Brennstoffzellen - Motoren der Zukunft?: Brennstoffzellen vermeiden Umweltverschmutzung vor Ort - in...

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Industrie und Wirtschaft 53 Prof. Dr. Gregor Hoogers, Fachhoch- schule Trier, Um- welt-Campus Bir- kenfeld, Postfach 1380, 55761 Birken- feld, hoogers@ umwelt-campus.de Brennstoffzellenantriebe beschäftigen seit einigen Jahren Automobilmanager, Wissenschaft- ler und Ingenieure, die eine umweltfreundliche Alternative zu den heutigen Kraftfahrzeugen suchen. Gleichzeitig beflügeln sie die Phantasie von Journalisten und Bürgern – nicht immer mit realistischen Einschätzungen, denn trotz der gewaltigen Fort- schritte bei der Entwicklung dieser Technologie ist noch ein weiter Weg bis zur Serienreife zu gehen. Es zeichnen sich aber inzwischen auch andere Anwendungen ab, die bereits in wenigen Jahren zum Alltag gehören werden. I n den letzten Jahren kommen Brennstoffzellen immer wieder in die Schlagzeilen. Verschiede- ne Automobilfirmen sehen in dieser Technologie mittel- bis langfristig die Zukunft des Fahrzeugantriebs und das Ende des Verbrennungs- motors, da sie sauberere Kraftfahr- zeuge und geringeren Energiever- brauch verspricht (Abb. 1). Im Ge- gensatz zu Verbrennungsmotoren wandelt eine Brennstoffzelle zuge- führte chemische Energie unmittel- bar und sehr effizient in elektrische Energie um, ohne sich dabei wie eine Batterie selbst zu verbrauchen. Als nicht-thermischer Energiewand- ler unterliegt die Brennstoffzelle daher nicht der theoretischen Ober- grenze, die durch den Carnot- Wirkungsgrad und die technische Obergrenze für die Betriebstempe- ratur gegeben ist (ca. 35 % im güns- tigsten Fall, aber praktisch unter 20 %). Geeignete Brennstoffe sind vor allem Wasserstoff, aber bei Hoch- temperatur-Brennstoffzellen auch Erdgas oder Flüssiggas. Triebfeder dieser Entwicklung ist vor allem die hohe Luftverschmutzung nordame- rikanischer, aber auch neu entste- hender Ballungsräume in Schwel- lenländern. In den frühen 90er Jah- ren sah es zunächst so aus, als setze man zur Lösung dieser Probleme auf Batteriefahrzeuge. Schnell stell- te sich jedoch heraus, dass die Reichweite solcher Kraftfahrzeuge inakzeptabel war, was sogar zu ei- ner Abschwächung der gesetzlichen Verordnung des California Air Re- sources Board (CARB) zur Ein- führung von Zero Emission Ve- hicles (ZEVs) in Kalifornien führte. Dennoch sollen in Kalifornien ab 2003 zehn Prozent der verkauften Fahrzeuge eines Herstellers ZEVs sein. Brennstoffzellen sind aber er- heblich vielseitiger, und es ist zu erwarten, dass man in wenigen Jah- ren diese Technologie in vielen Lebensbereichen finden wird, wahr- scheinlich bevor sie ihren Siegeszug im Automobil antreten wird. Der zweite Frühling der Brennstoffzellen In einer Brennstoffzelle reagie- ren Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser (s. Infokasten „Funktions- prinzip der Brennstoffzelle). Eine Zelle besteht prinzipiell aus zwei Elektroden und einem Elektrolyten, der ionen-, aber nicht elektronen- leitend ist. Hierdurch gelingt es, die chemische Reaktion in Teilreaktio- nen (Elektrodenreaktionen) aufzu- spalten und den Elektronentransfer in einem externen Stromkreis nutz- bar zu machen. Man unterscheidet die verschiedenen Brennstoffzellen nach den verwendeten Elektrolyten (vgl. Tab. 1). In der Suche nach ge- eigneten Elektrolyten liegt wohl der wichtigste Grund für den langen Weg, den diese Technologie bis zur Marktreife zurückgelegt hat. Dabei bleibt der Elektrolyt auch heute ein Kernthema der Brennstoffzellenfor- schung und -entwicklung. Nach Groves Entdeckung des Brennstoff- zellenprinzips durch Umkehrung der Wasserelektrolyse in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts un- tersuchte man erst gut 100 Jahre später wieder Brennstoffzellen. Die- se Arbeiten sind – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – verbunden mit Namen wie Gerischer, Sandstede, Kordesch, Vielstich, Liebhafsky, Niedrach, Justi und Winsel. Bei der Lektüre einschlägiger Werke [1] wird deutlich, welche ungeheuren Leistungen (einschließlich dem Bau von Versuchsfahrzeugen) damals schon vollbracht wurden, und dass Brennstoffzellen inzwischen minde- stens ihren zweiten Frühling erle- ben. Alkali-Brennstoffzellen Bei Brennstoffzellen auf alkali- scher Basis (KOH-Elektrolyt) voll- brachte vor allem Bacon Pionierlei- stungen. Nach Versuchen mit Io- nenaustauschmembranen (General Electrics) in den ersten Raumfahrt- projekten der 60er Jahre (Gemini) griff man u. a. aufgrund der be- grenzten Lebensdauer dieser frühen Membranen zurück auf Bacons Technologie der alkalischen Brenn- stoffzelle [2]. Nach Weiterentwick- lung durch Pratt and Whitney hielt die Alkaline Fuel Cell (AFC) ihren Einzug in die Raumfahrt mit Ein- sätzen bei den Apollo-Raumfahr- zeugen [2]. Auch der Space Shuttle verwendet weiterhin diesen Typ der Brennstoffzelle. Der Raketentreib- stoff Wasserstoff und Sauerstoff, die Vibrationsfreiheit und die Trinkbar- keit des Reaktionsprodukts waren hier ausschlaggebend – wobei die Kosten in den Hintergrund traten. In Großbritannien verwenden ei- nige Londoner Taxis seit 1998 eine kleine, wasserstoffbetriebene AFC (ca. 5 kW) zum Nachladen eines Batterieantriebs. Hauptproblem der AFC in Automobilantrieben ist je- doch die Vergiftung des Elektro- lyten durch Carbonate, die durch Brennstoffzellen – Motoren der Zukunft? Brennstoffzellen vermeiden Umweltverschmutzung vor Ort – in der Gesamtbilanz haben sie das Potenzial zur saubersten Energiequelle Gregor Hoogers Physikalische Blätter 56 (2000) Nr. 5 0031-9279/00/0505-53 $17.50+50/0 © WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 2000 Abb. 1: Zwei Brennstoffzellenbusse (Prototypen) der Firma Ballard Po- wer Systems für den Testbetrieb in Chicago. Der Dachbereich dieser Busse bietet ausreichend Raum für Wasserstoff in Druck- flaschen. In Verbindung mit dem Brennstoffzellenantrieb ver- leiht dieses Konzept den Bussen vergleichbare Leistungsdaten und gleiches Platzangebot wie ein Dieselantrieb. Einziges Ab- gas: reines Wasser (Foto: Ballard Power Systems).

