BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit...

36
WWW.DFB.DE WWW.MERCEDES-BENZ.DE

Transcript of BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit...

Page 1: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

B L I N D T E X TBlindtext

WWW.DFB.DE

WWW.MERCEDES-BENZ.DE

Page 2: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

10 Jahre Integrationspreis2007 – 2017

VIELE KULTURENEINE LEIDENSCHAFT

Page 3: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «2

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

B L I N D T E X TBlindtext

„Als ich 1999 nach Deutschland kam, haben mich viele Menschen sehr herzlich aufge-nommen und unterstützt. Heute, als ehemaliger Fußballprofi und deutscher National-spieler, verspüre ich eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion. Ich möchte etwas zurückgeben. Ich glaube, ich kann den Menschen, die zu uns kommen, und denen, die schon lange hier wohnen, glaubwürdig vermitteln, welche großen Chancen sich ihnen bieten. Und was man dafür tun kann. Wenn man versteht, dass Integration bei einem selbst anfängt, ist schon viel gewonnen. Als Integrationsbeauftragter möchte ich denjenigen eine Stimme geben, die nicht so sehr in der Öffentlichkeit stehen. Wir sollten alle noch mehr aufeinander zugehen. Und uns gemeinsam gegen Diskriminierung starkmachen.“

C L A U D E M I R J E R Ô N I M O B A R R E T O , K U R Z C A C A U

23-maliger deutscher Nationalspieler. Er studiert Sportmanagement und ist seit Herbst 2016 Integrationsbeauftragter des DFB.

C AC AUIntegrationsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes

Page 4: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

1

V O R W O R T E 0 2

1 0 J A H R E – 3 0 S I E G E R 0 4

W I E D E R E I N T O R F Ü R T Ü R K I Y E M S P O R 0 6

Türkiyemspor Berlin

M Ä D C H E N U N D F R A U E N 0 8

D E R M O M E N T V O N R H E I N F L A N K E 0 9

RheinFlanke Köln

E R S T P O D E S T, D A N N P R A N G E R 1 0

BV Altenessen

F U S S B A L L I S T D A S G A N Z E L E B E N 1 2

Gesamtschule Gelsenkirchen-Horst

V E R N E T Z U N G 1 3

E R F O L G R E I C H E S H Ä N D E S C H Ü T T E L N 1 4

Deutsche Soccer Liga

V I E L F A LT 1 5

1 0 J A H R E I N B I L D E R N 1 6

D A S I N T E R K U LT U R E L L E M I T D E N K E N 1 8

„MIA-DO-KI“

M I G R A N T E N S P O R T V E R E I N E 1 9

D E R P R E I S D E S E R F O L G S 2 0

SV Türkgücü Kassel

F L Ü C H T L I N G E 2 1

B U N T A U S T R A D I T I O N 2 2

SV Lindenau

D I S K R I M I N I E R U N G 2 3

U N T E R B R O C H E N E E S K A L AT I O N S K E T T E 2 4

FC Vorwärts Drögeheide

N O M I N I E R T E 2 0 1 6 2 5

„ D A S M I T E I N A N D E R I S T D I E M E S S A G E “ 2 6

Oliver Bierhoff

B I G M O M E N T S D E R M I G R A N T E N 2 8

„DIE KINDER REDEN NUR VOM SIEGER AUTO“ 3 0

Page 5: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «2

mehr als 25.000 Vereine, fast sieben Millionen Mitglieder im DFB – der Fußball ist die größte gesellschaftliche Bewegung in Deutschland. Diese Bewegung ist eine starke Kraft – daraus resultiert auch eine starke Verantwortung. Für den Fußball, für unser Land insgesamt. Als große gesellschaftliche Bewegung kann der Fußball einen Beitrag leisten, eine der größten gesell-schaftlichen Aufgaben zu meistern und eine große Chance für Deutschland mitzugestalten: die Migration.

Unsere Relevanz nutzen wir in vielfältiger Weise. Der DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander im Fußball starkmachen, ob im Verein, in der Schule oder in Projekten freier oder kommunaler Träger. Mehr als 1,75 Mil-lionen Euro in Sach- und Geldpreisen wurden an die Basis ausgeschüttet. Das kann sich sehen lassen und dafür – und ganz grundsätzlich – geht mein großes Dankeschön an unse-ren Partner Mercedes-Benz!

Der Blick auf die 30 Gewinner zeigt, wie viele Gesichter Integrationsarbeit haben kann. Ich bin immer wieder faszi-niert davon, wie kreativ die Arbeit in unseren Vereinen ist und wie viele ausgezeichnete Ideen an der Basis des deut-schen Fußballs entwickelt und umgesetzt werden. Beim

Thema Integration hat der DFB, unterstützt von starken Partnern, schnell und flexibel gehandelt. Etwa durch die Flüchtlingsinitiativen „1:0 für ein Willkommen“ und „2:0 für ein Willkommen“. Wenn es Schwierigkeiten gab, haben wir die richtigen Lösungen gefunden. Wir dürfen sagen: Nirgendwo in unserem Land funktioniert die Integration von Flüchtlingen so gut wie im Fußball.

Dabei ist mir wichtig zu betonen, dass es beim Thema Inte-gration nicht nur um die Wahrnehmung einer gesellschaft-lichen Aufgabe geht. Es geht um die Zukunftsfähigkeit unserer Vereine selbst. Wenn in vielen Städten und immer mehr ländlichen Regionen jedes zweite neugeborene Kind einen Migrationshintergrund hat, hängt die Perspektive unserer Vereine auch davon ab, ob es uns gelingt, möglichst viele dieser Kinder in unsere Vereine zu integrieren.

Damit bedienen wir mehrere Aspekte. In einem Klima der Polarisierung kann gerade gelungene Integration im Fußball positiv der drohenden Spaltung unseres Landes entgegen-wirken, besonders wenn diese Spaltung sich als Diskriminie-rung oder sogar Rassismus zeigt. Mithilfe des Fußballs erhalten Kinder außerdem in frühen Jahren einen ganz ande-ren Blick auf die Welt. Diese Kinder werden durch diesen Austausch früh in Vielfalt und durch Vielfalt geprägt. Diese Kinder stehen damit später gestärkt gegen Vorurteile auf.

Für Kinder gilt: Mit zehn Jahren stehen sie noch am Anfang des Lebens und entdecken eine Welt voller Chancen. Ähnlich gilt dies für den DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis. Denn der Fußball wird auch weiterhin bei der Integration in Deutschland mitwirken. Zehn Jahre sind erst der Anfang.

L I E B E F R E U N D I N N E N U N D F R E U N D E D E S F U S S B A L L S ,

R E I N H A R D G R I N D E L

Präsident des Deutschen Fußball-Bundes

Page 6: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

D R . J E N S T H I E M E R

Vice President Marketing Mercedes-Benz Cars „10 Jahre DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis“

Zehn Jahre DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis – darauf sind wir stolz! Gemeinsam mit unserem langjährigen Partner DFB haben wir diesen wichtigen Preis 2007 ins Leben gerufen. Damit stärken wir seit zehn Jahren die Viel-falt im Sport und in unserer Gesellschaft. Denn Fußball verbindet: Auf dem Platz ist es egal, wo man herkommt oder woran man glaubt. Was zählt, sind Talent, Einsatzwille und Teamgeist. Perfekt wird ein Team erst durch verschiedene Spieler mit unterschiedlichen Erfahrungen und Fähigkeiten, kurz: durch Vielfalt!

Das ist bei Mercedes-Benz nicht anders. Auch wir brauchen die Kompetenzen und Perspektiven verschiedener Menschen, um erfolgreich zu sein. Deshalb beschäftigen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Nationalitäten. Alleine an unseren Standorten in Deutschland arbeiten Menschen aus rund 140 Nationen. Jeder Einzelne bereichert unsere Arbeit und unsere Produkte mit seinen individuellen Stärken und Talenten, seinen speziellen Begabungen, Erfahrungen und Kompetenzen.

Wir möchten, dass das auch in Zukunft so bleibt. Deshalb fördern wir die Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft. So bieten wir Flüchtlingen zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit Brückenpraktika, um ihnen den Weg in die Arbeitswelt zu erleichtern – seit 2015 können Flüchtlinge dabei in unseren Werken für mindestens 14 Wochen lang Teil der Mercedes-Benz Welt sein. Neben wertvollen Einblicken in Produktion und Logistik steht ein begleitender Deutschkurs auf dem Programm. Insgesamt haben 2016 rund 600 Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien, Somalia und Eritrea an dieser Integrationsinitiative teilge-nommen. Einige haben danach eine Ausbildung bei uns begonnen; viele andere konnten in feste Jobs bei Zeitar-beitsfirmen, im Handwerk oder bei Mittelständlern weiter-vermittelt werden. Diesen Erfolg setzen wir auch in diesem Jahr mit weiteren Brückenpraktika in unseren Werken fort.

Besonders am Herzen liegt uns die Einbindung von Kindern und Jugendlichen durch den Sport. Schließlich sind Kinder unsere Zukunft und Sport bietet ihnen die Chance, teil-zuhaben, sich auszuprobieren, die eigenen Stärken kennen-zulernen und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Außerdem lernen sie dabei wichtige Werte wie Disziplin, Teamgeist und Fairness, die sie auf ihrem gesamten Lebensweg positiv begleiten.

Der DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis steht als Leuchtturmprojekt für dieses Engagement. Die vergan-genen zehn Jahre haben gezeigt, wie vielseitig und enga-giert sich Schulen, Vereine und freie Träger für die Integra-tion junger Menschen einsetzen. Das hat uns beeindruckt und in unserem Engagement bestärkt: Wir freuen uns auf die nächsten zehn Jahre Integrationspreis mit vielen tollen Aktionen, die alle Kids an der Faszination Fußball teilhaben lassen. Denn: Integration ist auf dem Platz!

I N T E G R AT I O N I S T AU F D E M P L AT Z

3

Page 7: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

2 0 1 0K AT E G O R I E V E R E I N

Spvgg. Kaufbeuren Bayerischer FV

K AT E G O R I E S C H U L EGesamtschule Horst

Gelsenkirchen Fußball- und Leichtathletik-

Verband Westfalen

K AT E G O R I E S O N D E R P R E I SFAIR e.V. Ellwangen

Württembergischer FV

2 0 0 9K AT E G O R I E V E R E I N

BV Altenessen 06 FV Niederrhein

K AT E G O R I E S C H U L EFridtjof-Nansen-Grundschule

Hannover Niedersächsischer FV

K AT E G O R I E F R E I E U N D K O M M U N A L E T R Ä G E R

Stadt Eschweiler FV Mittelrhein

2 0 0 8K AT E G O R I E V E R E I N

1. TJ Dormagen FV Niederrhein

K AT E G O R I E S C H U L EFörderschule Munderkingen

Württembergischer FV

K AT E G O R I E F R E I E U N D K O M M U N A L E T R Ä G E R

RheinFlanke gGmbH (köln kickt) FV Mittelrhein

2 0 0 7K AT E G O R I E V E R E I N

1.Türkiyemspor Berlin Berliner FV

K AT E G O R I E S C H U L ESt. Norbert-Schule Vreden

Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen

K AT E G O R I E F R E I E U N D K O M M U N A L E T R Ä G E R

Sportkreis Frankfurt Hessischer FV

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «4

Wenn am 17. März 2017 im Deutschen Fußballmuseum die Preise vergeben sind, wurden in 10 Jahren 30 Sieger ausgezeichnet

1 0 JA H R E

3 0 S I E G E R

Page 8: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

2 0 1 5K AT E G O R I E V E R E I N

FC Vorwärts Drögeheide Landesfußballverband Mecklen-

burg-Vorpommern

K AT E G O R I E S C H U L EBachschule, Offenbach

Hessischer FV

K AT E G O R I E F R E I E U N D K O M M U N A L E T R Ä G E RChampions ohne Grenzen e.V.

