Braune Pigmentierung des Herzens und Herzinsuffizienz

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9. APRIL z929 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 8. JAHRGANG. Nr. 15 693 mit bartonellahaltigem Blut zum TeiI sehr stark (+++) anging. 7. In den ersten 2 Lebenswochen sind junge Ratten Mcher irei yon Bartonellen. Neben den Milzexstirpationsversuehen H. MEYERS stellen terrier unsere Versuehe einen zweiten Beweis dafiir dar: es ist nicht mSglich, bet ihnen Bartonellen zu erzeugen dadurch, dab man ihnen Material einspritzt, das bet fiber 3 Wochen alten Ratten solche provoziert (siehe Tabelle 3 und 4)- Diese Befunde erscheinen ffir die weitere Forschung auf diesem Gebiet wichtig: wir k6nnen jetzt auch mit unserem gew6hnliehen TiermateriaI eindeutige 13bertragungsversuche anstellen, wenn wir IRatfen in den ersten Lebenstagen in Versuch nehmen. Alle Ratten nach der 2. bis 3. Lebenswoche sind zu solchen Versuchen inf01ge schon manifester Infektion oder wegen der M6glichkeit eines Rezidivs ungeeignet (Btut- fibertragungen yon FORD und ELIOT und H. MEYER). Demnach verl~uit die Infekdon bet den BerHner Zuchten der weiBen Ratte wahrscheinlich folgendermaBen: Die neu- geborenen Tiere werden schon in den ersten Tagen wahrschein- Itch durch den Stich yon IRattenlgusen nit Bartonellen infi- ziert. Wenn, wie die Versuche von M. MAYER ZU beweisen geeignet sind, die ~lbertragung durch L~use statffindet, so dfirfte wohl der S~40/~ der L~iuse iibertragen; denn in den ersten Lebenstagen saugen die jungen blinden Ratten nur die Miteh der Mutter und sind sicher nicht imstande, Liiuse zu fressen. ]3erficksichtigt man ferner, dab nach MAYER bet der natfir- lichen Infektion mit L~usen bis zum Mani~estwerdell der- selben sine Inkubation yon 18--23 Tagell notwendig ist, so lassen sich unsere Feststellungen vom ersten Erscheinen der Bartonellen ca. 3 Woehen nach der Geburt mit denen yon I~{AYER sehr gut in Eillklang bringen. Gew6hnlich erkranken die Tiere nicht merkbar, erwerben aber eine labile Infektion bzw. Immunit~it, die normalerweise wohl lebenslang dauert. JAFFs und WILLIS sahen bei I Monat alten normalen Ratten eine manchmal sogar ziemlich starke Infektion der Erythrocyten mit Bartonellen. Bei ausgewachsenen normalen Ratten der Bet- liner, Hamburger und anderer Zuchten finder man hier nnd da sporadiseh iBartonellen im Blur ohne Krankheitserscheinungen, desgleichen bet Feldm~usen (ZU~LZER). Wird abet in der Iolgendell Zeit (yon der 3. Lebenswoche an) der t(6rper durch irgendeine Einwirkung, z. 13. Splenekto- mie geschw~icht, so kann die Vermehrung der Bartonellen eine sehr betr~ichtliche werden. Solche ,,Rezidive" k6nnen, wie MAY~R, FORD und El-lOT beobachteten, manchmal noch 8 \u und sp~iter nach dem Eingriff auftreten, was bet der Beurteilung vieler Versuche nieht anger acht gelassen werden dart. Dies gilt besonders ffir die Versuche yon MAY~R, BOR- CI~ARD und KIKI:TH, die an mit Arsenpr~iparaten sterilisierten (?) 1Ratten arbeiteten. Ferner ist bet solehen langfristigen Versuchen, wie MAYER hervorhebt, die M6glichkeit einer Neuinfektion in Rechnung zu setzen. Die Rolls tier Mil~ kann verschieden aufgefagt werden. DaB nut der Shock der Operation die Vermehrung der latenten Bar- tonellen ausl6se, ist nieht anzunehmen, denn ausgewachsene Cataniaratten und Berliner Ratten weniger als 3 Wochen alt., erkrankten nicht, werden vor allem nicht an~misch. Die Milz k6nnte als ein Schutzorgan aufgefaBt werden, das nut weggenommen zu werden braueht, um die Bartonetlen zur Vermehrung anzuregen, ihnen die Vermehrung erst fiberhaupt zu erm6glichen. In einem gewissen Gegensatze hierzu stet~t die _Mitteilung von REIT~R, dab die Blutver~nde- rung nach Milzexstirpation schon vor dem Auitreten der Barto- nellen einsetze. Unsere Versuche beweisen nur, dab bet jullgen bis zu 3 Wochen alten milzhaltigen Tieren die Milz nicht als Schutzorgan wirkt; ob sie sp~iter diese Funktion iibernimmt, ist noch nicht geM~irt. Als die wahrscheinlichste Deutung erseheint uns die, dal3 je nach dem Alter verschiedene Arten von Einwirkungen (Einspritzungen v6n FltissigkeiteI1 yon geringer physiologiseher Aktivit~it wie Traubenzueker- bouillon, Einspritzung yon ]3akterieneiweiB),' ganz besonders abet die Wegnahme der Milz bet latent mit Bartonellen infizierten Tieren An~mie und Vermehrung der Bartonellen erzeugen k6nnen; die gleichzeitige oder v0rherige Bartonellen- infektion ist notwendig, damit die Wirkung dieser Eingriffe hervortritt. -- Die An~mie und Vermehrung der Bartonellen setzt sofort nach der Operation ein. Es ist schwer vorstellbar, dal3 etwa vorhandene, der Angmie und den BartoneHen ent- gegenwirkende Schutzstoffe in so kurzer Zeit so welt ab- geschw/icht werden k6nnen, dab die Erkrankung rasch fort- schreiten kann. ]3esteht keine manifeste oder latente I3arto- nelleninfektion, so bewirkt auch die Milzexstirpation keine An~mie (SoRGE). Literatur: FORD and ELIOT, J. Of exper. Med. 48, 475--489 (1928). -- JAVF~ and WILLIS, Pros. Sos. exper. Biol. a. Med. 25, 242--244 (1928). -- I~IKUTH, Mfinch. reed. ~rsehr. 1928, 1595. -- KUCZYNSKI, Klin. Wschr. 1929, Nr I. -- M. MAYXR, Med. Welt 1928, 1378--1379; Klin. Wsehr. 1928 , 239o--239i. -- H. MEYt~R, Zbl. Bakter. I Orig. 1I o, Beiheft, 152--159. -- No aucm, J. of exper. Med. 47, 235 (I928). -- RZlTER, Zbl. ]3akter. I Orig. 1Io, Beiheft, 159. -- WENYON, Trans. roy. Soc. trop. Med. I5, 153--155 (1921). -- ZCELZER, Zbh Bakter. I Orig. XlO, 13eiheft, 159. BRAUNE PIGMENTIERUNG DES HERZENS UND HERZINSUFFIZIENZ. Von Prof. Dr. TH. FAHR. Aus dem Pathologischen Institut der Universit~t Hamburg. Die braune Pigmentierung des I-Ierzens erscheint uns als der Ausdruck einer Stoffwechselst6rung, die tells durch das Senium bedingt wird, teils irn AnschluB an ersch6pfende Krankheiten, wie Carcinom, Tuberkulose usw. auftritt. Wir sprechen yon brauner Atrophie des Herzens, dabei solI nach M6NCK~BERGS Schilderung die braune Pigmenfierung mehr unter den EinfluB des Seniums, die Atrophie mehr unter den EinfluB yon Inanition und Kachexie zustande kommen. Eine scharfe Trennung ist freilich, wie auch M6NCKEB~R~ angibt, nicht m6glich. Als selbst~ndiges Krankheitsbild und als einzige morpho- Iogische Grundlage einer Herzinsuffizienz ist bis jetzt, soweit ich es fibersehe, die braune Pigmentierung des Herzens noch nicht beschrieben, doch scheinen die beiden F~lle, fiber die ~ch im folgenden~kurz berichte, zu der Annahme zu dr~ngen, dab dies m6glich ist. Fall i. Ein 37j~hriger StraBenbabni~hrer stolperte beim Be- tre~en sines Dienstraumes auf der Treppe und fiel aufs rechte Knie. Er laborierte mehrere Monate an der Sache herum nnd wurde schlieBlich yon dem behandelnden Arzt den Eppendor~er Kranken- haas auf die Abteitung yon Herrn I~ollegen I~OTZENBERG iiber- wiesen, dessen Freundlichkeit ich die Birankengeschichte verdanke. Es wurde hier eine MeniscuszerreiBung Iestgesteltt. Da die mediko- mechanische t~ehandlung nicht zum Ziele fi~hrte, schlug man den Patienten eine Operation vor. Er war auch dami~ elnverstanden, aber wenige Stunden vorher ging der Patient unter den Erscheinun~ gender Herzschw~che zngrunde. Bet der Untersuchung, die bet der Aufnahme ins Krankenhaus vorgenommen worden war, hatte sich eine leichte Erweiterung des 1. Herzens feststellen l~ssen, der fibrige Befund an den inneren Organen war negativ, und his zu der fiber- raschend auftretenden Herzl~hmung hatte der PatienCe keine irgend- wie nennenswerten Erseheinungen yon seis der Zirkulations- organe gezeigt. Bei der Sektion land sich neben der klinisch schon festgestellten Meniscusverletzung, die natfirlich als Todesursaehe nicht in Betracht kam, lediflicA am Herzen ein verwertbarer pathologiseher Befund. Das Herz war schlaff~ in s/~mtliehen H6hlen erweitert, nicht hyper- trophisch. In der 3/iuskulatur des 1. Ventrikels !deine, dunkle, etwas verwaschen aussehende Partien, die etwas nnter das Niveau eingesunken erschienen, aber auch im ganzen war die Farbe der Muskulatur auffallend dunkelbrann. Der !~lappenapparat war intakt, ebenso die Gefiil3e, nichts yon Thrombose oder 'Embolie. Deutliche Stauungsorgane, besondersin den Nieren, etwas wenliger in Milz und Leber, geringes Lnngen6dem. Thymus persistens (18 gy mit gut entwickeltem Drfisengewebe. Ich dachte an Myokarditis, machte aber die Diagnose-con der mikroskopischen Untersuchung abh~ngig. Die histo- logisehe Untersuehung ergab nun keine Myokarditis, viet-

