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Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Auf der Hude 2, 21339 Lüneburg
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braunundzwetkow RECHTSANWÄLTE
Az.: VgK-19/2014 Z 1. JULI 2014
EINGEGANGEN ß-Beschluss
ln dem Nachprüfungsverfahren
der GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer , geschäftsansässig ebenda,
Verfahrensbevollmächtigte: ,
- Antragstellerin -
gegen
den Landkreis vertreten durch den Landrat , ,
Verfahrensbevollmächtigte:
wegen
- Antragsgegner -
de-facto-Vergabe, Dienstleistungen im Bereich Rettungsdienst
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und den ehrenamtlichen Beisitzer, RA Woll, im schriftlichen Verfahren am 18.07.2014 beschlossen:
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1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerio zu tragen.
3. Die Kosten werden auf 4.475 € festgesetzt.
4. Die Antragstellerio hat dem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für den Antragsgegner notwendig.
Begründung:
I.
Der Antragsgegner hat aktuell seinen Bedarfsplan fOr den Rettungsdienstbereich des Landkreises Ernstand gemäß § 4 Abs. 6 NRettG fortgeschrieben. Dem Entwurf kann man entnehmen, dass aktuell der ( drei Rettungswachen und das ( acht Rettungswachen im Kreisgebiet betreut. ln dem Entwurf ist u. a. vorgeschlagen, insgesamt fOnf Rettungswachen zu ertOchtigen und drei neue mobile RTW-Standorte einzurichten. Die Mehrkosten für diese Maßnahmen beziffert der Antragsgegner insgesamt auf ca. 3 Mio. € pro Jahr. Streitbefangen ist die kOnftige Deckung dieses Mehrbedarfs und die Auswirkungen auf die derzeit bestehenden Vertragsverhältnisse.
Die Antragstellerio ist ein privater Dienstleister im Bereich des Rettungsdienstes. Sie hatte erstmals im November 2010 bereits gegenOber dem Antragsgegner ihr Interesse bekundet, in Zukunft Leistungen des bodengebundenen Rettungsdienstes fOr den Antragsgegner zu erbringen und gefordert, die Antragstellerio an entsprechenden Ausschreibungen zu beteiligen. Aufgrund eines Zeitungsartikels in der örtlichen Presse am 23.05.2014 Ober die Sitzung des Feuerwehrausschusses, in dem der Plan vorgestellt worden war, sah sich die Antragstellerio veranlasst, mit Schreiben vom 28.05.2014 nochmals ihr Interesse an der DurchfOhrung der streitgegenständlichen Dienstleistungen zu bekunden. Der Antragsgegner teilte ihr mit Schreiben vom 06.06.2014 mit, dass der Kreistag noch nicht Ober den Bedarfsplan fOr den Rettungsdienstbereich des Landkreises entschieden hat. Er bat um Verständnis, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt war, ob und ggf. in welchem Umfang eine Bedarfsveränderung vorzunehmen ist. Er teilte mit, dass erst anschließend etwaige Umsetzungsschritte zu planen sind.
Mit Schreiben vom 10.06.2014 ragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin, jetzt Verfahrensbevollmächtigter, die "rechtswidrige De-facto-Vergabe" im Bereich des Rettungsdienstes und bewarb sich erneut auch um die Vergabe von Interimsaufträgen im Bereich des Rettungsdienstes. Die Antragstellerin führt aus, dass sie der Presse entnommen habe, dass der Antragsgegner im Rahmen einer freihändigen Vergabe ohne Teilnahmewettbewerb an Hilfsorganisationen, insbesondere das
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und den vergeben wird. Ihre Rüge umfasse den Bereich Krankentransport, Rettungsdienst und erweiterter Rettungsdienst. Ebenso beanstandet sie alle Leistungserweiterungen oder Beauftragungen, die im Bereich Rettungsdienst und Krankentransport an die bisher beauftragten Bestandserbringer ohne gemeinschaftskonformes Ausschreibungsverfahren vergeben wurden.
Der Antragsgegner teilte der Antragstellerio mit Schreiben vom 06.06.2014 mit, dass bis zu einer Entscheidung des Kreistages, ob und ggf. in welchem Umfang eine Bedarfsänderung vorgenommen werden soll, keine etwaigen Umsetzungsschritte geplant seien.
Die Antragstellerio beantragte mit Telefax vom 16.06.2014, eingegangen in der Vergabekammer am selben Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie begründet ihren Antrag unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen in dem o. g. Rügeschreiben.