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Prof. Dr. GregorHoogers, Fachhoch-schule Trier, Um-welt-Campus Bir-kenfeld, Postfach1380, 55761 Birken-feld, [email protected]

Brennstoffzellenantriebebeschäftigen seit einigen JahrenAutomobilmanager, Wissenschaft-ler und Ingenieure, die eineumweltfreundliche Alternative zuden heutigen Kraftfahrzeugensuchen. Gleichzeitig beflügeln siedie Phantasie von Journalistenund Bürgern – nicht immer mitrealistischen Einschätzungen,denn trotz der gewaltigen Fort-schritte bei der Entwicklung dieserTechnologie ist noch ein weiterWeg bis zur Serienreife zu gehen.Es zeichnen sich aber inzwischenauch andere Anwendungen ab, diebereits in wenigen Jahren zumAlltag gehören werden.

In den letzten Jahren kommenBrennstoffzellen immer wiederin die Schlagzeilen. Verschiede-

ne Automobilfirmen sehen in dieserTechnologie mittel- bis langfristigdie Zukunft des Fahrzeugantriebsund das Ende des Verbrennungs-motors, da sie sauberere Kraftfahr-zeuge und geringeren Energiever-brauch verspricht (Abb. 1). Im Ge-gensatz zu Verbrennungsmotorenwandelt eine Brennstoffzelle zuge-führte chemische Energie unmittel-bar und sehr effizient in elektrischeEnergie um, ohne sich dabei wieeine Batterie selbst zu verbrauchen.Als nicht-thermischer Energiewand-ler unterliegt die Brennstoffzelledaher nicht der theoretischen Ober-grenze, die durch den Carnot-Wirkungsgrad und die technischeObergrenze für die Betriebstempe-ratur gegeben ist (ca. 35 % im güns-tigsten Fall, aber praktisch unter20 %).

Geeignete Brennstoffe sind vorallem Wasserstoff, aber bei Hoch-temperatur-Brennstoffzellen auchErdgas oder Flüssiggas. Triebfederdieser Entwicklung ist vor allem diehohe Luftverschmutzung nordame-rikanischer, aber auch neu entste-hender Ballungsräume in Schwel-lenländern. In den frühen 90er Jah-ren sah es zunächst so aus, als setzeman zur Lösung dieser Problemeauf Batteriefahrzeuge. Schnell stell-te sich jedoch heraus, dass dieReichweite solcher Kraftfahrzeuge

inakzeptabel war, was sogar zu ei-ner Abschwächung der gesetzlichenVerordnung des California Air Re-sources Board (CARB) zur Ein-führung von Zero Emission Ve-hicles (ZEVs) in Kalifornien führte.Dennoch sollen in Kalifornien ab2003 zehn Prozent der verkauftenFahrzeuge eines Herstellers ZEVssein. Brennstoffzellen sind aber er-heblich vielseitiger, und es ist zuerwarten, dass man in wenigen Jah-ren diese Technologie in vielenLebensbereichen finden wird, wahr-scheinlich bevor sie ihren Siegeszugim Automobil antreten wird.

Der zweite Frühling derBrennstoffzellenIn einer Brennstoffzelle reagie-

ren Wasserstoff und Sauerstoff zuWasser (s. Infokasten „Funktions-prinzip der Brennstoffzelle). EineZelle besteht prinzipiell aus zweiElektroden und einem Elektrolyten,der ionen-, aber nicht elektronen-leitend ist. Hierdurch gelingt es, diechemische Reaktion in Teilreaktio-nen (Elektrodenreaktionen) aufzu-spalten und den Elektronentransferin einem externen Stromkreis nutz-bar zu machen. Man unterscheidetdie verschiedenen Brennstoffzellennach den verwendeten Elektrolyten(vgl. Tab. 1). In der Suche nach ge-eigneten Elektrolyten liegt wohl derwichtigste Grund für den langenWeg, den diese Technologie bis zurMarktreife zurückgelegt hat. Dabeibleibt der Elektrolyt auch heute einKernthema der Brennstoffzellenfor-schung und -entwicklung. NachGroves Entdeckung des Brennstoff-zellenprinzips durch Umkehrungder Wasserelektrolyse in der erstenHälfte des vorigen Jahrhunderts un-tersuchte man erst gut 100 Jahrespäter wieder Brennstoffzellen. Die-se Arbeiten sind – ohne Anspruchauf Vollständigkeit – verbunden mitNamen wie Gerischer, Sandstede,Kordesch, Vielstich, Liebhafsky,Niedrach, Justi und Winsel. Bei derLektüre einschlägiger Werke [1]wird deutlich, welche ungeheurenLeistungen (einschließlich dem Bauvon Versuchsfahrzeugen) damalsschon vollbracht wurden, und dass

Brennstoffzellen inzwischen minde-stens ihren zweiten Frühling erle-ben.

Alkali-BrennstoffzellenBei Brennstoffzellen auf alkali-

scher Basis (KOH-Elektrolyt) voll-brachte vor allem Bacon Pionierlei-stungen. Nach Versuchen mit Io-nenaustauschmembranen (GeneralElectrics) in den ersten Raumfahrt-projekten der 60er Jahre (Gemini)griff man u. a. aufgrund der be-grenzten Lebensdauer dieser frühenMembranen zurück auf BaconsTechnologie der alkalischen Brenn-stoffzelle [2]. Nach Weiterentwick-lung durch Pratt and Whitney hieltdie Alkaline Fuel Cell (AFC) ihrenEinzug in die Raumfahrt mit Ein-sätzen bei den Apollo-Raumfahr-zeugen [2]. Auch der Space Shuttleverwendet weiterhin diesen Typ derBrennstoffzelle. Der Raketentreib-stoff Wasserstoff und Sauerstoff, dieVibrationsfreiheit und die Trinkbar-keit des Reaktionsprodukts warenhier ausschlaggebend – wobei dieKosten in den Hintergrund traten.

