Blutschneise

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Leseprobe aus dem Roman »Blutschneise« von Guido Rohm

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Guido Rohm

Blutschneise

1. Auflage 2011© 2011 by Seeling Verlag, Frankfurt am MainAlle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert werden.

ISBN 978-3-938973-14-1

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Der Verlag dankt Manfred Roth für die Mithilfe und Unterstützung.

Weitere Informationen unter www.verlag-seeling.de

Für meine geliebte Frau Anette

Guido Rohm

B l u t s c h n e i s e

SeelingV e r l a g

»… Es ist denn auch, um es genauer zu sagen, weder das Ergebnis irgendeiner Leidenschaft noch die pathologische Form der Degeneration. Das Töten ist ein vitaler Trieb in uns … Alle hochentwickelten Wesen werden von ihm beherrscht, ebenso wie vom Fortpflanzungstrieb … Und diese beiden Triebe verbinden sich meistens so eng miteinander, gehen so vollkommen ineinander auf, dass sie gewissermaßen nur einen einzigen bilden und man nicht mehr genau ausmachen kann, welcher von beiden uns dazu treibt, Leben zu zeugen, und welcher, es zu vernichten, welcher der Tötungstrieb und welcher der Liebestrieb ist. Ich habe von dem Geständnis eines ehrenwerten Mörders, der Frauen nicht tötete, um sie zu bestehlen, sondern um sie zu schänden, Kenntnis bekommen. Mit Faszination hatte er beobachtet, dass die Zuckungen der Sinneslust des einen Triebes mit den Todeszuckungen des anderen genau übereinstimmen: ›In solchen Momenten‹, vertraute er mir an, ›stelle ich mir vor, ich wäre Gott und erschüfe die Welt!‹«

Der Garten der QualenOctave Mirbeau

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Prolog

Das war sein Albtraum. Sein Tiefschlaffiasko. Max Vonder-scheids ganz privater Nachthöllenritt. Er spürte jede Zelle seines Körpers. All diese unzähligen winzigen Gefängniszel-len, die einen Trakt ergaben. Die mehrere Trakte bildeten. Seine Extremitäten. All die verschiedenen Seitenflügel, die in seinem Rumpf mündeten, dem Hauptgebäude. Er war ein einziger Kerker. Kauerte in sich drin, und kam nicht heraus. Das war er.

Und genau in diesem Augenblick fiel er. Vor ihm war die Dunkelheit. Er strich mit seinen Händen an dunkelroten Wänden entlang. Blutbahnen. Er konnte das Feuer bereits riechen. Seine Nase hob sich. Witterte den Rauch. Er konnte die Nähe des Feuers körperlich spüren.

Er lag schweißgebadet auf seinem Bett. Fantasierte sich in die Hölle hinab. Es ging tief hinunter. Ein kilometerlanger Tunnel, so schien es ihm.

Gott, bin ich lange unterwegs. Und doch waren es nur Sekunden. Ein Wimpernschlag. Ein

Atemzug. Es wurde wärmer, dann heiß. Eine Gluthitze strömte ihm

entgegen. Und mit jedem Meter, den er vorankam, wurde es unerträglicher. Er hielt nicht an.

Er bewegte sich auf seine eigene Qual zu; lief seinem Höl-lenfeuer direkt in die züngelnden Arme.

In der Hölle ist es so, dachte er. Und dann …

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… kam er an. Max Vonderscheid. Ein Mann, der sich seinen Namen aus einem Roman

gestohlen hatte. Er würde von geborgt sprechen. Wussten Sie das? So ist das mit Max. Er ist ein Trick. Eine

Mogelpackung. Also immer schön vorsichtig sein. Sie sollten ihm nicht trauen. Auf keinen Fall.

Max Vonderscheid öffnete die Lider. Sah sich in seinem Alb-traum um. Rieb sich die Augen. Wider Erwarten kein Feuer. Keine Teufel. Nichts von alldem.

Max saß auf einem knarrenden Holzstuhl in einem abge-dunkelten Raum. Kühle strich um sein Gesicht. Sie tat ihm gut. Erfrischte ihn.

Seine Froschaugen, wegen denen man ihn als Kind so oft gehänselt hatte, mussten sich erst an die Lichtverhältnisse gewöhnen.

Es sah aus wie in einem der typischen Verhörzimmer der Polizei. An der Wand befand sich ein überdimensionaler Spie-gel. Ein schlichter Tisch. Er kannte solche Räume. Er hatte allerdings nie lange in einem solchen Verschlag bleiben müs-sen. Er war klüger als die Bullen. Die konnten Fragen stellen, wie sie wollten. Konnten ihn foltern, anschreien, bedrohen. Solche Käfige waren für Tiere. Nicht für Menschen.

Max Vonderscheid schloss die Augen, stellte sich die ver-schiedenen Bullengesichter vor.

