Bodenkunde und Philatelie E - Schweizerbart

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6FKZHL]HUEDUW -RKDQQHVVWU $ 6WXWWJDUW *HUPDQ\7HO )D[ RUGHU#VFKZHL]HUEDUWGH RQOLQH VKRS ZZZVFKZHL]HUEDUWGH E Der Boden ist eines der kostbarsten Güter der Menschheit. (Auszug aus der europäischen Bodencharta) Die herausragende Bedeutung von Böden für Pflanzen, Tiere und damit nicht zuletzt für den Menschen ist offensichtlich. Aus ihr ergibt sich eine vergleichbare Bedeutung für die Wissenschaft, die sich mit den Böden beschäftigt, die Bodenkunde. Hans-Peter Blume nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Welt der Bodenkunde und Bodenkultur, illustriert durch Briefmarken aus vielen Ländern dieser Erde. Anhand der Motive auf Briefmarken und weiterer postalischer Belege gibt der Autor den Lesern eine Einführung in die Prinzipien der Bodenkunde. Er beschreibt dabei nicht nur die verschiedenen Bodenformen, sondern erläutert auch die weltweit vorhandenen Bodenlandschaften sowie deren charakteristische Fauna und Flora. Vorgestellt werden auch die Gesteine und deren Mineralien, aus denen sich Böden bilden, die unterschiedlichen Nutzungen dieser Böden, die dafür notwendigen Methoden der Bearbeitung, Düngung, Be- oder Entwässerung. Weitere Abschnitte widmen sich der Belastung von Böden durch Überflutung, Verdichten, Abtrag, Überdecken oder Vergiften, sowie deren Vermeidung, mithin ihrem Schutz, außerdem der Geschichte von Bodenforschung und Bodennutzung von der Antike bis heute sowie den entsprechenden, nationalen und internationalen Forschungsstätten und Institutionen. 4. Bodenlandschaften Europas 4.1 Rendzinen Rendzinen (1) (WRB: Rendzic Leptosole)6 sind Böden aus Kalkstein (überwiegend CaCO3) oder Dolomit (Ca- Mg(CO3)) (1, 3). Der Anteil an Silicat-Mineralen des Gesteins beträgt oſt weniger als 5 %. Der Name Rend- zina ist ein polnischer Bauernname, der das Rauschen der vielen Steine dieses Bodens am Streichblech der Pflugschar beschreibt. Eine typische Rendzina (Abb. 1 links, S. 29) besteht aus einem ca. 10–40 cm mächtigen, lockeren, humosen, krümeligen Oberboden, der oſtauf festem, weiß gefärbtem Kalkstein aufsitzt. Der Boden besteht neben Humus aus dem Lösungs- rückstand des Kalksteins: Bei 5 % Lösungsrückstand mussten 6 m Kalkstein gelöst werden, um 30 cm Boden entstehen zu lassen. Rendzinen treten sowohl im Ge- birge fast aller Kontinente als auch im Bergland auf, wo sie mit anderen Böden vergesellschaſtet sind5, 7, 8. Im Folgenden werden zunächst entsprechende Bö- den der Gebirge behandelt, gefolgt von Formen der Bergländer und Küsten mit ihren häufigen Begleit- formen. 4.1.1 Rendzinen im Gebirge Im steilen Hochgebirge der Alpen wie dem Naturpark Berchtesgaden (2)1, der Karpaten und der Pyrenäen wechseln steiler Fels, flachgründige Syrosem-Rend- zinen2und tiefergründige Normrendzinen2ab. Letztere sind durch einen steinreichen, lockeren, humosen Oberboden über festem Fels oder zerklüſtetem Ge- steinsgrus charakterisiert. In kleinen Klüſten des Ge- steins wachsen Pionierpflanzen wie das Dolomiten- Fingerkraut (Potentilla nitida) (1). Aus deren Streu hat sich in Jahrhunderten ein geringmächtiger humoser Oberboden als Wurzelraum entwickelt. Entsprechende Lagen in den Hochalpen sind mit Mannsschild (An- drosace helvetica) (8) bestanden, auf den Färöer-Inseln (9) und Grönland (10) mit Steinbrech (Saxifraga oppositifolia). Auf Island und Skandinavien tritt ent- sprechend Silberwurz (Dryas octopetala) auf (7), das der Dryas-Zeit des Spätglazial ihren Namen gab3. Auf dem nackten Felsen selbst (1, 3) können fleckenhaſt Flechten auſtreten: Deren Pilzhyphen sind mm-tief in Fissuren des Gesteins eingedrungen, um Nährelemente aus den Mineralen zu lösen und dadurch mm-dünne Böden zu schaffen. In etwas tiefer gelegenen Lagen lässt sich mit Glück noch das heute streng geschützte Edelweiß (Leonto- podium alpinum) beobachten (6), von dem man in Österreich sogar eine seltene Briefmarke aus Stoff ge- fertigt hat (5). Rendzinen besitzen meist nennenswerte Reserven an Nährstoffen. Gering mächtige Rendzinen sind oſt trockene Standorte, besonders dann, wenn Überschuss- wasser rasch im klüſtigen Gestein versickert3. Ist der humushaltige Oberboden einer Alpen-Rend- zina durchgehend einige Zentimeter bis Dezimeter mächtig, ist eine geschlossene Pflanzendecke mit nahr- haſten Gräsern und Kräutern zu beobachten, die eine Weidenutzung durch kletterfähige Rinder oder Ziegen ermöglicht. Aus deren Milch bereiten Sennerinnen schmackhaſten Käse und Butter zu. Die Haustiere wurden winters im Untergeschoss der aus Naturstein (ansonsten aus Holz) gefertigten Ein- first-Höfe Oberbayerns gehalten ()4. Steile Hänge der Kalkalpen und Dolomiten sind winters lawinengefährdet. Diese zerstören in Ausnah- mefällen die humosen Rendzinen. Trotzdem dienen die Hänge mancherorts dem Wintersport, z. B. in Garmisch Partenkirchen, wodurch eine Bodendegra- dation in Form von Verdichtung und nachfolgender Bodenerosion einsetzt. Über solchen Böden kann man gelegentlich den Steinadler (obachten. 