bzw. Wörterbuch ist.

5 Herr Nho spricht Deutsch als Zweitsprache.

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Diskussionsexzerpt (3) Bac (DL) zu Feli, L-GD-4 (GS-Gym-DL)

1372 bac also ich mein-

1373 im LExikon da schlägste halt (---) also jedenfalls

nicht wörter nach die:: wo wo du gucken willst wie die

geSCHRIEben werden.

1374 also (.) ähm (.) ja ist_n bisschen !AN!ders als

ähm im wörterbuch.

1375 also (.) da kann man doch EINfach glatt sagen,

1376 <<f> NEIN,> (-)

1377 so ist es NICHT, (--)

1378 es ist NICHT dafür da dass man wörter NACHschlägt ne,

1379 er verNEINT das auch nicht so wirklich.

Die Deutschlehrerin Bac legt zunächst allgemein bekanntes Wissen (indiziert durch die Modalpartikel halt) über Lexika dar (Z. 1372-1374). Sie realisiert dann eine Bewertung6 nicht einfach in Form einer Assertion (etwa „Das ist fachlich nicht zutreffend.“), sondern durch eine direkte Rede (Z. 1376-1378), die eine hypothetische lehrerseitige Äußerung konstruiert. Trotz ihres hypo-thetischen Charakters wird die Rede nicht etwa mit einem verbum dicendi im Konjunktiv, sondern im Indikativ eingeleitet (Z. 1375). Zudem enthält die Redeeinleitung zu der Bewertung „NEIN, so ist es NICHT,“ einen meta-diskursiven account darüber, dass in diesem Fall eine Begründung nicht not-wendig ist: Das Urteil ist evident und kann „EINfach glatt“ mitgeteilt werden. Zugleich unterstellt die Wahl des neutralen Pronomens man, dass die Feststellung keine subjektive, sondern eine allgemeingültige ist. Der abschlie-ßende Kommentar, der sich auf die Lehrkraft im Video bezieht, kontextua-lisiert die hypothetische Rede als alternative und präferierte Reaktion zu der im Video gezeigten Äußerung.

Ebenso wie bei Deutungen des Verstehens erfolgen Bewertungen der inhaltlichen Richtigkeit häufig nach einer Sicherung allgemeingültigen Wissens. Die in Deutungen des Verstehens zur Markierung des inferentiellen Charakters genutzten verba sentiendi sind hier jedoch abwesend. Stattdessen werden die Bewertungen im Rahmen einfacher Feststellungen und auf explizite Weise vollzogen. Damit wird auch sprachlich indiziert, dass das Deutungsmuster weniger interpretativ und inferenziell operiert, sondern auf einem Abgleich der inhaltlichen Richtigkeit eines Beitrags mit allgemein-gültigem Fachwissen beruht. Die dabei genutzten Kategorien sind i.d.R. dichotom (richtig vs. falsch).

6 Gesprächsanalytische Studien haben gezeigt, dass Bewertungen stets interaktiv organi-

siert sind und auf erste Bewertungen meist zweite Bewertungen folgen. Dabei wird immer auch die Kompetenz und Berechtigung der Beteiligten für das Abgeben einer Bewertung verhandelt (Pomerantz 1984). Unsere Analyse zielt weniger auf die Beziehung zwischen ersten und zweiten Bewertungen als vielmehr auf die Frage, welche Bewertungsgegenstände wie etabliert werden.

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Bildungssprachliche Praktiken aus professioneller Sicht

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Festzuhalten ist: Bei Bewertungen der inhaltlichen Richtigkeit sind fachliche Aspekte einer Erklärung oder Begründung im Fokus. Bezüge zu sprachlich-diskursiven Aspekten werden dabei nicht hergestellt.

