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Buch Indiana Jones bricht in die Wüste Gobi auf, wo der Forscher Starbuck einen brandneuen Dinoknochen entdeckt hatte. In der Äußeren Mongolei muss sich Indy mit Kriegsherren herum- schlagen, die das Land in Aufruhr halten, und stößt auf Stein- zeitmenschen. Schließlich sieht Indy das lebende Gegenstück vom Saurierknochen: einen Triceratops! Autor Max McCoy, preisgekrönter Journalist und Autor mehrerer Ro- mane, lebt in Pittsburg, Kansas Bereits erschienen: Rob MacGregor: Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (9678) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und die Gefiederte Schlange (9722) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Schiff der Götter (9723) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Gold von El Dorado (9725) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Schwert des Dschingis Khan (9726) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das verschwundene Volk (41028) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln (41052) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Erbe von Avalon (41144) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das La- byrinth des Horus (41145) • Rob MacGregor: Indiana Jones und das Orakel von Delphi (42328) • Rob MacGregor: Indiana Jones und der Tanz der Giganten (42329) • Rob MacGregor: Indiana Jones und die Herren der toten Stadt (42330) • Rob MacGregor: Indiana Jones und das Geheimnis der Arche Noah (42824) • Rob MacGregor: Indiana Jones und das Vermächtnis des Einhorns (43052) • Rob MacGregor: Indiana Jones und die Macht aus dem Dunkel (43162) • Martin Caidin: Indiana Jones und die Hyänen des Himmels (43163) • Martin Caidin: Indiana Jones und die weiße Hexe (43534) • Max McCoy: Indiana Jones und der Stein der Weisen (43535) Indiana-Jones-Sammelbände: Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Schwert des Dschin- gis Khan/Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln (11608) – Rob MacGregor: Indiana Jones und der Tanz der Giganten/Indiana Jones und das Orakel von Delphi (13172) – Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und die Gefiederte Schlan- ge/Indiana Jones und das Gold von El Dorado (13194) Weitere Bände sind in Vorbereitung.

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Buch

Indiana Jones bricht in die Wüste Gobi auf, wo der ForscherStarbuck einen brandneuen Dinoknochen entdeckt hatte. Inder Äußeren Mongolei muss sich Indy mit Kriegsherren herum-schlagen, die das Land in Aufruhr halten, und stößt auf Stein-zeitmenschen. Schließlich sieht Indy das lebende Gegenstück

vom Saurierknochen: einen Triceratops!

Autor

Max McCoy, preisgekrönter Journalist und Autor mehrerer Ro-mane, lebt in Pittsburg, Kansas

Bereits erschienen:

Rob MacGregor: Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (9678) •Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und die Gefiederte Schlange(9722) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Schiff derGötter (9723) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Goldvon El Dorado (9725) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones unddas Schwert des Dschingis Khan (9726) • Wolfgang Hohlbein:Indiana Jones und das verschwundene Volk (41028) • WolfgangHohlbein: Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln(41052) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Erbe vonAvalon (41144) • Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das La-byrinth des Horus (41145) • Rob MacGregor: Indiana Jones unddas Orakel von Delphi (42328) • Rob MacGregor: Indiana Jonesund der Tanz der Giganten (42329) • Rob MacGregor: IndianaJones und die Herren der toten Stadt (42330) • Rob MacGregor:Indiana Jones und das Geheimnis der Arche Noah (42824) • RobMacGregor: Indiana Jones und das Vermächtnis des Einhorns(43052) • Rob MacGregor: Indiana Jones und die Macht aus demDunkel (43162) • Martin Caidin: Indiana Jones und die Hyänendes Himmels (43163) • Martin Caidin: Indiana Jones und dieweiße Hexe (43534) • Max McCoy: Indiana Jones und der Stein

der Weisen (43535)

Indiana-Jones-Sammelbände:

Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und das Schwert des Dschin-gis Khan/Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln(11608) – Rob MacGregor: Indiana Jones und der Tanz derGiganten/Indiana Jones und das Orakel von Delphi (13172) –Wolfgang Hohlbein: Indiana Jones und die Gefiederte Schlan-

ge/Indiana Jones und das Gold von El Dorado (13194)

Weitere Bände sind in Vorbereitung.

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TM

Max McCoy

und dieBrut des Sauriers

Roman

Ins Deutsche übertragenvon Caspar Holz

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Umwelthinweis:Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuches

sind chlorfrei und umweltschonend.Das Papier enthält Recycling-Anteile.

Blanvalet Taschenbücher erscheinen im Goldmann Verlag,einem Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann.

Deutsche Erstveröffentlichung 9/2000wTM & © 1996 by Lucasfilm, Ltd.