Ihrer Auffassung nach hat der Antragsgegner die Erbringung von Leistungen im Bereich des Rettungsdienstes mit HUfsorganisationen abgesprochen und verletze dabei Vergabevorschriften, insbesondere im Bereich des Diskriminierungsverbots. Sie geht aufgrundder Beschlussvorlage und des Zeitungsartikels davon aus, dass rechtswidrige De-facto-Vergaben stattfinden. Wann genau und durch wen die Beauftragung der Leistungen an das und den erfolgte, entziehe sich ihrer Kenntnis.
Der Nachprüfungsantrag diene auch der Feststellung, ob ein nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregeltes Vergabeverfahren bislang unterblieben ist
Sie weist darauf hin, dass sich nach ihren Informationen der Antragsgegner für das sog. Submissionsmodell entschieden habe und nicht für eine Dienstleistungskonzession. Es liege daher ein Dienstleistungsauftrag bzw. mehrere Dienstleistungsaufträge vor, die der Ausschreibungspflicht unterliegen.
Der Antragsgegner habe einen konkreten Beschaffungsbedarf, den er im Rahmen eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens decken müsse und nicht durch eine freihändige Vergabe. Selbst wenn eventuell Interimsvergaben zur Überbrückung durchgeführt werden sollen, habe sie Interesse an diesen Aufträgen bekundet. Bei einer entsprechenden (Interims-) Vergabe an einen dritten Bieter wäre sie gemäߧ§ 101a, 101b GWB vorab zu informieren gewesen. Sie sieht auch keine besondere Dringlichkeit, eine freihändige Vergabe durchzuführen.
Die Antragstellerio macht auch geltend, dass aus ihrer Sicht ein Beihilfeverstoß zugunsten anderer HUfsorganisationen vorliegt, und dass weitere sonstige Ansprüche aufgrund von Verstößen durch die Antragsgegner bestehen.
Sie geht auch davon aus, dass die HUfsorganisationen ein rechtswidriges Kartell gebildet haben, da sie eine marktbeherrschende Stellung besitzen.
Soweit der Antragsgegner vortrage, dass selbst bei Vorliegen des Kreistagsbeschlusses ,keine angreifbare Beschaffungsentscheidung vorliege und eine Entscheidung gemäß § 5 NRettG noch nicht getroffen sei, liege dennoch ein interner Beschaffungsentschluss des Antragsgegners vor. Dieser habe in seinen Rettungsdienstbedarfsplan einen konkreten Bedarf festgestellt. Er habe auch bestimmte Maß-
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nahmen getroffen, das leistende Unternehmen mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses zu ermitteln und auszuwählen. Sie geht davon aus, dass die zusätzlich anfallenden Aufgaben an die bereits vor Ort tätigen Hilfsorganisationen vergeben werden sollen.
Der Antragsgegner habe im Rahmen der Entwicklung des Rettungsdienstbedarfsplans 2014 die Hilfsorganisationen beteiligt, sonstige Anbieter von rettungsdienstliehen Leistungen, die nach den vergaberechtlichen Grundsätzen der Transparenz, Gleichbehandlung und des Wettbewerbs dann auch hätten beteiligt werden müssen, seien bewusst ausgeschlossen worden.
Ihre Auffassung, dass bereits eine Vergabeakte vorhanden sei, begründet sie mit ihrem bisherigen Schriftverkehr mit dem Antragsgegner, dessen Vereinbarungen mit den bisherigen Leistungserbringern sowie dem zugrunde liegenden Schriftverkehr und weiteren Unterlagen.
Die Vergabekammer teilte der Antragstellerio mit verfahrensbegleitenden Schreiben vom 03.07.2014 mit, dass sie den Nachprüfungsantrag zum derzeitigen Zeitpunkt für unzulässig hält, da der Antragsgegner weder ein förmliches Vergabeverfahren eingeleitet hat noch eine Oe-facta-Vergabe von etwaigen künftigen zusätzlichen Dienstleistungsaufträgen an gemeinnützige HUfsorganisationen oder sonstigen Dritten erfolgt sei.
Die Antragstellerio ist überzeugt, dass sie konkrete Anzeichen aufgrund der veröffentlichten Zeitungsartikel dafür hat, dass bereits vor Einleitung ihres Nachprüfungsantrages, insbesondere nach dem 07.07.2014, weitere Umsetzungsschritte durch den Antragsgegner stattfinden werden. Sie unterstellt, dass es nicht dem politischen Willen des Antragsgegners entspricht, ein gemeinschaftskonformes Vergabeverfahren durchzuführen.
