BLÄK informiert Gesundheitsuntersuchungen nach dem ... · PDF fileBLÄK informiert...

download BLÄK informiert Gesundheitsuntersuchungen nach dem ... · PDF fileBLÄK informiert 422 Bayerisches Ärzteblatt 9/2015 he Erkennen von Infektionskrankheiten und die Isolierung erkrankter

If you can't read please download the document

Transcript of BLÄK informiert Gesundheitsuntersuchungen nach dem ... · PDF fileBLÄK informiert...

  • BLK informiert

    422 Bayerisches rzteblatt 9/2015

    he Erkennen von Infektionskrankheiten und die Isolierung erkrankter Personen durch den GD ist dabei ein wichtiges Mittel, um Ausbrche zu begrenzen oder sogar zu verhindern. Schutz-impfungen gehren zu den wirksamsten und sichersten Manahmen der Prvention.

    Alle rztinnen und rzte werden gebeten, bei jeglichem Patientenkontakt mit Asylbewerbern ein Augenmerk auf das Schlieen von Impf-lcken nach den Empfehlungen der Stndigen Impfkommission (STIKO), insbesondere gegen Masern und Windpocken, zu richten.

    Daten und Fakten zur Gesundheitsuntersuchung

    Untersuchung zum Ausschluss einer TuberkuloseDie Tuberkulose gehrt weltweit mit jhrlich etwa neun Millionen Neuerkrankungen und 1,5 Millionen Todesfllen zu den hufigsten meldepflichtigen Infektionserkrankungen bzw. Todesursachen (Therapieerfolg bei ca. 86 Pro-zent) [1, 2]. Nach Angaben der Weltgesund-heitsorganisation (WHO) sind ca. 85 Prozent der Tuberkulose-Neuerkrankungen in Asien

    bzw. Hepatitis-B-Infektion durchgefhrt. Bei der Untersuchung zum Ausschluss einer Tuber-kulose der Atmungsorgane wird bei Minderjh-rigen oder bei Schwangeren die Rntgenunter-suchung durch ein geeignetes Verfahren ersetzt.

    Das Ergebnis der Untersuchung wird der fr die Unterbringung zustndigen Behrde mit-geteilt. Dies erfolgt in Bayern unter Beachtung des Datenschutzes durch das untersuchende Gesundheitsamt an die Unterbringungsver-waltung. Bei positiven Befunden werden vom Gesundheitsamt die notwendigen Infektions-schutzmanahmen eingeleitet. Die Asylbewer-ber werden ber auffllige Befunde informiert und erhalten Gelegenheit zur Einsichtnahme in die Befunde bzw. knnen eine Kopie des Befundes erhalten.

    Die Gesundheitsuntersuchungen knnen auch durch Beleihungen oder Kooperationen des Gesundheitsamtes mit Dritten, zum Beispiel durch niedergelassene rzte sichergestellt werden. Interessierte rztinnen und rzte kn-nen sich gerne an das zustndige Landratsamt oder die jeweilige Bezirksregierung wenden.

    Die individuelle, kurative rztliche Betreuung und Therapie der Asylbewerber wird durch niedergelassene rzte sowie Kliniken gewhr-leistet. Die notwendige rztliche und zahn-rztliche Behandlung bei akuten Erkrankun-gen und Schmerzzustnden sowie Impfungen werden nach Asylbewerberleistungsgesetz ( 4 AsylbLG) gewhrt. Nach 6 Abs. 1 AsylbLG knnen andere Behandlungen bernommen werden, wenn diese zur Sicherung der Gesund-heit unerlsslich sind. Insbesondere fr Fragen der Sicherstellung und Vergtung ist das Baye-rische Staatsministerium fr Arbeit und Sozia-les, Familie und Integration (StMAS) zustndig und verantwortlich.

    Die anfallenden Kosten fr die oben genannten Untersuchungen trgt der jeweils zustndige Sozialhilfetrger.

