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Bisher erschienene Materialien:

ArbeitsmappeMaterialheft 1: Studientexte • Reportagen • Hintergründe • Materialheft 2: Gottesdienst • Predigt • Bibelarbeit4 Plakate 29,7 x 84 cm • 1 Plakat 119 x 84 cm (kann nur zusammen abgegeben werden)

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Mission und EntwicklungTexte, Dokumente, ReportagenMaterialheft 358 Seiten

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Impressum

Herausgeber: Evangelisches Missionswerk in Deutschlandfür die Träger von mission.deRedaktion: Dr. Beate Jakob, Dr. Ramona Gresch-Bruder, DifämKorrektorat: Anke Bielenberg, Petra Jaekel, Birgit Regge, EMWDesignkonzept: Buttgereit und Heidenreich, Haltern am SeeSchlussredaktion und Layout: Martin Keiper, EMWDruck: MHD Druck und Service, HermannsburgHamburg, Mai 2010Titelbild: Auf einer ländlichen Gesundheitsstation in Uganda(agenda/Jörg Böthling)

Dr. Gisela SchneiderDirektorin desDeutschen Instituts für Ärztliche Mission(Difäm)

Liebe Leserin, lieber Leser,

Als junge Missionsärztin habe ich viele Jahre in einemländlichen Krankenhaus in Westafrika gearbeitet. Ein-heimische Ärzte gab es zu der Zeit praktisch keine. Im Landgab es keine Universität, und die allermeisten von denen,die im Ausland studierten, kamen nicht mehr zurück.

Ich war die einzige Ärztin für etwa 150 000 Menschen.Tage und Nächte waren gefüllt mit Notfällen, Patienten, …und immer wieder der Frage: „Wen kann ich ausbilden, werkann hier Verantwortung übernehmen, damit MenschenZugang zu Gesundheitsversorgung bekommen?“

Eines Tages kommt Besuch aus Europa ins Missions-krankenhaus. Ein Missionsleiter schaut sich das Kranken-haus an und am Ende des Rundganges fragt er: „Und wannmacht ihr Missionsarbeit?“

Da ist die Frage plötzlich im Raum: Was ist denneigentlich Missionsarbeit? Hat Gesundheitsarbeit etwasmit Mission zu tun? Wo beginnt Mission und wie siehtsie heute aus?

Die Sendung Gottes in diese Welt beginnt im ersten BuchMose. Dort wird beschrieben, wie die Erde „wüst und leer“war. Aber da ist die Kraft Gottes, die aus Wüste und Chaoseinen Kosmos entstehen lässt und Menschen in diese Welthineinschickt, mit der Aufgabe, Verwalter der gutenSchöpfung Gottes zu sein.

In Jesus wird Gott dann wiederum für uns alle sichtbar indieser Welt. Als Kind in der Krippe, klein und verletzlich,kommt er in eine Welt von Armut und Ungerechtigkeit undversöhnt die Welt mit sich selber.

Gott wird Mensch und zeigt uns, was die Mission Gottesin dieser Welt bedeutet: Transformation von Menschen. Derblinde Bettler am Straßenrand, der Gelähmte, der wiedervon seinem Bett aufsteht oder die Sexarbeiterin, die JesuFüße küsst – sie alle erleben eine Verwandlung ihresLebens. Sie werden nicht nur gesund, sondern ihreBeziehung zu Menschen und Gott ist wieder hergestellt.

Und nach der Himmelfahrt erleben wir, wie GottMenschen ausrüstet mit der Kraft des Heiligen Geistes undsie sendet, damit die Welt verändert wird. WoTransformation geschieht, da wirkt Gott selbst, da machenMenschen Gottes Mission, die „missio dei“, sichtbar.

Deshalb ist missionarisches Handeln immer auchheilendes Handeln. Gesundheit und Mission gehören sehreng zusammen.

Gisela Schneider

Inhaltsverzeichnis

Gesundheit als Aufgabe von Kirchen und Gemeinden . . . . 3Der Heilungsauftrag des Evangeliums„Ein Arzt ist uns gegeben…“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Christus Medicus – damals und heuteHauptsache gesund!? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Jesu Heilungen – in unsere Zeit übersetzt„Gesundheit für alle“ – oder nur für wenige? . . . . . . . . 15Wege zu Gerechtigkeit in der GesundheitsversorgungDer Mensch ist die Medizin des Menschen . . . . . . . . . 19Gesundheit in und durch BeziehungenZugang zu Medikamenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21Ein Baustein für den KonfirmandenunterrichtIhr sollt auch untereinander die Füße waschen . . . . . . . 24Ein Gesundheitsprojekt in ÄthiopienZukunft ermöglichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Indonesische Frauen fördern Menschen mit BehinderungenWasser – hier strömt es und versiegt es . . . . . . . . . . . 28Kindergottesdienstentwurf zum Thema „Wasser“Die Heilung der Aussätzigen . . . . . . . . . . . . . . . . 32Predigt und Fürbittgebet zu Markus 1, 40-43Viele Menschen folgten Jesus . . . . . . . . . . . . . . . . 36Bildbetrachtung zur Heilung des AussätzigenDie Heilung der blutflüssigen Frau . . . . . . . . . . . . . 38Bibelarbeit zu Markus 5, 25-34Die Verklärung Christi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Eine BildbetrachtungZur Quelle des Lebens finden . . . . . . . . . . . . . . . . 40Bibelarbeit zu Johannes 4, 5-15„38 Jahre sind genug!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45Unterrichtsentwurf für die KonfirmandenarbeitPartizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47Prinzip Jesu und Merkmal christlicher GesundheitsarbeitDer Herr wird ihn aufrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 48Gedanken zu Jakobus 5,14-16Ich lebe und ihr sollt auch leben . . . . . . . . . . . . . . 50Gedanken zu Johannes 14, Vers 19

Editorial

Gesundheit und Heilung 3

Das Engagement der Kirchen und Gemeindenim Gesundheitsbereich ist unverzichtbar.Schätzungen zufolge tragen die Kirchen imsüdlichen Afrika etwa 40 Prozent dergesamten Gesundheitsarbeit. In Deutschlandgehören Diakonie und Caritas zu den größtenprivaten Arbeitgebern. Aber: Ist der Beitragder Kirchen zu Gesundheit nur unverzichtbar,weil und solange die Gesundheitsversorgungnicht komplett durch staatliche Einrichtungenabgedeckt ist? Oder bringen die Kirchenund speziell die Gemeinden Aspekteund Möglichkeiten in die Gesundheitsarbeitein, die spezifisch und unersetzlich sind,und gehört die Sorge um die leibseelischeGesundheit der Menschen zumMissionsauftrag der Kirchen?

Seit seiner Gründung im Jahr 1948 hat derÖkumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf dieGesundheitsarbeit als eine wichtige kirchliche Aufgabebetrachtet. Um diese näher zu bestimmen und ihreGrundlagen zu definieren, führte die ÖRK-Gesundheits-kommission seit den 1960er Jahren einen weltweitenDiskussionsprozess zur Frage nach einem christlichenVerständnis von Gesundheit und zum Heilungsauftragder Kirchen und Gemeinden in unserer Zeit.

Als Ergebnis dieser Diskussionen hielt die Gemein-schaft der Kirchen an der Aufgabe der Kirchen undGemeinden im Gesundheitsbereich ausdrücklich fest.Die christliche Gesundheitsarbeit wird dabei auf einweites Verständnis von Gesundheit und von Heilungbezogen: Zum Gesundsein gehört neben dem körper-lichen Wohlbefinden auch, in harmonischen Beziehun-gen zu leben – zu den Mitmenschen, zu Gott und auchzu sich selbst. Dementsprechend ist die Sorge um dieGesundheit nicht allein in den Händen der Medizin,sondern neben und in Ergänzung zu medizinischenMaßnahmen tragen auch ein soziales Netz undspirituelle Faktoren zu Gesundheit/Heilung bei.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betontdie Wichtigkeit der Gemeinschaft – der zivilen wie derkirchlichen – für die Gesundheitsarbeit und misst derZusammenarbeit mit den Kirchen eine zunehmendeBedeutung bei. In ihrer Deklaration von Alma Ata ausdem Jahr 1978 bekräftigte die WHO, dass Gesundheitnicht allein durch medizinische kurative Maßnahmenerreicht werden kann, sondern einen breiten Ansatzbraucht. Dementsprechend wird die Bedeutung der

Gesundheit als Aufgabevon Kirchen und GemeindenDer Heilungsauftrag des Evangeliums und wie man ihm gerecht wird

Prävention, zum Beispiel durch Gesundheitserziehung,Verbesserung der Ernährung und sanitäre Maßnahmen,betont. Darüber hinaus forderte die WHO, dass derZugang zu Gesundheit/zu Gesundheitsversorgung allenMenschen offen stehen muss, und es wird bekräftigt,dass Menschen in den Gemeinden aktiv in dieGesundheitsversorgung einbezogen werden können undmüssen. Und in neuerer Zeit gibt es immer mehrStimmen der WHO, die – im Sinne einer Umsetzungder Alma-Ata-Erklärung – eine stärkere Einbindung vonkirchlichen Organisationen und Gemeinschaftenin die Gesundheitsarbeit propagieren.1 Dies ist eineChance für die Kirchen und Gemeinden, die eswahrzunehmen gilt.

Wie also kann der Beitrag der Gemeinden, speziellder Kirchengemeinden, zu Gesundheit beschriebenwerden?

Gesundheit und Krankheit – Themenin der GemeindeDie eigene körperliche und seelische Gesundheit unddie Gesundheit anderer ist den Menschen ein„Herzensanliegen“, und es ist wichtig, dies in denGemeinden aufzunehmen. Neben Fragen nach einergesunden Lebensweise und nach den Möglichkeiten,bestimmten Krankheiten vorzubeugen, geht es dabeiauch um die Frage, wie unser Glaube und unserChristsein unseren Alltag und unsere Beziehungen inFamilie und Gesellschaft prägen. Diese Fragen könnenin Vorträgen oder auch in Predigten und imKonfirmandenunterricht behandelt werden. WichtigeThemen sind auch: Wie lebe ich mit chronischenKrankheiten und mit Behinderungen, und wie könnenpflegende Angehörige ihre eigene Gesundheiterhalten?

In Gemeinden in Übersee gibt es hier reicheErfahrungen. Dabei spielen der Glaube oder das Gebetim Umgang mit Krankheit oft eine zentrale Rolle. Aber

Zum Gesundsein gehört neben demkörperlichen Wohlbefinden auch,in harmonischen Beziehungen zu leben –zu den Mitmenschen, zu Gott undauch zu sich selbst.

Gesundheit und Heilung4

es geht auch um ganz praktische Dinge: Dorfgesund-heitshelfer/-innen geben in ihrem Umfeld wertvollesgesundheitsförderndes Wissen weiter, z. B. zu Fragenvon gesunder Ernährung, Hygiene, Vorbeugung vonKrankheiten, und sie können einige häufigvorkommende Erkrankungen behandeln. Zu ihrenwichtigsten Aufgaben gehört es auch zu erkennen,wann eine Krankenhauseinweisung erforderlich ist.Dorfgesundheitshelfer/-innen arbeiten ehrenamtlichoder bekommen eine Aufwandsentschädigung; sie sindein wichtiges Bindeglied zwischen Gemeinde und denGesundheitseinrichtungen.

Die Gemeinde als soziales NetzLasten und Sorgen gemeinsam tragen, kranke und alteMenschen besuchen, Sterbende begleiten, Jugendlichenauf der Suche nach Orientierung Halt geben, aufFremde zugehen, sozial Benachteiligte und Menschenam Rande der Gesellschaft einbeziehen und ihnen eineHeimat bieten – all das sind „heilende“ Dienste einerGemeinde. Diese Dienste sind oft unscheinbar und denGemeinden manchmal gar nicht bewusst. Aber schondie Art, wie Menschen in einer Ortsgemeindeaufgenommen, begrüßt und behandelt werden, hateine wichtige, eine „heilende“ Funktion.

Das Profil von Gemeinden wird in dieser Hinsicht –je nach ihrer Struktur – sehr unterschiedlich sein. Fürviele afrikanische Gemeinden bestand und besteht diegroße Herausforderung, Menschen mit HIV und Aidsnicht aus der Gemeinde auszuschließen, sondern ihnenzu vermitteln: „Du gehörst dazu.“ Wo dies gelingt,sagen Frauen und Männer, die mit HIV und Aids leben,nicht selten: „So wichtig für mich mein körperlichesWohlbefinden ist, so wertvoll ist es auch, dass ich michnicht mehr verstecken muss, sondern wieder inBeziehungen lebe.“

Auch in deutschen Gemeinden gibt es Menschen, dieunter Isolation und Vereinsamung leiden. Besuchs-dienste haben die wichtige Aufgabe, kranke und alte

Menschen, die nicht am Gottesdienst teilnehmenkönnen, nicht aus dem Blick zu verlieren. Dieser Dienstzeigt den Betroffenen, dass sie weiter dazugehören, undist auch ein Zeichen der Solidarität für die Angehöri-gen. In den Zeiten von „Pflege im Minutentakt“ sindmenschliche Zuwendung, geschenkte Zeit und einliebevolles Wort unschätzbare Ergänzungen zu denprofessionellen medizinischen Diensten.

Besonders und zunehmend wichtig ist die Sorge umpsychisch kranke Gemeindemitglieder. Statistikenzeigen, dass Depressionen und Angsterkrankungenzunehmen, und die Betroffenen haben von sich aus oftdie Tendenz, sich zu verstecken und soziale Kontakteabzubrechen. Wenn es gelingt, mit ihnen in Beziehungzu bleiben und ihre Not mit auszuhalten, kann sich diespositiv auf den Verlauf ihrer Erkrankung auswirken.

Gebet, Gottesdienst und heilende Rituale„Als ich selbst von meiner Angst gefangen und totalblockiert war, hat mir das Gebet der Menschen inmeiner Kirchengemeinde Kraft und Hoffnung gegeben“,so sagt eine Frau, die sich einer kompliziertenOperation unterziehen musste. Sie ist dankbar für dieMöglichkeiten der Medizin, Leben zu erhalten, und sieist auch überzeugt, dass das Gebet der Gemeinde mitzum guten Verlauf des Eingriffs beigetragen hat. Diesist eine Ermutigung, Kranke in das Gebet füreinanderund miteinander einzubeziehen, als Einzelne, in kleinenGruppen oder als Gottesdienstgemeinschaft.

Den Gebeten in den Gottesdiensten undinsbesondere der Feier des Abendmahls und derEucharistie kommt eine wichtige heilende Funktion zu –dies wussten schon die Kirchenväter, die dasHerrenmahl als „Heilmittel“ für Leib und Seelebezeichneten.2 In den ersten christlichen Gemeindenwar es auch üblich, kranken Gemeindemitgliedern dieHände aufzulegen und sie mit Öl zu salben (vgl. z.B.Markus 16, 18; Jakobus 5, 13-16). Diese Ritualewerden heute in vielen Gemeinden wieder praktiziertund von vielen angenommen. Wenn klar ist, dass esnicht darum geht, eine konkrete Heilung verfügbar zumachen, nehmen Kranke und Menschen mitBelastungen diese Zeichen dankbar auf und empfindenTrost, Stärkung, Hoffnung, Ermutigung bis hin zu einerBesserung körperlicher/seelischer Beschwerden oderihrer vollständigen Heilung.

Daneben spielt auch die Heilung von Beziehungeneine wichtige Rolle. In der Psychologie wird heute mehrdenn je auf die Bedeutung von Versöhnung für die

In den Zeiten von „Pflege im Minutentakt“sind menschliche Zuwendung, geschenkte Zeitund ein liebevolles Wort unschätzbareErgänzungen zu den professionellenmedizinischen Diensten.

Gesundheit und Heilung 5

Gesundheit hingewiesen: Die Versöhnung mit dereigenen Lebens- und Familiengeschichte, die Heilungvon Erinnerungen, die Versöhnung mit Mitmenschenwirkt sich nachweislich positiv auf die seelische undauch körperliche Gesundheit aus. In diesemZusammenhang wird auch immer wieder auf dasgesundheitsförderliche Potential von Religionen undreligiösen Gemeinschaften verwiesen.3

Die christliche Perspektive auf Gesundheit,Krankheit und HeilungChristliche Gemeinden und der christlicher Glaubekönnen einen wichtigen Beitrag im Blick aufGesundheit und Heilung leisten, und es ist wichtig,diesen vielfältigen heilenden Auftrag von Gemeindenin unserer Zeit zu beschreiben und in der Praxis zufördern. Dabei geht es aber in keiner Weise darum, alsGemeinden einen „Gesundheitskult“ zu etablieren undetwa zu vermitteln, es gehe in unserem Glaubenzuallererst oder ausschließlich um die körperliche undseelische Gesundheit. Die Gesundheit des Körpers undder Seele sind ein hohes Gut, das unserer Sorgeanvertraut ist. Dies darf uns aber nicht den Blick dafürverstellen, dass wir Gesundheit in einem weiteren Sinneverstehen: Gesund, „heil“ in einem tiefen undwesentlichen Sinne können auch und gerade Menschensein, die mit körperlichen Einschränkungen, aber inFrieden mit sich, mit den Mitmenschen und mit Gottleben. In dieser Hinsicht kommt den Kirchengemeindeneine wichtige korrigierende Funktion in unsererGesellschaft zu.

Für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrungder Schöpfung eintretenWenn wir den Heilungsauftrag der Christen undGemeinden bekräftigen, dürfen wir nicht bei der Sorgeum das individuelle Wohl stehen bleiben, sondernmüssen unseren Blick weiten. Jesus heilte einzelneMenschen als Zeichen dafür, dass das Reich Gottes alseine neue Wirklichkeit angebrochen ist. Ihm ging es umdie Transformation der Welt hin zu einer gerechtenGemeinschaft, in der alle Menschen in Frieden und inGesundheit leben können. Heilung im christlichenSinne sorgt sich um einzelne Menschen, hat aber das„Heil“ der Welt im Blick. Deshalb gehört zum heilendenAuftrag der Gemeinden immer auch die Sorge umgerechte, „heilende“ Strukturen und um die Erhaltungder Welt als ein bewohnbares Haus für alle. In diesemZusammenhang gehört es zum besonderen Auftrag von

Kirchen und Gemeinden, gerade denjenigen MenschenZugang zur Gesundheitsversorgung zu ermöglichen, diebenachteiligt sind. Dazu gehören zum BeispielMenschen, die in wirtschaftlich armen undabgelegenen Regionen leben, oder auchgesellschaftliche Minderheiten.

Gesundheitsförderung als Teil desMissionsauftrags der KircheKirchen und Gemeinden leisten einen spezifischen,nicht durch andere Einrichtungen ersetzbaren Beitragzu Gesundheit und Heilung. Und: GesundheitsförderndeDienste sind Teil des Missionsauftrags der Kirche.Denn die Sorge um den Menschen in seiner Leiblichkeitund mit allen seinen Lebensbezügen war Jesus

wichtig und der Auftrag an seine Jünger schließt nebender Wortverkündigung den Auftrag zu heilenausdrücklich mit ein.4

Gemeinden, in denen sich Menschen um ihre und umdie Gesundheit anderer – im weiten Sinne – sorgen, undGemeinden, denen das Heil der Welt ein Grund-anliegen ist, sind missionarische Gemeinden. Siemachen deutlich, dass es ihnen um das ganze Lebengeht, um Heil und Heilung. In ihnen erfahrenMenschen, auch Jugendliche, eine „Zeitgenossenschaft“der Kirche auf ihrem Lebensweg. Und dadurch sind siewie eine „Stadt auf dem Berge“ (Matthäus 5,14), zu derandere Menschen sich aufmachen, um an ihrem Lebenteilzunehmen.

Dr. Beate Jakob, Theologin und Ärztin, ist Grundsatz-referentin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission

1 Vgl. hierzu z.B.: World Health Organization: Building fromCommon Foundations. The World Health Organization and Faith-Based Organizations in Primary Health Care, Geneva 2008

2 Vgl. z.B. Ignatius von Antiochien, Brief an die Epheser 20,2

3 Zu dieser Thematik vgl. z.B.: Enright, Robert D.: Vergebung alsChance. Neuen Mut fürs Leben finden (aus dem Englischenübersetzt von Astrid Hildenbrand), Bern 2006.

4 Vgl. Matthäus 9,35; 10,1.5-14; Markus 6,6b-13; Lukas 9,1-6;10,8f

Gemeinden, denen dasHeil der Welt ein Grundanliegen ist,sind missionarische Gemeinden.

Gesundheit und Heilung6

„Hilf Christus, du allein bist unser Arzt!“, solautete ein Gebetsruf der frühen Christen.1

Christus der Arzt, Christus Medicus – wie kames dazu, dass die ersten Christen Jesus diesenTitel zugeschrieben haben?

Die Wurzeln reichen bis ins Alte Testament. Dortbegegnet uns Jahwe in zahlreichen Zusammenhängenals der Heilende, der die Wunden seines Volkesverbindet und das Volk heilt, der sich aber auch desWohls Einzelner annimmt. Martin Luther übersetztedeshalb die Zusage und den Anspruch Gottes „Ich binJahwe, der dich Heilende“ (2. Mose 15,26) mit „Ich binder Herr, dein Arzt“.

Dass Jesus sich Kranken und Leidenden bevorzugtund intensiv zuwandte und heilend, d.h. „ärztlich“wirkte, ist unbestritten. Ob er sich selbst aber als Arztbezeichnete, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Ausseiner Aussage „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt,sondern die Kranken“ (Mk 2,17 par) können wir eineSelbstbezeichnung Jesu als Arzt nicht ableiten. AuchJesu Bezug auf das Sprichwort „Arzt, heile dich selbst“in Lukas 4,23 kann nicht in diesem Sinne interpretiertwerden.

Sehr bald aber wurden die Titulierung und der AnrufChristi als Arzt im Christentum üblich. Das frühesteZeugnis dafür findet sich bei Ignatius von Antiochien(gestorben um 110 n. Chr.), der schreibt: „Einen Arzt

gibt es, Jesum Christum, unseren Herrn.“2 Für die Zeitdanach, vor allem bis zum 5. Jahrhundert, gibt es sehrviele Belege, dass Jesu Wirken durch den Vergleich mitärztlichem Tun beschrieben und interpretiert wurde.3

Nicht nur aus historischem Interesse, sondern gerade imHinblick auf die Theologie der Neuzeit und diemoderne Medizin lohnt es sich, der Bedeutung diesesTitels nachzugehen.

„Ein Arzt ist uns gegeben…“Christus Medicus – damals und heute

Christus Medicus –Verbindung von Heilung und HeilKeinesfalls dürfen wir annehmen, dass die Rede vonJesus als Arzt nur metaphorisch zu verstehen ist und dieChristen von ihm ausschließlich das Seelenheilerwarteten. Aus dem Zeugnis des Neuen Testamentswissen wir, dass körperliche Heilungen in denurchristlichen Gemeinden üblich waren. Dies zeigen dasSchlusskapitel des Markusevangeliums, das die Praxisder ersten Gemeinden beschreibt, sowie dieApostelgeschichte und die Schriften der urchristlichenSchriftsteller. Origines betonte, dass Heilungen zumLeben der ersten Gemeinden gehörten, und Clemensvon Alexandrien warnte davor, das körperliche Wohlder Menschen zu vernachlässigen.4 Die Hilfe, die dieChristen von Jesus als dem Arzt erflehten und erhofften,bezog sich also durchaus auch auf die Heilungkörperlicher Leiden.

Andererseits aber wurde Jesu heilendes Handelnimmer in einem weiten Sinne verstanden und niemalswurde Jesus auf die Funktion eines „Heilers“ fürkörperliche Krankheiten reduziert. Jesu „ärztliche“Tätigkeit muss im Zusammenhang mit seiner Sendungund seiner Botschaft vom Reich Gottes verstandenwerden. Jesus als Arzt ist der, der das Heil verkörpertund bringt, jedem Menschen und der Welt. Dafürspricht, dass die Bezeichnung Christi als Arzt (lat.medicus, griech. iatros) in Verbindung gebracht wurdemit der Bezeichnung Christi als Retter (lat. salvator,griech. soter).5 Christus hat das Wohl der Einzelnen imBlick, er ist Arzt des Leibes und der Seele. Darüberhinaus geht es bei Jesu Heilungen um dieGestaltwerdung des Reiches Gottes. Jesus wirkt auf dasHeil der Welt hin, auf einen Zustand, der amtreffendsten mit dem hebräischen Ausdruck „Schalom“bezeichnet wird, und das Wohl des Einzelnen wie auchder Gesellschaft als ganzer bezeichnet. Insofern hatJesu heilendes Handeln auch eine soziale undpolitische Dimension.

Christus ist der Heilende auch als der, der das Leidenerfahren und durchlitten hat. Dass Christus durch dasLeiden hindurch Heilung und Heil erfahren hatund erwirkte, ist für unser Verständnis des Christus-Medicus-Titels wichtig. Jesus selbst steht dafür, dassHeilung in einem wesentlichen Sinne geschehen kann,wenn körperliches oder seelisches Leiden nichtüberwunden wird. Somit lässt sich der Titel nicht füreine Ideologisierung körperlicher Gesundheitvereinnahmen.

Jesu heilendes Handeln wurde immerin einem weiten Sinne verstanden undniemals wurde Jesus auf die Funktioneines „Heilers“ für körperliche Krankheitenreduziert.

Gesundheit und Heilung 7

Christus – anders und mehr als AsklepiosIn der frühen Christenheit hatte der Titel „ChristusMedicus“ noch eine weitere Dimension: Es geht auchund wesentlich darum, Christus als den wahren undeinzigen Arzt zu bekennen – in Abgrenzung gegenMissbräuche ärztlichen Handelns und speziell in derAuseinandersetzung mit und der Absage an denAsklepioskult der damaligen Zeit.

Seit dem 6. Jahrhundert vor Christus wurde Asklepios,der Sohn des Apollon, als Gott der Heilkunst verehrt. Zuseinen Ehren wurden – zunächst im östlichenMittelmeerraum – zahlreiche Heiligtümer errichtet, andenen Menschen Heilung von Krankheiten suchten. ZurZeit Jesu war dieser Heilkult in den Bereich desrömischen Reiches vorgedrungen und „Äskulap“, derDeus Clinicus, galt als der Retter und Heiler (soter)schlechthin.6 Heilungswunder, wie sie Jesus wirkte,wurden auch von Asklepios/Äskulap berichtet, so dasssich unausweichlich die Frage stellte: Wer ist der wahreRetter und Erlöser – Asklepios soter oder Christusmedicus? Mit allem Nachdruck betonten dieurchristlichen Schriftsteller, zum Beispiel Origines, Jesusheile mit göttlicher Kraft, während die Heilmethode inden Heiligtümern des Asklepios eine natürliche, reinmenschliche sei. In diesem Zusammenhang wurdebetont, dass Jesu heilendes Handeln sich auf denMenschen als ganzen richte, also auch die Beziehungdes Menschen zu Gott, während es bei Asklepios ganzund ausschließlich um die leiblich-psychischeGesundheit gehe.7

Ein ganz entscheidender Aspekt aber, durch den Jesuheilendes Handeln sich von dem des Asklepiosunterschied, war Jesu bevorzugte Zuwendung zu denLeidenden und Armen. Von Asklepios wurde gesagt, ernähere sich unheilbar Kranken nicht, und er erwarte,dass eine erfolgte Heilung durch Geld oder eineOpfergabe „entlohnt“ werde.8 Ganz im Gegensatz dazuverkörperte Jesus als Arzt die Barmherzigkeit undMenschenfreundlichkeit Gottes (Titus 3,4) – gerade fürdiejenigen Frauen und Männer, die am Rande derGesellschaft lebten – und er legte den Grund für den„Caritas-Gedanken“, der die christliche heilendeTätigkeit von ihren Anfängen an prägte.