Allesamt Idioten, dachte er.Max grinste. Öffnete erneut die Augen. Seine Kniescheiben taten ihm weh. Sein ganzer Körper

schmerzte. War er gestolpert? Gefallen? Natürlich. In meinen Traum bin ich gefallen.

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Egal, dachte er. Du wirst irgendwann aufwachen. Bald. Aus Träumen erwacht man immer. Jedenfalls meistens. Außer man stirbt im Schlaf, dann …

Er sah sich um. Blinzelte. Ihm Gegenüber waren die Umrisse eines Mannes zu erkennen. Er saß bewegungslos am anderen Ende des Tisches. War die Ruhe selbst. Wirkte wie aus Stein gemeißelt.

Der Mann schien nicht sonderlich überrascht von Max Vonderscheids Anwesenheit. Der Typ starrte ihn mit durch-dringenden Augen an. Max kannte diese Augen.

Froschaugen, dachte er. Er hatte sie schon mal irgendwo gesehen. Da war er sich

sicher. In einem Spiegel?Und dann erkannte er ihn.»Was machst du hier?«, fragte Max.»Ein Gespräch von Mann zu Mann.«Mit einem Lächeln schüttelte Max den Kopf. Sah hinab

auf seine gefalteten Hände.»Wir haben nichts miteinander zu besprechen«, sagte

Max.»Ich denke schon.«Max roch etwas. Er hob den Kopf. Ein unangenehmer

Geruch. Er kam ihm bekannt vor. Das war ein Gestank, den er einfach nicht loswurde.

Er roch sich selbst. Das war es. Es widerte ihn an. Er widerte sich an. Eine schlechte Voraussetzung, um mit sich selbst gut auszukommen.

»Du riechst nach Tod«, sagte Max.»Das sind wir.«Max fuhr sich durch seine frisch geschnittenen Haare. Sein

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Gegenüber hatte lange, fettige Haare. Außerdem war der Andere unrasiert. So hatte er früher ausgesehen.

»So gefalle ich mir besser«, sagte Max.»Es ist egal, wie wir aussehen.«»Das sollte uns aber nicht egal sein«, sagte Max.Der mit den langen Haaren grinste, zeigte schmutzige

gelbe Zähne, griff sich eine Zigarette und zündete sie an. Er inhalierte tief, aber ohne Genuss.

»Willst du auch eine?«, fragte der Langhaarige.»Ich habe aufgehört«, sagte Max. »Und …«»Du willst wissen, warum wir hier sitzen?«»Ja.«Der Langhaarige sagte: »Wir sind hier, um wenigstens

einmal die Wahrheit auszusprechen.«»Wahrheit? Welche Wahrheit?«Max rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. Lauschte

auf das Knarren.»Kannst du dich noch an unsere Kindheit erinnern?«»Genau so gut oder schlecht wie du«, sagte Max.»Kannst du dich noch an die Maus erinnern?«»Welche Maus?«»Du hast sie beim ersten Frost gefunden. Sie sah aus, als

würde sie schlafen. Du hast sie in ein ausgewaschenes Ein-machglas gelegt, und dann beobachtet.«

»Daran kann ich mich nicht erinnern. Was soll dieser Unsinn?«

»Ich kann mich genau daran erinnern«, sagte der Langhaa-rige. »Immerhin war ich dabei.«

»Und?«Der Langhaarige nahm einen Zug von der Zigarette. Er

zog einen Speichelfaden nach.

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»Du hast ihr beim Verwesen zugesehen. Und es hat dir Spaß gemacht.«

»Unsinn«, lachte Max auf.»Kein Unsinn«, sagte der Langhaarige. »Genau so war

es.«»Und warum erzählst du mir das?«, fragte Max.»Damit du endlich erkennst, wer du bist. Du hast Spaß am

Tod. Spaß an der Gewalt.«Max lachte auf. Gekünstelt. Es war eher ein hohles Gluck-

sen. Er lehnte sich zurück. Täuschte Entspannung vor. Solche Dinge würde er sich nicht einreden lassen. Nicht von diesem Kerl.

»Ich war ein Freiheitskämpfer«, sagte Max.»Du warst ein Terrorist«, erwiderte der Langhaarige. »Ein

eiskalter Mörder, der Spaß am Töten hatte. Du hast dir eine Ideologie gesucht, die dir eine Rechtfertigung bot, andere Menschen kaltblütig abzuknallen. Du liebst das Abschlach-ten. Peng. Peng. Und schon fühlst du dich wie Gott.«

»Wer sagt das?«, fragte Max.»Ich«, sagte der Langhaarige.»Und wer bist du?«»Hast du das immer noch nicht begriffen? Denkst du noch

oft an Anna?«»Das geht dich überhaupt nichts an«, sagte Max.»Oh doch«, sagte der Andere. »Dann antworte du«, sagte Max. »Denk ich oft an sie?«Der Langhaarige zog wieder an seiner Zigarette. »Nein, das tust du nicht«, sagte er schließlich. »Und weißt

du auch, warum? Du bist für ihren Tod verantwortlich. Warum solltest du also an sie denken? Sie würde dir nur Kopfschmerzen bereiten.«

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»Du scheinst mich nicht besonders gut zu kennen«, schrie Max auf. »Ich denke sehr oft an sie.«

»Lügner!«»Wer gibt dir das Recht …?«Max sprang auf, langte über den Tisch, erwischte den

Langhaarigen an seinem ausgewaschenen T-Shirt und zog ihn über die zerkratzte Tischplatte.