    Aufgrund der rumlichen Enge in Asylbewerber-einrichtungen kommt es immer wieder zu Er-krankungsfllen an Skabies (Krtze). Wiederholt haben sich auch Erkrankungen und Ausbrche von Windpocken und Masern ereignet. Das fr-

    Die zunehmende Zahl an Asylbewerbern stellt neben der Gesellschaft auch den ffentlichen Gesundheitsdienst (GD) und das Gesund-heitssystem vor groe Herausforderungen. Der Gesundheitsschutz der bayerischen Be-vlkerung und der Asylbewerber hat fr die Bayerische Staatsregierung einen hohen Stel-lenwert. Deshalb wurde zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung von Asylbewerbern ein Vorgehen, bestehend aus einer Gesund-heitsuntersuchung auf bertragbare Erkran-kungen (nach 62 Asylverfahrensgesetz AsylVfG) sowie der medizinisch kurativen Ver-sorgung, implementiert.

    Die bundesrechtlich vorgeschriebene Gesund-heitsuntersuchung nach 62 AsylVfG durch den GD muss in Bayern innerhalb von drei Ta-gen nach Registrierung in einer Erstaufnahme-einrichtung erfolgen. Der Umfang der Untersu-chung umfasst:

    eine krperliche Untersuchung zum allge-meinen Gesundheitszustand und auf Anzei-chen einer bertragbaren Krankheit,

    eine Untersuchung zum Ausschluss einer Tuberkulose der Atmungsorgane (Rntgen-bild oder gegebenenfalls Interferon-gamma release assay IGRA),

    eine serologische Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV- oder Hepatitis-B-Infektion und

    Stuhluntersuchungen auf Bakterien der TPER-Gruppe (bakterielle Typhus-, Para-typhus-, Enteritis- und Ruhrerreger) sowie risikobasiert nach Herkunftsregion auf Darmparasiten.

    Im ersten Halbjahr 2015 wurden 27.862 Blut- und 30.124 Stuhlproben von Asylbewerbern in Bayern am Bayerischen Landesamt fr Ge-sundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) un-tersucht.

    Unbegleitete Minderjhrige, die das 18. Lebens-jahr noch nicht vollendet haben, werden durch das rtlich zustndige Jugendamt in Obhut ge-nommen. Wie bei erwachsenen Asylbewerbern wird eine Gesundheitsuntersuchung entspre-chend 62 AsylVfG veranlasst. Ab Vollendung des 15. Lebensjahres werden dabei serologische Untersuchungen auf das Vorliegen einer HIV-

    Gesundheitsuntersuchungennach dem Asylverfahrensgesetz

    Asylbewerberin mit Baby in der Bayernkaserne.

    B

    LK

  • BLK informiert

    Bayerisches rzteblatt 9/2015 423

    Anteil reaktiver bzw. positiver NachweiseSerologische Untersuchungen

    HIV-Suchtest (reaktiv) 0,76 Prozent

    Hepatitis B-Serologie (Nachweis von HBs-Antigen) 4,00 Prozent

    Stuhluntersuchungen

    Nachweis von Salmonella spp. 0,10 Prozent

    Nachweis von Shigella spp. 0,01 Prozent

    Nachweis von Darm-Parasiten 3,50 Prozent

    Tabelle: Im Rahmen der Gesundheitsuntersuchungen von Asylbewerbern nach 62 AsylVfG in Bayern nach-gewiesene Infektionen im Stuhl im ersten Halbjahr 2015.

    erstes Halbjahr 2015: 0,1 Prozent). Der Nach-weis Shigella-positiver-Stuhlproben ist selten (2013: 0,03 Prozent, 2014: 0,01 Prozent, erstes Halbjahr 2015: 0,01 Prozent). Die uerst nied-rigen Inzidenzen von Salmonella spp. und Shi-gella spp. zeigen, dass Asylbewerber als Keim-trger und Reservoir kaum eine Rolle spielen und somit keine relevante Gefahr fr die deut-sche Bevlkerung darstellen.

    Parasitologische Untersuchung von Stuhlproben von AsylbewerbernIm ersten Halbjahr 2015 wurde bei 3,5 Prozent der untersuchten Stuhlproben von Asylbewer-bern/unbegleiteten Minderjhrigen eine behand-lungsbedrftige Parasitose nachgewiesen. Da-runter waren am hufigsten Giardia lamblia, der Zwergbandwurm (Hymenolepis nana), der Haken-wurm (Ancylostoma duodenale) und die Darm-Bilharziose (Schistosoma mansoni) (siehe Tabelle).

