BlackBox 2/2020 · 2020. 1. 20. · La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino...

O2 2O2O

PROGRAMM FEBRuAR

Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär 7La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino 13Im Bahnhofskino um die Welt VI 32Erstaufführung 4O

Neu restauriert 42Stummfilm + Musik 44Stationen der Filmgeschichte 47Filmclubs: Filme im Original 56Filmklassiker am Nachmittag 62Psychoanalyse & Film 64

SA La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino19:00 DEATH WISH 16

O1 EIN MANN SIEHT ROTMichael Winner · USA 1974

Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär21:00 POSSESSION 9

Andrzej ŻZuławski · F·D 1981

SO Neu restauriert15:00 TOBBY 43

O2 Hansjürgen Pohland · BRD 1961

Im Vorprogramm:SCHATTENHansjürgen Pohland · BRD 1960

La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino17:00 KIND HEARTS AND CORONETS 19

ADEL VERPFLICHTETRobert Hamer · GB 1949

MONTAGS KEINE VORSTELLuNG

DI Filmklassiker am Nachmittag15:00 DIE uNHEIMLICHE WANDLuNG DES 63

O4 ALEX ROSCHERPaul May · D 1942/43

Stationen der Filmgeschichte20:00 SEN NOCI SVATOJÁNSKÉ 49

EIN SOMMERNACHTSTRAUMJirí Trnka · CSR 1959 · mit Einführung

MI La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino20:00 THE OuTLAW JOSEY WALES 20

O5 DER TEXANERClint Eastwood · USA 1976

DO Griechischer Filmclub20:00 TO THAVMA TIS THALASSAS TON 57

O6 SARGASSON · DAS WUNDER IM MEER VON SARGASSOSyllas Tzoumerkas · GR·DE·NL·SW 2019 · mit Einführung

FR Im Bahnhofskino um die Welt VI – 42nd-Street-Düsseldorf-35mm-Weekender

O7 20:30 MACHO MAN 33Alexander Titus Benda · BRD 1985

Im Bahnhofskino um die Welt VI – 42nd-Street-Düsseldorf-35mm-Weekender

22:30 RED HEAT · RED HEAT – UNSCHULD 33HINTER GITTERNRobert Collector · BRD·USA 1985

SA Im Bahnhofskino um die Welt VI – 42nd-Street-Düsseldorf-35mm-WeekenderO8

15:30 DE VIERDE MANN 35DER VIERTE MANNPaul Verhoeven · NL 1983


18:00 NERO VENEZIANO 35DIE WIEGE DES TEUFELSUgo Liberatore · I 1977


20:30 DIE SAFTIGE ÜBERRASCHuNG 36Lucio Fulci · I 1982

SO Im Bahnhofskino um die Welt VI –

O9 42nd-Street-Düsseldorf-35mm-Weekender

13:00 KINGu KONGu NO GYAKuSHÛ 36KING KONG – FRANKENSTEINS SOHNIshirô Honda · J·USA 1967


15:30 LES FILLES EXPERTES EN JEuX 38CLANDESTINS · MÄDCHEN FÜR VERBOTENE SPIELEGuy Maria · F·I 1973


18:00 Du BI QuAN WANG DA PO XuE DI ZI 38DUELL DER GIGANTENWang Yu · HK 1976


DI Stationen der Filmgeschichte

20:00 NETWORK 5011Sidney Lumet · USA 1976 · mit Einführung

MI Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär

20:00 DEKALOG, OSIEM 1012DEKALOG, 8Krzysztof Kieslowski · PL·BRD 1989/90

DO Spanischer Filmclub

20:00 TODOS LO SABEN 5813OFFENES GEHEIMNISAsghar Farhadi · E·F·I 2018

FR Neu restauriert

19:00 TOBBY 4314Hansjürgen Pohland · BRD 1961Im Vorprogramm:

SCHATTENHansjürgen Pohland · BRD 1960

La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino

21:00 OLDEuBOI · OLDBOY 23Park Chan-wook · COR 2003

SA Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär

18:00 NA SREBRNYM GLOBIE 1115DER SILBERNE PLANETAndrzej ŻZuławski · PL 1988Im Anschluss an die Vorführung findet eine Präsentation und ein Publikumsgespräch mit dem Kameramann Andrzej J. Jaroszewicz statt.

SO Erstaufführung

15:30 DER FuNKTIONÄR 4116 Andreas Goldstein · D 2018


17:00 FuRY · BLINDE WUT 24Fritz Lang · USA 1936



20:00 ACCATTONE · ACCATTONE – WER NIE 5218 SEIN BROT MIT TRÄNEN ASSPier Paolo Pasolini · I 1961 · mit Einführung

MI La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino

2O:00 SHuRAYuKI-HIME 2719 LADY SNOWBLOODToshiya FujitaŻ· J 1973

KEINE VORSTELLuNG AM 2O.2.

FR Erstaufführung

19:00 DER FuNKTIONÄR 4121 Andreas Goldstein · D 2018


20:30 IRRÉVERSIBLE · IRREVERSIBEL 28Gaspar Noé · F 2002

SA La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino

22 19:00 KILL BILL VOL.1 30Quentin Tarantino · USA 2003 · mit Einführung


21:00 KILL BILL VOL.2 30Quentin Tarantino · USA 2004

KEINE VORSTELLuNG AM 23./ 24.2.


25 20:00 CARNIVAL OF SOuLS 54TANZ DER TOTEN SEELENHerk Harvey · USA 1962 · mit Einführung

MI Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär

20:00 DIABEŁ · DER TEUFEL 26 12Andrzej ŻZuławski · PL 1972

DO Französischer Filmclub20:00 BANDE DE FILLES 6127 MÄDCHENBANDE

Céline Sciamma · F 2014 · mit Einführung

FR Psychoanalyse und Film19:00 THE LOBSTER 6528 Yorgos Lanthimos · G·I· F· NL 2015

Mit Vortrag und Diskussion

SA Stummfilm + Musik20:00 DAS CABINET DES DR. CALIGARI 45

29 Robert Wiene · D 1919/20Im Vorprogramm:DIE GROSSE LIEBE EINER KLEINEN TÄNZERINAlfred Zeisler · D 1924

Andrzej J. Jaroszewicz bei Dreharbeiten

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ANDRZEJ J. JAROSZEWICZ: BILDGEWALTIGER VISIONÄR

FILMREIHE 1. – 26.2. In Anwesenheit des Künstlers am 15.2.

p Andrzej J. Jaroszewicz (geb. 1938) absolvierte 1966 sein Studium an der Kamera-Fakultät der renommierten Filmhochschule Łódz, die mit ihrer Devise, dass Regie nie ohne Kamera gedacht werden kann, prägend war. Ende der 1960er-Jahre begann sein künstlerisches Abenteuer mit dem Kino und Jaroszewicz machte sich schnell als sehr innovativer Kameramann einen Namen. Er wirkte an vielen Produktionen in Polen, Frankreich und Deutsch-land mit und hat insgesamt über 50 Spiel- und Dokumentarfilme gedreht. Jaroszewicz arbeitete vor allem mit AndrzejŻZuławski (1934 – 2017) zusammen, dem großen Visionär des Kinos, dessen beeindruckende Bildkraft häufig Jaroszewicz zu verdanken war. Das Künstlerduo Zuławski-Jaroszewicz erhielt 2002 beim Inter-nationalen Filmfestival für Kamerafilmkunst Camerimage in Łódz den begehrten Golden Frog Award. Er arbeitete ebenfalls mit Regiegrößen wie Kr zysztof Kieslowski oder Jerzy Kawalerowicz. Jaroszewicz ist zudem als Dozent an verschiedenen Filmschulen in Polen tätig.

Das Filmmuseum zeigt anlässlich seines Besuches am 15. Februar eine kleine Auswahl von vier Filmen.

In Kooperation mit dem Polnischen Institut Düsseldorf.

8 Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär

Sa 1.2. 21:OO

POSSESSIONF·D 1981 · 123 min · OmU · digitalDCP · FSK 16R: Andrzej ŻZuławski · B: Andrzej Zuławski, Frederic Tuten · K: Andrzej J. Jaroszewicz, Bruno Nuytten · D: Isabelle Adjani, Sam Neill, Heinz Bennent, Margit Carstensen u.a.

p Nach der Rückkehr von einer ausgedehnten Dienstreise muss ein Mann erkennen, dass die Welt, die er einst verließ, völlig anders geworden ist. Berlin ist durch eine Mauer geteilt, seine Frau hat sich ihm entfremdet, scheint ein Verhältnis zu haben und lehnt selbst ihren gemeinsamen fünfjährigen Sohn ab. Doch das ist erst der Beginn: Ein drittes Wesen, nicht von dieser Welt, scheint von der sich mehr und mehr von ihrer Umwelt abkapselnden Wahn- sin nigen Besitz genommen zu haben. Zuławski Skandalfilm ist ein höchst irritierendes, allenfalls fragmentarisch mit Handlung gefülltes Werk kafkaesker Dimension, bei dem sich das Innenleben der Prota-go nist*innen in Fleisch gewordenen Albtraumvisionen nach außen kehrt. Das im wahren Wortsinn aufopferungsvolle, an die physischen Grenzen gehende Spiel der beiden Hauptdarsteller*innen, die unstete Kamera und die grotesken Spezialeffekte machen aus dem absurden Gewalttheater nachhaltig bewegendes Kunstkino. (Film-Dienst)

99Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär


Mi 12.2. 2O:OO

DEKALOG, OSIEM · DEKALOG, 8PL·BRD 1989/90 · 55 min · DF · digital1080p · FSK 16R: Krzysztof Kieslowski · B: Krzysztof Kieslowski, Krzysztof Piesiewicz K: Andrzej J. Jaroszewicz · D: Maria Kosciałkowska, Teresa Marczewska, Artur Barcis u.a.

p Eine Ethikprofessorin, die ihren Student*innen stets konkrete Beispiele menschlichen Verhaltens liefert, wird mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert, als eine nach Amerika ausgewanderte Jüdin, die Übersetzerin ihrer Bücher, danach fragt, wie das Ver-halten jener polnischen Familie zu bewerten ist, die sie als kleines Kind zunächst taufen lassen wollte, letztlich jedoch unter Berufung auf das achte Gebot Hilfe verweigerte.