3.3 Nutzung von Erklärungen und Begründungen als Fenster in die Identität von Lernenden

Vereinzelt ziehen die Lehrkräfte Aspekte einer Äußerung als Dokumente für die Identität der Lernenden heran. Dies zeigt, dass bildungssprachliche Praktiken immer auch identitätsstiftende und sozialsymbolische Funktionen erfüllen (Morek & Heller 2012: 89f.; Snow & Uccelli 2009: 123). Ebenso wie bei der Nutzung von Erklärungen als Fenster in Verstehensprozesse wird hier Nicht-Beobachtbares sichtbar zu machen versucht.

Diskussionsexzerpt (4) Tit (ML) zu Kostas, LGD-3 (GS-Gym-ML)

501 tit er war ja auch so_n kleiner SCHAUspieler,

((...))

531 tit so an seiner GEstik zu anfang hat man gesehen;

532 also er er hat sich da geFALlen das zu machen;

533 und das war (sein ding ne).

Der Mathematiklehrer Tit charakterisiert Kostas mit der Metapher „kleiner SCHAUspieler“. Mit Lakoff & Johnson lassen sich Metaphern als sprachliche Instanzen metaphorischer Konzepte verstehen, die unsere Wahrnehmung ebenso wie unser Handeln strukturieren. Metaphern zu gebrauchen heißt: „understanding and experiencing one kind of thing in terms of another“(1980: 5). Diese Form des Deutens ist wie jede andere auch selektiv, indem sie bestimmte Aspekte hervorhebt bzw. ausblendet („highlighting and hiding“). Metaphern stellen somit Verfahren par excellence der Nutzung von Deutungs-mustern dar. Dabei werden i.d.R. ganze Metaphernsysteme aktiviert, mit denen ein Phänomen durch bildhafte und anschauliche Analogien fassbar gemacht wird. Im vorliegenden Fall aktiviert Tit mit dem Element Schauspieler das System des Theaters und beschreibt Kostas‘ Verhalten im Rahmen dieses Metaphernsystems:7 Einzelne kommunikative Verhaltensweisen werden als Dokumente („so an seiner GEstik zu anfang hat man gesehen.“) bzw. Hinweise auf eine bestimmte Identität („SCHAUspieler“) gesehen. Die gewählte Metapher stellt Kostas als eine Person dar, die ihr Handeln nicht primär in den Dienst fachlicher und unterrichtlicher Zwecke stellt, sondern die Äußerungsgelegenheit zum Zwecke der persönlichen Selbstdarstellung

7 Im Unterschied zu sozialen Kategorisierungen (bspw. membership categorization; Sacks

1995) wird eine Person durch die metaphorische Beschreibung nicht einer sozialen Gruppe bzw. Kategorie zugeordnet. Im Vordergrund steht die Charakterisierung der Person: Durch die Metapher werden bestimmte Verhaltensweisen hervorgehoben und als Ausdruck von Charaktereigenschaften (hier: ‚steht gerne im Vordergrund‘) gedeutet.

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nutzt („er hat sich da geFALlen“). Dasselbe Metaphernsystem wird auch in einer anderen Gruppendiskussion aktiviert:

Diskussionsexzerpt (5) Tho (DL) zu Kostas: LGD-4 (GS-Gym-DL)

418 und der (.) WIRKT ja sehr selbstbewusst,

419 und NUTZT das dann auch als bÜHne um jetzt sozusagen

seine kom(.)petenzen hier in den raum zu werfen.

Wie im vorigen Beispiel wird zunächst eine Wahrnehmung verbalisiert („der (.) WIRKT ja sehr selbstbewusst“) und als Dokument für persönliche Eigen-schaften und Intentionen angeführt. Tho versetzt Kostas auf eine Bühne und macht damit dessen Begründung zu einer für das Schauspielen typischen Handlung: einer Vorführung („NUTZT das dann auch als bÜHne“). Kostas‘ Begründung wird hier also nicht im Hinblick auf kognitive, inhaltliche oder diskursive Aspekte, sondern als Mittel der Selbstdarstellung gesehen.