Die Antragstellerio beantragt
1. ein Nachprüfungsverfahren gemäß § 1 07 Abs. 1 GWB wird eingeleitet gegen eine bereits mit Dritten abgesprochene rechtswidrige Oe-facta-Vergabe hinsichtlich der Dienstleistungen im Bereich Rettungsdienst im Gebiet des Antragsgegners.
2. Es wird festgestellt,
- dass die Antragstellerio durch die o. g. De-facto-Vergabe in ihren Rechten verletzt ist,
- dass tatsächliche Beauftragungen im Bereich des Rettungsdienstes oberhalb der Schwellenwerte im Gebiet des Antragsgegners ohne ein gemeinschaftsrechtskonformes Auswahlverfahren rechtswidrig sind, die abgeschlossenen Verträge unwirksam sind und die Antragstellerio gemäß § 97 Abs. 7 GWB in ihren Rechten verletzen.
3. Der Antragsgegner ist verpflichtet, bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht, Dienstleistungen in dem o. g. Bereich nur nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben.
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4. Hilfsweise: Die Kammer wirkt unabhängig von unseren Anträgen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hin (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB).
5. Die Vergabeakten des Antragsgegners werden hinzugezogen.
6. Der Antragstellerio wird Einsicht in die Vergabeakten des Antragsgegners gewährt.
7. Der Nachprüfungsantrag wird dem Antragsgegner- notfalls per Telefax- unverzüglich zugestellt.
8. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerio wird fOr notwendig erklärt
9. der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Antragsgegner beantragt,
1. den NachprOfungsantrag zurückzuweisen,
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Antragsgegner gemäߧ 128 Abs. 4 GWB fOr notwendig zu erklären und
3. der Antragstellerio die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Antragsgegners aufzugeben.
Der Antragsgegner tritt dem Vortrag und der Rechtsauffassung der Antragstellerio entgegen.
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Er hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da seiner Auffassung nach keine Defacto-Vergabe vorliegt. Es gebe keinen Verfahrensgegenstand im Sinne eines Vergabevorganges.
Er weist darauf hin, dass die Unwirksamkeit eines Vertrages erst beschlossen werden könne, wenn ein Beauftragungsvertrag vorliege. Bislang sei weder mit dem noch mit dem ein solcher notwendiger öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen worden. Z. Zt. fehle es noch an der notwendigen Vergabereife.
Er sei lediglich seiner Pflicht zur Erstellung einer Leistungsanalyse und Ermittlung des konkreten Bedarfs anhand der tatsächlichen Gegebenheiten in Form eines Bedarfsplans nachgekommen. Eine Entscheidung darüber, wie der festgestellte Bedatf gedeckt werde, gehe damit nicht einher. Z. Zt. befinde sich sein Bedatfsplan lediglich in der Entwurfsphase. Erst wenn der Kreistag Ober den Bedarfsplan für den Rettungsdienstbereich Landkreis Emsland 2014 beschlossen habe, stehe fOr die Verwaltung der konkrete Bedarf fest.
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Selbst durch den festgestellten Bedarf würden die bestehenden Verpflichtungen der Bestandsleistungserbringer grundsätzlich nicht tangiert. Eine Verpflichtung oder Berechtigung der bisherigen Leistungserbringer zur Deckung des festgestellten zusätzlichen Bedarfs bestehe nicht und werde auch nicht durch den Bedarfsplan begründet.
Er weist nochmals darauf hin, dass die Deckung des durch den Kreistag festgestellten Bedarfs, gemäß § 5 NRettG in einem gesonderten Schritt erfolgt, der ggf. ein Vergabeverfahren erforderlich machen würde. ln welcher Form dies erfolgen soll, sei aber noch nicht entschieden. Erst anschließend könne sich die Frage nach der (Nicht-)Durchführung eines Vergabeverfahrens stellen.
Soweit die Antragstellerin beantragt, bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht, Dienstleistungen nur nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben, sei dieser Antragper se schon unzulässig, da er vorbeugend auf zukünftiges Beschaffungsverhalten des Antragsgegners gerichtet ist. Die Antragstellerin könne in einem Vergabeverfahren nur Rechte und Ansprüche geltend machen, die auf Vornahme oder Unterlassung einer Handlung im Vergabeverfahren gerichtet sind. Für vorbeugende Ansprüche, die zukünftige Vergabeverfahren betreffen, gebe es keine Handhabe.
