Blitzschutz-Basis-Dokument Fangeinrichtungen/6 … · Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012...

15
Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012 Seite 1 von 15 6.1.2 Blitzschutz von Dachaufbauten 1. Einleitung Die Dächer von Industrie- und Verwaltungsgebäu- den werden immer mehr zu komplexen technischen Nutzflächen. Der Anteil an elektrisch betriebenen und gesteuerten Systemen wie z. B. Klimageräten nimmt gegenüber den „klassischen Dachaufbauten“ wie z. B. Kaminen und Dachfenstern stark zu. Bild 1: Blitzgeschützte Dachanlage Diese funktionstechnischen Dachaufbauten mit leiten- den Verbindungen in das Gebäudeinnere müssen in dem System „Blitzschutz“ besonders berücksichtigt werden. Das Thema „Blitzschutz von Dachaufbauten auf Indu- strie- und Verwaltungsgebäuden“ wird häufig in seiner Komplexität, seiner Wichtigkeit und seinem Einfluss auf die Gestaltung des „restlichen“ Blitzschutzsystems (BSS) unterschätzt. Diese Ausarbeitung gibt einen Überblick über die be- kannten Schutzmethoden und die Historie der Bestim- mungen zum Thema „Schutz von Dachaufbauten“. Bild 2: Blitzgeschützte Dachanlage Es werden die Möglichkeiten und Gefahren der ver- schiedenen Schutzmethoden erörtert. Dazu werden Beispiele zum Schutz von Dachaufbauten gegeben und ein Zusammenhang zwischen den Maßnahmen des äußeren und des inneren Blitzschutzes herge- stellt. 2. Historie Der Grundstein für die heutigen Bestimmungen zum Thema „Blitzschutz“ wurde im Jahr 1885 mit der Grün- dung des damaligen Ausschuss für Blitzableiterbau e.V. (ABB) als Unterausschuss des Elektrotechni- schen Vereins zu Berlin gelegt. Der Gründung folgten die Herausgabe von Leitsätzen und dem inzwischen legendären Buch „Blitzschutz“. Das Buch „Blitzschutz“ wurde bis zur letzten, der 8. Auflage im Jahr 1968, ständig überarbeitet. Im Jahr 1982 wurde diese 8. Auflage des Buches „Blitzschutz“ in die DIN VDE 0185 überführt. Die- se Norm wurde vom ABB, inzwischen umbenannt in „Arbeitsgemeinschaft für Blitzschutz und Blitzablei- terbau“, zusammen mit dem Komitee 251 „Errichtung von Blitzschutzanlagen“ der DKE erarbeitet und als VDE-Richtlinie eingeführt. Der ABB ist als ständiger Ausschuss im VDE vertreten und nennt sich heute „Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung“. 3. Bewertung der Schutzmethoden (Eine Gesamtübersicht finden Sie in der Tabelle „Blitz- stromverteilung“ im Anhang dieser Ausarbeitung.) Zur Bewertung der Schutzmethoden werden die „Wege des Blitzstromes“ und dessen Aufteilung schematisiert betrachtet. Der Blitzstrom teilt sich bei Verzweigungen umgekehrt proportional zu den entsprechenden Impe- danzen der Verzweigungsäste auf (Stromteilerregel). Dabei muss der hochfrequente Blitzstromanteil (di/dt) berücksichtigt werden. Das Hauptbewertungskriteri- um der Schutzmethode ist die Vermeidung der Gefahr durch Teilblitzströme in das Innere des Gebäudes. Im Zuge der Internationalisierung der Normen und der Bestrebungen zur Vereinheitlichung der Vorschriften innerhalb Europas wurde im August 1996 die DIN V ENV 61024-1, deren Inhalte sich auf die IEC 1024- 1:1990 stützen, veröffentlicht. Diese Erkenntnisse wurden im November 2002 mit Herausgabe der DIN V VDE 0185-3 bekannt gemacht und sind seit Oktober 2006 mit Erscheinen der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) gültig. Im Oktober 2011 ist dazu die 2. Ausgabe erfolgt.

Transcript of Blitzschutz-Basis-Dokument Fangeinrichtungen/6 … · Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012...