3.4 Diskursive Aspekte im Fokus

Eine gänzlich andere Brille setzen die Lehrkräfte in den Gruppendiskussionen auf, wenn sie über Erklärungen und Begründungen von Kindern als diskur-sive Aktivitäten sprechen. Am weitaus häufigsten werden dabei sprachliche Formen und Ressourcen (Markierung) zum Gegenstand gemacht. Vergleichs-weise selten wird dagegen darauf Bezug genommen, wie Lernende eine Erklärung oder Begründung in den sequenziellen und sozialen Kontext ein-passen (Kontextualisierung) und intern strukturieren (Vertextung). Die Unterteilung dieses Abschnittes reflektiert drei Dimensionen von Diskurs-kompetenz, die auch auf empirischem Wege gattungsübergreifend modelliert wurden (vgl. Quasthoff 2011).

3.4.1 Bewerten und Einschätzen der sprachlichen Formen und Ressourcen

In den folgenden Ausschnitten diskutieren die Deutschlehrerin Nac und der Mathematiklehrer Kle die oben erwähnten Beiträge zum mathematischen Runden. Nach Kostas‘ Beitrag hatte Katja auf Nachfrage des Lehrers nach der „!RE!gel,(---) WI:E man da vorgehen muss;“ Folgendes geäußert:

bei: (--) null eins zwei drei VIER, (-) rundet man AB, (-) und bei fünf sechs sieben acht NEUN, (.) rundet man (auf); (3.5)

Diskussionsexzerpt (6) Nac (DL) zu Katja, L-GD-1 (Gym-DL-ML)

815 nac vor allem katja sagt die antwort gestochen scharf;

Diskussionsexzerpt (7) Kle (ML) zu Kostas, L-GD-1 (Gym-DL-ML)

888 kle und_is ja nicht wirklich SAUber formuliert;

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In beiden Fällen realisieren die Lehrkräfte Bewertungen in Form einfacher Aussagesätze. Anders als in den vorigen Fällen werden nicht zunächst Wahr-nehmungen als Grundlage für zu inferierende Urteile dokumentiert; stattdessen erfolgen die Bewertungen sequenzinitial. Dabei werden die sprachlichen Handlungen der Lernenden durch ein evaluierendes Adjektiv näher charakterisiert („sauber“) und ggf. durch Partizipien weiter bestimmt („gestochen scharf“). Während positive Bewertungen direkt zum Ausdruck gebracht werden, erfolgen negative Bewertungen indirekt, und zwar über die Negation der positiven Eigenschaft („nicht wirklich sauber“).

In den vorliegenden Fällen beziehen sich beide Bewertungen auf dieselbe Kategorie, nämlich die Präzision von Formulierungen. Damit zeigt sich empirisch, dass eine Funktion bei der Bewertung mündlicher Äußerungen herangezogen wird, die als kennzeichnend sowohl für Wissenschafts-kommunikation (Ehlich 1999: 19) als auch für Bildungssprache generell (Gogolin & Lange 2011: 112; Snow & Uccelli 2009: 119) beschrieben wird. Neben einer präzisen Ausdrucksweise wird mit der Verfügbarkeit sprach-licher Ressourcen ein weiterer Aspekt von Bildungssprache thematisiert, ohne dass der Zusammenhang zu letzterer dabei jedoch explizit hergestellt wird. Im folgenden Beispiel nimmt die Deutschlehrerin Pil Bezug auf Video-clip 5, in dem die Lernenden erklären, was einen Geschäftsbrief (im Unter-schied zu einem persönlichen Brief) auszeichnet. Nachdem die Schülerin Denise eine tautologische Erklärung produziert hatte („dass es geSCHÄFT-lich ist also irgendwie“), wurde die Normverletzung von der Lehrerin expliziert („ihr erKLÄRT mir immer das wort mit dem wort;“). Der nächste Erklärer war der zweisprachige Thasin:

„dass man DORT nicht so ähm (-) in dem inhalt nicht etwas von einem erlebnis oder so erzählt, SONde:rn (1.0) über (1.0) ähm (2.3) wie soll ich das jetzt SAgen; (1.8) zum beispiel über das geSCHÄFT das die ein euro macht;“

Diskussionsexzerpt (8) Pil (DL) zu Thasin, L-GD-4 (GS-Gym-DL)

1736 pil aber der thasin hat das ja erKANNT; (-)

1737 er hat ja gesagt der INhalt ist ganz anders.

1738 EINmal geht_s hier um

1739 normalerweise schreib ich über ein erLEbnis oder, (-)

1740 und DAS ist hier ebend ANders;

1741 er hat nur den beGRIFF nicht.

1742 hof hm_hm,

1743 pil bezieht das eben auf geSCHÄFT,

1744 das hat dann (.)

1745 aber er HAT ja eigentlich schon gemerkt den

unterschied. (--)

1746 |ist doch in ORDnung. |

|((zuckt mit Schultern))|

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Sprachliche Ressourcen werden hier deutlich von der Ebene des Verständ-nisses des Gegenstands (vgl. 3.1) unterschieden. Thasin wird zunächst Ver-stehen attestiert (Z. 1736); wie für Thematisierungen des Verstehens typisch, werden für die Zuschreibung Dokumente herangezogen, in diesem Fall Teile von Thasins Äußerung (Z. 1737-1740). Davon abgegrenzt wird Thasins Fähig-keit, das Verstandene auch verbal zur Geltung zu bringen. Als zentral für Thasins Schwierigkeiten hebt Pil hier vor allem fehlende lexikalische Ressourcen („er hat nur den beGRIFF nicht.“) hervor. Das Fokusadverb nur markiert, dass das Problem als gegenüber einem Verstehensproblem als marginal und nicht gravierend eingeschätzt wird. Dementsprechend wird die Erklärung als „in ORDnung“ bewertet. Der im Video offensichtliche Umstand, dass Deutsch Thasins Zweitsprache ist, wird als mögliche Ursache für dessen Formulierungsschwierigkeiten in diesem Zusammenhang nicht thematisiert, ebenso wenig wie die Tatsache, dass Thasin selbst einen Appell nach sprachlicher Unterstützung auch jenseits der lexikalischen Ebene aus-sendet („wie soll ich das jetzt SAgen;“).

Die Art und Weise, mit der in den drei Auszügen sprachliche Formen und Ressourcen thematisiert werden – nämlich explizit und ohne zusätzliches Heranziehen von Dokumenten – weist darauf hin, dass Lehrkräfte für die Wahrnehmung sprachlich-formaler Aspekte auf verfügbare Kategorien und explizites Wissen zugreifen. Als formal-sprachliche Kategorien werden neben Präzision und lexikalischen Repertoires auch syntaktische Vollständigkeit (L-GD-3, Z. 1212: „vollständige sätze mit inhalten“) thematisiert. Festzuhalten ist, dass diese ausschließlich auf der Wort- und Satzebene anzusiedeln sind.

3.4.2 Beschreiben und Einordnen von Phänomen der Vertextung

Im folgenden Auszug richtet die Deutschlehrerin Tho den Blick darauf, wie Felis explanative Diskurseinheit (zum Begriff Lexikon bzw. Wörterbuch, vgl. 3.1) intern strukturiert ist. Sie thematisiert damit einen genuin diskursiven Aspekt, der aus Perspektive der Diskurserwerbsforschung als Vertextungs-kompetenz (Quasthoff 2011) zu bezeichnen ist.