»Du?«, stotterte Max.»Ja, ich bin es«, sagte der Langhaarige. »Warum bist du

so überrascht? Du hast es doch gewusst. Du willst mir doch nicht einreden, du hättest dich nicht erkannt.«

»Das ist nur ein Traum«, sagte Max.»So könnte man es auch nennen«, sagte die langhaarige

Ausgabe von Max.Max ließ Langhaar-Max los. »Wir sollten uns in Ruhe unterhalten«, sagte Langhaar-

Max.»Warum sollten wir das tun?«»Damit du dir endlich darüber klar wirst, wer du wirklich

bist.«»Und wer bin ich deiner Meinung nach?«»Das habe ich doch bereits gesagt?«»Ein eiskalter Killer.«»Genau.«»Und warum die Geschichte mit der Maus?«»Du warst schon immer so. Du hattest keine besonders

schlimme Kindheit. Du redest dir das gerne ein. Aber sie war nicht schlimm. Du musst endlich begreifen, dass du …«

»… dass ich ein wirklich übler Kerl bin.«»Genau.«Max grinste und sagte dann: »Zur Feier des Tages rauche

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ich doch eine Zigarette. Kann nicht schaden. Ist sowieso nur ein Traum. Und Träume verursachen keinen Lungenkrebs.«

Er klopfte sich eine Zigarette aus der Packung, zündete sie an, gab das Feuerzeug zurück. Er zog an der Zigarette. Über-legte. Schließlich warf er sie auf den Betonboden und zertrat sie mit seinem schweren Stiefel. Schwarze Lederstiefel, mit denen man Köpfe zum Platzen bringen konnte. Dann stand er ganz langsam auf, ging um den Tisch herum und baute sich vor dem Max seiner Vergangenheit auf.

»Was hältst du davon, wenn ich dich einfach umlege?«, fragte Max.

»Nicht die schlechteste Idee. Würde zeigen, dass du endlich zu dir stehst.«

»Gut!«Max legte seine Hände um den Hals von Langhaar-Max.

Der sah ihn mit einer beinahe gelangweilten Miene an. Max drückte zu. Übte einen starken Druck aus. Er würde es die-sem Arschloch zeigen. Würde es ihm heimzahlen.

Aber das bin doch ich, dachte er für einen kurzen Augen-blick.

Langhaar-Max röchelte und lief rot an. Er wehrte sich nicht. Er schien sogar zu grinsen. Max bot seine ganze Kraft auf. Er würgte jeden Atemzug heraus, der noch irgendwie in dem anderen steckte. Schließlich erschlaffte Langhaar-Max.

Geschafft, dachte Max. Er ließ den Körper langsam nach hinten sinken. Der Kopf

klappte auf die Brust. »Ich konnte dich noch nie ausstehen«, sagte Max zu der

Leiche.Er stand noch eine ganze Weile da und genoss den Anblick

seiner entsorgten Vergangenheit. Er sah sich um. Ging zu

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der schweren nietenbeschlagenen Eisentür. Er hämmerte mit seinen Fäusten dagegen.

»Ich will hier raus!«, rief Max, so laut er konnte.Er hörte knallende Stiefelschritte, die sich der Tür näher-

ten.Eine Stimme, die ihn an sich selbst erinnerte, sagte: »Tut

mir leid. Ich kann dich erst rauslassen, wenn die Leiche völlig verwest ist.«

»Was soll das heißen?«, schrie Max. »Das kann dauern.«Die Schritte entfernten sich.Scheiße, dachte Max.Er setzte sich wieder auf den Stuhl und sah den Toten an. Sieht eigentlich lustig aus, dachte er. Vielleicht war es gar nicht so übel, hier zu sitzen und dem

Tod bei der Arbeit zuzusehen. Er dachte an die Maus. Jetzt konnte er sich erinnern. Und er konnte sich auch daran erinnern, dass er bei dem Anblick eine nie gekannte sexuelle Erregung verspürt hatte.

Das hatte Max nie jemandem erzählt. Das ging keinen etwas an. Das war sein kleines Geheimnis. Er war ein Killer. Mit Haut und Haaren.

»Eigentlich war mir Anna scheißegal«, sagte er. »Du hast recht gehabt. Ich habe immer nur Gründe gesucht, um zu töten. Das hätte ich nicht tun sollen. Ich töte, weil es mir Spaß macht. Weil der Tod mich geil macht. Es gibt solche Menschen. Aber wir dürfen es nicht zugeben.«

Max stand auf und ging zu der Leiche. Er durchsuchte die Taschen. Fand die Zigaretten. Nahm sich eine.