Der Streit um den wahren Arzt wurde in der jungenChristenheit vehement geführt und schließlich im 2./3.Jahrhundert zugunsten Christi als des einen undwahren göttlichen Arztes entschieden. Das jungeChristentum erschien als eine „Religion der Heilung“9:Äußerlich zeigte sich dies dadurch, dass an der Stelle

Les Miracles du Christ – Wunder Jesu. Teil einesDiptychons des 5. Jahrhunderts n. Chr. aus dem Louvre, Paris(bpk/RMN/Daniel Arnandet)

Gesundheit und Heilung8

zahlreicher Asklepios- bzw. Äskulapheiligtümerchristliche Kirchen erbaut wurden.10

Christus Medicus in der bildenden Kunstund in der ArchitekturDas heilende Handeln Jesu wurde zu einem wichtigenThema in der frühchristlichen Kunst. Interessanterweisesind Darstellungen Jesu als Heilendem früher zu findenals die Darstellung der Kreuzigungsszene.11 Im 4./5.Jahrhundert wurden in der bildlichen Darstellung vorallem Heilungen dargestellt. Zahlreiche bis heuteerhaltene Sarkophage aus dieser Zeit stellenHeilungswunder dar, bevorzugt die Heilung Blinder,Aussätziger oder der Frau mit Blutfluss.12

Gerade die Tatsache, dass Jesus als der Heilende aufGrabstätten dargestellt ist, zeigt, dass JesuHeilungstätigkeit umfassend, nämlich im Sinne einesHeilshandelns über den Tod hinaus, verstanden wurde.

Die bildliche Darstellung des heilenden Christus lässtsich bis in die Neuzeit hinein verfolgen – im 17.Jahrhundert wurde Christus bevorzugt auch alsApotheker in der „Apotheke Gottes“ dargestellt.13

Die Verbindung von Heilung und Heil, die imChristus-Medicus-Motiv angelegt ist, wird zudem in derArchitektur mittelalterlicher christlicher Hospitälerdeutlich: Vor allem in den Klöstern, die sich inbesonderer Weise der Kranken annahmen, waren dieKrankensäle und die Kapelle räumlich eng verbunden.Oft konnten die Kranken vom Bett aus an der Feier desGottesdienstes teilnehmen – die Erfahrung von Heilungund Heil war miteinander verbunden.14 In diesemZusammenhang ist es interessant, dass zum Beispiel inder Klosterregel des Benedikt von Nursia (gestorben um550) die Aufgabe des Abtes eines Klosters mit derFunktion eines Arztes verglichen wird – auch hier wirddeutlich, dass sowohl das körperliche wie auch dasseelisch beziehungsweise geistliche Wohl der Menschenim Blick war.15

Heilung und Heil werden getrenntDie im Christus-Medicus-Motiv angelegte Verknüpfungvon Medizin und Theologie, von Heilung und Heil,wurde über die Jahrhunderte hinweg gelockert und seitder Neuzeit gehen Medizin und Theologie weitgehendgetrennte Wege. Zu dieser Entwicklung haben sowohldie Theologie als auch die Medizin beigetragen.

In der Theologie der ersten Jahrhunderte war dasChristus-Medicus-Motiv wesentlich für die BeschreibungChristi als des Arztes des Leibes und der Seele. Schonbald aber wurden Jesu Heilungen überwiegendmetaphorisch gedeutet. Augustinus zum Beispielbetonte, der Mensch brauche die Hilfe des göttlichenArztes, da er auf Grund seiner Trennung von Gott elendund verzweifelt sei.16 Diese Entwicklung vollzog sich vorallem in der westlichen Theologie, während in deröstlichen Theologie der Zusammenhang von Heil undHeilung vor allem in der Liturgie bis heute nie aus demBlick geriet.

In der westlichen Theologie des Mittelaltersverblasste das Motiv Christus Medicus und in derVolksfrömmigkeit wurde Christus als „Seelenfreund“und „Seelentröster“ wichtig. Zum Zurücktreten desAspekts der körperlichen Heilung im theologischenDenken trug auch bei, dass seit dem 13. JahrhundertPriestern der römischen Kirche die Ausübung desmedizinischen Berufs untersagt war.17

Mit Beginn der Neuzeit wurde das Motiv in seinerursprünglichen Bedeutung vereinzelt wieder aufge-nommen. Martin Luther bezog sich in seinen Schriftenauf Christus als den Arzt und verstand Heilung sowohlim physischen wie im geistlichen Sinne – er betontedeshalb die Wichtigkeit der „Leibsorge“ in denGemeinden und er bezeichnet das Abendmahl als„Arznei für Leib und Seele“.18

Auch die spanische Mystikerin und KirchenlehrerinTeresa von Avila verwendete das Motiv in ihrenSchriften in seiner ursprünglichen Bedeutung. Sieverstand die Sakramente als heilbringend in einemumfassenden Sinne, also auch für den Körper.

Obwohl das Bild von Christus als dem Arzt wiederholtaufgenommen wurde, trat – insgesamt gesehen – dieHeilungsthematik in der westlichen Theologieweitgehend in den Hintergrund. Die Theologie derNeuzeit ist an einer Trennung von Körper (Materie) undSeele (Geist) ausgerichtet und sieht ihre Aufgabe vorallem in einer sittlich-religiösen Reifung des Menschenim Hinblick auf das Erreichen des ewigen Heils. Damiteinher ging eine „Delegierung“ des Bereichs Heilung

Es geht um Kooperation, nicht umKonkurrenz zwischen den heilendenDisziplinen.

Gesundheit und Heilung 9

und des körperlichen Wohls des Menschen an dieMedizin 19. Die kirchlichen Einrichtungen verstandensich mehr und mehr als Einrichtungen zur PflegeKranker und diese christliche Liebestätigkeit (caritas)wurde nicht mehr als eine heilende Tätigkeit imeigentlichen Sinne verstanden.

Ganz wesentlich aber wurde mit dem Beginn derNeuzeit die Klammer zwischen Medizin und Theologievon Seiten der Medizin selbst gelöst. In dermittelalterlichen Medizin war die Heilkunde noch in einreligiöses Weltbild eingebunden gewesen und derBezug auf Christus Medicus, als der eigentlichen„Ursache“ aller Heilung, war selbstverständlich.Paracelsus war einer der letzten Vertreter der Medizin,die sich am Ausgang des Mittelalters ausdrücklich aufdas Christus-Medicus-Motiv bezogen. Er unterschiedzwar deutlich zwischen der göttlichen Heilung durchdas Wort und der medizinischen Heilung durch das„Kraut“. Aber Paracelsus sah die Medizin eindeutig imreligiösen Kontext – alle Heilkunst führte er zurück aufdie Barmherzigkeit Gottes“.20

Mit dem Aufkommen der modernen Naturwissen-schaften in der Neuzeit emanzipierte sich die Medizinvon der Bindung an Gott und verstand sich zunehmendals eine wissenschaftliche Disziplin, als eineunabhängige „Technik“, die religiöse Bezüge vomAnsatz her nicht mit einbezieht.

Aber auch in der Neuzeit gab und gibt es Beispieledafür, dass die Trennung zwischen Medizin undTheologie in Frage gestellt und auch überwunden wird:Die Ärztliche Mission nahm seit ihrem Aufkommen im18. Jahrhundert ausdrücklich Bezug auf Christus alsden Heilenden und den daraus abgeleiteten Heilungs-auftrag der Christen. Und sie war es, von der im 20.Jahrhundert wesentliche Impulse zum Überdenkenunserer naturwissenschaftlich geprägten „westlichen“Vorstellung von Gesundheit und Heilung ausgingen. ImBereich der Theologie ist es die Pastoraltheologie, diefür eine erneute Verbindung von Medizin und Theologieplädiert. Sie zeigt neue Ansätze für eine christlicheHeilkunde und eine heilende Theologie auf.

Christus Medicus – für heuteSowohl für die Medizin als auch für die Theologie bzw.die Kirchen und für die christlichen Gemeinden amBeginn des dritten Jahrtausends bedeutet der Bezugauf Christus als Arzt und das damit verbundeneVerständnis von Heilung eine Herausforderung. In derMedizin geht es darum, den eigenen, auf natur-

wissenschaftlichen Erkenntnissen basierendenStandpunkt zu relativieren und soziale und geistlicheFaktoren in therapeutische Konzepte einzubeziehen. Eswird zunehmend wichtig, den Menschen als ganzenwahrzunehmen und zu behandeln. Dies soll in keinerWeise dazu führen, auf die Anwendung modernermedizinischer Möglichkeiten zu verzichten. Es geht umKooperation, nicht um Konkurrenz zwischen denheilenden Disziplinen.

Ganz wesentliche Impulse können vom Christus-Medicus-Motiv jedoch auch für die heutige Kirchen inEuropa ausgehen – und dies in dreifacher Hinsicht:

Erstens sind die Kirchen herausgefordert, die „thera-peutische Dimension“ (Eugen Biser) des Christentumsauch in Europa wieder zu entdecken21 und die „Leib-haftigkeit des Heils“ (Christoffer Grundmann)22 zubezeugen. Es ist – gerade in unserer Zeit – wichtig, dasswir uns wieder neu bewusst werden, dass das Christen-tum sich in seinen Anfängen wesentlich als eineReligion der Heilung (in einem umfassenden Sinne)verstand und die körperliche Dimension durchaus ernstgenommen hat. In dieser Hinsicht sind uns Christenanderer Kulturen ein großes Stück voraus: Ein Blick indie weltweite Christenheit zeigt, dass heute diejenigenKirchen und christlichen Gruppen am stärkstenwachsen, die die heilende Dimension des Glaubensbetonen und ihr in den Gemeinden Raum geben.

Zweitens haben die Kirchen – gerade unter Bezug aufdas Christus-Medicus-Motiv – eine weitere wichtigeFunktion in der Diskussion um Gesundheit und Heilung.Durch Jesu heilendes Handeln ist uns ein Verständnisvon Gesundheit und Heilung als Maßstab vorgegeben,an dem sich die heutige Gesellschaft messen sollte.Denn nach christlichem Verständnis ist eine manchmalzu beobachtende „Vergötzung“ körperlicher Gesundheitdes Individuums, ja die Entwicklung einer„Gesundheitsreligion“23 kritisch zu beurteilen. Dasheilende Handeln Christi hatte den ganzen Menschenim Blick und die körperliche Heilung war Teil einesumfassenden Heilungsprozesses, der die Beziehung der

Mit dem biblischen Verständnis ist es nichtvereinbar, wenn Religion und Glaubeinstrumentalisiert werden – Jesus der Arztdarf nicht als „Heiler“ vereinnahmt werden.

Gesundheit und Heilung10

Menschen untereinander, zur Schöpfung und –wesentlich – zu Gott im Blick hatte. Jesus ist der Arzt,der Heilende, besonders für Menschen, die mitchronischen Krankheiten und Behinderungen leben,und auch für Menschen an der Schwelle zum Tod. Mitdem biblischen Verständnis ist es nicht vereinbar, wennReligion und Glaube instrumentalisiert werden und fürkörperliche Heilung „gebraucht“ werden – Jesus derArzt darf nicht als „Heiler“ vereinnahmt werden.

Drittens: Wenn sich die Kirchen auf Christus als denArzt beziehen, dann ist die Zuwendung zu denBesitzlosen und den Randgruppen der Gesellschaft fürsie eine wichtige – heilende – Aufgabe. Christlichesheilendes Handeln hat das Wohl der Einzelnen im Blickund dient jedem in gleicher Weise, aber es hat immerauch eine soziale und eine politische Dimension.

So verstanden, haben Medizin und Theologie jeunterschiedliche, von Gott gegebene Heilweisen.Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie heilen imHorizont des Heils, des Christus Medicus.

Das weite Heilungsverständnis, das mit dem Christus-Medicus-Motiv verbunden ist, öffnet auch neueChancen für das Verständnis des heilenden Dienstes inden Gemeinden. Denn heilend im Sinne Jesu zu sein,geht weit über das professionelle Tun von Menschen inden heilenden Berufen hinaus. Wenn Gemeinden fürdie „Mühseligen und Beladenen“ unserer Zeit offensind, wenn die Kranken in den Gemeinden mitgetragenwerden und wenn Christen ihre Verantwortung für eineheilere Welt wahrnehmen, dann sind sie heilend imSinne Jesu.

Bei allem heilenden Tun dürfen wir als Christinnenund Christen in den Gemeinden, in den heilendenBerufen und in den kirchlichen Diensten daraufvertrauen, dass da Einer ist, von dem heilende Kraftausgeht. Ein Kirchenlied aus dem 16. Jahrhundertdrückt dies auch für heute mit schönen Worten aus:„Ein Arzt ist uns gegeben, der selber ist das Leben;Christus für uns gestorben, der hat das Heil erworben.“

Beate Jakob

1 Zitiert nach: Eugen Biser, Die Heilkraft des Glaubens. Entwurfeiner therapeutischen Theologie, in: Concilium 34 (1998) 534-544, Seite 535

2 Im Brief an die Epheser, Eph 7, zitiert nach: Patres Apostolici,hrsg. von F. Funk, Tübingen 1941, Band I, 218, Z. 14-20

3 Vgl. dazu die umfassende Darstellung bei Woty Gollwitzer-Voll,Christus Medicus – Heilung als Mysterium, Interpretationen

eines alten Christusnamens und dessen Bedeutung in derPraktischen Theologie, Paderborn 2007

4 Vgl. dazu die Belege und Ausführungen in: W. Gollwitzer-Voll,a.a.O. 43

5 W. Gollwitzer-Voll, a.a.O. 34.43

6 Vgl.: H. Schipperges, a.a.O. 12f

7 Vgl. hierzu: Christian Schulze, Medizin und Christentum inSpätantike und frühem Mittelalter. Christliche Ärzte und ihrWirken (Studien und Texte zu Antike und Christentum 27),Tübingen 2005, 164 f

8 Adolf von Harnack, Medicinisches aus der ÄltestenKirchengeschichte (= Texte und Untersuchungen zur Geschichteder altchristlichen Literatur 8,4) Leipzig 1892, 129f. 132 Chr.Schulze, a.a.O. 165; W. Gollwitzer-Voll, a.a.O. 27

9 Adolf von Harnack, a.a.O. 132

10 Vgl. hierzu: Chr. Schulze, a.a.O. 163-165

11 Chr. Schulze, a.a.O. 169

12 Vgl. hierzu: David Knipp, ‚Christus medicus’ in derfrühchristlichen Sarkophagskulptur. Ikonographische Studiender Sepulkralkunst des späten vierten Jahrhunderts (=Supplements to Vigiliae Christianae); Leiden-Boston-Köln 1998;W. Gollwitzer-Voll, a.a.O. 192-197; Chr. Schulze, a.a. O. 169

13 Hierzu. Gottfried Roth, Christus Medicus, Leitthema derPastoralmedizin, Geistesgeschichte und Ikonographie, in: Arztund Christ 31 (1965), Heft 1, 7-12

14 W. Gollwitzer-Voll, a.a.O. 196-199

15 W. Gollwitzer-Voll, a.a.O. 77-79; 84

16 Christian Schulze, a.a.O. 160

17 Wegen der Gefahr des Homizids verbot das 4. Laterankonzil imJahr 1215 den Priestern die Ausübung, später sogar dasStudium von Medizin und Chirurgie. Belege bei: Christoffer H.Grundmann, Die Leibhaftigkeit des Heils bezeugen. ÜberHeilungen, die Verkündigung des Wortes und den ureigenenAuftrag der Kirche, in: An Leib und Seele gesund - Dimensionender Heilung, hrsg. von Christof Gestrich & Thomas Wabel,Beiheft 2007 zur Berliner Theologischen Zeitschrift, Berlin2007, S. 154-177; vgl. hierzu auch: Heinrich Schipperges, ZurTradition des „Christus Medicus“ im frühen Christentum und inder älteren Heilkunst, in: Arzt und Christ XI (1965) 12-19

18 Quellenangaben bei: W. Gollwitzer-Voll, a.a.O. 128-131;162f

19 Vgl. dazu: Ulrich Eibach, Artikel Pastoralmedizin, in: H.Burkhardt und U. Swarat (Hrsg.), Evangelisches Lexikon fürTheologie und Gemeinde, Band 3, Wuppertal und Zürich, s.1523f

20 Zitiert nach W. Gollwither-Voll, a.a.O. 165f; vgl. auch: H.Schipperges, a.a.O. 16f

21 Diesen Begriff hat Eugen Biser in die theologische Diskussioneingebracht, vgl. z.B. E.Biser, a.a.O.

22 Vgl. dazu ausführlich: Christoffer H. Grundmann, Leibhaftigkeitdes Heils – Ein missionstheologischer Diskurs über das Heilenin den zionistischen Kirchen im südlichen Afrika; HamburgerTheologische Studien 11, Münster/Hamburg, LIT-Verlag, 1997

23 Zu dieser Entwicklung in unserer Gesellschaft: Manfred Lütz,Lebenslust. Wider die Diätsadisten, den Gesundheitswahn undden Fitness-Kult“, München 2002

Gesundheit und Heilung 11

„Hauptsache gesund!“ – dieser Satz oderAusruf spricht vielen aus dem Herzen,besonders in der Erfahrung von körperlicherund seelischer Krankheit. Und welch wunder-bare Erfahrung ist es, wenn, nach einer Zeitvon Krankheit, sich die Gesundheit wiedereinstellt und wenn die Kräfte wieder kommen.

In den Ländern mit gesicherter medizinischer Versor-gung haben Menschen allen Grund, Gott zu danken fürdie medizinischen Möglichkeiten, Krankheiten zu heilenund das Leben der Menschen bis ins hohe Alter zubewahren. Und in der weltweiten christlichen Gesund-heitsarbeit ist es das wichtigste Ziel, möglichst vielenMenschen den Zugang zu einer angemessenenGesundheitsversorgung und damit zu Gesundheit zuverschaffen.

Und doch: Wenn wir den Satz „Hauptsache gesund!“einmal genauer bedenken, kommen auch Fragen: Wasist, wenn diese vermeintliche Hauptsache im Lebennicht vorhanden ist? Was ist, wenn Menschen mitchronischen, medizinisch nicht heilbaren Krankheitenoder mit Behinderungen leben müssen? WelchenStellenwert hat das körperliche und seelische Gesund-sein für uns Christen?

Die Evangelien scheinen die große Bedeutung derGesundheit auf den ersten Blick zu bestätigen. Schonrein quantitativ: Die Berichte über die Heilungenkörperlicher und seelischer Krankheiten machen etwaein Drittel des Evangelienstoffes aus.

Wie wichtig für Jesu die Heilungen waren, zeigt zumBeispiel ein Abschnitt aus dem Matthäusevangelium:

Als aber Johannes im Gefängnis von den WerkenChristi hörte, sandte er seine Jünger und ließ ihn fragen:Bist du es, der da kommen soll oder sollen wir auf einenanderen warten? Jesus antwortete und sprach zu ihnen:Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört undseht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werdenrein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wirddas Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nichtan mir ärgert. (Matthäus 11,2-6).

Es ist eine ganz konkrete Frage, die Johannes derTäufer Jesus stellen lässt: Bist du wirklich der, den unsdie Propheten als den Heilsbringer angekündigt haben?Jesus antwortet nicht mit Ja oder Nein, sondern ernimmt Worte des Propheten Jesaja auf und lässtJohannes die Heilungen im Umfeld Jesu beschreiben.

Hauptsache gesund!?Jesu Heilungen – in unsere Zeit übersetzt

Damit sagt Jesus: Jetzt, da ihr all dies seht und hört,hat das Reich Gottes begonnen, das die Prophetenverheißen haben. Es ist erfahrbar, sichtbar, hörbar.

Stimmt es also, dass es Jesus ganz wesentlich, alsohauptsächlich um das körperliche und seelischeGesundsein geht? War Jesus ein Heiler, der in die Weltkam, um möglichst schnell möglichst viele Menschenvon ihren Krankheiten zu heilen? Bestätigt Jesus alsoden Satz „Hauptsache gesund!“?

Wenn wir Jesu Wirken so verstehen, kommen wir sehrschnell in eine Sackgasse. Denn: Es ist ja offensichtlich,dass das heute so nicht unserer Wirklichkeit entspricht.Viele Menschen sind und bleiben körperlich oderseelisch krank – trotz Glaubens und trotz vieler Gebete.Wie können wir das verstehen?

Auf unserer Suche nach dem Verständnis derHeilungen Jesu und nach einem christlichen Verständ-nis von Gesundheit können uns Menschen andererKulturen wesentliche Impulse geben.

Da ist zum Beispiel Samuel, ein blinder Mann ausKenia: Im Alter von 16 Jahren erblindete er, weil fürseine entzündliche Augenkrankheit nicht die nötigenMedikamente verfügbar waren. Dies war für Samuelund seine Familie ein furchtbarer Schicksalsschlag –hatte doch die ganze Familie große Hoffnungen aufden begabten jungen Mann gesetzt. Samuel haderte

Mein Name ist Phumeza. Ich bin Kranken-schwester und lebe in Südafrika. Zweimeiner Geschwister sind an Aids gestorben.

Vor jetzt sechs Jahren fing ich an, mich unwohl zufühlen. Ich verlor an Gewicht und war oft krank. Wasich geahnt hatte, wurde bestätigt: Ich habe Aids.Mein Zustand verschlechterte sich rapide und einArzt sagte meiner Mutter, man könne für mich nichtsmehr tun und ich sollte in der Familie gepflegtwerden. Zuhause saß meine Mutter tagelang nebenmir. Sie hat geweint und auch gebetet. Ich bekamneue Medikamente, die mir helfen sollten, aber ichfühlte mich dem Tode nahe. Ich machte mir großeSorgen darüber, wer denn meine Kinder nachmeinem Tod versorgen solle. Aber fast wie voneinem Tag auf den anderen fühlte ich, wie meineKräfte wieder kamen. Ich konnte anfangen, etwas zuessen und bald konnte ich sogar aufstehen. Heutekann ich arbeiten und für meine Kinder da sein.

Gesundheit und Heilung12

mit seinem Schicksal hoffte auf eine Heilung, indem erzu Gott sagte: „In der Bibel lese ich, dass Jesus Blindeheilte. Tu‘ doch ein Wunder und lass mich wiedersehen!“ In seiner Heimatstadt Nairobi hörte Samueldann immer wieder von Heilungsveranstaltungen, diemit großartigen Heilungsversprechen warben. Samuelging hin – mit dem sehnlichen Wunsch, ja mit derErwartung, wieder sehen zu können. Für ihn jedoch, sosagt er, waren diese Großveranstaltungen nichtheilsam. Im Gegenteil. Zu seiner Krankheit kamen nochquälende, ja krank machende Fragen wie: Habe ichetwa zu wenig gebetet oder habe ich zu viel gesündigt,sodass mein Gebet nicht erhört wurde? Bin ich etwaselbst schuld, dass ich krank bin?

Bedrängt durch solche Fragen, hat sich Samuelintensiv mit den biblischen Heilungsgeschichtenauseinander gesetzt. Und er fordert uns auf, einmalgenauer hinzusehen, welche Krankheiten Jesus geheilthat. Denn es fällt auf, dass Jesus überwiegend Blinde,Taube, Lahme, Aussätzige, besonders auch Frauen undKinder heilte. Alle diese Krankheiten haben einesgemeinsam: Die Betroffenen hatten eine schwachePosition in der Gesellschaft und waren oftausgeschlossen aus der menschlichen und aus derreligiösen Gemeinschaft. Bei „Aussatz“ ging dasAusgeschlossensein so weit, dass die Menschen inihrem Umfeld glaubten, durch die Berührung derKranken selbst unrein zu werden. Jesus tut etwas, dasfür die damalige Zeit revolutionär war: Er wendet sichden Menschen zu, mit denen niemand etwas zu tunhaben wollte, deren Nähe die Menschen mieden.

Wenn Jesus auf einen Kranken zugeht und ihnberührt, so ist das, als ob er zu ihm sagt: Du bistwertvoll in Gottes Augen; Gott ist dir nahe und du sollstnicht mehr ausgeschlossen sein aus der Gemeinschaftder Menschen. Die Heilung oder Besserung derkörperlichen Erkrankungen gehört dazu, aber bei JesuHeilungen ging es immer um mehr als nur dieWiederherstellung eines gesunden Körpers. Heilung

beinhaltet ganz wesentlich die Heilung der Beziehungder Menschen zu Gott und untereinander.

Samuel betont immer wieder, wie kurzsichtig wir sind,wenn wir Jesu Heilungen durch die Brille unseresnaturwissenschaftlichen Begriffs von Heilung lesen undHeilung definieren als die Beseitigung körperlicher undseelischer Gebrechen. Heilung im biblischen Sinne, sobetont er, ist nicht gleichzusetzen mit Gesundung – imEnglischen entspricht das der Unterscheidung zwischen„to heal“ und „to cure“. In Bezug auf sich selbst sagtSamuel: „Ich habe über viele Jahre einen heilendenProzess durchgemacht. Wesentlich für mich ist, dass ichin eine Gemeinschaft von Menschen eingebunden bin,die mich als wichtiges Glied der Gemeinde sehen. Seitich weiß, dass mein Wert als Mensch unabhängig vonmeinem Augenlicht ist, habe ich Frieden schließenkönnen mit meiner Blindheit und mit Gott.“ UndSamuel sagt von sich: „Ich bin gesund!“

Samuel leitet heute ein Netzwerk für Menschen mitBehinderungen beim Ökumenischen Rat der Kirchen.Seine Aussagen zu Heilung finden in der Ökumene einestarke Beachtung.

Tsepho ist ein vierzehnjähriger südafrika-nischer Junge, der an Aids erkrankt ist.

Als dies in seiner Schule bekannt wurde, wurde er,wie man heute sagt, gemobbt und manche Elternverboten ihren Kindern jeden Kontakt mit ihm. Erwurde dann sehr krank und seine Familie rechnetedamit, dass er innerhalb kurzer Zeit sterben würde.Nun konnte er durch die Initiative einer Kirchen-gemeinde Medikamente bekommen, die sein Lebenverlängern. Und eine Vertreterin der Gemeinderedete mit Tsephos Schulleiter. Daraufhin setztedieser sich für ihn ein. Er redete mit den anderenJugendlichen in seiner Klasse und es gelang ihm,Tsepho wieder in die Klassengemeinschaft zuintegrieren. Heute kann Tsepho sagen: „Ich konntenicht mehr aufstehen, nun habe ich wieder Kraft.Ich war völlig isoliert, jetzt habe ich Freundinnenund Freunde und ich freue mich auf jeden neuenTag. Später will ich einmal Lehrer werden.“ Und erdankt Gott für dieses Wunder. So wie dieserJugendliche sagen viele junge Menschen, dass siesich wie vom Tode erstanden fühlen. Die Aids-medikamente bezeichnen sie dementsprechend als„Auferstehungspillen“.