1 Deutsche Post (2000): Kap. 4. 2 AG Boden. (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung; 5. AuÀbart, Stuttgart.: 3 Scheffer/Schachtschabel (2010): Abschnitt 7.5.1.6, Tab. 12.2. 4 Ellenberg, H. (1990): S. 277. 5 Mückenhausen (1977): S. 81–85, 246f. 6 WRB (2007): S. 88 Leptosols. 7 Li Chingkwei, Sun Ou (1999): 17.1 Limestone Soils. 8 Altermann et al. (2014): 7 Rendzina Bodenkunde und Philatelie Schweizerbart E Hans-Peter Blume (LQ SKLODWHOLVWLVFKHU 6WUHLI]XJ GXUFK GLH %RGHQNXQGH 6HLWHQ )DUEWDIHOQ [ FP ,6%1 JHEXQGHQ ¼ ZZZVFKZHL]HUEDUWGH 4. Bodenlandschaften Europas 3. Zoosole 3. Zoosole Zoosole sind Böden, die von Tierengebildet oder durch Mischen bzw. Bioturbation tiefgründig verändert, mithin stark geprägt wurden1, 2. Eine Bildung von Böden erfolgt durch bestimmte Pinguinarten und ggfs. auch durch Webervögel. Eine tiefgründige Mischung von Böden wird in Steppen durch Regenwürmer und bestimmte Nagetiere wie Hamster, Ziesel und Erdhörnchen verursacht, in Savannen durch Termiten und in bestimmten Wattböden der Meeresküsten durch Wattwürmer. 3.1 Zoosole durch Pinguine In der Antarktis (1) sind es Langschwanz-Pinguine, die in Jahrtausenden in großen Kolonien metertiefe Böden geschaffen haben3–5. Auf dem Kontinent und den vorgelagerten Inseln wie der King Georg Island wirken die Adélie- (2) und die Zügelpinguine (4), auf subarktischen wie Macquarie-, Crozet- und Kergue- leninseln, sowie den Falklandinseln die Eselspinguine (7)6, 7. Die Tiere brüten auf eisfreien Küstensäumen in Kolonien (6), die teilweise mehrere 100 Brutpaare umfassen. Die Männchen bauen aus 8–12 cm großen Steinen, die sie mit ihrem Schnabel transportieren, Nester (2), in die die Weibchen nach der Hochzeit (4) ein bis zwei Eier legen. Beim Brüten lösen sich die Partner ab, wobei der andere für Nahrung sorgt (3), die überwiegend aus Garnelen (8) des Meeres besteht. Nach dem Schlüpfen werden auch die Küken mit zerkleinerten Garnelen gefüttert (5). Bei Temperaturen von z. T. unter dem Gefrierpunkt dürfen die Nester beim Brüten nicht verlassen werden, weil Raubmöwen (9) sich gerne von Pinguineiern und Küken ernähren. Nach Ende des Brut- und Aufzuchtgeschäſts ist das Nest randvoll mit Kot, Eierschalen, Federn und Kükenleichen gefüllt. Dieses Gemisch besteht nach unseren Untersuchungen aus 30 % organischer Sub- stanz mit einem C/N-Verhältnis unter 2, einem pH- Wert von 6.5 und einer Basensättigung von über 90 %5. Im Folgejahr werden neue Nester über den alten gebaut. Da die Adéliepinguine über Jahrhunderte an der gleichen Stelle brüten, sind teilweise ein bis zwei Meter mächtige Böden entstanden. Nach unseren Untersuchungen4, 5 in der Umgebung der australischen Antarktisstation Casey der kontinentalen Antarktis, bestehen diese Böden bzw. Zoosole überwiegend aus den Nestbausteinen, Sandkörnern (die die Pinguine wohl mit ihren Füßen vom Strand mitgeschleppt haben) sowie Phosphaten, überwiegend Apatit neben etwas Strengit und Vivianit bei nur geringem Gehalt an organischer Substanz. Wir gehen davon aus, dass während des Brutge- schäſts die Pinguine die oberen Dezimeter so stark erwärmt haben, dass die eiweißreiche org. Substanz mikrobiell abgebaut wurde. Es entstand Salpeter- und Schwefelsäure, die mit den Kationen ausgewaschen wurden, so dass Phosphate zurückblieben. Ähnliches haben polnische Kollegen3 und wir in der Nähe der Station Arctowski (10) auf der König-Georg-Insel festgestellt. Dort wurde wenig Apatit ermittelt, sondern neben Vivianit vor allem Variscit, Arctowskit, Taranakit und amorphes Al-Phosphat. Bis zu 80 % der Tonfraktion bestand aus Phosphaten, die die Unterböden weiß färben. Langschwanz-Pinguine bilden mithin ganz besondere Zoosole (14). Diese Böden wurden nur in Höhen über 50 m festgestellt, d. h. abseits der direkten Küste, die heute lebende Pinguine nicht aufsuchen. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass durch Schmelze eines Teils des antarktischen Eises während der letzten Jahrtausende sowohl der Kontinent als auch benachbarte Inseln „aufgeschwommen“ sind. Der Lebensraum dieser Pinguine ist sehr eintönig: In Casey wachsen neben Moosen nur (11) und kleine Flechten auf Steinen (ski außerdem ein Gras (Fe- und Al-Phosphate könnten wichtige Dünger der Landwirte für kalkreiche Böden sein. Seit den 1960er Jahren verbietet jedoch ein internationaler Vertrag die kommerzielle Nutzung der Antarktis. 