»Die wirst du nicht mehr brauchen«, sagte er.Er zündete sich eine Zigarette an. Wie hatte er nur jemals

mit dem Rauchen aufhören können? Er sog den Rauch tief

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ein, behielt ihn in sich. Hielt die Luft an, bis ihm beinahe schlecht wurde.

Schließlich atmete er aus. Hustete. Lachte. »Was für ein Traum«, sagte er.Die Leiche blinzelte ihn an. Er hatte es genau gesehen.

Max lachte und lachte. Er konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen.

Das war sein Traum.Er wachte schweißgebadet auf, mit dem Geschmack von

Nikotin auf den verkrusteten Lippen. Er sah sich verwirrt um.

Was für ein verrückter Traum.Zum Glück bin ich nicht so, dachte er. Er schloss kurz die Augen und dachte an Anna. Entschul-

digte sich für diesen Traum. Er hatte sie nicht verraten. Das war eine Lüge. Sie waren in eine Falle gelockt worden. Das war die Wahrheit. Die hatte er doch allen erzählt, die es etwas anging.

»Ich kann nichts dafür«, flüsterte er.Er streckte seine Beine aus. Da war etwas. Ein Widerstand.

Er stieß gegen einen fremden Oberschenkel. Er zuckte zusam-men. Riss die Augen auf. Sah zur anderen Betthälfte hinüber. Dort lag eine junge dunkelhaarige Frau. Ihre Augen waren weit geöffnet, blickten entsetzt und starr an die Decke.

Er beugte sich über sie. Er war Profi genug, um sofort zu wissen, dass sie tot war.

Er erkannte dunkelrote Druckstellen an ihrem Hals. Max konnte sich nicht an sie erinnern. Er überlegte fieberhaft. Egal, ob er das getan hatte, oder jemand anders: Die Leiche konnte nicht hier bleiben. Sie musste verschwinden.

Er schloss die Augen. Öffnete sie. Schloss sie. Öffnete sie.

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Sah wieder hinüber. Die Frauenleiche war immer noch da. Kein Traum.

Das war sein Leben. Natürlich. Er grinste, stand auf und machte sich an die Arbeit, die er

beherrschte.

Erster Teil

Täter

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Die Sonne brannte. Ein explodierender Feuerball. Keine Wol-ke am Himmel. Totales Blau. Die Diktatur des Sommers.

Unten in den Straßenschluchten kam von den grellen Sonnenstrahlen nichts an. Die Hochhäuser warfen ihre langen dunklen Schatten. Verschluckten alles, nur die Hitze nicht. Die Hitze kam an. Fiel wie ein Beil auf die Köpfe der Menschen. Die meisten von ihnen bekamen Kopfschmerzen davon. Nicht weiter schlimm. Man konnte Tabletten dagegen nehmen. Oder Drogen. Wer genug Geld hatte, konnte es im Sommer schneien lassen.

Das Tal des Todes, dachte Max Vonderscheid.Und Max war der Adler, der alles von oben beobachtete.

Der über ihnen kreiste. Der auf Opfer wartete. Er hätte jetzt gerne ein Gewehr mit einem Zielfernrohr in

der Hand gehabt. Einfach mal Gott spielen. Ein paar Men-schenleben ausradieren. Warum nicht? Welche Rolle spielte das schon?

Max Vonderscheid lehnte sich vor, presste sein Gesicht an die Scheibe und starrte hinunter. Unzählige Menschen schoben und drängelten sich über die Bürgersteige. Achteten nicht aufeinander.

Viele waren alleine unterwegs. Einsame Jäger auf der Suche nach einem Schnäppchen.

Da waren Frauen in knappen Designerkleidern, die Tüten trugen, auf denen die Embleme berühmter Modelabels prangten. Tüten als Statussymbole.

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Was für beschissene Zeiten, dachte Max.Geschäftsmänner mit Mobiltelefonen am Ohr. Standen

natürlich immer kurz vor einem wichtigen Geschäftsab-schluss. Hetzten an Pennern vorüber. Schmutzige Typen in schmutzigen Klamotten streckten Plastikbecher nach vorne.

Manche der Vorbeieilenden warfen etwas hinein. Aber keiner sah hin. Da gab es nichts, was sich zu sehen lohnte. Und alles, was sie entdeckten, würde sie nicht einmal verwirren, sondern nur anekeln. Ja. Der Ekel war es. Er würde bleiben. Also sah keiner hin. Niemand wollte sich das Abendessen verderben lassen. Penner blieb Penner. Und das Abendessen ging vor.

In den Augen der Leute hatte dieser Abschaum seine Lage selbst verschuldet. Die hatten sich nicht im Griff. Kein Selbstwertgefühl. Eine Bande von Alkoholikern. Man ließ sich doch nicht von einer Scheidung unterkriegen. Oder einer Kündigung. Man blieb hart. Herr der Lage. Immer obenauf.