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 1 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten1. Einleitung

Die Dächer von Industrie- und Verwaltungsgebäu-den werden immer mehr zu komplexen technischen Nutzflächen. Der Anteil an elektrisch betriebenen und gesteuerten Systemen wie z. B. Klimageräten nimmt gegenüber den „klassischen Dachaufbauten“ wie z. B. Kaminen und Dachfenstern stark zu.

Bild 1: Blitzgeschützte Dachanlage

Diese funktionstechnischen Dachaufbauten mit leiten-den Verbindungen in das Gebäudeinnere müssen in dem System „Blitzschutz“ besonders berücksichtigt werden.

Das Thema „Blitzschutz von Dachaufbauten auf Indu-strie- und Verwaltungsgebäuden“ wird häufig in seiner Komplexität, seiner Wichtigkeit und seinem Einfluss auf die Gestaltung des „restlichen“ Blitzschutzsystems (BSS) unterschätzt.

Diese Ausarbeitung gibt einen Überblick über die be-kannten Schutzmethoden und die Historie der Bestim-mungen zum Thema „Schutz von Dachaufbauten“.

Bild 2: Blitzgeschützte Dachanlage

Es werden die Möglichkeiten und Gefahren der ver-schiedenen Schutzmethoden erörtert. Dazu werden Beispiele zum Schutz von Dachaufbauten gegeben und ein Zusammenhang zwischen den Maßnahmen des äußeren und des inneren Blitzschutzes herge-stellt.

2. Historie

Der Grundstein für die heutigen Bestimmungen zum Thema „Blitzschutz“ wurde im Jahr 1885 mit der Grün-dung des damaligen Ausschuss für Blitzableiterbau e.V. (ABB) als Unterausschuss des Elektrotechni-schen Vereins zu Berlin gelegt. Der Gründung folgten die Herausgabe von Leitsätzen und dem inzwischen legendären Buch „Blitzschutz“. Das Buch „Blitzschutz“ wurde bis zur letzten, der 8. Auflage im Jahr 1968, ständig überarbeitet.

Im Jahr 1982 wurde diese 8. Auflage des Buches „Blitzschutz“ in die DIN VDE 0185 überführt. Die-se Norm wurde vom ABB, inzwischen umbenannt in „Arbeitsgemeinschaft für Blitzschutz und Blitzablei-terbau“, zusammen mit dem Komitee 251 „Errichtung von Blitzschutzanlagen“ der DKE erarbeitet und als VDE-Richtlinie eingeführt. Der ABB ist als ständiger Ausschuss im VDE vertreten und nennt sich heute „Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung“.

3. Bewertung der Schutzmethoden(Eine Gesamtübersicht finden Sie in der Tabelle „Blitz-stromverteilung“ im Anhang dieser Ausarbeitung.)

Zur Bewertung der Schutzmethoden werden die „Wege des Blitzstromes“ und dessen Aufteilung schematisiert betrachtet. Der Blitzstrom teilt sich bei Verzweigungen umgekehrt proportional zu den entsprechenden Impe-danzen der Verzweigungsäste auf (Stromteilerregel). Dabei muss der hochfrequente Blitzstromanteil (di/dt) berücksichtigt werden. Das Hauptbewertungskriteri-um der Schutzmethode ist die Vermeidung der Gefahr durch Teilblitzströme in das Innere des Gebäudes.

Im Zuge der Internationalisierung der Normen und der Bestrebungen zur Vereinheitlichung der Vorschriften innerhalb Europas wurde im August 1996 die DIN V ENV 61024-1, deren Inhalte sich auf die IEC 1024-1:1990 stützen, veröffentlicht.

Diese Erkenntnisse wurden im November 2002 mit Herausgabe der DIN V VDE 0185-3 bekannt gemacht und sind seit Oktober 2006 mit Erscheinen der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) gültig. Im Oktober 2011 ist dazu die 2. Ausgabe erfolgt.

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 2 von 15

6.1.2

Blitzschutz von DachaufbautenDas Thema „Schutz von Dachaufbauten“ wurde mit der Zeit weiterentwickelt. Rückblickend auf die 8. Auf-lage des Handbuchs „Blitzschutz“ des ABB wurden damals die folgenden Festlegungen getroffen:Zitat:8. Auflage des Buches „Blitzschutz“, §5 Auffangein-richtung, Absatz 6

„Die aus der Dachfläche hervorragenden Gebäude-teile wie Schornsteine, Turmspitzen, Dunstschlote, Windfahnen, Aufzüge, Firmenschilder, Antennen-träger und gegebenenfalls ihre Abspannseile sind, falls sie aus Metall bestehen, als Auffangeinrichtung zu benutzen und mit Anschlussleitungen an die Dachleitungen anzuschließen oder, wenn sie nicht aus Metall bestehen, mit Auffangeinrichtungen zu versehen“.