1 Blume, H.-P. (2011): Charles Darwin and the discovery of bioturbation in the year 1837. Annals of Agrarian Sci. 969-974; IUSS Bulletin 118: 10–13. 2 Scheffer/Schachtschabel (2015): Soil Science. Springer, Heidelberg. 3 Tatur, A., Myrcha, A., Niegodzisz, J. (1997): Formation of abandoned penguin rookery ecosystems in the maritime Antarctic. Polarbiology 17: 405–417. 4 Blume, H.-P., Bölter, M. (1996): Wechselwirkungen zwischen Boden- und Vegetationsentwicklung in der kontinentalen Antarktis. Verhandl. Ges. f. Ökologie 25: 25–34. 5 Beyer, L., Bölter, M. (ed., 2002): Geoecology of the ice free coastal landscapes. Springer, Heidelberg. 6 Culik, B. (1995): Pinguine – die sympathischen Vögel im Frack. BLV, München. 7 Shirihai, H. (2002): A complete guide to Antarctic wildlife. Alula Press, Degerby. 3. Zoosole 1. Über die Natur eines Bodens Zu den Seiten geht ein Boden mehr oder weniger gleitend in Nachbarböden über. Der Auau eines Bodens lässt sich an der Wand einer Grube studieren, die bis zum unbelebten Gestein ausgehoben wurde. Die Grubenwand (deren eine Hälſte mit einem Spaten (2) glatt abgestochen werden kann und bei deren anderen Hälſte sich das Bodengefüge durch Präparation mit einem Messer sichtbar machen lässt: Abb. 1c) wird als Bodenprofil bezeichnet (1). Ein Boden aus Granit (3) oder Orthogneis (1) enthält die primären Minerale Quarz (4), Orthoklas (5), Plagioklas (6), Glimmer (7), Hornblende (8) sowie etwas Apatit (9)4. Auf Graniten des Harzes oder des Bayerischen Waldes stocken von Natur aus Buchenwälder (10), in Hochlagen des Schwarzwaldes und der Vogesen auch Tannen- (11) und Ahornwälder (12)2,3. Durch Frost- und Wurzelsprengung der Bäume zerfällt das feste Gestein im Laufe von Jahrhunderten in die genannten Einzelminerale (Abb. 1e) unter- schiedlicher Größe (Abb. 1d). Kohlensäure und orga- nische Säuren, die von Pflanzenwurzeln und Boden- organismen ausgeschieden werden, lösen Minerale chemisch. Aus deren Lösungsprodukten entstehen Tonminerale wie Illite und Kaolinite (135). Außerdem entstehen Eisenoxide, die den Boden braun färben (Abb. 1b, 1). In den groben Hohlräumen (Abb. 1f) leben Tiere, z. B. Regenwürmer (bis Frühjahr von den Bäumen gefallene Blätter (und Nadeln fressen, dabei zerkleinern und mit ihren Kotpillen zugleich Krümel bilden (Abb. 1c). Ein Teil der Streu bleibt unverdaut, wird teilweise von Pilzen (16) in Huminstoffe umgewandelt, die den Oberboden (= A-Horizont) schwarz färben. Ein Boden mit der Horizontierung Ah (humos) Bv (verbraunt) C (lockeres Gestein) R (festes Gestein) ist eine entsteht auch aus Sandstein (nen. 1 Blume, H.-P. (1976): Entwicklung von Böden und deren Bedeutung für den PÀanzenwuchs. Der Biologie-Unterricht 4: 4-17. E. Klett, Stuttgart. 2 Glatzel, K., Jahn, R., Müller, S. u.a. (1967): Südwestdeutsche Böden im Farbbild. Landesforstverwaltung, Stuttgart. 3 Brozek, S., Zwydak, M. (2003): Atlas Gleb Lesnych Polski. Centrum, Warschau, Polen. 4 Wimmenauer, W. (1985): Petrographie der magmatischen und metamor- phen Gesteine. Enke, Stuttgart. 5 Gisi et al. (1997): Bodenökologie; s. Anhang. 6 Hettiarachchi, G. (2015): Soil & Human Health; 5.4 in Nortcliff (Ed.). 1. Über die Natur eines Bodens Böden sind Ausschnitte der belebten obersten Erdkruste6. Ein Boden bildet als Naturkörper ein Segment, das nach oben durch die Atmosphäre oder eine Pflanzendecke, nach unten durch unbelebtes Gestein begrenzt ist (1). 1. Über die Natur eines Bodens Probeseiten Inhaltsverzeichnis (gekürzt) 1. Über die Natur eines Bodens .................................. 8 2. Bedeutung der Böden ............................................... 10 3. Zoosole ........................................................................... 12 4. Bodenlandschaften Europas ................................... 17 5. Bodenlandschaften der Erde .................................. 45 6. Anthrosole und Technosole .................................... 64 7. Böden des Weltraums auf Mars und Titan ......... 70 8. Böden untersuchen und bewerten ...................... 73 9. Bodenbearbeitung und Bodennutzung ............. 89 10. Lehre, Forschung, Kommunikation ..................... 133 11. Bodenbelastung und Bodenschutz .................... 159 12. Geschichte der Bodenkunde ................................. 173 13. Anhang .......................................................................... 196

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Der Boden ist eines der kostbarsten Güter der Menschheit. (Auszug aus der europäischen Bodencharta)

Die herausragende Bedeutung von Böden für Pflanzen, Tiere und damit nicht zuletzt für den Menschen ist offensichtlich. Aus ihr ergibt sich eine vergleichbare Bedeutung

für die Wissenschaft, die sich mit den Böden beschäftigt, die Bodenkunde.Hans-Peter Blume nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Welt der Bodenkunde und Bodenkultur, illustriert durch Briefmarken aus vielen Ländern dieser Erde.Anhand der Motive auf Briefmarken und weiterer postalischer Belege gibt der Autor den Lesern eine Einführung in die Prinzipien der Bodenkunde. Er beschreibt dabei nicht nur die verschiedenen Bodenformen, sondern erläutert auch die weltweit vorhandenen Bodenlandschaften sowie deren charakteristische Fauna und Flora. Vorgestellt werden auch die Gesteine und deren Mineralien, aus denen sich Böden bilden, die unterschiedlichen Nutzungen dieser Böden, die dafür notwendigen Methoden der Bearbeitung, Düngung, Be- oder Entwässerung. Weitere Abschnitte widmen sich der Belastung von Böden durch Überflutung, Verdichten, Abtrag, Überdecken oder Vergiften, sowie deren Vermeidung, mithin ihrem Schutz, außerdem der Geschichte von Bodenforschung und Bodennutzung von der Antike bis heute sowie den entsprechenden, nationalen und internationalen Forschungsstätten und Institutionen.

4. Bodenlandschaften Europas

4.1 RendzinenRendzinen (1) (WRB: Rendzic Leptosole)6 sind Böden aus Kalkstein (überwiegend CaCO3) oder Dolomit (Ca-Mg(CO3)) (1, 3). Der Anteil an Silicat-Mineralen des Gesteins beträgt oft weniger als 5 %. Der Name Rend-zina ist ein polnischer Bauernname, der das Rauschen der vielen Steine dieses Bodens am Streichblech der Pfl ugschar beschreibt. Eine typische Rendzina (Abb. 1 links, S. 29) besteht aus einem ca. 10–40 cm mächtigen, lockeren, humosen, krümeligen Oberboden, der oft auf festem, weiß gefärbtem Kalkstein aufsitzt.