Berliner FV

K AT E G O R I E S O N D E R P R E I SWilli Lemke, Bremen

Bremer FV

2 0 1 4K AT E G O R I E V E R E I N

SV Lindenau, Leipzig Sächsischer FV

K AT E G O R I E S C H U L EGeschwister-Scholl-Schule

in Seelze Niedersächsischer FV

K AT E G O R I E F R E I E U N D K O M M U N A L E T R Ä G E R

Der Sportkreis Stuttgart Württembergischer FV

K AT E G O R I E S O N D E R P R E I SVerein NestWerk e.V.

Hamburger FV

2 0 1 3K AT E G O R I E V E R E I NSV Türkgücü Kassel 1972 e.V.

Hessischer FV

K AT E G O R I E S C H U L EGrundschule Bergstraße/

Röchlinghöhe Saarländischer FV

K AT E G O R I E F R E I E U N D K O M M U N A L E T R Ä G E RMitternachtsSport e.V. – Verein

für interkulturelle Jugend sozialarbeit in Berlin

Berliner FV

K AT E G O R I E S O N D E R P R E I S1. FSV Mainz 05 e.V.

Südwestdeutscher FV

2 0 1 2K AT E G O R I E V E R E I N

FC Internationale Berlin 1980 e.V. Berliner FV

K AT E G O R I E S C H U L EGGS Kettelerstraße, Köln

FV Mittelrhein

K AT E G O R I E F R E I E U N D K O M M U N A L E T R Ä G E RStadt Dortmund (MIA-DO-KI)

Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen

K AT E G O R I E S O N D E R P R E I SSV Werder Bremen

Bremer FV

2 0 1 1K AT E G O R I E V E R E I N

VfL Fontana Finthen Südwestdeutscher FV

K AT E G O R I E S C H U L EGrundschule am Pastorenweg,

Bremen Bremer FV

K AT E G O R I E S O N D E R P R E I S

Deutsche Soccer Liga e.V. Thüringer FV

5

Page 9: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «6

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Die Zukunft Türkiyemspors ist schon in Sicht. In der Sporthalle an der Kreuzberger Blücherstraße trainieren rund 50 Mädchen in drei Gruppen. Darunter auch ein strahlendes junges Mädchen mit schwarzen Locken in einem übergroßen Trikot. „Das ist unsere Sara ‚Mara-dona‘, sagt Murat Dogan stolz, „weil sie so stark am Ball ist, trainiert sie schon in der F-Jugend. Dogan leitet die Mädchen- und Frauenabteilung von Türkiyemspor, aus Leidenschaft und mit einer klaren Vision. Er ist schon eine halbe Ewigkeit im Verein und es ist nicht vermessen, ihn den Vater des Mädchenfußballs zu nennen. Die Entwicklung beeindruckt: 2004 startete der Verein mit der Einführung eines U 11-Mädchenteams. Heute hat Türkiyemspor mit acht Mädchen- und drei Frauenmann-schaften und mit 250 aktiven Mädchen und Frauen die

zweitgrößte Mädchen- und Frauenfußballabteilung in Berlin. Über das Projekt „Kicking Girls“, das aus einem ehemaligen DFB-Modellprojekt zur Förderung des Mäd-chenfußballs in sozialen Brennpunkten hervorgegangen ist, organisiert der Verein Mädchenfußball-AGs in fünf umliegenden Schulen. Das erste Frauenteam ist nicht nur in die höchste Spielklasse Berlins, sondern auch zum Aus-hängeschild des Vereins aufgestiegen. „Unsere Ideen sind aufgegangen. Wir hatten ein klares Konzept und viel Geduld. Wir wollten den Bereich von unten nach oben, von der Breite bis an die Spitze aufbauen und einen Wan-del in Verein und Umfeld schaffen“, berichtet Dogan. Auch innerhalb des Vereins spielt der Mädchen- und Frauen-fußball inzwischen eine bestimmende Rolle, ist gut struk-turiert und schafft es, Kinder und Eltern zu überzeugen: „Wir müssen für unsere Teams nicht um neue Spielerinnen werben, die kommen mittlerweile von allein, das Ver-trauen in unsere Arbeit ist groß.“

E I N E K L E I N E S E N S AT I O N

Es ist schon eine kleine Sensation, dass sich gerade ein tür-kischer Migrantensportverein zum Motor des Mädchen- und Frauenfußballs in Berlin entwickelt hat. Dabei bleibt es schwer zu beurteilen, wer sich zuerst verändert hat. Ob der Verein sich lediglich für den Mädchenfußball öffnen musste oder ob der Mädchenfußball das gesellschaftliche Umfeld des Vereins verändert hat. „Wir haben viele Vorurteile abgeschafft. Die Meinung von vielen Menschen aus unserer Community hat sich verändert.“ In den Jugendteams des Vereins findet sich heute eine echte Kreuzberger Mischung, Kinder aus türkischen, deutschen, albanischen oder arabi-schen Familien spielen hier zusammen. Auch einige Mädchen mit Kopftuch kicken selbstverständlich mit. Ein weiterer Garant für die hohe Akzeptanz der Mädchenarbeit: Alle Teams werden von jungen Trainerinnen angeleitet, die selbst der Jugendarbeit entwachsen sind. „90 Prozent unserer Trainer-

W I E D E R E I N T O R F Ü R T Ü R K I Y E M S P O RTürkiyemspor Berlin 1978 e.V., Sieger Kategorie Verein 2007

Page 10: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

7

innen stammen aus unserem Verein. Die Frauen sind echte Vorbilder für die Mädchen und identifizieren sich total mit dem Verein“, so Dogan. Die hohe Qualität des Trainings und das wertschätzende Miteinander machen die Mädchenarbeit von Türkiyemspor so erfolgreich – und die Mädchen zu Hoffnungsträgerinnen des Vereins.

DER BEKANNTESTE MIGRANTENVEREIN EUROPAS

Dabei sah die Zukunft Türkiyemspors zuletzt nicht immer rosig aus. Seit seiner Gründung als BFC Izmirspor 1978 durch türkische Einwanderer erlebte der Verein viele Höhen und Tiefen. In den 1980er-Jahren benennt sich Tür-kiyemspor um („türkiyem“ bedeutet „meine Türkei“), wird zum Aushängeschild der türkischen Community in Berlin und steht mehrmals vor dem Aufstieg in die 2. Bundesliga. Der sportliche Erfolg macht den Verein europaweit bekannt. Leicht hatte es der Klub nie, denn mit dem Erfolg wächst

auch das Misstrauen. Nach der Wiedervereinigung bekommt der Verein agressive Ablehnung zu spüren, insbesondere im Umland. Eine rechtsextreme Band dichtet „Wieder kein Tor für Türkiyem spor“ – und viel zu viele grölen mit.

2007 gewinnt Türkiyemspor als erster Verein den Integra-tionspreis für den Aufbau einer Mädchenabteilung, aber auch für seine umfangreichen sozialen Aktivitäten. Gemein-sam mit Schulen, Kindertagesstätten, Jugendklubs, Verbän-den und Moscheen etabliert und kultiviert der Verein ein Netzwerk zum Kampf gegen Diskriminierung und Gewalt im Sport. Der Verein ist Ansprechpartner bei familiären Pro-blemen, Wohnungs-, Ausbildung- oder Jobsuche.

MARKE UND MYTHOS

Von 2008 bis 2011 spielen die ersten Männer für drei Spiel-zeiten in der Regionalliga. Doch die Strukturen können nicht mithalten, was 2012 zur Insolvenz führt. Ein „Ret-tungsschirm für Türkiyemspor“ soll helfen, die Jugendar-beit des Vereins aufrechtzuerhalten, und gewinnt viele prominente Unterstützer. Murat Dogan hat sich den Namen in Anlehnung an die Bankenkrise ausgedacht, schließlich sei der Verein ebenso systemrelevant für das soziale Gefüge in der Stadt wie eine Bank in der Finanzwelt. „Wir sind wichtig, für die eigene Community, aber auch für die

Gesellschaft. Für Berlin und Kreuzberg. Wir haben die Ver-antwortung dafür, dass der Verein weiterlebt.“ Befürchtun-gen, Türkiyemspor könnte scheitern, hatte er nie. „Wir sind eine Marke, ein junger Verein mit einer langen Geschichte und genügend Stoff für eine ziemlich bewegte Fernseh-serie. Die Machenschaften, die Leidenschaften, die Hochs und Tiefs. Niemand kommt in Berlin an Türkiyemspor vor-bei. Und jeder hat seine eigene Story über den Verein zu erzählen.“ Kein Wunder, dass es bereits Romane und Theaterstücke über den Verein gibt. Türkiyemspor hat sei-nen eigenen Mythos und eignet sich hervorragend als Projektionsfläche: für Türken und Deutsche, für Linke und Rechte, für die Lokal- und Sportpolitik. Die Krise des Ver-eins gab deshalb auch Anlass für einen Realitätscheck: „Die Insolvenz war ein schmerzhafter Prozess, aber sie war gut für uns. Wir mussten mal richtig auf die Schnauze fallen, um grundsätzlich etwas zu verändern.“

Seit 2016 ist der Verein wieder schuldenfrei. Aus den Fehlern der Vergangenheit gilt es zu lernen. Auch in Zukunft wird der Verein ein wichtiger Teil Kreuzbergs bleiben. Türkiyem-spor stehe „für die moderne Gesellschaft, in der Migration als natürlich und Bereicherung erfahren wird“, heißt es in einer aktuellen Veröffentlichung, „Tore für Türkiyemspor sind auch immer Tore für eine friedvolle, gleichberechtigte Zukunft“. Murat Dogan wünscht sich derweil eine hauptamt-liche sozialpädagogische Unterstützung für die Mädchen-fußballabteilung, um den vielfältigen Herausforderungen gerecht zu werden. Noch immer ist der Verein auch Anlauf-stelle für neue Zuwanderer: „Letzte Woche kam eine syri-sche Flüchtlingsfamilie zu uns, weil sie der Meinung war, dass ihre beiden Töchter bei einem türkischen Klub gut aufgehoben wären. Die haben überrascht festgestellt, dass wir ganz und gar ein Berliner Verein sind.“