Schon damals wurde in § 7.3.3 darauf hingewiesen, dass Fremdnäherungen beseitigt werden müssen durch:1. Vergrößerung des Abstandes oder2. Verbinden mit der Fangeinrichtung (auch über ge-

schlossene Trennfunkenstrecken oder Überspan-nungsableiter).

Die DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) berücksichtigt Dachaufbauten. Dort heißt es im Abschnitt E.5.2.4.2.4 Schutz von eingelassenen oder vorstehenden Dach-aufbauten ohne leitende Installationen.

Leitende Installationen, wie elektrische Leitungen oder Metallrohre, die von in das Dach eingelasse-nen metallenen Aufbauten in das Innere der bau-lichen Anlage führen, können einen beträchtlichen Teil des Blitzstromes in das Innere des Gebäudes leiten.

Wenn solche leitenden Verbindungen vorhanden sind, sollten die Dachaufbauten durch Fangeinrich-tungen geschützt werden.

Fangeinrichtungen für den Schutz von im Dach eingelassenen oder aus dem Dach vorstehenden metallenen Aufbauten sollten eine derartige Höhe haben, dass der zu schützende Aufbau völlig inner-halb des durch die Blitzkugel oder den Schutzwin-kel bestimmten Schutzraumes der Fangeinrichtung liegt. Der Abstand zwischen den Fangeinrichtungen und den Dachaufbauten muss dem Trennungsab-stand s nach 6.3 entsprechen.

Nicht leitende Dachaufbauten, die höchstens 0,3 m über das Dachniveau hinausragen, erfordern kei-nen zusätzlichen Schutz durch Fangeinrichtungen. Haben diese nicht leitenden Dachaufbauten metal-lene Einrichtungen mit Verbindung in das Innere der baulichen Anlage, dann müssen sie wie metallene Dachaufbauten behandelt werden.

Abschnitt E.5.2.4.2.5 beschreibt Schutzmaßnahmen für Dachaufbauten, die elektrische Anlagen oder Infor-mationsverarbeitungseinrichtungen enthalten:

Alle Dachaufbauten aus isolierendem oder leiten-dem Werkstoff, die elektrische Anlagen und/ oder Informationsverarbeitungseinrichtungen enthalten, sollten innerhalb des Schutzraumes der Fangein-richtung liegen.

Ein direkter Einschlag in die installierte Einrichtung innerhalb des Schutzraumes ist unwahrscheinlich.

Ein direkter Einschlag in den Dachaufbau würde nicht nur zur Zerstörung des Dachaufbaus, sondern auch zu einer ausgedehnten Beschädigung der da-mit verbundenen elektrischen und elektronischen Einrichtung nicht nur in dem Dachaufbau, sondern auch innerhalb der baulichen Anlage führen.

Klare Aussagen zur Behandlung natürlicher Bauteile, wie z.B. einer Metallattika werden im Absatz E.5.2.5 getroffen. Es heißt dort:

Auf baulichen Anlagen mit Flachdächern stellt die metallene Bekleidung der Dachbrüstung einen ty-pischen natürlichen Bestandteil eines LPS-Fang-netzes dar. Eine derartige Bekleidung besteht aus stranggepressten oder gebogenen Teilen aus Alu-minium, verzinktem Stahl oder Kupfer in U-Form, die die Oberfläche der Dachbrüstung gegen Witte-rungseinflüsse schützt. Die Mindestdicke nach Ta-belle 3 muss für so einen Fall angewendet werden.

Die Fangleitungen, die Leiter auf der Dachfläche und die Ableitungen sollten mit der Bekleidung der Dachbrüstung verbunden werden.

Die Verbindungsstellen zwischen den Ableitungen der Bekleidungsbleche der Brüstung sollten, wenn nicht eine sichere Verbindung zwischen ihnen be-steht, leitend überbrückt werden.