Der Boden besteht neben Humus aus dem Lösungs-rückstand des Kalksteins: Bei 5 % Lösungsrückstand mussten 6 m Kalkstein gelöst werden, um 30 cm Boden entstehen zu lassen. Rendzinen treten sowohl im Ge-birge fast aller Kontinente als auch im Bergland auf, wo sie mit anderen Böden vergesellschaft et sind5, 7, 8.

Im Folgenden werden zunächst entsprechende Bö-den der Gebirge behandelt, gefolgt von Formen der Berg länder und Küsten mit ihren häufi gen Begleit-formen.4.1.1 Rendzinen im GebirgeIm steilen Hochgebirge der Alpen wie dem Naturpark Berchtesgaden (2)1, der Karpaten und der Pyrenäen wechseln steiler Fels, fl achgründige Syrosem-Rend-zinen2 und tiefergründige Normrendzinen2 ab. Letztere sind durch einen steinreichen, lockeren, humosen Ober boden über festem Fels oder zerklüft etem Ge-steins grus charakterisiert. In kleinen Klüft en des Ge-steins wachsen Pionierpfl anzen wie das Dolomiten-Fingerkraut (Potentilla nitida) (1). Aus deren Streu hat sich in Jahrhunderten ein geringmächtiger humoser Oberboden als Wurzelraum entwickelt. Entsprechende Lagen in den Hochalpen sind mit Mannsschild (An-dro sace helvetica) (8) bestanden, auf den Färöer-Inseln (9) und Grönland (10) mit Steinbrech (Saxifraga opposi tifolia). Auf Island und Skandinavien tritt ent-sprechend Silberwurz (Dryas octopetala) auf (7), das der Dryas-Zeit des Spätglazial ihren Namen gab3. Auf dem nackten Felsen selbst (1, 3) können fl eckenhaft Flechten auft reten: Deren Pilzhyphen sind mm-tief in Fissuren des Gesteins eingedrungen, um Nährelemente aus den Mineralen zu lösen und dadurch mm-dünne Böden zu schaff en.

In etwas tiefer gelegenen Lagen lässt sich mit Glück noch das heute streng geschützte Edelweiß (Leon to-podium alpinum) beobachten (6), von dem man in Österreich sogar eine seltene Briefmarke aus Stoff ge-fertigt hat (5).

Rendzinen besitzen meist nennenswerte Reserven an Nährstoff en. Gering mächtige Rendzinen sind oft trockene Standorte, besonders dann, wenn Über schuss-wasser rasch im klüft igen Gestein versickert3.

Ist der humushaltige Oberboden einer Alpen-Rend-zi na durchgehend einige Zentimeter bis Dezimeter mächtig, ist eine geschlossene Pfl anzendecke mit nahr-haft en Gräsern und Kräutern zu beobachten, die eine Weidenutzung durch kletterfähige Rinder oder Ziegen ermöglicht. Aus deren Milch bereiten Sennerinnen schmack haft en Käse und Butter zu.

Die Haustiere wurden winters im Untergeschoss der aus Naturstein (ansonsten aus Holz) gefertigten Ein-fi rst-Höfe Oberbayerns gehalten (4)4.

Steile Hänge der Kalkalpen und Dolomiten sind winters lawinengefährdet. Diese zerstören in Ausnah-me fällen die humosen Rendzinen. Trotzdem dienen die Hänge mancherorts dem Wintersport, z. B. in Garmisch Partenkirchen, wodurch eine Bodendegra-dation in Form von Verdichtung und nachfolgender Bodenerosion einsetzt. Über solchen Böden kann man gelegentlich den Steinadler (11 Aquila chrysaetos) be-obachten.

1 Deutsche Post (2000): Kap. 4.2 AG Boden. (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung; 5. Au .; Schweizer-

bart, Stuttgart.:

3 Scheffer/Schachtschabel (2010): Abschnitt 7.5.1.6, Tab. 12.2.4 Ellenberg, H. (1990): S. 277.5 Mückenhausen (1977): S. 81–85, 246f.6 WRB (2007): S. 88 Leptosols.7 Li Chingkwei, Sun Ou (1999): 17.1 Limestone Soils.8 Altermann et al. (2014): 7 Rendzina

Bodenkunde und Philatelie SchweizerbartE

Hans-Peter Blume

4. Bodenlandschaften Europas

3. Zoosole

3. ZoosoleZoosole sind Böden, die von Tieren gebildet oder durch Mischen bzw. Bioturbation tiefgründig verändert, mithin stark geprägt wurden1, 2. Eine Bildung von Böden erfolgt durch bestimmte Pinguinarten und ggfs. auch durch Webervögel. Eine tiefgründige Mischung von Böden wird in Steppen durch Regenwürmer und bestimmte Nagetiere wie Hamster, Ziesel und Erdhörnchen verursacht, in Savannen durch Termiten und in bestimmten Wattböden der Meeresküsten durch Wattwürmer.