Werde ich nicht gesund, weil ich zuwenig gebetet habe? Bin ich selbst schuld,dass ich krank bin?

Gesundheit und Heilung 13

Dass Jesu Heilungen mehr bedeuten als dieBeseitigung körperlicher Gebrechen, zeigt auch diebiblische Erzählung von der Heilung der zehnAussätzigen (Lukas 17, 11-19): Zehn Menschen werdenvon ihrer Hautkrankheit geheilt. Neun von ihnen ziehenihrer Wege, während einer innehält und zu Jesuszurückgeht. Bei diesem einen ging die Heilungsozusagen „unter die Haut“, und er hat erkannt: Mitdem Gesundwerden seiner Haut ist das Geschehennoch nicht abgeschlossen ist, sondern was hiergeschieht, bedeutet eine Wende in seinem Leben.Als er zu Jesus umkehrt, um „Gott die Ehre zu geben“(Vers 18) und somit sein Leben mit Gott in Beziehungzu bringen, fragt Jesus dann auch, wo denn die anderenneun geblieben sind. Und nur zu dem, der umgekehrtist, sagt er: „Dein Glaube hat dir geholfen“ (Vers 19) –so in der Übersetzung von Martin Luther (in anderenÜbersetzungen: „Dein Glaube hat dich gesundgemacht, hat dich geheilt, hat dich gerettet“). Dies istein deutlicher Hinweis darauf, dass es bei JesuHeilungen um mehr ging als ausschließlich um diekörperliche Gesundung.

Was also bedeutet geheilt werden, gesund werden imbiblischen Sinne? Wir, die wir Gesundheit – zumindestim alltäglichen Sprachgebrauch – in der Regel gleich-setzen mit körperlichem und seelischem Wohlbefinden,tun uns schwer, diese Frage zu beantworten. Auch hierlohnt es sich, auf Menschen anderer Kulturen zu hören.Sie haben einen anderen Zugang dazu, der sich oftschon in ihrem Sprachgebrauch zeigt: Wenn wirversuchen, das deutsche Wort „Gesundheit“ bzw. dasenglische Wort „health“ in die Muttersprache derMenschen zum Beispiel in Ghana, Kenya und Malawizu übersetzen, stoßen wir auf ein interessantesPhänomen: Der entsprechende Ausdruck hat eineandere Bedeutung als unser Wort „Gesundheit“. Es gibtin diesen Sprachen kein Wort, das ausschließlich daskörperliche und seelische Wohlbefinden meint. Diesersprachliche Befund spiegelt ein anderes Verständnis

von Gesundheit und Heilung dieser Menschen wieder.Ruth, eine Lehrerin aus Malawi, erklärt ihr Verständ-nisvon Gesundheit dementsprechend so: „Gesund sein“,so sagt sie, „beinhaltet mein körperliches undseelisches Wohlbefinden. Aber es geht darüber hinaus.Gesund bin ich nur, wenn es auch meiner Familiegut geht. Gesund bin ich auch nur, wenn ich mitmeinen Mitmenschen und mit der Schöpfung inFrieden lebe. Und zu meinem Gesundsein gehörtauch ganz wesentlich, dass meine Beziehung zu Gottin Ordnung ist.“

„Hauptsache gesund“ in dem Sinne, dass wir diekörperliche Gesundheit als das Wichtigste und Höchsteim Leben bezeichnen, entspricht nicht RuthsVorstellung und sie hat in ihrer Muttersprache keinÄquivalent dafür. Das heißt überhaupt nicht, dass siekörperliches Wohlbefinden gering achtet. Aber dieHochschätzung von körperlicher Gesundheit isteingebunden in das Bewusstsein, dass zum Menschenund zum eigentlichen Gesundsein mehr gehört, nämlichdas Leben in gesunden, tragenden Beziehungen.

Dieses weite Verständnis von Gesundheit ist einSchlüssel, Jesu Heilungen in unsere Zeit hinein zuübersetzen. Und es hilft, unseren christlichen Auftrag zuheilen in einem weiten Horizont zu sehen.

Dazu das Beispiel einer Gemeinde der MoravianChurch (Herrnhuter Kirche) in einer abgelegenenRegion im Ostkap Südafrikas: Vor einigen Jahren wurdees dem Pastor dieser Gemeinde nach und nachbewusst, dass in seiner Gemeinde etwa jede/jederFünfte mit dem Aidsvirus infiziert ist. Und jede Wochemusste er junge Menschen beerdigen, die „offiziell“ anLungenentzündung oder anderen Krankheit verstorbenwaren. Niemand wagte zu sagen, dass eine Frau oderein Mann an Aids gestorben war. Es machte ihnzunehmend traurig, ja zornig, dass die Menschen, diemit dem Aidsvirus leben, diskriminiert wurden – in ihren

Das Wort „Gesundheit“ bedeutet inanderen Sprachen mehr als das körperlicheund seelische Wohlbefinden.

Gesundheit und Heilung14

Familien, am Arbeitsplatz und auch in der Gemeinde.Und es machte ihn zornig, dass dielebensverlängernden Medikamente in seiner Gegendnoch gar nicht zugänglich waren. Er sagte: „MeineVision ist, dass in meiner Gemeinde alle, die mit demAidsvirus infiziert sind, offen darüber reden können.Und ich möchte, dass möglichst alle Zugang zu denlebensverlängernden Medikamente bekommen.“

Was für Menschen in ländlichen Gegenden damalsunvorstellbar schien, ist in dieser Gemeinde gelungen:Nach und nach wurden etwa 60 bis 100 Frauen undMänner, die ohne Aidsmedikamente nahezu sicherinnerhalb von Monaten gestorben wären, behandelt

und blieben am Leben. Oft waren sie vor derBehandlung dem Tode nahe gewesen und viele sagen:„Wir fühlen uns wie Lazarus, der aus dem Grabgekommen ist. Wir waren tot und jetzt leben wir.“

Leben mit Aids ist möglich – dies wird in diesemProjekt deutlich. Damit aber ist nur ein Teil dessenausgesagt, was in dieser südafrikanischen Gemeindegeschieht. Die meisten der an das ProjektAngeschlossenen hatten lange Zeit ganz zurückgezogengelebt und mit niemandem über ihre Erkrankung redenkönnen – aus Angst vor Diskriminierung. Heute lebensie offen und reden in den Familien und in derGemeinde über das Leben mit Aids. Sie treffen sich inden Gemeinderäumen, singen und beten miteinanderund stärken sich gegenseitig. Im sonntäglichenGottesdienst berichten sie immer wieder über ihreErfahrungen. Aids ist kein Tabu mehr und die infiziertenFrauen und Männer reden viel mit jungen Menschenund klären sie darüber auf, wie sie sich vor einerInfektion schützen können. Die Gemeinde trägt dasProjekt und die Menschen durch ihr Gebet mit. Undviele sagen: Hier ist Gottes heilende Kraft ganz konkretspürbar und erfahrbar.

Die Begegnung mit den Menschen in diesem Projektist eine Hilfe, die biblischen Heilungswunder in unsereZeit zu übersetzen. Die Menschen, die die lebensver-längernden Medikamente bekommen, bleiben

körperlich krank, denn bis heute ist es nicht möglich,durch die Medikamente das Virus aus dem Körper zueliminieren und Aids zu heilen. Und doch geschieht hierHeilung in einem wesentlichen Sinne. Die Frauen undMänner können leben und arbeiten, sie werden wiederin die Gemeinschaft aufgenommen, sie strahlenHoffnung und Lebensfreude aus und sie erfahren dieheilende Nähe Gottes. Viele sagen: „Das ist einWunder!“

An diesem Projekt werden einige Grundzüge christ-licher Gesundheitsarbeit deutlich: Wie eingangs betont,geht es in erster Linie darum, möglichst vielenMenschen Zugang zur Gesundheitsversorgung zuermöglichen. Denn nach wie vor sterben Tausende vonMenschen täglich, weil sie in Regionen wohnen, indenen keine medizinische Grundversorgung vorhandenist, oder weil sie zu einer gesellschaftlichen Randgruppegehören.

Aber die christliche Gesundheitsarbeit hat weitereAspekte bzw. Dimensionen: Der Mensch wird als ganzergesehen – in seiner Körperlichkeit, in seinen sozialenBezügen und in seiner Beziehung zu Gott. Deshalb istdie körperliche Gesundheit nicht der höchste Wert, demalles unterzuordnen ist. Ein Mensch mit einermedizinisch nicht heilbaren Krankheit kann in einemwesentlichen Sinne gesund, „heil“ sein. Wenn Kranke indas Netz einer Gemeinde eingebunden sind, wennMenschen mit unheilbaren Krankheiten Friedenschließen mit sich, mit ihren Mitmenschen und mitGott, da geschieht Heilung in einem wesentlichenSinne – da geschehen oft Wunder. Deshalb werden dieGemeinden, die Menschen vor Ort, inGesundheitsprojekte aktiv mit einbezogen. Immerwieder zeigt sich: Ein soziales Netz und das Gebet sindheilende Faktoren, die die medizinische Behandlungergänzen.

In vielen Ländern herrscht eine Krankheitsnot, dieübermächtig scheint. Und doch wird immer wiederdeutlich, dass Gott heute heilend in der Welt wirkt. Diesgeschieht oft im Kleinen und mit langsamen, oft kaummerklichen Schritten. Aber Gottes Spuren von Heilungund Veränderung sind nicht zu übersehen. Und Gottwill uns mit hinein nehmen in sein heilendes Handeln,hier und heute.

Beate Jakob

Die körperliche Gesundheit istnicht der höchste Wert, dem allesunterzuordnen ist.

Gesundheit und Heilung 15

Mary lebt mit ihrem Mann und den fünfKindern in einem Dorf in Ostafrika. Sie ist ingroßer Sorge um den vierjährigen Kizito: Seiteinigen Tagen hat er Fieber und in der Nachttraten Krämpfe auf.

Die Krankenschwester der Gesundheitsstation vermutetMalaria – einen Malariatest und andere Laborwertekann sie nicht machen, da der Laborhelfer seit einigenTagen nicht mehr zum Dienst gekommen ist. Er hat inder Stadt eine besser bezahlte Arbeit gefunden. Kizitobekommt eine intravenöse Malariabehandlung, aber imLaufe des Tages verschlechtert sich sein Zustand. Er istkaum ansprechbar, isst und trinkt nicht mehr und dasFieber steigt. Kizito ist extrem blass und es wird klar: Erbraucht dringend eine Bluttransfusion – imKrankenhaus, das etwa 30 Kilometer entfernt ist. Umdorthin zu kommen, nimmt Mary ein Taxi, für das siesich Geld von ihren Verwandten ausleiht. ImKrankenhaus schließlich hört sie, dass in der Blutbankkeine Blutkonserven vorhanden sind. Kizito kann nureine Transfusion bekommen kann, wenn Verwandte fürihn Blut spenden …

Wie alt man wird, hängt davon ab,wo man geboren istDies ist kein Einzelfall, sondern kennzeichnet den Alltagvieler Menschen, die unter krankmachendenBedingungen leben und von den Möglichkeitenoptimaler medizinischer Versorgung abgeschnitten sind– entweder weil sie in abgelegenen Regionen wohnen,die Kosten im Krankheitsfall nicht aufbringen könnenoder zu einer benachteiligten Bevölkerungsgruppegehören. Jeden Tag sterben etwa 30.000 Kinder anKrankheiten, die behandelt und oft geheilt werdenkönnen. Und man schätzt, dass weltweit jährlich mehrals sechs Millionen krankheitsbedingte Todesfällevermieden werden könnten, wenn die vorhandenenMöglichkeiten der Gesundheitsversorgung dieMenschen, die sie benötigen, erreichen würden. So hatder Ort, an dem Menschen geboren werden, nach wievor einen großen Einfluss auf ihre Lebenserwartung. EinKind, das heute in Deutschland auf die die Weltkommt, wird im Durchschnitt älter als 75 Jahre werden,während die Lebenserwartung in einigen afrikanischenLändern bei weniger als 50 Jahren liegt.

Das Maß an Gesundheit, das Menschen haben, istungerecht verteilt, sowohl zwischen Ländern als auch inLändern. Dies steht im Gegensatz zur Tatsache, dass es

„Gesundheit für alle“ – oder nur für wenige?Wege zu Gerechtigkeit in der weltweiten Gesundheitsversorgung

ein Menschenrecht auf Gesundheit gibt, das der UN-Sozialpakt (1966) als das „Recht eines jeden Menschenauf das für ihn bzw. sie erreichbare Höchstmaß ankörperlicher und geistiger Gesundheit“ beschreibt(Artikel 12, Absatz 2d). Die Weltgesundheits-organisation (WHO) sieht es als Aufgabe der Staatenan, allen Menschen Zugang zur Gesundheit zuermöglichen. Gesundheitsversorgung muss verfügbar,bezahlbar und qualitativ gut sein, und sie muss derKultur der Menschen entsprechen.

Was muss geschehen, damit die bestehendeUngerechtigkeit in der Krankheitslast und im Zugangzu angemessener Gesundheitsversorgung überwundenwerden kann?

Konzepte und Ansätze zur Verbesserung derweltweiten GesundheitssituationDie Sorge über die Ungerechtigkeit in Bezug aufGesundheit bewegt die Staatengemeinschaft seit Mittedes 20. Jahrhunderts. Damals wurde deutlich, dass eineinseitig kurativ, auf Krankenhäuser konzentriertesGesundheitssystem – das so genannte „westlichemedizinische Modell“ – die Gesundheit der Menschen,vor allem in den wirtschaftlich armen Ländern bzw.Regionen, nicht nachhaltig verbessern konnte. Von denbeeindruckenden Fortschritten der Medizin profitiertenur ein Teil der Menschen – die sich immer weiteröffnende Schere zwischen Arm und Reich betraf denGesundheitssektor ganz besonders.

Auf ihrer Versammlung in Alma Ata im Jahr 1978legte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) deshalbeinen bis heute faszinierenden Plan zu einerumfassenden Reform des weltweiten Gesundheits-systems vor. Ausgehend von den Werten der sozialenGerechtigkeit, des Zugangs für alle zur Gesund-heitsversorgung und der Solidarität der Menschenuntereinander, setzte sich die WHO das ehrgeizige Ziel„Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“. ➔

Das so genannte „westliche medizinischeModell“ kann die Gesundheit derMenschen in den wirtschaftlich armenLändern nicht nachhaltig verbessern.

Gesundheit und Heilung16

Zur Umsetzung dieser Reformen empfiehlt die„Deklaration von Alma Ata“ eine Weitung desvorherrschenden medizinischen Modells und einemöglichst gemeindenahe medizinische Versorgung imSinne umfassender Basisgesundheitsdienste: KurativeAnsätze sollen ergänzt werden durch Ansätze derPrävention und der Gesundheitserhaltung; Menschenan der Basis sollen verantwortlich in die Planung undDurchführung von „horizontalen“ Gesundheits-maßnahmen einbezogen werden.

In den 1980er Jahren und danach gab es zwareinzelne Erfolge in der Umsetzung dieses Konzepts,aber der erhoffte weltweite und umfassende Neuansatzblieb aus. Die Gründe dafür waren vielfältig: WenigeStaaten waren bereit, in das neue Konzept zuinvestieren – Basisgesundheitsdienste wurden oft als„billige Gesundheitsversorgung für die Armen“missinterpretiert, und die entstehenden Gemeindegetragenen Ansätze wurden nicht mit den anderenEbenen der Gesundheitsversorgung verbunden. ImGefolge der von der Weltbank und dem Internationalen

Währungsfonds diktierten Strukturanpassungs-programme kürzten viele finanzschwache Länder ihreAusgaben für Gesundheit, was die ohnehin schonlabilen Gesundheitssysteme noch zusätzlich schwächte.Und schließlich führte im südlichen Afrika die rasanteVerbreitung von HIV und Aids zu einer Belastung derGesundheitssysteme, der sie in keiner Weise gewachsenwaren.

In dieser Situation setzten Staaten und Geldgeberstatt auf den Auf- und Ausbau horizontalerumfassender Gesundheitsversorgung mehr und mehrauf vertikale Programme und Kampagnen, die – meistohne Einbezug vorhandener Ressourcen undStrukturen – relativ schnell zu nachweisbaren undvorzeigbaren Ergebnissen führten, wie etwa Impf-kampagnen, Programme zur Nahrungsverbesserung, zurFamilienplanung und zur Bekämpfung einzelnerErkrankungen. Trotz dadurch erzielter Verbesserungender Gesundheitssituation war das Ziel „Gesundheit füralle“ zur Jahrtausendwende keineswegs erreicht. DieKluft in der Gesundheitsversorgung zwischen Arm undReich hatte sich eher noch vergrößert.

Dieser Situation entspricht es, dass drei der UNOMillenniums- Entwicklungsziele (MDGs) aus dem Jahr2000 auf Gesundheit bezogen sind: Bis zum Jahr 2015sollen die Kindersterblichkeit um zwei Drittel und dieMüttersterblichkeit um drei Viertel gesenkt, HIV undAids, Malaria und andere Infektionskrankheiten sollenzurückgedrängt sein.

Warum ist es bis heute nicht gelungen,die bestehende Ungerechtigkeit inBezug auf Gesundheit zu überwinden?

Kenia: Ein Beispiel vieldimensionalen HeilensEin gelungenes und vorbildliches Beispiel für einevieldimensionale Zuwendung zu leidenden Men-schen ist die HIV und Aids-Arbeit der methodisti-schen Kirche in Kenia.

Das methodistische Krankenhaus in Maua istZentrum für die medizinische Versorgung undBehandlung HIV-infizierter und aidskrankerMenschen. Hier kommen modernste Aidstherapienzum Einsatz, um betroffenen Menschen zu helfen.Durch lokale Gesundheitsstationen werden aberauch solche Menschen erreicht, die zu weit vomKrankenhaus entfernt leben.

Daneben hat in den Gemeinden ein enormwichtiger Prozess eingesetzt: Die Stigmatisierungvon Aidspatienten wurde überwunden. Die Erkennt-nis ist gewachsen, dass nicht einzelne „sündige“

Gemeindeglieder – sondern die ganze Kirche von derKrankheit betroffen ist. In den Dörfern wurdenökumenische Gesundheitskomitees eingerichtet, diesich mit finanzieller und pflegerischerer Hilfe umErkrankte und ihre Familien kümmern, aber auchdabei helfen, dass sie wieder ihren Platz in derKirche finden und nicht länger aus der Gemeinschaftausgeschlossen werden. Medizinische, soziale undgeistliche Hilfe sind in dieser Arbeit miteinanderverbunden – die Dimensionen von Heilung werdenhier anschaulich.

Pastor Rainer Mittwollen

Ausführliche Informationen in der Broschüre„Der Ziegler-AIDS-Fonds“, erhältlich bei der EmK-Weltmission(Adresse Umschlagseite 4) und unterwww.emkweltmission.de/gesundheit.html

Gesundheit und Heilung 17

Nachdem viele Staaten diese Verpflichtungserklärungunterschrieben hatten, wurden neue globaleGesundheitsinitiativen ins Leben gerufen, zum Beispielder Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS,Tuberkulose und Malaria (GFATM), der U.S. President’sEmergency Plan for AIDS Relief (PEPFAR) und die Billund Melinda Gates-Stiftung. Dadurch wurden dieInvestitionen in Gesundheit in zuvor nicht gekanntemAusmaß erhöht und es wurden zahlreiche, meistvertikale Programme ins Leben gerufen.

Aber trotz dieser großartigen Initiativen sind wir nochweit entfernt vom Erreichen der MDGs. Und wir müssenuns fragen: Warum ist es bis heute nicht gelungen, diebestehende Ungerechtigkeit in Bezug auf Gesundheitzu überwinden?

Ein umfassender Ansatz zur Neuorientierungin der Gesundheitsversorgung – und die wichtigeRolle der KirchenHeute wächst die Einsicht: Eine nachhaltigeVerbesserung der weltweiten Gesundheitssituationkann nur gelingen durch einen Ansatz aufverschiedenen Ebenen. Die sozialen Bedingungen fürGesundheit müssen verbessert werden. VertikaleProgramme und horizontale Programme mit demEinbezug der Gemeinden können und müssen sichergänzen. Und es darf nicht außer Acht bleiben, dassfunktionierende Gesundheitssysteme selbst eine derwichtigsten Bedingungen für Gesundheit sind – die„Krankheit des Systems“ muss behandelt werden.

Verbesserung der sozialen Bedingungen fürGesundheitDie Vermeidung von Krankheiten und die Förderungvon Gesundheit sind ganz wesentlich abhängig von densozialen Bedingungen, unter denen Menschen leben.Zu den wichtigsten Faktoren, die zu Krankheiten beitra-gen und die sich oft wechselseitig verstärken, gehören:Armut und deren Folgen, Mangel an sauberem Wasserund Hygiene, Geschlechterungerechtigkeit, fehlendeoder unzureichende Bildung.

Der Bekämpfung von Armut und der Förderung derGeschlechtergerechtigkeit kommt heute eineSchlüsselrolle in der Gesundheitsförderung zu: VieleMenschen sind in einem Kreislauf von Armut undKrankheit gefangen. Armut bedingt schlechteErnährung, mangelnden Zugang zu Hygiene und zusauberem Wasser, zu Informationen bezüglichgesundheitsfördernden Verhaltens. Wenn Menschen

krank werden, müssen sie die Kosten für Behandlungund Medikamente oft selbst aufbringen, was Familienin den wirtschaftlichen Ruin treiben kann. Und Armutist oft weiblich: Frauen sind proportional häufiger undstärker betroffen als Männer. Deshalb haben alleMaßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichenSituation von Menschen und besonders von Frauen,zum Beispiel durch Einkommen schaffende Maßnah-men oder die Vergabe von Kleinkrediten, einenwichtigen langfristigen Einfluss auf die Gesundheit derMenschen.

Einbeziehung der GemeindenDie Empfehlung von Alma Ata, Gemeinden aktiv in dieGesundheitsarbeit einzubeziehen, wird heute wiederaufgenommen. Anstatt Programme von außen an –passiv bleibende – „Empfangende“ heranzutragen,sollen Menschen vor Ort in die Planung und Durchfüh-rung von Gesundheitsprogrammen einbezogen werden.Denn diese wissen am ehesten und am besten, wo ihreeigentlichen Bedürfnisse liegen, und sie haben durch-aus Vorstellungen, wie und mit welchen Ressourcen dieGesundheit der Gemeinschaft verbessert werden kann.In jeder Gemeinde gibt es Stärken, auf denen Pro-gramme aufgebaut werden können, wie etwamotivierte Menschen und Gruppen, günstige Strukturenund natürliche Ressourcen. Diese gilt es zu sehen undzu nutzen.

Dabei ergibt sich meist ganz von selbst ein Ansatz,der an den sozialen Bedingungen von Gesundheitansetzt. Ein Beispiel: In einem Gesundheitsprogrammunter Adivasi in Indien ist neben der Ausbildung vonDorfgesundheitshelferinnen der Bau einer Schule fürdie Kinder der beteiligten Dörfer eines der wichtigstenElemente zur langfristigen Verbesserung derDorfgesundheit. Denn Kinder, die eine guteSchulbildung haben, können später besser für sich undfür ihre Familie sorgen und sich oft auch für dieVerbesserung der Gesundheitssituation in ihrem Dorfeinsetzen. ➔

„Bisher haben wir immer gedacht,wir hätten nichts als Nöte undBedürfnisse. Jetzt sehen wir, dass wirselbst etwas einbringen können.“

Gesundheit und Heilung18

Nicht zuletzt stärkt eine Beteiligung der Menschen ander Basis deren Selbstbewusstsein und fördert ihreKreativität und Aktivität. So sagt eine afrikanische Frau:„Bisher haben wir immer gedacht, wir hätten nichts alsNöte und Bedürfnisse. Jetzt sehen wir, dass wireigentlich schon viel haben in unserer Gemeinde – wirkönnen selbst etwas einbringen zur Verbesserungunserer Gesundheit!“

Stärkung der GesundheitssystemeDas eingangs erwähnte Beispiel zeigt einige derSchwächen des Gesundheitssystems in einem ostafrika-nischen Land auf: Besonders in ländlichen Gegendensind die Wege zur medizinischen Versorgung oft sehrweit und die verschiedenen Ebenen der Gesundheits-versorgung sind schlecht miteinander verbunden. Diedurch Krankheiten entstehenden Kosten müssen oftselbst aufgebracht werden, und Medikamente bzw.Produkte sind nicht überall verfügbar. In vielenGesundheitseinrichtungen herrscht ein Mangel anmedizinischen Fachkräften, die in die Städte oder insAusland abwandern, da sie dort günstigereBedingungen (höhere Löhne, bessere Wohnverhältnisse,Internetzugang, Schulen etc.) vorfinden.

Eine Stärkung des Gesundheitssystems hat alle dieseFaktoren im Blick und zielt zum Beispiel auf dieVerbesserung der Infrastruktur und die Vernetzung derverschiedenen Ebenen der Gesundheitsdienste, denAus- und Aufbau von Finanzierungssystemen(Krankenversicherungen, private Zahlungen, öffentlicheGelder), die Sicherstellung der Beschaffung vonMedikamenten, und unterstützt Programme zum Erhaltder medizinischen Fachkräfte. Alle diese Maßnahmenhaben allerdings zur Voraussetzung, dass dieRegierungen ihre Führungskompetenz dafür einsetzen,um Gesundheitsrichtlinien zu erstellen und umzusetzen.

Bisher wurden vertikale Gesundheitsprogramme oftaußerhalb der bestehenden Strukturen durchgeführt, dadiese zu schwach waren. Dies führte zu deren weitererSchwächung, zum Beispiel durch Abzug von Fachper-sonal. Deshalb ist es wichtig, dass vertikale Programmezur Stärkung der lokalen Gesundheitssysteme beitragen.Dies tun sie, indem sie über diese umgesetzt werden.

Die Rolle der KirchenDas Eintreten für schwache und benachteiligteMenschen und die Sorge für Kranke ist einKernanliegen der christlichen Kirchen. Seit ihrenAnfängen bis heute nehmen die Kirchen wesentliche

Aufgaben im Gesundheitsbereich wahr – weltweit undganz besonders in wirtschaftlich armen Ländern bzw.Regionen. Im südlichen Afrika werden – je nach Land –20 bis über 40 Prozent der Gesundheitsversorgung vonden Kirchen getragen. Die christliche Gesundheitsarbeitkommt bevorzugt benachteiligten Menschen undMenschen in ländlichen Gegenden zugute und eswerden in der Regel keine hohen Gebühren für dieLeistungen gefordert. Patientinnen und Patienten, diein kirchlichen Einrichtungen behandelt werden,schätzen die qualitativ gute medizinische Versorgungebenso wie die menschliche Zuwendung durch dieMitarbeitenden.

Dieser wichtige und unersetzliche Beitrag der Kirchenzu Gesundheit und zu Gerechtigkeit wird heutezunehmend auch von Regierungen und von zivilenOrganisationen, wie der WHO, anerkannt. Um ihrenAufgaben im Gesundheitsbereich auch in Zukunftnachkommen zu können, müssen die Kirchen und derformale Gesundheitssektor allerdings viel mehr alsbisher zusammen arbeiten und sich gegenseitigunterstützen. Und es wird zunehmend wichtig, dass diechristliche Gesundheitsarbeit auf verschiedenen Ebenenansetzt, indem sie neben konkreten Gesundheits-programmen auch alle Maßnahmen zur Verbesserungder Bedingungen für Gesundheit und zur Stärkung derGesundheitssysteme unterstützt.

Auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit in der Gesund-heitsversorgung ist eine weltweite Solidarität derKirchen nötig und eine Unterstützung der schwachendurch die stärkeren Glieder – sowohl durch fachlicheBeratung und Begleitung wie auch durch finanzielleUnterstützung.

Beate Jakob

Quellen

Building from Common Foundations: The World HealthOrganization and Faith Based Organizations in PrimaryHealthcare, WHO 2008

Closing the Gap in a Generation. Health Equity through Action onthe Social Determinants of Health. Final Report of theCommission on Social Determinants of Health, Geneva,WHO 2008

Everybody’s Business. Strengthening Health Systems to ImproveHealth Outcomes, WHO’s Framework for Action, WHO 2007

Primary Health Care Now more than ever. The World Health Report2008, WHO 2008

Millennium Development Goals: www.undp.org/mdg

Gesundheit und Heilung 19

Eine zentrale Botschaft der naturwissen-schaftlichen Forschung lautet: Zwischen-menschliche Beziehungen wirken sich – imGuten wie im Schlechten – auf unserpsychisches und körperliches Befinden aus.In der Medizin wird der Zusammenhang bzw.das Wechselspiel zwischen Gesundheit undder Gemeinschaft deshalb zunehmendbeachtet und in therapeutische Überlegungeneinbezogen.

Was hier in Theorie und Praxis „entdeckt“ wird, isteigentlich nicht neu: Die Bedeutung der Gemeinschaftist in der Bibel grundgelegt und in vielen Kulturen istder Gemeinschaftsgedanke bis heute tief verwurzelt.Darüber hinaus wird in der christlichenGesundheitsarbeit seit einigen Jahrzehnten auf dieBedeutung der Gemeinde getragenenGesundheitsarbeit hingewiesen.

Gott will und stiftet GemeinschaftDas Bewusstsein für den Wert und die Wichtigkeit desLebens in Gemeinschaft zieht sich wie ein roter Fadendurch die Bibel. Es ist nicht gut, dass der Mensch alleinbleibt, spricht Gott und er erschafft den Menschen alsMann und als Frau. So stiftet er die erste und kleinsteGemeinschaft. Zur großen Gemeinschaft des VolkesGottes zu gehören, ist für die Menschen wesentlich undbegründet ihre Identität. Gerecht im biblischen Sinneist, wer in der Gemeinschaft in guten Beziehungen lebt.

Jesus ist durchdrungen vom Auftrag und vomWunsch, die Gemeinschaft des Volkes Gottes wiederherzustellen. Deshalb wendet er sich ganz besondersden Frauen und Männern zu, die ausgeschlossen sind,sowohl aus der menschlichen wie auch aus derreligiösen Gemeinschaft. Jesus berührt die Menschen,mit denen niemand Kontakt haben will, und dadurchheilt er sie.

Gemeinschaft: ein hoher Wert in afrikanischenKulturenMtu ni Watu – Mensch ist Menschen: Dieses Sprichwortder Swahili-Sprache (Ostafrika) kann nur schwerübersetzt werden und wird auch wiedergegeben mit EinMensch ist ein Volk. In Südafrika lautet ein Sprichwort:Ich bin, weil du bist, und in Kamerun wird dieErfahrung weitergegeben, dass menschlicheZuwendung oft so viel wirkt wie ein Medikament: DerMensch ist die Medizin des Menschen.

Der Mensch ist die Medizin des MenschenGesundheit in und durch Beziehungen

Diese Volksweisheiten bringen den Gemeinschafts-gedanken zum Ausdruck, der in den afrikanischenKulturen tief verwurzelt ist. Dahinter steht diegrundlegende Erfahrung: Gemeinschaft tut nicht nurgut, sie ist geradezu lebenswichtig, ein Leben in sozialerIsolation dagegen kann krank machen. Und das indi-

Schnitzkunst aus Ostafrika: „Lebensbaum“ oder„Beziehungsbaum“. Ein Symbol für die Bedeutung des Lebensin Gemeinschaft. (Albert Petersen, Difäm)

Gesundheit und Heilung20

viduelle Verhalten hat immer Auswirkung auf dieGemeinschaft, es dient oder schadet ihr.

In den großen Städten Afrikas leben heute zwarviele ohne den Rückhalt einer Gemeinschaft, für dieMenschen in den ländlichen Gebieten ist ihre Zuge-hörigkeit und ihre Verwurzelung in der Gemeinschaftnach wie vor zentral. Von der Krankheit eines Einzelnenzum Beispiel sind immer die Familie, das Dorf, ja dieganze Sippe betroffen. Viele nehmen Anteil und stehenzur Seite. So schlimm die Bedrohung durch HIV undAids für die Länder im südlichen Afrika ist – eines wirddeutlich: Das soziale Netz trägt die Menschen, solangees irgendwie geht. Aidskranke werden in den Familiengepflegt, der Waisen nehmen sich Verwandte oderauch Pflegefamilien an und nur ganz selten leben siein Waisenhäusern.

Die Gemeinde getragene christlicheGesundheitsarbeitBis zur Mitte des 20. Jahrhunderts orientierte sich diechristliche Gesundheitsarbeit weltweit am westlichenMedizinmodell. Dementsprechend lag ihr Schwerpunktin Übersee auf dem Aufbau von Gesundheitsstationenund technisch gut ausgerüsteten medizinischen Zentrenzur Behandlung von Krankheiten.

Dieser kurative Ansatz aber erwies sich als einseitigund konnte häufige Krankheitsursachen wie Fehl- undMangelernährung, schlechte hygienische Verhältnisse,mangelnder Schutz vor Infektionen etc. nicht beseiti-gen. Deshalb setzte der Ökumenische Rat der Kirchenim Jahr 1968 die Christian Medical Commission (CMC)als Gesundheitskommission ein und beauftragte sie, ein

christliches Verständnis von Gesundheit und ein neuesKonzept der christlichen Gesundheitsarbeit zuentwickeln. Die Arbeit der CMC führte zu dergrundsätzlichen Einsicht: Krankheit ist nicht nur einmedizinisches Problem. Gesundheitsarbeit brauchteinen vieldimensionalen, „intersektoralen“ Ansatz, derunter anderem auch die ökonomischen und kulturellenBedingungen für Gesundheit in den Blick nimmt.

In diesem Zusammenhang wurden die Stärken derGemeinden – und zwar bezogen sowohl auf diechristlichen, als auch die zivilen – im Hinblick aufGesundheit neu entdeckt und entfaltet. Die CMC warwesentlich beteiligt an der Entwicklung und Umsetzungdes Konzepts der Gemeinde getragenen Gesundheits-arbeit, das die Weltgesundheitsorganisation 1978 inAlma Ata propagierte. Dieses Konzept weist derlokalen Gemeinde eine Schlüsselrolle in der Gesund-heitsarbeit zu.

Die Gemeinde als die Gesundheit förderndesBeziehungsnetz, als Ort der Vorsorge und zum Teil auchder Behandlung von Krankheiten sowie der BetreuungKranker hat weltweit eine große und zunehmendeBedeutung. Dies kann uns in unseren deutschenKirchengemeinden Mut machen und uns den Blicköffnen für manche heilenden Möglichkeiten, die wirhaben. Wenn Menschen erfahren, in der Gemeindewertgeschätzt, angenommen und getragen zu sein, undwenn jede und jeder wissen darf, selbst für dieGemeinde wichtig zu sein, dann sind wir heilendeGemeinschaften, die Jesu heilendes Handeln fortführen.

Beate Jakob

Die heilende Kraft der persönlichen Zuwendung:Krankenschwester (li.) in einem der wenigen AltersheimeKameruns im Gespräch mit einer Bewohnerin.(Heiner Heine/EMW-Archiv)

Gesundheit und Heilung 21

Krank zu werden in einem wirtschaftlicharmen Land, bedeutet häufig, in Lebensgefahrzu geraten. Für eine Behandlung ist es dabeinicht nur wichtig, dass es Ärzte/-innen undPflegekräfte gibt, sondern auch Medikamenteund pharmazeutisches Personal. Die folgendeGeschichte mit Hintergrundinfos gibt einenkleinen Einblick in diese Thematik am BeispielMalaria.

Zugang zu Medikamenten:Das richtige Medikament zur rechten ZeitEin Baustein für den Konfirmandenunterricht

Malaria – eine tropische Armutserkrankung

■ Weltweite BedrohungDie Hälfte der Weltbevölkerung, d. h. 3,3 MilliardenMenschen in 109 Ländern, ist von Malaria bedroht.Jedes Jahr erkranken rund 247 Millionen Menschen anMalaria, davon allein in Afrika 212 Millionen.Besonders Kinder überleben die Erkrankung oft nicht.■ ÜbertragungMalaria wird durch den Stich der weiblichen Anopheles-Mücke übertragen. Die Erkrankung ist lebensbedrohlich,insbesondere für Kinder und für Schwangere.

■ ResistenzenGegen das billigste und am meisten genutzte Mittel„Chloroquin“ sind die Malariaerreger mittlerweileresistent.■ ArtemisiaDiese Pflanze, deren Wirkstoff „Artemisinin“ heißt, istdie Grundlage für das derzeit wichtigste Medikamentgegen Malaria. Problematisch sind die Kosten für dieBehandlung, sie sind zehn- bis zwanzig Mal höher alsdie herkömmlichen Mittel.

■ ArmutsrisikoPrivate Haushalte in Ländern ohne Kranken-versicherungssysteme sind durch hohe Gesundheits-ausgaben sehr belastet. Moskitonetze, Medikamente,Arztrechnungen und Transportkosten müssen häufigselber bezahlt werden. Malaria gilt als Krankheit, diedie Armen besonders trifft und Armut noch verstärkt.■ Maßnahmen gegen Malaria – lokal und global– Behandlung von Schwangeren mit Malaria-

medikamenten. Dies schützt auch die Neu-geborenen vor malariabedingtem Untergewicht

– mit Insektiziden behandelte Moskitonetze

– Behandlung von Wohnräumen mit Insektiziden– rechtzeitige Diagnose und Behandlung inner-

halb kürzester Zeit– Finanzielle Stärkung der Gesundheitssysteme

in wirtschaftlich armen Ländern durch inter-nationale Unterstützung

Regina Seitz

Weitere Informationen: www.rollbackmalaria.org

Didaktische Hinweise: Jede/r soll die Geschichte fürsich lesen. Was dann in der Krankenhausapothekegeschieht, kann mit den Hintergrundinfos inverteilten Rollen laut vorgetragen werden. Dabeikann sofort auf Verständnisfragen eingegangenwerden. Die folgende Doppelseite kann kopiertwerden und ist als PDF-Datei auf www.mission.deverfügbar.

Die Anopheles-Mückeüberträgt Malaria (li.),mit dem Wirkstoff aus derArtemisia-Pflanze (re.) kann dieKrankheit behandelt werden.(Birgit Betzelt/stopmalarianow.org)

Gesundheit und Heilung22

Wie kommt Ndala zumlebensrettenden Medikamentgegen Malaria?

Ndala ist ein junges Mädchen, das im Osten des Kongolebt. Ihre Familie ist sehr arm. Normalerweise hilft sieihren Eltern bei der Arbeit auf dem Feld oder im Haus-halt. Oft hütet sie auch ihre kleinen Geschwister oderdie Tiere. Seit ein paar Tagen geht es ihr ziemlichschlecht. Sie hat Fieber, Kopfschmerzen, Durchfall undmuss sich häufig übergeben. Ihre Eltern entscheiden,dass sie mit der Mutter zur nächsten Gesundheits-station gehen muss, weil es im Dorf keinen Arzt gibt.Die Heilkräuter, die die Mutter ihr gegeben hat,helfen nicht.

Früh am nächsten Morgen machen sie sich auf denWeg. Zur Gesundheitsstation ist es sehr weit. Es dauertmehrere Stunden, bis sie dort ankommen.

In der Gesundheitsstation warten schon sehr vieleMenschen. Die Kranken, denen es am schlechtestengeht, werden zuerst behandelt. Ndala und ihre Muttermüssen viele Stunden warten.

Dann endlich wird sie untersucht und es wird Blutabgenommen. Im Labor wird festgestellt, dass Ndalaan Malaria erkrankt ist. Die Ärztin verschreibt ihr einMedikament, das sie sofort einnimmt. Weil es schonso spät ist, übernachten die beiden in der Gesund-heitsstation.

Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass das Medi-kament bei Ndala nicht wirkt. Die Malaria-Erreger sind

resistent gegen den Wirkstoff, das bedeutet, dass sieunempfindlich dagegen geworden sind. In der Gesund-heitsstation gibt es kein anderes Medikament gegenMalaria. Ndala muss nun dringend ins nächsteKrankenhaus.

Leider müssen sie zu Fuß weiterlaufen, denn siehaben kein Geld mehr für den Bus. Den Labortest unddas Medikament mussten sie selber bezahlen und auchdie Behandlung im Krankenhaus wird noch einigeskosten.

Endlich sind sie im Krankenhaus angekommen. Dortwarten wieder viele Menschen auf Behandlung. Esdauert lange, bis Ndala an die Reihe kommt. Die Ärztinverschreibt ihr ein anderes Malaria-Medikament. IhreMutter und sie gehen zur Krankenhausapotheke. Dortkönnten sie folgendes erleben.

Die Wege zur nächsten Gesundheitsstation(Bild unten) sind meist sehr weit, und obman dort die passenden Medikamente hat,ist keineswegs sicher. (Difäm)

Gesundheit und Heilung 23

Das Medikament ist seit Wochen nicht im Regal,weil der zuständige angelernte Mitarbeiter nichtweiß, wie der Arzneibedarf vorausschauend geplantund organisiert werden kann.Hintergrundinfo: In vielen wirtschaftlich armen Länderngibt es nur sehr wenige pharmazeutische Fachkräfte.Pharmazie ist die Wissenschaft von den Arzneimitteln,ihrer Zusammensetzung, Wirkung und Herstellung. Beiuns muss man Pharmazie studieren oder eine pharma-zeutische Ausbildung machen, um in einer Apothekearbeiten zu dürfen. Weil es im Kongo so wenigeFachkräfte gibt, ist es wichtig, Aus- und Fortbildungenzu ermöglichen. Häufig brauchen sie dafür finanzielleUnterstützung, die von Entwicklungsorganisationenund Missionswerken gegeben wird.

Das benötigte Medikament ist nicht vorrätig, da dieApotheke voll ist mit vielen Arzneimitteln, die mannicht so dringend braucht.Hintergrundinfo: Es gibt viel mehr Medikamente zukaufen, als eigentlich benötigt werden, um eine guteGesundheitsversorgung sicher zu stellen. Deshalb hatdie Weltgesundheitsorganisation schon 1977 eine Listeder wichtigsten Medikamente erstellt. Heute stehen aufdieser Liste rund 320 Medikamente. Wichtig ist, dassdies keine teuren Arzneimittel sind, denn in vielenLändern müssen die Menschen alles selber bezahlen –es gibt keine Krankenversicherung. In einer gutenKrankenhausapotheke wissen die Mitarbeitenden, dasssie sich beim Einkauf an der Liste der Weltgesund-heitsorganisation orientieren können.

Das Medikament ist vorhanden, denn seit einigerZeit werden die Medikamente immer über diekirchliche Zentralapotheke eingekauft.Hintergrundinfo: Lange Zeit konnte man in vielenLändern kaum Medikamente einkaufen. Deshalb hatman in Deutschland gespendete Medikamentegesammelt und dann nach Afrika transportiert. Das istheute nicht mehr sinnvoll und nicht mehr nötig, dennmeistens kann man die Medikamente auch im Landoder im Nachbarland einkaufen. Eine große Hilfehierfür sind kirchliche Zentralapotheken.Die Zentralapotheke· hat eine Übersicht über den Bedarf und verhandelt

die Preise mit den Lieferanten· bestellt in großen Mengen, das ist kostengünstig

und reduziert die Transportkosten

· unterhält ein Lager mit Medikamenten undmedizinischen Gütern

· liefert die Materialien an die Gesundheits-einrichtungen aus

Ndala und ihre Mutter können das Medikamentkaufen, da es seit kurzem möglich ist, günstigeArzneimittel in guter Qualität zu besorgen. Früherwaren die Medikamente sehr teuer und manchmalvon schlechter Qualität. Heute gibt es dieMöglichkeit, die Medikamente überprüfen zu lassen.Sie werden nach Kenia in ein Labor geschickt unddort getestet.

Hintergrundinfo: Fast die Hälfte aller Medikamente,die man bei uns über das Internet kaufen kann, sindgefälscht. Dieses Problem gibt es in vielen Ländern.Hier werden gefälschte Medikamente nichtso sehr über das Internet verkauft, sondern zumBeispiel beim Straßenhändler an der Ecke. Deshalbist es zum einen wichtig, Medikamente beivertrauenswürdigen Partnern (zum Beispiel inkirchlichen Zentralapotheken) zu kaufen und auch, siegelegentlich in einem Labor prüfen lassen zu können.Die Einrichtung eines solchen Labors ist sehraufwändig. Viele Jahre hat es gedauert, bis zumBeispiel das Labor in Kenia so gut ausgerüstetwar, dass es von der Weltgesundheitsorganisationanerkannt wurde.

Manche Gesundheitsstationen sind bei der Planungdes Arzneibedarfs überfordert (li.). Da helfen kirchlicheZentralapotheken (Bild rechts). (Difäm)

Nur im Labor kann festgestellt werden, ob die Medikamentenicht gefälscht sind. (Difäm)

Gesundheit und Heilung24

Die rote Erde in vielen Teilen Äthiopiensist vulkanischen Ursprungs und enthältSilikate. Bei Menschen, die barfuß laufen,können diese Silikate über Wunden oderkleinste Verletzungen in die Haut eindringen.Dadurch kommt es zu einer Entzündungs-reaktion, die vor allem die Lymphgefäße(über sie wird Gewebeflüssigkeit in den Blut-kreislauf zurückgeführt) betrifft und zu derenVerstopfung führen kann. Im Gefolge davonstaut sich die Lymphe in den Füßen undUnterschenkeln, sodass diese mitunterextrem anschwellen.

Diese Krankheit ist im Hochland von Äthiopien weitverbreitet und wird als Podoconiosis bezeichnet. ErsteAnzeichen von Podoconiosis treten in der Regel imAlter zwischen 16 und 45 Jahren auf, aber manchmalsind schon Kinder davon betroffen: Es kommt zuJuckreiz zwischen den Zehen und zu einem brennendenSchmerz an Füßen und Unterschenkeln. Nach und nachschwellen dann die Füße an. Weil dies manchmal eingroteskes Ausmaß annehmen kann, heißt dieErkrankung im Volksmund auch „Elefantenfußkrank-heit“. Im Verlauf der Erkrankung kommt es dann zu Pilz-und Bakterieninfektionen der betroffenen Haut, undwenn solche Infektionen häufiger auftreten, entwickeltsich ein unangenehmer Geruch.

Im fortgeschrittenen Stadium führt Podoconiosis zuVerstümmelungen der Füße. Aber die körperlicheBeeinträchtigung ist nicht alles: Die wirtschaftlicheSituation der Menschen verschlechtert sich, da sie meistnicht mehr arbeiten können. Darüber hinaus werden sieoft gemieden und aus der Gemeinschaft ausge-schlossen – auf Grund des Geruchs der entzündetenHaut, aber auch, weil kaum jemand weiß, wie es zudieser Erkrankung kommt. Auf die Frage nach denUrsachen von Podoconiosis geben die Menschen ganzunterschiedliche Antworten: Manche führen dieErkrankung auf „Hexerei“ zurück, andere glauben, manstecke sich an, indem man die gleichen Waschgefäßebenutzt. Solche Unkenntnis führt nicht selten dazu,dass die Kranken wie „Aussätzige“ behandelt werden:Betroffene Kinder und Jugendliche dürfen nicht mehr indie Schule gehen und niemand will einen Mann odereine Frau mit dieser Erkrankung eine Arbeit geben oderihn/sie heiraten. Die Aufklärung über die Entstehungder Erkrankung ist deshalb der erste Schritt, um derAusgrenzung der Betroffenen entgegenzuwirken.

Ihr sollt auch untereinander die Füße waschenEin Gesundheitsprojekt in Äthiopien

Podoconiosis betrifft vor allem wirtschaftlich Armeund besonders Frauen, da diese sich keine Schuheleisten können. Die Krankheit selbst aber verstärktdann wiederum die Armut. Studien belegen einendurch die Erkrankung bedingten durchschnittlichenVerlust der Arbeitskraft um 45 Prozent. Nicht seltenmüssen betroffene Menschen betteln, mancheverhungern sogar.

Schätzungen zufolge leben in Äthiopien 500.000Menschen mit Podoconiosis. Podoconiosis gehört zuden so genannten vernachlässigten Erkrankungen,die in der Weltgemeinschaft wenig Aufmerksamkeitbekommen. Und das, obwohl man dieser Krankheitvorbeugen und sie behandeln kann.

Prävention und Behandlung vor OrtHaimanot Hunduma, der Leiter der Gesundheitsstationin Challia – 500 Kilometer westlich von Addis Abeba –ergriff im Jahr 2007 die Initiative zum Aufbau einesGemeinde getragenen Projekts zur Vorbeugung undBehandlung von Podoconiosis.

Als ersten Schritt dieses Projekts untersuchte er dieVerbreitung von Podoconiosis im Einzugsbereich derGesundheitsstation. Es zeigte sich: Von den 12.000Einwohnern hatten 440 Podoconiosis. Damit war jede27. Person betroffen. Während dieser Erhebung wurdeHaimanot Hunduma von Podoconiosis-Kranken immerwieder gefragt: „Willst du unsere Beine amputieren,damit unser Problem gelöst ist?“ Aus diesen undähnlichen Fragen spricht die Verzweiflung derbetroffenen Menschen.

Nach der Erhebung wurde festgelegt, in welchen zweiDörfern das Projekt beginnen sollte. Aus diesen beidenDörfern wurden je ein Mann und eine Frau ausgewählt,die als freiwillige Dorfgesundheitshelfer/-innen in derBehandlung von Podoconiosis geschult wurden.

Danach wurde in den Dörfern noch etwas Geldgesammelt, um den Freiwilligen eine Aufwands-entschädigung zukommen lassen zu können. Innerhalbvon zwei Wochen kam genug zusammen und dasProjekt konnte offiziell beginnen.

Seither finden einmal pro Woche im Dorf „Fuß-waschungen“ statt: Alle Patienten kommen zusammenund bringen sauberes Wasser und Brennholz mit.Dann waschen die Dorfgesundheitshelfer/-innen dieFüße der Kranken in warmem Chlorwasser und salbensie danach mit Öl, das mit entzündungshemmendenExtrakten der Blätter des heimischen Neembaumsangereichert ist.

Gesundheit und Heilung 25

In der Regel beobachten die so behandeltenPatienten schon nach etwa drei Wochen eine deutlicheVerbesserung der Schwellungen und Entzündungen.Einige benötigen zusätzlich Antibiotika, zumindest zuBeginn. Diese Medikamente stellt das Projekt kostenfreizur Verfügung, und sie werden – gegen Bezahlung –von Privatärzten in den Dörfern injiziert. Das erspartden langen Weg zur Behandlung zum Gesundheits-zentrum in Challia.

In Ergänzung zu den Waschungen im Rahmen dergemeinsamen Treffen werden die Patienten angeleitet,sich jeden Abend selbst gründlich die Füße zu waschen,um den krankmachenden Staub von der Haut zuentfernen. Darüber hinaus bekommen alle Socken undLederschuhe, um den weiteren Kontakt mit denSilikaten zu vermeiden. Dafür leisten die Patienteneinen finanziellen Beitrag, und die anderen Bewohnerdes Dorfes beteiligen sich nach Möglichkeit an denKosten.

Es ist wunderbar, bei den Waschungen die strahlen-den Gesichter dieser Menschen zu beobachten. Wennsich ihr Zustand weiter verbessert hat, kommen sie nurnoch einmal pro Monat zu den Waschungen im Dorfund bekommen einen Vorrat von Seife und Öl mitnach Hause.

Die Betroffenen aus den beiden Dörfern werdenermutigt, sich zu Selbsthilfegruppen zusammen-zuschließen. In diesen tauschen sie ihre Erfahrungenaus und unterstützen sich gegenseitig. Alle dieseMaßnahmen führen dazu, dass die Menschen mitPodoconiosis nun in der Gemeinde angenommen undgeachtet sind. Ein Mann sagt: „Nun kann ich wieder mitanderen Menschen im Auto oder im Bus fahren, undjetzt ist es mir wieder möglich, am Sonntag in denGottesdienst zu gehen.“

Langfristig ist zu erwarten, dass das Projekt sichpositiv auf die wirtschaftliche Situation in den Dörfernauswirken wird, da die Betroffenen nach und nachwieder arbeiten können. Gleichzeitig bewirkt dieAufklärung in den Dörfern über die eigentlichenUrsachen und über die Möglichkeit der Präventioneinen Rückgang der neuen Krankheitsfälle. Wenn sichdurch alle diese Maßnahmen die Situation in den

beiden Dörfern gebessert hat, soll das Projekt aufandere Dörfer im Einzugsbereich des Challia-Gesundheitszentrums ausgedehnt werden.

Eine besondere FußwaschungDieses Projekt hat einige Besonderheiten im Vergleichzur Behandlung in der Gesundheitsstation: Erstensmüssen die Menschen oft recht weite Wege zurück-legen, um nach Challia zu kommen. Dies ist für diePodoconiosis-Patienten infolge ihrer Erkrankungbesonders schwierig. Zweitens kommen sie dann dortmit Menschen zusammen, die an ganz unterschied-lichen Krankheiten leiden, und sie erfahren von diesenoft eine schmerzvolle Ausgrenzung. Im Gegensatz dazuist der Dienst, den die Dorfgesund-heitshelfer/-innentun, in der Ortsgemeinde verankert. Ein dritter,wesentlicher Punkt ist: Gemeinden lernen so, für ihreGesundheit ein Stück weit selbst die Verant-wortung zuübernehmen.

Die „Fußwaschung“ in diesem Projekt hat noch zweibesondere Anknüpfungspunkte: In manchen GegendenÄthiopiens ist es bis heute Tradition, dass junge Frauenihren Ehemännern die Füße waschen, und das Waschender Füße der Podoconiosis-Kranken wird mit dieserTradition in Zusammenhang gebracht.

Besonders wichtig aber ist der Bezug zum Tun Jesu,der seinen Jüngern die Füße gewaschen hat unddann sagte: Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euchdie Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr unter-einander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euchgegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe(Johannes 13,14f).

Die Frauen und Männer, die an das Projektangeschlossen sind, sind voll Dankbarkeit gegenüberden Menschen, die ihnen „dienen“. Besonders dankbaraber sind sie Gott, der ihnen durch dieses Projekt zeigt,dass er den Verlorenen nachgeht und der verspricht,dass diejenigen, die die letzten sind, die ersten seinwerden (vgl. Matthäus 18,12-14; 19,30).

Christel Ahrens, Gesundheitsberaterin für dieEvangelische Kirche Mekane Jesus in Äthiopien,Bezirk Western Wollega

Das Waschen derFüße mit warmen

Chlorwasser und dasSalben mit Extraktenaus den Blättern desNeem-Baums lindert

die Krankheit.

Gesundheit und Heilung26

Man meint, in einen Schmuckbazar zu treten.In dem sonnendurchfluteten Haus glitzernBerge von Perlen und bunten Steinen auf denTischen, um die junge Leute versammelt sind,die die Pracht behutsam zu Colliers undArmreifen verarbeiten. Es ist das wöchent-liche Treffen einer Gruppe behinderter jungerMenschen, die hier bei Tee und GebäckKunsthandwerk herstellen, das in denSouvenirläden des Toraja-Landes Absatzfindet. Sie tragen so zum Einkommen ihrerFamilien bei. Die Arbeit stärkt ihreUnabhängigkeit und ihr Selbstbewusstsein.

Die Treffen gehören zu einem Programm der Frauen-arbeit der Toraja-Kirche, einer Partnerkirche desEvangelischen Missionswerks in Südwestdeutschland(EMS) auf der Insel Sulawesi. Die meisten Stammes-angehörigen der Toraja sind Christen. Ihr Siedlungs-gebiet erstreckt sich auf ein ausgedehntes Hochtal rundum die Stadt Rantepao. Viele Dörfer sind nur schwer zuerreichen. Die Region lebt von Landwirtschaft undeinem Tourismus, der Europäer, Japaner und Australierzu den außergewöhnlichen Begräbnisfesten undDorfbauten der Toraja bringt.

Zukunft ermöglichenIndonesische Frauen fördern Menschen mit Behinderungen

„Menschen mit Behinderungen sind eine Familien-schande und werden versteckt“, erzählt Milka Sarun-gallo im Büro der Frauenarbeit. Sie leitet das ProgrammRBM (Rehabilitasi Bersumberdaya Masyarakat –Gesellschaftlich verankerte Rehabilitation), mit dem dieFrauen sich an Kinder und Jugendliche mit Behinde-rungen wenden. Mit diesem Programm hat die kirch-liche Frauenarbeit in der Torajakirche 1994 einengesellschaftlichen Prozess angestoßen, der Menschenmit Behinderungen eine eigene Entwicklung und dieAufnahme in die Gemeinschaft ermöglicht. EinBewusstseinswandel in Gesellschaft und Familiegegenüber Menschen mit Behinderungen ist dasoberste Ziel der Frauen.

In der noch stark von Traditionen geprägten KulturIndonesiens wird eine angeborene geistige oderkörperliche Behinderung häufig als Folge einer Ver-fehlung der Familie, als Strafe angesehen – auch unterChristen. Eine übliche Art, mit behinderten Familien-angehörigen umzugehen, ist das „pasung“, dasEinsperren in einem verborgenen Teil des Hauses. Sowird die „Familienschande“, als die die Behinderungangesehen wird, nicht in die Öffentlichkeit gebracht.Die Versteckten sind dazu verdammt, ohne jedeEntwicklungsmöglichkeit dahin zu vegetieren.

Hier setzt die Frauenarbeit an. Eine Reihe vonMitarbeiterinnen forscht in den Dörfern nach Familienmit behinderten Kindern und bietet ihnen dieTeilnahme am Programm an. Wenn die Eltern eineZusammenarbeit wünschen, eröffnet die RBM ihnenund ihren Kindern vielfältige Möglichkeiten derUnterstützung. Zwei Dinge stehen dabei imVordergrund: Die Veränderung des Verhaltens derFamilie gegenüber den Kindern und die individuelleFörderung der Kinder selbst.

Am Anfang sei es schwer gewesen, Zugang zu denFamilien zu finden, sagen die Frauen. Vermutlichgelang es überhaupt nur, weil sie von der Kirchekamen. Sie begründeten ihre Absicht biblisch mit derLiebe und Vergebung Gottes gegenüber allenMenschen und mit Jesu Umgang mit Kranken undAusgegrenzten. So ließen sich nach und nach Familien

Arbeiten und etwas verdienen – jungeFrauen bei der Herstellung vontraditionellem Toraja-Perlenschmuck.(EMS/David Tulaar)

Gesundheit und Heilung 27

darauf ein. Als schließlich überall in den Gemeindenerste Erfolge des Programms sichtbar wurden und beimanchen Kindern deutliche Fortschritte erzielt werdenkonnten, gelangte die RBM zu breiter Anerkennung.

Dede ist ein solches Kind: Der Sechsjährige lachtund tanzt, als wir ins Wohnzimmer der Familie treten,aber er lacht niemandem zu. Dede ist Autist, in einermanischen Variante: Er kann nicht ruhig bleiben, ermuss immerzu tanzen, springen oder auch um sichschlagen. Die Diagnose seiner Behinderung wurde erstvon dem Psychiater gestellt, zu dem ihn die RBMbrachte. Die für die dörfliche Region, in der Dedezuhause ist, verantwortliche Mitarbeiterin fand heraus,dass er durchaus fähig war zu lernen – aber keineSchule wollte ihn aufnehmen, weil er nicht still sitzenkonnte. Nun stellt seine Mutter mit Hilfe der RBM-Mitarbeiterin selbst einfache Lernmaterialien her undhat unter deren Anleitung begonnen, ihm Lesen undZählen beizubringen. Und tatsächlich scheint DedesArtikulieren von Wörtern beim Blättern in seinemBilderbuch ihn auch aus seiner Abgeschlossenheit zureißen und die Verbindung zu seiner Mutter zu stärken,die glücklich ist, ihr Kind um sich zu haben und es nichtmehr verstecken zu müssen.

Nach und nach begannen Familien selbst um Auf-nahme in das Programm zu bitten und der Stamm derEhrenamtlichen vergrößerte sich. In Zusammenarbeitmit Fachpersonal und Fortbildungseinrichtungenerhöhten die Mitarbeiterinnen stetig ihre eigeneQualifikation und so wuchs im Lauf der nun schon 16Jahre die RBM zu einem zentralen Arbeitsbereich derFrauenarbeit der Torajakirche heran.

Heute sind neun Frauen hauptamtlich für das RBM-Programm tätig und weitere 20 Mitarbeiterinnenehrenamtlich. Für über 300 Kinder und Jugendlicheund für ihre Familien ist die Arbeit der Frauen nicht

mehr wegzudenken. Die RBM bildet ihre Ehren-amtlichen und die Eltern der Kinder in Seminarenweiter, sie organisiert regionale Elterntreffen, siearbeitet mit Krankenhäusern zusammen, über die siemedizinische und physiotherapeutische Hilfsmittelbeschafft. Sie arbeitet mit Ausbildungsstätten undstaatlichen Behörden zusammen, um den Kindernmöglichst breite Bildungschancen zu eröffnen. Sie lädtFrauen aus Europa mit Erfahrungen in der Arbeit mitBehinderten zu Freiwilligendiensten ein, und siegestaltet mit Kirchengemeinden Feste und andereöffentliche Veranstaltungen, in die Menschen mitBehinderungen bewusst als Teil der Gemeinschafteinbezogen werden. Aktivitäten außerhalb ihrerFamilien bilden einen wichtigen Aspekt der Arbeit.Auch kommen sie in ihren Dörfern einmal in derWoche zu eigenen Treffen zusammen. Sie sind Teil derDorfbevölkerung geworden.

Nachdem die Frauen sich zunächst auf die Förderungvon Kindern mit Behinderungen konzentriert hatten,wurden sie im Lauf der Jahre damit konfrontiert, dasses vielen nicht möglich war, eine Berufsausbildung zudurchlaufen oder als volle Arbeitskraft in der Land-wirtschaft eingesetzt zu werden. Die RBM entwickeltedeshalb Einkommen schaffende Programme, die esihnen ermöglicht, eigenes Geld zu verdienen und damitauch den Familienhaushalt zu entlasten. NebenSchmuck stellen sie inzwischen auch Handtaschen,Schlüsselanhänger und kleine Spielzeuge her. Für denVerkauf kooperiert die RBM mit Souvenirläden. Dortinformieren Plakate und Prospekte über das Programm,so dass zugleich Öffentlichkeitsarbeit geschieht.

Christine Grötzinger und Hans HeinrichEMS – Evangelisches Missionswerkin Südwestdeutschland, Indonesien-Verbindungsreferat

Dede ist glücklich, weil er mit anderenkommunizieren kann. (Bild links)Petrus’ Frau hat die Familie verlassen,nachdem sie ein Kind mit einerBehinderung gebar. Ihre Familie gabder Familie ihres Mannes die Schuldfür diese „Schande“.(EMS/Christiane Grötzinger)

Gesundheit und Heilung28

Endlos scheinen sich Sand und Steineauszudehnen. Die Luft flimmert. Die Danakil-Wüste im Osten Äthiopiens gehört mit ihren70.000 Quadratkilometern zu den heißestenRegionen der Erde.

Der Name Äthiopien leitet sich vom altgriechischen„aethiops“ (Mensch mit verbranntem Gesicht,Schwarzer) ab. Dort leben an die extremen Verhältnisseangepasste Hirtennomaden, die durch ausbleibendeRegenfälle in den vergangenen Jahren zunehmend inihrer Existenz bedroht sind. Fast ein Drittel der Kinderstirbt vor dem fünften Lebensjahr. Lebensgefahr,Verdursten, Einsamkeit, aber auch füreinander da seinund gegenseitige Hilfe – das bedeutet Leben in derWüste Äthiopiens. Enorme Stille, gleißendes heißesSonnenlicht und Klarheit – auch so ist die Wüste –hebräisch „midbar“: der Ort, wo Gott spricht. DieMenschen, die hier leben, vertrauen auf Gott. Sie habengelernt, unter extremen Bedingungen zu überleben undsind dennoch auf Hilfe angewiesen.

Das Beispiel von Almaz verdeutlicht, was es bedeutet,in einem armen, heißen, afrikanischen Land zu leben, indem Wasser Mangelware ist. Die neunjährige Almazlebt in einem wirtschaftlich armen Land, das geplagtwird von Dürrekatastrophen, Hungersnot und Krieg.Doch wie können wir ihr helfen? Wie kann Almaz amlebendigen Wasser, der Quelle des Lebens teilhaben?Helfen kann man durch Gebete und Zuwendung, aberauch dadurch, dass man bei den Kindern ein Bewusst-sein für die Benachteiligten auf unserer Welt schafft;zum Beispiel, wenn man mit Wasser bewusst umgehtund dabei an die Kinder denkt, die nur schmutzigesoder sogar kein Wasser haben. Wir haben den Auftragvon Gott, die Erde – seine Schöpfung – zu schützen undzu bewahren. Der Klimawandel wird immer mehrDürrekatastrophen in den armen Ländern hervorrufenund die Menschen dort werden noch ärmer und kränkerwerden.

Wasser – hier spritzt und strömt esund tröpfelt und versiegt esKindergottesdienstentwurf zum Thema „Wasser“ (1. Mose 13, 1-12)

Zugänge für den VorbereitungskreisWasser – ein lebensnotwendiges Element. Für viele

Menschen, wie für uns zum Beispiel, ist Wasser imÜberfluss da, aber für die meisten Menschen aufunserer Erde ist es ein seltenes, kostbares Gut und einGeschenk. Das spiegelt sich auch in der Wertschätzungwider. Wasser fließt bei uns sofort auf Abruf aus demWasserhahn und, wenn mal für wenige Stunden dasWasser abgestellt werden muss, geraten wir schon insJammern. So selbstverständlich nehmen wir GottesGeschenk an, schlimmer noch, wir schätzen es gar nichtmehr als ein solches und vergessen dabei die, denen esan Wasser mangelt.

Zum Text/zum ThemaIn dem Bibeltext endet der gemeinsame Weg vonAbraham und Lot. Lange waren sie gemeinsamunterwegs gewesen. Als sie nun sesshaft wurden, merktAbraham ziemlich bald, dass sich ihre Familienstämmetrennen müssen. Abraham spricht: Lass doch nicht Zanksein zwischen mir und dir und zwischen meinen unddeinen Hirten; denn wir sind Brüder. Steht dir nichtalles Land offen? Trenne dich doch von mir! Willst duzur Linken, so will ich zur Rechten ... Also erwählte sichLot die ganze (wasserreiche) Gegend am Jordan ... undAbraham wohnte im Lande Kanaan. Abraham ließ Lotsein Wunschland auswählen, wasserreich und gleichwieÄgyptenland, und blieb daraufhin, wie wir wissen, imvon Gott verheißenen Land Kanaan; westlich desJordans gelegen, bergig und weniger fruchtbar. LotsLand dagegen liegt im ertragreichen, grünen Jordantal– scheinbar eine Trumpfkarte. Wir hätten uns sicherlichebenso wie Lot von der Pracht des blühenden Talesblenden lassen.

Die Kinder und der Text/das ThemaÄthiopien, ein Land, das sich das neunjährige MädchenAlmaz – so wie Abraham – nicht selber ausgesucht hat.Den täglichen Widrigkeiten zum Trotz meistert sie ihrhartes Leben. Almaz lebt bei den Afar-Nomaden inÄthiopien und zieht mit ihrer Großfamilie und denKühen und Rindern – ebenso wie Abraham damals –quer durch das Land. Je nach Jahreszeit und ent-sprechender Bodenbeschaffenheit schlagen sie ihreZelte mal hier und mal da auf, ständig unterwegs undständig auf der Suche nach Wasser. Wasser für dieTiere und für sich – Wasser zum Überleben. Täglich umsÜberleben zu kämpfen, diese Situation können wir unsnur schwer vorstellen.

Beim Deutschen Institut für Ärztliche Mission inTübingen (Difäm, Adresse 4. Umschlagseite) könnenweitere Informationsmaterialien zum Thema„Wasser“ bestellt werden, zum Beispiel eineZeitschrift für Jugendliche. Seite 31 mit dem Fotovon Almaz kann auf der Website www.mission.de(Menü „Downloads“) heruntergeladen werden.

Gesundheit und Heilung 29

Liturgische ElementeLied: „He du, hallo du“Lied: „Alles muss klein beginnen“Gebetstropfen: Man kann mit den Kindern „Gebets-

tropfen“ mit Gebeten für Almaz basteln und diesean einen Gebetsbaum hängen. Jedes Kind darf einGebet auf den Tropfen schreiben oder malen.

Lied: „Vergiss es nie/Du bist du“Fürbittgebete: Die Kinder lesen abwechselnd ihre

Gebete für Almaz vor. Beim immer wiederkehrendenKyrieeleison hängen sie ihre Gebetstropfen an diegroßen Zweige.

Wasserschalen-Lied Strophe 1-2: „Ins Wasser fällt einStein“ (Große Wasserschale vorbereiten und Kinderwährend des Liedes Kieselsteine einwerfen lassen).

Spenden-Lied Strophe 3-4: „Ins Wasser fällt ein Stein“(Die Kinder jetzt statt Steine Spendenmünzen in dieWasserschale werfen lassen).

Gebet: Psalm 23 (Der gute Hirte)Lied: „Gott dein guter Segen“

Kreative UmsetzungLied: „He du, hallo du“Beginn der Erzählung: Teil 1 (siehe S. 30)Für Jüngere: Almaz als Collage herstellen, mit bunten

Stoffresten, Perlen…Für Ältere: Almaz als Stabpuppe basteln, Almaz malen:

auf A3 Hochformat aus stärkerer Pappe undausschneiden. Danach an Holzstab befestigen.

Lied: „Alles muss klein beginnen“ (mit Bewegungendazu: schnipsen, Handfläche reiben, klatschen,stampfen)

Fortsetzung der Erzählung: Teil 2 (siehe S. 30)Gebetstropfen basteln: Wir danken Gott und beten für

Almaz.Für Jüngere: Jedes Kind darf ein Gebet auf den Tropfen

malen oder bereits für sie Gebetstexte entworfen;die angemalt werden.

Für Ältere: Die Kinder gestalten ihren Gebetstropfenselbst, ihr persönliches Gebet auf blauer Pappe inTropfenform geschnitten und schließlich alle anmehrere Zweige gehängt. Jedes Kind darf seinGebet auf den Tropfen schreiben.

Lied: „Vergiss es nie/Du bist du“Fürbittgebete: Die Kinder lesen abwechselnd ihre

Gebete vor und beim immer wiederkehrendenKyrieeleison hängen sie ihre Gebetstropfen an diegroßen Zweige, damit sie an den folgendenSonntagen noch ergänzt werden können.

Fortsetzung der Erzählung: Teil 3Wasserverbrauch: Wofür verwenden wir in Deutschland

das Wasser? Dieses fruchtbare Jordantal bei Lotkönnen wir eigentlich hier mit Deutschlandvergleichen: Wir haben Wasser im Überfluss undviel Zeit und Geld für unsere Hobbys. Sind wir denndankbar dafür? Wofür benötigen wir denn allesWasser?

Für Jüngere: Je ein Kind pantomimisch darstellen unddie anderen raten lassen: Wir verwenden Wasserzum Trinken, Kochen, Baden/Hygiene, Wäschewaschen, Putzen, Gießen, Schwimmen… Wie vielWasser verbrauchen wir beim Duschen/Baden amTag in Deutschland und in Äthiopien?In Deutschland (Dusche 40 Liter/Vollbad 80 Liter),Tagesverbrauch pro Person in Deutschland 120bis 200 Liter und in Äthiopien nur 10 Liter.Anschließend noch Hobbys der Kinder aufzählenlassen. Wann haben wir Zeit für Gott? Wannnehmen wir uns Zeit für die armen, benachteiligtenMenschen?

Wasserschale mit Lied Strophe 1-2: „Ins Wasser fällt einStein“ (Eine große Wasserschale vorbereiten undKinder während des Liedes Kieselsteine einwerfenlassen).

Für Ältere: Wasserportionsbehälter basteln: EinePlastikflasche mit gebogenem Hals (wie Lenor)verwenden und den Boden etwas aufschneiden.Den Hals so eng abknicken (Hitze z. B. mit Fönerzeugen), dass beim Umdrehen der aufgehängtenFlasche immer nur eine kleine Portion Wasser in denFlaschenhals läuft. Lerneffekt: Kostbares Wasserkann nicht mehr unkontrolliert herausfließen, denndurch den verengten Flaschenhals ist eine Wasser-verschwendung unmöglich. Man fasst nicht mehrmit den Händen in das Wasser: Das Trinkwasserbleibt so sauber und Krankheiten durch schmutzigesWasser – wie zum Beispiel Durchfall – können sobesser vermieden werden. Damit steigt die Chance,den Kreislauf von Armut – Wasserknappheit –Krankheit zu unterbrechen.

Spenden-Lied Strophe 3-4: „Ins Wasser fällt ein Stein“(Die Kinder jetzt statt Steine Spendenmünzen in dieWasserschale werfen lassen, 1,1 Mrd. Menschenhaben weniger als 20 Liter Wasser pro Tag zurVerfügung.)

Gebet: Psalm 23 (Der gute Hirte)Lied: „Gott dein guter Segen“ (Mit den entsprechenden

Bewegungen gemeinsam singen)

Gesundheit und Heilung30

Almaz’ Geschichte

Kinder nach Alter in Gruppen aufteilen. GleicheErzählung mit anderer kreativer Umsetzung undVertiefung.

Erzählung Teil 1:Oft hören wir in den Fernseh- und Radionachrichten vonverheerenden Dürrekatastrophen, Unterernährung,Krankheiten und Kämpfen weit weg von uns inÄthiopien. In der Danakil-Wüste im Osten Äthiopiens –eine der heißesten bewohnten Regionen der Erde – lebtdas neunjährige Mädchen Almaz. Äthiopien ist einganz armes Land im Nordosten von Afrika. Almazwohnt nicht an einem festen Ort, sondern sie zieht mitihrer Großfamilie und dem Vieh quer durch das Land:Sie sind Nomaden, Menschen ohne feste Bleibe undgehören zum Stamm der Afar. Immer sind sie auf derSuche nach einem Wasserloch. Schon oft sind Tiereverendet, einfach zu schwach zum Weiterlaufen. DasWasser ist knapp. Almaz ist sehr dankbar, wenn sienach einem beschwerlichen, sehr langen Marsch übervertrocknete Erde endlich einen Schluck trinken kann.Mehrere Frauen gehen jeden Tag mit ihren Eseln zu derWasserstelle, die zwei Stunden Fußmarsch entfernt ist.Dort füllen sie das Wasser in die Ziegenhäute undtransportieren die Schläuche, die ca. 15 Kilo wiegen,auf den Eseln, aber auch auf ihren Rücken nach Hause.Wenn Wäsche gewaschen werden muss, erledigen siedas gleich an der Wasserstelle. Das zur Hütte getrageneWasser wird hauptsächlich zum Kochen und Trinkenverwendet. Alltag für Almaz und für uns fast unvorstell-bar. Sie muss die Tiere hüten, kochen, Wasser holenund auf ihre kleineren Geschwister aufpassen. Schulegibt es hier nicht und wenn sie krank werden, ist dienächste Gesundheitsstation oft mehrere Tagesmärschevon ihnen entfernt. Fortsetzung unter Punkt „KreativeUmsetzung“ (Lied: Alles muss klein beginnen).

Erzählung Teil 2:Doch tatsächlich – was passiert wohl? – Almaz wirdkrank: Sie hat vom verunreinigten Wasser Durchfallbekommen und verliert jetzt ganz viel Flüssigkeit.Daran sterben weltweit jeden Tag ungefähr 28.000Kinder. Unsauberes Trinkwasser ist die Ursache vielerKrankheiten. Schätzungsweise 80 Prozent allerKrankheiten sind auf verunreinigtes Trinkwasser undfehlende sanitäre Einrichtungen zurückzuführen. Wenn

Almaz niemand hilft, besteht die Gefahr, dass sie anDurchfall stirbt. An Durchfall sterben? Das gibt es dochnicht, denkt ihr sicherlich. Wenn wir hier in DeutschlandDurchfall haben, ist das meist nicht lebensbedrohlich.Wir nehmen viel Wasser und Tee, zum Beispiel mitZwieback und Salzstangen ein und nach ein paar Tagenkönnen wir wieder in die Schule gehen. Mitten in derSteppe Äthiopiens ist das unmöglich. Aber Almaz’Mutter hatte vor Monaten, als sie in einem kleinen DorfHalt machten, lebenswichtige Tipps von einer Dorf-gesundheitshelferin erhalten. In einer Gesundheits-station hatten die eingeladenen Mütter von denGesundheitshelferinnen erfahren, dass sie bei Durchfallihrem Kind sofort „Lebenswasser“ verabreichen sollten:Mehrmals am Tag in ein Glas abgekochtes Wassereinen Teelöffel Zucker und eine Messerspitze Salzverrühren. (Probiert es ruhig mal: eine Alternative zuCola mit Salzstangen). Das Lebenswasser hält dieKinder durch die Mineralien im Wasser am Leben; dennganz viele Kinder sterben an Durchfall. Almaz aberkann mit dem „Lebenswasser“ gerettet werden.Fortsetzung unter Punkt „Liturgische Elemente“(Gebetstropfen erstellen und als Fürbittgebeteeinbinden).

Erzählung Teil 3:So ähnlich muss es auch Abraham ergangen sein, als ervor dreitausend Jahren durch Kanaan zog. Das karge,steinige Land forderte viel von ihm und seinem Vieh,doch dank Gottes Zuspruch konnte er mit seiner Familiedort heimisch werden. Sie lernten es, sich der widrigenUmgebung anzupassen und Gott für alles zu dankenund ihn zu ehren. Lot dagegen hatte sich nach derlangen gemeinsamen Reise aus Ägypten in demfruchtbaren Flusstal des Jordans niedergelassen. Wasserim Überfluss und entsprechend ausgelassen undverschwenderisch lebten die Menschen auch in ihrenStädten. Viele vergaßen Gott und ihr Vergnügen wurdeihnen das Wichtigste. Es herrschte ein „drunter unddrüber“ oder wie manche heute noch sagen: „Wie beiSodom und Gomorra“; so hießen nämlich die beidengroßen, verschwenderischen Städte am Jordan, in derenNähe Lot sich niederließ. Von Dankbarkeit keine Spurund Hilfe für den Nächsten bleibt auf der Strecke.

Petra Kriegeskorte, Difäm

Gesundheit und Heilung 31

Almaz ist neun Jahre alt und lebtin der Danakil-Wüste in Äthiopien.(Difäm/Ramona Gresch-Bruder)

Gesundheit und Heilung32

Liebe Gemeinde,

vielleicht geht es Ihnen manchmal auch so: Ein Bibel-text, den Sie schon oft gehört haben, bekommt für Sieauf einmal eine andere Bedeutung. Und Sie sehen: Dasteckt mehr drin, als Sie bisher wahrgenommen haben.So ging es mir vor einigen Monaten mit einem kurzenAbsatz aus dem Markusevangelium, der Heilung einesMenschen mit Aussatz, wie sie in Markus, Kapitel 1,Verse 40-43 berichtet ist:

Es kam ein Aussätziger zu Jesus, der bat ihn, knietenieder und sprach zu ihm: Willst du, so kannst du michreinigen. Und es jammerte ihn und er streckte die Handaus, rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will’s tun; seirein! Und sogleich wich der Aussatz von ihm und erwurde rein.

Dass in diesem Bibeltext noch mehr steckt als dieHeilung eines Menschen von einer Krankheit, wurde mirzu Beginn dieses Jahres deutlich. Ich hatte in Johannes-burg, Südafrika, an einer Tagung zum Thema HIV/Aidsteilgenommen. Dort hatten wir den Text von derHeilung des Aussätzigen gelesen als eine Aufforderung,sich Frauen und Männern mit HIV/Aids zuzuwenden.Denn diese fühlen sich in ihrem Umfeld oft so wie dieAussätzigen zu der Zeit Jesu.

Eine etwas andere und weitere Dimension dieserHeilungsgeschichte erschloss sich mir während derRückfahrt vom Tagungsort zum Flughafen. Auf dieserAutofahrt prägten sich mir Bilder ein, die mich bisheute nachdenklich machen.

Die Fahrt dauert mehr als eine Stunde und führt aneinigen Stadtteilen der Dreimillionen-Stadt Johannes-

Die Heilung der AussätzigenPredigt und Fürbittgebet zu Markus 1, 40-43

burg vorbei. Das Bild, das sich mir dort bot, könntenicht kontrastreicher sein: Da sind ausgedehnteGebiete zu sehen mit notdürftig selbst zusammen-gebauten Hütten aus Blech und Holz, zum Teil sogaraus Hartkarton. Neben diesen Armenvierteln sieht mandann Stadtteile mit kleinen Backsteinhäusern. Meinsüdafrikanischer Begleiter erklärt mir, dass hier sehrviele Menschen auf engem Raum wohnen, dass aberalle Häuser wenigstens Strom, Wasser und sanitäreAnlagen haben.

Dann aber gibt es entlang der Straße immer wiederEinheiten von großen Luxusanlagen, die mit hohenMauern umgeben sind. Auf diesen ist ein elektrischerStacheldraht angebracht. Die Häuser, die sich dahinterverbergen, sind riesig und stehen in ausgedehntenparkartigen Grünflächen. Ich lasse mir erklären, dass indiesen Anlagen mit jeweils vielleicht zwanzig Häuserndie Menschen der Oberschicht wohnen. In Südafrikakonnte das System der Apartheid zwar weitgehendüberwunden werden, aber die Gesellschaft ist nach wievor geteilt. Die Schere zwischen Arm und Reich istbesonders weit und Kriminalität ist ein riesigesProblem. So müssen sich die Reichen mit einer ArtSchutzwall umgeben. Diese Mauern haben nur an einerStelle ein Tor, das nur von einem Wächter geöffnetwerden kann. Jeder, der hinein will, muss sichausweisen und beim Betreten der Anlagen diePersonalien angeben und unterschreiben.

Beim Betrachten dieser Wohngebiete kam mirzunächst der Gedanke: Diese Reichen sind eigentlichsehr arme Menschen, wenn sie sich so abschotten undwie hinter Gefängnismauern leben müssen. Und: Wiegut haben wir es hier in Deutschland, wo wir dochzumindest nicht immer in der Angst leben müssen,angegriffen und beraubt zu werden. Ein zweiterGedanke war: Es ist eigentlich ein Skandal, dass hierMenschen in größter Armut und unter unwürdigenBedingungen direkt neben den Superreichen leben.Man müsste doch alles daran setzen, um dieseungerechte Situation zumindest ein Stück weitauszugleichen.

Dann aber kam mir ein weiterer Gedanke, der micheigentlich am meisten beunruhigte und der mich bisjetzt begleitet: So sehr ich mich innerlich von dieserWelt der Reichen distanzierte, fragte ich mich: Ist hiernicht auf engem Raum die globale Situation abge-bildet? Und: Gehöre nicht auch ich – weltweit gesehen– zu einer Minderheit in unserer Welt, die einerMehrheit gegenüber Mauern errichtet? Gehöre nicht

Gehöre nicht auch ich – weltweitgesehen – zu einer Minderheitin unserer Welt, die einer Mehrheitgegenüber Mauern errichtet?

Gesundheit und Heilung 33

auch ich zu denjenigen Menschen, die im Vergleich zuanderen privilegiert sind und die eigentlich auch garnicht bereit sind, auf ihre bevorzugte Stellung zuverzichten?

Unsere Welt ist im Großen und im Kleinen vonTrennmauern durchzogen. Menschen bauen Mauern –echte oder auch gedankliche –, um sich abzugrenzengegenüber denen, die weniger haben als sie oder auchgegenüber denen, die einer anderen Hautfarbe oderauch Religion angehören.

Auf dieser Fahrt entlang der Stadtteile vonJohannesburg kam mir dann erneut der Text von derHeilung des Aussätzigen in den Sinn. Und ich begann,diesen Text zu lesen als eine Aufforderung Jesu anmich, an uns, solche Situationen nicht hinzunehmen,sondern Trennmauern zu überwinden und abzubauen.

Dies möchte ich an einem Satz aus dieser Geschichteaufzeigen. Es heißt da: Und es jammerte ihn und erstreckte die Hand aus und rührte ihn an. In anderenÜbersetzungen lesen wir: Jesus hatte Mitleid mit ihm,oder: Jesus hatte Erbarmen mit ihm.

Hier lohnt sich ein Blick in den griechischen Text. Inden meisten Handschriften des Markusevangeliumssteht hier ein Wort, das wörtlich und eigentlich zuübersetzen wäre mit: Sein Inneres, seine Eingeweidewerden bewegt. Im Deutschen könnten wir auch sagen:Es geht ihm an die Nieren, macht ihm das Herz schwer,schlägt ihm auf den Magen. In einigen Handschriftenfinden wir ein griechisches Wort, das bedeutet: Jesuswurde zornig.

Damit wird deutlich: Jesus begegnet demAussätzigen nicht von oben herab, wie etwa dieÜbersetzung „Er hatte Mitleid mit ihm“ verstandenwerden könnte. Jesus leidet am eigenen Leib mit. Erwird geradezu aufgewühlt, ist zutiefst berührt von derNot dieses Menschen.

Jesus selbst ist berührt und dann tut er etwas, wasdamals geradezu skandalös war: Er berührt denKranken, der als unberührbar galt. Menschen mit

Aussatz mussten abgesondert leben, wie hinter Mauern.Jesus berührt den, dem niemand nahe kommen will,und spricht dann das heilende Wort: „Ich will es, werderein.“

Jesus setzt sich hier – wie auch bei vielen anderenGelegenheiten – über trennende Mauern hinweg, ja,er reißt sie nieder. Seine Zielgruppe sind geradediejenigen Menschen, die ausgegrenzt sind. Damalswaren dies kranke Menschen, aber auch Frauen,wirtschaftlich Arme und die Witwen. Allen diesenwendet sich Jesus zu und er überwindet trennendeMauern.

Jesus ist betroffen von menschlicher Not und vonsozialer Ungerechtigkeit und kämpft dagegen an. Under tut dies, indem er sich jedem Einzelnen liebevollzuwendet. Dies geschieht nicht etwa „von oben herab“,sondern Jesus begegnet jeder und jedem sozusagen aufAugenhöhe. Jesu steht auf der Seite derer, gegenüberdenen Mauern aufgebaut wurden.

Menschen auf Augenhöhe begegnen und die Würdejeder und jedes Einzelnen achten beziehungsweisewiederherstellen – in dieser Haltung sollte christlicheMission geschehen und dies ist ein wichtiger Grundsatzder der Ärztlichen Mission, der christlichen Gesund-heitsarbeit. Auch in der christlichen Mission geht es umdas Überwinden von Trennendem. In der Gesundheits-arbeit sind besonders die „Mauern“ im Blick, dieMenschen von der Gesundheitsversorgungausschließen.

Leider haben in unserer Einen Welt immer noch mehrals die Hälfte der Menschen keinen Zugang zu einerangemessenen Gesundheitsversorgung. Jeden Tagsterben 30.000 Menschen an Krankheiten, die behan-delbar und zum Teil auch heilbar sind. Doch da gibt esMauern, die Menschen den Zugang verwehren – diesewerden gebildet durch die Armut der Menschen, durchden Mangel an Gesundheitseinrichtungen und durchsoziale Ungerechtigkeit. Auch Unruhen und Kriegebedeuten für die Zivilbevölkerung in den betroffenen

Auch in der christlichen Mission geht es um dasÜberwinden von Trennendem. In der Gesundheitsarbeitsind besonders die „Mauern“ im Blick, die Menschenvon der Gesundheitsversorgung ausschließen.

Gesundheit und Heilung34

Ländern, dass sie wie hinter einer Mauer leben, die sieauch von der Gesundheitsversorgung abschneidet.

Ein schönes Beispiel für die Überwindung vonTrennendem ist die Dorfgesundheitsarbeit an einemchristlichen Krankenhaus in Bissamcuttack im indischenBundesstaat Orissa. In der Gegend um das ChristianHospital Bissamcuttack leben viele Menschen, die zuden Adivasi gehören. Die Adivasi, das heißt übersetzt„erste Menschen“, sind die Ureinwohner Indiens, dieheute etwa acht Prozent der indischen Bevölkerungausmachen. Sie sind in vieler Hinsicht benachteiligt.Vom Staat werden ihnen zwar Rechte zuerkannt, wiezum Beispiel freie Schulbildung, aber diese sind nurselten verwirklicht. Und der Zugang zu medizinischerVersorgung ist nach wie vor mangelhaft. In Bissam-cuttack ist die Hälfte der Bevölkerung Adivasi. Als einedänische Ärztin vor über fünfzig Jahren die medizini-sche Arbeit dort begann, gab es in der Region praktischnoch überhaupt keine Gesundheits-versorgung. Siegründete ein Krankenhaus, erkannte aber sehr bald, wiewichtig es ist, in Ergänzung zur Krankenhausarbeit eineGesundheitsarbeit in den umliegenden Dörfernaufzubauen. Was sie als Dorfgesundheitsarbeit imKleinen anfing, wuchs und entwickelte sich zu einemgroßen Projekt, an das heute etwa 12.000 Menschen in48 Adivasi-Dörfern angeschlossen sind. Das Projektträgt den Namen „Mitra“ – „Freund“.

Geleitet wird das Projekt Mitra von Dr. John Oomen,einem jungen indischen Arzt. Er studierte Medizin inIndien und in Europa und eine steile medizinischeKarriere war für ihn eigentlich vorgezeichnet – in Indienoder auch im Ausland. John Oomen aber entschied sichganz bewusst gegen eine Karriere und damit auchgegen Ansehen und Geld. Er entschied sich für dieArbeit unter den Adivasi, den Menschen, die in derindischen Gesellschaft ausgegrenzt sind. Und es istbeeindruckend, wie er diese Arbeit gestaltet. Er tut

nicht etwas „für“ die Menschen, sondern mit ihnen.Es ist ihm wichtig, dass die Menschen selbst anEntscheidungen beteiligt sind und ihre eigenen Kräftein die Gesundheitsarbeit einbringen. In den Dörfernlernen Frauen, wie man die am häufigsten vorkommen-den Krankheiten behandelt und wie man erkennt, wannein Kranker unbedingt ins Krankenhaus gebrachtwerden muss. Für 16 Dörfer zusammen gibt es eineGesundheitsstation, die von zwei Krankenschwestern,die ebenfalls Adivasi sind, geleitet wird.

John Oomen versteht sich aber eigentlich nicht alsein Helfer für die Benachteiligten, sondern er sagt: „DieMenschen in den Dörfern sind meine Freunde.“ Dies istumso erstaunlicher, wenn man weiß, dass er einer Kasteangehört, für die die Adivasi zu den „Unberührbaren“gehören. Und gefragt, was ihn denn motiviere, mit denAdivasi in dieser armen Gegend zu arbeiten, antwortetJohn Oomen: „Die Arbeit, die wir hier tun, dient derVerwirklichung des Reiches Gottes.“

Ja, das Reich Gottes ist in der Gegend von Bissam-cuttack ein Stück weit Wirklichkeit geworden: DieTodesfälle an Malaria sind zurückgegangen und dieMütter- und Kindersterblichkeit konnte deutlich gesenktwerden. Das ist ein enormer Fortschritt. Aber diesesProjekt bewirkt noch mehr: Die Adivasi, die in derindischen Gesellschaft in vieler Hinsicht hinter Mauernleben, spüren: Hier haben wir Freunde, die dieseMauern abbauen, indem sie uns achten und uns aufAugenhöhe begegnen.

In diesem Projekt in Indien werden trennendeMauern abgebaut. Für mich ist dies eines der Beispiele,die meinen Erfahrungen während der Fahrt zumFlughafen in Johannesburg, die ich eingangsgeschildert habe, entgegenstehen.

Diese Fahrt war mir zum Bild dafür geworden, dass esin unserer Welt noch viele Trennmauern gibt – querdurch unsere Gemeinden, durch unsere Gesellschaft,

„Die Arbeit, die wir hier tun, dientder Verwirklichung des Reiches Gottes.“

Gesundheit und Heilung 35

durch unsere Welt laufen trennende Mauern. Und mirwurde auf dieser Autofahrt bewusst, dass auch ich Teildieses Systems bin. Jesus zeigt uns, dass das nicht sosein soll und nicht so sein muss. Und es gibt auchheute immer wieder Menschen, die in diesem Sinnehandeln.

Trotz vieler positiver Beispiele fühle ich selbst michoft ohnmächtig angesichts der vielen Trennmauern inunserer Einen Welt und ich frage: Was kann ich undwas können wir hier eigentlich bewirken?

Über dieses Gefühl der Ohnmacht angesichts derUngerechtigkeit in unserer Welt und angesichts der Notvieler Menschen sprach ich mit einer Frau in Südafrika.Sie sagte: „Ihr könnt sehr viel und Entscheidendes füruns tun. Ganz wichtig ist: Vergesst uns nicht und sorgtdafür, dass andere uns nicht vergessen. Tut alles, umbei Euch in der Öffentlichkeit, in der Kirche und bei denPolitikern auf die Not der Benachteiligten unserer Zeitaufmerksam zu machen. Das hilft uns. Und jederfinanzielle Beitrag bringt uns weiter. Aber ganzentscheidend ist auch: Betet für uns.“

Diese Bitte von Menschen, die in verschiedenerHinsicht hinter Mauern leben, möchte ich heute an Sieweiter geben.Amen

Vorschläge für das Lied nach der Predigt:Herr, gib mir Mut zum Brücken bauen (EG 649) oder

Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn (EG 658).

FürbittgebetLiturg/-in: Guter Gott, du Quelle des Lebens. Vor dir istjeder Mensch unendlich wertvoll und wichtig. DeinWille ist, dass wir, nach dem Bild des Apostels Paulus,als Glieder eines Leibes leben. In deinem Sinne ist es,dass wir miteinander und nicht gegeneinander lebenund dass alle sich zum Wohl des Ganzen einbringen.Du rufst uns auf, die Güter der Erde gerecht zu teilen,damit jede und jeder in Würde leben und seineBegabungen entfalten kann.

Und doch leben heute immer noch viele Menschenunter menschenunwürdigen Bedingungen. Frauen,Männer und Kinder leben in Kriegssituation oderUnrechtssystemen und leiden an Unfrieden,Unterdrückung, Armut und an Krankheiten.

Wir vertrauen darauf, dass du in unserer Welt heilendund versöhnend wirkst. Und so bringen wir unsereAnliegen vor dich, den Gott des Lebens:

Lektor/in: Wir bitten für den Frieden in der Welt,besonders für die Länder im Nahen Osten und für dieLänder Afrikas. Gib den Verantwortlichen in Politik undWirtschaft Mut und Kreativität, um zum Friedenbeizutragen.

Wir bitten für die Menschen, denen der Zugang zuNahrung, zur Gesundheitsversorgung und zur Bildungverwehrt ist. Lass sie Solidarität und konkrete Hilfeerfahren.

Wir bitten für uns alle: Lass uns als Christinnen undChristen entschiedener und hoffnungsvoller fürGerechtigkeit, Versöhnung und Frieden eintreten. Gibuns den Mut zum Brückenbauen und zum Überwindenvon Mauern und Grenzen.

Liturg/-in: Wir bringen diese Bitten und auch alleunsere Anliegen, die nicht ausgesprochen wurden, vordich und bitten dich: Erhöre unsere Bitten durch JesusChristus, unseren Bruder und Herrn. Amen

Beate Jakob

„Tut alles, um bei euch auf die Not der Benachteiligten unserer Zeitaufmerksam zu machen. Das hilft uns. Und jeder finanzielle Beitragbringt uns weiter. Aber ganz entscheidend ist auch: Betet für uns.“

Gesundheit und Heilung36

Vor mehr als tausend Jahren fertigtenBenediktinermönche auf der Insel ReichenauBibelhandschriften an, die sie mitBuchmalereien versahen. Im „Codex Egberti“,so genannt, weil diese Handschrift für denTrierer Erzbischof Egbert (gest. 993)bestimmt war, ist die Heilung desAussätzigen, wie sie in Matthäus 8,1-3beschrieben ist, dargestellt und gedeutet.

Als er aber vom Berge herab ging, folgte ihm eine großeMenge. Und siehe, ein Aussätziger kam heran und fielvor ihm nieder und sprach: Herr, wenn du willst, kannstdu mich reinigen. Und Jesus streckte die Hand aus,rührte ihn an und sprach: Ich will’s tun; sei rein! Undsogleich wurde er von seinem Aussatz rein.

Matthäus 8,1-3

Jesus gibt dem AusgestoßenenAnsehen und Würde zurückIn der rechten Bildhälfte ist das Geschehen zwischenJesus und dem Kranken dargestellt: Im Zentrum stehtJesus. Er ist ganz konzentriert auf die Begegnung mitdem Menschen, der vertrauensvoll seine Hilfe erbittet.Die Berührung des Aussätzigen, der mit einem Horn aufsich aufmerksam machen und so vor einem Kontakt mitihm warnen musste, hat wohl schon stattgefunden.Jesus gebietet mit seiner Rechten: Ich will’s tun; seirein!

In den von der Krankheit schwer gezeichneten Körperkommt Leben, kommt Kraft. Er richtet sich auf, seineMuskulatur ist angespannt, seine Hand ist empfangendgeöffnet. Es ist geradezu zu beobachten, wie sich imKranken Hoffnung und Lebenskraft regen. Die weitgeöffneten Augen haben Blickkontakt mit Jesus, siesind auf Augenhöhe mit dem Sohn Gottes. DenMenschen, den niemand berühren und ansehen wollte,richtet Jesus auf, indem er ihm Ansehen und Würdezurückgibt.

In dieser heilenden Begegnung herrscht äußersteKonzentration. Weder Jesus noch der Kranke scheinenin diesem Moment ihre Umwelt wahrzunehmen.

Nachfolge – ja oder nein?Und doch spielt sich hinter Jesus, bei den Zeugen desGeschehens, Entscheidendes ab. Hier ist Bewegung,Unruhe, ja Unsicherheit. Denn die Menschen, die mit

Viele Menschen folgten JesusBildbetrachtung zur Heilung des Aussätzigenin einer mittelalterlichen Darstellung

Jesus auf dem Weg sind, sind nicht einfach unbeteiligteZuschauer, sondern sie werden durch das Geschehenprovoziert. Nachdem sie mit Jesus auf dem Berg warenund seine Weisungen vernommen haben (MatthäusKapitel 5-7), sehen sie jetzt, welche Konsequenzenseine Lehre für die Praxis hat. Der Weg vom Berg herabführt in die Niederungen des Alltags. Und für die, dieJesus folgen, geht es jetzt um die Entscheidung zurNachfolge. Sie sind angefragt: Was bedeutet diesesVerhalten Jesu für uns? Was sollen wir tun?

Der Maler setzt die verschiedenen Möglichkeiten insBild: Da ist zunächst einmal Petrus direkt hinter Jesus.Mit seinen Füßen ist er gleichsam in die „Fußstapfen“Jesu getreten. Er ist zur Nachfolge bereit. Insgesamtaber steht er noch ziemlich unsicher, fast möchte mansagen: schwankend da. Indem seine Augen auf Jesurechte Hand blicken, möchte Petrus Maß nehmen anJesu Handeln. Seine Hände sind offen, als wollten sieJesu Handeln in sich aufnehmen. So steht Petrus für dieMenschen, die sich – vielleicht mit zitternden Knien –darauf einlassen wollen, in der Nachfolge Jesugesellschaftliche Tabus zu brechen und sich auf dieSeite der Ausgestoßenen zu stellen.

Der Mann hinter Petrus ist gleich gekleidet wieJesus – vielleicht will er damit seinen Willen zurNachfolge nach außen hin zeigen. Aber: Er geht weg.Ist er etwa nur abgelenkt durch etwas in der Ferneoder wendet er sich bewusst ab, als Jesus sich demAussätzigen zuwendet? Kann er sich auf Jesus innerlichnicht mehr einlassen, wenn seine Lehre derartigepraktische Konsequenzen hat?

Weitere fünf Menschen am linken Bildrand bleibenda und schauen gebannt, fast fassungslos auf dasGeschehen, das sich ihnen bietet. Sie fragen sich nochnicht: „Wie können wir mit unseren Händen das tun,was Jesus tut?“ – derjenige, dessen Hand wir sehen,hält diese an sich. Nein, sie scheinen überhaupt nochnicht so recht zu wissen, was sie von dieser BegegnungJesu mit dem Aussätzigen halten sollen. Werden sieweiter mit Jesus gehen oder werden sie an ihm zu Fallkommen, weil sein Verhalten „anstößig“ ist?

Wir sind angefragtDer Maler des Bildes provozierte seine Zeitgenossen,sich von der biblischen Szene betreffen zu lassen, sichselbst ins Bild zu setzen und Position zu beziehen.

Und so wie die Christen des Mittelalters um dieNachfolge Jesu in ihrer konkreten geschichtlichenSituation gerungen haben, müssen auch wir heute den

Gesundheit und Heilung 37

biblischen Text von der Heilung des Aussätzigen inunseren Kontext übersetzen und Stellung beziehen.

Wie die Menschen vor über tausend Jahren müssenwir uns betreffen und anfragen lassen:

Wer sind die „Aussätzigen“, die an den RandGedrängten heute? Wo werden Menschen ausgegrenzt,weil sie krank oder behindert sind oder nicht in dasSystem passen, weil sie eine andere Hautfarbe odereine andere Einstellung haben als die Mehrheit? Wowerden Menschenrechte verletzt?

Wo stehe ich? Nehme ich Maß an Jesu Handeln,orientiere ich mich an ihm, wende ich mich ab oder binich noch unentschieden?

Jesu Botschaft und sein Handeln fordern uns immerwieder zu Entscheidungen heraus. Und dabei spüren

wir auch: In uns selbst sind verschiedene Kräfte. In unsgibt es neben dem Willen, Jesus nachfolgen zu wollen,auch die Tendenz wegzugehen und nichts sehen zuwollen. In uns selbst ist oft Unentschlossenheit,Unsicherheit und die Angst vor den Konsequenzenunseres Handelns.

Viele Menschen folgten Jesus damals, als er vomBerg herabstieg. Nur wenige sind ihm wirklichnachgefolgt. Es war damals nicht einfach, und es istheute schwer, sich an Jesu Handeln zu orientieren. Auseigener Kraft können wir es nicht schaffen – aber derGeist Gottes kann uns zur Nachfolge befähigen.

Beate Jakob

„Die Heilung des Aussätzigen“aus dem Codex Egberti.Das Evangeliar wurde Ende des10. Jahrhunderts für den TriererErzbischof Egbert hergestellt. Dieserälteste erhaltene neutestamentlicheBildzyklus mit Darstellungenaus dem Leben Christi gehört zumWeltkulturerbe und befindet sichim Stadtarchiv Trier.(Stb Sta Trier/Anja Runkel)

Gesundheit und Heilung38

Und da war eine Frau, die hatte den Blutfluss seit zwölfJahren und hatte viel erlitten von vielen Ärzten und allihr Gut dafür aufgewandt; und es hatte ihr nichtsgeholfen, sondern es war noch schlimmer mit ihrgeworden. Als sie von Jesus hörte, kam sie in der Mengevon hinten heran und berührte sein Gewand. Denn siesagte sich: Wenn ich nur seine Kleider berühren könnte,so würde ich gesund. Und sogleich versiegte die Quelleihres Blutes, und sie spürte es am Leibe, dass sie vonihrer Plage geheilt war. Und Jesus spürte sogleich ansich selbst, dass eine Kraft von ihm ausgegangen war,und wandte sich um in der Menge und sprach: Wer hatmeine Kleider berührt? Und seine Jünger sprachen zuihm: Du siehst, dass dich die Menge umdrängt, undfragst: Wer hat mich berührt? Und er sah sich um nachder, die das getan hatte. Die Frau aber fürchtete sichund zitterte, denn sie wusste, was an ihr geschehen war;sie kam und fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganzeWahrheit. Er aber sprach zu ihr: Meine Tochter, deinGlaube hat dich gesund gemacht; geh hin in Friedenund sei gesund von deiner Plage!

Markus berichtet diese Wunderheilung – und dieEvangelisten Matthäus und Lukas folgen ihm darin –als einen Einschub in eine andere Wundergeschichte:Jesus ist auf dem Weg zu einem „Notfall“. Die Tochterdes Jairus liegt im Sterben. Jesus eilt mit dem Vaterund vielen Menschen, die ihn umdrängen, dem Kind zuHilfe. Da mischt sich unauffällig eine Frau in dieMenschenmenge, die nach dem jüdischen Gesetz garnicht mit Menschen in Berührung kommen darf. Sieleidet an Dauerblutungen. Vor dem Kultgesetz istsie damit „unrein“ (vgl. 3. Mose 15,19-30). Das heißt,sie darf keinen Körperkontakt mit Menschen haben –selbst alles, worauf sie gelegen oder gesessen hat,würde andere Personen kultisch verunreinigen. DieTeilnahme am Gottesdienst ist ihr nicht möglich.Darüber hinaus informiert uns der Text darüber, dasssie schon seit zwölf Jahren an ihrer kräftezehrendenKrankheit leidet. Sie hat in ihrer Not viele Ärztekonsultiert und dabei nicht nur unter deren Therapiengelitten, sondern dadurch auch ihr gesamtesVermögen aufgebraucht. So begegnet uns in dieserFrau eine Person, die sehr offensichtlich in allenDimensionen ihres Lebens – geistlich, sozial undkörperlich – leidet.

Die Erwartung, allein dadurch geheilt zu werden,dass sie Jesus berührt, ist im Markusevangelium nichteinzigartig (3,10; 6,56). Dass sie sich heimlich an Jesus

herandrängt, ist wohl ihrer besonderen Situationgeschuldet.

Die Hoffnung der Frau bleibt nicht unerfüllt – „dieQuelle ihres Blutes versiegt“ und sie spürt es körperlich(„an ihrem Leibe“), dass sie gesund geworden ist.

An dieser Stelle könnte der Bericht eigentlich enden,denn das vorrangige Ziel der Frau ist erreicht. AberJesus, der ja eigentlich zu einer Sterbenden eilt, hältinne. Dass von ihm eine Kraft ausgegangen ist, die einkörperliches Leiden behoben hat, reicht ihm nicht. Erfragt nach der Person, die ihn berührt hat.

Die Reaktion seiner Jünger zeigt, wie absurd dieSituation für sie aussieht: Alle möglichen Leute könnenJesus im Gedränge berührt haben. Es macht keinenSinn, nach einer einzelnen Person zu fragen.

Aber was nun folgt, macht deutlich, dass Jesus ineinem viel umfassenderen Sinn heilen will. Es kommtzum Gespräch – und damit zu einer ganz anderenQualität der Kontaktaufnahme zwischen Jesus und derFrau. Im griechischen Text signalisieren die Worte für„sich fürchten“, „zittern“, „niederknien“, dass nun für dieFrau eine Begegnung mit der göttlichen Wirklichkeitstattfindet. Im Verlauf des Gespräches mit Jesusgeschehen zwei entscheidende Dinge: Die Frau fasstden Mut, Jesus „die ganze Wahrheit“ zu sagen – einBegriff, der sicher mehr und Tieferes enthält als einemedizinische Diagnose! Und im Gegenzug spricht Jesusdie Frau mit den Worten „meine Tochter“ an. Das ist einEhrentitel, mit dem er die Ausgegrenzte wieder in diegeistliche und soziale Gemeinschaft ihres Volkeshereinnimmt! Die Hoffnung, mit der die Frau sichanfangs an Jesus herangeschlichen hat, mag ausheutiger Sicht von magischer Natur gewesen sein – amEnde des Gespräches (aber eben erst da!) kann Jesusihr sagen: „Dein Glaube hat dich gesund gemacht!“

Tipps zur Bibelarbeit:■ Sprechen Sie als Einstieg in der Gruppe darüber,

welche Erwartungen an einen Arztbesuch gestelltwerden. Was ist erwünscht – was nicht, wie viel Zeitsollte ein Arzt haben etc.

■ Lesen Sie in der Gruppe den Text Markus 5,25-34und erläutern Sie kurz den Zusammenhang mit derGeschichte von der Tochter des Jairus.

■ Überlegen Sie gemeinsam mit der Gruppe, welchesozialen und kultischen Folgen die Krankheit für dieFrau hat. Ergänzen sie gegebenenfalls.

■ Bitten Sie die Gruppe nun, rigoros alles aus demText zu streichen, was nicht unmittelbar mit der

Bibelarbeit zu Markus 5, 25-34

Die Heilung der blutflüssigen Frau

Gesundheit und Heilung 39

körperlichen Heilung der Frau zusammenhängt,bzw. an Information über die Krankheit und ihrenVerlauf mitgeteilt wird – übrig bleiben etwa dieVerse 25-27+29.