Ein vielschichtiger ethischer Diskurs über Wahrheit und Lüge an der Grenze von Theorie und Praxis, der mit Zusammenhängen konfrontiert, die zu kompliziert sind, um das Verhalten der Menschen in einer konkreten Situation als falsch oder richtig klassifizieren zu können. (Film-Dienst)

Sa 15.2. 18:OO

NA SREBRNYM GLOBIE DER SILBERNE PLANETPL 1988 · 166 min · OmU · digitalDCP · ab 18R: Andrzej ŻZuławski · B: Andrzej ŻZuławski nach einer Vorlage von Jerzy ŻZuławski K: Andrzej J. Jaroszewicz · D: Andrzej Seweryn, Jerzy Trela, Grazyna Dylag u.a.

p In ferner Zukunft haben Pionier*innen von der Erde einen fernen Planeten kolonialisiert und eine intakte, friedfertige Gesellschaft aufgebaut, die die Fehler der irdischen Zivilisation vermeidet. Doch sie werden von furchterregenden Wesen aus dem All terro-risiert und rufen die Erde um Hilfe an. Aufwendiges, ursprünglich auf zwei Teile konzipiertes Science-Fiction-Epos, das an Filme wie „2001“ und „Am Anfang war das Feuer” erinnert. 1977 wurde es vor Fertigstellung wegen „subversiver Tendenzen” vom polnischen Kulturministerium verboten. Erst zehn Jahre später konnte Zuławski den Film fertigstellen und die fehlenden Passagen mit Dokumentar-material und Off-Kommentaren ergänzen. Das Ergebnis ist ein Film mit fragmentarischem Charakter. (Film-Dienst) • Nach dem Film laden das Filmmuseum und das Polnische Institut Düsseldorf zu einem Glas Sekt.

➜ Im Anschluss an die V orführung findet eine Präsentation und ein Publikumsgespräch mit dem Kameramann Andrzej J. Jaroszewicz statt.

1111Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär

Mi 26.2. 2O:OO

DIABEŁ · DER TEUFELPL 1972 · 119 min · OmeU · digitalDCP · ab 18R/B: Andrzej ŻZuławski · K: Andrzej J. Jaroszewicz D: Leszek Teleszynski, Wojciech Pszoniak, Małgorzata Braunek u.a.

p Januar 1793: Der Unionsstaat Polen-Litauen wird von den Besatzungsmächten Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt. Preußische Truppen marschieren ein und in einem Kloster richten Soldaten ein furchtbares Blutbad an. Ein Unbekannter, scheinbar der personifizierte Teufel, kann Jakub und eine junge Nonne aus dem Gemetzel retten. Jakub muss nach seiner Rückkehr in die Heimat miterleben, wie seine Verlobte seinen Freund heiratet, von dem sie bereits ein Kind erwartet. Die vom Krieg gezeichnete Welt ist dem Untergang geweiht. Da eröffnet der Unbekannte Jakub, dass er zu Jesus werden und die Welt von Sünde und Bösem befreien könne. Jakub beginnt einen Feldzug gegen Verlogenheit und Verrat, in dem er zunehmend den Bezug zur Realität verliert.


LA VENDETTA – FACETTEN uND MOTIVE VON „RACHE“ IM KINO FILMREIHE 1. – 22.2.

13

Irréversible

p Rache ist ein Motiv und Thema, das schon so lange existiert, wie die Menschheit selbst: ob in der griechischen Mythologie, in antiken Dramen, in Shakespeares Tragödien bis hin zur heutigen Popkultur. Im Kern manifestiert es sich als Gefühl und Impuls, das – tief im Menschen verankert – wohl jede*r mehr oder weniger bereits empfunden hat. Rache ist oftmals der Wunsch, ein erlittenes Unrecht wieder auszugleichen: Dies kann auf physische oder psychische Art geschehen. Häufig wird durch einen Racheakt erneut Unrecht begangen und es ist allenfalls der persönliche Rachedurst, der gestillt werden konnte. Die Beweggründe von Taten aus Rache können facettenreich sein und sind bedeutend vielschichtiger als ein bloßer Urinstinkt. Die Befriedigung durch Vergeltung kann als letzter Ausweg angesehen werden und im Extremfall der einzige verbleibende Lebens-wille sein. Rache kann aber auch eine Form von Selbstjustiz oder gar eine Erlösung darstellen. Dann handelt es sich um eine Frage nach den eigenen Moralvorstellungen und danach, ob Vergebung der Rache vorzuziehen ist. Nicht selten werden auch die Rächer – trotz

vermeintlich guter Intention – zum unvermeidlich Bösen und am Ende lautet die Botschaft: „Auch Rache gibt dir nicht das zurück, was du verloren hast“.

Doch nicht nur die Intentionen sind facettenreich, sondern auch die Art der Inszenierung: Film als audiovisuelles Medium bietet verschiedenste Darstellungsmöglichkeiten, derer sich die unter-schiedlichen Genres auf ihre Weise bedienen. Populär und beliebt geworden sind ästhetisch ansprechende (und meist sehr blutige) Rachefeldzüge, wie LADY SNOWBLOOD sie salonfähig gemacht und Quentin Tarantino sie mit seiner KILL-BILL-Reihe gehuldigt hat. Beide Filme nutzen das Motiv zur Etablierung einer starken Prota gonistin, was für das Action-Kino durchaus keine Selbst-verständlichkeit ist. Ein gängiges Subgenre bildete sich mit um das Motiv des „Rape-and-Revenge“ heraus: Rache suchen hier meist die Geschädigten selbst oder ihre Hinterbliebenen, dessen Geliebten auf brutale Weise Unrecht angetan wurde, wie etwa in DEATH WISH, mit Charles Bronson als Rache-Engel. Des Motives „Rape-and- Re-

14 La Vendetta

venge“ bediente sich Gaspar Noé auf eine noch düstere Weise in seinem Werk IRREVERSIBLE, was ihn zum Skandal-Regisseur avancieren ließ.

Unweigerlich mit dem Drang nach Vergeltung ist auch das Genre des Western verbunden. So ist es bisweilen schwer, einen Vertreter zu finden, der diese Thematik gänzlich ausklammert. Auch der Spät-western THE OUTLAW JOSEY WALES von und mit Clint Eastwood ist hierfür ein Paradebeispiel: Nach dem Verlust seiner Familie schwört der Protagonist Rache. Auch im klassischen Drama-Genre ist dieses Motiv zu finden, wie etwa in Fritz Langs FURY, wo der Hauptcharakter eines Verbrechens bezichtigt wird, das er nicht verübt hat und sich daraus eine Verkettung von Ereignissen ergibt, in denen Recht und Unrecht eng mit dem Motiv der Rache verknüpft sind.

Eine ganze Trilogie hat der südkoreanische Regisseur Park Chan-wook dem Thema gewidmet. So sind die drei Filme nicht etwa durch die erzählte Geschichte, sondern durch das prägnante Leitmotiv der Rache miteinander verbunden. OLDBOY ist der zweite Teil dieser

Trilogie und als Meisterwerk des modernen südkoreanischen Kinos international bekannt geworden. Rache in Filmen muss aber nicht immer brutal und blutig oder traurig sein. Dies beweist die britische Komödie KIND HEARTS AND CORONETS, in der Alec Guinness gleich mehrere Rollen verkörpert und die Thematik auf humoristisch-bösartige Weise verarbeitet.

Sprichwörter und Weisheiten wie „Rache ist süß“ oder „Rache bleibt nicht lange ungerächt“ sind bekannt und in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen. Tarantino beginnt KILL BILL Vol.1 mit dem Zitat: „Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird“, das er dem STAR-TREK-Universum entnommen hat. So allge-meingültig sich die Rache als Motiv auch präsentiert, so einflussreich hat es sich in einen Filmkanon eingeschrieben und das Medium Film dafür auf vielseitige Weise eine faszinierende Sprache gefunden. Diese soll mit/in der Reihe "La Vendetta" untersucht, verstanden und erlebt werden. (Robert Birkel)

15La Vendetta 15

Sa 1.2. 19:OO

DEATH WISH EIN MANN SIEHT ROT USA 1974 · 93 min · DF · 35mm · FSK 16R: Michael Winner · B: Wendell Mayes · K: Arthur J. Ornitz D: Charles Bronson, Vincent Gardenia, Hope Lange, Steven Keats u.a.

Gemeinsam drehten Regisseur Michael Winner und Actionheld Charles Bronson insgesamt sechs Filme. Das bekannteste und wohl auch ikonischste Werk aus diesem Spektrum ist DEATH WISH.

Protagonist der Geschichte ist Paul Kersey, ein Architekt aus New York, der eine eher liberale Haltung vertritt. Während er arbei -tete, werden seine Frau Joanna und seine Tochter Carol von drei kriminellen Jugendlichen zuhause überfallen. Carol wird vergewaltigt, Joanna erliegt ihren schweren Verletzungen und stirbt im Kranken-haus. Die Chancen, dass die Täter gefasst werden, sind laut Polizei sehr gering und so stürzt sich Paul zur Ablenkung immer mehr in seine Arbeit. Bei einer seiner Geschäftsreisen erhält Paul, der bekennender Pazifist ist, einen Revolver von einem Kunden. Zurück in New York, beginnt er nachts gefährliche Gegenden der

p

Stadt aufzusuchen und hält dort Ausschau nach Kriminellen, die er nach und nach erschießt, um so indirekt Rache an den Mördern seiner Frau zu nehmen. Schon bald avanciert er in den Medien zum sogenannten „Rächer“ und wird von der Bevölkerung als Superheld gefeiert, der die Straßen sicherer macht und die Kriminalitätsrate sinken lässt.

Der Film wirft die Frage auf, ob und wie weit man seinen eigenen Rachegefühlen folgen darf und ob die Begegnung mit Gewalt im privaten Umfeld solch eine harte Form der Selbstjustiz rechtfertigt. DEATH WISH ist Vertreter des „Rape and Revenge“-Genres und fand trotz reger Kritik an der Botschaft des Films großen Anklang beim Publikum, was zu der Produktion von vier Fortsetzungen führte. Die Geschichte prägte das Genre und wurde 2018 mit Bruce Willis in der Hauptrolle erneut unter gleichem Titel verfilmt.

16 La Vendetta

SO 2.2. 17:OO

KIND HEARTS AND CORONETS ADEL VERPFLICHTETGB 1949 · 106 min · DF · 35mm · FSK 16 R: Robert Hamer · B: Robert Hamer, John Dighton nach dem Roman von Roy Horniman K: Douglas Slocombe · D: Alec Guiness, Dennis Price, Audrey Fildes, Valerie Hobson, Joan Greenwood

p Der kleine Verkäufer Louis Mazzini, Sohn eines italienischen Tenors und einer britischen Adeligen, ermordet aus Rache für die schlechte Behandlung seiner Mutter und mit aberwitzigem Einfallsreichtum acht Verwandte, die vor ihm erbberechtigt sind. Alec Guiness verkörpert mit unglaublicher Wandlungsfähigkeit die gesamte Familie D’Ascoyne: als Herzog, Bankier, Bischof, General, Admiral, Jung-Ascoyne, Lady Agatha und Jung-Henry.