    Links zu Merkblttern des LGL Zu Skabies: www.lgl.bayern.de/downloads/gesundheit/

    hygiene/doc/merkblatt_kraetze_gemeinschaftsunterkuenfte.pdf

    Zum Infektionsschutz fr ehrenamtliche Asylhelfer/-innen: www.lgl.bayern.de/downloads/gesundheit/

    infektionsschutz/doc/merkblatt_asylhelfer_infektionsgefaehrdungen.pdf

    Zusammenfassung

    Asylbewerber werden durch die Gesundheitsm-ter nach 62 AsylVfG auf bertragbare Krank-heiten untersucht. Wie bisherige infektionsepi-demiologische Erkenntnisse sowie Erfahrungen aus der Praxis zeigen auch diese Untersuchun-gen in Bayern, dass insgesamt nur ein geringes Infektionsrisiko von Asylbewerbern ausgeht. Sollte bei einem Asylbewerber eine bertrag-bare Erkrankung festgestellt werden, wird er darber informiert und gegebenenfalls einer Behandlung zugefhrt. Der GD veranlasst alle notwendigen Infektionsschutzmanahmen.

    Das Literaturverzeichnis kann bei den Ver-fassern angefordert oder im Internet unter www.bayerisches-aerzteblatt.de (Aktuel-les Heft) abgerufen werden.

    prozentuale Anteil liegt ber die Jahre hinweg konstant in einem Bereich von drei bis fnf Pro-zent (2013: 4,99 Prozent, 2014: 3,72 Prozent). Nach Schtzungen der WHO lebten Ende 2012 etwa 35,3 Millionen Menschen weltweit mit einer HIV-Infektion oder AIDS. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen wurde im Jahr 2012 auf 2,3 Millionen Menschen geschtzt [5]. Mehr als 95 Prozent aller HIV-Infizierten leben in Ent-wicklungslndern, 69 Prozent in Sub-Sahara Afrika. Die HIV-Prvalenz in der bayerischen bzw. deutschen Bevlkerung liegt in den ver-gangenen Jahren relativ konstant bei etwa0,1 Prozent. 0,76 Prozent der im Rahmen von 62 AsylVfG untersuchten Suchtests auf HIV von Asylbewerbern, die das 15. Lebensjahr voll-endet haben, waren im ersten Halbjahr 2015 re-aktiv, bei 0,6 Prozent der Asylbewerber konnte eine HIV-Infektion neudiagnostiziert werden. Der prozentuale Anteil reaktiver HIV-Suchtests zeigt sich ber die Jahre hinweg unverndert im Bereich von 0,75 bis ein Prozent (2013: 0,84 Prozent, 2014: 0,76 Prozent). Der Befund ei-nes HBsAg-Trgerstatus und das Ergebnis der serologischen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion wird dem Asylbewerber durch das Gesundheitsamt zusammen mit einer Aufklrung ber bertragungswege und Be-handlungsoptionen mitgeteilt. Hufig bleiben HBV- und HIV-Infektionen wegen inadquater Gesundheitsversorgungsstrukturen in den Her-kunftslndern unerkannt und unbehandelt.

    Bakteriologische Untersuchung von Stuhlproben von AsylbewerbernDie Untersuchung auf Erreger der TPER-Gruppe, also auf Salmonella spp. und Shigella spp. erfolgt kulturell unter Einbeziehung von Anreicherungsverfahren fr Salmonella spp. Der Anteil Salmonella-positiver-Stuhlproben bei Asylbewerbern liegt ber die vergangenen Jahre deutlich unter einem Prozent (2013: 0,2 Prozent, 2014: 0,1 Prozent), der Anteil typhser (2013: 0,04 Prozent, 2014: 0,01 Prozent, erstes Halbjahr 2015: 0,003 Prozent) dabei nochmals deutlich unter dem Anteil enteritischer Salmo-nellen (2013: 0,1 Prozent, 2014: 0,1 Prozent,

    (56 Prozent) und Afrika (29 Prozent) zu ver-zeichnen. Einige Hauptherkunftslnder (HHL) der Asylbewerber im Jahr 2015 in Bayern [3] gehren zu diesen Kontinenten (Afghanistan, Nigeria, Somalia). Auf Europa entfallen vier Pro-zent aller Tuberkulose-Neuerkrankungen, wobei hier insbesondere osteuropische Staaten (HHL 2015: Ukraine) betroffen sind. In Bayern wie im brigen Deutschland lag die Inzidenz 2014 bei 5,51 bzw. 5,56 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohne