Biodiversität & Naturschutz - Landau · 1. Entstehung des Lebens und Entwicklung der meisten...
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Biodiversität & Naturschutz
3. Erfassung der Biodiversität
Einführung
• Biodiversität nicht gleichmäßig über die Biosphäre und innerhalb der verschiedenen Medien verteilt
• Erkennung grundlegender räumlicher Muster und der Mechanismen ihrer Entstehung ermöglicht ein Verständnis der Biodiversität
• Bisherige Beschreibungen konzentrieren sich auf wenige gut untersuchte Taxa
Arten-Areal-Beziehungen
a) Pflanzen auf versch. Untersuchungsstellen; b) benthischen Makrofauna in arktischen Regionen;c) Landschnecken auf den Ägäischen Inseln; d) Vögel auf den Bismarck Inseln
Aus Gaston & Spicer 1998
Arten-Areal-BeziehungenAnzahl der Arten steigt mit zunehmender Flächengröße (Darlington 1957):
S = cAz oder log S = log c + z log A(Arrhenius Gleichung)
mit S = Artenzahl; A = Fläche; z & c = Konstanten
Arten-Areal-Beziehungen
S = cAz
• erklärte Varianz von Unterschieden in der Artenvielfalt zwischen verschiedenen Gebieten > 50 %
• z beträgt in der Regel 0,25 (variiert zwischen 0,15 und 0,35)
• z und c werden beeinflusst durch den Habitattyp (tropisch, gemäßigt, trocken, feucht) und die betreffende Organismengruppe (Artenzahl)
Arten-Arel-Beziehungen
S = cA0,25
Wie hoch schätzen Sie den Einfluss auf die Artenvielfalt bei einer Reduzierung des Habitats
um 90 %?
Arten-Areal-Beziehungen
Aus Primack 1995
Arten-Areal-BeziehungenMögliche Ursachen:1) Unterschiede in der Stichprobengröße:
große Gebiete / große Stichprobe, kleine Gebiete / kleine Stichprobe
2) Vielfalt der Lebensräume:größere Gebiete enthalten potentiell mehr unterschiedliche Habitate
3) Dynamik von Kolonisation und Aussterben:siehe Inselbiogeographiemodell
4) Dynamik von Speziation und Aussterben:Möglichkeiten der Artbildung steigen mit zunehmender Fläche
Kolonisation & Aussterben: Inselbiogeographie
Aus Begon et al. 1991
Gleichgewichtstheorie der Inselbiogeographie nach MacArthur & Wilson (1967)
Lokale & regionale Artenvielfalt
Aus Gaston & Spicer 1998
Mögliche Beziehungen zwischen lokalem und regionalem Artenreichtum
I) Lokaler Artenreichtum proportional zum regionalen ArtenreichtumII) Lokaler Artenreichtum erreicht Sättigung
Lokale & regionale Artenvielfalta) Mangrovenb) Fischfauna
in nordamerik. Seen
c) Vipern-Arten in Südamerika
d) Vögel in der Karibik
Aus Gaston & Spicer 1998
Regionale Arten-vielfalt erklärt >75% der Varianz lokaler Arten-vielfalt.
Globale Verteilung der biologischen Vielfalt
Fläche [x106 km²] Stämme Arten [%]
Kontinente 170,3 55 81
Ozeane 340,1 69 15
Limnische Systeme 1,5 55 4
Gesamt 511 96 100
Unterschiede zwischen der marinen und terrestrischen Vielfalt
1. Entstehung des Lebens und Entwicklung der meisten Stämme fand im Meer statt
2. Kontinentale Lebensräume sind vielgestaltiger als marine
3. Umweltbedingungen des Benthals der Ozeane sind weniger komplex als die terrestrischer Lebensräume
4. Marine Herbivoren sind Generalisten, terrestrische Herbivoren Spezialisten
5. Mehrzahl der marinen Organismen besitzen geringere Körpergrößen aber größere Ausbreitungsmöglichkeiten
Biogeographische Regionen
Kontinente(nach Olson et al. 2001)
• 8 biogeographische Regionen
• 14 Biome• 867 Ökoregionen
Ozeane(nach Longhurst 1998)
• 11 Biome (Polargebiete, Westwindgebiete, Passatgebiete, Küstengebiete)
• 51 Provinzen
Biogeographische Regionen
Aus Gaston & Spicer 1998
Biogeographische Regionen
Aus Gaston & Spicer 1998
Biogeographische Regionen
Aus Gaston & Spicer 1998
Hotspots
Aus Gaston & Spicer 1998
a) Blütenpflanzenb) Säugetiere
Beispiel Brasilien
• 50.000 – 56.000 Pflanzenarten• > 3.000 Süßwasserfischarten• 517 Amphibienarten• 468 Reptilienarten• 1622 Vogelarten• 524 Säugerarten
UK: Gesamtartenzahl > 88.000
Hotspots
Top 17 der Mega-Diversität → 66-75 % der globalen Biodiversität:Brasilien, Indonesien, Kolumbien, Mexiko, Australien, Madagaskar, China, Philippinen, Indien, Peru, Papua-Neuguinea, Ecuador, USA, Venezuela, Malaysia, Südafrika, Demokratische Republik Kongo
Hotspots25 Hotspots der globalen Biodiversität (Myers et al. 2000; Myers 2001):
•1,4 % der Landfläche•45 % der Pflanzenarten•35 % der Wirbeltier-arten
Aus Gaston & Spicer 1998
Endemismus
Endemismus = Vorkommen einer Art ist auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt (z.B. Monotremata – Australien & Neuguinea; Thermozodium bruijni – eine heiße Quelle in Japan):
→ Neoendemismus: neu entstandene Arten→ Palaeoendemismus: Reliktarten
Häufigkeit endemischer Arten zeigt Zusammenhang mit:• Fläche• Breitengrade• Artenreichtum
Endemismus
Aus Gaston & Spicer 1998
Zusammenhang zwischen der Anzahl endemischer Arten und der Fläche: a) Pflanzen auf kontinentalen Flächen; b) Säugetiere in 155 Ländern.