Max studierte die Gesichter der Penner. Er verstand sie. Er hätte selbst dort landen können.

Er dachte an Anna. An seinen Sprung aus dem Fenster. Das war seine Art des Verrats gewesen. Und jetzt war sie tot. Und er war noch da. Max Vonderscheid. Eine Lüge auf zwei Beinen.

Er schüttelte sich und sah wieder nach unten. Die Geschäfte lockten mit überteuerten Klamotten. Herge-

stellt von Kindern in Fernost. Das störte niemanden. Keiner dachte wirklich darüber nach. Es gab diese Kinderarbeit nicht. Außerdem konnte man Spenden. Das war Beweis genug: Man war eben doch ein guter Mensch.

Die Leute strömten hinein und heraus. Junge Frauen. Alte Frauen. Immer auf der Suche nach etwas, was sie glücklicher machen würde. Einem T-Shirt, das ihre Einsamkeit vertreiben

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würde. Sie würden es am Abend tragen. Eng anliegend. Die Brüste betonend. Aber es würde nichts in ihrem Leben verän-dern. Ein billiger und schneller Fick auf der Rückbank eines Sportwagens. Am Morgen würden sie traurig und mit dem Geschmack von Sperma im Mund erwachen. Tränen. Immer wieder Tränen, die aber ebenfalls nichts ändern würden.

Max Vonderscheid grinste und drückte seinen Kopf noch etwas weiter vor. Nur ein wenig. Mehr ging nicht. Es knirschte. Die Scheibe konnte jeden Moment bersten. So war er. Immer mit dem Kopf durch die Wand.

Alles lief auf Kauf und Verkauf hinaus. Die Leute dort unten waren Zuhälter und Prostituierte in einer Person. Und nichts auf der Welt würde daran etwas ändern.

Die Läden boten sich an. Die Menschen boten sich an. Alle betrieben Werbung und vermarkteten sich. Die Frauen tru-gen Make-up und String-Tangas. Die Männer trugen teure Uhren und fuhren schnelle Autos. Alle waren auf der Suche nach einem guten Handel. Alle hofften auf das perfekte Geschäft. Alle wollten ganz oben ankommen. Die meisten starben einsam. Man sah ihren Gesichtern die Wahrheit an. Die Traurigkeit sprang förmlich aus ihren Gesichtern heraus. Dabei versuchten alle, so cool wie möglich zu wirken. Abge-brüht. Es war erbärmlich.

Vonderscheids Mobiltelefon piepste. Er sah auf die Num-mer. Namen speicherte er keine ab. Das gehörte sich in seinem Geschäft nicht. Er verzog das Gesicht. Er ließ es klingeln. Er wollte jetzt nicht mit dem Kerl sprechen. Vielleicht später. Aber am liebsten überhaupt nicht mehr. Der Kerl kotzte ihn an. Aber er brachte viel Geld. Das war das Problem.

Geld ist alles, dachte Vonderscheid und sah erneut auf die Straße hinunter.

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Ein völlig verdreckter Penner mit einem Bart, der ihm bis auf die Brust hing, näherte sich einer Dosensammlerin, die mit ihrem Einkaufswagen an der Ecke eines Ladens saß. Sie wirkte erschöpft und starrte auf den Asphalt. Als würde dort etwas stehen. Eine Lösung für all ihre Probleme.

Vonderscheid sah, was kommen würde.Der Penner machte sich nicht mal die Mühe, sich ernst-

haft umzusehen. Warum auch? Niemand interessierte sich für das, was er tat. Vonderscheid verstand es. Fressen oder Gefressen werden. Ganz einfach. Ein uraltes Gesetz. Schon immer gültig. Und es würde weiter bestehen.

Der Penner schnappte sich den Einkaufswagen und rann-te los. Von Rennen konnte man eigentlich nicht reden. Er stampfte irgendwie davon. Die Dosensammlerin war in Gedanken. Vielleicht war sie auch auf Drogen. Vielleicht war es ihr egal. Sie reagierte überhaupt nicht. Sie hätte den Dieb einholen können. Aber sie blieb sitzen. Einfach so.

Vonderscheid genoss das Schauspiel. Dann sah er wieder auf sein Mobiltelefon. Er würde zurückrufen müssen.

Jetzt nicht, redete er sich ein. Jetzt nicht.Er stieß sich vom Fensterbrett ab. Im Hintergrund lief der

Fernseher. Wirtschaftsnachrichten. Die liefen immer. Von-derscheid wollte auf dem neusten Stand sein.

Er streifte seinen Bademantel ab. Er ging ins Bad und duschte. Er seifte sich immer und immer wieder ein. Egal, was es war, er wurde es nicht los. Mit einem finsteren Gesichtsausdruck stieg er aus der Dusche. Er mochte sich nicht besonders. Aber das ging keinen etwas an. Und damit ihm keiner auf die Spur kam, parfümierte er sich großzügig ein. Dieser teure Duft würde von diesem anderen Geruch ablenken, den nur er spürte und roch. Manchmal wurde er unsicher. Dann dachte

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er, die anderen könnten doch etwas riechen. Würden spüren, dass er kein besonders guter Mensch war.