In Großbritannien verwenden ei-nige Londoner Taxis seit 1998 einekleine, wasserstoffbetriebene AFC(ca. 5 kW) zum Nachladen einesBatterieantriebs. Hauptproblem derAFC in Automobilantrieben ist je-doch die Vergiftung des Elektro-lyten durch Carbonate, die durch

Brennstoffzellen – Motoren der Zukunft?Brennstoffzellen vermeiden Umweltverschmutzung vor Ort – in der Gesamtbilanzhaben sie das Potenzial zur saubersten Energiequelle

Gregor Hoogers

Physikalische Blätter56 (2000) Nr. 50031-9279/00/0505-53$17.50+50/0© WILEY-VCH Verlag GmbH,D-69451 Weinheim, 2000

Abb. 1:Zwei Brennstoffzellenbusse (Prototypen) der Firma Ballard Po-wer Systems für den Testbetrieb in Chicago. Der Dachbereichdieser Busse bietet ausreichend Raum für Wasserstoff in Druck-flaschen. In Verbindung mit dem Brennstoffzellenantrieb ver-leiht dieses Konzept den Bussen vergleichbare Leistungsdatenund gleiches Platzangebot wie ein Dieselantrieb. Einziges Ab-gas: reines Wasser (Foto: Ballard Power Systems).

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CO2 beim Betrieb mit Luft stattSauerstoff an der Kathodenseite,aber viel erheblicher beim Einsatzvon reformiertem Wasserstoff ausKohlenwasserstoffen an der Anodeeintritt. Daher wird sich der Einsatzder AFC in den nächsten Jahren al-lenfalls auf solche Anwendungenbeschränken, die bequem auf reins-ten Wasserstoff zurückgreifen kön-nen, also z. B. Gepäckfahrzeuge aufFlughäfen, Gabelstapler und Busse.

Membran-Brennstoffzellen Für den Antrieb von Pkws ist

Wasserstoff in Druckflaschen weni-ger geeignet, zum einen wegen desRaumbedarfs, zum anderen wegender fehlenden Infrastruktur für dieBetankung. Daher ist man dazuübergegangen, aus Kohlenwasser-stoffen und Alkoholen (vor allemMethanol) ein wasserstoffreichesReformat zu erzeugen („Reformie-rung“). Großtechnisch wird Wasser-stoff aus der Dampfreformierungvon Erdgas gewonnen. Für Kraft-fahrzeuge bietet sich vor allem flüs-siges Methanol wegen seiner leich-ten Reformierbarkeit an. Als Brenn-stoffzelle verwendet man die sogenannte Membran-Brennstoffzelle(Proton Exchange Membrane FuelCell, PEMFC), deren Aufbau inAbb. 2 gezeigt ist. Herzstück ist diesog. Membran-Elektroden-Einheit(Membrane Electrode Assembly,MEA), die in einer dünnen Schichtvon einigen Zehntel Millimeternbereits alle Komponenten einerBrennstoffzelle enthält: Anode undKathode, die aus dünnen Edelme-tallkatalysatoren auf porösen Sub-stratschichten bestehen, sowie denElektrolyten, der hier als protonen-leitende Membran realisiert ist.Diese kompakte Einzelzelle lässtsich nun leicht zu Brennstoffzellen-Stapeln („Stacks“) verarbeiten, indenen die Betriebsgase über wenigeMillimeter dünne Gasverteilerplat-ten, z. B. über eingefräste Kanäle,den beiden Elektroden zugeführtwerden.

Der größte Vorteil der Membran-Brennstoffzelle liegt darin, dass sievon allen Typen die höchste Leis-tungsdichte erreicht (über 1kW/Liter), was sie derzeit als einzigeBrennstoffzelle für den Antrieb vonPersonenkraftwagen qualifiziert.Die von DaimlerChrysler und Toyo-ta 1997 vorgestellten Brennstoff-zellen-Pkw fuhren mit einer Mem-bran-Brennstoffzelle. Fast alle nam-haften Automobilfirmen haben sichinzwischen dem Vorreiter Daimler-Chrysler in der ehrgeizigen Zielset-zung angeschlossen, Brennstoffzel-lenfahrzeuge noch vor 2005 in Se-rie zu produzieren. Der dritte derBig Three der amerikanischen Au-tomobilindustrie, General Motors,gründete hierzu eigens das GlobalAlternative Propulsion Center(GAPC) u. a. mit einer Arbeitsgrup-pe in Mainz-Kastel. Es ist damit zurechnen, dass die Membran-Brenn-stoffzelle durch ihren Kostenvorteil– als Folge der zu erwartendenMassenproduktion – die AFC weit-gehend verdrängen wird.

Ein der Leistungssteigerung derStacks vergleichbarer, aber wenigersichtbarer Fortschritt hat sich beider Entwicklung der MEA-Elektro-den vollzogen. So konnte der Ver-brauch von Platin für die beidenElektroden durch enge Zusammen-arbeit der Firmen Ballard und John-son Matthey bei gesteigerter Leis-tung um mehr als eine Größenord-nung gesenkt werden [3]. Mit denneuartigen Elektroden wurdenStacks mit einer Lebensdauer vonmehreren Tausend Stunden betrie-ben, sowohl im Betrieb mit Wasser-stoff als auch mit Reformergas [3].