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9. APRIL z929 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 8. J A H R G A N G . Nr . 15 693

mi t ba r tone l l aha l t igem Blu t zum TeiI sehr s t a rk ( + + + ) anging.

7. I n den ers ten 2 Lebenswochen sind junge R a t t e n Mcher i rei yon B a r t o n e l l e n . Neben den Mi lzexs t i rpa t ionsversuehen H. MEYERS stel len terrier unsere Versuehe einen zwei ten Beweis dafi ir dar : es ist n ich t mSglich, bet ihnen Bar tone l len zu erzeugen dadurch, dab man ihnen Mater ia l einspri tzt , das bet fiber 3 Wochen al ten R a t t e n solche p rovoz ie r t (siehe Tabel le 3 und 4)-

�9 Diese Befunde erscheinen ffir die wei tere Forschung auf diesem Gebiet wicht ig : wir k6nnen j e t z t auch m i t unse rem gew6hnl iehen Tie rmate r ia I e indeut ige 13bertragungsversuche anstellen, wenn wir IRatfen in den ers ten Lebens tagen in Versuch nehmen. Alle R a t t e n nach der 2. bis 3. Lebenswoche sind zu solchen Versuchen inf01ge schon mani fes te r In fek t ion oder wegen der M6glichkei t eines Rezid ivs ungeeignet (Btut- f iber t ragungen yon FORD und ELIOT und H. MEYER).

Demnach verl~uit die Infekdon bet den BerHner Zuchten der weiBen Ratte wahrscheinlich folgendermaBen: Die neu- geborenen Tiere werden schon in den ersten Tagen wahrschein- Itch durch den Stich yon IRattenlgusen nit Bartonellen infi- ziert. Wenn, wie die Versuche von M. MAYER ZU beweisen geeignet sind, die ~ lber t ragung durch L~use s ta t f f indet , so dfirf te wohl der S~40/~ der L~iuse i iber t ragen; denn in den ers ten Lebens tagen saugen die jungen bl inden R a t t e n nu r die Miteh der Mut t e r und sind sicher n icht imstande, Liiuse zu fressen. ]3erficksichtigt m a n ferner, dab nach MAYER bet der natfir- l ichen In fek t ion mi t L~usen bis z u m Mani~estwerdell der- selben sine Inkuba t ion yon 18--23 Tagel l no twendig ist, so lassen sich unsere Fes t s te l lungen v o m ersten Erscheinen der Bar tone l len ca. 3 Woehen nach der Gebur t m i t denen yon I~{AYER sehr gut in Eillklang bringen. Gew6hnlich erkranken die Tiere nicht merkbar, erwerben aber eine labile Infektion bzw. Immunit~it, die normalerweise wohl lebenslang dauert.