Da ein Vergabeverfahren bisher nicht stattgefunden hat, habe sie weder eine Vergabeakte noch bestehe eine rechtliche Verpflichtung, eine solche anzulegen und ggf. offenzulegen. Die Pflicht zur Dokumentation von Vergabevorgängen entstehe erst, wenn der Auftraggeber die Entscheidung zur Beschaffung konkreter Leistungen getroffen habe und in die Vorbereitung eines Vergabeverfahrens eintritt. Zum jetzigen Zeitpunkt bestehe daher keine Verpflichtung zur Erstellung einer Vergabeakte.
Selbst wenn man zum jetzigen Zeitpunkt unterstelle, dass zum derzeitigen Zeitpunkt bereits eine Vergabeakte anzulegen sei, habe die Antragstellerin keinen Anspruch auf Akteneinsicht, da der Nachprüfungsantrag unzulässig sei und darüber hinaus die Rügen ins Blaue erfolgten.
Mit Schriftsatz vom 11.07.2014, konkretisiert mit Schriftsatz vom 16.07.2014, teilte der Antragsgegner mit, dass der Kreistag die Aktualisierung des Rettungsdienstbedarfsplanes am 07.07.2014 beschlossen hat und er jetzt unverzüglich mit der Vorbereitung der Ausschreibung des festgestellten Bedarfs beginnen werde. Er habe u. a. beschlossen, zumindest einen Teil des zusätzlichen Bedarfs eine vergaberechtskonforme Interimsvergabe unter Beteiligung der Antragstellerin bis zum Abschluss eines rechtskonformen Vergabeverfahrens zu überbrücken.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Die Antragsleiterin ist nicht antragsbefugt i. S. des § 107 Abs. 2 GWB, da der Antragsgegner bislang weder ein förmliches Vergabeverfahren i. S. des§ 101 GWB eingeleitet hat noch eine gegen§ 101 b GWB verstoßende de-facto-Vergabe von etwaigen künftigen zusätzlichen Dienstleistungs-
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aufträgen an gemeinnützige HUfsorganisationen oder sonstige Dritte erfolgt oder auch nur eingeleitet ist. Der Primärrechtsschutz des vierten Teils des GWB erstreckt sich aber nicht auf begehrte vorbeugende Maßnahmen in Bezug auf ein - mögliches -künftiges Beschaffungsverhalten eines öffentlichen Auftraggebers (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.03.2014- VII-Verg 11/14).
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Gemäß § 104 Abs. 2 GWB können von einem Antragsteller (ausschließlich) Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber geltend gemacht werden, die auf Vornahme oder Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind. Dagegen ist es dem Antragsteller verwehrt, gewissermaßen vorbeugend Ansprüche zu stellen, die ein erst künftig einzuleitendes Vergabeverfahren, die Verfahrensart oder Form oder den Zeitpunkt des Beginns betreffen. Für solche Zwecke gibt das Vergabeprozessrecht keine Handhabe. Vielmehr muss sich der Antragsteller in einem solchen, einem Vergabeverfahren vorgelagerten Zeitpunkt, ggfl. einer Klage vor dem Zivilgerichten bedienen, weil die Beschaffung sog. Fiskalhandeln der öffentlichen Hand ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.05.2007- 6 B 10.07 = NZBau 2007, Seite 389). § 114 Abs. 2 GWB begrenzt zugleich die Entscheidungsbefugnis der Vergabenachprüfungsinstanzen. Jedwede vorbeugende, nicht in einem Vergabeverfahren ergehende und auf ein künftiges Beschaffungsverhalten des Auftraggebers gerichtete Entscheidung ist der Vergabekammer untersagt (vgl. Düsseldorf, a. a. 0.).