Methanol-BrennstoffzellenEine besondere Bauform der

Membran-Brennstoffzelle wird mitMethanol anstelle von Wasserstoffbetrieben (Direct Methanol FuelCell – DMFC). Die Aktivität derBrennstoffzellen-Anode für die Oxi-dation von Methanol ist leider vielgeringer als bei Wasserstoff. Außer-dem entstehen bei diesem Typ zu-sätzliche Verluste durch den Trans-fer von Methanol zur Kathode. Da-her liegen die derzeit mit dieserTechnologie erreichten Leistungs-dichten nur bei ca. einem Viertelder gewöhnlichen Zellen [4]. Aller-dings entfällt hier das Problem derWasserstofferzeugung, weshalbdie DMFC vor allem für Kleinsyste-me im Leistungsbereich unter 1 kWinteressant ist, zum Beispiel für denBetrieb von Laptops. Unter ande-

Tabelle 1: Die verschiedenen Brennstoffzellentypen (BZ) und ihre Anwendungen

Zelltyp Elektrolyt Betriebs- Brennstoff (geplante) temperatur [°C] Anwendung

Solid Oxide Y2O3 500 – 1000 (reformiertes) CH4 BlockheizkraftwerkeFuel Cell (SOFC) stabilisiertes ZrO2 (BHKW) für Haushalte,Oxidkeramische BZ Großkraftwerke, Strom-

versorgung für PKW

Molten Carbonate Li2CO3/K2C 600 – 700 (reformiertes) CH4 GroßkraftwerkeFuel Cell (MCFC) O3

Schmelzkarbonat BZ

Phosphoric Acid H3PO4 190 – 210 reformiertes CH4, BHKW im 100 kW- Fuel Cell (PAFC) (2 % CO) BereichPhosphorsaure BZ

Alkaline Fuel KOH 60 – 130 reiner H2 Spezialanwendungen Cell (AFC) (Raumfahrt usw.)Alkalische BZ

Proton Exchange Ionenaustausch- 60 – 100 reiner H2 oder KFZ-Antrieb, tragbareMembrane Fuel Cell membran reformiert aus CH3OH, Kleingeräte, BHKW für(PEMFC) (z. B. Nafion) CH4, Benzin, Diesel Haushalte, Stromver-Membran BZ (< 10 ppm CO) sorgung für PKW

Direct Methanol Ionenaustausch- 60 – 100 CH3OH tragbare Kleingeräte,Fuel Cell (DMFC) membran BHKW für Haushalte?Methanol BZ (z. B. Nafion) Stromversorgung für

PKW?

Abb. 2:Eine Membran-Brennstoffzelle kombiniert Anode, Kathode undMembranelektrolyt in einer sehr kompakten Membran-Elektro-de-Einheit (engl. MEA). Diese Einheit erzeugt pro Quadratzen-timeter eine Leistung von bis zu einem Watt. Gasverteilerplat-ten auf beiden Seiten versorgen die MEA über Kanäle mitWasserstoff (Anode) bzw. Luft (Kathode). Die Einzelzelle istmodular und kann leicht zu einem Brennstoffzellen-Stapel(„Stack“, links) kombiniert werden, wobei sich die Einzelspan-nungen zur gewünschten Betriebsspannung addieren (ca. 0,5 Vpro Zelle).

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rem wegen ihres hohen Edelmetall-bedarfs ist die DMFC für den Auto-mobilsektor jedoch auf absehbareZeit zu teuer.

Brennstoffzellen mit höherenBetriebstemperaturenDie phosphorsaure Brennstoff-

zelle (PAFC) erzielte in den vergan-genen Jahren erste kommerzielleErfolge. Mit ihrer höheren Betriebs-temperatur um 200° C, aber gerin-gen Leistungsdichte eignet sich die-se Brennstoffzelle gut für stationäreAnwendungen mit Kraft-Wärme-Kopplung. Ihr elektrischer Wir-kungsgrad ist mit etwa 40 % jedochzu gering für die reine Stromerzeu-gung. Die Firma ONSI hat inzwi-schen einige hundert Blockheiz-kraftwerke mit 200 kW Leistung in-stalliert. Ein Vorteil der PAFC istihre Toleranz von ca. 1 % CO undvon CO2 im Brennstoffgemisch.Aufgrund der höheren Betriebstem-peratur eignen sie sich jedochschlechter für den Teillastbetrieb[5].

Hochtemperatur-Brennstoffzel-len verwenden geschmolzene Kar-bonate (Schmelzkarbonat-BZ,MCFC) oder Oxidkeramiken (oxid-keramische BZ, SOFC) als Elektro-lyten (vgl. hierzu [6]). Wegen ihreshohen elektrischen Wirkungsgradeskönnen diese Brennstoffzellen mitkonventionellen Kraftwerken fürdie reine Stromerzeugung konkur-rieren. Außerdem ermöglicht ihrehohe Betriebstemperatur von 650bzw. 1000 °C eine direkte Verwen-dung von Erdgas als Brennstoff (in-terne Reformierung).

Anwendungen: Laptops,Autos und KraftwerkeDer potenzielle Markt für Brenn-

stoffzellen mit Leistungen bis ca. 1kW ist stark zersplittert. Die ameri-kanische Firma H-Power entwickel-te Stromversorgungen für mobileLichtzeichenanlagen für denStraßenverkehr. H-Power arbeitethier sowohl mit Wasserstoff ausDruckflaschen als auch mit Ammo-niak-Reformern, die die Wartungs-

intervalle von Anlagen in abgelege-nen Regionen im Vergleich zu Bat-terie- und Photovoltaiksystemendrastisch verlängern. Interessant istdieser Markt weniger wegen seinerGröße als wegen seiner „Kostento-

leranz“: Die geringen Stückkostenlassen einigen Spielraum, um mitverschiedenen Prototypen Erfah-rung zu sammeln, und ermöglicheneine allmähliche Markteinführungder Brennstoffzellen. Es gab in denvergangenen Jahren außerdem In-teresse bei Firmen wie Honda, klei-ne Brennstoffzellen in tragbarenGeneratoren einzusetzen. Hierkönnte man eventuell mit kleinenDruckflaschen, mit Metallhydrid-speichern oder mit sehr kompaktenReformern arbeiten. Methanol-brennstoffzellen mit einer Leistungvon wenigen Watt sind interessantfür die Versorgung von Laptops(Fraunhofer Institut für SolareEnergiesysteme, Freiburg) und Mo-biltelefonen (ERD, Motorola). Zielist hier eine Verlängerung der Be-triebsdauer, allerdings in direkterKonkurrenz zu neuen Batteriesyste-men. Es ist fraglich, ob es auf die-sem Sektor gelingen wird, inner-halb der nächsten Jahre das Kosten-Nutzen-Verhältnis zugunsten derBrennstoffzelle zu verschieben.