Es gilt weiterhin, dass der Planer und der Errichter rechtzeitig in die Planung der baulichen Anlage ein-gebunden sind, damit unter Nutzung baulicher Kom-ponenten ein optimiertes Blitzschutzsystem errichtet werden kann. Die Planungsmethoden ermöglichen eine Vielzahl unterschiedlicher Ausführungsmöglich-keiten, die einen hohen Wissensstand und fachliche Kompetenz erfordern.

Bild 3: Blitzgeschützer Klimaaufbau

4. Schutzmethoden

Das Einbeziehen von Dachaufbauten in ein Blitz-schutzsystem (BSS) kann grundsätzlich auf zwei Möglichkeiten realisiert werden (Die Grafiken sind als Schemazeichnungen zu verstehen).

I. Durch Anschluss des zu schützenden Bauteils an das Blitzschutzsystem (BSS), sofern es aus leitendem Material besteht. Dabei muss unterschieden werden:

Abbildung Ia+

Abbildung Ib

Bild 4:Auffangstange neben Abluftrohr

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 3 von 15

6.1.2

Blitzschutz von DachaufbautenII. Durch Montage einer Fangeinrichtung (z. B. Fang-stange, Fangspitze, ...), die das Bauteil in den Schutz-bereich bringt. Dabei muss unterschieden werden:

Abbildung Ila+

Abbildung IIb Die Ermittlung des Schutzbereiches erfolgt nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) Tabelle 2.

Der Trennungsabstands von Teilen der Blitzschutzein-richtung zu metallenen Teilen des Dachaufbaus wird nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3), Absatz 6.3 Elektrische Isolierungen von äußeren Blitzschutzsy-stemen bestimmt.

Entscheidend für die Zuordnung der Schutzme-thode Ia, Ib, IIa oder IIb ist, ob von dem Bauteil eine leitende Verbindung in das Gebäudeinnere besteht, aus welchem Material das Bauteil besteht und welche Materialstärken das Bauteil aufweist.

Iadirekter Anschluss des

metallenen Dachaufbaus

IbAnschluss des metallenen

Dachaufbaus über Trennfunkenstrecke

IIaDachaufbau im Schutzbereich

ohne Trennungsabstand

IIbDachaufbau im Schutzbereich

mit Trennungsabstand

4.Ia Schutzmethode Ia: „direkter Anschluss“

Tabelle 1

Ergebnis Ia:

Bei der Schutzart Ia) „direkter Anschluss“ kommt es im Fall Ia.2.1 „direkter Blitzeinschlag in ein Bauteil mit leitender Fortführung“ zu hohen Teilblitzströmen in das Gebäudeinnere, die ein erhebliches Gefahrenpotential mit sich bringen.

Nicht zu vernachlässigende Teilblitzströme gelangen im Fall Ia.2.2 „Blitzeinschlag in das Blitzschutzsystem“ in das Gebäudeinnere und können dort Schäden ver-ursachen. Die Stromstärke hängt von der Entfernung des Einschlagpunktes zum betrachteten Bauteil ab.

Geeignet ist die Schutzmethode somit nur für die Fälle Ia.1 „Dachaufbauten ohne leitende Fortführung in das Gebäude“.

Bei der Errichtung muss sichergestellt werden, dass das Bauteil keine leitenden Fortführungen in das Gebäude hat. Bei Unsicherheit muss der direkte An-schluss vermieden werden und das Bauteil nach Schutzmethode IIb in den Schutzbereich gebracht werden.

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 4 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten

Bild 5: Direkter Anschluss an ein Bauteil ohne leitende Verbindung nach innen

Bild 6: Direkter Anschluss an ein Bauteil mit leitender Verbindung nach innen - falsch!

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 5 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten

Tabelle 2

Ergebnis Ib:

Für die Fälle Ib.1 „Dachaufbauten ohne leitende Fort-führung in das Gebäude“ gibt es keinen Grund, eine Trennfunkenstrecke einzubauen, da diese keinen Ein-fluss auf den Stromverlauf hat. Der eigentliche Anwen-dungsfall für den Einbau einer Trennfunkenstrecke ist die Situation Ib.2.2..