Mit diabolischer Lust und ohne Rücksicht auf falsche Moral, aber gleichzeitig mit großer Eleganz und Stil, fragt diese schwarze Komödie nach der Bedeutung von menschlicher Rücksichtnahme und Empathie angesichts persönlicher Begierden und Habgier.

Die Uneindeutigkeit von Realität und Maskerade überträgt sich auf die Narration und schafft eine Ambivalenz zwischen altmodischem Rollenspiel und modernem Zynismus – eine Mischung, die auf prägnante Weise von den bisherigen „Ealing Comedies“, also von den Ealing Studios produ zierten Komödien zwischen 1947 und 1957, abweicht. Die Gutherzigkeit mit Prüderie und Happy End weicht in Robert Hamers rebellischem Film einem Abgesang auf die Familie als zu beschützenden Grundpfeiler der Gesellschaft. Statt dessen überträgt sich durch die Verwendung der Sprache im Voice Over und dem Schwelgen in aristokratischer Atmosphäre ein gepflegter Hedonismus, wie ihn Oscar Wilde kritisierte und lebte. In der Rache des kleinen Mannes scheint hier auch die Möglichkeit gesellschaftlicher Umwälzung auf – und ein wenig Anarchie.

1919La Vendetta 19

20

Mi 5.2. 2O:OO

THE OuTLAW JOSEY WALES DER TEXANERUSA 1976 · 135 min · OF · digitalDCP · FSK 16 • R: Clint Eastwood B: Philip Kaufman u. Sonia Chernus nach einem Roman von Forrest Carter K: Bruce Surtees · D: Clint Eastwood, Chief Dan George, Sondra Locke, Bill McKinney, John Vernon, Paula Trueman u.a.

Clint Eastwood gilt als Ikone des Western-Genres. Seinen internationalen Durchbruch hatte er mit der sogenannten „Dollar-Tri logie“ von Italowestern-Regisseur Sergio Leone, die mit THE GOOD, THE BAD AND THE UGLY (1966) ihren Höhepunkt fand. Nach diesem Film galt die Beziehung zwischen Leone und Eastwood allerdings als zerrüttet, weshalb letzterer nach Holly-wood ging. Den zwischenzeitlichen Höhepunkt seines Schaffens hatte Eastwood mit dem Spätwestern THE OUTLAW JOSEY WALES, bei dem er als Regisseur und Hauptdarsteller zugleich war und der heute als Klassiker gilt. Der Film erzählt die Geschichte des Farmers Josey Wales, dessen Familie während des Bürgerkrieges von irregu-

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lären Soldaten der Nordstaaten überfallen und ermordet wird. Wales sinnt auf Rache und sieht die beste Chance diese zu verwirk-lichen, indem er sich den Widerstandskämpfern der Südstaaten anschließt. Es beginnt eine epische Odyssee, bei der Wales erneute Verluste und Rückschläge hinnehmen muss und selbst als Gesetz-loser gejagt wird, aber dennoch den Fokus auf das Wesentliche nicht verliert. In vielerlei Hinsicht ist THE OUTLAW JOSEY WALES ein klassischer Western, der viele Eigenschaften des Genres enthält und gängige Klischees bedient. Trotzdem könnte man ihn auch als Antikriegsfilm bezeichnen, der kritische Untertöne einfließen lässt und nicht immer gradlinig verläuft. Im Zentrum steht auch hier ein geläuterter Held, der seine Erlösung und den eigenen Frieden nur findet, wenn er seine Rache vollstreckt hat.

20 La Vendetta

21212121

Fr 14.2. 21:OO

OLDEuBOI · OLDBOY COR 2003 · 120 min · DF · 35mm · FSK 16R: Park Chan-wook · B: Hwang Jo-yoon u. Park Chan-wook · K: Chung Chung-hoon D: Choi Min-sik, Yoo Ji-tae, Kang Hye-jeong, Oh Dal-su u.a..

Oh Dae-su ist nicht gerade der typische Familienvater oder gar ein liebenswerter Mensch. Eines Abends muss er von einer Polizeiwache abgeholt werden, nachdem er sturzbetrunken Frauen belästigt hat. Anschließend wird er von Unbekannten entführt und in einen Raum gesperrt. Dort lebt er anschließend in gänzlicher Isolation, nicht wissend, wer seine Entführer und Peiniger sein könnten. Nach 15 Jahren wird Oh Dae-su völlig überraschend frei gelassen. Getrieben von Rache-Gefühlen, aber auch von dem großen Wunsch nach Antworten, bestreitet er einen Weg, der den Zuschauer*innen genauso viel abverlangt wie Oh Dae-su selbst. Eine filmische Tortur beginnt, die ikonische Actionszenen, prägnante Zitate und nicht zuletzt einen unvergleichlichen Soundtrack bereithält, der das Publikum auch nach Ende des Films noch staunen lässt.

p

Es handelt sich um eine alptraumhafte Geschichte über Vergeltung, Leid, Suizid und Verdammnis, in der die Frage nach Schuld und Sühne sehr komplex erscheint. Am Ende bleibt die Frage offen, wie weit Rache gehen kann und ob sie den Rächer tatsächlich erlöst oder ihn noch tiefer in die eigenen Abgründe stürzen lässt. Bei all dieser Härte und Düsterheit ist OLDBOY aber auch ein Thriller, der verschiedenste Stilmittel einsetzt und in all seiner Kompromisslosig-keit auch Eleganz und Schönheit bietet. Park Chan-wooks Meister-werk gilt als Aushängeschild des südkoreanischen Kinos und gewann den großen Preis der Jury auf den Filmfestspielen in Cannes. OLD-BOY bildet den zweiten Teil einer Trilogie, die der Regisseur selbst als seine „Rache-Trilogie“ bezeichnet, die Filme können jedoch inhaltlich unabhängig voneinander angesehen werden.

La Vendetta 23

SO 16.2. 17:OO

FuRY · BLINDE WUTUSA 1936 · 90 min · OF · 35mm · FSK 12R: Fritz Lang B: Bartlett Cormack, Fritz Lang · K: Joseph Ruttenberg D: Sylvia Sidney, Spencer Tracy, Bruce Cabot u.a.

Joe Wilson, ein Durchreisender unterwegs zu seiner Braut, wird in einer Kleinstadt das Opfer von Massenhysterie und Lynchjustiz. Ein Kind wurde gekidnappt. Obwohl die Beweise offensichtlich mangelhaft sind, schwört der aufgebrachte Mob kollektiv Rache an Joe Wilson und befördert ihn zunächst in den Knast. Die auf-geputschte Menge versammelt sich vor dem Gefängnis, um den Sheriff und seine Gehilfen zu überwältigen.

Fritz Langs erster in Hollywood gedrehter Film ist eine ebenso beklemmende wie konsequente Abrechnung mit den Folgen einer Massenhysterie und schließt so an M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER (1931) an, den er noch in Deutschland realisieren konnte.

p In FURY, in dem ursprünglich ein Schwarzer Opfer eines Lynch- mobs werden sollte, was aber von MGM abgelehnt wurde, bezieht sich Fritz Lang auf einen wahren Fall, der sich 1933 im kaliforni-schen San José zugetragen hatte. Parallel verarbeitete Lang seine Erfah rungen mit dem nationalsozialistischen Deutschland. Die „analyt isch-kritische Darstellung einer aus Dummheit und Engherzigkeit geborenen Massenhysterie“ (Film-Dienst) rekurriert aber nicht nur auf die deutsche Geschichte, sondern ist leider auch heute wieder aktuell.

24 La Vendetta

Mi 19.2. 2O:OO

SHuRAYuKI-HIME LADY SNOWBLOODJ 1973 · 97 min · OmU · digital1080p · FSK 16R: Toshiya Fujita · B: Kazuo Uemura u. Kazuo Koike · K: Tamura Masaki D: Meiko Kaji, Toshio Kurosawa, Masaaki Daimon, Miyoko Akaza, Shinichi Uchida u.a.

p LADY SNOWBLOOD gilt als Klassiker seines Genres und war eine wesentliche Inspiration für Quentin Tarantinos KILL BILL- Reihe. Bei einem Vergleich wird offensichtlich, dass nicht nur das vordergründige Motiv der Rache die beiden Filme verbindet, sondern Tarantino sich auch an anderen Aspekten von Fujitas Werk bedient hat. Im Vordergrund steht jeweils eine starke Protagonistin, die ihren persönlichen Rachefeldzug mit einem Samu rai-Schwert bestreitet. Zudem gilt der besagte Feldzug gleich mehreren Feinden, die nacheinander aufgesucht und allesamt getötet werden müssen, da die Rache nur so zur Gänze vollbracht wird. Darüber hinaus haben beide Frauen einen alten Lehrmeister, der sie im Schwertkampf und in verschiedenen Kampfkünsten unterrichtet.

Doch nicht nur inhaltlich sondern auch stilistisch sind Parallelen nicht von der Hand zu weisen, wie etwa die Aufteilung der Filme in mehrere Kapitel oder die übertriebene Darstellung von Blut, das in den vielen Schwertkämpfen wie Fontänen aus den Opfern heraus spritzt.

Anders als in KILL BILL, wurde Yuri Kashima, die Protagonistin in LADY SNOWBLOOD, jedoch ausschließlich für die Rache geboren. Yuri kommt im Gefängnis zur Welt, während ihre Mutter bei der Geburt stirbt. Der Mutter ist Grausames wiederfahren: Ihr Ehemann und ihr kleiner Sohn wurden brutal von vier Verbrecher*innen ermordet und sie selbst anschließend vergewaltigt. Einen der Ver-brecher konnte Yuris Mutter später töten, weswegen sie im Gefängnis landete. Dort schlief sie wahllos mit verschiedenen Gefängniswärtern, um ein Kind zu zeugen, das ihre Rache an den verbleibenden drei Verbrecher*innen üben sollte. Somit wird Yuri Kashima, die wort-wörtlich für die Rache geboren und ausgebildet wurde und im Verlauf des Films als „Kind der Vergeltung“ bezeichnet wird, ihrem Namen gerecht und vollendet den Auftrag ihrer Mutter.