„Tore für Türkiyemspor sind auch immer Tore für eine friedvolle, gleichberechtigte Zukunft.“

Page 11: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

K I C K I T L I K E L I R A !Der Mädchen- und Frauenfußball ist ein Wachstumsmotor für Vereine und Integration

Geschlechtergerechtigkeit ist ein Ziel der Integration durch Sport. Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund sind noch immer seltener in einem Fußball-verein als Jungen und Männer mit oder ohne Migrationshintergrund. Insbeson-dere Mädchen aus muslimischen Familien kicken wesentlich seltener als Jungen. Sportbeteiligung ist keine alleinige Frage persönlicher Präferenzen, sondern auch von kulturellen Vorprägungen und sozialen, ökonomischen und struktu-rellen Faktoren abhängig. Neben Vorbehalten gegenüber der „Männerdomäne“ Fußball können beispielsweise religiöse Fragen, wie die Geschlechtertrennung, eine Rolle spielen. Immer mehr Vereine, Schulprojekte oder Initiativen beginnen daher schon früh, Mädchen am Ball zu fördern. Eine Herausforderung, die aber einen großen Gewinn verspricht: Sportvereine sind Orte der Identitätsfindung und bieten Spaß, Zusammenhalt und viele neue Erfahrungen. Für die Gestaltung von passenden Sportangeboten mit stimmigen Rahmenbedingungen und Trai-ningsinhalten für Migrantinnen gibt es bereits viele Erkenntnisse. Dabei gilt es, Freiräume für persönliche Entwicklung und kulturelle Bedürfnisse zu schaffen, ohne dabei die eigenen Vorstellungen von Vereinskultur aufzugeben. So zeigt sich ein Trend: Von der wachsenden Popularität des Mädchen- und Frauenfußballs profitieren Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund ebenso wie Vereine, denen der Mädchen- und Frauenfußball neue Mitglieder beschert.

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «8

1,11 M I L L I O N E N

F R A U E N U N D M Ä D C H E N S I N D M I T G L I E D E R I M D F B 31

P R O Z E N TD E R M Ä D C H E N M I T M I G R AT I O N S -

H I N T E R G R U N D G E H Ö R E N E I N E M S P O R T V E R E I N A N

Page 12: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

9

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Zurück ins Jahr 2006: Die Weltmeisterschaft in Deutschland bewegt die Menschen. Und zeigt deutlich, wie Fußball sogar das Binnenklima eines ganzen Landes verändern kann. Für RheinFlanke in Köln markiert die WM in Köln den Beginn einer Erfolgsgeschichte. Ihr Straßenfußballprojekt „köln kickt“ erreicht viele sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche. Der Gewinn des Integrationspreises bringt RheinFlanke neuen Antrieb: Der gewonnene Transporter ist seitdem eine tagtägliche Mobilitätshilfe für die Projektar-beit, doch ebenso wichtig ist die Anerkennung, die viele Türen öffnet. Für die Kölner ist ein Moment der Entschei-dung gekommen: Wollen sie ein Projekt bleiben oder die Organisation professionell weiterentwickeln? Die Mache-rinnen und Macher von RheinFlanke sind ambitioniert und entscheiden sich für Professionalität. Heute ist RheinFlanke ein anerkannter Träger der Kinder- und Jugendhilfe mit 50 festen Mitarbeitern, Standorten in acht Städten und in vie-len Bereichen in Kooperation mit Einrichtungen und Verei-

nen aktiv. Im kommunalen Auftrag werden aufsuchende Jugendarbeit und Schulsozialarbeit angeboten. Projekte unterstützen Geflüchtete im organisierten Sport und beim Start ins Berufsleben. Methoden und Ansätze werden weiterent wickelt. Geschäftsführer Christoph Bex hat eine Erklärung für den Erfolg: „Wir definieren uns als mittel-ständisches Sozialunternehmen. Um gute und wirksame Produkte anzubieten, brauchen wir eine gute Handlungs- und Zielgruppenorientierung. Über den Fußball lassen sich starke Akzente setzen!“ So ist der Sport einerseits metho-disches Werkzeug für die Soziale Arbeit. Andererseits lassen sich durch die Projekte junge Menschen für den organisier-ten Sport begeistern. Das Team von RheinFlanke verbindet Fußballkompetenz und Soziale Arbeit und zeigt, wie Sport und Jugendhilfe voneinander profitieren können. „Wir soll-ten ehrenamtliche und professionelle Strukturen auf loka-ler Ebene stärker miteinander ins Gespräch bringen“, so Bex. „Der Fußball kann noch viel mehr bewirken!“

D E R M O M E N T V O N R H E I N F L A N K E RheinFlanke gGmbH, Sieger Kategorie freie und kommunale Träger 2008

Page 13: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «10

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

E R S T P O D E S T,DA N N P R A N G E RBV Altenessen e.V., Sieger Kategorie Verein 2009

Der Tiefpunkt war erreicht, als Stefan Raab in seiner Satire-sendung „TV Total“ über den BV Altenessen witzelte und dem traditionsreichen Verein aus dem bevölkerungsreichs-ten Stadtteil Essens immer neue, immer schlimmere Etiket-ten umgehängt wurden. Plötzlich waren sie die „Brutalo- Kicker“, der „Prügel-Klub“. Bodo Hanenberg (Foto), damals wie heute Präsident des Klubs, erinnert sich an eine schwere Zeit: „Wenn du als Sieger des DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreises plötzlich dastehst als das Böse im Fuß-ball schlechthin, dann hast du erst mal ein Problem. Und wir hatten riesige Probleme.“

Was war passiert? Der Kapitän der 1. Mannschaft hatte einen Schiedsrichter bei einem Kreisligaspiel im März 2015 ange-griffen. Ein Stoß, ein Schubser? Der Unparteiische ging zu Boden. Bis dahin hatte es zwar beim Tabellenersten der Kreis-liga B Essen Nord-West keinerlei Vorfälle gegeben, doch zwei Spiele der Reserve waren bereits im Abbruch geendet. Eine Massenschlägerei von Spielern wie Zuschauern musste von der Polizei beendet werden. Schlimmer noch: Zwei Wochen zuvor war im Essener Fußball ein Schiedsrichter nach einem Faustschlag ins Krankenhaus eingeliefert wor-den. Nicht bei einem Spiel des BV Altenessen. Aber derlei Details zählten jetzt nicht mehr. Die Stimmung, urteilt Hanen-berg, „war sehr aufgeheizt“. Mit dem neuen Übergriff endete

Page 14: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

schlagartig jede Differenziertheit. Rund um den strahlenden Integrationspreissieger von 2009 wurde es im März 2015 sehr schnell sehr dunkel.

Sechs Jahre zuvor noch hatten die BVA-Verantwortlichen im Scheinwerferlicht auf der Bühne in Duisburg gestanden. Der BV Altenessen hatte damals im Beisein von Oliver Bierhoff, selbst in Essen aufgewachsen, und der „Global-Diversity“-Lei-terin Ursula Schwarzenbart von der Daimler AG den 1. Preis in der Kategorie „Verein“ erhalten. Auf den Strukturwandel im Essener Norden hatte der 1906 gegründete Klub, so das Votum der Jury, vorbildlich reagiert. Isoliert im eigenen Revier, war der Klub über Jahre dahingesiecht. Immer weiter sanken die Mitgliederzahlen. Dass 70 Prozent der Kinder im 17.000 Einwohner zählenden Stadtteil einen Migrationshin-tergrund hatten, davor verschloss man beim Traditionsklub, der 1926 im Halbfinale der Deutschen Meisterschaft stand, lange Zeit die Augen. Mit Hanenberg und einem ehemaligen Geschäftsführer des Essener Sportbundes kam frischer Wind

zweieinhalb Jahre, zum Teil zur Bewährung, reduziert. Mit Otto Prell übernahm ein als willensstark geltender Trainer beim BVA. Die 2. Mannschaft löste Hanenberg komplett auf. 20 Spieler mussten den Verein verlassen. Seit Langem ist es ruhig, sportlich ist der nächste Aufstieg möglich.

Rückblickend sagt Hanenberg: „Ich glaube nicht, dass es ein Fehler war, dass wir unseren Verein für Migranten attrak-tiv gemacht haben. Wir haben versucht, unseren Stadtteil im Verein abzubilden, und das machen wir heute noch.“

Seit drei Jahren ermitteln der DFB und seine Landesver-bände über den Online-Spielberichtsbogen ein Lagebild des Amateurfußballs. Bei rund 1,33 Millionen erfassten Spielen während der vergangenen Saison kam es in 589 Fällen zu einem Spielabbruch. Das entspricht 0,04 Prozent aller Spiele. Thorsten Flügel überzeugen die Zahlen nicht. „Der DFB ist bei dem Thema sehr weit weg von der Basis.“ Flügel meint: „Altenessen hat damals einfach die falschen Spieler reingeholt, die haben nicht auf die menschliche Komponente geachtet. Im Amateurfußball leben wir doch nicht auf einer Insel der Glückseligkeit.

„Ich will nichts beschönigen“, sagt BVA-Präsident Hanenberg. „Wir haben das Konfliktpotenzial innerhalb der verschiede-nen Ethnien unterschätzt. Es gab Reibungen zwischen Türken und Kurden. Auch innerislamische Differenzen zwischen Schiiten und Sunniten spielten eine Rolle. Darauf waren wir nicht vorbereitet.“

Der Tiefpunkt ist durchstritten. Wie sagt man im Pott: Glückauf.

in den Verein. Ein Arbeitskreis Migration wurde eingerichtet, viele machten mit – der türkische Elternverband Essen, das Jobcenter, die Ditib-Moschee, die Sportjugend NRW. Man war vernetzt und voller Tatendrang. Der Klub bot im islamischen Gotteshaus des Viertels ein Mutter-Kind-Turnen an. Die Hälfte der Trainer waren Migranten. Für einen Moment galt der BV Altenessen als Vorbild dafür, wie man als urbaner Fußballver-ein dem Strukturwandel erfolgreich begegnet. So wie Alte-nessen wollte man sein. Bis sich alles schlagartig änderte.