AutomobilsektorDie derzeit faszinierendsten An-

wendungen der Brennstoffzellen-technologie kommen sicherlich ausdem Automobilbereich. Die rasanteEntwicklung in den letzten zehnJahren ist vor allem zwei Faktorenzu verdanken: der Verfügbarkeitlangzeitstabiler Ionenaustausch-

Abb. 3:Brennstoffzellen-Stapel für den Automobilsektor von Ballard.Die elektrische Gesamtleistung der Stacks wurde in den letztenJahren dramatisch gesteigert (5 kW – 10 kW – 28 kW – 50 kW).Die Leistungsdichte der Stacks hat sich von ca. 100 W pro Liter(1990, links) auf über 1100 W pro Liter erhöht (Foto: BallardPower Systems).

Das Funktionsprinzip der Brennstoff-zelle ist älter als das unserer heutigenVerbrennungskraftmaschinen. Sir Wil-liam Grove erkannte schon 1839, dasssich die heute allgemein aus demSchulunterricht bekannte Elektrolysevon Wasser mithilfe von Platinelektro-den auch umkehren lässt, wobei in ei-ner kontrollierten elektrochemischenReaktion Wasserstoff und Sauerstoffzu Wasser reagieren, sobald ein elek-trischer Kontakt zwischen den beidenElektroden hergestellt wird (Abb. i).Die Reaktionsrate ist hierbei propor-tional zur Stromstärke. Mit anderenWorten, der Umsatz der Reaktandenhängt vom elektrischen Widerstandzwischen den Polen ab. Ein Stromfließt, da sich an den Elektroden einelektrochemisches Potential einstellt,theoretisch ca. 1,2 V an der Kathode(Luft bzw. Sauerstoffseite) und 0 V ander Anode (Wasserstoffelektrode), ent-sprechend den beiden Halbreaktionen

O2 + 4H+ + 4e– → 2H2O (E0 = 1,23 V)

und

H2 → 2H+ + 2e– (E0 = 0 V)

Bei Stromentnahme fällt die Span-nung zwischen den beiden Elektrodenab. Hierin äußert sich die Aktivie-rungsenergie vor allem der Kathoden-reaktion, die zu einem sog. Überpoten-tial führt, das der nutzbaren Zellspan-nung verloren geht. Da die Umsatzratedes Brennstoffs nur von der Stromstär-ke abhängt, kann die Effizienz derBrennstoffzelle unmittelbar an derZellspannung abgelesen werden: D. h.,wenn die Spannung auf ca. 0,6 V fällt,

beträgt der Wirkungsgrad 50 %.Die Effizienz einer Brennstoffzelle

hängt unter anderem von der aktivenMetalloberfläche des Katalysatormate-rials ab. Die Kathode arbeitet also umso effizienter, je mehr Katalysator vor-handen ist (teuer), je besser er ausge-nutzt wird (hohe Dispersion, optimier-te Elektrodenstruktur) und je höherdie intrinsische Austauschstromdichtedes Katalysatormetalls ist (Katalysa-torforschung). Trotz intensiver For-schung sind Platin und seine Legierun-gen bis heute die aktivsten Katalysato-ren [14].

Funktionsprinzip der Brennstoffzelle

Abb. i:Wasserstoffgas diffundiert an der Anodezur aktiven Elektrodenschicht, wo einEdelmetall-Katalysator Wasserstoff in Pro-tonen (H+) und Elektronen zerlegt. DieProtonen gelangen durch die Membran zurKathode, während die Elektronen durchden externen Stromkreis fließen. An derKathode reagiert Luftsauerstoff mit Proto-nen und Elektronen zu Wasser. Auch hierwird die Reaktion von einem Edelmetall (i. d. R. Platin) katalysiert.

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membranen aus der Chloralkali-Elektrolyse (Nafion, DuPont) undden technischen Fortschritten derkanadischen TechnologiefirmaBallard Power Systems und ihrerPartner. Abbildung 3 zeigt anschau-lich die erzielte Leistungssteigerungvom Ende der achtziger Jahre bisheute. Der gezeigte 25 kW-Stack ist

eine Gemeinschaftsentwicklung vonBallard und – damals noch – Daim-ler Benz. Die 1997 gebildete Allianzzwischen Ballard, DaimlerChryslerund – etwas später – Ford rückteden Brennstoffzellen-PKW in denBereich des Machbaren. Diese Zu-sammenarbeit umfasst weiterhin dieneu gegründeten Firmen dbb fuelcell engines GmbH (seit Februar2000: Xcellsis) für die Brennstoff-zellen-Systementwicklung, Ecostarfür elektrische Antriebe und BallardAutomotive als Vermarktungsorga-nisation. Aus dieser Zusammenar-beit geht der nächste Prototyp NE-CAR 5 hervor, der voraussichtlichin diesem Jahr präsentiert wird.

Wasserstoffbetriebene Stadtbussewaren 1995 die ersten Fahrzeuge impraktischen Einsatz. Busse bietensich gleich aus mehreren Gründenan: Im Dachbereich ist ausreichendRaum für Wasserstoff aus Druckfla-schen vorhanden. Die Kosten desBusantriebs sind neben den Be-triebs- und Personalkosten wenigererheblich. Außerdem sind solcheBusse abends im Depot leicht zen-tral mit Wasserstoff aufzutankenund ermöglichen umweltbewusstenStadtvätern einen aktiven Beitragzum Umweltschutz. Es ist dahernicht verwunderlich, dass hierin derEinstieg ins Zeitalter der mobilenBrennstoffzelle gesehen wird undBallard Automotive aktiv Partner-schaften mit Busherstellern sucht.Der von DaimlerChrysler und Evo-Bus gebaute NEBUS besitzt inzwi-schen die TÜV-Zulassung. Die

Proton Motor GmbH arbeitet inDeutschland ebenfalls an BZ-Bus-sen.