Diskussionsexzerpt (9) Tho (DL) zu Petra, L-GD-4 (GS-Gym-DL)

1500 tho ja am BEIspiel hat die ja ähm (.) beSCHRIEben

sozusagen;=ne?=

1501 =im grunde; (---)

1502 das ist ja find_ich so !TY!pisch auch für die fünfte

sechste klasse;=

1503 =dass die IMmer (--) recht viel an BEIspielen

erklären;

1504 hof hm_hm;

1505 tho man möchte auch irgendwann ne <<lachend> definiTION

dann haben>-

1506 <<p, all> das haben wir ja auch gerade wieder gehabt->

1507 <<all> und dann SAgen die,>

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Bildungssprachliche Praktiken aus professioneller Sicht

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1508 ja das ist zum beispiel !WIE:!;

1509 und dann: (-) ja ist ja AUCH ne (.)

definitions:(.)möglichkeit;

Tho kategorisiert das Verfahren, mit dem Feli ihre Erklärung bewerkstelligt, als „am BEIspiel beschrieben“. In der Tat hatte Feli am Beispiel Katze den Sachverhalt (Lexikon bzw. Wörterbuch) zu veranschaulichen versucht und damit ein für Erklärungen typisches Verfahren der Vertextung gewählt (vgl. Quasthoff & Hartmann 1982). Indem sie dabei nicht auf ein bestimmtes Exem-plar Bezug genommen, sondern in allgemeiner Weise von Katzen gesprochen hatte, hatte sie der Erklärung einen generischen Charakter verliehen. Tho geht jedoch auf diesen Aspekt nicht ein, sondern zieht das Verfahren Erklären am Beispiel als Beleg für eine altersspezifische Erklärkompetenz heran: es wird als „TYpisch“, d.h. als wiederkehrendes Phänomen („immer“) eingeordnet. Erklären am Beispiel wird somit als eine „category-bound activity“ (Sacks 1995) etabliert, die der Kategorie ‚Fünft- und Sechstklässler‘ zuzuordnen ist. Feli wird auf diese Weise zugleich als ‚typische‘ Fünftklässlerin und als in sprachlich-diskursiver Hinsicht noch nicht vollkompetente Sprecherin einge-stuft (vgl. 3.1). Durch die Modalpartikel ja (Z. 1502) etabliert die Lehrerin dieses Wissen als ein mit ihren Kollegen geteiltes und professionelles Wissen. Tatsächlich signalisiert Hof an dieser Stelle Zustimmung (Z. 1504).

Die kategoriengebundene Aktivität (Sacks 1995) Erklären am Beispiel wird nun kontrastiert mit dem Definieren, das als kompetenteres (und fachlich angemesseneres) Verfahren eingeführt wird (Z. 1505). Auch diese Erwartung wird durch die Wahl des neutralen Pronomens man als eine überindividuelle, von den Mitgliedern der Profession geteilte, etabliert. Durch welche Eigen-schaften die beiden Verfahren ausgezeichnet sind, wird von Tho nicht expli-ziert (bswp. konkret und anschaulich vs. abstrahierend und generalisierend).8 Stattdessen wird die Typizität des Erklärens am Beispiel noch einmal durch die Inszenierung einer der entsprechenden Altersgruppe zugeschriebenen Rede illustriert („und dann SAgen die“). Die Nichtentsprechung der normati-ven Erwartungen an unterrichtliches Erklären schwächt Tho abschließend ab, indem sie einräumt, dass das Anführen von Beispielen auch ein mögliches Erklärverfahren darstellt (Z. 1509).

Betrachten wir nun, mit welchen sprachlichen Verfahren Aspekte der Vertextung sichtbar gemacht werden, so fällt auf, dass die Beschreibung und

8 Eine andere Äußerung von Tho legt nahe, dass sie in der Tat bestimmte Vertextungs-

verfahren präferiert, und zwar solche, die nicht „LANG und breit dann irgendwie das erzählen“, die also nicht sequenzierend, sondern eher kondensierend verfahren und durch eine gewisse Ökonomie gekennzeichnet sind.