Obwohl fast zwei Jahre seit den Vorfällen vergangen sind, wirkt Bodo Hanenberg immer noch angefasst. „Was damals passiert ist, gefährdete kurz die Existenz des Vereins“, sagt er. Hat er sich alleingelassen gefühlt? „Aber wie“, sagt Hanen-berg. „Ich fühlte mich an den Pranger gestellt.“

Erstinstanzlich wurde der BVA-Kapitän für das Schubsen des Schiedsrichters lebenslang gesperrt. Es kam schlimmer. Denn nun riefen die 14 Gegner in der Kreisliga B einen Boykott aus. Auch vor dem Boykott führte der BVA die Tabelle mit zehn Punkten Vorsprung an. Aber jetzt gewann BV Altenessen die Spiele, weil kein Gegner mehr antreten wollte. „Die hatten Angst“, sagt Thorsten Flügel. Der Vorsitzende des Essener Fußballkreises sieht die Lage so: „Der Verein spaltet bis heute die Fußballer.“ Mit 20 Siegen in 20 Spielen stieg man auf. Eine große Zeitung druckte das Foto eines leeren Platzes und schrieb: „Hier gewinnt BV Altenessen ein Heimspiel“. Stefan Raab kalauerte, schon die Eltern hätten einem beigebracht: „Mit Essen spielt man nicht.“

Der angegriffene Schiedsrichter musste nie im Krankenhaus behandelt werden. In der Berufung wurde die Sperre auf

11

Page 15: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «12

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Manche Dinge sind so selbstverständlich, dass man ihre Bedeutung unterschätzt. „Integration im Sport ist kein Projekt, sondern ein integraler Bestandteil unseres päda-gogischen Konzepts“, erklärt Beate Odenthal, Sportlehrerin an der Gesamtschule Horst in Gelsenkirchen. Darum muss-ten Odenthal und ihr Kollege Jürgen Kuhlmann zu ihrer Bewerbung für den Integrationspreis überredet werden: „Wir haben Fußball flächendeckend in das Schulleben inte-

griert“, so Kuhlmann, „eigentlich haben wir lediglich vor-gestellt, was wir seit über 15 Jahren machen.“ Und das ist eine ganze Menge. Angefangen hatte alles damit, dass die leer stehenden Turnhallen für Fußballpausen geöffnet wurden. Daraus entstand eine Schulliga, in der mittlerweile fast 80 Prozent der Schüler/-innen mitspielen. Die Päda-gogen stellten fest, dass nur selten mal ein Mädchen mit Migrationshintergrund einem Sportverein angehörte. So installierten sie in Kooperation mit dem Nachbarverein Horst 08 Mädchenfußball-AGs in der Schule mit dem Ziel einer späteren Vereinsintegration. Mittlerweile kicken die Mädchen gerne mit, und manche treten sogar mit großem Erfolg bei regionalen und überregionalen Meisterschaften an. Sport wurde zum Schulprogrammschwerpunkt der Gesamtschule mit ihren rund 1.400 Schülerinnen und Schülern. Seit 2008 ist die Schule auch DFB-Stützpunkt. Die Schulmannschaften nehmen regelmäßig an Turnieren teil. In Sportprofilklassen wird nicht nur verstärkt die sport-liche Aktivität gefördert, sondern auch Engagement und

Verantwortungsbewusstsein. So werden jedes Jahr 20-25 jugendliche Sporthelfer/-innen ausgebildet, um Fußball- AGs für die Jüngeren anzuleiten, Bewegungspausen anzu-bieten oder die Schulliga mitzuorganisieren. Viele Rädchen des Konzepts greifen hier ineinander. „Wir sind ein kleiner Betrieb innerhalb der Schule“, berichtet Odenthal. Die Schule profitiere vom Sportschwerpunkt, betont auch Schulleiter Markus Hogrebe. Für Schülerinnen und Schüler ergeben sich vielfältige Entwicklungschancen, der Sport stärke die Gemeinschaft und die Identifikation mit der Schule. Der Schwerpunkt schärfe das Profil und erhöhe die Attraktivität und Verankerung der Schule in einem schwie-rigen Stadtteil. Auch die Lernmotivation werde gestärkt: „Für viele unserer Kinder ist Fußball ihr ganzes Leben. Die würden alles dafür tun“, so Odenthal. Die Chancen werden seit dem Gewinn des Integrationspreises verstärkt auch innerhalb des Kollegiums wahrgenommen. Die Breiten-sportförderung der Gesamtschule Horst ist eindrucksvoll – und alles andere als selbstverständlich.

F U S S B A L L I S T DA S G A N Z E L E B E NGesamtschule Gelsenkirchen-Horst, Sieger Kategorie Schule 2010

Page 16: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

Das Sportverständnis hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Sein Wert wird nicht mehr nur an sportlichen Erfolgen oder körperlicher Ertüchtigung bemessen, sondern auch an den Entwick-lungschancen durch den Sport, insbesondere für Integration und Bildung. Damit werden Vereine zu wertvollen und leistungsstarken Partnern in lokalen Integrations- und Bildungslandschaften. Durch die Kooperation mit lokalen Akteuren aus Schulen, Jugendhilfe, Politik, Unternehmen, Gewerkschaften, Migrantenorganisationen, religiösen Gemeinschaften oder Wohlfahrtsorganisa-tionen ergeben sich Chancen und Synergien. Partnerschaften leben jedoch davon, dass alle profi-tieren können. Besonders deutlich wird dieser Nutzen der Netze bei Kooperation von Schule und Vereinen. Befördert und sicher auch gedrängt durch die Ausweitung der Ganztagsschulen, enga-gieren sich immer mehr Fußballvereine in Schulen. Die Schulen profitieren durch attraktive Ange-bote am Nachmittag, für Vereine ergeben sich Chancen, um Kinder früh für den Sport zu gewinnen und zu binden. Über Schul-AGs lassen sich dabei auch Kinder für den Fußball begeistern, die den direkten Weg in den Verein nicht gefunden hätten, zum Beispiel Mädchen mit Migrationshintergrund. Vernetzung wird zu einem Erfolgsfaktor.

13

Z U S A M M E N S P I E L E NVernetzung ist ein Schlüsselfaktor in der Integrationsarbeit

65P R O Z E N T

A L L E R G A N Z TA G S S C H U L E N K O O P E R I E R E N M I T

S P O R T V E R E I N E N 97 P R O Z E N T

A L L E R S C H U L E N B I E T E N S P O R T- A G S A N

Page 17: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «14

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Dass Fußball ein Türöffner zu Bildung und Entwicklung sein kann, haben viele Vereine, Schulen und Initiativen erkannt. So auch die Deutsche Soccer Liga (DSL), die als freier Bil-dungsträger seit mehr als zehn Jahren über Thüringens Grenzen hinaus aktiv ist. Angefangen haben die Erfurter mit Fußballturnieren, um Fairness an der Basis zu vermitteln. Jugendliche in sozialen Brennpunkten sollten lernen, stark zu sein, ohne die Fäuste einzusetzen – auf und abseits des Platzes. Inzwischen bietet die DSL Projekte für unterschied-liche Zielgruppen an, so gibt es Angebote für Arbeitslose, junge Eltern und Geflüchtete. „Die Deutsche Soccer Liga schafft durch Fußball Bildungszugänge für Menschen, die ansonsten schwer zu erreichen sind“, erklärt Präsidentin Christiane Bernuth. Zentrale Methode ist der „Shake Hands“-

Ansatz, die Verbindung von gemeinsamer Aktivität und Reflexion: „Fußball und Fair Play bieten super Zugänge, da viele eine Verbindung dazu haben. So lassen sich Themen wie Inklusion, Vielfalt oder Diskriminierung thematisieren. Die DSL setzt sich für Chancengleichheit und Teilhabe ein, durch die Förderung von strukturellen Zugängen, Selbst-wirksamkeit und Vielfaltsbewusstsein. „Wenn ich überzeugt bin, dass ich etwas wert bin und etwas kann, gehe ich erfolg-reicher durch das Leben. Das funktioniert durch Fußball sehr gut, aber wir setzen auch auf andere Aktivitätsformen.“

Höhepunkt des Jahres 2016 war die Fairplay Soccer Tour, die 20.000 Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland bewegt hat. An Schulprojekttagen wurden Fußballturniere mit Workshops zu Themen wie Rassismus, Medien oder gesunder Ernährung verbunden. Das Besondere: Nicht nur

für den sportlichen Erfolg, sondern auch für Fair Play wur-den Punkte vergeben. Die Gewinner durften an den euro-päischen Meisterschaften auf Rügen teilnehmen. Die Wir-kung der Projekte der DSL hat sich herumgesprochen. Dazu trug auch der Gewinn des Integrationspreises bei, wie Bernuth betont. Was die Zukunft bringt? „Wir wollen unse-ren Bildungsansatz verstetigen und unsere Vision verwirk-lichen. Der Ball wird weiterrollen!“

E R F O L G R E I C H E S H Ä N D E S C H Ü T T E L N Deutsche Soccer Liga e.V., Kategorie Sieger freie und kommunale Träger 2011

Page 18: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

V I E L FA LTWenn der demografische Wandel an das Vereinsheim klopft

Bedingt durch den demografischen Wandel wird die deutsche Bevölkerung zukünftig nicht nur kleiner, sondern auch älter und vielfältiger. Dadurch verändert sich die Mitgliederstruktur der Vereine. Während der Anteil älterer Fußballerinnen und Fußballer wächst, wird es zunehmend schwieriger, junge Menschen für Mannschaften und Ehrenämter zu gewinnen. Der Anteil von Men-schen mit Migrationshintergrund in der Gesellschaft und im Fußball steigt. Für die Zukunftsfähig-keit der Vereine ist es daher entscheidend, inwieweit es noch besser gelingt, wichtige Zielgruppen wie Zuwanderer oder Mädchen und Frauen zu erreichen und mit Herausforderungen wie kultureller Diversität und sozialer Ungleichheit umzugehen. Dabei ist der Fußball in Deutschland bereits jetzt deutlich stärker als andere Sportarten von kultureller Vielfalt geprägt. Jedes sechste Mitglied im DFB hat einen Migrationshintergrund, dies entspricht in etwa der aktuellen Bevölkerungsstruktur in Deutschland. Andererseits hat nur jeder zehnte ehrenamtlich Engagierte in reinen Fußballverei-nen einen Migrationshintergrund. Die interkulturelle Öffnung und Förderung von Vielfalt in den Gremien und Führungspositionen von Vereinen und Verbänden bleibt daher ein zentrales Thema. Dass Vielfalt gewinnt, zeigt sich im Amateurfußball ebenso wie bei den großen Erfolgen der deut-schen National mannschaft.