3.1 Zoosole durch PinguineIn der Antarktis (1) sind es Langschwanz-Pinguine, die in Jahrtausenden in großen Kolonien metertiefe Böden geschaff en haben3–5. Auf dem Kontinent und den vorgelagerten Inseln wie der King Georg Island wirken die Adélie- (2) und die Zügelpinguine (4), auf subarktischen wie Macquarie-, Crozet- und Kergue-leninseln, sowie den Falklandinseln die Esels pinguine (7)6, 7.

Die Tiere brüten auf eisfreien Küstensäumen in Kolonien (6), die teilweise mehrere 100 Brutpaare umfassen. Die Männchen bauen aus 8–12 cm großen Steinen, die sie mit ihrem Schnabel transportieren, Nester (2), in die die Weibchen nach der Hochzeit (4) ein bis zwei Eier legen. Beim Brüten lösen sich die Partner ab, wobei der andere für Nahrung sorgt (3), die überwiegend aus Garnelen (8) des Meeres besteht. Nach dem Schlüpfen werden auch die Küken mit zerkleinerten Garnelen gefüttert (5). Bei Temperaturen von z. T. unter dem Gefrierpunkt dürfen die Nester beim Brüten nicht verlassen werden, weil Raubmöwen (9) sich gerne von Pinguineiern und Küken ernähren. Nach Ende des Brut- und Aufzuchtgeschäft s ist das Nest randvoll mit Kot, Eierschalen, Federn und Kükenleichen gefüllt. Dieses Gemisch besteht nach unseren Untersuchungen aus 30 % organischer Sub-stanz mit einem C/N-Verhältnis unter 2, einem pH-Wert von 6.5 und einer Basensättigung von über 90 %5.

Im Folgejahr werden neue Nester über den alten gebaut. Da die Adéliepinguine über Jahrhunderte an der gleichen Stelle brüten, sind teilweise ein bis zwei Meter mächtige Böden entstanden. Nach unseren Untersuchungen4, 5 in der Umgebung der australischen Antarktisstation Casey der kontinentalen Antarktis, bestehen diese Böden bzw. Zoosole überwiegend aus den Nestbausteinen, Sandkörnern (die die Pinguine wohl mit ihren Füßen vom Strand mitgeschleppt haben) sowie Phosphaten, überwiegend Apatit neben etwas Strengit und Vivianit bei nur geringem Gehalt an organischer Substanz.

Wir gehen davon aus, dass während des Brutge-schäft s die Pinguine die oberen Dezimeter so stark erwärmt haben, dass die eiweißreiche org. Substanz mikrobiell abgebaut wurde. Es entstand Salpeter- und Schwefelsäure, die mit den Kationen ausgewaschen wurden, so dass Phosphate zurückblieben. Ähnliches haben polnische Kollegen3 und wir in der Nähe der Station Arctowski (10) auf der König-Georg-Insel festgestellt. Dort wurde wenig Apatit ermittelt, sondern neben Vivianit vor allem Variscit, Arctowskit, Taranakit und amorphes Al-Phosphat. Bis zu 80 % der Tonfraktion bestand aus Phosphaten, die die Unterböden weiß färben. Langschwanz-Pinguine bilden mithin ganz besondere Zoosole (14). Diese Böden wurden nur in Höhen über 50 m festgestellt, d. h. abseits der direkten Küste, die heute lebende Pinguine nicht aufsuchen. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass durch Schmelze eines Teils des antarktischen Eises während der letzten Jahrtausende sowohl der Kontinent als auch benachbarte Inseln „aufgeschwommen“ sind.

Der Lebensraum dieser Pinguine ist sehr eintönig: In Casey wachsen neben Moosen nur Strauchfl echten (11) und kleine Flechten auf Steinen (12), bei Arctow-ski außerdem ein Gras (13).

Fe- und Al-Phosphate könnten wichtige Dünger der Landwirte für kalkreiche Böden sein. Seit den 1960er Jahren verbietet jedoch ein internationaler Vertrag die kommerzielle Nutzung der Antarktis.

1 Blume, H.-P. (2011): Charles Darwin and the discovery of bioturbation in the year 1837. Annals of Agrarian Sci. 969-974; IUSS Bulletin 118: 10–13.