Bild 7: Trennfunkenstrecke

4.Ib Schutzmethode Ib: „Anschluss über Trennfunkenstrecke“

Hier soll durch den Einbau der Trennfunkenstrecke verhindert werden, dass bei einem Blitzeinschlag in das Blitzschutzsystem Blitzteilströme über den An-schluss an das Blitzschutzsystem in das Gebäudein-nere gelangen. Dieser Schutz ist jedoch nicht immer gewährleistet. Wenn die Ansprechspannung einer Trennfunkenstrecke bei einem Blitzeinschlag in der Nähe des Dachaufbaus erreicht wird, fließt dennoch ein Blitzteilstrom in das Gebäudeinnere.

Die Situation bei einem direkten Blitzeinschlag in das Bauteil (Fall Ib.2.1) wurde gegenüber dem direkten Anschluss (Fall Ia.2.1) nicht verbessert.

Die Trennfunkenstrecke übernimmt keine Aufgaben zum Personenschutz vor Spannungen und Strömen der Elektroinstallation, denn die elektrisch betriebenen und gesteuerten Dachaufbauten müssen die Abschalt-bedingungen der Elektroinstallation erfüllen.

Wenn Trennfunkenstrecken durch Überlastung zer-stört werden, können sie als elektrischer Kurzschluss betrachtet werden. Problematisch ist, dass sich dieser Defekt häufig nur durch eine Messung nachweisen lässt.

Die vorigen Betrachtungen zeigen, dass die Schutz-methode Ib „Anschluss über Trennfunkenstrecke“ vie-le Risiken in sich birgt und deshalb vermieden werden muss.

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 6 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten

Tabelle 3

Bild 8: Dachständerfunkenstrecke

Dachständerfunkenstrecken erfüllen mit dem An-schluss an Dachständern von Freileitungsenergiever-sorgungen Aufgaben zum Personenschutz. Werden Dachständerfunkenstrecken durch Blitzteilströme überlastet, werden sie komplett zerstört und können dann als elektrischer Leerlauf angesehen werden.

Leider muss festgestellt werden, dass immer noch Dachständerfunkenstrecken, die nicht für die hohen

4.II Schutzmethode II: „Dachaufbau im Schutzbereich“

Belastungen eines Blitz- oder Teilblitzstromes ausge-legt sind, beim Anschluss von Dachaufbauten (nicht Dachständer von Freileitungsenergieversorgungen) an das Blitzschutzsystem verwendet werden.

Ergebnis II:

Bei korrekter Ausführung werden mit der Schutzme-thode II die besten Ergebnisse erzielt.

Wenn es sich um ein nicht leitendes Bauteil (oder um ein leitendes Bauteil, welches keinem direkten Blit-zeinschlag ausgesetzt sein soll) ohne leitende Fortfüh-rung in das Gebäudeinnere handelt, wird es nach II.a in den Schutzbereich einer Fangeinrichtung gebracht, wobei die Einhaltung eines Trennungsabstands nicht berücksichtigt zu werden braucht. Somit ergeben sich Möglichkeiten zur Befestigung der Fangeinrichtung an dem Bauteil selbst.

Die Schutzmethode II.b stellt den einzig sicheren Schutz von Bauteilen mit leitender Fortführung in das Gebäude dar. Wichtig ist hierbei die Einhaltung des Trennungsabstands zur Vermeidung von Näherungen.

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 7 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten

Tabelle 4: „Anwendungsfall <=> Schutzmethode“

6. Beispiele

Nachdem die allgemeine Lösung zum Schutz von Dachaufbauten hergeleitet wurde, werden im Folgen-den konkrete Beispiele, unterteilt in inhaltliche Grup-pierungen, vorgestellt. Der Beispielkatalog erhebt kei-nen Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden Hinweise zu wichtigen Einzelaspekten der einzelnen Lösungen gegeben.

Bild 9: Geschützter Motor mit Fangstange

5. Ergebnis

Nach den vorausgegangen Betrachtungen wird folgendes Ergebnis zusammengefasst:

6.1. Lüfter

Die Ausführungsformen von Lüftern sind für die Nut-zung angepasst und können sehr unterschiedlich sein.Wichtig ist die Klarstellung, ob ein Lüfter eine leitende Fortführung in das Gebäudeinnere besitzt oder nicht.

Bild 10: Geschützter Lüfteraufbau mit Fangstange

Bild 11: Fangstange mit Abstandshalter aus isolierendem Ma-terial

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 8 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 9 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten6.2. Kamin Die Ausführungsformen von Kaminen sind für die Nut-zung angepasst und können sehr unterschiedlich sein.