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Kategorisierung des Vertextungsverfahrens mit Vagheitsausdrücken („sozu-sagen“, „im GRUNde“) und Verzögerungssignalen („ähm (.)“) erfolgt.9 Die Sprecherin indiziert damit Formulierungsschwierigkeiten und kennzeichnet die Kategorisierung als nur annähernd passend (Schwitalla 2006: 156). Auch in ihrer abschließenden Äußerung (Z. 1509) zeigen Verzögerungssignale und Pausen die Unsicherheit der Einschätzung an. Anders als bei Bewertungen sprachlich-formaler Aspekte kann die Deutschlehrerin hier somit nicht auf bereits etablierte Beschreibungskategorien und Bewertungskriterien zugrei-fen, sondern entwickelt diese ad hoc und unter Vorbehalt. Ein weiterer Aspekt, der in Bezug auf Vertextungsphänomene thematisiert wird, betrifft das Fehlen von Schritten in der Verknüpfung von Aussagen (z.B. fehlende Gegenüberstellung).

3.4.3 Hindeuten auf Phänomene der Kontextualisierung

Höchst selten thematisieren Lehrkräfte, wie Kinder ihre Äußerung in den sequenziellen und sozialen Kontext einpassen. Angesprochen ist damit eine entscheidende Dimension bildungssprachlicher Praktiken, die Kontextuali-sierungskompetenz (Heller & Morek 2015).

Diskussionsexzerpt (10) Rie (ML) zu Feli, L-GD-2 (GS-DL-ML)

2037 rie aber feli hat EIgentlich-

2038 <<p> er wollt ja haben> was ist ANders im lexikon. (-)

2039 aber feli hat eigentlich mit ner geMEINsamkeit

geantwortet.=

2040 =sie hat gesagt es wird mit ANfangsbuchstaben

(genommen),

2041 und (.) die KATze.

2042 also (log)- (.)

2043 also er hat gesagt lexikon ist ANders als n WÖRterbuch?

Der Mathematiklehrer Rie nimmt auf die Erklärung Felis zum Lexikon Bezug. Er unterbricht seinen ersten Turn, um zunächst mit einer direkten Rede-wiedergabe hervorzuheben, welchen Zugzwang der Lehrer im Video gesetzt hatte: „was ist ANders im lexikon.“ Kontrastierend dazu („aber“) wird dann Felis Antwort auf diesen Zugzwang abstrahierend charakterisiert („mit ner geMEINsamkeit geantwortet“) und mit einer Redewiedergabe belegt (Z. 2040-2041). Zwar wird durch das Nexus-Adverb also in Z. 2042 eine Schluss-folgerung projiziert, diese wird jedoch abgebrochen. Stattdessen stellt Rie im Rahmen einer weiteren Redewiedergabe noch einmal den Zugzwang des Lehrers gegenüber. Es bleibt somit den Zuhörern überlassen, selbst die

9 Daneben ist bei Bezugnahmen auf Vertextungsphänomene häufig zu beobachten, dass

diese gar nicht begrifflich gefasst werden. Durch erneutes ‚Vorführen‘ der Vertextung wird lediglich auf das Phänomen gezeigt, ohne dass dies weiter konzeptualisiert wird.

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Bildungssprachliche Praktiken aus professioneller Sicht

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Schlussfolgerung zu ziehen, dass zwischen dem lehrerseitigen Zugzwang und Felis Beitrag eine Kontextualisierungsdivergenz besteht.

Durch die kontrastierten Redewiedergaben wird hier auf implizite Weise auf ein Phänomen hingedeutet, das nicht benannt werden kann. In unseren Daten thematisieren Lehrkräfte Aspekte der Kontextualisierung nicht nur höchst selten, sondern haben auch an keiner Stelle begriffliche Mittel verfüg-bar, mit denen sie diese genauer fassen könnten.