All rights reserved. Used under authorization.Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2000

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH

Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigungder Copyright Promotions GmbH, IsmaningUmschlaggestaltung: Design Team München

Umschlagillustration: F. RegösSatz: deutsch-türkischer fotosatz, Berlin

Druck: Elsnerdruck, BerlinVerlagsnummer: 35301

Redaktion: Patricia RosenmüllerV. B. · Herstellung: Peter Papenbrok

Printed in GermanyISBN 3-442-35301-7

1 3 5 7 9 10 8 6 4 2

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel»Indiana Jones and the Dinosaur Eggs«

bei Bantam Books, New York

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Die Mongolei, ein Land voller Geheimnisse,Widersprüche und Verheißungen … das wüs-tenähnliche Hinterland war geradezu mitweißen, fossilen Knochen gepflastert, die alle-samt von uns unbekannten Tieren stammten.Granger hob ein paar Stücke einer fossilenEierschale auf, die seiner Einschätzung nachvon einer längst ausgestorbenen Vogelrassestammten. Damals ahnte noch niemand, dassdies die ersten von Menschen der Neuzeit ent-deckten Dinosauriereier waren …

ROY CHAPMAN ANDREWS

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PROLOG

Das Schloss der Verdammten

Forteresse MalevilMarseille, FrankreichOktober 1933

Die Faust traf Indiana Jones wie ein Vorschlaghammer, ließseine Oberlippe über den Schneidezähnen aufplatzen undrief hinter seinen Augen ein bunt schillerndes Farbenspielhervor. Falls Indy jemals härter geschlagen worden war, sokonnte er sich nicht daran erinnern.

Kraftlos kippte sein Kopf nach hinten gegen die Brust deshünenhaften Franzosen, der ihm die Arme an den Körperpresste. Um ihn herum wurde es dunkel, und Indy befürch-tete, das Bewusstsein zu verlieren. Dann füllte der kupfer-artige Geschmack von Blut seinen Mund, und die Wutweckte noch einmal seine Lebensgeister.

Indy brachte ein blutverschmiertes, schiefes Grinsen zuWege.

»Bei wem hast du Zuschlagen gelernt?«, fragte er. »Beideiner Großmutter?«

Der Mann, der auf ihn einprügelte – das Gegenstück desHünen, der Indys Arme festhielt – sprach kein Wort Eng-lisch, aber den beleidigenden Unterton der Bemerkung be-kam er mit. Er schlug Indy abermals, nur härter und dies-mal in den Magen.

»Schuljungenspötteleien, Dr. Jones? Von einem Mann Ih-

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res Rufes hätte ich etwas mit ein wenig mehr Gehalt erwar-tet. Dabei habe ich so lange darauf gewartet, Sie kennen zulernen.«

René Belloqs gut gelaunte Stimme hallte von den düste-ren Höhlenwänden wider. Der französische Archäologesaß, die Beine übereinander geschlagen, auf einem aufrechtstehenden, gelben Metallkanister, den weißen Hut, seinMarkenzeichen, tief in die Stirn gezogen. Auf einem über-vollen, chaotischen Schreibtisch hinter ihm, unter einernackten, an einem durchgescheuerten Draht von der Deckeherabhängenden Glühbirne, standen eine zur Hälfte geleer-te Flasche des örtlichen Weißweins sowie eine vergesseneKäseplatte. Rings um den Schreibtisch stapelten sich Holz-kisten jeder Art und Größe, die Namen von Bestimmungs-häfen aus aller Welt in Schablonenschrift an den Seiten.

In Belloqs Schoß lag Indys Brieftasche, die er untersuch-te, als wäre sie ein aus dem Sand der Zeit gerettetes Arte-fakt. Indys Rinderpeitsche, sein Revolver und Filzhut lagenzu Belloqs Füßen.

»Ich hatte auf ein erfreulicheres Zusammentreffen ge-hofft«, meinte Belloq. »Für die grobe Behandlung, die Ihnendurch die Gebrüder Daguerre zuteil wurde, möchte ichmich entschuldigen, aber schließlich wusste ich nicht, werSie sind, und in meinem Beruf kann ich es mir nicht erlau-ben, Risiken einzugehen. Ich habe Ihren beruflichen Werde-gang mit einigem Interesse im Herald-Tribune verfolgt, ins-besondere Ihre Heldentaten in Mittel- und Südamerika. Ichhatte sogar bereits davon geträumt, eines Tages mit Ihnenzusammenzuarbeiten, aber dazu ist es ja leider nicht ge-kommen.«

»Und das ist gut so«, fauchte Indy.»Ich fürchte, nein, Dr. Jones«, erwiderte Belloq. »Verra-

ten Sie mir, was Sie hier eigentlich tun? Ich könnte mir vor-stellen, dass Ihre Freundin mit den tizianroten Haaren Siefür ziemlich gerissen hielt, als Sie mir auf der Canebièrevon einem Laden zum nächsten und schließlich heute

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Abend hierher, zur Forteresse Malevil, gefolgt sind. Warumwaren Sie so sehr darauf bedacht, mir auf den Fersen zubleiben, Dr. Jones?«

»Geschäfte«, keuchte Indy.Belloq musste lachen.»Zum Vergnügen jedenfalls ganz sicher nicht«, meinte

er. Belloq summte einige Takte der Marseillaise, nahm In-dys Revolver und schüttelte die Patronen in seine Hand.Die Hülsen steckte er zusammen mit Indys Brieftasche indie Brusttasche seines weißen Jacketts, dann ließ er dieTrommel wieder einrasten.

»Dies ist mein Revier, Dr. Jones, und die gesamte Pro-vence ist mein Reich. Einhundert Augenpaare haben Ihrenamateurhaften Versuch, mich zu beschatten, mitverfolgt,und einhundert Münder haben mich über alle Ihre Bewe-gungen auf dem Laufenden gehalten. Was hatten Sie ge-hofft, mir stehlen zu können?«

Belloq sagte zu den Schlägern etwas auf Französisch, diedaraufhin von ihm abließen. Indy sackte auf die Knie,konnte sich aber fangen, bevor er vollends auf die Steinplat-ten stürzte.

Belloq hielt ihm den Webley hin.Indy nahm den Revolver behutsam entgegen und steck-

te ihn zurück ins Halfter. Dann hob Belloq die Rinderpeit-sche vom Boden auf und ging daran, sie ebenso zu untersu-chen wie zuvor Indys Brieftasche.

»Seltsam, dass Sie eine so altmodische Waffe mit sich he-rumtragen«, meinte Belloq. »Aber irgendwie auch passend,wenn man die Neigung der Amerikaner zu plumpen undbrutalen Dingen bedenkt.«

»Das ist keine Waffe«, widersprach Indy, »sondern einWerkzeug. Es hat sich als nützlich erwiesen.«

»Das kann ich mir vorstellen, Dr. Jones. So wie ich dieGebrüder Daguerre gelegentlich nützlich finde. Diese Ge-schäfte, von denen Sie sprachen«, drängte Belloq. »ErzählenSie mir mehr davon.«

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»Das ist eine lange Geschichte.«»Die Zeit ist knapp«, erwiderte Belloq. »Sie sind in ei-

nem kritischen Augenblick, zur Springflut bei Vollmond,in mein Versteck gestolpert. Beeilen Sie sich, denn meineGäste werden in Kürze eintreffen.«

Indy zog sich in eine sitzende Haltung hoch. Aus ge-schwollenen Augen musterte er den Metallkanister, aufdem Belloq saß. Er war mit einem Totenkopfsymbol ge-kennzeichnet sowie mit einer Aufschrift in deutscher Spra-che, die seinen Inhalt als Nervengas auswies, wie man esim Weltkrieg eingesetzt hatte.

Ein paar Meter von der Stelle entfernt, wo Belloq saß, en-deten die Steinplatten. Die einzelne Glühbirne über demSchreibtisch vermochte das endlose Dunkel dahinter nurunzureichend auszuleuchten, dennoch konnte Indy dasPlätschern von Wellen gegen Stein hören.

»Ich bin gekommen, um Ihnen ein Geschäft vorzuschla-gen«, erklärte Indy und rieb sich das Kinn. »Aus verlässli-cher Quelle weiß ich, dass ein gewisser Gegenstand – eindetailliert gearbeiteter Kristallschädel unbekannten Alters– hier auf dem Schwarzmarkt angeboten wurde. Und derSchwarzmarkt in Antiquitäten, das sind Sie, Belloq. Dasweiß jeder.«

»So scheint es«, sagte Belloq und entbot einen knappenmilitärischen Gruß.

»Wegen dieses Schädels bin ich hier, Belloq. Das Mu-seum wird Ihren Preis bezahlen, ohne irgendwelche Fragenzu stellen.«

»Sie hätten den Schädel, als Sie ihn hatten, nicht mehraus der Hand geben sollen, mein Freund«, erwiderte Belloq.»Von meiner italienischen Kontaktperson, einer reizendenfascista, weiß ich, dass sich der Schädel vorübergehend inIhrem Besitz befand – für kurze Zeit.«

»Nennen Sie mir Ihren Preis.«»Sie sind wohl kaum in der Lage zu verhandeln, Dr. Jo-

nes. Außerdem bezweifle ich, dass Ihr Museum bereit wäre,

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den Gegenwert von zwei Millionen Dollar für ihn zu be-zahlen.«

»Über diese Summen verfügt kein Mensch.«»Manche doch, fürchte ich. Ich habe einen überaus ein-

flussreichen Käufer an der Hand.«»Kein Museum der Welt würde auch nur die Hälfte die-

ses Preises zahlen.«»Beweisen Sie ein wenig Fantasie, mein Freund«, entgeg-

nete Belloq. »Der Schädel besitzt eine Anziehungskraft, dieweit über die eines Museumsstückes hinausreicht.«

»Sie bluffen.«»Bluffen wäre für mich alles andere als von Vorteil«,

meinte Belloq traurig. »Kein Geld der Welt wäre es wert,die Leute zu hintergehen, mit denen ich es zu tun habe. Be-dauerlicherweise ist das der Nachteil des Schwarzmarkts –würde ich ein legales Geschäft betreiben, könnte ich miteinem Aktenkoffer in der Hand so viel stehlen, wie ichwollte, und Geschäftspartner vom Schlage eines Claudeoder Jean Daguerre wären völlig überflüssig.«

Als sie mitbekamen, dass ihre Namen erwähnt wurden,grinsten die Brüder.

»Hören Sie«, sagte Indy. »Vielleicht könnten wir uns ir-gendetwas überlegen –«

»Dafür ist es zu spät.« Belloq sah auf seine Uhr. »DerSchädel steht nicht mehr zum Verkauf. In wenigen Minu-ten wird die Übergabe abgewickelt sein. Aber verzweifelnSie nicht, Dr. Jones. Die Zeit vereitelt oft die allerbestenPläne, und letztendlich sind wir in Wahrheit nichts weiterals die Verwalter all jener Dinge, die wir zu besitzen glau-ben. Dinge gehen verloren, werden vergraben oder verges-sen und fallen einem anderen in die Hände.«

»Was wollen Sie damit sagen?«»Nehmen Sie zum Beispiel diese Höhle und die darüber

liegende Festung. Im Mittelalter befand sich beides im Be-sitz meiner Familie. Hier war mein angestammtes Zuhau-se. Es wurde uns jedoch genommen, als wir die falsche Par-

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tei bei ihrer Anwartschaft auf den Thron unterstützten –wir sind Templer, müssen Sie wissen, und es gibt Men-schen, die behaupten, dass die Seele von Jesus Christus inuns weiterlebt. Leider nahmen andere heftigen Anstoß andieser Sicht der Dinge. Forteresse Malevil wurde von einerReihe unwürdiger Besatzer okkupiert, verfiel während derRevolution und bildet heute wieder den Mittelpunkt einesFamilienbetriebes, auch wenn dieser Betrieb in mehr als ei-nem Sinne unterirdisch operiert. Möglicherweise wird Ih-nen – oder Ihren Nachfahren – der Schädel auf die gleicheWeise noch einmal in die Hände fallen.«

»So lange kann ich nicht warten.«»Warum sind Sie so versessen darauf?«, fragte Belloq.

»Ihr Interesse an diesem ausgesprochen fein gearbeitetenQuarzbrocken ist mehr als rein beruflicher Natur, hab ichRecht? Bestimmt sind Sie nicht so abergläubisch, an dendunklen Fluch zu glauben, der auf dem Schädel liegt … oderhaben Sie sich etwa von den geheimnisvollen Verheißun-gen des Schädels verführen lassen?«

Belloq sah abermals auf seine Uhr.»Aha, die Flut.«»Nennen Sie Ihren Preis«, wiederholte Indy. »Was immer

Sie verlangen.«»Ich bin durchaus habgierig«, antwortete Belloq. »Unter

anderen Umständen würde ich Sie – wie sagt man – mehrals reich entlohnen. Aber jetzt von einem bereits abge-schlossenen Geschäft zurückzutreten, käme einem Selbst-mord gleich, und für diese Art von Dummheit bin ich ein-fach viel zu sehr auf mich selbst bedacht.«

»Wer«, fragte Indy, »könnte so böse sein, dass er IhnenAngst macht?«

Jenseits der Steinplatten begann das Wasser zu steigen.Unmittelbar unter der Wasseroberfläche schwebte wel-

lenförmig der erleuchtete Bug eines deutschen U-Boots he-ran, gefolgt vom ungeschützten Rohr eines 45-MillimeterBordgeschützes. Im Schein der Positionslampen konnte

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Indy die verräterische Ausbuchtung eines parallel zurSchnauze verlaufenden Torpedorohres erkennen.

»Seit Hitler Anfang des Jahres Kanzler wurde«, sagte Bel-loq, »haben die Nazis nichts unversucht gelassen, geheim-nisumwitterte Schätze von angeblich übernatürlichenKräften ausfindig zu machen. Der Kristallschädel steht aufihrer Liste sehr weit oben.«

Das eindringliche Surren von Elektromotoren und dieverdauungsähnlichen Geräusche der Ballasttanks, die ge-trimmt wurden, füllten die Höhle, als das Unterseebootsich bemühte, in halb abgetauchter Position seinen neutra-len Auftrieb in der engen Höhle aufrechtzuerhalten.

Der vor Periskop und Radioantennen strotzende Kom-mandoturm bewegte sich knapp zwei Meter oberhalb derWasseroberfläche, und auf seinem Vorbau waren die un-deutlichen Umrisse einer doppelt gesperrten Buchstaben-zahlenkombination zu erkennen: U-357. Wenn man nichtseitlich neben dem Boot stand, war es unmöglich zu iden-tifizieren.

Aus der Luke des Kommandoturms kamen zwei Matro-sen zum Vorschein und kletterten hinunter auf die sattel-ähnlichen, von Meerwasser umspülten Ballasttanks, aufderen Oberseite Schmeisser-Maschinengewehre befestigtwaren. Nachdem sie die Leinen an den jahrhundertealten,in die Steinplatten eingelassenen Ringen festgemacht hat-ten, nahmen die Soldaten rechts und links von Belloq Auf-stellung.

Die Daguerre-Zwillinge zogen ihre Waffen.»Steckt die Dinger weg, ihr Idioten«, fuhr Belloq sie auf

Französisch an.Der Kapitän des U-357, ein müde aussehender ehemali-

ger Berufsoffizier mit Namen Wagner, hatte von der Aus-sichtsplattform des Kommandoturms zugesehen, wie dasBoot vertäut wurde. Mittlerweile zufrieden, rief er etwas indie offen stehende Luke.

Franz Kroeger zwängte seine Schultern durch die Luke

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und erschien an Deck. Kroeger war all das, was Wagner nichtwar: Er war jung, hoch gewachsen, blond und trug eine frischgebügelte schwarze Uniform, die seine perfekten Körperpro-portionen noch unterstrich. Die Uniform wies, von dem ru-nenartigen Doppelblitz am Kragen abgesehen, keinerlei Ab-zeichen auf. Kroeger war Obersturmbannführer der neu ge-bildeten Leibstandarte SS, der persönlichen Leibwache Hit-lers, und wollte für den Fall, dass etwas aus dem Ruder lief,vermeiden, dass irgendwelche Hinweise unmittelbar aufden ehemaligen Anstreicher verwiesen, der erst wenige Mo-nate zuvor deutscher Reichskanzler geworden war.

Kroegers Stiefel klangen hart auf den eisernen Sprossen,als er vom Turm herabstieg. Das Deck über dem Steuer-bord-Satteltank lag oberschenkeltief unter Wasser, den-noch gelang es Kroeger, beim Hindurchwaten Haltung zubewahren.

Auf den Steinplatten angelangt, blieb Kroeger stehen undzog ein Zigarettenetui aus seiner Brusttasche. Er zündetesich mit einem amerikanischen Feuerzeug eine Players an,deren Rauch seinen jungen, blonden Kopf gleich einem bös-artigen Glorienschein umkränzte.

»Monsieur Belloq.« In seinem schweren deutschen Ak-zent klang der Name wie ›Bellosh‹. »Ich bitte um Entschul-digung, aber ich spreche besser Englisch als Französisch,außerdem bin ich überzeugt, dass Ihr Deutsch mirschmerzlich in den Ohren klingen würde. Sie können michFranz nennen, ich stehe ganz zu Ihren Diensten.« Er schlugdie Hacken zackig gegeneinander und reckte den Arm zumNazigruß.

Belloq erwiderte ihn mit einem halbherzigen Winken.»Haben Sie den fraglichen Gegenstand?«»Er befindet sich hier drin«, antwortete Belloq, den Ka-

nister unter sich tätschelnd. »Ihren Anweisungen entspre-chend wurde er noch nicht versiegelt. Haben Sie das Geld?«

»Immer schön der Reihe nach«, erwiderte Kroeger. »Zu-erst muss ich die Ware prüfen.«

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Belloq entfernte den Deckel von dem Kanister und ent-nahm ihm einen Gegenstand, der in Indys Augen einer le-dernen Bowlingkugeltasche ähnelte. Er wollte Kroeger dieTasche bereits reichen, zog sie dann aber noch einmal zu-rück.

»Obersturmbannführer«, sagte Belloq, »Handschuhe,bitte.«

Kroeger ließ ein angewidertes Schnauben vernehmen,zog aber dennoch ein Paar Lederhandschuhe aus seiner Uni-formtasche und streifte sie über. Dann nahm er den Behäl-ter von Belloq entgegen und holte mit der behandschuhtenRechten den Kristallschädel heraus.

»Ich hatte nicht erwartet, dass er so schön sein würde«,meinte Kroeger. »Er ist prachtvoll. Sehen Sie nur, wie sichdas Licht darin bricht!«

Kroeger hielt den Schädel in die Höhe.Indy – und die anderen – hielten den Atem an. Selbst im

schwachen Schein der elektrischen Glühbirnen entsprangplötzlich tief im Innern des Schädels ein scheußlicher Re-genbogen aus gebrochenen Farben, der über ihren Köpfenschimmerte. Der bläuliche Schein der Korona, hervorgeru-fen durch elektrische Aufladung, tanzte Kroegers Arm hi-nunter bis zur Schulter.

Als Kroeger den Schädel in seiner ausgestreckten – undbehandschuhten Hand – drehte, schienen seine leeren Au-genhöhlen alle zu durchbohren, die seinen Blick erwider-ten.

»Welche Macht verbirgt sich angeblich in diesemDing?«, fragte Kroeger. »Was macht ihn so besonders, dassMenschen bereit sind, ihr Leben und ihren Ruf aufs Spiel zusetzen, um ihn zu besitzen?«

»Genau diese Frage hab ich mir auch schon gestellt«, ant-wortete Belloq.

Indy bekam feuchte Hände. Er musste an das erste undeinzige Mal denken, als er den Schädel mit bloßen Händenangefasst hatte und er im Rhythmus seines Herzschlags zu

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pulsieren schien. Indy stand so dicht bei Kroeger, dass erhätte die Hand ausstrecken und ihm den Schädel entreißenkönnen …

»Der Kanzler wird überaus erfreut sein«, meinte Kroegerund ließ den Schädel in seinen Lederbehälter zurückfallen.»Selbst wenn seine Macht auf bloßem Aberglauben beruht,handelt es sich um ein unvergleichliches Kunstwerk, dasinspirierend auf uns alle wirken wird, die wir bis in den Todund darüber hinaus Treue geschworen haben.«

Die Höhle wirkte urplötzlich unendlich viel düsterer.Nachdem er den Behälter Belloq wiedergegeben hatte,

der ihn behutsam in den Kanister zurückstellte, zog derObersturmbannführer seine Handschuhe aus und schnipp-te mit den Fingern. Zwei Matrosen schleppten eine Kistevom Deck des U-357 heran.

Sie setzten die Kiste vor Belloqs Füßen ab.»Wollen Sie nicht nachschauen?«, fragte Kroeger.»Ich vertraue Ihnen«, antwortete Belloq. »Ich habe ohne-

hin keine andere Wahl. Was könnte ich schon tun, wennsie Blei- statt Goldbarren enthielte? Sie könnten diese Höh-le mitsamt der darüber gelegenen Festung Malevil in Stü-cke sprengen.«

»Könnten wir«, sagte Kroeger. »Aber das werden wirnicht tun.«

»Merci«, bedankte Belloq sich freudlos.»Allerdings bestehen wir darauf, dass Sie sich von nun

an Ihrer dubiosen Machenschaften enthalten«, fuhr Kroe-ger fort. »Sie haben Ihr Glück gemacht. Geben Sie sich da-mit zufrieden, und widerstehen Sie der Versuchung, Auf-träge von unseren Konkurrenten anzunehmen.«

»Aber mon ami«, protestierte Belloq. »Das war nicht Teilder Abmachung. Ich bin Archäologe. Das ist keine Frage desGeldes, sondern der Leidenschaft.«

»Ah, die Leidenschaft«, meinte Kroeger versonnen. »DieSchwäche der nichtarischen Rassen. Meines Wissens sinddie Franzosen ganz besonders anfällig für sinnlose Gefühls-

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duselei. Wie schwierig muss es sein, mit einem solchenHandikap zu leben.«

»Sie machen wohl Scherze«, platzte Indy heraus. »Werseid ihr Typen eigentlich?«

Kroeger betrachtete Indy, als hätte er eben erst von ihmNotiz genommen. Er trat vor und musterte ihn aus stechen-den blauen Augen, die er gegen den Rauch, der von der inseinem Mundwinkel hängenden Zigarette aufstieg, leichtzugekniffen hatte.

Kroeger fasste Indy unter dem Kinn, drehte sein Gesichtins Licht und nahm das jüngste Werk der Daguerre-Zwillin-ge in Augenschein. Sein Daumen verweilte über der Narbean Indys Kinn, die eine Rinderpeitsche dort vor vielen Jah-ren hinterlassen hatte.

»Wer ist diese jämmerliche Figur?«»Er heißt Jones.«Indy packte Kroegers Handgelenk.Die Matrosen rechts und links neben Belloq schwenkten

ihre Maschinengewehre herum. Im selben Augenblick zo-gen auch die Daguerre-Zwillinge ihre Waffen, und Belloq inder Mitte fuhr erschrocken zusammen.

Belloq fing an zu lachen, wenn auch wenig überzeugend.»Er ist ein Niemand«, meinte der Franzose in gespielter

Unbekümmertheit. »Ein Narr … Ein amerikanischer Tou-rist, der sich ganz durch Zufall in diese Höhle verirrt hat.Wie Sie selber sehen, haben sich meine Leute seiner bereitsangenommen.«

»Zu dumm, dass sie sich nicht mehr um seine Zunge ge-kümmert haben«, erwiderte Kroeger und machte seinenMännern ein Zeichen, die Waffen zu senken. »Jones … einAllerweltsname, was?«

»Ich komme viel rum«, gab Indy zurück.Kroeger hob die Lasche von Indys Halfter an und zog den

Webley heraus. »Reisen amerikanische Touristen immerbewaffnet ins Ausland, Herr Jones?«

»Doktor Jones«, korrigierte Indy. »Ich bin Universitäts-

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professor. In Princeton. Im Übrigen ist die Waffe nicht ge-laden – in fremden Städten wird mir schnell unbehaglich,daher trage ich sie bei mir, für den Fall, dass ich jemandemAngst einjagen muss.«

»Tatsächlich?«, fragte Kroeger. Er presste den Webley ge-gen Indys Schläfe und drückte ab. Der Hahn traf mit einemscharfen, metallischen Klicken auf.

»Ah, wie ich sehe, sprechen Sie die Wahrheit.« Kroegerlachte.

»Es ist nicht nötig, dass Sie Ihre Zeit mit diesem Kerl ver-geuden«, meinte Belloq hastig. »Er ist wirklich vollkom-men harmlos.«

»Vollkommen«, pflichtete Indy ihm bei. »Sagen Sie, ichdachte immer, diese alten U-Boote wären dem VersaillerVertrag gemäß vernichtet worden, doch wie es scheint, hatman dieses hier vergessen.« Er nahm den Revolver behut-sam von Kroeger entgegen und schob ihn zurück ins Half-ter. »Aber vermutlich wart ihr zu sehr damit beschäftigt,Juden zu verfolgen, Zeitungen zu verbieten und Gerichts-verhandlungen zugunsten von Standgerichten abzuschaf-fen. Nicht wahr, Major?«

»Obersturmbannführer«, verbesserte Kroeger, und bisssich dann auf die Lippe. »Gar nicht dumm. Ich bin beein-druckt. Aber verraten Sie mir eins, warum spielen Sie mitIhrem Leben?«

»Das ist allemal besser, als samstagsabends Bücher zuverbrennen.«

»Ihr Amerikaner macht mir Spaß«, sagte Kroeger. »Füreuch ist alles nur ein Witz, und was ihr nicht begreift, ziehtihr in den Schmutz. Nein, warten Sie, ich will Ihnen aucheinen erzählen. Er handelt von einem Amerikaner, der sichzur falschen Zeit am falschen Ort befindet, und dessenübertrieben sentimentaler französischer Freund außerStande ist, ihn zu retten. Köstlich. Oh, tut mir Leid. Wie esscheint, kennen Sie ihn bereits.«

»Belloq hat keine Freunde«, sagte Indy.

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»Stimmt das, René?«, fragte Kroeger. »Sie pflegen keiner-lei Umgang mit diesem Mann, es besteht keine Verbin-dung?«

»Keine.« Belloq zuckte die Achseln.»Dann wird es Ihnen sicher nichts ausmachen, ihn zu tö-

ten«, meinte Kroeger. Er nahm einem seiner Matrosen dieMaschinenpistole ab und drückte sie Belloq in die Hand.»Die Waffe dürfen Sie behalten als Andenken an IhreDienste für das Dritte Reich. Und seien Sie nicht über-rascht, wenn man Sie von Zeit zu Zeit an Ihre Pflichten ge-genüber dem Vaterland erinnert.«

Kroeger schnippte mit den Fingern, und die Matrosen ho-ben den gelben Metallkanister an und trugen ihn vorsich-tig an Bord des U-357. Der Obersturmbannführer folgte ih-nen, trat von den Steinplatten auf das vom Wasser über-spülte Deck des U-Bootes und hielt dann inne.

»Tut mir Leid, dass wir keine Gelegenheit hatten, unsnäher kennen zu lernen, aber leider ist meine Zeit begrenzt,da die Ebbe bald einsetzen wird und ich nicht die geringsteLust verspüre, dieses U-Boot auf französischem Boden aufGrund zu setzen. Auf Wiedersehen, Doktor Jones.«

Kurz darauf war Kroeger im Inneren des Kommando-turms verschwunden und hatte die Luke hinter sich ge-schlossen. Das Unterseeboot hatte bereits Fahrt aufgenom-men. Der Turm glitt tiefer ins Wasser, als das Boot imRückwärtsgang auf den unterirdischen, ins offene Meerführenden Höhlenausgang zuhielt.

»Gut möglich, dass ich diese Typen eines Tages hassenwerde«, meinte Indy gedankenversunken.

Belloq warf Claude, dem am nächsten stehenden Daguer-re-Zwilling, die Maschinenpistole zu.

»Sie werden mich doch wohl nicht umbringen wollen«,meinte Indy und zeigte Belloq seine leeren Hände. »Die Na-zis sind weg. Außer uns ist niemand hier. Ich dachte, wirwären Freunde. Was war mit dem Gerede, wir könnten ei-nes Tages zusammenarbeiten?«

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»Völlig ausgeschlossen«, meinte Belloq. »Wenn ich Sienicht umbringe, werden die mich umbringen. In Anbe-tracht der Umstände, Dr. Jones, ist das ein kleiner Preis fürmeinen Seelenfrieden.«

Claude Daguerre stieß die Mündung der Maschinenpis-tole in Indys Richtung und drückte auf den Abzug, dochnichts passierte. Jean machte einen Schritt nach vorn undversuchte, seinem Bruder die Waffe aus der Hand zu reißen.Belloq beschimpfte sie auf Französisch, sie sollten den Si-cherungshebel suchen, doch Indy kroch bereits auf dasWasser zu. Er war gerade dabei, sich seinen Hut und seineRinderpeitsche zu schnappen, die vor Belloqs Füßen lagen,als er das Klicken des Sicherungshebels vernahm.

In der Höhle brach ein Rattern von Maschinengewehr-feuer und ein Pfeifen von Querschlägern los, als die Maschi-nenpistole, Gegenstand eines Hin- und Hergezerres zwi-schen den Daguerre-Zwillingen, zum Leben erwachte. Bel-loq schrie die Zwillinge auf Französisch an, genauer zu zie-len, schließlich wüsste jeder Chicago-Gangster, der etwasauf sich hielt, wie man mit einer vollautomatischen Waffeumging, wieso dann nicht sie?

Indy stülpte sich den Hut fest auf den Kopf, holte tief Luftund sprang ins schwarze Wasser. Kugeln zischten an ihmvorüber, deren Blasenspuren ihre Flugbahn markierten wieUnterwasser-Leuchtspurgeschosse. Er spürte, wie sich ei-nes der Geschosse stechend in seinen Oberschenkel bohr-te, widerstand aber dem Drang, die Wunde zu berühren,und schwamm stattdessen mit aller Kraft dem sich lang-sam entfernenden Unterseeboot hinterher. Im schwachenSchein der Positionslampen konnte er die Umrisse desBordgeschützes erkennen, und als er es erreicht hatte, wi-ckelte er seine Peitsche fest um dessen Mündung.

Er hörte das rhythmische Surren der Schrauben, als dasUnterseeboot den Durchgang passierte, und das unange-nehm harte Knirschen von Metall auf Stein ließ sein Herzein wenig schneller schlagen. Als das U-Boot tiefer ging,

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nahm der Druck auf seinen Ohren ein schmerzhaftes Aus-maß an. Indy riskierte es, eine Hand von der Mündung desBordgeschützes zu lösen und presste, indem er sich dieNase zuhielt und sich vorsichtig schnäuzte, Luft in die win-zigen Eustachischen Röhren hinten in seinem Hals. Er ver-nahm ein Knacken in den Ohren, als der Druckausgleichstattfand und die Schmerzen schlagartig nachließen.

Seine Brust jedoch brannte wie Feuer.Das in seiner Lunge entstehende Kohlendioxid drängte

darauf, herausgelassen zu werden. Aus Erfahrung wusste er,dass sich dieses Gefühl bei ihm nach eineinhalb Minutenunter Wasser einstellte. Er öffnete den Mund und ließ einenkleinen Teil der verbrauchten Atemluft entweichen, wo-durch das Brennen etwas nachließ und er ein wenig Zeit ge-wann. Professionelle Taucher konnten die Luft vier Minu-ten oder länger anhalten, Indy dagegen wusste, dass seineObergrenze ein gutes Stück darunter lag. Im günstigstenFall blieben ihm noch neunzig Sekunden. Wenn das U-Bootbis dahin den Durchgang nicht hinter sich gelassen und denHafen erreicht hatte, würde er sterben, darüber war er sichim Klaren.

Er schloss die Augen und zwang seine Gedanken, sichmit etwas anderem zu beschäftigen, sich von seinen gemar-terten Lungen und dem Pochen in seinem Kopf zu lösenund sich mit grünen Feldern und sonnenbeschienenen Wei-den zu befassen. Plötzlich erschienen die blassblauen Au-gen von Alecia Dunstin vor seinem inneren Auge, und erbetrachtete ihr welliges Haar, ihr sanft geschwungenesKinn und ihre vollen Lippen. Er musste an ihre erste Begeg-nung im British Museum in London denken, als er, den Hutin der Hand, vor ihrem Schreibtisch gestanden hatte, wäh-rend ihre bemerkenswert blauen Augen bis auf den tiefstenGrund seiner Seele zu blicken schienen. Wenn er ertrank,überlegte er, würde er nur eins bedauern.

Schließlich beschleunigte das Schlagen der Antriebs-schrauben, und der Sog des Wassers an seinem Körper

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nahm zu. Das Unterseeboot hatte die Durchfahrt verlassen.Indy ließ das Geschütz los. Er spürte, wie das Deck des U-Boots schräg unter seinen Füßen wegglitt, als es träge wen-dete und den Bug seewärts richtete.

Indy streifte sich die Schuhe von den Füßen und strebtean die Luft. Das U-Boot hatte sich lediglich auf einer Tiefevon zehn Metern befunden, und er hatte die Oberfläche imNu erreicht. Gierig sog er ein paar Lungen frischer Nacht-luft ein, orientierte sich und schwamm, die ganze Zeit überRené Belloq verwünschend, an Land.

Alecia Dunstin hatte Indy innerlich für jene eine Stundeverflucht, die sie draußen vor dem Eingang der Ruinen derForteresse Malevil hatte warten müssen, verflucht deswe-gen, weil er ihr nicht erlaubt hatte, ihn in die Tiefe der Höh-le zu begleiten. Als sie es leid war, ihn zu verwünschen, be-gab sie sich zu einem Café unmittelbar am Hafen, trank ei-nen Kaffee, betrachtete den Vollmond am Himmel undwartete noch ein wenig länger.

Schließlich begann sie, sich Sorgen zu machen.Sie war eher überrascht als erleichtert, als sie Indy zum

Ufer schwimmen sah. Sie verließ ihren Tisch und suchtesich vorsichtig einen Weg am Ufer entlang bis zum Fes-tungssockel. Sie watete hinaus, nahm ihn im hüfttiefenWasser in Empfang, schlang sich seinen linken Arm um dieSchultern und half ihm auf das felsige Ufer.

Indy hustete und spuckte und ließ sich auf dem nächstbes-ten Felsen nieder. Er ließ seinen Kopf zwischen die Knie sin-ken, bis das Gehuste nachließ. Anschließend wischte er sichmit dem Handrücken über den Mund und sah zu ihr hoch.

»Er ist uns durch die Lappen gegangen«, meinte er nie-dergeschlagen.

Alecia setzte sich neben ihn und legte ihm eine Handaufs Bein. Als er daraufhin schmerzlich das Gesicht verzog,nahm sie die Hand wieder fort und musste zu ihrem Entset-zen feststellen, das sie voller Blut war.

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»Du bist verletzt«, stellte sie fest.»Angeschossen«, präzisierte er.»Mein Gott«, sagte Alecia. »Wir bringen dich sofort zu

einem Arzt.«»Nein.« Indy befühlte die Wunde zaghaft mit den Finger-

spitzen. »Das Wasser hat den größten Teil der Wucht abge-fangen. Ich kann die Kugel unmittelbar unter der Haut er-tasten. Ich denke, ich kann sie mit einem Messer heraus-schälen.«

»Ich finde trotzdem, wir sollten dich zu einem Arzt brin-gen«, erwiderte sie. »Oder wenigstens zu einem Apotheker.Das könnte sich leicht entzünden, weißt du.«

»Ich werde es überstehen«, sagte er.»Wie bist du hier draußen in die Bucht gelangt?«, wollte

Alecia wissen.»Ich habe mich von einem deutschen U-Boot mitneh-

men lassen. Belloq hat den Schädel an die Nazis verhökert.Da, du kannst die Blasenspur noch immer im Mondlicht er-kennen. Es fährt dicht unter der Oberfläche, und wenn dugenau hinschaust, kannst du das aus dem Wasser ragendePeriskop und die Funkantennen sehen.«

»Es scheint angehalten zu haben«, meinte Alecia.»Hm.« Indy nahm sein Taschenmesser heraus und

schnitt sein Hosenbein auf, um seine Verletzung besser un-tersuchen zu können. »Ich wünschte, sie würden absaufen.Weißt du, dass Belloq versucht hat, mich umzubringen?«

»Natürlich«, erwiderte Alecia. »Ich habe nachgedacht,Indy. Vielleicht ist das ganze Gerede über den Fluch wirk-lich Unsinn. Tun wir einfach so, als hätte es ihn nie gege-ben und hören wir auf damit, ihm nachzujagen. Lass denSchädel sausen.«

»Das haben wir schon einmal versucht«, sagte er.»Fang bloß nicht wieder davon an«, erwiderte sie streng.

»Das Messer da ist nicht steril.«Sie legte ihm die Hand unters Kinn und drehte sein Ge-

sicht, sodass er gezwungen war, sie anzusehen.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

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