Aber er überlebte. Und das war schon mehr, als vielen anderen gelang.

Er zog einen schwarzen Anzug an. Der hatte ein Vermögen gekostet.

Vonderscheid war durchtrainiert. Er rasierte sich täglich den Körper. Er bräunte sich im Solarium. Er war ein braun gebrannter Prachtkerl. Einer, der alle Frauen verzückte. Das dachte er. Und das dachten die meisten Frauen. Die Männer dachten es auch. Und deshalb hassten sie ihn. Vonderscheid war das egal. Er hatte Geld. Frauen kaufte er sich. Eine Beziehung konnte er sich nicht leisten. Eine Beziehung konn-te ihm gefährlich werden. Deshalb ging er erst gar keine ein. Er wollte sich an nichts binden, was er später mit einem Stein im See versenken musste.

Nachdem er sich angezogen hatte, rief er beim Portier an. »Irgendwelche Nachrichten für mich?«»Nein, Herr Vonderscheid. Nichts. Wenn ich sonst noch

etwas für Sie tun kann, lassen Sie es mich wissen.« Vonderscheid überlegte.Alle sind käuflich dachte er. Und ich bin wahrscheinlich

am käuflichsten von allen. Und dann dachte er noch: Scheiß drauf!

Die Blondine mit den Riesentitten fiel ihm ein.»Wie war der Name dieser Blondine?«, fragte Vonder-

scheid. Der Portier schien zu überlegen. Oder er tat nur so, um den

Preis noch etwas höher zu treiben. »Sie können sich doch erinnern?«, fragte Max Vonderscheid.»Ich denke schon …«

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»Sie bekommen noch einen Fünfziger drauf.«»Natürlich. Sie meinen Britt. Ich werde sie anrufen. Wann

soll sie zu Ihnen kommen, Herr Vonderscheid?«Vonderscheid dachte nach. Er würde noch bei dem Kerl

anrufen müssen. Und wenn der das wollte, von dem Max sich sicher war, dass er es wollte, dann war es gut möglich, dass er heute Abend noch auf die Jagd gehen musste. Wild konnte er nur nachts erlegen. Dann war es unterwegs und schwitzte sich die Einsamkeit aus den Poren.

»Könnte sie so in einer halben Stunde hier sein?«, fragte Vonderscheid.

»Ich kann nichts versprechen. Aber ich werde es versuchen. Ich rufe sie gleich wieder an, Herr Vonderscheid.«

Vonderscheid legte auf. Er ging in die Küche und goss sich einen Orangensaft ein. Er trank den Saft in einem Zug. Dann wischte er sich über den Mund. Eine kleine Geste, die aber verriet, aus welchem Stall er kam.

Er ging zurück ins Wohnzimmer, warf einen letzten Blick aus dem Fenster.

Wie Tiere, dachte er. Rinder, die man füttert und mästet. Und warum? Weil sie andere Rinder fett machen sollen. Was für eine Welt. Rinder beherrschten Rinder. Jeder versuchte, dem anderen sein Brandzeichen aufzudrücken. Es gab natürlich auch Viehbarone. Wenige. Man kannte ihre Namen nicht. Sie regierten im Hintergrund. Beherrschten ganze Imperien. Aber keiner kannte sie. Was übrig blieb, bekamen die Rinder. Vonderscheid hatte nicht vor, für den Rest seines Lebens ein Rind zu bleiben. Auf keinen Fall. Er hatte nur dieses eine Leben. Also musste er jede Chance nutzen, die sich ihm bot. Und reich wurde man nur, wenn man Wege beschritt, die nicht jeder zu gehen bereit war.

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Erneut stellte er sich vor, wie es wäre, das Fenster zu öffnen und mit einem Gewehr einige von denen dort unten umzule-gen. Einfach so. Plötzlich und mit einem Schuss würde sich für die anderen alles verändern. Das Leben bekäme einen Sinn. Es wäre wertvoll. Und man wäre dankbar, dass man überhaupt am Leben war. So einfach könnte man alle Pro-bleme lösen. Ein bisschen Tod unter die Menschen säen und schon gaben sie Ruhe.

Er kramte sein Mobiltelefon hervor und drückte die Rück-ruftaste. Es klingelte ein paar Mal. Der Kerl wusste, dass Vonderscheid anrief. Er ließ Vonderscheid zappeln. Er war wahrscheinlich sauer, weil Vonderscheid vorhin nicht sofort drangegangen war. Sollte der Schwachkopf ruhig schmollen. Vonderscheid kümmerte sich nicht darum. Er wäre froh gewesen, nicht mehr mit dem Kerl sprechen zu müssen.

Natürlich ging der Kerl ran. Er wollte etwas, was nur Von-derscheid besorgen konnte. »Hallo«, meldete sich der Kerl.