Aus diesem Grunde ist unverzichtbare Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 1 07 Abs. 2 GWB, dass Oberhaupt ein konkreter Vergabevorgang vorliegt. Ansonsten kann das für § 107 Abs. 2 GWB erforderliche Interesse an einem zu vergebenden Auftrag von vornherein nicht bestehen (vgl. Reidt in: Reidt/Stickler/Giahs, VergabeR, 3.Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 17). Voraussetzung für die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens ist danach grundsätzlich, dass ein formelles Vergabeverfahren stattgefunden hat bzw. eingeleitet wurde. Diese grundsätzliche Anforderung regeln neben der bereits zitierten Vorschrift des § 104 Abs. 2 Satz 1 GWB auch bereits § 97 Abs. 7 GWB, der den Unternehmen einen Anspruch auf die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren einräumt sowie § 1 07 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB, der die Rügepflicht innerhalb eines Vergabeverfahrens regelt. Ein formelles Vergabeverfahren beginnt nach der Rechtssprechung erst dann, wenn die Vergabestelle nach außen erkennbar den ersten Schritt zur Durchführung desjenigen Verfahrens in die Wege leitet, welches zu einem konkreten Vertragsabschluss führen soll. Bei europaweiten Vergaben ist dies z. B. die Absendung der Vergabebekanntmachung an das EU-Amtsblatt (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.07.2012- Verg 8/2012 und Beschluss vom 12.11.2010- Verg 21/10, zitiert nach ibr-online). Die Antragsbefugnis nach § 1 07 Abs. 2 GWB ist gleichwohl nicht auf förmliche Vergabeverfahren i. S. des § 101 GWB beschränkt. Auch in Fällen, in denen ein Auftraggeber zu Unrecht kein Vergabeverfahren durchführt, gleichwohl jedoch die Erteilung eines Auftrages erfolgen soll, ist gern.§ 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB ein Nachprüfungsverfahren zulässig. Dies ist immer dann der Fall, wenn eine unzulässige Direktvergabe/de-facto-Vergabe erfolgt ist oder eingeleitet wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 01.02.2005- X ZB 27/04 = VergabeR 2005, Seite 328; Reidt, a. a. 0., § 107 GWB, Rdnr. 17). ln solchen Fällen fehlt es zwar an einem formellen Vergabeverfahren, wenn der Auftraggeber von einer Ausschreibung Abstand nimmt und ohne Ausschreibung mit einem oder mehreren Unternehmen verhandelt. Würde man den Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB auf formelle Vergabeverfahren beschränken, wäre jedoch ein Rechtsschutz gegen Direktvergaben in Form eines Nachprüfungsverfahrens nicht möglich, obwohl
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ein schwerwiegender Verstoß gegen Vergabevorschriften vorliegen kann. Die Rechtssprechung hat es deshalb ein ausreichend angesehen, dass ein Vergabeverfahren in einem "materiellen" Sinn stattgefunden hat (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.07.2012- Verg 8/2012, zitiert nach ibr-online). Fürden Beginn eines materiellen Vergabeverfahrens soll es daher ausreichend sein, dass sich der öffentliche Auftraggeber zur Deckung eines bestimmten Bedarf entschlossen und mit dem Ziel eines Vertragsschlusses mit organisatorischen oder planarischen Schritten zur Durchführung des Beschaffungsvorganges begonnen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.06.2001 - Verg 3/01 und vom 30.04.2003- Verg 67/12; BayOBLG, Beschluss vom 22.01.2002- Verg 18/01 und vom 27.02.2003- Verg 1/03). Dies ist der Fall, wenn ein Auftraggeber z. B. Angebote eingeholt, Bietergespräche geführt oder sogar bereits gewertet und sich für ein Angebot entschieden hat.
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Voraussetzung für den Beginn eines - der Nachprüfung unterliegenden - Vergabeverfahrens ist jedoch, dass der Auftraggeber über das Stadium bloßer Vorstudien des Marktes oder sonstiger rein vorbereitender Handlungen hinaus gelangt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 11.01.2005 - Rs. C-26/03; BGH, Urteil vom 01.02.2005 -X ZB 27/04). Der Beginn eines materiellen Vergabeverfahrens setzt einen internen Beschaffungsentschluss der öffentlichen Hand sowie eine externe Umsetzung jener Entscheidung voraus, die darin bestehen muss, dass der Auftraggeber in einer Weise, die geeignet ist, nach außen wahrgenommen zu werden, bestimmte Maßnahmen ergreift, um das leistende Unternehmen mit dem Ziel eines Vertragsschlusses zu ermitteln und auszuwählen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber konkrete Vertragsverhandlungen mit einem Interessenten führt (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.07.2012- Verg 8/12; Diemon-Wies, PK Kartellvergaberecht, § 104 GWB, Rdnr. 29). Für einen dieser materiellen Vergabephase vorgelagerten, vorbeugenden Rechtsschutz ist das Nachprüfungsverfahren dagegen nicht geschaffen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.2008- VII Verg 35/08). Deshalb besteht kein Nachprüfungsrecht der - potentiellen - Bieter, solange sich ein öffentlicher Auftraggeber im Stadium interner Willensbildung befindet, in dem noch keine Entscheidung getroffen und keine Willenserklärung nach außen hin abgegeben wurde (OLG Düsseldorf, a. a. 0.) Konkret liegt ein materielles Beschaffungsverfahren erst dann vor, wenn der öffentliche Auftraggeber zur Deckung seines festgestellten Bedarfs bereits in ein Verfahren eingetreten ist, das auf die Beschaffung etwa von Dienstleistungen am Markt ausgerichtet ist und mit der Vergabe des Auftrages seinen Abschluss finden soll (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.2005- X ZB 27/04 = VergabeR 2005, Seite 330; Kus in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-VergabeR, 3. Aufl., § 102, Rdnr. 12).
Unter Zugrundeleguns dieses Maßstabes hat vorliegend ein materielles Vergabeverfahren hinsichtlich des durch den Kreistag des Antragsgegners zwischenzeitlich am 07.07.2014 unstreitig festgestellten künftigen Mehrbedarfs an Rettungsdienstleistungen noch nicht begonnen.
Die Verwaltung des Antragsgegners hat gern. § 4 Abs. 6 Nds. Rettungsdienstgesetz (NRettDG) den Bedarfsplan für den Rettungsdienstbereich fortgeschrieben und dabei festgestellt, dass fünf Rettungswachen ertüchtigt und zusätzlich drei mobile RTWStandorte eingerichtet werden müssen. Ober diesen Bedarfsplan hat der Kreistag des Landkreises inzwischen am 07.07.2014 beraten und entsprechend der Vorlage der Verwaltung beschlossen. Durch den Beschluss des Kreistages über den aktualisierten Bedarfsplan hat der Antragsgegner zugleich den damit verbundenen -
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gegenüber den status quo zusätzlichen - Beschaffungsbedarf festgelegt. Da der Beschaffungsbedarf zu einer wesentlichen Änderung der zurzeit laufenden, vom Antragsgegner mit Rettungsdiensten (vorliegend und geschlossenen Dienstleistungsverträgen führt, stehen dem Antragsgegner als Träger des Rettungsdienstes die Möglichkeiten des § 5 NRettDG zur künftigen Deckung des Bedarfs zur Verfügung. Sofern er die gesetzliche Aufgabe des Rettungsdienstes nicht selbst erfüllen kann oder will, kann er gern.§ 5 Abs. 2 NRettDG geeignete Dritte entweder durch Erteilung eines oder mehrerer - vergaberechtspflichtiger- Dienstleistungsaufträge oder aber durch die Erteilung einer oder mehrerer - nicht vergaberechtspflichtiger- Dienstleistungskonzessionen damit beauftragen. Mit Schriftsatz vom 11.07.2014 hat der Antragsgegner erklärt, dass er auf Grund des zustimmenden Beschlusses des Kreistages zur Aktualisierung des Rettungsdienstbedarfsplanes nunmehr unverzüglich mit der Vorbereitung der Ausschreibung des zusätzlich festgestellten Bedarfs beginnen wird, sofern dieser wesentliche Änderungen der bisherigen Vorhaltung betrifft. Da die Ausschreibung wegen der einzuhaltenden Fristen naturgemäß Zeit in Anspruch nehmen werde und damit im Spannungsfeld zum Sicherstellungsauftrag des Antragsgegners nach § 2 NRettDG stehe, prüfe er derzeit auch, den zusätzlich festgestellten Bedarf vorab interimsweise zu beauftragen und so gern. § 2 NRettDG die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zeitnah sicherzustellen. Auch bei einer solchen interimsweisen Vergabe werde sich der Antragsgegner an die vergaberechtlichen Vorgaben halten.
Mit Schriftsatz vom 16.07.2014 hat der Antragsgegner diese Ankündigung dahingehend konkretisiert, dass er zunächst intern beschlossen habe, den zusätzlichen Bedarf nicht selbst zu erbringen, sondern weiterhin an Dritte zu vergeben. Hierfür werde er zeitnah ein ordnungsgemäßes europaweites Vergabeverfahren durchführen.