Bei Personenkraftwagen ist nochoffen, ob das erste Serienauto mitMethanol oder mit reinem Wasser-stoff fahren wird. Sehr erfolgreichhaben die Firmen DaimlerChryslerbzw. dbb in den vergangenen Jah-ren eine ganze Serie von „NE-CAR“-Fahrzeugen mit Brennstoff-zellenantrieb vorgestellt. Die Prä-sentation des NECAR 3 war 1997insofern ein Meilenstein, als im Ge-gensatz zu früheren TestfahrzeugenNECAR 3 mit Wasserstoff aus ei-nem Methanolreformer angetriebenwird. Hierdurch wurde das Wasser-stoff-Speicherproblem entschärft –NECAR 3 fährt mit einer Tankfül-lung von 40 l Methanol 400 kmweit (Abb. 4). Die Energiedichtevon Methanol ist halb so hoch wiedie von Benzin oder Diesel, alsodurchaus mit der heutigen Kraft-stoffversorgung vergleichbar. DieEnergiedichte von flüssigem Was-serstoff ist nur ein Viertel so hochwie die der konventionellen Kraft-stoffe. Wie DaimlerChrysler 1999demonstrierte, reicht das jedochaus, um einen Kleinwagen der A-Klasse mit gleichem Platzangebotwie ein herkömmliches Fahrzeugmit reinem Wasserstoff anzutreiben.NECAR 4 wird derzeit u. a. inMünchen getestet, wo BMW bereitsvor einigen Jahren eine vollautoma-tische Wasserstofftankstelle instal-liert hat.

Stationäre SystemeHeizkessel fristen gegenüber

schmucken neuen Automobilen einSchattendasein. Das bedeutet abernicht, dass der kommerzielle Ein-satz von Brennstoffzellen in derstationären Energieerzeugung wirt-schaftlich und umweltpolitisch we-niger attraktiv ist. Derzeit habenstationäre Anwendungen außerdemerhebliche Kosten- und Systemvor-teile.

Man sollte zunächst zwischenreiner Stromerzeugung in Groß-anlagen (viele MW), Kraft-Wärme-Kopplung in Blockheizkraftwerkenund Kleinanwendungen unterschei-den. Bei Großkraftwerken kann inder Regel die anfallende Wärmenicht sinnvoll genutzt werden. Sol-che Kraftwerke müssen sich alsomit den besten derzeit verfügbarenkonventionellen Kraftwerken (Gas-turbinen erreichen Wirkungsgradevon über 60 %) messen lassen. Nurdie oxidkeramische Brennstoffzelle

und die Schmelzkarbonat-Brenn-stoffzelle erreichen Systemwir-kungsgrade (Wirkungsgrad des Ge-samtsystems im Gegensatz zurBrennstoffzelle allein) im Bereichvon über 60 %. Außerdem erlaubendie hohen Betriebstemperaturendieser Brennstoffzellen teilweiseden unmittelbaren Einsatz von Erd-gas, die sog. interne Reformierung.Mit Gasturbinen gekoppelte Syste-me könnten sogar noch höhereWirkungsgrade erreichen.

Der höchste Systemwirkungsgradder phosphorsauren Brennstoffzelleliegt bei ca. 42 %. Daher werdensolche Anlagen, wie auch neuer-dings die Membranbrennstoffzelle,in der Größenordnung von einigen100 kW gebaut und als Blockheiz-kraftwerke (BHKW) betrieben, je-doch nicht als Großkraftwerke. Miteinigen hundert installierten Anla-gen der Firma ONSI verfügt manhier bereits über erhebliche Be-triebserfahrung. 1999 wurde ein250 kW-BHKW mit Membran-brennstoffzellen in Berlin instal-liert. Ballard Generation Systems,ein Konsortium der Firmen Ballard,Alstom und GPU, hat bei PEMFC-Systemen die Vorreiterrolle über-nommen.

Bei den Mini-Blockheizkraftwer-ken für Ein- und Mehrfamilienhäu-ser (bis ca. 20 kW) gibt es geogra-fisch bedingt unterschiedlicheMärkte. In Ländern mit geringerBesiedlungsdichte ist der Aufwandfür den Netzanschluss mancherVerbraucher so hoch, dass eine de-zentrale Lösung kostengünstiger ist.Das gilt sowohl für die Anschluss-kosten als auch für die Leitungsver-luste. Firmen wie Plug Power,Northwest Power Systems undAmerican Fuel Cell Corp. gehen da-von aus, dass Energieerzeuger ihrenKunden solche dezentralen Lösun-gen anbieten, indem sie die Instal-lation von Minikraftwerken auf derBasis von Erd- oder Flüssiggasübernehmen und anschließend denerzeugten Strom vor Ort verkaufen.

Etwas anders gelagert ist der An-satz in Europa. Hier versprechenMini-Blockheizkraftwerke eine bes-sere Ausnutzung der Primärenergie,in der Regel Erdgas. Gerade fürkleinste Versorgungseinheiten wiemoderne Einfamilienhäuser ist hierein hoher Stromanteil an der Ge-samtleistung wichtig. Hierdurchhaben Brennstoffzellensysteme ge-genüber Motor-Blockheizkraftwer-ken einen natürlichen Vorteil.Außerdem erhofft man sich von

Abb. 4:Dieser von DaimlerChrysler 1997 vorgestellte Prototyp erzeugtim Fahrzeug Wasserstoff aus Methanol. Der 50 kW Brennstoff-zellenantrieb erzielt mit einer Betankung von 40 Litern Metha-nol eine Reichweite von 400 km (Foto: DaimlerChrysler)

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Brennstoffzellensystemen, die nurwenige bewegliche Komponentenenthalten, einen verringerten War-tungsaufwand gegenüber Motor-BHKWs.

In Deutschland will die FirmaVaillant – in Partnerschaft mit PlugPower – dieses System in den kom-menden zwei Jahren entwickelnund vermarkten. Während das Vail-lant-System auf einer Membran-brennstoffzelle mit vorgeschaltetemReformer (und zusätzlichem klei-nen Brenner für die Wärmeerzeu-gung) beruht (Abb. 5), entwickeltdie Firma Sulzer Hexis (Schweiz)Systeme auf der Basis der oxidkera-mischen Brennstoffzelle [7]. Das er-leichtert einerseits den Betrieb mitErdgas. Andererseits erlauben diehohen Temperaturen eine gute Wär-meauskopplung im Gegensatz zuden bei nur etwa 80° C arbeitendenPEM-Systemen. Eine große techno-logische Herausforderung stellenhingegen die nicht unerheblichenWerkstoffprobleme bei den zu meis-ternden Temperaturen und Last-zyklen dar.