Vonderscheid nannte ihn immer nur den »Kerl«. Er kannte seinen richtigen Namen nicht. Er wollte ihn nicht kennen. Solche Typen verdienten keinen Namen. Der gab ihnen ein Gesicht. Und ein Gesicht gestand Vonderscheid dem Kerl nicht zu. Dabei hatte er ihn schon vier Mal sehen müssen. Diese aufgedunsene Fresse. Die Hände voller Goldringe. Der war kein Rinderbaron. Der war selbst nur ein Rind. Aber ein Rind mit Geld und perversen Wünschen. Vonderscheid hatte ihm bereits vier Mal Ware überbracht. Und er hasste sich dafür. Aber das Geld ließ ihn solche Gefühle vergessen. Das Geld half ihm über alles hinweg.

»Was gibt es?«, fragte Vonderscheid.»Was schon«, sagte der Kerl. »Wir brauchen Nachschub.«»Ich war erst vor acht Wochen bei Ihnen.«

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»Die Ware, die sie uns liefern, ist leicht zerbrechlich. Sie geht einfach kaputt. Wir wollen mehr. Wir würden gerne einen Dauerauftrag einrichten. Sie könnten uns alle acht Wochen beliefern.«

Vonderscheid nagte an seiner Unterlippe. Was für ein widerliches Stück Scheiße, dachte er.»Das ist nicht so einfach«, sagte Vonderscheid. »Schließlich

liegt die Ware nicht auf der Straße herum. Ich muss sie erst besorgen. Danach muss ich sie zu Ihnen transportieren. Das ist alles sehr aufwendig und gefährlich.«

»Sie bekommen eine Menge Geld dafür«, sagte der Kerl.»Nicht genug. Sie müssen noch eine gehörige Schippe

drauf packen, wenn sie einen Dauerauftrag daraus machen wollen.«

Das Haustelefon klingelte.»Bleiben Sie dran«, sagte Vonderscheid.Er nahm den Hörer des Haustelefons in die Hand. »Ja«, meldete er sich.»Britt könnte in zwanzig Minuten bei Ihnen sein«, sagte

der Portier.»Gut«, sagte Vonderscheid und legte auf.Er hielt sich das Mobiltelefon ans Ohr.»Ich habe in zwanzig Minuten einen wichtigen Termin«,

sagte Vonderscheid. »Wie wollen wir also verbleiben?«»Wann könnten Sie mit der Ware hier sein?«, fragte der

Kerl genervt.»Das wird teuer. Ich will mehr Geld.«»Wie viel mehr?«»Fünfzigtausend«, sagte Vonderscheid gelassen.»Warten Sie einen Augenblick. Ich muss das mit den ande-

ren besprechen. Kann ich Sie zurückrufen?«

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»Nein«, sagte Vonderscheid. »Ich sagte Ihnen doch bereits, dass ich einen Termin habe.«

Es entstand eine kurze Pause.»Sie sollten aufpassen«, sagte der Kerl.»Worauf?«, fragte Vonderscheid und wünschte sich in die

Arme von Britt. Das Gespräch nervte ihn. Der Kerl nervte ihn.

»Wie Sie mit mir umgehen. Wir können uns auch einen anderen Händler suchen.«

»Dann machen Sie das«, sagte Vonderscheid. Er wusste, der Kerl war auf ihn angewiesen. So schnell fand er keinen anderen Jäger. Er brauchte Vonderscheid. Aber Vonderscheid brauchte ihn nicht unbedingt. Es gab dort draußen eine Men-ge perverse Typen mit viel Geld. Er würde sie finden. Das Geld war da, man musste nur bereit sein, es aufzuheben. Und Vonderscheid konnte sich bücken, wenn es darauf ankam.

»Also ist das Geschäft geplatzt?«, fragte Vonderscheid scheinheilig.

Am anderen Ende war kaum etwas zu hören. Vonderscheid vernahm ein leichtes Keuchen. Mehr nicht. Aber er wusste bereits, wie der Kerl antworten würde.

»Der Handel steht. Sie bekommen das Geld. Aber ich will, dass Sie einen Dauerauftrag daraus machen.«

»Das besprechen wir noch«, sagte Vonderscheid streng. Man musste diesen Typen zeigen, wer das Sagen hatte. Sonst wurden sie übermütig. Und trotzdem musste er vorsichtig sein. Was er auch von ihnen hielt, sie hatten Kontakte, die auch ihm gefährlich werden konnten. Und er wollte nicht eines Morgens mit dem Lauf einer Waffe an der Schläfe erwachen. Man musste den richtigen Ton finden. Und Max Vonderscheid war sich sicher, diesen Tonfall exakt zu

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beherrschen. Noch hatte er alles im Griff. So sollte es auch bleiben.

Der Kerl knurrte noch etwas. Vonderscheid verstand es nicht. Es war ihm egal. Nichts Wichtiges. Nichts, was ihre Geschäftsbeziehung wirklich weiter gebracht hätte.