15

8,8 P R O Z E N T

D E R E H R E N A M T L I C H E N G A G I E R T E N I N R E I N E N F U S S B A L L -

V E R E I N E N H A B E N E I N E N M I G R AT I O N S H I N T E R G R U N D

1,1M I L L I O N E N

M I T G L I E D E R V O N F U S S B A L L -V E R E I N E N H A B E N E I N E N

M I G R AT I O N S H I N T E R G R U N D

Page 19: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «16

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

1

2

3

1 _ Perfekte Bilanz – Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff hat keine einzige Preisverleihung verpasst

2 _ Erste Integrationsbeauftragte – Fast zehn Jahre lang begleitete Gül Keskinler (hier mit Thomas Hitzlsperger und Kevin Kurányi) den Preis

3 _ Hoher Besuch – Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnete die Verleihung 2011

Page 20: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

17

6

7

5

4

4 _ Auftritt der Nationalspieler – Oft am Vorabend wichtiger Länderspiele besuchten etliche Natio-nalspieler über die Jahre die Verleihung (hier Ilkay Gündogan und Lukas Podolski)

5 _ Ungebrochen beliebt – 1.942 Bewerber gab es in zehn Jahren. Integration und Fußball ist auch im Jubiläumsjahr ein echtes Thema im Amateurfußball

6 _ Hoch dotiert – Fast zwei Millionen Euro in Sach- und Geldpreisen wurden in zehn Jahren an Vereine, Schulen und Projekte ausgeschüttet

7 _ Festlicher Rahmen – Die Verleihung vor rund 300 Gästen, darunter vielen Prominenten, ist immer auch ein stimmungsvoller Abend

Page 21: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «18

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Sport- und Migrationsgeschichte waren in Dortmund schon immer eng verwoben. „Ganz sicher kein Zufall, dass der Integrationspreis 2012 nach Dortmund ging“, findet Oliver Hesse vom kommunalen Integrationszentrum MIA-DO-KI. Die Einrichtung der Stadt Dortmund hatte sich mit einem Gesamtkonzept beworben und mehrere Fußballprojekte beispielhaft vorgestellt. Darunter der „SC Asteria“ der Stadt-teil-Schule Dortmund und das „Fußballspiel der Religionen“ des evangelischen Kirchenkreises. Aus dem Projekt SC As-teria ist inzwischen ein Sportverein geworden, der nicht nur den Mädchenfußball am Borsigplatz anbietet, sondern auch diverse Bildungsangebote, um Mädchen zu unterstützen. Das Fußballspiel der Religionen fand 2016 bereits zum elf-ten Mal statt. Christliche, muslimische und jüdische Reli-gionsvertreter stoßen hier zum Dialog an.

Integration wird in Dortmund von vielen geleistet: Wohl-fahrtsverbände, Gewerkschaften, Migrantenorganisationen, Schulen und gerade auch Sportvereine sind aktiv. Das kom-munale Integrationszentrum MIA-DO-KI bringt sie alle zusammen. Doch wie profitieren sie von der Vernetzung? „Voneinander lernen, andere Sichtweisen auf Probleme entwickeln, interkulturell denken, Gemeinsamkeiten ent-decken“, so Oliver Hesse, denn Integration wird hier als Querschnittsaufgabe verstanden: „Wir sind einerseits Dreh-scheibe für Neuigkeiten, Infos und Kontakte in der Stadt, andererseits sehen wir uns auch als Katalysator von gesell-schaftlichen Prozessen. Wir denken Integration anders-herum: Es geht nicht darum, die Menschen anzupassen, sondern Strukturen zu öffnen und zu schauen, welche Stär-ken jeder einbringen kann“, sagt Hesse. Er beobachtet, dass sich viele Sportvereine derzeit neu ausrichten, weil sich ihr soziales Umfeld verändert hat. Wandel und Öffnung können

manchmal aber auch anstrengend sein oder zu Widerstand im Verein führen. Das MIA-DO-KI unterstützt die Entwick-lungsprozesse mit einem feinen Gespür für die Grenzen. „Oft gibt es viele Möglichkeiten, aber die Strukturen geben es nicht her. Wir versuchen den Aufwand niedrig zu halten, damit die Ehrenamtlichen nicht überlastet werden.“

DA S I N T E R -K U LT U R E L L E M I T D E N K E N !MIA-DO-KI Kommunales Integrationszentrum Dortmund, Sieger Kategorie freie und kommunale Träger 2012

Page 22: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

Ob Club Italia, Genclikspor Recklinghausen oder Croatia Hamburg: Migrantensportvereine gehören bereits seit den 1960er-Jahren zur deutschen Sportlandschaft. Vielerorts verweist nur noch der Name auf die gemeinsame Herkunft der Vereinsgründer, zumeist Gastarbeiter und Migranten der ersten Generation. Heute spielen dort Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zusammen. Mancherorts sind Vereinsidentität und -organisation stark von Mitglie-dern mit einer Zuwanderungsgeschichte geprägt. Viel wurde darüber diskutiert, ob Migrantenvereine förderlich für Integration sind. Heute werden sie überwiegend als unverzichtbarer Teil der Sportlandschaft aufgefasst, mit dem besondere Chancen, aber auch Herausforderungen für die Integrationsarbeit verbunden sind. Denn Migran-tenvereine aktivieren Menschen, die andere Vereine nicht erreichen. Sie fördern freiwilliges Engagement und bauen Brücken zwischen migrantischen Communities und Gesell-schaft. Andererseits haben viele der rund 500 Migranten-

W I R V O N H I E RMigrantenvereine sind seit mehr als 50 Jahren im deutschen Fußball zu Hause

19

sportvereine in Deutschland nur wenige Mitglieder und oft große Schwierigkeiten, den Verein kompetent und erfolgreich zu organisieren. Statistische Erhebungen über Sportgerichtsurteile ergaben darüber hinaus, dass sie häu-figer als andere Vereine an Konflikten beteiligt sind. Den-noch helfen Pauschalisierungen nicht weiter, denn die Konfliktursachen liegen oftmals nicht allein bei den Ver-einen selbst. Viele Migrantenvereine fühlen sich benach-teiligt und kämpfen – ob tatsächlich oder gefühlt – noch immer um Anerkennung. Umso wichtiger erscheint es daher, Migrantensportvereine noch stärker als Partner der Integrations- und Verbandsarbeit aufzufassen. Eine gute Einbindung der Vereine in die Sportsstrukturen ist dafür notwendig. Darüber hinaus sind auch die Öffnung der Ver-eine für Mitglieder unterschiedlicher Herkunft und der Aufbau interkultureller Beziehungen und Kompetenzen eine wichtige Aufgabe für alle Vereine – nicht nur für Migrantensportvereine.

500 M I G R A N T E N S P O R T V E R E I N E G I B T E S I N D E U T S C H L A N D

Page 23: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «20

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Der 1972 gegründete Verein setze Zeichen, nicht nur sport-lich, sondern auch durch sein gesellschaftliches Engage-ment. Als der Verein 2013 den Integrationspreis gewinnt, lobt der Bürgermeister die langjährige Bedeutung des Vereins für das soziale Gefüge in der Kasseler Nordstadt. Türk gücü bietet Nachhilfe und Medienkompetenztraining, organisiert Stadtteilfeste und Blutspenden, kümmert sich um Flüchtlinge und veranstaltet in Gedenken an das ehe-malige Vereinsmitglied und Opfer eines NSU-Mord-anschlags Halit Yozgat eine Menschenkette. „Bis zur Preis-verleihung waren wir so etwas wie der Vorzeigeverein in Kassel“, erinnert sich Suayip Günler, ehemaliger Vereinsvor-sitzender und Initiator der Bewerbung. „Wir waren sehr stolz auf den Integrationspreis.“ Doch der Preis weckte Begehr-lichkeiten und Argwohn in der Stadt. Für den Verein wurde er zu einer Bürde: „Die Leute fingen an, unsere sportliche Leistung und unser Verhalten auf dem Platz daran zu mes-

sen. Nach jedem Foul hieß es dann: Ach so sieht Integration bei euch aus!“ Günler ist sich sicher: Der Preis lässt bis heute die Vorurteile gegenüber dem Verein mit dem türkischen Namen hochkochen. Seitdem kommt es immer wieder zu Konflikten. Gerade den jungen Spielern fällt es schwer, mit Aggressionen und Ablehnung umzugehen. Verbale Ausein-andersetzungen entladen sich in Gewalt. Nach einem Spielabbruch erhält der Verein 2016 eine hohe Strafe. „Türk-gücü“ bedeutet „türkische Kraft“, doch Günler betont: „Wir sind ein deutscher Fußballverein, unsere Spieler sind fast alle in Deutschland geboren. Aber wir stehen auch zur Geschichte des Vereins und wollen unseren Namen nicht aufgeben.“ Den realen und gefühlten Benachteiligungen möchte der Verein zukünftig konstruktiv begegnen. „Wir müssen den Verein weiterentwickeln und uns stärker in die Strukturen einbringen. Wir brauchen mehr gegenseitiges Verständnis und weniger Vorurteile.“

D E R P R E I S D E S E R F O L G SSV Türkgücü Kassel 1972 e.V. , Sieger Kategorie Vereine 2013

Page 24: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

Deutschland ist ein Einwanderungsland – das zeigt sich auch in steigenden Zuzugszahlen. Etwa 60 Prozent aller Einwanderer in den vergangenen fünf Jahren kamen aus EU-Ländern, über-wiegend aus Osteuropa. Viele Vereine haben sich in den letzten zwei Jahren jedoch für Menschen eingesetzt, die vor Krieg, Verfolgung und Hunger nach Deutschland geflohen sind. Ihre Erfahrung zeigt: Integration gelingt, wenn der Ball erst einmal rollt. Der Fußball kann Brücken bauen und Begegnungen ermöglichen. Den erfolgreichen Anstoß geben viele kleine Dinge, von der persön-lichen Ansprache über Kleiderspenden bis zu offenen Trainingsangeboten. Und doch geht es nicht allein um Menschlichkeit und Nächstenliebe, denn Zuwanderer und Flüchtlinge bringen viele Potenziale mit, von denen die Vereine profitieren können. Für Flüchtlinge eröffnen sich Perspek-tiven für sportliche und persönliche Entwicklung. Vereine gewinnen neue Mitglieder und Ehren-amtliche. Der DFB sucht daher gemeinsam mit seinen Landesverbänden, Vereinen und der Politik nach Wegen, um die Teilhabe von Flüchtlingen im Fußball zu stärken. Zum Beispiel durch das Programm „2:0 für ein Willkommen“ oder Informations- und Qualifizierungsangebote, die Enga-gierten Orientierung für die Vereinspraxis geben. Vielerorts sind so aus Flüchtlingen inzwischen Mit spieler und Mitspielerinnen geworden.

I M F U S S B A L L Z U H AU S EZuwanderer und Flüchtlinge sind eine Chance für den Fußball

213.013V E R E I N E

W U R D E N B I S E N D E 2 0 1 6 I M R A H M E N D E R I N I T I AT I V E „ 1 : 0 F Ü R E I N

W I L L K O M M E N “ G E F Ö R D E R T

42.000 E R S T R E G I S T R I E R U N G E N

V O N A U S L Ä N D E R N W U R D E N 2 0 1 5 D U R C H D E N D F B V O R G E N O M M E N ,

V I E R M A L S O V I E L E W I E 2 0 1 3

Page 25: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «22

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Der SV Lindenau 1848 ist einer der ältesten Vereine Deutschlands und der erste ostdeutsche Gewinner des Inte-grationspreises. „Es ging uns in erster Linie um Publicity für die gute Sache, unserem Engagement für Flüchtlinge,“ erin-nert sich Björn Mencfeld, Trainer und Pressesprecher des Vereins, „wir wollten ein positives Beispiel für andere Ver-eine sein.“ Ein Vorsatz, der aufgegangen zu sein scheint. Selbst wenn das Thema andernorts polarisiert, in Leipzig bekommen die Lindenauer Rückenwind: „Negative Reakti-onen auf unser Engagement gab es nie, weder innerhalb des Vereins noch von außen. Ganz im Gegenteil, wir wurden nach dem Gewinn des Integrationspreises immer wieder

wuchs zu gewinnen. „Der Verein hat bereits stark von den steigenden Mitgliederzahlen profitiert. Mittlerweile spielen Flüchtlinge in allen Mannschaften mit, Männer wie Frauen“, erklärt Mencfeld. Die Solidarität im Verein funktionierte während der Flüchtlingswelle, als Vereinsmitglieder Klei-dung, Sportschuhe oder Spielsachen für Bedürftige spen-deten, aber sie funktioniert auch jetzt: „Bassam, ein libane-sischer Flüchtling, ist Trainer im Verein geworden, sein Sohn spielt in unserer Jugend. Ihre Familie soll nun wieder aus-reisen, obwohl sie seit drei Jahren hier leben und bestens integriert sind, auch außerhalb des Vereins. Wir unterstützen sie juristisch und hoffen noch, dass die Familie bleiben darf. Beim Traditionsverein SV Lindenau behalten sie die Zukunft weiter fest im Blick.