JAFFs und WILLIS sahen bei I Monat alten normalen Ratten eine manchmal sogar ziemlich starke Infektion der Erythrocyten mit Bartonellen. Bei ausgewachsenen normalen Ratten der Bet- liner, Hamburger und anderer Zuchten finder man hier nnd da sporadiseh iBartonellen im Blur ohne Krankheitserscheinungen, desgleichen bet Feldm~usen (ZU~LZER).

Wi rd abe t in der Iolgendell Zei t (yon der 3. Lebenswoche an) der t (6rper durch i rgendeine Einwirkung , z. 13. Splenekto- mie geschw~icht, so kann die V e r m e h r u n g der Bar tone l len eine sehr betr~ichtliche werden. Solche , ,Rezidive" k6nnen, wie MAY~R, FORD und El-lOT beobachte ten , m a n c h m a l noch 8 \ u und sp~iter nach dem Eingr i f f auf t re ten, was bet der Beur te i lung vie ler Versuche n ieh t anger ach t gelassen werden dart. Dies gi l t besonders ffir die Versuche yon MAY~R, BOR- CI~ARD und KIKI:TH, die an mi t Arsenpr~iparaten steri l is ierten (?) 1Ratten arbei te ten . F e r n e r is t bet solehen langfr is t igen Versuchen, wie MAYER hervorheb t , die M6glichkei t einer Neuinfek t ion in Rechnung zu setzen.

Die Rolls tier Mil~ kann verschieden aufgefag t werden. DaB nu t der Shock der Opera t ion die Ve rmehrung der l a ten ten Bar- tonel len ausl6se, is t n ieht anzunehmen, denn ausgewachsene Ca tan i a r a t t en und Ber l iner R a t t e n weniger als 3 Wochen alt., e rk rank ten nicht , werden vo r a l lem nicht an~misch. Die Milz k6nnte als ein Schutzorgan aufgefaBt werden, das n u t weggenommen zu werden braueht , u m die Bar tone t len zur Ve rmehrung anzuregen, ihnen die Ve rmehrung ers t f iberhaupt zu erm6glichen. I n e inem gewissen Gegensatze hierzu stet~t die _Mitteilung von REIT~R, dab die Blu tver~nde- rung nach Mi lzexs t i rpa t ion schon vor dem A u i t r e t e n der Bar to - nellen einsetze. Unsere Versuche beweisen nur, dab bet jul lgen bis zu 3 Wochen a l ten mi lzha l t igen Tieren die Milz n ich t als Schu tzorgan wi rk t ; ob sie sp~iter diese Funk t ion i ibern immt , ist noch n ich t geM~irt. Als die wahrscheinl ichs te D e u t u n g erseheint uns die, dal3 je nach dem Al ter verschiedene Ar t en von E inwi rkungen (Einspr i tzungen v6n FltissigkeiteI1 yon ger inger physiologiseher Aktivit~it wie Traubenzueker - bouillon, E insp r i t zung yon ]3akterieneiweiB),' ganz besonders abe t die W e g n a h m e der Milz bet l a t en t mi t Bar tone l len inf izier ten Tieren An~mie und Ve rmehrung der Bar tone l len

erzeugen k6nnen; die gleichzeit ige oder v0rher ige Bar tonel len- infekt ion ist notwendig, dami t die Wi rkung dieser Eingr i f fe he rvo r t r i t t . - - Die An~mie und Ve rmehrung der Bar tone l len se tz t sofort nach der Opera t ion ein. Es ist schwer vorstel lbar , dal3 e twa vorhandene , der Angmie und den Bar toneHen ent- gegenwirkende Schutzs toffe in so kurzer Zeit so wel t ab- geschw/icht werden k6nnen, dab die E r k r a n k u n g rasch fort- schrei ten kann. ]3esteht keine manifes te oder la ten te I3arto- nel leninfektion, so bewi rk t auch die Milzexs t i rpa t ion keine An~mie (SoRGE).