Aus Korrosionsschutzgründen darf die Fangeinrich-tung im Rauch-/Abluftbereich nicht aus Aluminium oder Alu-Knetlegierung bestehen.

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 10 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten6.3. Lichteinlässe (Fenster, Lichtkuppeln, Lichtbänder, ...)

Die Ausführungsformen von Lichteinlässen sind für die Nutzung angepasst und somit sehr unterschiedlich. Größere Lichteinlässe wie Lichtkuppeln und Licht-bänder erfüllen oft auch weitere Funktionen (z. B. Belüftungsregulierung, Rauchabzug im Brandfall, ...), die meistens durch hochwertige Regelanlagen ange-steuert werden. Auch bei hydraulichen oder pneumati-schen Steuerungen muss von einer leitenden Fortfüh-rung in das Gebäudeinnere ausgegangen werden, da die Zuleitungen metallen sind.

Bild 12: Geschützte Lichtkuppel auf Foliendach

Bei der Auslegung des Schutzbereiches der Fang-einrichtung wird nur der geschlossene Zustand eines Lichteinlasses berücksichtigt.

Bild 13: Geschützte Lichtkuppel und Abluftrohr

Bild 14: Geschützte Lichtkuppel auf begrüntem Dach

Bild 15: Anordnung mehrerer geschützter Lichtkuppeln

Bild 16: Schutz einer Lichtkuppel und eines elektrisch betrie-benen Motors mit einer Fangstange

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 11 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 12 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten6.4. Klimageräte

Klimaanlagen gehören zur Ausstattung vieler Büro- und Verwaltungsgebäude.

Klimageräte auf dem Dach haben immer eine leiten-de Fortführung in das Gebäudeinnere. Diese besteht einerseits aus der elektrischen Zuleitung und anderer-seits aus dem Lüftungskanal.

Häufig werden Klimageräte speziell zur Klimatisierung von EDV-Zentralen betrieben. In diesem Fall muss der Blitz- und Überspannungsschutz besonders sorgfältig geplant und ausgeführt werden.

Bild 17: Nach Schutzart IIb geschütztes Kühlwerk

Bei großen Kühlaggregatsystemen läßt sich der Schutzbereich nur durch aufwendige konstruktive Maßnahmen realisieren. Eine Möglichkeit ist die Er-richtung eines Fangmaschensystems auf Haltestan-gen (Bild 1 und 2) aus Isoliermaterial (z. B. Grillodur).

Solche Schutzmaßnahmen müssen, wie alle aufwändi-geren Konstruktionen statisch berechnet werden. Ins-besondere ein Nachweis über die Windbelastbarkeit muss erbracht werden. Dies verursacht Kosten im Be-reich von Ingenieurleistungen, die jedoch gegenüber dem erzielten Schutzerfolg und den Einsparungen im Bereich des inneren Blitzschutzes gerechtfertigt sind.

Bild 18: Schutz eines Dachaufbaus durch teilisolierte Blitzschutzanlage

Bild 19: Schutz einer Lüftergruppe durch teilisolierte Auffangeinrichtung

Bild 20: Schutz eines klimatechnischen Aufbaus durch teilisolierte Auffangeinrichtung

Bild 21: Schutz einer Rückkühleinrichtung durch teilisolierte Auffangeinrichtung

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 13 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 14 von 15

6.1.2

Blitzschutz von Dachaufbauten7. Innerer Blitzschutz

7.1. BlitzschutzpotentialausgleichAlle in das Gebäude eintretenden Leitungen z.B. En-ergieversorgung, Fernmeldeleitungen, Wasser- und Gasversorgung, etc. werden nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) in den Blitzschutzpotentialaus-gleich einbezogen. Dies geschieht bei Leitungen der Energieversorgung und der Informationstechnik durch geeignete Schutzgeräte entsprechend dem Blitz-schutzzonenkonzept (BSZK).