2 Scheffer/Schachtschabel (2015): Soil Science. Springer, Heidelberg.3 Tatur, A., Myrcha, A., Niegodzisz, J. (1997): Formation of abandoned

penguin rookery ecosystems in the maritime Antarctic. Polarbiology 17: 405–417.

4 Blume, H.-P., Bölter, M. (1996): Wechselwirkungen zwischen Boden- und Vegetationsentwicklung in der kontinentalen Antarktis. Verhandl. Ges. f. Ökologie 25: 25–34.

5 Beyer, L., Bölter, M. (ed., 2002): Geoecology of the ice free coastal landscapes. Springer, Heidelberg.

6 Culik, B. (1995): Pinguine – die sympathischen Vögel im Frack. BLV, München.

7 Shirihai, H. (2002): A complete guide to Antarctic wildlife. Alula Press, Degerby.

3. Zoosole

1. Über die Natur eines Bodens

Zu den Seiten geht ein Boden mehr oder weniger gleitend in Nachbarböden über.

Der Aufb au eines Bodens lässt sich an der Wand einer Grube studieren, die bis zum unbelebten Gestein ausgehoben wurde. Die Grubenwand (deren eine Hälft e mit einem Spaten (2) glatt abgestochen werden kann und bei deren anderen Hälft e sich das Bodengefüge durch Präparation mit einem Messer sichtbar machen lässt: Abb. 1c) wird als Bodenprofi l bezeichnet (1).

Ein Boden aus Granit (3) oder Orthogneis (1) enthält die primären Minerale Quarz (4), Orthoklas (5), Plagioklas (6), Glimmer (7), Hornblende (8) sowie etwas Apatit (9)4. Auf Graniten des Harzes oder des Bayerischen Waldes stocken von Natur aus Buchenwälder (10), in Hochlagen des Schwarzwaldes und der Vogesen auch Tannen- (11) und Ahornwälder (12)2,3. Durch Frost- und Wurzelsprengung der Bäume zerfällt das feste Gestein im Laufe von Jahrhunderten in die genannten Einzelminerale (Abb. 1e) unter-schied licher Größe (Abb. 1d). Kohlensäure und orga-nische Säuren, die von Pfl anzenwurzeln und Boden-organismen ausgeschieden werden, lösen Minerale che misch. Aus deren Lösungs produkten entstehen Ton minerale wie Illite und Kaolinite (135). Außer dem

ent stehen Eisenoxide, die den Boden braun färben (Abb. 1b, 1). In den groben Hohlräumen (Abb. 1f) leben Tiere, z. B. Regenwürmer (14), die im Herbst bis Frühjahr von den Bäumen gefallene Blätter (15) und Nadeln fressen, dabei zerkleinern und mit ihren Kotpillen zugleich Krümel bilden (Abb. 1c). Ein Teil der Streu bleibt unverdaut, wird teilweise von Pilzen (16) in Huminstoff e umgewandelt, die den Oberboden (= A-Horizont) schwarz färben. Ein Boden mit der Horizontierung Ah (humos) Bv (verbraunt) C (lockeres Gestein) R (festes Gestein) ist eine Braunerde. Sie entsteht auch aus Sandstein (17) oder anderen Gestei-nen.

1 Blume, H.-P. (1976): Entwicklung von Böden und deren Bedeutung für den P anzenwuchs. Der Biologie-Unterricht 4: 4-17. E. Klett, Stuttgart.

2 Glatzel, K., Jahn, R., Müller, S. u.a. (1967): Südwestdeutsche Böden im Farbbild. Landesforstverwaltung, Stuttgart.

3 Brozek, S., Zwydak, M. (2003): Atlas Gleb Lesnych Polski. Centrum, Warschau, Polen.

4 Wimmenauer, W. (1985): Petrographie der magmatischen und meta mor-phen Gesteine. Enke, Stuttgart.

5 Gisi et al. (1997): Bodenökologie; s. Anhang.6 Hettiarachchi, G. (2015): Soil & Human Health; 5.4 in Nortcliff (Ed.).

1. Über die Natur eines Bodens

Böden sind Ausschnitte der belebten obersten Erdkruste6. Ein Boden bildet als Naturkörper ein Segment, das nach oben durch die Atmosphäre oder eine Pfl anzendecke, nach unten durch unbelebtes Gestein begrenzt ist (1).