Darüber hinaus habe er nun kurzfristig weiterhin beschlossen, zumindest einen Teil des im Bedarfsplan festgestellten Bedarfs zeitnah durch eine vergaberechtskonforme Interimsvergabe unter Beteiligung der Antragstellerio zu decken. Diese Interimsvergabe solle dazu dienen, den festgestellten Bedarf zeitnah zu decken, den Sicherstellungsauftrag gern. § 2 NRettDG nachzukommen und den Zeitraum bis zum Abschluss eines rechtskonformen Vergabeverfahrens zu überbrücken. Weitergehende Entscheidungen hinsichtlich der Umsetzung dieses Interimsbedarfs seien noch nicht erfolgt. Weder seien Vertragsverhandlungen mit Leistungserbringern/Interessenten geführt, noch seien Kriterien für die Auswahlentscheidung festgelegt worden. Momentan bestünden lediglich der Beschluss des Bedarfsplans und die verwaltungsinterne Absicht, eine Interimsvergabe und ein europaweites Vergabeverfahren zeitnah durchzuführen.
Da vorliegend weder die Vorbereitungen für das erforderliche europaweite Vergabeverfahren noch für die Durchführung einer Interimsvergabe unter Beteiligung der Antragstellerin abgeschlossen sind, befindet sich der Antragsgegner vorliegend nach wie vor in einem internen Entscheidungsprozess, der einer Nachprüfung durch die Vergabekammer nach dem 4.Teil des GWB nicht zugänglich ist. Das Vergaberecht sieht eine "vorsorgliche Rüge" künftigen fehlerhaften Verhaltens des Auftraggebers nicht vor. Der Gesetzeswortlaut knüpft die Rügepflicht und den Primärrechtsschutz vielmehr an einem vollzogenen und vom Rechtsschutz suchenden Bieter im Vergabeverfahren erkannten Vergabefehler an. Daran gemessen gehen eine vorsorgliche Rüge und ein vorsorglicher Nachprüfungsantrag, die aufschiebend bedingt eine noch gar nicht vollzogene Vergabemaßnahme beanstanden, von vornherein ins Leere
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{vgl. OLG München, Beschluss vom 15.03.2012- Verg 2/12 = NZBau 2012, Seite 460 ff.; Kadenbach in: Willenbruch/Wieddekind, VergabeR, 3.Aufl., 12. Los, § 107 GWB, Rdnr. 19).
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Da vorliegend weder ein förmliches Vergabeverfahren noch eine de-facto-Vergabe begonnen hat, ist es der Vergabekammer verwehrt, die Wirksamkeit eines etwaigen künftigen Vertrages zu prüfen. Die Antragstellerio kann zumindest derzeit noch nicht gern. § 104 Abs. 2 GWB Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in ein Vergabeverfahren gerichtet sind, geltend machen. Damit fehlt der Antragstellerio zugleich die Antragsbefugnis gern. § 107 Abs. 2 GWB.
Der NachprUfungsantrag war daher als unzulässig zurückzuweisen. Gemäߧ 112 Abs. 1 Satz 2 GWB konnte die Vergabekammer deshalb ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten entscheiden.
111. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus§ 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBI. I, S. 790).
Es wird eine Gebühr in Höhe von 4.475 € gemäߧ 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Da im vorliegenden Fall noch kein Vergabeverfahren oder eine de-facto-Vergabe durchgeführt wurde, lässt sich aus den Vergabeunterlagen kein am Angebotspreis orientierter Auftragswert ermitteln, der der Gebührenfestsetzung zugrunde gelegt werden könnte. Der Antragsgegner hat die streitbefangenen Bedarfsänderungen auf der Grundlage des fortgeschriebenen Bedarfsplans und der diesbezüglichen Sitzungsvorlage vom 08.05.2014 für den Feuerschutzausschuss, den Kreisausschuss und den Kreistag ca. 3 Mio. € (brutto) pro Jahr geschätzt. Diesen Wert setzt die Vergabekammer als Gegenstandswert fest, zumal der Sachverhalt und die Entscheidungslage bei dem Antragsgegner noch keine Anhaltspunkte für die Laufzeit des künftig auszuschreibenden Vertrages bieten.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € {§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einem Gegenstandswert von 3.000.000 € ergibt sich nach der Gebührentabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von 4.475 €.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.
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Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag keinen Erfolg hatte, weil der Antrag unzulässig ist.
Kosten des Antragsgegners:
Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat dieAntragstellerindem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit die Anwaltskosten zu erstatten.