Beim Schutz von Dachaufbauten hängt die Dimen-sionierung der Ableiter davon ab, ob der Dachaufbau unter Einhaltung des Trennungsabstandes in den Schutzbereich einer Fangeinrichtung gebracht wurde (Schutzart IIb; Blitzschutzzone OB) oder der Dachauf-bau nicht im Schutzbereich einer Fangeinrichtung steht (Schutzarten „Anschluss“ Ia + Ib; Blitzschutzzone OA). Bei dem Übergang von der Blitzschutzzone OA in die Blitzschutzzone 1 (die erste geschirmte Zone des Ob-jektes) müssen Blitzstromableiter verwendet werden, wogegen beim Zonenübergang von Blitzschutzzone OB in die Blitzschutzzone 1 Ableiter mit geringerem Ableitvermögen verwendet werden, die entsprechend preiswerter sind.

7.2. Weitere Maßnahmen zum Überspannungs-schutz

Auch bei vollständiger Ausführung des äußeren Blitz-schutzes und des Blitzschutzpotentialausgleichs ver-bleiben Risiken für den Menschen und das zu schüt-zende Objekt durch Überspannungen.

Diese Überspannungen können verschiedene Ursa-chen haben:1. Restüberspannung „hinter“ einem Blitzstromablei-

ter bei einem direkten Blitzeinschlag.2. von gebäudeüberschreitenden Leitungen einge-

speiste Spannungsspitzen bei einem indirekten Blitzeinschlag (Blitzeinschlag in der Nähe des zu schützenden Objektes).

3. in den Leiterschleifen des zu schützenden Objektes induzierte Spannungen, verursacht durch die Blitz-stromsteilheit di/dt.

Die Fälle 1 und 2 bewirken, dass Überspannungs-wellen auf Leitungen der Elektroinstallation und der Informationstechnik geführt werden. Aufgrund der In-duktivität der Leitungen erhöht sich die Überspannung nach U = L di/dt über dem Leitungsverlauf auf gefährli-che Werte. Diese Überspannungen müssen durch die Beschaltung mit Ableitern herabgesetzt werden.

Im Fall 3 bilden die verlegten Kabel und Leitungen teils offene, teils geschlossene Induktionsschleifen. Bei einem Blitzeinschlag in der Nähe eines geschützten Objektes können in diesen Schleifen mehrere 10 kV bis hin zu 100 kV induziert werden. Verantwortlich für

die Höhe der induzierten Spannungen sind die Blitz-stromsteilheit di/dt, die Entfernung vom Blitzkanal und in erheblichem Maße die Lage und Größe der Induk-tionsschleifen.

Günstig gegen Überspannungsprobleme wirkt sich die Installation von geschirmten Kabeln und durchver-bundenen geschlossenen metallenen Kabelführungen aus. Sie verhindern jedoch nicht die Notwendigkeit des Potentialausgleiches an den Zonenübergängen des Blitzschutzsystems.

Diese Schirmungen verringern die induzierte Span-nung in den spannungsführenden Leitern erheblich, so dass sie bei richtiger Bemessung den Einsatz von Ableitern vermeiden oder wenigstens deren Zahl ver-ringern.

8. Resümee

Für die Einbeziehung von Dachaufbauten in ein Blitz-schutzsystem sind konkrete Aussagen getroffen wor-den. Jedoch lässt sich nicht vermeiden, dass in der täglichen Praxis immer wieder Sonderfälle auftreten, die spezielle Lösungen erfordern.

Bei rechtzeitiger Planung und optimaler Ausführung des äußeren Blitzschutzes werden die Risiken der direkten Einkopplung von Blitzteilströmen in das Ge-bäude auf ein Minimum reduziert. Dies bedeutet aber nicht, dass Maßnahmen zum inneren Blitz- und Über-spannungsschutz außer Acht gelassen werden dür-fen. Allerdings verringert ein gut ausgeführter äußerer Blitzschutz die nötigen Maßnahmen des inneren Blitz-schutzes beträchtlich (siehe 7 „Innerer Blitzschutz“).

Letztlich zeigt das Thema auf, wie wichtig die frühzei-tige Einbindung erfahrenen und zuverlässigen Blitz-schutzfachkräfte in die Planung eines Bauvorhabens ist. Nur bei guter Planung kann das Blitzschutzsystem optimalen Schutz bieten und ein optimaler Kosten-Nutzenfaktor realisiert werden.

Verfasser: Heinz-Josef Krämer Stand 04/2012

Seite 15 von 15

6.1.2

Blitzschutz von DachaufbautenTabelle: Blitzstromverteilung