■ Auch in dieser verkürzten Version hätte die Frau ihrZiel erreicht – sie ist von ihrer Dauerblutung geheilt.Sprechen Sie darüber, was nun aber in dieserGeschichte fehlt. Erarbeiten Sie im Gespräch den

Der italienische Maler und Baumeister Raffael, auchbekannt unter dem Namen Raffaello Santi oderRaffaelo Sanzio, lebte von 1483 bis 1520 in Florenzund Rom und gehört zu den berühmtesten Malern derRenaissance. „Die Verklärung Christi“ ist das letzte Bilddes Malers, ein Altarbild, zu dem ihn ein Kardinal ausdem Geschlecht der Medici beauftragt hatte. AlsRaffael am Karfreitag 1520 starb, war es noch nichtfertig, und es wurde von seinen Schülern vollendet.

Das Bild ist in zwei Teile gegliedert: Der obere, helleTeil, stellt die Verklärung Christi, der untere, dunklere,die Heilung des anfallkranken Knaben dar, die in denEvangelien auf die Verklärung Christi folgt (Mk 9,2-29).

Die untere Hälfte zeigt ein dramatisches Geschehen:Der Vater des Knaben im grünen („hoffnungsvollen“)Gewand hält diesen in den Armen, da er sonst stürzenwürde, und er bringt ihn zu den Jüngern. Die meistenMenschen schauen und zeigen aufgeregt in Richtungdes Geschehens. Zwei der Personen weisen auf dasGeschehen in der oberen Bildhälfte – in der Auslegungwird oft vermutet, dass derjenige im roten Gewand,der auf den verklärten Christus zeigt, Jesus selbst ist.Die einzige Person, deren Körper in die Richtung desverklärten Christus weist, ist der kranke Knabe.

Hinweise zur DeutungDer Maler stellt die von den Evangelisten als zeitlicheAbfolge erzählten Berichte der Verklärung und derHeilung des Knaben gleichzeitig dar und bezieht siedadurch aufeinander: Das Licht der Herrlichkeit Christiund das irdische Leiden gehören nach dieser Deutunguntrennbar zusammen. Über der menschlichen Not ist

„der Himmel offen“. Diese Theologie des Raffael ermu-tigt Menschen in Krankheit und Not, im Leiden nicht zuversinken, sondern den Blick auf Christus zu richten, derdas Leiden und den Tod überwunden hat. Diejenigen,die kranken Menschen helfen, erinnert der Maler, dassdie Kraft zum Helfen und Heilen von Christus herkommt, dass Heilung nur im Horizont des Heils möglichist. Dass Raffael dieses Bild kurz vor seinem Tod schuf,gibt seiner Botschaft ein besonderes Gewicht.

Beate Jakob

„Mehrwert“ dieser Heilungsgeschichte: LetztenEndes geschieht das Entscheidende in derpersönlichen Begegnung mit Jesus. Die Frau wirdheil, weil Jesus ihr heilend in allen Dimensionenihres Lebens begegnet.

Pastor Rainer Mittwollen, EmK-Weltmission

Die Verklärung ChristiEine Bildbetrachtung

„Die VerklärungChristi“ gehörtheute zurKunstsammlungdes Vatikans.

Gesundheit und Heilung40

Diese Bibelarbeit ist auf etwa eine Stundeangelegt. Dazu werden folgende Materialienbenötigt: Ein Tisch, ein Krug mit Wasser, Brot,Binde, Medikamentenschachteln, ein großesHerz aus Karton, eine Kerze. Zwischen deneinzelnen Teilen der Bibelarbeit können Liederund kurze Musik eingeplant werden. Beginnenkann die Bibelarbeit mit dem Lied „Ich singedir mit Herz und Mund“.

Einführung und Bibeltext„Durst ist schlimmer als Heimweh“ – so sagt einSprichwort. Ja, Durst ist ein quälendes Gefühl. Und esist auch gut, dass unser Körper durch dieses Signalnach Flüssigkeit verlangt. Denn ohne Nahrung könnenwir erstaunlich lange leben, aber ohne Flüssigkeit nurwenige Tage. Und wer schon einmal in einem heißenLand gereist ist, weiß, was es bedeutet, quälendenDurst mit frischem Wasser löschen zu können.

In dem Bibeltext, den wir heute gemeinsambetrachten, geht es auch um Hitze, Durst und umkostbares Wasser. Und es geht um mehr, wie wirentdecken werden.

Jesus kam in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar,nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab. Eswar aber dort Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus müde warvon der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder; es warum die sechste Stunde. Da kommt eine Frau ausSamarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr:Gib mir zu trinken! Denn seine Jünger waren in dieStadt gegangen, um Essen zu kaufen. Da spricht diesamaritische Frau zu ihm: Wie, du bittest mich umetwas zu trinken, der du ein Jude bist und ich einesamaritische Frau? Denn die Juden haben keineGemeinschaft mit den Samaritern. – Jesus antworteteund sprach zu ihr: Wenn du erkenntest die Gabe Gottesund wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dubätest ihn und er gäbe dir lebendiges Wasser.

Spricht zu ihm die Frau: Herr, hast du doch nichts,womit du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief;woher hast du dann lebendiges Wasser? Bist du mehrals unser Vater Jakob, der uns diesen Brunnen gegebenhat? Und er hat daraus getrunken und seine Kinder undsein Vieh. Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer vondiesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; wer abervon dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, denwird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das

Zur Quelle des Lebens findenBibelarbeit zu Johannes 4, 5-15

ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle desWassers werden, das in das ewige Leben quillt. Sprichtdie Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit michnicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zuschöpfen!

Johannes, Kapitel 4, Verse 5-15

1. Jesus und die Samariterin –eine Begegnung, die in die Tiefe führt

Zunächst einmal ist es eine ganz alltägliche Szene, dieder Evangelist Johannes hier beschreibt. ZweiMenschen treffen sich an einem Brunnen im Gebiet vonSamarien. Jesus ist müde und durstig. Eine Frau willihren Wasserkrug füllen. Und doch: Vieles an dieserSzene ist sehr ungewöhnlich. Normalerweise gehtniemand um die sechste Stunde, zur Zeit der größtenHitze des Tages, zum Brunnen. Hat die Frau wohlgerade diese Zeit gewählt hat, weil sie niemandembegegnen wollte? Und eigentlich wäre zu erwarten,dass der Mann und die Frau am Brunnen kein Wortmiteinander wechseln. Denn es ist gegen die Sitte, dassein Mann in der Öffentlichkeit mit einer Frau spricht.Und dass ein Jude mit einer Person aus SamarienKontakt aufnimmt, verstößt gegen jede Konvention.Denn zwischen den Samaritern und den Juden inanderen Landesteilen gibt es tief greifendeSpannungen.

So können wir verstehen, dass die Frau höchsterstaunt ist, als Jesus sich über diese Grenzen hinwegsetzt und sie anspricht: Gib mir zu trinken! Indem er dieFrau auf das Wasser zum Trinken anspricht, begegnetJesus ihr da, womit sie gerade beschäftigt ist. Und waserstaunlich ist: Jesus zeigt sich der Frau als einer, deretwas braucht. Die Frau hat ihm etwas zu geben. Ausheutiger Sicht können wir kaum erfassen, was dasbedeutet: Jesus nimmt Kontakt mit der ihm fremden

Gesundheit und Heilung 41

Frau auf und zeigt sich ihr als Bedürftiger. Die Frau istgeachtet und wertgeschätzt.

Nun aber, nachdem die Kommunikation auf derAlltagsebene hergestellt ist, tut sich in dieser biblischenGeschichte eine ganz andere Dimension auf. Eigentlichwar es doch bisher ganz klar, um was es geht – nämlichum Wasser, um den Durst zu löschen. Aber nun redetJesus von „lebendigem Wasser“ und davon, dass sie ihnum Wasser bitten soll. Die beiden scheinen totalaneinander vorbei zu reden und die Frau verstehtzunächst gar nichts mehr.

Wir können uns vorstellen, welche Gedanken sie imweiteren Verlauf des Gesprächs hat: „Was sagt dieserFremde da? Nun will er mir zu trinken geben, wo erdoch gerade noch mich um Wasser gebeten hat? Wasmeint er denn, wenn er vom lebendigen Wasser spricht?Wasser ist doch Wasser, was bedeutet denn das? Undwie soll das gehen, dass jemand nie mehr Durst habensoll?“

Die Frau bleibt zunächst auf der ganz lebens-praktischen Ebene und spricht mit Jesus aus dieserPerspektive heraus. Jesus aber will sie – sanft und dochbeharrlich – auf eine andere Ebene führen.

Jesus ist der Frau wertschätzend begegnet und hateinen großen Schritt auf sie zugetan. Dadurch ist in derFrau etwas in Bewegung gekommen. Jesus hat etwas inihr angesprochen, eine Sehnsucht, die ihr bis dahinselbst noch gar nicht bewusst gewesen war.

Es ist noch alles unklar: Die Frau weiß immer nochnicht, was Jesus meint, wenn er vom lebendigen Wasserspricht. Aber: Sie spürt, dass es da um etwas geht, wasihr fehlt, was ihr das wahre, das eigentliche Lebeneröffnet. Bis dahin hatte sie Fragen gestellt – jetzt bittetsie Jesus: Herr, gib mir solches Wasser, damit mich nichtdürstet und ich nicht herkommen muss, um zuschöpfen! Nach den vorangegangenen skeptischenFragen sehen wir hier ein Ausrufezeichen: „Gib mirsolches Wasser!“ Hier spricht eine Sehnsucht, ein

Verlangen nach etwas, das sie noch nicht so rechtbeschreiben kann. Und nun ist sie bereit, die Ebene desAlltags zu verlassen und sich darauf einzulassen, wasJesus mit diesem lebendigen Wasser meint.

Der gelesene Bibeltext endete hier – führen wir unskurz vor Augen, wie es weiter geht. (Es folgt eine kurzeParaphrase des Geschehens entlang der angegebenenAuszüge aus Johannes 4,16-28)

Geh hin, ruf deinen Mann – Ich habe keinen Mann – Fünf Männer hast du gehabt — Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist Ich weiß, dass der Messias kommen wird Ich bin’s, ich, der mit dir sprichtDa ließ die Frau ihren Krug stehen….Die Begegnung Jesu mit der Samariterin hatte ganz

gewöhnlich begonnen, wir können fast sagen: banal.Geworden ist daraus eine Begegnung, die in die Tiefegeht. Jesus spricht die Frau in ihrem Inneren an, indemer zu ihr sagt: Fünf Männer hast du gehabt. Wir wissennicht, welche Erfahrungen die Frau gemacht hat.Offensichtlich lief in ihrem Leben nicht alles gerade.Jesus hat da einen wunden Punkt im Leben der Frauangesprochen. Dies tut er aber nicht, um sie bloß zustellen, sondern um sie zu einer tiefen Erkenntnis zuführen. Die Frau darf ihr Leben mit seinenSchwierigkeiten anschauen. Und was wichtig ist: Siedarf zu ihren Grenzen stehen, ohne ihre Würde zuverlieren. Und eben in dieser Grenzerfahrung begegnetsie Jesus.

In diesem von Jesus geführten behutsamen und dochauch beharrlichen Prozess erkennt die Frau: Da ist einer,der mich nicht verachtet, sondern zu mir steht. Undjetzt ist sie offen für das Wort Jesu, der sich als derMessias offenbart: Ich bin’s, ich, der mit dir spricht.

Musik

2. Bei Jesus geht es um „Mehr als alles“Nachdem wir die tief gehende Begegnung zwischenJesus und der Frau angeschaut haben, gehen wir ineinem zweiten Schritt diesem „In die Tiefe gehen“ noch

„Herr, gib mir solches Wasser, damitmich nicht dürstet und ich nichtherkommen muss, um zu schöpfen!“

Gesundheit und Heilung42

weiter nach. Denn diese Bewegung vom Alltag in dieTiefe ist eine Art Grundmuster in der Begegnung Jesumit den Menschen. Und es zeigt, wie Gott jeder undjedem von uns heute begegnen will.

Menschen da zu begegnen, wo sie gerade stehen, istganz charakteristisch für Jesus. Jesus ist nicht zu denMenschen hingegangen und hat nur gepredigt, ohnemit ihnen in Beziehung zu treten. Er nimmt an undernst, was Menschen bewegt.

Dazu noch nun weitere Hinweise:

Jesus stillt den Hunger der Menschen, indem er ihnenzu essen gibt.(Brot wird auf den Tisch gestellt)

Am See von Tiberias nimmt Jesus die fünf Brote unddie zwei Fische und lässt austeilen. Davon werden allesatt und es bleiben noch zwölf Körbe übrig: Nahrung imÜberfluss.

Ganz wichtig im Handeln Jesu ist seine Zuwendungzu den Kranken und Schwachen. Jesus heilt Menschenvon vielerlei Krankheiten. Die körperliche und seelischeGesundheit ist Jesus wichtig.(Binde und Medikamentenschachteln auf den Tisch)

Auch heute ist all das wichtig in Gottes Augen. Aufuns bezogen: Gott ist unser Leben im Hier und Jetzt einAnliegen. Deshalb ist es auch wichtig und gut, dass wiruns um all das sorgen. Es wäre grundfalsch zu denken,das alles sei doch gar nicht wichtig. Nein: Gott nimmtdas ernst und er nimmt jede und jeden von uns an, mitallen unseren Sorgen und Nöten. Und Gott beauftragtuns, möglichst allen Menschen Zugang zu diesenGütern zu ermöglichen.

Auf diesen Tisch könnten wir nun alles legen, wasuns wichtig ist im Leben. Da darf alles seinen Platzfinden. Zum Beispiel: die Familie, eine Beziehung zueinem Menschen, der Beruf, das Haus, ein wichtigesVorhaben usw. – Als Zeichen dafür legen wir ein großes

Herz auf den Tisch. Dieses Herz steht für all das, wasuns „am Herzen“ liegt, was uns lieb und teuer ist.

(Großes Herz wird auf den Tisch gelegt)Und nochmals: All das ist Jesus wichtig und es ist

gut, dass wir uns darum sorgen.

Aber – und ich denke, dieses „Aber“ liegt Ihnen allennun auf der Zunge – es stellt sich die Frage: Ist dasdann alles? Ist das alles, um was es im Leben und umwas es in der Begegnung mit Jesus geht?

Stellen wir uns einmal vor: Wir haben das alles…Machen wir dann nicht immer wieder selbst die

Erfahrung, dass wir in uns eine tiefe Sehnsucht tragen,die ungestillt ist, wenn wir scheinbar „alles“ haben?Oft spüren wir in uns ein rational gar nicht zubegründenden Unruhegefühl. Und oft sehen wir auchbei Menschen, die offensichtlich „alles“ haben, dass siezutiefst unzufrieden sind. Und manche versuchen,dieser Unzufriedenheit durch allerlei Betriebsamkeitenzu entkommen.

An dieser Stelle lade ich Sie ein, auf ein ganz kurzesMärchen zu hören, ein Märchen von einer kleinenHündin. Dieses Märchen aus einem Kinderbuch (vonMaurice Sendak) trägt den eigentlich unsinnigen Titel:„Es muss im Leben mehr als alles geben.“

Es muss im Leben mehr als alles gebenJennie war eine Hündin, die alles hatte, was das Lebenangenehm machen kann. Sie schlief auf weichen Kissenund hatte zwei Schüsseln für ihr Futter. Außerdem besaßsie einen eigenen Kamm und eine Bürste. Bei kaltemWetter trug sie einen roten Wollpullover. Darüber hinaushatte sie zwei Fenster zum Hinausschauen. Vor allemaber fühlte sie sich von ihrem Herrn geliebt. Doch in alldem fand die Hündin nicht ihr Glück. Um Mitternachtpackte sie ihre Habseligkeiten in eine große schwarzeLedertasche und blickte zum letzten Mal zu ihremLieblingsfenster hinaus. Die Topfpflanze, die zum selbenFenster hinausschaute, schüttelte den Kopf. „Wer kanndich verstehen?“, fragte sie. „Alles, was man sichwünschen kann, ist dir zu Eigen. Vor allem hast dujemanden, der dich liebt. Warum also willst du fort?“

„Das ist wahr“, sagte Jennie und biss von der Pflanzeein Blatt nach dem andern ab. „Ich gehe, weil ichunzufrieden bin.“ Kaum hatte sie das gesagt, fraß sieden Stängel mit der Blüte. „Ich wünsche mir etwas, wasich nicht habe. Es muss im Leben noch mehr als allesgeben!“ Die Pflanze sagte nichts mehr; es war ihr nichtsgeblieben, womit sie hätte antworten können.

Gott nimmt jeden von uns an, mit allenunseren Sorgen und Nöten. Und Gottbeauftragt uns, möglichst allen MenschenZugang zu diesen Gütern zu ermöglichen.

Gesundheit und Heilung 43

Die Pflanze steht in diesem Märchen für die Vernunft,die argumentiert: „Sei doch zufrieden, dir fehlt dochnichts, du hast doch alles!“ Jennie nimmt dieseArgumente in sich auf, aber sie nähren sie letztlichnicht.

Dieses Märchen will uns zeigen, dass in uns eineSehnsucht ist, die durch „das alles“ nicht gestillt werdenkann. Und genau hier bietet Jesus uns an, uns weiter zuführen. Jesus holt uns genau bei dieser Sehnsucht abund führt uns weiter, hin zu diesem „Mehr als alles“.

Führen wir uns das vor Augen: Das Gespräch amBrunnen führte Jesus auf das lebendige Wasser, dasdiesen Lebensdurst stillt.

Im 6. Kapitel des Johannesevangeliums geht eszunächst ganz praktisch um das tägliche Brot zumÜberleben. Alle werden satt. Als die Menschen ihmdann folgen, führt Jesus sie in der so genanntenBrotrede auf eine ganz andere Ebene – er redet vomBrot des Lebens und sagt: Ich bin das lebendige Brot(Johannes 6, 51). Also ganz gleich wie beim Gesprächam Brunnen: Es geht Jesus letztlich um mehr. Und auchda verstehen ja viele Menschen nicht, was dieseslebendige Brot ist.

Auch bei Jesu Krankenheilungen geht es eigentlichum mehr. Es geht um den ganzen Menschen, um seineBeziehung zu sich, zu den Mitmenschen und zu Gott –die Heilung des Körpers ist Zeichen für das Heil, dasJesus den Menschen bringt. Jesus eröffnet uns eineDimension des Lebens, die all das, was unser Lebenvordergründig ausmacht, übersteigt, „transzendiert“.

Als Symbol für diese andere Wirklichkeit, die Gott ist,zünden wir jetzt eine Kerze an.

(Kerze im Hintergrund von Wasser, Brot, Binde undHerz aufstellen und anzünden)

Jesus hat mit allem, was er sagte und was er tat, aufdiese andere Wirklichkeit, auf Gott, das lebendigeWasser, das Lebensbrot, das Heil hingewiesen. Er hatuns mit hinein genommen in diese seine Beziehung zuGott.

Was bedeutet das nun für uns? Was ändert sich,wenn wir unser Leben vor dem Hintergrund dieseranderen Wirklichkeit, das heißt aus der Beziehung zuGott leben?

Aus der Beziehung zu Gott leben, heißt, ihn in dem,was uns begegnet, zu erkennen: Die Kerze auf unseremTisch beleuchtet die Dinge der Welt. Dies führt uns ineine Haltung der Dankbarkeit gegenüber ihm, der unsgeschaffen hat und unser Leben erhält.

Aus der Beziehung zu Gott leben, heißt, frei zuwerden von der Fixierung auf uns selbst und unserenLebenstisch. Das alles ist bei Gott wichtig, aber all diessind nicht die höchsten Werte, die den Lebenssinnausmachen.

Aus der Beziehung zu Gott leben, heißt, die Werte,die Jesus uns lehrte und hinterlassen hat, meinemLeben grundzulegen. Dies zeigt sich in einer Haltungdes gegenseitiges Vertrauens, des Wohlwollens, derSolidarität und der Ehrlichkeit – Werte, die geradeheute wieder wichtig werden.

Und was Gott verspricht, ist Folgendes: Wenn ihreuch von Jesus auf diesen Weg mitnehmen lasst, dannwird euch schon in dieser Welt ein Stück Friedengeschenkt, der am Ende eures Lebens vollkommen seinwird. Dann werdet ihr schon jetzt ein wenig von derFreude erfahren, die bei mir vollkommen sein wird.(Lied: Du bist der Weg und die Wahrheit und dasLeben)

3. Perspektiven missionarischen Lebens –Bezüge zur Ärztlichen Mission

Die biblische Erzählung von der Begegnung Jesu mitder Frau am Brunnen hat sehr viel mit Mission zu tun –dies soll in einem letzten Abschnitt an Hand von fünfThesen gezeigt werden. Und gleichzeitig werden einigeBezüge zur Ärztlichen Mission, zur christlichenGesundheitsarbeit hergestellt.

■ Missionarisch leben heißt, Grenzen zu über-winden bzw. abzubauen.

Jesus überwindet die Barrieren, die ihn von der Frau amBrunnen trennen. So ermutigt er uns, allen Menschenvorurteilslos zu begegnen. Zum Wesen der christlichenGesundheitsarbeit gehört, dass sie sich bewusst den

Christliche Gesundheitsarbeit wendet sichbewusst den Menschen zu, die von derinternationalen Politik und den großenGeldgebern vernachlässigt werden und diein der Gesellschaft am Rande stehen.

Gesundheit und Heilung44

geographischen Regionen und den Menschenzuwendet, die von der internationalen Politik und dengroßen Geldgebern vernachlässigt werden und die inder Gesellschaft am Rande stehen.

■ Mission heißt, jede und jeden ernst nehmenmit seinen Freuden, seinen Sorgen und mitseiner Not.

Die Verkündigung der Botschaft kann an derLebenssituation der Menschen nicht vorbeisehen undnicht vorbeigehen. Auf diese Weise ist die ÄrztlicheMission entstanden: Es war den Missionaren klar, dasssie, wenn sie die frohe Botschaft bringen, auch etwasfür das körperliche Wohl der Menschen tun müssen.

■ Mission geschieht in der wertschätzendenBegegnung mit den Anderen.

Jesus zeigt sich der Frau als durstig und bedürftig undgibt ihr zu verstehen: Du hast etwas, was du mir gebenkannst. Dies ist ein ganz wichtiger Grundsatz in derchristlichen Gesundheitsarbeit. Und die Erfahrung zeigtimmer wieder: Die Menschen tragen die Lösungen ihrerProbleme eigentlich in sich selbst. Mission heißt somitauch, Menschen zu helfen, ihre eigenen Schätze zuentdecken.

■ Mission bedeutet: In Wort und Tat weitergeben,was wir empfangen haben.

Die Frau gibt das weiter, was sie selbst empfangen hat.Das Wasser, das Jesus ihr gegeben hat, wird in ihr zurQuelle. Wir können nur von dem weiter geben, was wirselbst empfangen haben. Und es ist wichtig, immerwieder zur Quelle zurück zu gehen, um – wie man sosagt – ‚aufzutanken‘. Aber dann ist es geradezunotwendig, dieses Wasser weiter zu geben und nichtetwa für uns zu behalten. Die Frau, die Jesus begegnetist, wird zur ersten Missionarin in Samarien: Sie lässtihren Wasserkrug stehen und gibt das, was sieempfangen hat, an die Menschen in ihrer Umgebungweiter.

■ Mission heißt, transparent sein fürdie Wirklichkeit Gottes.

Es ist ganz wichtig, nicht auf der Ebene der mensch-lichen Aktivität, beim sozialen Engagement für anderestehen zu bleiben. Es muss klar erkenntlich sein, dasswir das, was wir tun, in Rückbindung an Gott und mitseiner Kraft tun. Und diese Tiefendimension muss auchnach außen deutlich erkennbar sein. In der christlichenGesundheitsarbeit geschieht dies auf ganz verschiedeneWeise: Zum Beispiel durch den bewussten Bezug aufdie christliche Ethik und das christliche Menschenbild.Oder auch durch den Einbezug spiritueller Elemente indie Arbeit mit Menschen. In Bezug auf unseren Tischkönnen wir sagen: Das Licht Gottes muss unser Tunbeleuchten und sich in unserem Tun widerspiegeln.

Die Bibelarbeit ist überschrieben mit „Zur Quelle desLebens finden“. Von der Quelle des Lebens kündet derBeter des 36. Psalms, aus dem wir Verse hören:

Herr, deine Güte reicht, soweit der Himmel ist,und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.

Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottesund dein Recht wie die große Tiefe.Herr, du hilfst Menschen und Tieren.

Wie köstlich ist deine Güte, Gott,dass Menschenkinder unter dem Schattendeiner Flügel Zuflucht haben!

Sie werden satt von den reichen Güterndeines Hauses,und du tränkest sie mit Wonne wie mit einem Strom.

Denn bei dir ist die Quelle des Lebensund in deinem Licht sehen wir das Licht.

Psalm 36,6-10

Lassen wir uns von Gott immer wieder bestärken undbeschenken, damit auch wir für andere zur Quelle desLebens werden.

Lied: „Alle meine Quellen entspringen in dir“

Beate Jakob

Mission bedeutet: In Wortund Tat weitergeben, was wirempfangen haben.

Gesundheit und Heilung 45

Sich seiner eigenen Schwächen und Lebens-hindernisse bewusst zu werden, ist schon fürErwachsene ein hartes Stück Arbeit. FürJugendliche kann es sich anfühlen, als sei manLeonardo di Caprio im Bauch der untergehen-den Titanic. Dieser Unterrichtsentwurf willMöglichkeiten erfahrbar machen, wie mangemeinsam den Weg nach „draußen“ findet,um festzustellen, dass der Eisberg, der dasLebensschiff zum Kentern bringt, schmelzenkann: durch Vertrauen in sich selbst, in dieMenschen, mit denen ich auf dem Weg bin undin Gott, der das heilende, sich bewegendeWasser ist, auf dem das Lebensschiff zuschwimmen vermag.

„Du bist ja behindert“ ist ein Satz, der nicht selten injugendlichen Kreisen benutzt wird, um eineGeringschätzung auszudrücken. Denn Behinderungdeutet auf Unvollkommenheit und Kraftverlust.Dagegen verspüren Jugendliche den Wunsch, möglichstperfekt, stark, schön und anziehend zu sein, um die sichin der Pubertät abzeichnenden Lebensaufgaben (ersteeigene Schritte, Ablösung vom Elternhaus, erwachendeSexualität) mit möglichst viel Energie zu bewältigen.Eine Behinderung wird dagegen als Verhinderungdieser Zielumsetzungen empfunden. Gleichzeitig wirddie Begegnung mit einem Menschen mit Behinderungimmer auch zu einer Art Selbstbegegnung: Auch ichkönnte so wie er/sie im Rollstuhl sitzen – und wiekomme ich dann noch vorwärts?! Wie verwirkliche ichmeinen Berufswunsch, mit wem kann ich dann nocheine Liebesbeziehung aufbauen? Kann ich gegenüberder mich umgebenden Konkurrenz bestehen? Wie kannich dazu gehören und eine tolle Gemeinschaft mitanderen haben?