Die Erstattungspflicht der Antragstellerio bezüglich der Kosten des Antragsgegners, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus§ 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Antragsgegner im konkreten Verfahren erforderlic~ war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrund lagen, insbesondere der VOLJA und der VOB/A verfügen, bedurfte der Antragsgegner für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine Oberdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das NachprOfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenach-
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prüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
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Ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen öffentlichen Auftraggeber notwendig war und dessen Kosten im Vergabeverfahren deshalb nach§ 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG bzw. § 120 GWB i. V. m. § 78 Satz 1 GWB zu erstatten sind, kann aber nicht allgemein, sondern nur an Hand der Umstände des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011 -13 Verg 17/10, Beschluss vom 04.05.2011 -13 Verg 1/11). Bei der Abwägung der Einzelfallumstände ist zu berücksichtigen, ob die Problematik des Nachprüfungsverfahrens mehr auf auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen beruht und der öffentliche Auftraggeber über juristisch hinreichend geschultes Personal verfügt, welches zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist; dann soll eher keine Notwendigkeit bestehen. Wenn aber zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen weitere, nicht einfach gelagerte Rechtsfragen hinzutreten, spricht dies wieder eher für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Grundsätzlich trifft es auch immer noch zu, dass die Nachprüfungsverfahren unter einem enormen Beschleunigungs- und Zeitdruck stehen und das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus dem nationalen Recht und dem Europarecht darstellt, welche nicht immer im Gleichklang stehen. Auf der anderen Seite wird die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Vertretung des Auftraggebers vor der Vergabekammer regelmäßig eher nicht notwendig sein, wenn sich die darin aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darüber erschöpfen, ob die Vergabestelle das von ihr im Rahmen des streitbefangenen Vergabeverfahrens ohnehin zu beachtende "materielle" Vergaberecht zutreffend angewandt hat, d. h. im Wesentlichen die Bestimmungen der Verdingungsordnung eingehalten sind. Denn dann ist - zumindest bei größeren Auftraggebern, die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen - der Kernbereich der Tätigkeit betroffen, deren Ergebnisse zu rechtfertigen eine Vergabestalle grundsätzlich auch ohne anwaltliehen Beistand in der Lage sein muss (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 22. Februar 2010- WVerg 0001/10, zitiert nach juris, Tz 15 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juni 2010- 15 Verg 4/10, zitiert nach juris, Tz 54; OLG München, Beschluss vom 11. Juni 2008 - Verg 6/08, zitiert nach juris, Tz 13).
Nach dieser Maßgabe war es für den Antragsgegner im vorliegenden Vergabeverfahren notwendig, einen Bevollmächtigten zu beauftragen. Denn der Nachprüfungsantrag betraf nicht allein und auch nicht in erster Linie Probleme des gewöhnlichen materiellen, in den Vergabe- und Vertragsordnungen geregelten Vergaberechts, das eine Vergabestelle nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung zumindest in der Regel auch ohne anwaltliehen Beistand rechtlich bewerten, einordnen und vertreten muss. Streitgegenstand waren hier insbesondere auch die verfahrensrechtlichen Regelungen des GWB und dort insbesondere die Abgrenzung der vergaberechtsfreien Bedarfsfestlegung und auftraggeberinternen Vorbereitungshandlungen vom Beginn des vergaberechtspflichtigen materiellen Vergabeverfahrens und die dazu ergangene umfangreiche obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Antragsgegner bedurfte daher anwaltlicher Unterstützung.
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Die AntragsteJJerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von 4.475 € unter Angabe des Kassenzeichens
8001000634632
auf folgendes Konto zu Oberweisen:
NORD/LB (BLZ 250 500 00) Konto 106 022 312
JBAN: OE 94 2505 0000 0108 0223 12" SJC: NOLADE2HXXX
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. Diese ist beim Oberlandesgericht Celle, Schloßplatz 2
1 29221 Celle, schrift
lich einzulegen. Oje Beschwerde ist gern. § 117 GWB binnen einer No«riat vgn zwei Wocben nach Zustellung der Entscbejdung eiwulf'{len.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht fOr Beschwerden von juristisChen Personen des öffentlichen Rechts.
Dia sofortige Beschwerde Ist gern. § 117 Abs. 2 GWB mjt ihrer Einlegung zu begrQnden.
Die Beschwerdebegründung muss enthalten:
1. die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer angefochten wird und eine abweichende Entscheidung beantragt wird,
2. die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde st.01zt.
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom Beschwerdefahrer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten. Die sofortige Beschwerde hat aut"sehiebende Wirkung gegenOber der Entscheidung der Vergabekammer.
\JJJ Worr Schulte
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