Endemismus
Aus Gaston & Spicer 1998
(a) (b)
a) Zusammenhang zwischen der Anzahl endemischer Pflanzen und dem Breitengrad
b) Häufigkeit von Gebieten endemischer Vogelarten (≥ 2 Arten, Fläche < 50.000 km²)
Endemismus
Endemic Bird Areas – Gebiete, die 2 oder mehr Vogelarten mit eingeschränkter Verbreitung (50.000 km²) aufweisen
Endemismus
Zusammenhang zwischen der Anzahl endemischer Arten und der Gesamtzahl vorkommender Arten: a) Fischfauna in Flüssen der nördlichen Hemisphäre; b) Landsäugetiere in 155 Ländern.
Aus Gaston & Spicer 1998
Endemismus
Ursachen:• ungewöhnliche Umweltbedingungen• Isolation• Änderungen der Umweltbedingungen
Gradienten der Biodiversität:Breitengrade
Änderung des terrerestrischen bzw. limnischen Artenreichtums mit dem Breitengrad:
a) Baumarten auf 0,1 ha Flächen;
b) Fischfauna von Flüssen;
c) Vogelarten der neuen Welt;
d) Säugetierarten der neuen Welt.
Aus Gaston & Spicer 1998
Gradienten der Biodiversität:Breitengrade
Änderung des marinen Arten-reichtums mit dem Breitengrad:
a) benthische Foraminiferen der Tiefsee;
b) Tintinnida (planktische Ciliaten);
c) Thalassinidea (Crustacea, Decapoda);
d) marine Muscheln.
Aus Gaston & Spicer 1998
Gradienten der Biodiversität:Breitengrade
Eigenschaften des Gradienten:1. Merkmal der Geschichte des Lebens
Geschätzer Anteil von Blütenpflanzen im Verlauf der Kreidezeit zu unterschiedlichen geologischen Zeitpunkten und an unterschiedlicher geographischer Breite.
Aus Gaston & Spicer 1998
Gradienten der Biodiversität:Breitengrade
Eigenschaften des Gradienten:1. Merkmal der Geschichte des Lebens2. Maximum des Artenreichtums meist nördlich des
Äquators (20-30°N)3. Gradient unsymmetrisch
Anzahl der Gattungen von Termiten (Untersuchungsflächen jeweils 611.000 km²) in unterschiedlichen Breiten vom Norden der Nordhemisphäre zum Süden der Südhemisphäre.
Aus Gaston & Spicer 1998
Gradienten der Biodiversität:Breitengrade
Eigenschaften des Gradienten:1. Merkmal der Geschichte des Lebens2. Maximum des Artenreichtums meist nördlich des
Äquators (20-30°N)3. Gradient unsymmetrisch4. Steigung des Gradienten abhängig von der
betrachteten Organismengruppe
Gradienten der Biodiversität:Breitengrade
Terrestrische und limnische Systeme:• Muster mit wenigen Ausnahmen gültig
a) Blattlausarten auf Flächen von 1000 km²
b) Gallbildende Insektenc) Buschhornblattwespen auf
Flächen von 1000 km²d) Brutvogelarten auf
finnischen Niedermoorgebieten
Beispiele für Abweichungen vom allgemeinen Muster einer Abnahme der Artenvielfalt mit dem Breitengrad:
Aus Gaston & Spicer 1998
Gradienten der Biodiversität:Breitengrade
Marine Systeme:• Gültigkeit des Musters umstritten, z.B. aufgrund
ungewöhnlich hoher Artenzahlen in den Polarregionen• nur für einige Gruppen nachgewiesen• Problem der Probennahme (punktuelle Beprobung vs.