3.5 Pauschale Bewertungen

Pauschale Bewertungen machen den größten Anteil der Thematisierungen der Erklärungen und Begründungen von Kindern aus. Sie bestehen i.d.R. aus einfachen Feststellungen mit evaluierenden Adjektiven, die die Äußerung in nicht weiter spezifizierter Weise bewerten, und zwar überwiegend als positiv („gut gemacht“, „schöne Antwort“, „irgendwie passend erklärt“; negativ: „nicht so einlassenswert“). Die Adjektive sind zumeist Varianten des dichoto-men Kategorienpaares gut – schlecht.

Diskussionsexzerpt (11) Kle (ML) zu Feli, L-GD-1 (Gym-DL-ML)

1922 kle die ANTwort?

1923 JA gut.

1924 ist eher PUTzig jetzt erstmal.

4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Unsere Analysen zeigen, dass in den Diskussionssequenzen, in denen Bei-träge von Schülerinnen und Schülern zum Gegenstand gemacht werden, unterschiedliche Deutungsmuster zum Tragen kommen. Diese reflektieren Orientierungen auf kognitive, fachliche, identitätsbezogene und diskursive Prozesse. Unsere mikroanalytische Untersuchung der sprachlichen Verfahren des Deutens geben zudem erste Hinweise auf unterschiedliche Wissensarten und ihre Verfügbarkeit. So zeigt sich, dass insbesondere Phänomene der Vertextung und Kontextualisierung nur auf indirekte und implizite Weise – durch Beschreiben und Hindeuten – erfolgen, ohne dass dabei auf bereits etablierte Beschreibungskategorien zugegriffen werden kann. Demgegenüber zeichnen sich Deutungen von Verstehensprozessen, fachlicher Richtigkeit und sprachlichen Formen/Ressourcen durch explizite Kategorisierungen und Bewertungen aus. Deutungen von Erklärungen und Begründungen im Hinblick auf die Identität nutzen durchgängig Metaphern; durch diese werden keine Bewertungen anhand dichotom organisierter Kategorien voll-zogen, sondern vielmehr Charakterisierungen vorgenommen, bei denen kein fachliches oder fachdidaktisches Wissen genutzt wird. Die Rekonstruktion der sprachlichen Verfahren der Lehrkräfte in den Diskussionen lässt also

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bereits den Rückschluss zu, dass bestimmte Deutungsmuster zum expliziten Wissensbestand von Lehrkräften gehören und als solche in anderer Weise verfügbar sind.

Ein quantitativer Blick auf die Frequenz10, mit der die unterschiedlichen Aspekte in den Fokus gerückt werden, lässt nun genauere Aussagen über die Dominanz und Kollektivität von Deutungsmustern zu (vgl. Abb. 2). Da die Nutzung der Deutungsmuster je nach untersuchter Äußerung aus den Videos variiert (bspw. werden Aspekte der Identität nur bei Kostas thematisiert), stellen wir die Häufigkeiten entsprechend differenziert dar.11

Abb. 2: Häufigkeit der Deutungsmuster in Gruppendiskussionen der Lehrkräfte

Neben den Unterschieden, die in Bezug auf die einzelnen Äußerungen sicht-bar werden, lassen sich auch Gemeinsamkeiten in den Deutungen erkennen. In allen Fällen zeigt sich eine Dominanz von Deutungsmustern, bei denen sprachlich-diskursive Aspekte von Beiträgen ausgeblendet werden. Dies ist bei der Nutzung von Schüleräußerungen als Fenster in das Verstehen und die Identität, dem Fokus auf Inhaltliches und pauschalen Bewertungen der Fall.

10 Das Maß für die Beschreibung von Häufigkeiten bilden nicht einzelne Turns, sondern

thematische Einheiten (n=96). Diese Entscheidung liegt in der Beobachtung begründet, dass die Lehrkräfte z.T. nicht über die begrifflichen Mittel verfügen, um bestimmte Aspekte begrifflich zu fassen. Da sie dann auf Formen der Darstellung zurückgreifen, die mehr Rederaum benötigen, stellen Turns in diesem Fall kein verlässliches Maß dar. In fünf Fällen wurden in einer thematischen Einheit zwei Aspekte zum Gegenstand der Deutung gemacht. Diese Einheiten wurden doppelt kodiert.

11 Nicht alle in den Videos gezeigten Beiträge werden in gleichem Umfang thematisiert. Dies hängt maßgeblich mit der Reihenfolge ihrer Präsentation zusammen.

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Bildungssprachliche Praktiken aus professioneller Sicht

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Der Anteil dieser Deutungsmuster variiert zwischen 60% bei Thasin und 75% bei Katja.

Dabei bildet die Nutzung von Äußerungen als Fenster in das Verstehen fast durchgängig das häufigste Muster (mit Petra als Ausnahme). Angesichts der Tatsache, dass einer der zentralen Zwecke von Unterricht in der Vermitt-lung von gesellschaftlich als relevant erachtetem Wissen liegt, erscheint dies im Hinblick auf den professionellen Auftrag von Lehrkräften naheliegend und funktional: Das Deutungsmuster ist auf das objektive Handlungs-problem von Lehrkräften bezogen, Verstehensprozesse und Wissensbestände von Lernenden einzuschätzen. Die Frage ist aber, ob Erklären und Begründen auch als bildungssprachliche und diskursive Phänomene wahrgenommen werden. Der quantitative Vergleich zeigt, dass dies deutlich seltener der Fall ist: Ihr Anteil variiert zusammen genommen zwischen 13% (Kostas) und 40% (Thasin).

Wenn Lehrkräfte Erklärungen und Begründungen von Lernenden als bildungssprachliche Praktiken betrachten (ohne dabei freilich den Terminus Bildungssprache explizit ins Spiel zu bringen), nehmen sie am häufigsten sprachliche Formen bzw. Ressourcen in den Blick und aktivieren Kategorien der Präzision, des lexikalischen Repertoires und der syntaktischen Vollstän-digkeit. Sprachliche Anforderungen und Schwierigkeiten werden hier – ähnlich wie in anfänglichen Modellierungen von Bildungssprache (vgl. Ab-schnitt 1) – ausschließlich in Bezug auf die Wort- und Satzebene thematisiert.

Im Vergleich zu lexikalischen und syntaktischen Aspekten werden die genuin diskursiven Dimensionen bildungssprachlicher Praktiken noch deut-lich weniger wahrgenommen. Werden Aspekte der Vertextung immerhin bei jedem Beitrag und von verschiedenen Lehrkräften thematisiert, bilden Kontextualisierungsphänomene einen blinden Fleck. Sie werden nicht nur höchst selten, sondern auch von wenigen Lehrkräften und nur auf indirekte Weise (‚Hindeuten‘) zum Gegenstand der Betrachtung gemacht. Für sie scheint also noch mehr als für Vertextungsphänomene zuzutreffen, dass sie nicht Teil expliziter Wissensbestände und kollektiver Deutungsmuster sind. Im Hinblick auf die unterrichtliche Aufgabe der Förderung von Diskursfä-higkeiten ist dieser Befund alarmierend: Gerade in der Kontextualisierung und Vertextung übersatzmäßiger Einheiten sind zentrale Erwerbsaufgaben in der Präadoleszenz zu sehen.

Dass Äußerungen von Lernenden primär als diagnostisches Fenster in Verstehensprozesse und als Vehikel fachlichen Lernens gesehen und genutzt werden, deutet darauf hin, dass sich Lehrkräfte nach wie vor primär als Agen-ten der fachlichen Wissensvermittlung verstehen. Eine Förderung bildungs-sprachlicher Kompetenzen setzt zuallerst voraus, dass Lehrende Erklären und Argumentieren auch als zu erwerbende Kompetenzen und Unterrichts-gespräche auch als Erwerbskontexte zu sehen lernen.

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