Wie umweltschonend sindBrennstoffzellen?In vielen Veröffentlichungen

zum Thema, vor allem in der breite-ren Medienlandschaft, findet manimmer wieder abenteuerliche Vor-stellungen von den Segnungen die-ser Technologie. Überschriften wie„Wonder car runs on water“ undÄhnliches sind hier nicht selten.Auch hört man häufiger den Kom-mentar, dass mit dem TreibstoffWasserstoff dann ja alle Problemeder fossilen Energieversorgunggelöst seien. Eine Einschätzung despositiven Einflusses von Brennstoff-zellen auf die Umwelt erfordert in-dessen eine differenziertere Be-trachtung. Welche Umweltproblemebeabsichtigt man zu lösen? Trieb-feder für die Entwicklungstätigkeitder letzten Jahre war zunächst dieVermeidung lokaler Emissionen imStraßenverkehr, also Stoffen wieCO, NOx, SOx, Kohlenwasserstof-fen und Partikeln. Die Brennstoff-zelle mit Reformersystem arbeitethier nach neueren Studien um einVielfaches sauberer, als es die Euro-Norm vorschreibt [8]. Die wasser-stoffgetriebene Brennstoffzelle istsogar ein echtes zero emissionvehicle.

Kleiner Vorsprung bei der CO2-ReduktionEin weiteres wichtiges Ziel des

Umweltschutzes ist die Reduktionvon CO2-Emissionen. Grob gespro-chen erreicht man dieses Ziel durchdie Steigerung des Wirkungsgradesvon Energiewandlungssystemen –unter Berücksichtigung aller Fakto-ren „von der Quelle zum Rad“. Mit

anderen Worten, der Energieauf-wand für Produktion und Vertei-lung des Kraftstoffes wird der Kilo-meterleistung des Fahrzeugs ge-genübergestellt. Die obige Studie[8], aber auch z. B. Arbeiten derGruppe von Höhlein [9] zeigen hiereinen (kleinen) Vorsprung desmethanolgetriebenen Brennstoffzel-lenfahrzeugs mit Reformer vor derderzeit eingesetzten Verbrennungs-technologie. Vor allem am hohenAufwand für eine komplette Er-neuerung der Fahrzeugtechnik, mitdem diese Fortschritte erkauft wer-den, macht sich die jüngste Kritikdes Umwelt-Bundesamtes fest [10].

Ein mit flüssigem Wasserstoff be-triebenes Brennstoffzellenfahrzeugist sicherlich aufgrund seiner hohenReichweite besser geeignet als einBatteriefahrzeug, um als ZEV in ur-banen Zentren die lokale Luftver-schmutzung zu bekämpfen. In ähn-licher Weise wie bei Batteriefahr-zeugen werden aber auch hier dieEmissionen vor allem verlagert. Derfür die Verflüssigung von Wasser-stoff erforderliche Energieaufwandbeträgt rund 30 % des gesamtenEnergiegehalts – neben einer Ab-

dampfrate von 1 % pro Tag. UnterEinbeziehung der gesamten Ener-giekette Erdgas, Wasserstoff, elek-trische und mechanische Energiesieht die Gesamtenergiebilanz allesin allem nicht besser aus als bei ei-nem fortschrittlichen konventionel-len Antrieb, also für die CO2-Bilanzetwa gleich, für NOx und SOx bes-ser.

Für eine umweltschonendeBrennstofftechnologie muss man ei-nerseits Wege finden, Wasserstoff inausreichenden Mengen nicht-fossil,d. h. CO2-neutral zu erzeugen. Zumanderen wären bessere Speicherme-thoden willkommen. Trotz zunächstübersteigerter Erwartungen ist dieSpeicherung von Wasserstoff inKohlenstofffibrillen weiterhin einaktuelles Forschungsthema. Hier-durch ließen sich vielleicht Energie-bilanz und Raumbedarf für dieSpeicherung von Wasserstoff nocherheblich verbessern.

Bleibt also zunächst die Verwen-dung von Methanol in Verbindungmit einem Kraftstoffreformer. Na-türlich gibt es derzeit ebenso wenigeine Methanol- wie eine Wasser-stoffinfrastruktur. Die Frage, obman nicht doch lieber einen Ben-zinreformer einsetzen sollte, wirddaher immer noch kontrovers dis-kutiert, und auf absehbare Zeitwerden sicherlich beide Wege ver-folgt. Fürsprecher von Benzin fin-den sich erwartungsgemäß vorallem in der petrochemischen Indu-strie. DaimlerChrysler setzt zwar inder nahen Zukunft auf Methanol,

Abb. 5:Konzept eines Brennstoffzellen-Heiz-geräts der Firma Vaillant (links). Das Sy-stem soll Strom und Wärme im Koppel-prozess mit einem Gesamtwirkungsgradvon über 80 % erreichen (elektrischerWirkungsgrad: 35–40 %). Die Brennstoff-zelle kann den größten Teil des Wärme-

und Strombedarfs decken. Ein Gerät der Firma Sulzer Hexis mit ca.1 kW elektrischer Leistung wird bereitsin Wohnhäusern getestet. Das rechte Fo-to zeigt den Prototyp dieses Heizgerätesmit Hochtemperatur-Brennstoffzelle fürden Haushalt.

Physikalische Blätter56 (2000) Nr. 558

Industrie undWirtschaft

hält sich aber die in einer Kollabo-ration mit Shell Hydrogen (bis En-de Februar 2000) entwickelte Re-former-Technologie für konventio-nelle Kraftstoffe [11] als Optionoffen.

Im stationären Einsatzbereich istdie Situation einfacher. Effizienz-steigerungen bei Großkraftwerkensind möglich durch Einsatz vonHochtemperatur-Brennstoffzellen,ggf. in Kombination mit konventio-nellen Techniken wie Gasturbinen.Weiterhin ist der Ausbau der dezen-tralen Energieversorgung unter Ein-satz von Kraft-Wärme-Kopplungder reinen Stromerzeugung unterdem Gesichtspunkt der Primärener-gienutzung prinzipiell überlegen.Sowohl PAFC wie PEMFC als auchSOFC-Systeme werden hier zurzeitfavorisiert, letztere beiden auch inkleinen Anlagen für private Wohn-häuser. Größter Vorteil ist derhöhere Stromanteil dieser Brenn-stoffzellensysteme. Schließlich istdie Brennstoffzelle auch bei reinerStromerzeugung im Inselbetrieb in-teressant, wenn damit die Netzver-luste und der Aufwand der Netzin-stallation aufgewogen werden. Beistationären Anwendungen wirdmeist Erdgas als Brennstoff einge-setzt. Seit kurzem gibt es in Kölneine PAFC-Anlage, die aus KlärgasStrom und Prozesswärme erzeugt[12]. Die Verwendung von Biogasmacht solche Systeme nicht nur re-generativ, sondern vermeidet zu-dem Methanemissionen aus derVergärung biologischer Abfälle, diemit für den Treibhauseffekt verant-wortlich sind.

Reversible ZellenEin noch wenig beachteter Bei-

trag der Brennstoffzellentechnolo-gie zur umweltfreundlichen Ener-gieversorgung ist die mögliche Nut-zung hocheffizienter reversiblerBrennstoffzellen, die bei Über-schuss elektrische Energie inBrennstoff umwandeln können, derdann wieder als gespeicherte che-mische Energie zur Verfügung steht.Als mittlerer bis großer Energie-speicher könnten solche Systemewichtiger Bestandteil der regenera-tiven Energieerzeugung werden,wenn die Kapazitätsgrenze von Bat-terien überschritten wird. Bis aufdie Biomasse und die Wasserkraftist die Energieerzeugung auf rege-nerativer Basis oftmals zu unzuver-lässig, um sinnvoll in bestehendeInfrastrukturen integriert zu wer-den. In Kombination mit reversi-

blen Zellen könnten Inselsystemeoder netzgekoppelte Solar- oderWindanlagen dem tatsächlichen Be-darf angepasst werden und vielkontinuierlicher und zuverlässigerStrom liefern. Neuere Überlegun-gen gehen inzwischen über die teu-re und ineffiziente Kombinationvon Brennstoffzelle und Elektrolysehinaus und favorisieren flüssigeElektrolyte [13].

Ausblick: Neue Membra-nen, bessere KatalysatorenEs ist inzwischen abzusehen,

dass Brennstoffzellen in den kom-menden Jahren ein kommerziellerErfolg werden. Was hier zu tunbleibt, ist zunächst die Vermarktungweniger kostensensitiver Kleinsy-steme (z. B. portabler Systeme),umweltfreundlicher Wasserstoffbus-se und kleiner Blockheizkraftwer-ke. Kleinsysteme sind heute bereitswirtschaftlich produzierbar, beiBussen und Mini-BHKWs sindnoch einige technische Hindernissezu überwinden.

Personenkraftwagen sind zurzeitnoch zu kostspielig, werden abervon den Erfolgen der anderen An-wendungen profitieren können.Wichtig ist hier vor allem die kon-sequente Effizienzsteigerung derGesamtsysteme durch weitere Opti-mierung der Brennstoffzelle, aberauch des Reformers, des elektri-schen Wandlers und des Antriebs,da starke Konkurrenz von sparsa-meren Diesel- und Benzinmotoren(GDI – Direkteinspritzer) zu er-warten ist. Bei den lokalen Schad-stoffemissionen werden Brennstoff-zellenfahrzeuge auch weiterhin ei-nen großen Vorsprung behalten, daeine effiziente Schadstoffreinigungbei Motoren mit magerer Verbren-nung sehr aufwändig ist.

Das größte Potenzial zur Kosten-senkung von Brennstoffzellensyste-men liegt bei der Brennstoffzelleselbst. Weitere Leistungssteigerungder MEA ist hier vorrangig, damehr Leistung pro Zelle den Bedarfan anderen Komponenten wie Gas-verteilerplatten usw. drastisch ver-ringert. Ein wichtiges Ziel ist hierdie Entwicklung neuer Membranen,die bei etwas höheren Temperatu-ren und ohne Befeuchtung arbeitenkönnen. Hierdurch würde die Ver-wendung von Reformerwasserstoffeinfacher (höherer CO-Gehalt),und im Falle von Methanolbrenn-stoffzellen könnte die Aktivität derAnode gesteigert werden. Auch dieKatalysatoren bieten ein weites

Betätigungsfeld, z. B. um die CO-und CO2-Toleranz der Anode zuverbessern. Schließlich müssen dieMaterialkosten (z. B. der Substrate)und die Produktionskosten noch er-heblich gesenkt werden. Wirkliche,unüberwindliche Hürden sind hierjedoch nicht in Sicht.

*Ich danke meinen Mitarbeitern

am Umwelt-Campus, meinen ehe-maligen Kollegen im Johnson Mat-they Technology Centre sowie allen,die Informationen zu dieser Über-sicht beigetragen haben.

Literatur[1] W. Vielstich, Brennstoffele-

mente, Verlag Chemie, 1965;H. A. Liebhafsky und E. J.Cairns, Fuel Cells and FuelBatteries, John Wiley & Sons1967

[2] M. Warshay und P. R. Proko-pius, J. Power Sources 29,193 (1990)

[3] T. R. Ralph et al., J. Electro-chem. Soc. 144 (1997) 3845

[4] M. Baldauf et al., in: Procee-dings of the 195th Meeting ofthe Electrochemical Society,Seattle 1999 (The Electro-chemical Society, 1999);M. P. Hogarth und G. A.Hards, Platinum Metals Rev.40, 150 (1996)

[5] K. Ledjeff (Hrsg.), Brenn-stoffzellen, C.F. Müller, 1995

[6] F. Aldinger, Phys. Bl.,November 1999, S. 31

[7] M. Schmidt, Fuel Cells Bulle-tin 1, 9 (1998)

[8] D. Hart und G. Hörmandin-ger, Initial assessment of theenvironmental characteristicsof fuel cells and competingtechnologies, Vol. 1,F/02/00111/REP/1 (ETSU,U.K., 1997)

[9] R. Menzer und B. Höhlein, J. Power Sources 71, 294(1998)

[10] Umwelt-Bundesamt (Hrsg.),Technische Optionen zurVerminderung der Verkehrs-belastungen, TEXTE desUBA Nr. 33/99

[11] T. Ewe, Bild der Wissen-schaft, August 1999, S. 30

[12] GEW Köln – vgl. RenewableEnergy World 3, 13 (2000)

[13] B. Davidson et al., Renewa-ble Energy World 3, 84(2000)

[14] G. Hoogers und D. Thomp-sett, CaTTech 3, 106 (1999)