regionaler Ansatz durch Pooling von Daten)• Gradienten häufig stufenförmig aufgrund
diskontinuierlicher Faktoren (Meeresströmungen)
Gradienten der Biodiversität:Breitengrade
Potentielle Mechanismen (Hypothesen):1. Flächengröße: trop. Regionen > gemäßigte
Regionen → höhere Rate der Speziation, geringere Aussterberate
2. Energieverfügbarkeit: Energieeinstrahlung höher in geringeren Breitengraden → höhere Produktivität bietet Basis für mehr Arten
3. Zeit: höhere Stabilität der Umweltbedingungen ermöglicht längere Evolutionszeiten
Gradienten der Biodiversität:Höhenlage
Merkmale:• Terrestrische Systeme durch die Höhenlage als
3. Dimension geprägt• Klimaänderung durch die Höhe entspricht einer
Verschiebung entlang der Breitengrade• Artenreichtum nimmt ab mit zunehmender Höhe
(häufig Maximum in mittlerer Höhenlage)
Gradienten der Biodiversität:Höhenlage
a) Blütenpflanzen in Nepal
b) Ameisen in Coloradoc) Zikaden in
Kolumbiend) Fledermäuse in Peru
Änderung der Artenzahl mit der Höhenlage:
Aus Gaston & Spicer 1998
Gradienten der Biodiversität:Höhenlage
Potentielle Mechanismen:1. Flächengröße: abnehmende Fläche mit zunehmender
Höhe2. Energieverfügbarkeit: Tagestemperaturen sinken mit
zunehmender Höhe3. Isolation: Lebensräume geographisch isoliert →
weniger Arten, höherer Anteil von Endemiten4. Zonierung: Wechselwirkungen zwischen den
Lebensgemeinschaften der versch. Höhenstufen
Gradienten der Biodiversität:Tiefe
Änderung des Artenreichtums mit der Wassertiefe:a) Isopoda der
Nordseeb) Gastropoda des
nordamerik. Beckens
c) Fischfauna im Kontinentalschelf der Balearen
d) Megabenthos südwestlich von Irland
Aus Gaston & Spicer 1998
Kongruenz der Muster zwischen Organismengruppen
a) Säugetiere
b) Schlangen
c) Amphibien
Zusammenhang des Artenreichtums von Vögeln und folgender Tiergruppen (1962 Unter-suchungsflächen in Afrika südl. der Sahara):
Aus Gaston & Spicer 1998
Ausblick
Turner et al. (2003): Remote sensing for biodiversity science and conservation .Trends in Ecology & Evolution18: 306-314.
Zusammenfassung
1. Mit zunehmender Fläche steigt die Anzahl der vorkommenden Arten (Arten-Areal-Beziehung)
2. Lokaler Artenreichtum korreliert mit dem regionalen Artenreichtum
3. Marine Systeme zeigen eine höhere Vielfalt höherer Taxa, terrestrische eine höhere Artenzahl
4. Tropische Regionen beherbergen 2/3 der bekannten terrestrischen Arten (Neotropen mit der höchsten Vielfalt); marine Vielfalt am höchsten im Indopazifik
5. Terrestrische Biodiversität ungleich verteilt; 17 Länder enthalten 66-75 % der Arten
Zusammenfassung
6. Anteil endemischer Arten steigt mit der Fläche und der Artenviefalt; Anzahl endemischer Arten steigt in Richtung geringerer Breitengrade
7. Artenreichtum steigt von den gemäßigten Breiten zu den tropischen Breiten (allg. Gültigkeit umstritten bei marinen Systemen)
8. Artenreichtum sinkt mit zunehmender Höhenlage in terrestrischen Systemen; in marinen Systemen zeigt sich meist eine buckelförmiger Verlauf
9. Korrelation zwischen dem Diversitätsmuster versch. Gruppen meist gering (insbes. auf unteren Maßstabsebenen)
Diskussion• Viele Naturschutzbemühungen konzentrieren sich auf
Gebiete mit seltenen Arten oder hoher Vielfalt. Warum ist dieser lokale Ansatz nicht ausreichend? Wie hängt die lokale Artenvielfalt vom regionalen Artenreichtum ab?
• Welche Tiergruppe zeigt wahrscheinlich die beste Korrelation zur Vielfalt der Gefäßpflanzen, Säugetiere, Amphibien oder Insekten? Warum?
• Wie können wir herausfinden, ob die lokale Artenvielfalt limitiert ist?
• Warum zeigen Inseln häufig einen hohen Anteil endemischer Arten? Welche Faktoren sind dafür verantwortlich?