1. Über die Natur eines Bodens

Probeseiten

Inhaltsverzeichnis (gekürzt)

1. Über die Natur eines Bodens .................................. 82. Bedeutung der Böden ............................................... 103. Zoosole ........................................................................... 124. Bodenlandschaften Europas ................................... 175. Bodenlandschaften der Erde .................................. 456. Anthrosole und Technosole .................................... 647. Böden des Weltraums auf Mars und Titan ......... 708. Böden untersuchen und bewerten ...................... 739. Bodenbearbeitung und Bodennutzung ............. 8910. Lehre, Forschung, Kommunikation ..................... 13311. Bodenbelastung und Bodenschutz .................... 15912. Geschichte der Bodenkunde ................................. 17313. Anhang .......................................................................... 196

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Winfried E. Blum; Peter Schad; Stephen NortcliffEssential of Soil ScienceSoil formation, functions, use and classification (World Reference Base, WRB)2017. 171 pages, 101 figures, 22 tables, 17 x 24 cm; ISBN 978-3-443-01090-4, paperback, € 27.90www.borntraeger-cramer.com/9783443010904

Maxine J. Levin; Kye-Hoon John Kim; Jean Louis Morel; Wolfgang Burghardt; Przemys�aw Charzy�ski; Richard K. Shaw (Eds.)Soils within CitiesGlobal approaches to their sustainable management – composition, properties, and functions of soils of the urban environment2017. IV, 253 pages, 113 figures, 23 tables, 17 x 24 cm (GeoEcology Essays)ISBN 978-3-510-65411-6, paperback, € 29.90www.schweizerbart.com/9783510654116

Stephen Nortcliff (Ed.)Task Force: Soil MattersSolutions Under Foot2015. 154 pages, 37 figures, 10 tables, 17 x 24 cm (GeoEcology Essays)ISBN 978-3-510-65392-8, paperback, € 14.90www.schweizerbart.com/9783510653928

Robert Horton; Rainer Horn; Jörg Bachmann; Stephan Peth (Eds.)Karl Heinrich Hartge; Rainer HornEssential Soil PhysicsAn introduction to soil processes, functions, structure and mechanics2016. 391 pages, 186 figures, 24 tables, 17 x 24 cm; ISBN 978-3-510-65288-4, bound, € 72.00www.schweizerbart.com/9783510652884

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Verbraucher i. S. d. BGB können ihre Bestellung innerhalb von 2 Wochen nach Erhalt der Ware widerrufen (D), Preisänderung und Irrtum vorbehalten.Printed in Germany 08.2017/8.000

Bodenkunde – Soil Science SchweizerbartEBal Ram Singh; Michael J. McLaughlin; Eric C. Brevik (Eds.)The Nexus of Soils, Plants, Animals and Human Health2017. VIII, 163 pages, 17 figures, 12 tables, 17 x 24 cm (GeoEcology Essays)ISBN 978-3-510-65417-8, paperback, € 24.90www.schweizerbart.com/9783510654178

Winfried E. H. Blum:Bodenkunde in Stichworten2012. 7. neu bearbeitete und ergänzte Auflage. XI , 176 Seiten, 69 Abbildungen, 25 Tabellen, 18 x 13 cm(Hirt‘s Stichwortbücher)ISBN 978-3-443-03120-6, brosch., 19.90 €www.borntraeger-cramer.de/9783443031206

Bodenatlas DeutschlandBöden in thematischen KartenKoord.: Klaus Kruse; Hrsg.: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe2016. 144 Seiten, 67 Abbildungen, 48 Karten, 8 Tabellen, 36 x 30 cm(Monographien von BGR und LBEG)ISBN 978-3-510-96855-8, gebunden, 38.80 €www.schweizerbart.de/9783510968558

Karl Heinrich Hartge; Rainer Horn:Einführung in die Bodenphysikvon: Jörg Bachmann; Rainer Horn; Stephan Peth2014. 4. vollständig überarb. und erweiterte Auflage, 372 Seiten, 186 Abbildungen, 24 Tabellen, 25 x 18 cmISBN 978-3-510-65280-8, gebunden, 49.80 €www.schweizerbart.de/9783510652808

Einführung in die Bodenphysik4. vollständig überarbeitete Au age

Jörg BachmannRainer HornStephan Peth

E Schweizerbart

Hartge/Horn

____ Expl. Philatelistischer Streifzug ISBN 978-3-510-65412-3 € 39.90____ Expl. Nexus of Soils ISBN 978-3-510-65417-8 € 24.90____ Expl. Soils within Cities ISBN 978-3-510-65411-6 € 29.90____ Expl. Task Force: Soil matters ISBN 978-3-510-65392-8 € 14.90____ Expl. Bodenatlas Deutschland ISBN 978-3-510-96855-8 € 38.80

____ Expl. Essential Soil Physics ISBN 978-3-510-65288-4 € 72.00____ Expl. Einführung Bodenphysik ISBN 978-3-510-65280-8 € 49.80____ Expl. Bodenkunde in Stichworten ISBN 978-3-443-03120-6 € 19.90____ Expl. Essential of Soil Science ISBN 978-3-443-01090-4 € 27.90