»Wann können Sie liefern?«, fragte der Kerl.Vonderscheid dachte kurz nach.»Ich bin in drei Tagen bei Ihnen. Der bekannte Ort?«»Wie immer«, sagte der Kerl.»Und bringen Sie frische Ware mit. Je jünger, desto besser.«»Zu frische Ware zerbricht Ihnen wieder zwischen den

Fingern.« Vonderscheid musste kurz auflachen. Das gefiel dem Kerl gar nicht.

»Lassen Sie das unsere Sorge sein. Das geht Sie gar nichts an. Vergessen Sie nie, wer Sie sind. Sie sind nur der Liefe-rant.«

»Jawohl, mein Herr!«, bellte Vonderscheid und schlug sei-ne Lackschuhe zusammen. Er musste schon wieder kichern.

»Sie gefallen mir nicht.«»Das könnte auf Gegenseitigkeit beruhen«, sagte Vonder-

scheid. Er biss die Zähne zusammen. Jetzt übertrieb er es. Er muss-

te vorsichtiger sein. Er wurde leichtsinnig. Er ließ Gefühle bei Geschäften zu. Das war nicht gut.

»Wir müssen uns nicht mögen«, sagte Vonderscheid. »Ich bringe Ihnen in drei Tagen die Ware. Und dann unterhalten wir uns über eine dauerhafte und regelmäßige Zusammen-arbeit. Sie wollen etwas, was ich Ihnen besorgen kann. Die Basis ist also nicht die schlechteste.«

»Wir werden sehen«, sagte der Kerl.»Bis dann«, sagte Vonderscheid.

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Er bekam keine Antwort. Der Kerl hatte bereits aufgelegt. Max Vonderscheid ärgerte sich. Er hatte sich gehen lassen. Das war nicht gut für die Geschäfte. Und nur um die ging es hier. Er musste sich künftig zusammenreißen, sonst …

Die Türklingel riss ihn aus seinen Gedanken. Waren wirk-lich schon zwanzig Minuten vergangen? Er konnte es kaum glauben. Das Leben zerrann einem zwischen den Fingern. Es zerrieb sich bei unnötigen Telefongesprächen. Beim Umgang mit perversen reichen Arschlöchern, die nur ihren Schwanz im Kopf hatten.

Vonderscheid schüttelte sich und verscheuchte die Gedan-ken an seine Geschäftspartner. Jetzt war erst einmal er dran. Und er würde es genießen.

Er öffnete die Tür. Vonderscheid strahlte. Ja, das war sie. Britt, wie sie leibte und lebte. Ihre Titten sprangen ihn beinahe an.

»Hallo, mein Schöner«, säuselte Britt.»Auf dich habe ich gewartet«, sagte Vonderscheid.Er kam sich vor wie in einem schäbigen Krimi. Eine Blon-

dine, ein dubioser Geschäftsmann, und dort draußen die böse weite Welt.

»Du erkältest dich noch«, sagte Vonderscheid. Er hielt ihr die Tür auf und sie stolzierte herein.Mann, dachte er, das Leben ist doch wirklich ein übles

Luder. Ein schlechter Film, der in einem heruntergekom-menen Kino läuft.

Vonderscheid spürte seinen Schwanz.Scheiß drauf, dachte er. Das ist mein Film. Und ich werde

ihn mir ansehen. Bis zum Ende. Wann immer das sein mag. Und außerdem war er gerade dabei, die Finanzen seiner Produktion aufzustocken.

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Britt zog sich bereits aus.»Wo wollen wir es machen?« Sie sah sich um.»Wie wäre es mit dem Esstisch«, sagte Vonderscheid.»Warum nicht«, sagte Britt.Vonderscheid folgte ihr. »Ich wollte schon immer mal eine Frau auf dem Esstisch

vernaschen«, sagte Vonderscheid. »Guten Appetit«, sagte Britt und legte sich breitbeinig auf

die Tischplatte.Vonderscheid schloss die Augen. Und für einige Minuten

vergaß er tatsächlich sein merkwürdiges Leben. Sein Streben nach Geld. Für wenige Minuten tauchte er in ein Universum namens Britt. Und sie war wirklich gut. Sie stöhnte. Klam-merte sich fest. Sie war eine gute Geschäftsfrau. Sie wusste, wie man Liebe und Leidenschaft vorspielte. Schließlich wollte sie Geld verdienen. Sie wollte raus aus diesem beschissenen Leben als Nutte.

Das alles erzählte sie Vonderscheid natürlich nicht. Sie sagte ihm auch nicht, dass sie ihn eigentlich ziemlich abstoßend fand mit seinen Froschaugen.

»Du bist ein echter Wahnsinnsmann«, flüsterte sie ihm ins Ohr, während er kam.

Und Vonderscheid, dem sonst keiner etwas vormachen konnte, glaubte tatsächlich für einen kurzen Augenblick, die Wahrheit gehört zu haben.