B U N T AU S T R A D I T I O NSV Lindenau 1848 e.V., Sieger Kategorie Verein 2014

von anderen Vereinen um Rat gefragt, wenn es um Spiel-berechtigungen oder den Versicherungsschutz für Flücht-linge ging. Heute läuft das alles viel selbstverständlicher.“ Seit einiger Zeit ist der Verein aus dem Leipziger Westen auch bei „Willkommen im Fußball“ mit dabei, einer Initiative, die Vereine, Profi-Klubs und Zivilgesellschaft vernetzt, um die Teilhabe von Flüchtlingen zu fördern. Schon lange hat sich der Verein gezielt für Sportlerinnen und Sportler mit Migrationshintergrund geöffnet und ist stolz darauf, Men-schen aus 30 Nationen als Mitglieder in den eigenen Reihen aufgenommen zu haben. Schon vor der sogenannten Flüchtlingskrise suchte der Verein den Kontakt zu Asylun-terkünften im Stadtteil. Für die Engagierten eigentlich keine Besonderheit, sondern alltägliche Vereinsarbeit, um Nach-

Page 26: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

Die integrative Kraft des Fußballs liegt darin, Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion oder Orientierungen zusammenzubringen. Für das gemeinsame Spiel sind diese Unterschiede irrelevant, aber sie machen Fair Play und den Abbau von Diskriminierungen umso wichtiger. Eine werteorientierte Kultur innerhalb des Sports, geprägt von Fair Play, Respekt und Chancengleichheit, muss gelebt und kontinuierlich gestärkt werden. Gerade die Diskussion um den Umgang mit Flüchtlingen hat die Gesellschaft polarisiert. Straf- und Gewalttaten gegenüber Flüchtlingen sind dramatisch angestiegen. Es kam in einigen wenigen Fällen zu schlimmen Gewalttaten durch nach Deutschland geflüchtete Menschen. Die angespannte Stimmungslage trifft auch die Vereine. Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt sind jedoch keine Meinung und haben im Fußball nichts verloren – egal von wem sie ausgehen. Eine offene und demokratische Vereinskultur ist die beste Prävention. Um Diskriminierung im Fußball im Blick zu behalten, werden Gewalt- und Diskriminierungsfälle systematisch erfasst. Der DFB fördert Fair Play und tritt Gewalt und Diskriminierung auf allen Ebenen entschlossen entgegen.

R O T E K A R T E F Ü R D I S K R I M I N I E R U N GRassismus, Rechtsextremismus und Gewalt haben im Fußball nichts verloren

23

N U R B E I

0,04 P R O Z E N T

D E R S P I E L E K A M E S Z U E I N E M A B B R U C H

I N

0,48 P R O Z E N T

D E R 2 0 1 5/ 2 0 1 6 E L E K T R O N I S C H E R F A S S T E N S P I E L E W U R D E N

G E W A LT- O D E R D I S K R I M I N I E -R U N G S V O R F Ä L L E G E M E L D E T

Page 27: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «24

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

U N T E R B R O C H E N E E S K A L AT I O N S K E T T EFC Vorwärts Drögeheide, Sieger Kategorie Verein 2015

Was wäre gewesen, wenn nur jemand frühzeitig Einhalt geboten hätte? Eine Frage, die zumeist erst nach der Eska-lation gestellt wird. Der Fußballverein FC Vorwärts Drö-geheide handelte rechtzeitig und entschlossen. Als im Sommer 2013 öffentlich wurde, dass in der kleinen Sied-lung direkt vor dem pommerschen Torgelow eine Flücht-lingsunterkunft entstehen soll, war die Unruhe groß. Kon-flikte entstanden, Schwarz-Weiß-Denken griff um sich, immer schärfere Formulierungen flogen hin und her. Die NPD hielt eine Kundgebung vor den Plattenbauten in Drögeheide ab. Doch als im Herbst die ersten Flüchtlinge ankamen, besuchte René Samuel die neu angekommenen Menschen. Der Vorsitzende des 1992 gegründeten Klubs

lud die Flüchtlinge zum Fußballspielen ein. Samuel hatte starke Unterstützer: einen jungen Landtagsabgeordneten, einen bürgerschaftlichen Verein in Torgelow, viele Bürge-rinnen und Bürger aus Drögeheide. Das entschlossene Einschreiten der Fußballer brachte die Wende. Die Eska-lationskette wurde unterbrochen.

Heute spielen zweimal die Woche rund 30 Flüchtlinge beim FC Drögeheide Fußball. Für die demonstrierte Zivilcourage der Drögeheider und das rechtzeitige Unterbrechen der Eskalationskette gab es erst den Integrationspreis des Lan-desverbandes und im Frühjahr 2016 im Fußballmuseum in Dortmund den DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis.

Page 28: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

25

Zum zehnten Mal werden in diesem Jahr Vereine, Schu-len und freie und kommunale Träger mit dem DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ausgezeichnet. Unter den Einsendungen werden zunächst jeweils zehn Bewerber ausgewählt und vor Ort besucht. Drei von ihnen kommen in die letzte Runde. Abschließend urteilt eine Jury unter Vorsitz von DFB-Präsident Rein-hard Grindel mit Oliver Bierhoff, Manager der Natio-nalmannschaft, Staatsministerin Aydan Özoguz, Dr. Dirk Jakobs, Leiter Global Diversity Office Daimler AG, und dem DFB-Integrationsbeauftragtem Cacau über die Verteilung der Plätze. Wer in den drei Katego-rien jeweils den ersten Platz belegt, wird im Rahmen des Festaktes am 17. März 2017 im Deutschen Fußball-museum in Dortmund bekannt gegeben.

K AT E G O R I E V E R E I N

SG Egelsbach Seit 2015 kamen 200 Flüchtlinge nach

Egelsbach – fast 150 davon treiben heute bei der SGE Sport.

BW Gonnesweiler Der Fußballverein aus einem kleinen Dorf im Saarland leistet viel für die Integration,

unter anderem Sprach- und Kochkurse.

BV Westfalia Wickede Der Stadtteilverein richtet jährlich die

Dortmunder Kindergartenmeisterschaft mit 24 Kindergärten und 360 Kindern aus.

N O M I N I E R T E S C H U L E N

Heinrich-Kraft Schule Frankfurt Die Schule nutzt Arbeitsgemeinschaften

und Mitternachtsturniere, um den Zusammenhalt zu fördern.

Friedrich-List-Berufskolleg Hamm In Kooperation mit dem VfL Bochum werden Fußballstunden mit Profis im

Rahmen der Schul-AGs organisiert.

Werkrealschule Bad Wurzach Eine der drei Fußball-AGs an der Schule

wird von einem Trainer mit A-Lizenz geleitet.

K ATEG O RIE PROJE K TE FRE IE R UND KOMMUNALE R TR ÄG E R

Spirit of Football Erfurt Was 2002 mit einer Weltreise begann, ist heute ein vielfach ausgezeichnetes Workshop-Angebot für Fair Play und

Weltoffenheit an Erfurter Grundschulen.

On the move Ferch Trainer/-innen werden bei Sportan ge-

boten für Flüchtlinge unterstützt.

Social Minds e.V. Köln Der eingetragene Verein der außer-schulischen Jugendarbeit legt den

Fokus auf Mädchenfußball.

D I E N O M I N I E R T E N F Ü R D E N I N T E G R AT I O N S P R E I S 2 0 1 6

I N T E G R AT I O N S -P R E I S 2 0 1 6Die Jury und Nominierten

Page 29: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «26

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Oliver Bierhoff, haben Sie sich schon häufig über den DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis geärgert?Geärgert? Eigentlich nie. Im Gegenteil, es ist immer wieder eine Freude, die Preisverleihung zu erleben. Der Idealismus und die Begeisterung der Preisträger, welche Hindernisse überwunden werden, das mitzubekommen ist immer aufs Neue ein Erlebnis. Und so wird es auch diesmal bei der zehn-ten Verleihung sein.

Die Frage nach dem Ärger rührt daher, dass Sie häufig Nationalspieler am Abend vor Länderspielen gebeten haben, die Verleihung zu besuchen. Nicht immer wird der Bundestrainer begeistert gewesen sein.Na ja, wir wollten den Gewinnern des Integrationspreises häu-fig das Umfeld eines Länderspiels bieten und dabei auch ein persönliches Kennenlernen mit einigen Spielern ermöglichen. Ilkay Gündogan und Jérôme Boateng etwa setzen sich bekanntlich intensiv mit Integration auseinander, gerade auch mit Ideen, wie der Fußball einen Beitrag leisten kann. Jérôme wurde für seinen Mitternachtsfußball in Berlin ausgezeichnet, Ilkay trat in einem Spot der Bundesliga auf. Die beiden musste ich also nie überzeugen.

2007 ging es los. Wie zufrieden sind Sie als Schirmherr mit Ihrem nun zehn Jahre alten Preis?Nachhaltigkeit spielt eine wichtige Rolle. Wir als DFB müssen uns davor hüten, dauernd neue Kurzprojekte zu starten. Statt-dessen überdenken wir neue Projekte bis ins Detail und halten es dann auch durch – jedenfalls meistens (lacht). Mich freut jedenfalls die breite öffentliche Akzeptanz des Preises, die unvermindert große Zahl der Bewerbungen, aber auch die Tatsache, dass der Preis jährlich mit rund 200.000 Euro dotiert ist. Mit Mercedes-Benz an unserer Seite ist es uns gelungen, eine große Glaubwürdigkeit zu erzielen.