Es muss also damit gerechnet werden, dass dieseWundergeschichte solche oder ähnliche Assoziationenweckt und sich daraus eine innere Abwehr aufbauenkann. Hinzu kommt die Beobachtung, dass trotz vielerBemühungen die Integration von Menschen mitBehinderungen nach wie vor keine Selbstverständ-lichkeit ist. Die Mechanismen unserer Leistungs-gesellschaft, in der vor allem die Starken und SchönenErfolg zu haben scheinen, wirken in besonderem Maßeauf Jugendliche ein. Ein inneres Verlangen, zu helfen,wie Jesus es konnte, um eines Hilfsbedürftigen willen –und nicht um der eigenen Selbstdarstellung willen – istauch bei Jugendlichen kaum vorauszusetzen.

„38 Jahre sind genug!“Unterrichtsentwurf für die Konfirmandenarbeit zu Johannes 5,1-9

Ziele des UnterrichtsAus dem bisher Beschriebenen ergeben sich folgendeZiele:■ Berührungsängste und -vorbehalte abbauen■ Selbstbegegnung mit Behinderungen ermöglichen,

reflektieren und damit eine Erfahrung des Umgangsmachen

■ Stärkung der Gruppengemeinschaft (gemeinsammehr erreichen)

■ Jesus kennenlernen als einen, der heilt, indem erzum Selbstgehen auffordert

■ Die Freiheit erkennen, die aus dem Gefühlgöttlichen Angenommenseins erwachsen kann

■ Helfen aus innerem Antrieb, nicht aus einerverlangten Moral

■ Selbstvertrauen stärken■ Schwächen erkennen und anerkennen – bei sich

und anderen

Das Thema im Curriculum derKonfirmandenarbeitDer hier bearbeitete Text kann sinnvoll behandeltwerden in den Themenfeldern Diakonie (Doppelgebotder Liebe, tätige Hilfe leisten, auch wenn sie nicht soleistungsstark ist wie die Jesu); Vaterunser (dein Reichkomme – Gottes neue Welt, in der alles Kranke geheiltist und aller Schmerz vergeht); im Zusammenhang mitdem Psalm 23 (er weidet mich auf einer grünen Aueund führet mich zum frischen Wasser – Gott als derLebenserhalter auch in schweren Zeiten); Jesus, der sichim Namen seines göttlichen Vaters rücksichtslos (ohneBeachtung des Arbeitsverbotes am Sabbat) derhoffnungslos kranken Welt zuwendet und damit einerfahrbares Zeichen der Menschwerdung Gottesstatuiert; Luther/Reformation (das Willst-du-gesund-werden erfordert ein Vertrauen und ein Glauben in undan den Gott der unglaublichen Möglichkeiten, der mitseiner Liebe jedem gibt, der es wirklich von Herzen will,auch wenn er 38 Jahre wirtschaftlicher Unproduktivitätverkörpert).

„Gemeinsam mehr erreichen“, auch das Motto derChristoffel-Blindenmission, kann sehr gut als ein Zielder Gruppe und jedes Einzelnen formuliert underfahrbar gemacht werden. Dabei wird deutlich, dass,wenn alle mitkommen, der Erfolg umso befriedigendererlebt werden kann. Diese Erkenntnis muss reifenaufgrund einer selbst erlebten Erfahrung in der Gruppe,sodass jede Moral entbehrlich ist. Hierin wird dasreformatorische Verständnis deutlich, das davon

Gesundheit und Heilung46

ausgeht, dass sich die tätige Liebe zum Nächsten ausder erfahrenen Liebe Gottes zu uns Menschen als einnatürlicher Mechanismus ergibt, der nicht erlernt oderanerzogen werden muss. Damit bleibt die Freiheit desHandelns erhalten, ohne dass die Notwendigkeit derHilfe für Hilfsbedürftige leiden muss.

Unterrichtsbeschreibung/VerlaufVorbemerkung: Benötigt wird ein etwas größerer Raum(evtl. Kirche) und ca. 90 Minuten Unterrichtszeit. DieZeitangaben können je nach Gruppengröße variieren.

1. Begrüßung/ Regularien/ Ritual (10-15 Min)2. Warming Up – Krückenstaffel (5 Min)Die Gruppe teilt sich in zwei gleich großeUntergruppen. Jede Gruppe bekommt ein Paar Krücken.Jeder aus der Gruppe muss mit den Gehhilfen nach-einander einen bestimmten Weg so schnell wie möglichzurücklegen. Die Gruppe, die als erste alle hat „gehen“lassen, ist Siegerin.3. Einschränkungen und Widerstände benennen

(15-20 Min)Setting: In der Mitte liegt ein blaues Tuch, auf demGegenstände liegen, die das Thema „Einschränkung“charakterisieren (z.B. Medikamentenschachtel,Blindenstock, starke Brille, Gehhilfe, Trage, Rollstuhl,dicker Stein, Alkoholflasche, Spritze, u.a.)

Das Thema der heutigen Zusammenkunft wird kurzangerissen. Anschließend werden die Jugendlichenaufgefordert, ganz kurz zu überlegen, was sie selbst inihrem Leben als stark einschränkend empfinden(würden). Dabei sollen die Gegenstände helfen. Jedernimmt sich nach der Überlegungszeit den Gegenstand,der die eigene Empfindung am besten ausdrückt. Ineiner Runde werden die Eindrücke ausgetauscht, wobeinach jedem Votum der Gegenstand zurück auf das Tuchgelegt wird. So können mehrere Jugendliche dengleichen Gegenstand nutzen.4. Johannes 5,1-9 (3 Min)Der Text wird verlesen (wenn möglich, in einemRollstuhl sitzend oder auf einer Bahre liegend, um dieAufmerksamkeit zu erhöhen).5. Nach dreißig Jahren die Nase voll – szenische

Kleingruppenarbeit (35 - 40 Min)„Stell dir vor, du wärst der Kranke und wärst seit dreißigJahren an deine Trage gefesselt. Du hast die Nasegestrichen voll. So kann und soll es nicht weitergehen.Du willst endlich in das heilende Wasser steigen. Wastust du, um da endlich hinzukommen?“

Auftrag: Entwickelt in Kleingruppen (4-5 Personen)eine Szene und findet eine Lösung, die Ihr derGroßgruppe nachher vorspielt. Das blaue Tuch ist derTeich. Dort müsst ihr von der anderen Raumseite hin.So geht ihr vor:

a) Überlegt, wie es gehen kann;b) Verteilt die Rollen (alle sollen einbezogen sein:Hauptperson, andere Kranke, Spaziergänger, Arzt…c) Probt die Szene:d) Wenn nötig, verändert sie und probt noch mal.

Präsentation: Jede Kleingruppe spielt ihre „Lösung“ vor.Eine Leitungsperson notiert diese auf ein DIN A3-Blatt(z.B.: Er bittet einen der blind ist, ihn zu tragen. Dafürlotst er den Blinden mit zum Teich…).

Wenn die Zeit es erlaubt, erfolgt eine kurze Reflexion:Wie fühlen sich die Beteiligten nach dem errungenenErfolg?

Schlussreflexion: Die Gruppe versammelt sich wiederum das blaue Tuch mit den Gegenständen. Diebeschriebenen DIN A3-Bögen werden dazu gelegt.

Die Übung wird deutlich machen, dass ohne die Hilfeweiterer Personen eine Lösung nicht möglich ist. DerKranke wird sich – wie auch immer – tragen lassenmüssen. In dieser Gesprächsrunde kann auf die Votenaus Punkt 3 eingegangen werden, verbunden mit derFrage, was helfen kann, mit den dort genanntenEinschränkungen umzugehen.6. Ja, ich will! – Ein Netz, das trägt (10-15 Min)Die Übung unter 5. hat den Willen zur Gesundung bzw.zum Umgang mit der Einschränkung vorausgesetzt. DerKranke aus der Geschichte hat diesen Impuls nicht vonallein. Gerade dazu braucht er Hilfe. Vielleicht ist das jadie eigentliche Heilung. Und Jesus ist dabei der, derdem Kranken zutraut, heil werden zu wollen, indem erihm ein Netz bietet, das trägt.

Übung: Die Gruppe steht eng im Kreis und entfaltetzwischen sich ein 20 Meter langes Seil zu einer ArtSpinnennetz, das von allen in Brusthöhe auf Spannunggehalten wird. Ein Freiwilliger („Ja, ich will!“) legt sichin das Netz und lässt sich von allen tragen bzw. klettertvon einer Seite zur anderen. Weitere Freiwillige folgen.7. Segenskreis (5 Min)Das Seil wird durch alle Hände gegeben, sodass eingemeinsamer Kontakt vorhanden ist. Mit Gebet,Vaterunser und Segen wird die Einheit beschlossen.

P. Thorsten Dittrich; Christoffel Blindenmission (CBM)

Gesundheit und Heilung 47

Partizipation als Einbindung von Menschenund Gemeinschaften in Entscheidungs- undVeränderungsprozesse ist ein wichtigerBegriff in der Entwicklungszusammenarbeit.Partizipation ist auch ein Kernanliegen derweltweiten christlichen Gesundheitsarbeit.

In der so genannten Gemeinde getragenenGesundheitsarbeit werden nicht Maßnahmen vonaußen plant und „verordnet“, sondern die Stärken derMenschen vor Ort werden gesehen und gefördert. DieGemeinden werden aktiv in die Gesundheitsarbeiteinbezogen.

Das Prinzip der Beteiligung von Menschen ist imHandeln Jesu grundgelegt: Auch Jesus war nicht einer,der „von oben herab“ heilte. Viele Details biblischerErzählungen zeigen, dass er den eigenen Beitrag vonIndividuen und Gemeinschaften zu Heilung durchausgesehen, geschätzt und in heilende Prozesseeinbezogen hat.

So ist es eine Gruppe von vier Personen, derengemeinsames Handeln die Heilung des gelähmtenMannes im 2. Kapitel des Markusevangeliums einleitet.Während der Kranke selbst in keiner Weise etwas zuseiner Heilung beitragen kann, gelingt es den Trägernmit Kreativität und Ausdauer, ihn vor Jesus zu bringen.Jesus hat dies sehr wohl beobachtet und das Handelnder Männer bewegt ihn, sich dem Kranken zuzuwenden.Und erstaunlicherweise wird die Aktivität der vierPersonen als „Glaube“ bezeichnet: „Als Jesus ihrenGlauben sah, …“ (Markus 2,5). Dies zeigt: Glaube imSinne des Vertrauens auf Gottes heilendes Wirken hatdurchaus etwas mit Handeln zu tun.

Und da ist eine Frau, eine Nichtjüdin ausSyrophönizien – wohl niemand hätte geglaubt, dassJesus sie beachten, geschweige denn sich mit ihr aufeine Diskussion einlassen würde, als sie ihn bittet, ihreTochter zu heilen (Markus 7, 24-30). Aber: Jesus redetnicht nur mit der Frau, sondern er lässt sich von ihrsogar umstimmen. Durch Beharrlichkeit und Klugheitgelingt es der Frau, Jesus, nachdem er dies zunächstabgelehnt hatte, dafür zu gewinnen, sich auchMenschen außerhalb des Volkes Israel heilendzuzuwenden. So wird diese Begegnung zwischen Jesusund der Syrophönizierin zu einem einzigartigen Belegdafür, dass Jesus alle Menschen ernst- und annimmt,sich auf eine Begegnung auf Augenhöhe einlässt, dieverändernde Kraft in Menschen würdigt und sich vonihr bewegen lässt.

PartizipationPrinzip Jesu und Merkmal christlicher Gesundheitsarbeit

Neben aktivem Tun und beharrlicher Argumentationzeigen uns die biblischen Heilungsgeschichten weitereElemente, die zur Heilung beitragen können. Zu einigenFrauen und Männern, die er heilte, sagt Jesus: „DeinGlaube hat dich geheilt/hat dich gesund gemacht.“Hier ist es also das vertrauensvolle sich Einlassen aufJesus, das zur Heilung beiträgt.

An anderer Stelle betont Jesus, dass das Gebet einewichtige Quelle der Heilung ist. Als seine Jünger ihnfragen, warum es ihnen nicht gelang, einen Jungen vonseinem unreinen Geist zu befreien, antwortet Jesus:„Diese Art kann durch nichts ausfahren als durchBeten.“ (Markus 9, 29)

Auch die Frage „Willst du gesund werden?“(Johannes 5,6), die Jesus an den Kranken am TeichBetesda richtet, zeigt, wie sehr er den eigenen Beitrag

der Menschen zu Gesundheit und Heilung schätzt, jageradezu herausfordert.

Obwohl es auch biblische Heilungsgeschichten gibt,die von Heilungen ohne eine aktive Beteiligung desKranken oder einer Gemeinschaft berichten, zeigendiese Beispiele: Partizipation ist keineswegs eineErfindung der Moderne, sondern ein ureigenes PrinzipJesu. Jesus lässt sich auf die Menschen ein undHeilungen sind ein Geschehen, ein Prozess derInteraktion zwischen Gott und Mensch. Jesus weist unshin auf die heilende Wirkung von gläubigem Vertrauen,des eigenen Willens gesund zu werden, und er ermutigtuns, uns solidarisch und kreativ für andere einzusetzen.

Alle diese Elemente sind wichtig für die christlicheGesundheitsarbeit: Die Bedeutung der Gemeinschaft fürGesundheit wird gesehen und die Potentiale derMenschen vor Ort werden als wichtige Quelle fürGesundheit geschätzt. Und nicht zuletzt geschiehtchristliche Gesundheitsarbeit in der Gewissheit, dassspirituelle Elemente wie Hoffnung, Vertrauen und dasGebet bedeutende gesundheitsförderliche Kräfte sind.

Beate Jakob

Partizipation ist keineswegseine Erfindung der Moderne, sondernein ureigenes Prinzip Jesu.

Gesundheit und Heilung48

In vielen Gemeinden, in Übersee und auch inDeutschland, werden Rituale wie dieHandauflegung und Salbung sowie das Gebetfür Kranke (wieder) praktiziert. Damitnehmen diese Gemeinden uralte biblische undchristliche Traditionen auf.

Das Gebet um die Errettung aus Not und um dieHeilung von Krankheit begegnet uns in vielen Psalmen.Die Salbung mit wertvollem Öl, meist Olivenöl, ist inder Bibel häufig: Im Volk Israel wurden Priester,Propheten und Könige gesalbt als Zeichen ihrerbesonderen Verbindung mit Gott. Im Markus-evangelium lesen wir, dass die Jünger Kranke mit Ölsalbten (Markus 6,13). Und im fünften Kapitel desJakobusbriefs finden wir eine Anleitung zum heilendenDienst von Gemeinden:

Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich dieÄltesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihnsalben mit Öl in dem Namen des Herrn. Und das Gebetdes Glaubens wird dem Kranken helfen und der Herrwird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat,wird ihm vergeben werden. Bekennt also einander eureSünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet.(Jakobus 5,13-16)

Nicht wenige Menschen sehen in diesem Text einefragwürdige Anleitung zum blinden Vertrauen auf dieheilende Kraft von Salbung und Gebet und sind – zumTeil auf Grund persönlicher Erfahrungen – sehr kritisch,wenn Gemeinden und Gruppen sich auf dieseBibelstelle berufen. Denn es ist doch offensichtlich,dass dies nicht so einfach „funktioniert“: VieleMenschen, die selbst inständig um die Heilung voneiner Krankheit beten und für die viel gebetet wird,bleiben krank und müssen mit manchmal schwerenBeeinträchtigungen leben.

Der Herr wird ihn aufrichtenGedanken zu Jakobus 5,14-16

Was sagt uns also dieser Text – von welchenKrankheiten ist die Rede, wie müssen wir uns diegeschilderte Szene vorstellen und – vor allem – waswird „versprochen“?

Die Kranken – in der Mitte einer versöhntenGemeinschaft

Gibt uns der Text einen Anhaltspunkt, um welche Artvon Krankheiten es sich hier handelte? Redet Jakobuseher von seelischen oder körperlichen Krankheiten? Wieoft, ist es auch hier hilfreich, den griechischen Textheranzuziehen: Im Text werden zwei griechischeAusdrücke für das Krank-Sein und den Krankenverwendet – „asthenes“ und „kamno“ – und bei beidenmuss offen bleiben, um welche Art von Krankheiten essich handelt. Es kann sowohl eine körperliche oderseelische Krankheit oder auch ein allgemeinerSchwächezustand sein.

An was immer der oder die Kranke leidet, eines istjedoch klar: Eine Krankheit wird hier nicht alsPrivatsache gesehen, sondern sie geht die Gemeindean. Kranke werden ermutigt, sich nicht etwazurückzuziehen und sich zu verstecken, sondern nachden „Ältesten“ zu rufen. Während wir bei den Ältestenzunächst an die von einer Gemeinde berufenenLeitenden der Gemeinde denken, gab es dieseAmtsbezeichnung zur Zeit des Jakobus noch nicht undvon der jüdischen Tradition können wir uns vorstellen,dass einfach eine Gruppe erfahrener, reifer Mitgliederder Gemeinde zu einem Kranken kommen.

Um das Krankenbett herum findet sich also einekleine Gemeinde zusammen, die betet und denKranken/die Kranke mit Öl salbt. Die Salbung ist einZeichen für die Nähe Gottes in der Krankheit.

Als ein weiteres Element wird dann das Bekenntnisder Sünden genannt. Auffallend ist jedoch, dass hiernicht (nur) der/die Kranke zum Bekenntnis aufgefordertwird, sondern es heißt: Bekennt also einander eureSünden. Durch dieses gegenseitige Bekenntnis werdenStörungen in den Beziehungen zwischen denen, die umdas Krankenbett versammelt sind, benannt unddadurch versöhnt – um den Kranken/die Krankeentsteht eine versöhnte Gemeinschaft, die ihn/sie trägtund die zur Heilung beiträgt.

Eine fragwürdige Anleitungzum blinden Vertrauen auf dieheilende Kraft von Salbungund Gebet?

Gesundheit und Heilung 49

Der Herr wird ihn aufrichtenWas können wir erhoffen oder gar erwarten, wenn

sich Menschen um ein Krankenbett versammeln, wenneine – versöhnte – Gemeinschaft für Kranke betet undsie mit Öl salbt? Was ist gemeint, wenn im Jakobusbriefgesagt ist: Das Gebet des Glaubens wird dem Krankenhelfen und der Herr wird ihn aufrichten … betetfüreinander, dass ihr gesund werdet? Ist hier nichteindeutig zugesagt, dass das Gebet um Heilung, das„im Glauben“, d.h. aus der Beziehung zu Gott und imVertrauen auf ihn an Gott gerichtet wird, „Erfolg“haben wird?

In der Tat bezeugen Menschen immer wieder, dassihre körperliche oder seelische Krankheit durch dasGebet gebessert oder gar geheilt wurde. So sagt eineFrau: „Als ich krank war und vor einerlebensbedrohlichen Operation stand, haben Menschenaus der Gemeinde für mich und mit mir gebetet. Ichweiß, dass mir das geholfen hat, diese Operation zuüberstehen.“ Solche Beispiele gibt es viele und es istwichtig, in den Gemeinden entsprechende Erfahrungenweiter zu geben und sich zu ermutigen, füreinander undmiteinander zu beten.

Allerdings: Wird dieser Text unkritisch undunreflektiert gelesen, kann er großen Schaden anrichtenund Menschen tief verletzen. Dazu der persönlicheBericht eines Mannes: „Meine Mutter, eine tiefgläubigeFrau, ist im Alter von 38 Jahren an einem Hirntumorerkrankt. Sie wurde operiert und war viele Monate langkrank. Entsprechend der Anweisungen im Jakobusbriefkamen Menschen aus der Kirchengemeinde zu ihr undhaben für ihre Heilung gebetet. Meine Mutter konntees nicht fassen, dass ihre Erkrankung dennoch nichtbesser wurde. In ihren letzten Lebenstagen war es fürsie und für unsere Familie eine große Belastung, dasssie und wir das Gefühl hatten, entweder nicht genuggebetet oder etwa nicht alle Sünden bekannt zuhaben.“

Vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen ist esungemein wichtig, den Text auf seine eigentlicheBedeutung hin zu befragen. Und auch hier ist eswiederum wichtig, den griechischen Text heran-zuziehen. Denn es zeigt sich: Keiner der im Griechischenverwendeten Ausdrücke für helfen/aufrichten/gesundwerden (sozein, egeirein, iasthai) ist eindeutig. Keinerist in seiner Bedeutung auf die Heilung körperlicherund seelischer Krankheiten festgelegt noch wird diesausgeschlossen.

Die Bedeutungsvielfalt und deshalb Deutungs-offenheit des hier beschriebenen Geschehens sollexemplarisch am Ausdruck gezeigt werden am Satzteil:Der Herr wird ihn aufrichten. Das hier verwendetegriechische Wort egeirein hat im biblischen undaußerbiblischen Sprachgebrauch unterschiedlicheBedeutungen und kann folgendes meinen:

Der Kranke/die Kranke wird körperlich oder seelischgesund.

Es geht um die „Auferstehung“ in dem Sinne, dasseine Krankheit zum Tode führt und die/der Kranke indas ewige Leben hinein „auferweckt“ wird.

Es kann sich um ein Aufrichten im Sinne einerinneren Stärkung handeln, sodass der/die Krankeinneren Frieden findet, ermutigt oder getröstet wird undsich mit der Krankheit oder auch mit seinenMitmenschen und mit Gott aussöhnt.

Im Umgang mit diesem und mit ähnlichen Textenaus dem Neuen Testament ist es deshalb entscheidend,offen zu lassen, in welcher Form sich die menschlicheZuwendung zu den Kranken und das Gebet um Heilung‚auswirken‘. Aber gewiss ist, dass Kranke der Nähe unddes Segens Gottes versichert werden dürfen.

Diese wenigen Sätze aus dem Jakobusbrief könnenund wollen Gemeinden heute ermutigen. Denn dieKrankheit eines Mitglieds der Gemeinde sollte alleangehen. Und wir dürfen sehen, dass es vielfältigeMöglichkeiten gibt, Kranken zur Seite zu stehen. Und:Wir sollten von den Möglichkeiten unseres Glaubensnicht zu gering denken!

Beate Jakob

Wir sollten von den Möglichkeitenunseres Glaubens nicht zu gering denken!

Gesundheit und Heilung50

Was beinhaltet unsere Sehnsucht nach Leben,was macht das Leben aus? Und was meintJesus, wenn er in seinen Abschiedsworten andie Jünger, die der Evangelist Johannes in denKapiteln 14 bis 16 überliefert, vom Lebenspricht oder wenn er uns das „Leben in Fülle“zusagt (Joh. 10,10)

Die griechische Sprache, in der der Evangelist schreibtund denkt, kann uns einen Hinweis geben, was dasLeben im biblischen Sinne ausmacht. Das Griechischekennt zwei Worte für Leben: „Bios“ und „Zoe“. „Bios“meint das physische Leben, das von Gott geschaffen istund von ihm erhalten wird. „Zoe“ – und davon ist hierdie Rede – beinhaltet mehr. Es schließt das biologischeLeben ein und hat es zur Voraussetzung, abergleichzeitig geht es darüber hinaus. „Zoe“ hat zu tunmit dem wahren Menschsein und dieses beinhaltetnach biblischem Verständnis ein Leben in guten,gelingenden Beziehungen – zu sich selbst, zu denMitmenschen, zur Mitwelt und zu Gott. Und diesesLeben verheißt uns Jesus als Leben in Fülle, als daseigentliche, das wahre Leben.

Leben – „Programm“ JesuJesu Grundbotschaft an uns Menschen lautet: Ihr seidvon Gott geliebt und seid wertvoll in Gottes Augen.Allen werden Würde und das grundsätzliche Recht aufLeben zugesprochen. Jesus schreitet da ein, wo dasLeben bedroht ist oder wenn Menschen, wie zumBeispiel „Aussätzige“, schon als tot gelten. Vieleerfahren die Heilung körperlicher oder seelischerKrankhei-ten, und Frauen und Männer, die vom sozialenLeben und aus der religiösen Gemeinschaft aus-geschlossen sind, werden wieder in diese eingegliedert.Damit baut Jesus an der anderen, der besseren Welt.Mit Jesus beginnt das Reich Gottes, in dem Frieden undGerechtigkeit herrschen und alles Leid ein Ende habenwird.

Stärker als der TodJesu Botschaft vom Leben und sein kraftvolles

Eintreten für das Leben hat die Menschen begeistertund viele haben sich ihm angeschlossen, um mit ihmfür das Leben zu wirken. Aber dann: Gerade seinkompromissloses Eintreten für das Leben führt Jesus inden Tod. Er, der vielen das Leben ermöglichte, soll demTod überliefert werden. Ist damit alles zu Ende, sollendie Jünger mit Jesus alle ihre Hoffnungen begraben?

Ich lebe und ihr sollt auch lebenGedanken zu Johannes 14, Vers 19

Ihr aber sollt mich sehen, denn ich lebe (Joh 14,19) –dies sagt Jesus, als er sich von seinen Jüngernverabschiedet. Angesichts seines Todes spricht Jesusdiese gewaltigen Worte, die österliche Botschaft: Trotzdes Kreuzes, ja: im Kreuz ist Leben. Jesu Botschaft andie Jünger gilt uns heute: Gott ist stärker als der Tod inallen seinen Formen. Unsere Hoffnung auf Leben läuftnicht ins Leere, sondern hat ihren Grund und Haftpunktin Jesus, der den Tod überwunden hat.

Ihr sollt auch lebenWeil Jesus den Tod überwunden hat, kann er unsMenschen das Leben zusagen. Es ist Gottes Wille, dassjede und jeder lebt und Anteil hat am Leben in Fülle.Diese Zusage Jesu bewegt sich aber in einer Spannungzwischen Gegenwart und Zukunft: Gott will Friede,Gerechtigkeit, körperliche und psychische Gesundheitfür alle, jetzt, in dieser Welt, die Gott in Jesus mit sichversöhnte. Und Gott wirkt auch heute darauf hin.

Aber Jesu Zusage weist auch in die Zukunft: Immerwieder erfahren wir die Gebrochenheit unseres Lebensund des Lebens anderer. Unfriede, Krankheiten, dieErfahrung von Grenzen und von Versagen bleiben unsnicht erspart. Hier wird Jesu Wort zur Verheißung: Seidgewiss, dass ich euch nicht dem ewigen Tod übergebenwerde, sondern dass ich mit euch auf dem Weg zumLeben bin – auch dann, wenn ihr heute scheitert oderleidet.

Eintreten für das LebenJesus lässt seine Jünger nicht als „Waisen“ zurück,sondern gibt ihnen und uns seinen Geist als Beistandund Tröster. So wirkt Jesus auch heute in der Welt – mituns und durch uns. Es ist Gottes Wille, dass wir mit denuns zur Verfügung stehenden Kräften für das Lebeneintreten und das von Jesus Begonnene fortsetzen. Ihrsollt leben – das ist ein Zuspruch an jede und jeden,aber auch ein Anspruch. Wir sind herausgefordert, imNamen Jesu einzuschreiten, wenn Leiden vermeidbar istund wenn wir die Möglichkeit haben, das Leben zufördern und die Welt zum Besseren zu verändern.

Jesu Botschaft vom Leben ist keine Aufforderung aneinzelne, das eigene Leben zum „Erlebnis“ werden zulassen. Jesus will das Leben für alle. Und wer JesuBeispiel folgt, wer für andere und mit anderen für dasLeben eintritt, der erfährt sein Leben als sinnvoll undals getragen vom Gott des Lebens.

Beate Jakob