L i t e r a t u r : FORD and ELIOT, J. Of exper. Med. 48, 475--489 (1928). -- JAVF~ and WILLIS, Pros. Sos. exper. Biol. a. Med. 25, 242--244 (1928). -- I~IKUTH, Mfinch. reed. ~rsehr. 1928, 1595. -- KUCZYNSKI, Klin. Wschr. 1929, Nr I. -- M. MAYXR, Med. Welt 1928, 1378--1379; Klin. Wsehr. 1928 , 239o--239i. -- H. MEYt~R, Zbl. Bakter. I Orig. 1I o, Beiheft, 152--159. -- No aucm, J. of exper. Med. 47, 235 (I928). -- RZlTER, Zbl. ]3akter. I Orig. 1Io, Beiheft, 159. -- WENYON, Trans. roy. Soc. trop. Med. I5, 153--155 (1921). -- ZCELZER, Zbh Bakter. I Orig. XlO, 13eiheft, 159.

B R A U N E P I G M E N T I E R U N G DE S H E R Z E N S U N D H E R Z I N S U F F I Z I E N Z .

Von

Prof . Dr . TH. FAHR. Aus dem Pathologischen Institut der Universit~t Hamburg.

Die braune P igment i e rung des I-Ierzens erscheint uns als der Ausdruck einer Stoffwechselst6rung, die tells durch das Senium bed ing t wird, teils irn AnschluB an ersch6pfende Krankhei ten , wie Carcinom, Tuberkulose usw. auf t r i t t . Wir sprechen yon brauner At roph ie des Herzens, dabei solI nach M6NCK~BERGS Schi lderung die b raune P igmenf i e rung m e h r un te r d e n EinfluB des Seniums, die At roph ie mehr un te r d e n EinfluB yon Inan i t ion und Kachex ie zus tande kommen . Eine scharfe T rennung ist freilich, wie auch M6NCKEB~R~ angibt, n icht m6glich.

Als selbst~ndiges Krankhe i t sb i ld und als einzige morpho- Iogische Grundlage einer Herzinsuff iz ienz ist bis je tzt , soweit ich es fibersehe, die b raune P igmen t i e rung des Herzens noch n ich t beschrieben, doch scheinen die be iden F~lle, fiber die ~ch im folgenden~kurz ber ichte , zu der A n n a h m e zu dr~ngen, dab dies m6glich ist.

Fall i . Ein 37j~hriger StraBenbabni~hrer stolperte beim Be- tre~en sines Dienstraumes auf der Treppe und fiel aufs rechte Knie. Er laborierte mehrere Monate an der Sache herum nnd wurde schlieBlich yon dem behandelnden Arzt d e n Eppendor~er Kranken- haas auf die Abteitung yon Herrn I~ollegen I~OTZENBERG iiber- wiesen, dessen Freundlichkeit ich die Birankengeschichte verdanke. Es wurde hier eine MeniscuszerreiBung Iestgesteltt. Da die mediko- mechanische t~ehandlung nicht zum Ziele fi~hrte, schlug man d e n Patienten eine Operation vor. Er war auch dami~ elnverstanden, aber wenige Stunden vorher ging der Patient unter den Erscheinun~ gender Herzschw~che zngrunde. Bet der Untersuchung, die bet der Aufnahme ins Krankenhaus vorgenommen worden war, hatte sich eine leichte Erweiterung des 1. Herzens feststellen l~ssen, der fibrige Befund an den inneren Organen war negativ, und his zu der fiber- raschend auftretenden Herzl~hmung hatte der PatienCe keine irgend- wie nennenswerten Erseheinungen yon seis der Zirkulations- organe gezeigt.

Bei der Sektion land sich neben der klinisch schon festgestellten Meniscusverletzung, die natfirlich als Todesursaehe nicht in Betracht kam, lediflicA am Herzen ein verwertbarer pathologiseher Befund. Das Herz war schlaff~ in s/~mtliehen H6hlen erweitert, nicht hyper- trophisch. In der 3/iuskulatur des 1. Ventrikels !deine, dunkle, etwas verwaschen aussehende Partien, die etwas nnter das Niveau eingesunken erschienen, aber auch im ganzen war die Farbe der Muskulatur auffallend dunkelbrann. Der !~lappenapparat war intakt, ebenso die Gefiil3e, nichts yon Thrombose oder 'Embolie. Deutliche Stauungsorgane, besondersin den Nieren, etwas wenliger in Milz und Leber, geringes Lnngen6dem. Thymus persistens (18 gy mit gut entwickeltem Drfisengewebe.