Was war und ist die Zielsetzung?Man muss doch nur mal in die Kreisliga gehen, dort sieht man, was der Fußball bewegt. Wir zeichnen die Ehrenamt-ler aus, die hier einen tollen Job machen. Ich denke,unsere Ernsthaftigkeit spürt man. Der Jury gehören seit 2007 der DFB-Präsident an, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, hochrangige Merce-des-Vertreter und seit diesem Jahr auch Cacau, der neue DFB-Integrationsbeauftragte. Ich selbst habe in den zehn Jahren keine Verleihung und höchstens eine Jurysitzung verpasst. Der Juryentscheid verflacht nie auf ein einfaches Abhaken, die Tiefe der Diskussion beeindruckt mich bis heute. Bei den Verleihungen habe ich häufig erlebt, dass es den Preisträgern gar nicht so um die materiellen Dinge ging. Es geht um eine Anerkennung, durch den DFB und gerade auch durch die Nationalmannschaft, für ein unglaublich wichtiges Engagement an der Basis.

„ DA S M I T E I N A N D E R I S T D I E S TÄ R K S T E M E S S AG E “

Oliver Bierhoff, Manager des deutschen Nationalteams, ist seit 2007 Schirmherr des Preises

Page 30: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

27

Das Gegenteil von Integration ist Spaltung. Wie haben Sie den Angriff auf Jérôme Boateng direkt vor der Europameis-terschaft erlebt?Ich fand diesen Angriff so billig und so offensichtlich, dass wir uns ganz bewusst entschlossen haben, darauf nicht zu reagie-ren. Mir machen manchmal stillere Ressentiments mehr Sor-gen, denn auch die begegnen uns. Ich meine, durch die Ver-öffentlichung des kurzen Mannschaftsvideos „Wir sind Vielfalt“ haben wir deutlich gemacht, welche Werte uns wichtig sind.

Die Aussage des AfD-Politikers implizierte, dass Men-schen in Deutschland ihre Nachbarn nach der Hautfarbe aussuchen.Ein unglaublicher Mist, unser Land und die Menschen, die hier leben, sind Gott sei Dank längst unendlich viel weiter. Deutsch-land ist ein weltoffenes und tolerantes Land. Diese Beurteilung unseres Landes höre ich immer wieder im Ausland. Wir bemü-hen uns seit vielen Jahrzehnten, hier ankommende Menschen zu integrieren. Natürlich punkten gerade die Populisten. Die

sprechen Ängste bei Menschen an. Klar ist auch, wer zu uns kommt, muss sich anpassen, muss unsere Werte und Gesetze kennen und respektieren. Einige Kernwerte sind nicht verhan-delbar, die gelten für uns alle. Gerade für eine klare, weltoffene Auseinandersetzung mit Integration in Deutschland kann der Fußball ungeheuer viel beitragen.

Zum Länderspiel in Augsburg unmittelbar vor dem Turnier bekundeten viele Fans mit Bannern ihre Position. „Jérôme, lass mich Dein Nachbar sein“, stand da etwa zu lesen.Wir leben Integration. Unsere Spieler sind Deutsche, sie beken-nen sich zu 100 Prozent zu diesem Land, sie sprechen Deutsch, sie tragen das Trikot. Wenn sie angegriffen werden, tut man dann als junger Spieler erst mal so, als ob einem die Attacke egal ist. Aber es trifft einen halt doch. Damals meine ich schon gespürt zu haben, dass Jérôme genervt und betroffen war. Der starke Rückhalt der Fans hat ihm gutgetan.

2015 haben Sie auf den Bus „Die Mannschaft“ schreiben lassen. In einer aktuellen Umfrage sagen 59 Prozent, dass sie den Titel „Die Mannschaft“ gut finden. Nur 25 Prozent finden es nicht gut. Verspätete Bestätigung für eine gute Idee?Wir wollten eine Marke bilden und die Stärke unserer Gemein-schaft noch mehr zum Ausdruck bringen. Es ist ja nicht die erste Maßnahme, die anfangs auf Vorbehalte stieß. Im Fußball ist es besonders schwer, eine neue Idee zu etablieren, weil die Tradition eine große Rolle spielt. Ich weiß noch, wie viel Prügel Jürgen Klinsmann für die Spezialisierung im Betreuerstab ein-stecken musste. Pep Guardiola wurde dann dafür gelobt, dass

er so viele Spezialisten mit zu den Bayern brachte. Für mich ist es wichtig, egal ob im Marketing oder in der Kommunika-tion, dass wir ehrlich sind, dass wir authentisch bleiben.

Die Kritiker warfen Ihnen vor, Sie hätten die Nation aus dem Namen gestrichen.Ein Vorwurf, der mich ärgert. Ich habe nicht unsere Identität gestrichen. Unser Logo ist geblieben, der Deutschland-Adler ist geblieben. Viel wichtiger ist doch, was die Spieler und die sportliche Leitung jeden Moment zeigen und ausstrahlen. Wir repräsentieren Deutschland weltweit. Und wenn ich das mal sagen darf: Das macht die Mannschaft überragend.

Integration und Vision, hängt das gerade in einem Wirt-schafts- und Wissensland mitten in Europa eng zusammen?Wir bauen mit der Akademie ein absolutes Zukunftsprojekt, für den Verband, für den Fußball in Deutschland. Wir müssen als Verband vielen unterschiedlichen Pflichten nachkommen. Und wir können ungeheuer viele Menschen erreichen. Klar ist, dass wir uns nur an der Spitze des Weltfußballs behaupten werden, wenn es an der Basis stimmt. Und dazu gehört für den Fußball, wie auch in der Wirtschaft und anderen Feldern der Gesellschaft, dass Integration funktioniert. Reinhard Grindel hat mal gesagt, dass der demografische Wandel an jede Ver-einstür klopft. Und er hat recht. Wir werden als Gesellschaft weiterhin ein wenig älter, gerade in den Ballungsgebieten werden wir kulturell vielfältiger. Wir wollen das Miteinander im Verband und in allen unseren Mannschaften, auch bei den Frauen und Junioren, tagtäglich leben. Das ist die stärkste Message.

Page 31: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «28

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Elfmeter für Deutschland. Der Ball liegt auf dem Kreidepunkt, der im Schlamm von Budapest kaum noch zu erkennen ist. Den ganzen Tag hat es geregnet. 15.000 Zuschauer hoffen auf einen Fehlschuss. Denn ihre Mannschaft, die ungarische, führt ja mit 3:2. Elfmeter also, elf Minuten vor Schluss. Es ist der dritte in der DFB-Historie, im fünften Länderspiel. Die ersten beiden hat Fritz Förderer aus Karlsruhe geschossen. Heute aber ist der Fritz nicht dabei. Es schießt – Camillo. Der Kapitän heißt mit Nachnamen Ugi und auch sein Äußeres verrät die südländischen Wurzeln. Sein Vater ist Italiener, die Mutter Deutsche, der Filius spielt für den berühmten VfB Leipzig. Und an diesem Tag zum zweiten Mal für Deutschland. Camillo Ugi behält die Nerven, trifft zum Ausgleich. Das erste Tor eines Migranten im DFB-Dress beendet die Niederlagen-serie der noch jungen Nationalmannschaft. Florenz, 27. Mai 1934. Eine Ära beginnt. Erstmals überhaupt bestreitet Deutschland ein WM-Spiel. Gegen Belgien geht es

schon um den Einzug ins Viertelfinale. Sie schaffen es – 5:2! Den Torreigen eröffnet nach 27 Minuten und „aus keineswegs günstigem Winkel“ (Fußball Woche) ein Spieler von Fortuna Düsseldorf: Stanislaus Kobierski. Vor- und Nachname verraten es: Er stammt aus Polen. Seine Eltern lebten in Posen, siedel-ten um die Jahrhundertwende nach Gelsenkirchen. Ihm also kommt die Ehre zuteil, das erste deutsche WM-Tor zu erzielen.

Bern am 4. Juli 1954. Deutschland steht im WM-Finale gegen die Ungarn. Ein Mythos wird geboren, diese zweite Geburtsstunde der Bundesrepublik ist ganz sicher auch der Durchbruch des deutschen Fußballs in der Welt. Unter den elf ist ein Mann, der auch auf der anderen Seite hätte stehen können. Jupp Posipal, Sohn einer Ungarin und eines Rumänen. Das Kind des Balkans flieht in den Kriegswirren nach Deutschland. 1951 erhält der Verteidiger seinen deutschen Pass und dann beginnt sie, die steile Karriere des Jupp Posipal. Im Verein mit dem HSV und dann für

E I N E M A N N S C H A F T, V I E L E K U LT U R E N

Page 32: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

29

Deutschland. In der Schweiz hat er nicht nur gute Tage, der „Stopper“ verzichtet wegen Formschwäche auf seinen Einsatz im Viertelfinale gegen die Jugoslawen. Ein unge-wöhnlicher, höchst ehrenwerter Vorgang. Vertreter Werner Liebrich macht das Spiel seines Lebens und bleibt in der Elf, in die Posipal trotzdem zurückkehrt. Am Tag, da Dop-peltorschütze Rahn Weltruhm erlangt, verrichtet der neue Verteidiger Posipal auf ungewohnter Position zuverlässig seine Arbeit, köpft eine ungarische Ecke aus dem Torwin-kel und einmal gar zaubert er in höchster Not. Der Kicker schreibt: „Wunderbar: Posipal klärt mit Hackentrick gegen Puskás im Strafraum noch!“

Dann währt es einige Jahrzehnte, ehe Migranten-Söhne dem Spiel ihren Stempel aufdrücken oder für historische Momente sorgen. Jimmy Hartwig oder Erwin Kostedde, Kinder ameri-kanischer Soldaten, gelingt das in ihren wenigen Einsätzen nicht. Ein Sprung ins neue Jahrtausend wird nötig.

Am 27. Juni 2003 kämpft Deutschland in Glasgow um die EM-Teilnahme. Rudi Völler nominiert Rückkehrer Fredi Bobic, einen Stürmer mit kroatischen und slowenischen Wurzeln. Seit der EM 1996 hat er nicht mehr gespielt, abgesehen vom Test-kick sechs Wochen zuvor in Spanien. Sein Tor in Schottland rettet einen Punkt beim 1:1, und wäre es nicht gefallen und alle anderen Ergebnisse wären gleich geblieben, dann hätte Deutschland erstmals seit 1968 wieder eine EM verpasst.

Ein Jahr zuvor, bei der WM 2002, geht der Stern von Miroslav Klose auf. Auch er ein Kind polnischer Eltern, in Oppeln gebo-ren, in der Pfalz aufgewachsen, saust unter dem Radar aller Talentspäher durch und spielt mit 20 noch in der Bezirksliga. Über den FC Homburg schafft er es zum 1. FC Kaiserslautern. Rudi Völler lässt ihn in einem Zitterspiel gegen Albanien (2:1) debütieren. Der Joker sticht an jenem 24. März 2001 und verhindert die Blamage. Es ist das erste von 71 Toren, die der 2014 als Weltmeister und deutscher Rekordtorschütze abge-tretene Klose erzielt. Müßig, sein wichtigstes zu suchen bei allein 14 WM-Treffern (auch das ist Rekord). Aber viele mei-nen, sein Kopfball zum 1:1 gegen die Argentinier im Viertel-finale 2006 in Berlin sei es gewesen. Am Sommermärchen hatte auch sein Sturmpartner Lukas Podolski großen Anteil. Geboren in Gliwice (Gleiwitz), kam

er mit seinen Eltern nach Bergheim bei Köln und spielte ab seinem sechsten Lebensjahr Fußball. Mit 18 bereits fuhr der damalige Kölner zur EM 2004, seine ersten Turniertore schoss er 2006. Zweimal auf Vorlage von Klose traf er im Achtelfinale gegen die Schweden.

Bei dieser zauberhaften WM fällt noch ein Tor, das einer inter-nationalen Kombination entsprang. Im zweiten Gruppenspiel gegen Polen läuft bereits die Nachspielzeit, als der Sohn eines Ghanaers und einer Ostwestfälin, David Odonkor von Borussia Dortmund, noch einmal vor das Tor flankt. Dort lauert Oliver Neuville, in der italienischsprachigen Schweiz groß geworden und mit belgischem Großvater, auf den Ball. Mit langem Bein macht der damalige Leverkusener das Tor des Tages zum 1:0-Sieg. Gemeinhin spricht man von der Initialzündung für diese WM und das Klinsmann-Team, das ohne Migranten-Söhne 2006 wohl weit schlechter abge-schnitten hätte: Sie erzielten neun der 14 Tore!

In der jüngeren Vergangenheit sind Großtaten von Migran-tenkindern quasi Programm. So rettet Mesut Özil Deutsch-land bei der WM 2010. Im letzten Vorrundenspiel gegen Ghana schießt er das entscheidende 1:0, das die Löw-Elf ins Achtelfinale bringt. Jérôme Boateng ist eher fürs Toreverhin-dern zuständig, was er bei der EM in Frankreich eindrucksvoll bestätigt. Seine akrobatische Rettungstat im Auftaktspiel gegen die Ukraine beim Stand von 1:0 ist unvergessen. Das Führungstor hat der albanischstämmige Shkodran Mustafi erzielt. Wollen wir Sami Khedira, einen Schwaben mit tune-sischen Wurzeln, nicht vergessen, der nimmermüde Dauer-läufer. Beim legendären 7:1 gegen Brasilien in Belo Horizonte trägt auch er sich 2014 in die Tor-Annalen ein – und vor dem WM-Finale handelt er wie Posipal 1954. Er verzichtet auf seinen Einsatz, aus gesundheitlichen Gründen. Unsere Migranten – alle große Sportler, viele aber auch große Per-sönlichkeiten. Großartig!

Page 33: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Man sagt das ja so einfach, nach zehn Jahren: Der Preis hat etwas bewegt. Nur was genau? Und dann wird’s schnell so furchtbar kompliziert. Wir Fußballer halten uns also lieber an den Tatsachen fest. Im zehnten Jahr des DFB-und Mercedes-Benz Integrationspreises steht also ebenso unverrückbar wie unbestreitbar fest: Das Auto hat etwas bewegt.

Genauer gesagt: die Autos. Wenn nun im Fußballmuseum zu Dortmund als Höhepunkte der festlichen Gala die Vito-Schlüssel an die aktuellsten drei Sieger überreicht sind, wurden also addiert, unter dem Strich und in Summe 30 Mercedes-Benz-Transporter vergeben. Womit wieder ganz schöne Summen bewegt wurden. Bei einem Pi mal Daumen erhobenen Mittelwert von 40.000 Euro reden wir über 1,2 Millionen Euro. Rechnen wir weiter. Basierend auf einer hochkomplexen mathematischen Formel, die weltweit nur das Redaktionsteam dieser Broschüre versteht, nämlich dass in zehn Jahren 150.000 Kilometer auf den Tacho kamen, für die folgenden Sieger sukzessive weniger, ergibt sich die

„ D I E K I N D E R R E D E N N U R V O M S I E G E R AU T O “

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «30

Page 34: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

im wahrsten Sinne astronomische Wegstrecke von 3,48 Millionen Kilometer. Irdische Maßstäbe (87 Erdum-rundungen!) reichen nicht aus. Wenn die Sterne (und Pla-neten) günstig stehen, erreicht man fast den Mars. Und man könnte fünfmal zum Mond fahren und käme viermal wieder zurück. Aber wer will das schon? Besser, dass die Vitos viele Menschen zusammengebracht haben.

Womit wir beim Thema Integration angekommen wären. Denn so wie ein Fußballspiel ganz sicher keine Börsen-notation und so viel mehr als ein Ergebnis ist, so trans-portieren bloße Zahlen kaum, was der Integrationspreis bewegt hat. Serdat Kahraman ist da schon ein besserer Leumund. Er koordinierte 2007 den Jugendfußball für Türkiyemspor Berlin. Europas größter von Migranten gegründeter Fußballverein wurde mit dem allerersten Vito, prämiert. Kahraman erzählt: „Fortan fuhren wir mit dem Transporter zu allen Jugendturnieren. Nach Leipzig und Rostock. In dem Neunsitzer blieb kein Platz frei. Die Kinder haben sich immer auf die Auswärtsfahrten gefreut.“

Helga Roos und der Sportkreis Frankfurt nahmen ebenfalls 2007 im Sindelfinger Glaspalast das Auto entgegen. Die Frankfurter aus dem Gallus waren damals Sieger in der Kate-gorie „Freie und kommunale Träger“. Es fehlte Geld, der Verein war drauf und dran, den Transporter direkt zu ver-kloppen, und entschied sich doch anders. Roos erzählt: „Seitdem sind wir so stolz auf unseren Mercedes-Benz.“ Der Transporter verwandelte sich auf wundersame Weise, wie Roos berichtet, in ein „Kooperationsauto“ und ging fortan genauso für die Basketball-Sommerliga der Sportjugend Frankfurt wie für eine Fanbegegnung in Bergamo auf kleinere und große Fahrt. Pannen oder Probleme? Nie! Roos: „Immer freie Fahrt. Und die Strafzettel wurden von den jeweils Betroffenen übernommen.“

Die Bachschule in Offenbach sah sich gezwungen, den Transporter sofort zu verkaufen. Frankfurts Nachbarstadt steht unter dem Rettungsschirm, Versicherung und Steuer waren für die Ganztagsschule mit 28 Klassen der Jahrgangs-stufen 5-10 nicht finanzierbar. „Durch den Verkauf des Autos verfügen wir jetzt über ein Budget, um Schülerinnen und Schülern aus ärmeren Familien die Mitfahrt bei einem Tur-nier zu ermöglichen oder um auch mal Schuhe oder Trikots zu kaufen“, sagt Veronika Schneider. Noch mehr begeisterte die Schulrektorin die öffentliche Anerkennung. Als Bundes-präsident Joachim Gauck ins Rhein-Main-Gebiet kam, auch um mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen, veran-

lasste er, „dass Jugendliche von unserer Schule eingeladen werden. Weil wir den Integrationspreis gewonnen hatten“, erzählt Schneider. „Nicht schlecht für eine Schule aus Offenbach, oder?“ Die Deutsche Soccer Liga in Thüringen ist seit 2011 mit dem Vito gut gefahren, 185.000 Kilome-ter hat der Transporter auf dem Tacho, die weiteste Fahrt ging bis nach Basel. „Das Auto hat uns tolle Dienste geleis-tet“, sagt Christiane Bernuth von der DSL. Und die Brass Band der Gesamtschule Horst baut bei Konzertreisen die Sitze aus, dann passen nämlich alle Instrumente ins Auto. Auch die Tuba.

Man hört es von wirklich allen Preisträgern, die Mercedes- Benz Transporter stehen für etwas, das verbindet, für ein respektvolles und angenehmes Miteinander, für die vor-sprachliche Freude an der Bewegung. Denken Sie bitte kurz an Martin Luther Kings Marsch von Selma nach Montgomery. Denken Sie an Gandhis Salzmarsch. Okay, ist vielleicht ein wenig hoch gegriffen. Den Punkt wollen wir jetzt aber den-noch durchdrücken: Aus physischer Bewegung erwächst manchmal ein ideelles Gut. Und Bewegung kann Bewusst-seinswandel einleiten. Auch und gerade in diesem Sinne: Die 30 Vitos haben viel bewegt.

Helga Roos vom Sportkreis erzählt aus ihren zehn Jahren mit dem tollen Preis: „Für uns war und ist es bis heute immer der Vito. Aber die Kinder reden nur vom Siegerauto.“

„Für uns war und ist es bis heute immer der Vito. Aber die Kinder reden nur vom Siegerauto.“

31

Page 35: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

»1 0 J A H R E I N T E G R AT I O N S P R E I S «32

H E R A U S G E B E RDeutscher Fußball-BundOtto-Fleck-Schneise 660528 Frankfurt am MainTel.: 069/6788-0www.dfb.dewww.fussball.de

R E D A K T I O NSönke Vosgerau, Prof. Dr. Ulf Gebken, Thomas Hackbarth, Steffen Lüdeke, Udo Muras

B I L D N A C H W E I SGetty Images, imago, dpa

V I S U E L L E K O N Z E P T I O N , T E C H N I S C H E G E S A M T H E R S T E L L U N GRuschke und PartnerFeldbergstraße 5761440 Oberursel/Ts.Tel.: 06171/693-0

„Dieser Preis ist schon etwas Besonderes. Bereits zum zehnten Mal werden die besten Integrations-

maßnahmen im Fußball prämiert. Mich beein-druckt, mit wie viel Elan und kreativen Ideen sich die Fußballver eine in unserem Land engagieren,

auch für Flüchtlinge! Mit ihrem Engagement auch über den Fußball hinaus stärken die Vereine den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Dafür bin

ich dem Fußball dankbar.“AY D A N Ö Z O G UZ

Staatsministerin Beauftragte der Bundesregierung für Migration,

Flüchtlinge und Integration

KO N TA K T/I M P R E S S U M

Page 36: BLINDTEXT¼re...DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Mit dem Preis zeichnen wir seit nun einer Dekade diejenigen aus, die sich für das Miteinander

Die Zahl der von Ausländern gestellten Spiel berechtigungs -anträge ist seit 2013 von jährlich knapp über 10.000 auf mehr als 42.000 im Jahr 2015 gestiegen.

Die Fußball-Flüchtlingsinitiative „1:0 für ein Willkommen“ der Egidius-Braun-Stiftung und der Beauftragten der Bundes-regierung für Migration, Flüchtlinge und Integration wurde Ende 2016 nach 20 Monaten Laufzeit beendet. 3.013 Vereine aus allen DFB-Landesverbänden hatten seit dem Start im März 2015 eine finanzielle Förderung erhalten. Dank „1:0 für ein Willkommen“ wurden somit 1,5 Millionen Euro an Fußballvereine in ganz Deutschland ausbezahlt.

Seit Januar 2017 wird die Initiative mit anderen Schwerpunkten als „2:0 für ein Willkommen“ fortgesetzt.

" Weitergehende Informationen

unter www.egidius-braun.de