2727La Vendetta 27

Fr 21.2. 2O:3O

IRRÉVERSIBLE · IRREVERSIBEL F 2002 · 97 min · OmU · 35mm · FSK 18R/B: Gaspar Noé · K: Benoît Debie, Gaspar Noé D: Vincent Cassel, Monica Bellucci, Albert Dupontel, Jo Prestia, Philippe Nahon

Bereits der Beginn von IRREVERSIBLE ähnelt einem Sturz in die Hölle: Die Kamera steht buchstäblich Kopf, fährt einen Hinterhof hoch und und in kreisenden Bewegungen hinein in das Dunkel eines schwulen Sadomaso-Clubs, in dem schließlich einem Mann mit einem Feuerlöscher das Gesicht eingeschlagen wird. Eine Erklärung wird zunächst nicht gegeben, sondern – und das ist der Coup des Films – in einer rückwärts erzählten Handlung episodenhaft aufgedeckt.

Die Gewalttaten der beiden Protagonisten, Marcus und Pierre, entpuppen sich als privater Rachefeldzug, dessen Ursache als unum-kehrbarer Akt in der Mitte des Films in einem Unterführungstunnel auf die Zuschauer*innen wartet. Die Ehefrau und Freundin der beiden, die von Monica Bellucci gespielte Alex, wird auf dem Heim-weg von einer Party von einem Unbekannten geschlagen und verge-waltigt. Die Kamera filmt sie am Boden liegend – in einer Frontal-

p

einstellung und ohne Schnitt. Aufgrund dieser neunminütigen Szene verließen hunderte Zuschauer*innen in Cannes den Saal, es kam zum Eklat. Dabei wird in dieser Form der Darstellung von Gewalt nicht nur die moralistische Grundeinstellung des Regisseurs deutlich. Zum Thema werden auch die Seh- und Repräsentations-gewohnheiten, durch die Gewalt im Film erst konsumierbar wird. Gaspard Noé stellt die Bluttaten schonungslos dar und selbst die Vorge schichte, die sich im Verlauf des Films immer weiter entspinnt, vermag weder Legitimierung oder gar Erlösung zu bieten. In die tiefe Freundschaft, die Liebesgeschichte des Paares und einem ein Happy-End vortäuschendem, voll unglaublicher Schönheit und mit Beethovens Siebter unterlegtem Schlussbild schleicht sich eine nicht mehr zu unterdrückende Traurigkeit.

2828 La Vendetta

Sa 22.2. 19:OO

KILL BILL VOL.1 USA 2003 · 106 min · OF · 35mm · FSK 18R: Quentin Tarantino · B: Quentin Tarantino · K: Robert Richardson D: Uma Thurman, Lucy Liu, Vivica A. Fox, Daryl Hannah, David Carradine u.a.

Sa 22.2. 21:OO

KILL BILL VOL.2 USA 2004 · 131 min · OF · 35mm · FSK 16R: Quentin Tarantino · B: Quentin Tarantino · K: Robert Richardson D: Uma Thurman, Daryl Hannah, David Carradine, Michael Madsen, Gordon Liu u.a.

p Quentin Tarantino ist bekennender Genre-Fan und hat erwiese-nermaßen eine Schwäche für Rache-Filme, die er wegen ihrer Einfachheit liebt. Daher macht KILL BILL von der ersten Szene an keinen Hehl daraus, worum es in diesem Zweiteiler geht: Einen blutigen Rachefeldzug. Ein fünfköpfiges Killer-Kommando hat Beatrix Kiddo, die zu Beginn „die Braut“ genannt wird, brutal

zugerichtet und fast getötet. Nach Jahren erwacht sie aus ihrem Koma und schwört Rache. Sie erstellt eine Todesliste, die chrono-logisch abgearbeitet wird und an deren letzter Stelle der Name Bill steht, ihr ehemaliger Boss und Geliebter, der Drahtzieher des Killer-Kommandos war.

KILL BILL sollte zunächst als einzelner Film produziert werden. Bei den Dreharbeiten bemerkte Tarantino, dass er bereits zu viel Material für nur einen Film hatte und beschloss auf Anraten seines Regie-Kollegen Robert Rodriguez den Film in zwei Teile zu gliedern. Somit sind es zwei Werke, die zusammen eine Geschichte in zehn Kapiteln erzählen und sich doch in ihren Grundsätzen unterscheiden. Der erste Teil legt viel Wert auf pure Action, lange Kampfsequenzen, hinterlässt viele Fragen und beschränkt sich komplett auf das Motiv der Rache. Der zweite Teil wirkt insgesamt ruhiger, besonnener, aber auch dialoglastiger. Er nimmt sich Zeit, Hintergründe und Figuren zu beleuchten und Fragen zu beantworten. Den klassischen Tarantino-Stil bekommt das Publikum aber in beiden Teilen geboten: Eine verschachtelte Erzählweise, seine teils schon provokante Dar-stellung von Gewalt, coole Charaktere, ausgefallene Dialoge und ei-nen unkonventionellen Soundtrack.

Einführung: Robert Birkel (Filmmuseum)

3030 La Vendetta

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42nd-STREET-DÜSSELDORF- 35MM-WEEKENDER 7. – 9.2.

IM BAHNHOFSKINO uM DIE WELT VIp MONDO BIZARR präsentiert eine bunte 35mm-Reise durch die Bahnhofskinos dieser Welt: Von einem unheimlichen Schloss bis auf eine einsame griechische Insel, von den Straßen Hongkongs in die apokalyptische Zukunft. Ein italienischer Superheld, Astronauten, Godzilla, Zwerge, ein Ziegenhirte, ein mysteriöser Mörder, knallharte Hongkong-Cops und Endzeit-Punks kämpfen um die Aufmerksamkeit der verwunderten Zuschauer*innen! Drei Tage, acht Filme: Eine Zelluloid-Weltreise, die Sie so schnell nicht vergessen werden!

Dauerkarte: 30,00 €, mit Black-Box-Pass 20,00 €Alle Filme mit Einführung. Macho man

42nd-Street-Düsseldorf-Weekender

Fr 7.2. 2O:3O

MACHO MAN BRD 1985 · 85 min · DF · 35mm · FSK 16R/B: Alexander Titus Benda · K: Klaus Werner, Adi Gürtner D: René Weller, Bea Fiedler, Peter Althof u.a.

p Wenn man MACHO MAN so betrachtet, muss man einfach bedauern, dass der „schöne René“ (Weller) nicht mehr Filme mit seiner muskulösen, oberlippenbärtigen Präsenz veredelte: Er trägt diesen Klassiker des etwas anderen deutschen Films auf seinen mächtigen Schulterpolstern und macht selbst Disco-Szenen zu etwas ganz Besonderem. Aber es wird nicht nur geboxt – übles Drogendealer-Pack wird dank Unterstützung von Kampfsport-As Peter Althoff mit Karate zur Strecke gebracht. Und Bea Fiedler geizt nicht mit ihren Reizen. MACHO MAN ist einfach einer der schönsten Nürnberg-Filme aller Zeiten.

Fr 7.2. 22:3O

RED HEAT · RED HEAT – UNSCHULD HINTER GITTERNBRD·USA 1985 · 104 min · DF · 35mm · FSK 18R: Robert Collector, Ernst R. von Theumer · B: Robert Collector, Gary Drucker K: Wolfgang Dickmann · D: Linda Blair, Sylvia Kristel, Sue Kiel

p Der österreichische Produzent und Regisseur Ernst Ritter von Theumer schenkte uns so einige wundersame Bahnhofskino-Granaten: Vom Killerstrauch-Nonsens DAS GEHEIMNIS DER TODESINSEL (1967) und dem Sleaze-Western ICH, DIE NONNE UND DIE SCHWEINEHUNDE (1972) bis zum Heimatfilm DER IRRE VOM ZOMBIEHOF (1979) und dem „Models gegen Söldner“-Actionknüller JUNGLE WARRIORS / EUER WEG FÜHRT DURCH DIE HÖLLE (1984). Dieser Mann hat das Herz am richtigen Fleck. 1985 inszenierte er (inoffiziell) den DDR(!)-Frauenknast- Kracher RED HEAT. Ein rüdes Dramolett, von Theumer mit einigen bekannten Gesichtern (Elisabeth Volkmann als sadistische Auf-seherin, EMANUELLE Sylvia Kristel und Linda-DER EXORZIST-Blair) dampfend serviert!

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De vierde mann

42nd-Street-Düsseldorf-Weekender

Sa 8.2. 15:3O

DE VIERDE MANN DER VIERTE MANN NL 1983 · 102 min · DF · 35mm · FSK 18 R: Paul Verhoeven · B: Gerard Soeteman nach einer Vorlage von Gerard Reve K: Jan de Bont · D: Jeroen Krabbé, Renée Soutendijk, Thom Hoffman u.a.

p Kurz bevor er nach Hollywood entschwand, um FLEISCH UND BLUT (1985) zu inszenieren, schenkte Paul Verhoeven der Welt noch diese wunderschöne Mischung aus Tripfilm, religiösem Wahn, Giallo, Satire und Hexenzauber. Jeroen Krabbé brilliert als bisexueller Autor mit surrealen Visionen, der bei einer Lesung die rätselhafte Christine (Renée Soutendijk) kennen und lieben lernt. Dass sie bereits dreifache Witwe ist, gibt ihm allerdings zu denken - handelt es sich bei der hübschen Blondine gar um eine männermordende Hexe? Oder ist er nur wieder ein Opfer seiner überbordenden Fantasie? Fantastisch fotografiert (Kamera: Jan de Bont), sexy und schockierend: DER VIERTE MANN zählt zu Paul Verhoevens gelungensten Werken.

Sa 8.2. 18:OO

NERO VENEZIANO DIE WIEGE DES TEUFELSI 1977 ·84 min · DF · 35mm · FSK 16R: Ugo Liberatore · B: Ottavio Alessi, Roberto Gandus · K: Alfio Contini D: Renato Cestiè, Rena Niehaus, Yorgo Voyagis u.a.

p In Venedig tragen die Gondeln mal wieder Trauer: In Ugo Liberatores stimmungsvollem, von Großmeister Pino Donaggio musikalisch exzellent untermaltem Schocker wird das Kind des Teufels das Licht der Welt erblicken. Oder findet das alles nur im Hirn des blinden Mark statt? Blutige Morde und nebelverhangene Grachten sorgen für einen schmackhaften Italo-Mix.

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Sa 8.2. 2O:3O

DIE SAFTIGE ÜBERRASCHuNG I 1982 · R: Lucio Fulci

p Eine amerikanische Großstadt wird von einer rätselhaften Mordserie erschüttert. Wer steckt dahinter? Jack The Ripper oder gar Donald Duck?

SO 9.2. 13:OO

KINGu KONGu NO GYAKuSHÛ KING KONG - FRANKENSTEINS SOHNJ·USA 1967 · 104 min · DF · 35mm · FSK 12R: Ishirô Honda · B: Takeshi Kimura · K: Hajime Koizumi D: Rhodes Reason, Mie Hama, Linda Miller u.a.

p Dr. Who, der nichts mit seinem berühmten britischen Namens-vetter am Hut hat, konstruiert einen gewaltigen Robo Kong, um das seltene, radioaktive „Element X“ in der Arktis zu bergen. Leider schmoren die Schaltkreise des Metallaffen durch und das Biest gerät außer Kontrolle. Da kann nur der echte King Kong helfen und ein gewaltiger Kampf zwischen den Hochhäusern Tokyos entbrennt! Ein Musterbeispiel japanischer Fabulier kunst, dargeboten von Regieveteran und GODZILLA-Erfinder Ishirô Honda!

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Kingu Kongu no gyakushû

SO 9.2. 15:3O

LES FILLES EXPERTES EN JEuX CLANDESTINS · MÄDCHEN FÜR VERBOTENE SPIELE F·I 1973 · 80 min · DF · 35mm · FSK 18R: Guy Maria · B: Georges Combret nach einer Vorlage von Serge Mareuil K: Jacques Ledoux · D: Marcel Charvey, Olivier Mathot, Valérie Boisgel u.a.

p Eine echte 35mm-Rarität: Guy Maria, Regisseur und vor allem Kameramann aus dem französischen Hardcore-Bereich, aber auchCinematograph des unglaublichen Trash-Hits DEVIL STORY (1985), inszenierte dieses aparte Werk um ein Schloss, einen Hypnotiseur, eine Hexe, einen Geist und viel nackte Haut. Wieder so ein „Atmosphäre-Film“, ein ganz eigener Grusel-Erotik-Krimi aus dem „Beyond Believe“-Bereich, wie ihn eigentlich nur die Franzosen in den Siebzigern hinbekamen.

SO 9.2. 18:OO

Du BI QuAN WANG DA PO XuE DI ZIDUELL DER GIGANTEN

HK 1976 · 93 min · DF · 35mm · FSK 18R/B: Wang Yu · K: Chao Lao-Yun · D: Jimmy Wang Yu, Kam Kang, Lun Kun-Yee u.a.

p Ein Quentin-Tarantino-Favorit voller abgedrehter Ideen und Non-Stop-Action: Martial-Arts-Superstar Jimmy Wang Yu trat ab und zu auch hinter die Kamera und inszenierte diese Fortsetzung zu seinem Megahit THE ONE ARMED BOXER. Kernstück des Films ist besagtes DUELL DER GIGANTEN, ein Turnier der besten Kämpfer, welche als äußerst bunte Truppe daher kommen und mitunter gar Superfähigkeiten an den Start bringen: Ein Killerzopf, ein Fakir, der seine Gliedmaßen verlängern kann, ein quasi Unzerstörbarer und die berühmte fliegende Guillotine kommen hier äußerst unterhaltsam zum Einsatz! Fast könnte man meinen, der Film wäre ein Vorbild für spätere Videospiele wie STREET FIGHTER, bei denen ebenfalls diverse Kämpfer mit exotischen Fähig keiten aufeinander treffen.

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ERSTAuFFÜHRuNGp Einige Filme haben aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Form, ihrer Unklassifizierbarkeit oder aus anderen Gründen auf dem Kinomarkt einen schweren Stand. Die Aufgabe eines kommu-nalen Kinos muss es sein, solche Filme zu unterstützen und ihnen eine Plattform zu bieten. Dort die Lücke zu schließen, wo Verleiher und andere Kinobe treiber keine finanzielle Grund-lage sehen, ist die programmatische Ausrichtung dieser Reihe – qualitativ, anspruchsvoll und aktuell.

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Erstaufführung

SO 16.2. 15:3O | Fr 21.2. 19:OO

DER FuNKTIONÄR D 2018 · 72 min · DF · digitalDCP · ab 18R/B: Andreas Goldstein · K: Jakobine Motza.

p Klaus Gysi war einer der führenden Kulturpolitiker der DDR. 1912 geboren, war er zwei Jahre alt, als der Erste Weltkrieg be-gann. Als er sechs war, brach das Kaiserreich zusammen. Mit 15 sah er vor dem Fenster der elterlichen Wohnung einen erschosse-nen Arbeiter auf der Straße liegen. Er trat dem kommunistischen Jungendverband bei, später der kommunistischen Partei. Bis 1945 lebte er illegal in Berlin. Dann machte er im sozialistischen Deutschland Karriere, Abstürze inbegriffen. Er war Verlagsleiter, Kulturminister, Botschafter, Staatssekretär für Kirchenfragen. Ein Meister der Gesten und des geschickten Taktierens im sozialisti-schen Apparat. 1988, kurz vor dem Ende der DDR, entließ ihn die Partei aus dem Staatsdienst. 1999 starb er.

Knapp 20 Jahre nach seinem Tod hat sein Sohn Andreas Gold-stein einen sehr persönlichen Film über den Vater gedreht – über ei-nen Mann, den er als Junge nur in Momentaufnahmen erlebt hat, und der auch noch für den erwachsenen Sohn voller Widersprüche

bleibt. Sein Film ist ein (auto-)biografischer Essay mit einer Fülle von Fotos, Archivmaterial aus dem DDR-Fernsehen und Aufnahmen aus Ost-Berlin. Er erzählt nicht nur eine private Geschichte, sondern zielt auch auf eine neue Betrachtung jenes Staates, aus dem der Regis-seur selbst stammt. „Die Not, diese Geschichten zu erzählen, er-wächst nicht aus der Vergangenheit, sondern aus der Gegenwart“, erklärt Goldstein. „Heute werden die Konflikte der DDR dramatisiert und durchweg auf den Gegensatz von Freiheitswillen und Repression reduziert. Sie bilden dabei weniger die DDR ab, als vielmehr eine Gegenwart, die sich selbst legitimieren muss und nun in diesen Er-zählungen als Erlösung erscheinen kann.“

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NEu RESTAuRIERT p Mit Hilfe von Filmrestaurierungen kehren verloren geglaubte Filmschätze auf die Leinwand zurück. Der chemische Verfall einer Filmkopie kann nicht aufgehalten, gleichwohl aber durch optimale klimatische Bedingungen verzögert werden. Verschiedene Aus-gangsmaterialien des historischen Originals werden restauriert und digitalisiert, um dann im Kino als Duplikat erneut aufgeführt zu werden. Monatlich präsentiert das Filmmuseum aktuelle Film-restaurierungen aus Kinematheken und Archiven in Deutschland und Europa.

43Neu restauriert

SO 2.2. 15:OO | Fr 14.2. 19:OO

TOBBY BRD 1961 · 85 min · DF · digitalDCP · FSK 18 • R: Hansjürgen Pohland B: Siegfried Hofbauer, Hansjürgen Pohland · K: Wolf Wirth D: Tobias Fichelscher, Anik Fichelscher, Ed Ficehlscher, Eva Häußler u.a.

p Die Geschichte um den Schlagzeuger Tobby ist weniger klassische Narration als in Bilder gegossene Jazz-Musik. In seinem ersten Langfilmdebut lässt sich Hansjürgen Pohland treiben, er schwebt mit seinen Bildern, quasi ohne Partitur und damit jenseits des starren UFA-Kinos dieser Zeit – Film als Bilder-Improvisation, Film wie Jazz.

Pohland bewegt sich in den Fußstapfen von John Cassavetes (SHADOWS, 1959), Jean-Luc Godard (À BOUT DE SOUFFLE, 1959) oder Jacques Rivette (PARIS NOUS APPARTIENT, 1961), wenn er seinen Protagonisten – begleitet von Modern Jazz – ziellos durch Berlin streifen lässt. Ein Antipode zum herrschenden Trümmermief. Tobby provoziert durch Lässigkeit: die erste Zigarette noch im Bett zu-sammen mit einem abgestandenen Glas Bier. Kein Schloss am Fahr-rad, kein Kalender, keine festen Verabredungen. Wenn er das Telefon einfach klingeln lässt, spiegelt das nur seine grundsätzliche

Ablehnung von Gesellschaft, Spießertum und Karriere. Tobby wurde ein lukratives Angebot als Schlagersänger gemacht. Die zwei Tage dauernde Entscheidungsfindung bildet den narrativen Rahmen, dient aber nur als Vehikel für einen Reigen, durch den sich Bilder von Clubs, Studios, Betten und Gesprächen in das Gedächtnis des Publikums einbrennen.

„Vielleicht enthält der Film bereits die Ahnung, dass der deutsche Film so bald nicht Jazz sein würde, auch Pohlands eigene Filme nicht. Aber noch überwiegt der Optimismus. Offene Beziehungen, offene Grundrisse. Warum angesichts der Ruinen nicht auch die überkommenen Formen des Films in Trümmer legen?“ (Christoph Hochhäusler)

Im Vorprogramm:

SCHATTENBRD 1960 · 9 min · DF · 35mm · FSK 6R: Hansjürgen Pohland · B: Leon G. Friedrich · K: Friedhelm Heyde

SCHATTEN von Hansjürgen Pohland ist eine audiovisuelle Studie, die Geschehnisse und Menschen auf den Straßen Berlins filmisch festhält. Die Besonderheit des Werkes ist es, dass die Personen und Objekte ausschließlich über ihre Schatten dargestellt werden.

STuMMFILM + MuSIK p In den ersten 30 Jahren ihres Bestehens besaßen Filme keine Tonspur, dennoch waren sie nie stumm: In den Film theatern sorgten Pianisten, Grammophone, manchmal auch ganze Orchester, für die musikalische Untermalung. Hier entwickelte sich ein viel-fältiges musikalisches Genre. Verschiedenste Instrumentie r ungen begleiteten den Film mit Original-Parti turen, Eigenkompositionen oder Impro visation. Neben her kömm lichen Instrumenten boten Kinoorgeln weitere faszinierende Möglichkeiten. Im Vergleich zum aufwändigen Orchester bedeuteten sie für den Kinobe sitzer finanzielle Entlastung, darüber hinaus unterhielten sie das Publikum mit einer Reihe von über raschenden Effekten. Mit Aufkommen des Tonfilms um 1930 verschwand das Erlebnis der Live-Vertonung zunehmend aus den Kinosälen und damit eine langjährige Tradition aus dem Bewusstsein. Einmal monatlich bietet das Filmmuseum Stummfilm-Vorfüh r - ungen mit Live-Musik. Neben klassischer Begleitung am Klavier oder der historischen Welte-Kinoorgel aus dem Jahr 1929 kommen auch moderne Instrumentierungen auf die Bühne.

Eintritt: 9,00 € · ermäßigt 7,00 € · mit Black-Box-Pass 6,00 €

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Sa 29.2. 2O:OO

DAS CABINET DES DR. CALIGARI D 1919/20 · 77 min · dt. Zwischentitel · digitalDCP · FSK 6R: Robert Wiene · B: Hans Janowitz, Carl Mayer · K: Willy Hameister D: Werner Krauß, Conrad Veidt, Friedrich Feher, Lil Dagover u.a.

Erster Psychothriller und expressionistisches Meisterwerk – der wohl einflussreichste deutsche Stummfilm wird 100!

Am 26. Februar 1920 wird im Marmorhaus Berlin der berühmteste Stummfilm der Weimarer Republik uraufgeführt. Die Geschichte um Dr. Caligari, der auf dem Jahrmarkt ein somnambules Medium namens Cesare ausstellt und hellsehen lässt, bildet das Herzstück einer Reihe fantastischer, bizarrer Filme, die das Kino der 1920er-Jahre prägten sowie mit dem Expressionismus und der bildenden Kunst in Verbindung gebracht wurden.

Die Handlung begleitet im weiteren Verlauf zwei Freunde, die gemeinsam die Vorstellung des Dr. Caligari besuchen. Einer von ihnen wird in der darauffolgenden Nacht ermordet, nachdem ihm Cesare zuvor den Tod prophezeit hatte. Caligari stellt sich als Wahn-sinniger heraus, der Cesare als Mordinstrument benutzt.

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Der Regisseur Robert Wiene leistete zusammen mit den Drehbuch-autoren Carl Mayer und Hans Janowitz sowie mit seinen Ausstattern Hermann Warm, Walter Röhrig und Walter Reimann einen wichtigen Beitrag zur Entstehung des Horror-Genres. Zudem bezieht sich die Schauergeschichte auf die aktuellen gesellschaftlichen Umstände. Direkt nach Ende des Ersten Weltkrieges scheinen die Überlebenden der Front wie traumatisierte Schlafwandler, die in einer Mischung aus Grauen und Schwermut, wie abgekoppelt von Realität und Gesellschaft, ihre Ängste aushalten müssen. DAS CABINET DES DR. CALIGARI spiegelt eine aus den Fugen geratene Welt: Die gemalten Kulissen, die verrutschten Türen und Möbel, die verzerrten Schauplätze spiegeln das Formenrepertoire des Expressionismus und eine Realität, die seelisch angeschlagen ist und zunehmend unüber-schaubar wird.

Der Film verhalf dem deutschen Kino zu internationaler Wert-schätzung und war auch national stilbildend. Darüber hinaus wird er immer wieder zitiert, parodiert und neu interpretiert. DIE GROSSE LIEBE EINER KLEINEN TÄNZERIN (1924), THE CABINET OF DR. CALIGARI (1962, Roger Kay), THE IMAGINARIUM OF DOCTOR PARNASSUS (2009, Terry Gilliam) oder auch das Musikvideo zu dem Lied „Otherside“ der Red Hot Chilli Peppers sind nur einige wenige Beispiele. ➜

Stummfilm + Musik

Im Vorprogramm:

DIE GROSSE LIEBE EINER KLEINEN TÄNZERIND 1924 · 18 min · dt. Zwischentitel · 35mm · ab 18R: Alfred Zeisler · B: Victor Abel · K: Franz Meinecke

Die spannende und zugleich gruselige Liebesgeschichte nimmt sowohl inhaltlich als auch mit seiner expressionistischen Bild-gestaltung eindeutig Bezug auf Robert Wienes DAS CABINET DES DR. CALIGARI – was bereits im Arbeitstitel anklingt, der „Das Kabi-nett des Dr. Larifari“ lautete. Es ist davon auszugehen, dass dieser Film zu einem der ersten deutschen Marionettenfilme zählt.

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Neue Musikfassung von Wilfried Kaets für Kinoorgel, simultanes Klavier, Live-Elektronik, Schlagwerk und Zuspielungen • Ausführende: Norbert Krämer - Schlagwerk, Midivibraphon, Live-Elektronik, Wilfried Kaets - Orgel, Zuspielungen Die Musik verbindet historische filmmusikalisch-dramaturgische Zugänge und Strukturen der Stummfilmzeit mit einem neuen kompositorischen Blick. Sie nähert sich der expressio nistischen Lust an Verfremdung, Abstraktion, Provokation, Gänsehaut und Raserei an. Dabei fügen sich traditionelle wie extravagante klangliche Möglichkeiten passend und spannend zur filmischen Atmosphäre von Grusel, Wahnsinn, Lovestory und Verbrecherjagd!

Vorschau:

28.3. BEETHOVEN · A 1927 · R: Hans Otto Löwenstein

25.4. MENSCHEN AM SONNTAG · D 1930 · R: Robert Siodmak

30.5. FILIBUS · I 1915 · R: Mario Roncoroni

46 Stummfilm + Musik

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pSTATIONEN DER FILMGESCHICHTEIMMER DIENSTAGS IMMER 2O uHR

Stationen sind Orte der Abfahrt, Ankunft oder des Richtungs - wechsels. Auf der langen Reise der Filmgeschichte waren und sind sie Punkte, an denen Neues geschaffen, Außergewöhnliches geleistet oder etwas Einmaliges hervorgebracht wurde. Es handelt sich um Filme, die nach wie vor interessant, spannend oder erhellend sind. Andere lösen ein Déjà-vu-Erlebnis aus, durch das man plötzlich die Herkunft von Lieblingsszenen erkennt, und dann gibt es Filme, die im Negativen wie im Positiven Monumente wurden, da sie eng mit der Zeitgeschichte verbunden waren und diese beeinflusst haben. Entgegen der Bildung eines Kanons sind Filmgeschichte(n) mit einem steten Fragen verbunden. Die Filmreihe ist so konzipiert, dass jeder vorgestellte Film unter einem bestimmten Aspekt in seiner film historischen Relevanz eingeordnet werden kann. Ob bestimmte Persönlichkeiten oder Genres den maßgeblichen Rahmen bilden oder Strömungen + Epochen thematisiert werden, ob Form + Innovation im Vordergrund stehen oder Politik + Reflexion in den Fokus rücken: Innerhalb dieser Kategorien lassen sich Filme klassifizieren, ohne sie darin zu fesseln.

In Zusammenarbeit mit Filmforum – Freundeskreis des Filmmuseums e.V.

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Di 4.2. 2O:OO Aspekt: Form + Innovation

SEN NOCI SVATOJÁNSKÉ EIN SOMMERNACHTSTRAUM CSR 1959 · 76 min · OmU · digitalDCP · FSK 12R: Jirí Trnka · B: Jirí Brdecka, Josef Kainar, Jirí Trnka nach einer Vorlage von William Shakespeare · K: Maurice Prather

p In der langen Reihe der Verfilmungen von Shakespeares A MIDSUMMER NIGHT'S DREAM nimmt der tschechische Puppen-trickfilm von Jirí Trnka eine Sonderstellung ein. Im be seelten Spiel schöpft Trnka die Ausdrucksmöglichkeiten seiner Figuren voll aus. Ein prunkvoller Königshof in Athen, ein verzauberter Wald mit Kobolden, schwebenden Elfen und Geistern, in dem sich die Liebespaare heillos verirren, oder das Milieu der einfachen Hand-werker bilden die Staffagen, vor denen Theseus und Hippolyta, Lysander und Hermia, Demetrius und Helena, der Elfenkönig Oberon,seine Gattin Titania und der quirlige Puck graziös und oftmals allzu

menschlich agieren. Doch neben den bezaubernden Puppen war auch die von Trnka eingesetzte avancierte Filmtechnik für den großen Erfolg verantwortlich. In seinem Meisterwerk SEN NOCI SVATOJÁNSKÉ fasst Trnka alle Tricks und die über Jahrzehnte erworbene Spielkunst originell zusammen.

Einführung: Wilko Beckmann (Hetjens Museum/ Deutsches Keramikmuseum)

In Kooperation mit dem Hetjens Museum / Deutsches Keramikmuseum, der Ruhr-Universität Bochum und dem Tschechischen Zentrum Berlin.

Stationen der Filmgeschichte 49

Di 11.2. 2O:OO Aspekt: Politik & Reflexion

NETWORK USA 1976 · 121 min · DF · digital1080p · FSK 16R: Sidney Lumet · B: Paddy Chayefsky · K: Owen Roizman D: Peter Finch, Faye Dunaway, William Holden, Robert Duvall, Ned Beatty u.a.

p „I'm mad as hell and I'm not going to take it anymore!“ Der Nachrichtensprecher Howard Beale hat genug! Verzweifelt schreit er in die Kamera, möchte die Fernsehzuschauer*innen wachrütteln und ihnen die Augen für die Gnadenlosigkeit seines Senders öffnen, der ihn aufgrund sinkender Einschaltquoten und seines zu hohen Alters entlässt. Doch weil diese Sendung sein Leben in den letzten Jahrzehnten komplett ausgefüllt hat, bleibt ihm nichts anderes, als sich umzubringen – vor laufender Kamera natürlich! Die Drohung bringt dem Sender wieder fulminante Quoten und die eiskalte Programmchefin Diana Christensen findet für Beale eine neue Daseinsberechtigung: als Wahrheitsverkünder und werbewirksames Sprachrohr.

Der Drehbuchautor Paddy Chayefsky schuf eine beißende Medien-kritik, für die das Fernsehen eine Bewahrheitung industriekultureller Dystopie darstellte und die hinter den amerikanischen Fernsehstruk-

turen der 1970er-Jahre nicht nur Bürokratie und Nonsens, sondern auch die aufregenden Skandale und den falschen Schein des alten Hollywood-Studiosystems vermutete. So möchte Sidney Lumets Film immer wieder auch die Grenze des Wahrscheinlichen überschreiten und paart einen dokumentarischen Gestus mit Mitteln der Soap Opera. Faye Dunaway, die wie der posthum nominierte Peter Finch mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, wird darin zur Repräsentantin einer Generation, für die ein Dasein ohne TV-Gerät nicht mehr denkbar ist. Seitdem hat sich die Fernsehlandschaft in den letzten vierzig Jahren drastisch verändert und der Film muss heute fast antiquiert erscheinen, konnte er doch höchstens erahnen, in welchem Ausmaß sich die Screens von der Überwachungskamera bis in die privaten Haushalte vervielfachen sollten. So zeitgemäß er sich positionierte, so vorausschauend war er im Hinblick auf die Insze nierung des Spektakels, das im Film allgegenwärtig über die Bildschirme flimmert und in einer bösartigen Pointe, der Vermählung von Unterhaltung und Terror, mündet.

Einführung: Helmut von Richter (Filmforum – Freundeskreis des Filmmuseums)

50 Stationen der Filmgeschichte

Di 18.2. 2O:OO Aspekt: Persönlichkeit

ACCATTONE · ACCATTONE – WER NIESEIN BROT MIT TRÄNEN ASS

I 1961 · 115 min · DF · 35mm · FSK 16 • R: Pier Paolo Pasolini B: Pier Paolo Pasolini, Sergio Citti · K: Tonino Delli Colli D: Franco Citti, Franca Pasut, Silvia Corsini u.a.

p Pasolini schuf mit seinem ersten Film einen wichtigen Baustein der Filmgeschichte. Zu diesem Zeitpunkt war er in Italien ein umstrittener Schriftsteller, der das Subproletariat mit seinen Lebensbedingungen in die Literatur eingeführt hatte. Erfahrungen mit dem Filmemachen hatte er u.a. bei Federico Fellini und Mauro Bolognini sammeln können, für die er an Drehbüchern mitgear beitet hatte. Als ein Produzent eines seiner Drehbücher grund legend veränderte, entschied Pasolini, auf Basis seiner Ro-mane und einem Drehbuch, das er für Bolognini geschrieben hatte, selbst einen Film zu drehen.

Vittorio, genannt Accattone, lebt am verkommenen Stadtrand Roms. Er hat seine Familie verlassen und ist mit Maddalena liiert, deren Zuhälter er ist. Wegen einer Falschaussage wird sie inhaftiert,

so dass Accattone ohne Einkommen ist. Als er ein unbedarftes Mädchen kennenlernt, das sich in ihn verliebt, versucht er sie zur Prostitution zu zwingen, was jedoch misslingt. Er versucht es mit ehrlicher Arbeit, scheitert aber auch hier. Erst langsam und dann immer schneller, geht es die soziale Leiter abwärts – bis in die unvermeidliche Katastrophe.

Einführung: Joachim Manzin (Filmforum – Freundeskreis des Filmmuseums)


Di 25.2. 2O:OO Aspekt: Genre

CARNIVAL OF SOuLS TANZ DER TOTEN SEELEN USA 1962 · 84 min · OmU · digital1080p · FSK 12 • R: Herk Harvey · B: John Clifford K: Maurice Prather · D: Candace Hilligoss, Frances Feist, Sidney Berger, Art Ellison, Stan Levitt, Herk Harvey u. a.

p Die gespenstische Situation, in der sich die Organistin Mary Henry nach einem Autounfall befindet, ist einer Idee aus der Kurz-geschichte An Occurrence at Owl Creek Bridge (1981) von Am-brose Bierce entlehnt. Herk Harvey macht daraus mit wenig Geld einen außergewöhnlichen Film. Bei einem Aufenthalt in Salt Lake City war er von der Stimmung in dem dortigen verlassenen Saltair-Pavillon so beeindruckt, dass er zusammen mit John Clifford das Konzept entwickelte. Die intelligente Regie, die Haupt darstellerin Candace Hilligoss in ihrer ersten Rolle und die Musik von Gene Moore schaffen eine unheimliche Atmosphäre. Die Low-Budget-Pro-duktion wurde in nur drei Wochen (manche Quellen sprechen auch von nur neun Tagen) in Lawrence und Salt Lake City gedreht. Das Budgetdes Films betrug lediglich 33.000 US-Dollar, nach anderen

An- gaben sogar nur 17.000 US-Dollar. Der Film floppte an der Kinokasse. Die deutsche Premiere erfolgte erst dreißig Jahre später, am 2. Juni 1992 im Nachtprogramm des ZDF.

Den Erfolg nach der DVD-Veröffentlichung 1996 erlebte Harvey nicht mehr. Es blieb sein einziger Spielfilm.

„CARNIVAL OF SOULS ist, so absurd das angesichts eines No-Budget-Movies klingt, ein perfekter Film. Er erreicht größtmög-liche Effekte mit den einfachsten Mitteln, ohne dass diese je nur Mittel zu diesen Effekten wären. Der Mehrwert, der den Bildern das Entsetzen einjagt, ist ein Effekt des Verzichts auf die unmittelbare Verrechnung von Mitteln in Effekte. Kein Bild zielt nur auf den Schrecken, den es hat. Der Schock verliert sich in der Unerbittlich-keit, die in den Bildern steckt, von Anfang an.“ (Ekkehard Knörer in: www.filmzentrale.com)

Einführung: Dr. Wolfgang Cziesla (Filmmuseum)

Vorschau:

3.3. IL CONFORMISTA · DER GROSSE IRRTUM · I 1970 · R: Bernardo Bertolucci

10.3. THE THIRD MAN · DER DRITTE MANN · GB 1949 · R: Carol Reed

17.3. DEAD MAN · USA 1995 · R: Jim Jarmusch

24.3. 12 MONKEYS · USA 1995 · R: Terry Gilliam


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FILMCLuBS FILME IM ORIGINAL

Griechischer FilmclubSpanischer FilmclubItalienischer Filmclub entfälltFranzösischer Filmclub

p Jeden Donnerstag zeigen die jeweils einem Sprachraum gewidmeten Filmclubs untertitelte Originalfassungen und greifen damit eine Idee aus den Anfängen der kommunalen Film arbeit auf. Durch Synchronisation wird oftmals die Atmosphäre verän-dert, gar der Sinn verfälscht. Hier bieten die Filmreihen der Film-clubs den sprachkundigen Besucher*innen die Mög lichkeit, den Film in seiner ursprünglichen Version zu hören. Die Untertitel hingegen erleichtern dem Sprachlernenden oder einfach nur Kulturinteressierten das Verständnis. Im Mittelpunkt stehen aktuelle Produktionen. Die Werke junger Filmschaffender bieten Gelegenheit, aktuellen Filmströmungen und Tendenzen nach-zuspüren. Gelegentlich runden Filmklassiker das Programm ab.

To thavma tis thalassas ton Sargasson

DO 6.2. 2O:OO

TO THAVMA TIS THALASSAS TON SARGASSON · DAS WUNDER IM MEER VON SARGASSOGR·DE·NL·SW 2019 · 120 min · OmU · digitalDCP · ab 18R: Syllas Tzoumerkas · B: Youla Boudali, Syllas Tzoumerkas · K: Petrus Sjövik D: Angeliki Papoulia, Youla Boudali, Hristos Passali

p Elisabeth ist als Polizei-Chefin von Messolonghi, einer Kleinstadt an der Westküste Griechenlands, die für ihre Aalzucht bekannt ist, die falsche Person am falschen Ort. Obwohl sie eine sehr gute Ausbildung genossen hat und als aussichtsreiche Beamtin bei der Polizei in Athen galt, ist sie einem Manöver zum Opfer gefallen, als sie sich weigerte, das Geständnis eines Jugendlichen zu fälschen, der wegen Verdacht auf Mitgliedschaft in einer Terror-Vereinigung in Untersuchungshaft saß.

Rita ist in Messolonghi geboren und aufgewachsen. Sie arbeitet in der örtlichen Aalzucht und putzt in ihrer Freizeit Kirchen, um finanziell über die Runden zu kommen. Ihre einzige Bezugsperson im Ort ist ihr Bruder Manolis, eine lokale Größe im Showgeschäft, die es

genießt, sie vorzuführen. Systematisch durchkreuzt er ihre Pläne, aus Messolonghi wegzugehen. Nach einer wilden Strandparty mit jeder Menge Drogen und Alkohol wird Manolis am nächsten Morgen erhängt aufgefunden. Elisabeth wird mit dem Fall betraut. Genau wie die Aale von Messolonghi, die sich auf die Reise von ihrer Lagune hinaus aufs offene Meer begeben, versuchen Elisabeth und Rita, sich aus dem Sumpf zu befreien und sich so weit wie möglich zu entfernen. Im letzten Teil seiner Griechenland-Trilogie besetzt Syllas Tzoumerkas wie zuvor in A BLAST (2014) erneut Angeliki Papoulia, die sich zum „Gesicht“ der New Greek Wave entwickelt hat.

Einführung: Eleni Giannakoudi (Filmmuseum)

Vorschau:

5.3. FYGADEYONTAS TON HENDRIX · SMUGGLING HENDRIX DE·ZY·GR 2019 · R: Marios Piperides

2.4. PAFSI · PAUSE · ZY·GR 2019 · R: Tonia Mishiali

5757Griechischer Filmclub

DO 13.2. 2O:OO

TODOS LO SABEN OFFENES GEHEIMNIS E·F·I 2018 · 132 min · OmU · digitalDCP · FSK 12 • R/B: Asghar Farhadi K: José Luis Alcaine · D: Penélope Cruz, Javier Bardem, Ricardo Darín u.a.

p Die seit sechzehn Jahren in Argentinien lebende Laura kehrt zur Hochzeit ihrer jüngeren Schwester zusammen mit ihren zwei Kindern in ihr Heimatdorf in der Nähe von Madrid zurück – ihr Ehemann kann aus beruflichen Gründen nicht mitfahren. Dort trifft sie auf ihre Jugendliebe, Paco, selbst glücklich verheiratet. Als in der Nacht der Hochzeit ihre Tochter Irene spurlos verschwindet, müssen sich nicht nur die Beiden verdrängten Gefühlen und gut gehüteten Geheimnissen stellen, auch die Erinnerung an einen früheren Entführungsfall kommt wieder hoch.

Der achte Film von Asghar Farhadi zeigt erneut seine typischen familiär- und sozioökonomischen Handlungs-Verflecht ungen. Waren bei seinen Oscar-Gewinnern DSCHODAI-YE NADER AZ SIMIN (NADER UND SIMIN – EINE TRENNUNG, 2011) und FORU S-CHANDE (THE SALESMAN, 2016) noch die Auswirkungen urbanen

Wandels und das Hinterfragen von Traditionen Auslöser für die Narra-tion vorantreibende Krisen, ist die Handlung um Penélope Cruz und Javier Bardem, angesiedelt in einem kastilischen Wein anbaugebiet, deutlich geprägt von melodramatischen Wendungen. Das Private wird auch hier zunehmend vom Politischen durchdrungen. So fehlt es der Gemeinde als Folge der Wirtschaftskrise an Geld: Der von Irene aufgesuchte Glockenturm muss dringend saniert werden und der Fall soll im Familienkreis gelöst werden, ohne Hilfe staatlicher Institutionen. In den komplizierten, ökonomischen Abhängigkeiten und Schuldfragen spiegeln sich letztlich die familiären, romantischen und intimen Geheimnisse, die aktuell und gefährlich werden und die Figuren heimsuchen.

Vorschau:

12.3. SANTA & ANDRÉS · CU 2016 · R: Carlos Lechuga

9.4. BUÑUEL EN EL LABERINTO DE LAS TORTUGAS BUÑUEL – IM LABYRINTH DER SCHILDKRÖTEN · E·NL·D 2018 · R: Salvador Simó

14.5. CARMEN & LOLA · E 2017 · R: Arantxa Echevarría

58 Spanischer Filmclub

61

DO 27.2. 2O:OO

BANDE DE FILLES · MÄDCHENBANDE F 2014 · 113 min · OmU · digitalDCP · FSK 12 • R/B: Céline Sciamma K: Crystel Fournier · D: Karidja Touré, Assa Sylla, Lindsay Karamoh u.a.

p Die Mädchen einer Teenagerclique aus den Pariser Banlieues sind auf der Suche nach ihrer eigenen individuellen Freiheit. Zwischen kargen Wohnblocks und zubetonierten Brunnen bleibt nur die Wahl, sich einer der vielen Gangs anzuschließen oder in der betonierten Tristesse zu versinken. Die Banlieues dienen als Ausgangspunkt einer realistischen Studie der Regisseurin über die Eigenheiten, das Charisma und die Individualität junger Frauen am Rande der französischen Metropole.

Es ist der dritte Langspielfilm von Céline Sciamma und ein Coming-of-Age-Drama, nah an der Realität inszeniert. Für alle Darstellerinnen war es die erste Filmrolle, auch für Karidja Touré, die Mariem interpretiert. Sie gibt ihrem Charakter eine kraftvolle und scheinbar nie zu brechende Kraft, die mit stillem Schauspiel in Szene gesetzt wird. Mariem kämpft gegen die sozialen Fakten ihrer Welt und hat kaum eine Chance, einfach ein heranwachsender

Teenager zu sein. Sciamma fordert mit ihrer schonungslosen Inszenierung die Zuschauenden auf, ihr Bild der Pariser Vororteund sozialer Brennpunkte neu zu definieren.

Einführung: Océane Gonnet (Filmforum - Freundeskreis des Filmmuseums)

In Kooperation mit dem Institut français Düsseldorf.

Vorschau:

26.3. JEANNE D’ARC · F 2019 · R: Bruno Dumont

23.4. MARCHE OU CRÈVE · F 2018 · R: Margaux Bonhomme

28.5. SYNONYMES · F·D·ISR 2019 · R: Nadav Lapid

61Französischer Filmclub

FILMKLASSIKER AM NACHMITTAG

Zur Zeit des Nationalsozialismus pendelte das deutsche Kino zwischen Propaganda und eskapistischem Unterhaltungskino – mit teilweise fließenden Grenzen. Filme, die im Auftrag der Goebbelschen Propaganda-Maschinerie gedreht wurden, sind mittlerweile als soge- nannte Vorbehaltsfilme eingestuft und überstrahlen das übrige Unter- haltungskino dieser Zeit, das etwa 90% der Produktion ausmachte und eine genuin eigene Qualität entwickelte. Ohne die Repression undUnterdrückung, die das bis dato äußerst kreative und innovative deut-sche Kino zum Erliegen brachte, zu bagatellisieren, möchte die Film- reihe „Filmklassiker am Nachmittag“ einen Blick auf das harmlos wirkende Kino dieser Zeit werfen – stets mit dem Bewusstsein, vor welchem zeithistorischen Hintergrund mit Leichtigkeit unterhaltende Lustspiele inszeniert wurden. • Eintritt: 2,00 €

p

62

Di 4.2. 15:OO

DIE uNHEIMLICHE WANDLuNG DES ALEX ROSCHERD 1942/43 · 87 min · DF · 35mm · FSK 6R: Paul May · B: Ernst von Salomon · K: Erich Claunigk D: Viktoria von Ballasko, Rudolf Prack, Oskar Sima u.a.

p Der Spiegel der Helena, ein wertvolles Schmuckstück, ist aus einem Bremer Museum gestohlen worden und soll über die Alpen zur Grenze geschafft werden. Alex Roscher, der Grenz-beamte, stellt die Schmuggler, wird dabei aber in eine Schießerei verwickelt. Einer der Schmuggler wird getötet, doch die anderen können fliehen. Roscher erhält einen Verweis. Das nimmt er sich so zu Herzen, dass er zum Trinker und Spieler wird und Schulden anhäuft. Nun versuchen die Schmuggler, ihn zu erpressen. Er soll ihnen beim Transport des Schmucks über die Grenze helfen.

Vorschau:

3.3. WASSER FÜR CANITOGA · D 1939 · R: Herbert Selpin

7.4. MORGEN BEGINNT DAS LEBEN · D 1933 · R: Werner Hochbaum

5.5. WAS WILL BRIGITTE? · D 1941 · R: Paul Martin

63Filmklassiker am Nachmittag

PSYCHOANALYSE uND FILMp Seit 2001 zeigt die Akademie für Psychoanalyse und Psycho somatik einmal monatlich, immer freitags um 19:00 Uhr, aus gewählte Filme mit filmtheoretischer Einführung von Dr. Dorothee Krings (Rheinische Post) und einem anschließenden psycho analytischen Kommentar, abgerundet durch eine anregende Diskussion mit dem Publikum.

Moderation: Prof. Dr. Dirk Blothner, Dr. Beate West-Leuer Eintritt: 9,00 € · ermäßigt 7,00 € · mit Black-Box-Pass 6,00 €

64

65

Fr 28.2. 19:OO

THE LOBSTERG·I· F· NL 2015 · 119 min · DF · digitalDCP · FSK 16R: Yorgos Lanthimos · B: Yorgos Lanthimos, Efthymis Filippou K: Thimios Bakatakis · D: Colin Farrell, Rachel Weisz, Jessica Barden u.a.

p Yorgos Lanthimos verließ mit THE LOBSTER Griechenland, um mit Colin Farrell und Rachel Weisz in Großbritannien zu drehen. In dieser dystopischen Fabel, inszeniert in Beige, Grün- und Braungelb-Tönen, besuchen Singles ein Hotel, um in 45 Tagen eine*n neue*n Partner*in zu finden und sich zu ver lieben. Gelingt dies nicht, werden sie in ein Tier ihrer Wahl verwandelt und in der Wildnis ausgesetzt. Der von Liebes - kummer zerfressene Architekt David hat sich für einen Hummer entschieden, weil er das Meer mag. Das bleibt eine der wenigen Entscheidungsmöglichkeiten, die in dieser Umgebung bleiben. Vieles ist von Restriktionen geprägt und mit Strafe belegt. Einerseits exerziert Lanthimos also Fragen der Liebe ganz nach dem Vorbild von Eva Illouz durch, andererseits entsteht im Laufe der Handlung Widerstand gegen die Strukturen im Hotel. Eine Gemeinschaft hat sich im Wald zusammen gefunden, die sich ebenso strenge Regeln

auferlegt hat: Flirten und Sex sind verboten; die Liebe wird negiert.Gerade in dieser Gruppe findet David seine neue Liebe: eine – wie er – kurzsichtige Frau. Ein Spießrutenlauf beginnt, indem die beiden versuchen, ihre Liebesbeziehung zu verheimlichen und letztlich doch auffliegen.

Vortrag und Diskussionsleitung: Dr. Norbert Hartkamp

Vorschau:

27.3. VICE · DER ZWEITE MANN · USA 2018 · R: Adam McKay

24.4. DON’T LOOK NOW · WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN I·GB 1973 · R: Nicolas Roeg

29.5. GONE GIRL · GONE GIRL – DAS PERFEKTE OPFER · USA 2014 · R: David Fincher

Psychoanalyse & Film

66

K I N O O H N E W E R B u N G .

BLACK BOX – Kino im Filmmuseum der Landeshauptstadt DüsseldorfSchulstraße 4 · 40213 DüsseldorfTelefon 02 11-8 99 22 32 [email protected]

Eintritt Kino: sofern nicht anders angegeben: pro Person 7,00 € / ermäßigt 5,00 €mit Black-Box-Pass 4,00 €

Kinokarten erhalten Sie auch im Vorverkauf! Die Karten sind jeweils ab dem 15. des Vormonats ganztägig an der Kasse erhältlich. Telefonisch reservierte Karten müssen spätestens 20 Minuten vor Filmbeginn abgeholt werden. Die Kinokasse öffnet 45 Minuten vor Filmbeginn.

Filmmuseum Öffnungszeiten und Eintritt: Di – So: 11–18 Uhr, geschlossen montags und an folgenden Feiertagen: Weiberfastnacht, Karnevalssonntag, 1.5., 24.12., 25.12., 31.12, 1.1., andere Feiertage: geöffnet wie sonntags Eintritt pro Person: 5,00 € (erm. 2,50 €) Jugendliche unter 18 J. freier Eintritt, Sonntags Eintritt frei.

Mit dem BLACK BOX PASSfür nur 4,00 e* ins Kino!Dem Besitzer des Black-Box-Passes wird in diesem Kino ein Jahr ab Kaufdatum eine Ermäßigung von 3,00 € auf den vollen Eintrittspreis gewährt. Preis: 18,00 € / ermäßigt 6,00 €

*ausgenommen sind Sonderveranstaltungen

U

P

uP – uO & iEHaltestelle: Heinrich-Heine-Allee

UWZ Haltestelle: Maxplatz

Parkhaus Altstadt (Zufahrt nur über Rheinufertunnel) oder Parkhaus Carlsplatz

67

Impressum:

Herausgegeben von der Landeshauptstadt Düsseldorf Der Oberbürgermeister Filmmuseum

Texte + Redaktion: Florian Deterding

Mitarbeit: Robert Birkel, Wolfgang Cziesla, Marc Ewert, Eleni Giannakoudi, Océane Gonnet, Philipp Hanke, Joachim Manzin, Thomas Ochs, Margret Schild

Filmvorführer*innen: Lucas Croon, Hannah Hummel, Luka Kurashvili, Thomas Ochs, Fernanda Rueda, Nikolai Szymanski

Verantwortlich: Bernd Desinger Bildmaterial: Filmmuseum Düsseldorf

Erläuterungen: R: RegieB: Drehbuch

K: KameraD: Darsteller

DF = Deutsche FassungOF = Originalfassung

OmU = Original mit deutschen UntertitelnOmeU = Original mit englischen Untertiteln

FEBRuAR 2O2O

Andrzej J. Jaroszewicz: Bildgewaltiger Visionär


Im Bahnhofskino um die Welt VI

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Eine Kultureinrichtung der Landeshauptstadt Düsseldorf

Titelbild aus Possession

BlackBox 2/2020 · 2020. 1. 20. · La Vendetta – Facetten und Motive von „Rache“ im Kino...

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