Ich dachte an Myokardi t is , mach te aber die Diagnose-con der mikroskopischen Un te r suchung abh~ngig. Die his to- logisehe Un te r suehung ergab nun keine Myokardi t is , viet-

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mehr einen Befund, der mir unter den vorlieyender~ Umstgnden ungew6hnlich erscheint An den eingesunkenen Stellen waren die Muskelfasern stellenweise degeneriert, kernlos, klumpig schollig verinders doch waren diese Ver{inderungen auf sehr l~lein~ Bezirke beschr~nkt und t ra ten v611ig zurfick hinter einer ganz diflus im Herzen vorhandenen starken Ablagerung braunen Pigments, in derselben Weise feststellbar, wie es fiir die sog. braune Atrophie des Herzens charakteristisch ist; verbunden war damit eine Fragmentierung in wechselnder St~irke.

Diese braune Pigmentierung sehen ~vir 5a nun, wie ~ben schon erwghnt, ffir gewShnlich entweder im Seniurn oder im Verlauf ersch6pfender Krankheiten. Weder die eine, noch die andere M6glichkeit traf abet hier zn; es handelte sich um einen kr~iftigen, gut 'gen~hr ten Mann, der auBer den Herz-

Starke Anhiu~ung brx~nen Pigments um d{e Kern~ der Herzmuskelfaserr~ neben Fgagmentierung.

ver~inderungen und den -- doch wohl davon abh/ingigen Stauungserschemungen in den Organen nur noch eine Ab- weichung yon der Norm aufwies, n~mlieh eine Persistenz des Thymus. Nun ist ja bekanntlich die Frage, inwieweit diese Thymuspersistenz mit p[dtzlichen Todesfatten in Zu- ~ammenhang gebracht werden kann, keineswegs eindeutig entschieden. W~hrend manche Autoren der Neinung sind, dab Individuen mit persistierendem Thymus sich durch auBerordentliche LabilitXt der Herzfunktion auszeichnen, so dab geringfiigige, evil. schon psychische InsuRe ein pl6tz- liches Versagen des Herzens herbeiffihren k6nnten, mSchten viele a.udere ja hekanntKch heutzutage einen so[chert Zu- sammenhang am liebsten ganz ablehnen. Ich persSnlich stehe auf Grund eigener Erfahrungen keineswegs auf diesem ganz ablehnenden Standpunkt, wenn ich die Frage auch noch keineswegs iiir endgfiltig gekl~irt hake. Im vorliegenden Falle m6chte ich aber jedenfalls einen Zusammenhang zwi- schen den am Herzen gefundenen Ver~inderungen und dem Thymus persistens ahlehneu. Denn wenn man helm Start. thymicus, bzw. S l a t thymolymphaticus aln Herzen etwas finder -- s. die einschl~igigen Mitteilungen yon CE~LZN und eigene Beobachtungen -- so sind das zellige, vorwiegend aus Lymphocyten bestehende Infil trate im Herzmuskel, anderer- sells habe ich bet eigenen recht ausgedehnten Untersuchungen am Herzen bet Status thymolymphaticus bzw. Thymus persi- stens diese branne Pigmentierung am Herzen bis jetzt stets vermiBt.

Der Vollst~ndigkeit halber ware vielleich~ ein Punkt noch kurz zu erwXhnen. Der Mann hat im Krieg eine Oasvergiftung dnrchgemacht, welcher Art ist n i c h t bekannt, geworden. Einen Zusammenhang mit dieser Gasvergiftung k6nnte man nMiirlich nur auf Grund vager Vermutungen annehmen., nnd ich m{Sehte ihn abIehnen, nachdem mir tier Zufatl einen zweiten

R I F T . 8. J A H R G A N G . Nr. I5 9. APRILI929

Tall in die Hand gespielt hat, den ich zusammen mit Herrn Koliegen WOtILWlLL ZU begutachten halle, den Herr WOHL- WILL seziert und mikroskopiseh untersucht und mir, nach- dem ich ibm yon meinem ersten Fail erz~hlt halle, freund- lichst iiberlassen hat.

Fall 2. 6oj~hriger Mann, der bet einem Autounfall eine iKopf- verletzung erlitten halle. Er klagte ei~e Zeiflang fiber Beschwerden, erholte sich aber dann und fibre seinen Beruf als Direktor eines kaufm~innisehen lYnternehmens wieder in gewohnter Weise aus. Er ist dann ganz {ihnlich wie der zuerst besehriebene Fail, ohne dab vorher der Umgebung eine ernstliche Anderung seines Befindens a~fgelallen w~re, pI6tzlich gestorben. Nan dachte nati~rlich an einen Zusammenhang rnit dem Unfall, abet die genaueste Unter~uchung des Sch~idels nnd Gehirns -- das Gehirn wurde an 3 ~ verschiedenen Stellen mit alien m6glichen Methoden aufs genaueste mikroskopisch untersucht -- hat keinerlei Abweichnng yon der Norm ergeben. Der einzige nennenswerte Befund war aueh bier eine auffXlIige braune Pigmentierung des Herzens in Verbindung mit ether deu~- lichen Fragmentierung (s. die Abb.).

Auch in diesem Falle war wie in dem vorigen yon den Momenten, die gtiologisch fiir die Ablagerung des braunen Pigments im Herzen herangezogen zu werden pflegen -- auf die strittige Frage der Fragment ie lung will ich hier gar nicht eingehen -- nicht ein einziges vorhanden. Es handelte' sich um einen wohlkonservierten Mann; yon einem Senium oder yon Marasmus irgendwelcher Art w a r keine 7Rede_

Auch yon ether vorangehenden Vergiftung war bier nichts bekannt, und die Vermutung, die ieh bet dem ersten Tall ge- streift butte (s. oben), wird dadurch v611ig problematisch, such verbietet der 2. Fail erst recht einen Zusammenhang mit der Thymnspersistenz anzunehmen -- im z. Fail war davon mchts zu l inden -- ein Zusammenhang, den i ch (ibrigens bet dem I. ~'all ja schan abgelehnt halle.

Es bleibt meines Erachtens nichts fibrig, als hier mit einer Stoffwechselst6rung auf unbekctnnt~r Basis zu rechnen. 0ber die n~ihere Natur dieser vermutetetl Stoffwechselst6rung sich in Hypothesen auszulassen, erscheint einstweilen miiBig, man wird weitere Befunde abwarten miissen. Einstweilen mu2 ich reich damit begn0gen, die Aufmerksamkeit auf diese eigenartigen Beiunde : braune Pigmentierung des Herzen s ohne Marasmus oder Kachexie als einz~gen morphologischen Be- fund bet pl6tzlich auftretender Herzinsuffizienz hinzulenken.

IIBER SCHARLACHSEPSIS. Von

Dr. ALICE CHASSEL. Aus der Infektionsabteflung des Allgemeinen 14rankenhauses Hamburg-Barmbeck

(Leit. Oberarzt: Prof. Dr. REICHE),

~ber F~tlle yon Scharlachsepsis soll bier ber~chtet wer- den, e~nmM, well die Sepsis es war, die die Epidemie des letzten Jahres, jedenialls soweit sie sich im Material des Krankenhauses Hamburg-Barmbeck spiegelte, besonders schwer machte, und zweitens, weft unsere F/ille doch ein wesentlich giinstigeres Bild yon der Prognose geben als all- gemein angenommen und in der Literatur berichtet wird.

Um die Sepsis kurz in Vergleich zu setzen mit den fihrigen geliSrchtetsten Scharlachkomplikationen, m6gen Iolgende Zahlen dienen :

Unter den 694 Scharlachfallen, die wit vom I5. XI. I927 bis zum 15. XI. 1928 zu sehen Gelegenheit batten, waren 4 prim~ir-toxische, 6 F~ille yon Nephritis, und auch diese nu t [eicht bis mittelschwer, dagegen I 3 FMle ausgepr~igter Sepsis. Dieser HShe entsprich/ die HXafigkeit schwerer Otitiden: bei 56 Pat ienten wurde Aufmeil3elung n6tig, darunter IomaI beiderseits. In I I unserer Sepsisfalle war das Ohr als Sepsis- herd anzusehen.

Als Vergleich seien einige Angaben aus der ~tlteren Lite- ratur angefiihrt: ~OLLY in MOHR-STAEHELIX, Handbuch der inneren 3/fedizin ~9~5: Otitis in soN, Nephritis in 7 %, Sepsis unter :400 Fgllen :6mat . JOC~rmVN~-HE~,~R: :9e4: