BUNDESGESETZBLATT€¦ · §§ 3 a und 3 b sowie 3 d bis 3 g des Verbotsge-setzes 1947; 4. weder...

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P . b . b . Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt Wien 40 1171 BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH Jahrgang 1965 Ausgegeben am 11. August 1965 68. Stück 250. Bundesgesetz: Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 — StbG. 1965 250. Bundesgesetz vom 15. Juli 1965 über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 StbG. 1965) Der Nationalrat hat beschlossen: ABSCHNITT I Allgemeine Bestimmungen § 1. (Verfassungsbestimmung) Für die Re- publik Österreich besteht eine Staatsbürgerschaft. Ihre Unterteilung in eine Bundes- und eine Lan- desbürgerschaft entsprechend Artikel 6 des Bun- des-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 bleibt einer besonderen bundesverfassungsgesetz- lichen Regelung vorbehalten. § 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet: 1. R e p u b l i k : die Republik Österreich; 2. Staatsbürgerschaft: die Staats- bürgerschaft der Republik Österreich (öster- reichische Staatsbürgerschaft); 3. Staatsbürger: ohne Unterschied des Geschlechtes eine Person, welche die österreichi- sche Staatsbürgerschaft besitzt; 4. Fremder: ohne Unterschied des Ge- schlechtes eine Person, welche die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. § 3. Von den im § 8 geregelten Fällen abge- sehen, ist eine Person, deren Staatsangehörigkeit nicht geklärt werden kann, wie ein Staatenloser zu behandeln. § 4. Soweit dieses Bundesgesetz nicht ausdrück- lich etwas anderes bestimmt, kommt für seinen Bereich dem Geschlecht und dem Familienstand keine rechtliche Bedeutung zu. § 5. Der ordentliche Wohnsitz einer Person ist an dem Orte begründet, an dem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervor- gehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehun- gen zu wählen. Hiebei ist es unerheblich, ob die Absicht darauf gerichtet war, für immer an diesem Orte zu bleiben. ABSCHNITT II Erwerb der Staatsbürgerschaft § 6. Die. Staatsbürgerschaft wird erworben durch 1. Abstammung (Legitimation) (§§ 7 und 8); 2. Erklärung (§ 9); 3. Verleihung (Erstreckung der Verleihung) (§§ 10 bis 24); 4. Dienstantritt als ordentlicher oder außer- ordentlicher Hochschul(Universitäts)professor (S 25). Abstammung (Legitimation) § 7. (1) Ein eheliches Kind erwirbt mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesem Zeitpunkt Staatsbürger ist oder die Staatsbürgerschaft im Zeitpunkt seines vor der Geburt des Kindes erfolgten Ablebens besessen hat. (2) Ist der Vater Fremder oder war er es im Zeitpunkt seines vor der Geburt des Kindes er- folgten Ablebens, so erwirbt das eheliche Kind, dessen Mutter im Zeitpunkt seiner Geburt Staats- bürgerin ist, mit seiner Geburt die Staatsbürger- schaft, wenn es sonst staatenlos wäre. (3) Ein uneheliches Kind erwirbt mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft, wenn seine Mutter in diesem Zeitpunkt Staatsbürgerin ist. (4) Wird ein unehelich geborener Fremder zu einer Zeit, da er noch minderjährig und ledig ist, legitimiert, so erwirbt er mit seiner Legitimation die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesem Zeitpunkt Staatsbürger ist oder die Staatsbürger- schaft im Zeitpunkt seines vorher erfolgten Ab- lebens besessen hat. Der Erwerb der Staatsbür- gerschaft durch Legitimation erstreckt sich auf die unehelichen Kinder der legitimierten Frau. § 8. (1) Bis zum Beweis des Gegenteiles gilt als Staatsbürger kraft Abstammung, wer im Alter unter sechs Monaten im Gebiet der Republik aufgefunden wird. (2) Das gleiche gilt für eine Person, die im Gebiet der Republik geboren wird, wenn ihr ehelicher Vater oder ihre uneheliche Mutter im Gebiet der Republik geboren wurde. 12 131

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P . b . b . Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt Wien 40

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BUNDESGESETZBLATTFÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Jahrgang 1965 Ausgegeben am 11. August 1965 68. Stück

2 5 0 . Bundesgesetz: Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 — StbG. 1965

2 5 0 . Bundesgesetz vom 15. Juli 1965über die österreichische Staatsbürgerschaft(Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 — StbG.

1965)

Der Nationalrat hat beschlossen:

ABSCHNITT IAllgemeine Bestimmungen

§ 1. (Verfassungsbestimmung) Für die Re-publik Österreich besteht eine Staatsbürgerschaft.Ihre Unterteilung in eine Bundes- und eine Lan-desbürgerschaft entsprechend Artikel 6 des Bun-des-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929bleibt einer besonderen bundesverfassungsgesetz-lichen Regelung vorbehalten.

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet:1. R e p u b l i k : die Republik Österreich;2. S t a a t s b ü r g e r s c h a f t : die Staats-

bürgerschaft der Republik Österreich (öster-reichische Staatsbürgerschaft);

3. S t a a t s b ü r g e r : ohne Unterschied desGeschlechtes eine Person, welche die österreichi-sche Staatsbürgerschaft besitzt;

4. F r e m d e r : ohne Unterschied des Ge-schlechtes eine Person, welche die österreichischeStaatsbürgerschaft nicht besitzt.

§ 3. Von den im § 8 geregelten Fällen abge-sehen, ist eine Person, deren Staatsangehörigkeitnicht geklärt werden kann, wie ein Staatenloserzu behandeln.

§ 4. Soweit dieses Bundesgesetz nicht ausdrück-lich etwas anderes bestimmt, kommt für seinenBereich dem Geschlecht und dem Familienstandkeine rechtliche Bedeutung zu.

§ 5. Der ordentliche Wohnsitz einer Person istan dem Orte begründet, an dem sie sich in dererweislichen oder aus den Umständen hervor-gehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis aufweiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehun-gen zu wählen. Hiebei ist es unerheblich, ob dieAbsicht darauf gerichtet war, für immer andiesem Orte zu bleiben.

ABSCHNITT II

Erwerb der Staatsbürgerschaft

§ 6. Die. Staatsbürgerschaft wird erworbendurch

1. Abstammung (Legitimation) (§§ 7 und 8);2. Erklärung (§ 9);

3. Verleihung (Erstreckung der Verleihung)(§§ 10 bis 24);

4. Dienstantritt als ordentlicher oder außer-ordentlicher Hochschul(Universitäts)professor(S 25).

Abstammung (Legitimation)

§ 7. (1) Ein eheliches Kind erwirbt mit seinerGeburt die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vaterin diesem Zeitpunkt Staatsbürger ist oder dieStaatsbürgerschaft im Zeitpunkt seines vor derGeburt des Kindes erfolgten Ablebens besessenhat.

(2) Ist der Vater Fremder oder war er es imZeitpunkt seines vor der Geburt des Kindes er-folgten Ablebens, so erwirbt das eheliche Kind,dessen Mutter im Zeitpunkt seiner Geburt Staats-bürgerin ist, mit seiner Geburt die Staatsbürger-schaft, wenn es sonst staatenlos wäre.

(3) Ein uneheliches Kind erwirbt mit seinerGeburt die Staatsbürgerschaft, wenn seine Mutterin diesem Zeitpunkt Staatsbürgerin ist.

(4) Wird ein unehelich geborener Fremder zueiner Zeit, da er noch minderjährig und ledig ist,legitimiert, so erwirbt er mit seiner Legitimationdie Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesemZeitpunkt Staatsbürger ist oder die Staatsbürger-schaft im Zeitpunkt seines vorher erfolgten Ab-lebens besessen hat. Der Erwerb der Staatsbür-gerschaft durch Legitimation erstreckt sich aufdie unehelichen Kinder der legitimierten Frau.

§ 8. (1) Bis zum Beweis des Gegenteiles gilt alsStaatsbürger kraft Abstammung, wer im Alterunter sechs Monaten im Gebiet der Republikaufgefunden wird.

(2) Das gleiche gilt für eine Person, die imGebiet der Republik geboren wird, wenn ihrehelicher Vater oder ihre uneheliche Mutter imGebiet der Republik geboren wurde.

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(3) Die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 geltenauch für Personen, die vor dem Inkrafttretendieses Bundesgesetzes aufgefunden oder geborenwurden.

Erklärung

§ 9. (1) Eine Fremde erwirbt durch die Er-klärung, der Republik als getreue Staatsbürgerinangehören zu wollen, die Staatsbürgerschaft,wenn

1. ihr Ehegatte die Staatsbürgerschaft besitzt;2. die Ehe weder von Tisch und Bett noch

sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlichgeschieden istund

3. sie nicht infolge der Entziehung der Staats-bürgerschaft nach § 33 Fremde ist.

(2) Die Erklärung ist in schriftlicher Form beider nach § 41 zuständigen Behörde abzugeben.§ 19 Abs. 2 und 3 findet sinngemäß mit derMaßgabe Anwendung, daß die Zustimmung desgesetzlichen Vertreters oder die Einwilligung desGerichtes auch nach der Abgabe der Erklärungerteilt werden kann.

(3) Liegen die Voraussetzungen der Abs. 1 und2 vor, so hat die Behörde (§ 41) den Erwerb derStaatsbürgerschaft zu bescheinigen.

(4) Geht eine Fremde mit einem Staatsbürgerdie Ehe vor einem österreichischen Standes-beamten ein, so hat sie dieser vor oder bei derEheschließung über die Bestimmungen der Abs. 1bis 3 zu belehren.

Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einemFremden verliehen werden, wenn

1. er seit mindestens zehn Jahren ununter-brochen seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebietder Republik hat;

2. er durch ein inländisches Gericht weder einerechtskräftige Verurteilung erlitten hat, die füreinen Staatsbürger den Ausschluß vom Wahlrechtzum Nationalrat im Zeitpunkt der Verurteilungzur Folge hätte, noch wegen eines Finanzver-gehens zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig ver-urteilt worden ist; hiebei stehen der Verleihungder Staatsbürgerschaft auch Verurteilungen wegeneiner strafbaren Handlung, die der Fremde vorder Erreichung des 18. Lebensjahres begangenhat, und bedingte Verurteilungen entgegen, nichtjedoch Verurteilungen, die getilgt sind oder aufGrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen alsnicht erfolgt oder getilgt gelten;

3. gegen ihn nicht wegen einer der in der Z. 2genannten strafbaren Handlungen bei einem in-ländischen Gericht ein Strafverfahren anhängigist;

4. er nicht von einem ausländischen Gerichtwegen einer auch nach inländischem Recht ge-richtlich strafbaren Handlung zu einer Freiheits-strafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftigverurteilt worden ist; hiebei stehen der Ver-leihung der Staatsbürgerschaft auch bedingteVerurteilungen entgegen, nicht jedoch Verur-teilungen, die nach dem Recht des verurteilendenStaates oder nach inländischem Recht getilgt sindoder als nicht erfolgt oder getilgt gelten;

5. gegen ihn weder ein Aufenthaltsverbot nochein gerichtliches Urteil besteht, w o m i t auf seineAbschaffung erkannt worden ist;

6. er nach seinem bisherigen Verhalten Gewährdafür bietet, daß er zur Republik Österreich be-jahend eingestellt ist und keine Gefahr für dieöffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet;

7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichertist oder er sich ohne sein Verschulden in einerfinanziellen Notlage befindet und

8. er nicht mit fremden Staaten in solchen Be-ziehungen steht, daß die Verleihung der Staats-bürgerschaft die Interessen oder das Ansehen derRepublik schädigen würde.

(2) Einem Fremden, der eine fremde Staats-angehörigkeit besitzt, darf die Staatsbürgerschaftnicht verliehen werden, wenn er

a) die für das Ausscheiden aus seinem bis-herigen Staatsverband erforderlichen Hand-lungen unterläßt, obwohl sie ihm möglichund zumutbar sind und er kein Flüchtlingim Sinne der Konvention v o m 28. Juli1951, BGBl. Nr . 55/1955, über die Rechts-stellung der Flüchtlinge ist,oder

b) auf Grund seines Antrages oder auf andereWeise absichtlich die Beibehaltung seinerbisherigen Staatsangehörigkeit erwirkt.

(3) Von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1kann abgesehen werden, wenn der Fremde seitmindestens vier Jahren ununterbrochen seinenordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republikhat und besonders berücksichtigungswürdigeGründe für die Verleihung der Staatsbürgerschaftvorliegen. In solchen Fällen ist vor der Verlei-hung das Bundesministerium für Inneres anzu-hören.

(4) (Verfassungsbestimmung) Die Voraussetzun-gen des Abs. 1 Z. 1 und 7 sowie des Abs. 2 ent-fallen, wenn die Bundesregierung bestätigt, daßdie Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen dervom Fremden bereits erbrachten oder von ihmnoch zu erwartenden außerordentlichen Leistun-gen im Interesse der Republik liegt. Dies giltinsbesondere für außerordentliche Leistungen aufwissenschaftlichen, wirtschaftlichen oder künst-lerischen Gebieten.

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§ 1 1 . Die Behörde hat sich bei der Ausübungdes ihr im § 10 eingeräumten freien Ermessensvon Rücksichten auf das allgemeine Wohl, dieöffentlichen Interessen und das Gesamtverhaltender Partei leiten zu lassen. Bei der Verleihungder Staatsbürgerschaft ist gegebenenfalls beson-ders auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daßder Fremde Flüchtling im Sinne der Konventionvom 28. Juli 1951, BGBl. N r . 55/1955, über dieRechtsstellung der Flüchtlinge ist.

§ 12. Einem Fremden ist unter den Voraus-setzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er

a) seit mindestens 30 Jahren ununterbrochenseinen ordentlichen Wohnsitz im Gebietder Republik hat und nicht infolge derEntziehung der Staatsbürgerschaft (§§ 33oder 34) oder des Verzichtes auf die Staats-bürgerschaft (§ 37) Fremder istoder

b) durch mindestens zehn Jahre ununter-brochen die Staatsbürgerschaft besessen,diese auf andere Weise als durch Ent-ziehung (§§ 33 oder 34) oder durch Ver-zicht (§ 37) verloren hat, seither Fremderist und als solcher durch mindestens dreiJahre ununterbrochen seinen ordentlichenWohnsitz im Gebiet der Republik hatoder

c) die Staatsbürgerschaft zu einer Zeit, da ernicht eigenberechtigt war, auf andere Weiseals durch Entziehung nach § 33 verlorenhat, seither Fremder ist und die Verleihungder Staatsbürgerschaft binnen zwei Jahrennach Erlangung der Eigenberechtigung be-antragtoder

d) minderjährig und ledig ist, der Elternteil,der im Falle der Erstreckung der Ver-leihung nach § 17 Abs. 1 lit. a bis c maß-gebend wäre, die Staatsbürgerschaft besitztund der Minderjährige nicht infolge derEntziehung der Staatsbürgerschaft nach§ 33 Fremder ist.

§ 13. Einer Fremden ist unter den Voraus-setzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. sie die Staatsbürgerschaft dadurch verlorenhat, daß sie

a) einen Fremden geehelichtoder

b) gleichzeitig mit ihrem Ehegatten dieselbefremde Staatsangehörigkeit erworbenoder

c) während ihrer Ehe mit einem Fremdendessen Staatsangehörigkeit erworben hat;

2. sie seither Fremde ist;

3. diese Ehe durch den Tod des Ehegatten odersonst dem Bande nach aufgelöst istund

4. sie die Verleihung der Staatsbürgerschaftbinnen zwei Jahren nach der Auflösung der Ehebeantragt.

§ 14. (1) Einem Fremden ist die Staatsbürger-schaft ferner zu verleihen, wenn er

1. im Gebiet der Republik geboren und seitseiner Geburt staatenlos ist;

2. insgesamt mindestens zehn Jahre seinenordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republikhatte, wobei ununterbrochen mindestens fünfJahre unmittelbar vor der Verleihung der Staats-bürgerschaft liegen müssen;

3. nicht von einem inländischen Gericht rechts-kräftig nach einer der folgenden Gesetzesstellenverurteilt worden ist:

§§ 58, 60, 61, 65, 67, 68, 69, 73, 76, 78, 80, 81 ,90 und 92 des Österreichischen Strafgesetzes 1945,ASlg. Nr . 2,

§§ 1, 2, 4, 5, 10, 11 und 17 des Bundesgesetzeszum Schutz des Staates (Staatsschutzgesetz), BGBl.Nr . 223/1936,

§ 1 des Bundesgesetzes zur Bekämpfung staats-feindlicher Druckwerke, BGBl. Nr . 33/1935,

§§ 3 a und 3 b sowie 3 d bis 3 g des Verbotsge-setzes 1947;

4. weder von einem inländischen noch voneinem ausländischen Gericht zu einer Freiheits-strafe von fünf oder mehr Jahren rechtskräftigverurteilt worden istund

5. die Verleihung der Staatsbürgerschaft nachVollendung des 18. Lebensjahres und spätestensein Jahr nach dem Erlöschen der väterlichen Ge-walt oder der Vormundschaft beantragt; dieseFrist endet jedoch keinesfalls vor Vollendung des21. Lebensjahres.

(2) Der Verleihung der Staatsbürgerschaft nachAbs. 1 stehen auch bedingte Verurteilungen ent-gegen, nicht jedoch Verurteilungen, dienach dem Recht des verurteilenden Staates odernach inländischem Recht getilgt sind oder alsnicht erfolgt oder als getilgt gelten.

(3) Eine Person, die an Bord eines die Seeflaggeder Republik führenden Schiffes oder eines Luft-fahrzeuges mit österreichischer Staatszugehörig-keit geboren wurde, gilt bei der Anwendung desAbs. 1 Z. 1 als im Gebiet der Republik geboren.

§ 15. Der Lauf der Fristen nach § 10 Abs. 1Z. 1 und Abs. 3 sowie § 12 lit. a und b letzterHalbsatz wird unterbrochen durch

a) ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot;

b) ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil, wo-mit auf Landesverweisung oder Ab-schaffung aus dem gesamten Gebiet der Re-publik erkannt ist;

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c) einen mehr als einjährigen Aufenthalt ineiner Strafanstalt oder in einem Arbeitshausdes In- oder Auslandes infolge Verurteilungwegen einer nach österreichischem Rechtgerichtlich strafbaren Handlung; hiebei sindder Aufenthalt in einer Strafanstalt undder daran anschließende Aufenthalt ineinem Arbeitshaus zusammenzurechnen.

§ 16. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft aneinen Mann ist auf seine Ehegattin zu erstrecken,wenn die Ehe weder von Tisch und Bett nochsonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlichgeschieden und die Ehegattin nicht infolge derEntziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33Fremde ist.

§ 17. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaftist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1Z. 2 bis 8 und Abs. 2 zu erstrecken auf die

a) ehelichen Kinder des Mannes;

b) ehelichen Kinder der Frau, wenn der Vaterder Kinder verstorben oder die Ehe mitdem Vater der Kinder sonst dem Bandenach aufgelöst oder für nichtig erklärt wor-den ist und der Mutter die Pflege und Er-ziehung der Kinder zusteht;

c) unehelichen Kinder der Frau,wenn die Kinder minderjährig, ledig und nichtinfolge der Entziehung der Staatsbürgerschaftnach § 33 Fremde sind.

(2) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft istunter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 wei-ters auf die unehelichen Kinder der im Abs. 1genannten Nachkommen zu erstrecken, soweitletztere weiblichen Geschlechtes sind und die Ver-leihung der Staatsbürgerschaft auf sie erstrecktwird.

§ 18. Die Erstreckung der Verleihung darf nurgleichzeitig mit der Verleihung der Staatsbürger-schaft und nur mit demselben Erwerbszeitpunktverfügt werden.

§ 19. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft(Erstreckung der Verleihung) darf nur aufschriftlichen Antrag verfügt werden.

(2) Der Antrag ist vom eigenberechtigten Frem-den persönlich zu unterfertigen. Ist der Fremdenicht eigenberechtigt, so ist der Antrag für ihnentweder von seinem gesetzlichen Vertreterpersönlich oder mit dessen schriftlicher Zu-stimmung von ihm selbst oder einer dritten Per-son zu unterfertigen.

(3) Verweigert der gesetzliche Vertreter seineZustimmung, so kann sie durch das Gericht er-setzt werden, wenn die Verleihung der Staats-bürgerschaft (Erstreckung der Verleihung) auserzieherischen, beruflichen oder anderen wich-tigen Gründen dem Wohl des Fremden dient.Gleiches gilt, wenn der Fremde keinen gesetz-

lichen Vertreter hat oder sein gesetzlicher Vertre-ter nicht erreichbar ist und die Bestellung einesgesetzlichen Vertreters auf unüberwindliche Hin-dernisse stößt. Zuständig ist jenes Gericht, dasals Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht ein-zuschreiten hätte, wenn der Fremde die Staats-bürgerschaft besäße.

§ 20. (1) Einem Fremden ist die Verleihungder Staatsbürgerschaft (Erstreckung der Verlei-hung) zunächst für den Fall zuzusichern, daß erbinnen zwei Jahren das Ausscheiden aus demVerband seines bisherigen Heimatstaates nach-weist, wenn

1. er weder staatenlos noch Flüchtling im Sinneder Konvention vom 28. Juli 1951, BGBl. N r . 55/1955, über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist;

2. weder § 10 Abs. 4 noch § 16 Anwendungfindetund

3. ihm durch die Zusicherung das Ausscheidenaus dem Verband seines bisherigen Heimatstaatesermöglicht wird oder erleichtert werden könnte.

(2) Die Zusicherung ist zu widerrufen, wennder Fremde auch nur eine der für die Verlei-hung der Staatsbürgerschaft (Erstreckung derVerleihung) erforderlichen Voraussetzungennicht mehr erfüllt.

§ 21. Ein Fremder, der eigenberechtigt istoder der das 18. Lebensjahr vollendet hat undnur infolge seines Alters nicht eigenberechtigtist, hat vor der Verleihung der Staatsbürger-schaft (Erstreckung der Verleihung) folgendesGelöbnis abzulegen:

„Ich gelobe, daß ich der Republik Öster-reich als getreuer Staatsbürger angehören,ihre Gesetze stets gewissenhaft beachten undalles unterlassen werde, was den Interessenund dem Ansehen der Republik abträglichsein könnte."

§ 22. (1) Hat der Fremde seinen ordentlichenWohnsitz im Gebiet der Republik, so ist dasGelöbnis mündlich vor der nach § 39 zustän-digen Behörde abzulegen. Diese kann jedoch dieBezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich derFremde seinen ordentlichen Wohnsitz hat, zurEntgegennahme des Gelöbnisses ermächtigen.

(2) Hat der Fremde seinen ordentlichen Wohn-sitz im Ausland, so ist das Gelöbnis mündlichvor der österreichischen Vertretungsbehörde ab-zulegen, die von der nach § 39 zuständigen Be-hörde um die Entgegennahme des Gelöbnissesersucht worden ist. Dies gilt nicht, wenn es demFremden wegen der Entfernung seines Wohn-sitzes oder aus anderen wichtigen Gründen nichtzugemutet werden kann, sich zur Ablegung desGelöbnisses bei der österreichischen Vertretungs-behörde einzufinden.

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(3) H a t der Fremde überhaupt keinen ordent-lichen Wohnsitz oder ist auf ihn Abs. 2 zweiterSatz anzuwenden, so ist das Gelöbnis schriftlichder nach § 39 zuständigen Behörde zu übermit-teln, sofern sich der Fremde nicht selbst zurmündlichen Ablegung des Gelöbnisses bei dieserBehörde einfindet.

(4) Wird das Gelöbnis mündlich abgelegt, so isthierüber eine Niederschrift aufzunehmen.

§ 23. (1) Der Bescheid über die Verleihung derStaatsbürgerschaft (Erstreckung der Verleihung)ist schriftlich zu erlassen.

(2) Die Staatsbürgerschaft wird mit dem imBescheid angegebenen Zeitpunkt erworben. Die-ser ist unter Bedachtnahme auf den voraussicht-lichen Zeitpunkt der Aushändigung oder Zustel-lung des Bescheides nach der Kalenderzeit zubestimmen.

(3) H a t der Fremde, dem die Staatsbürgerschaftverliehen werden soll, das Gelöbnis mündlichabgelegt, so ist ihm der Bescheid im Anschlußdaran auszuhändigen. Sonst ist der Bescheid der-jenigen Person zuzustellen, die den Antrag aufVerleihung der Staatsbürgerschaft gestellt hat.

§ 24. Die Wiederaufnahme eines Verleihungs-verfahrens darf aus den im § 69 Abs. 1 lit. bund c des AVG. 1950, BGBl. Nr . 172, genanntenGründen nur bewilligt oder verfügt werden,wenn der Betroffene hiedurch nicht staatenloswird.

Dienstantritt als ordentlicher oder außerordent-licher Hochschul(UniversitIts)professor

§ 25. (Verfassungsbestimmung) Ein Fremdererwirbt die Staatsbürgerschaft durch den Dienst-antritt als ordentlicher oder außerordentlicherHochschul(Universitäts)professor an einer in-ländischen wissenschaftlichen Hochschule, an derAkademie der bildenden Künste in Wien oderan einer inländischen Kunstakademie (§ 6 desHochschul-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr . 154/1955, § 1 Abs. 1 des Akademie-Organisations-gesetzes, BGBl. Nr . 237/1955, und § 1 Abs. 1des Kunstakademiegesetzes, BGBl. Nr . 168/1948,in der jeweils geltenden Fassung).

ABSCHNITT III

Verlust der Staatsbürgerschaft

§ 26. Die Staatsbürgerschaft wird verlorendurch

1. Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit(§§ 27 und 29);

2. Legitimation (§ 31);

3. Eintri t t in den Militärdienst eines fremdenStaates (§ 32);

4. Entziehung (§§ 33 bis 36);

5. Verzicht (§§ 37 und 38).

Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit

§ 27. (1) Die Staatsbürgerschaft verliert, werauf Grund seines Antrages, seiner Erklärungoder seiner ausdrücklichen Zustimmung einefremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihmnicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürger-schaft bewilligt worden ist.

(2) Ein nicht eigenberechtigter Staatsbürgerverliert die Staatsbürgerschaft nur dann, wenndie auf den Erwerb der fremden Staatsangehö-rigkeit gerichtete Willenserklärung (Abs. 1) fürihn entweder von seinem gesetzlichen Vertreteroder mit dessen ausdrücklicher Zustimmung vonihm selbst oder einer dritten Person abgegebenwird. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertre-ters muß vor dem Erwerb der fremden Staats-angehörigkeit vorliegen. Ist gesetzlicher Ver-treter eine andere Person als der eheliche Vateroder der Wahlvater, so tri t t der Verlust derStaatsbürgerschaft überdies nur dann ein, wenndas Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht indie Willenserklärung des gesetzlichen Vertretersoder in dessen Zustimmung vor dem Erwerb derfremden Staatsangehörigkeit eingewilligt hat.

§ 28. (1) Einem Staatsbürger ist für den Falldes Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit(§ 27) die Beibehaltung der Staatsbürgerschaftzu bewilligen, wenn

1. sie wegen der von ihm bereits erbrachtenoder von ihm noch zu erwartenden außerordent-lichen Leistungen im Interesse der Republikliegt; dies gilt insbesondere für außerordentlicheLeistungen auf kulturellen oder wirtschaftlichenGebieten;

2. der fremde Staat, dessen Staatsangehörigkeiter anstrebt, der Beibehaltung zustimmt, soferneine solche Zustimmung in zwischenstaatlichenVerträgen vorgesehen ist,und

3. die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2bis 4 sowie 6 und 8 sinngemäß erfüllt sind.

(2) Die Beibehaltung der Staatsbürgerschaftdarf nur auf schriftlichen Antrag und unter derBedingung bewilligt werden, daß die fremdeStaatsangehörigkeit binnen zwei Jahren erwor-ben wird.

(3) Der Antrag ist vom eigenberechtigtenStaatsbürger persönlich zu unterfertigen. Ist derStaatsbürger nicht eigenberechtigt, so ist der An-trag für ihn entweder von seinem gesetzlichenVertreter persönlich oder mit dessen schriftlicherZustimmung von ihm selbst oder einer dri t tenPerson zu unterfertigen. Ist gesetzlicher Vertre-ter eine andere Person als der eheliche Vateroder der Wahlvater, so bedarf der Antrag oderdie Zustimmung der Einwilligung des Vormund-schafts- oder Pflegschaftsgerichtes.

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(4) Der Bescheid, mit dem die Beibehaltungder Staatsbürgerschaft bewilligt wird, ist schrift-lich zu erlassen.

§ 29. (1) Verliert ein Mann nach § 27 dieStaatsbürgerschaft, so erstreckt sich der Verlustauf seine minderjährigen ehelichen Kinder, wennsie ledig sind und wenn sie dem Vater vonRechts wegen in die fremde Staatsangehörigkeitfolgen oder diese bereits besitzen.

(2) Verliert eine Frau nach § 27 die Staats-bürgerschaft, so erstreckt sich der Verlust aufihre minderjährigen ledigen Kinder, wenn sieihr von Rechts wegen in die fremde Staatsange-hörigkeit folgen und der gesetzliche Vertreterder Kinder dem Erwerb der fremden Staatsange-hörigkeit vorher ausdrücklich zugestimmt hat.§ 27 Abs. 2 letzter Satz findet Anwendung.

§ 30. (1) Strebt ein Staatsbürger eine fremdeStaatsangehörigkeit an und ist ihm die Beibe-haltung der Staatsbürgerschaft nicht bewilligtworden, so hat ihm die Behörde auf seinen An-trag zu bescheinigen, daß er im Falle des Er-werbes der fremden Staatsangehörigkeit aus demösterreichischen Staatsverband ausscheidet. Indieser Bescheinigung sind auf seinen Antrag ge-gebenenfalls auch die minderjährigen Kinder an-zuführen, auf die sich der Verlust der Staats-bürgerschaft nach § 29 erstreckt.

(2) Für einen nicht eigenberechtigten Staats-bürger darf die Bescheinigung nach Abs. 1 nurausgestellt oder er in dieser nur angeführt wer-den, wenn die Zustimmung des gesetzlichen Ver-treters und gegebenenfalls die Einwilligung desGerichtes (§ 27 Abs. 2 und § 29 Abs. 2) bereitsvorliegen.

Legitimation

§ 31. Wird ein unehelich geborener Staatsbür-ger zu einer Zeit, da er noch minderjährig undledig ist, durch die Eheschließung seiner Elternlegitimiert, so verliert er mit seiner Legitimationdie Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesemZeitpunkt Fremder, jedoch nicht staatenlos istund der Minderjährige selbst durch seine Le-gitimation die Staatsangehörigkeit seines Vaterserwirbt oder diese bereits besitzt.

Eintritt in den Militärdienst eines fremdenStaates

§ 32. Die Staatsbürgerschaft verliert, wer frei-willig in den Militärdienst eines fremden Staatestr i t t § 27 Abs. 2 findet sinngemäß Anwendung.

Entziehung

§ 33. Einem Staatsbürger, der im Diensteines fremden Staates steht, ist, sofern nichtschon § 32 Anwendung findet, die Staatsbürger-

schaft zu entziehen, wenn er durch sein Verhal-ten die Interessen oder das Ansehen der Re-publik erheblich schädigt.

§ 34. (1) Einem Staatsbürger ist die Staats-bürgerschaft ferner zu entziehen, wenn

1. er sie vor mehr als zwei Jahren durch Ver-leihung oder durch die Erstreckung der Verlei-hung nach diesem Bundesgesetz erworben ha t ;

2. hiebei weder § 10 Abs. 4 noch § 16 Anwen-dung gefunden hat ;

3. er im Zeitpunkt der Verleihung (Er-streckung der Verleihung) kein Flüchtling imSinne der Konvention vom 28. Juli 1951, BGBl.Nr. 55/1955, über die Rechtsstellung der Flücht-linge gewesen istund

4. er trotz des Erwerbes der Staatsbürger-schaft seither aus Gründen, die er selbst zu ver-treten hat, eine fremde Staatsangehörigkeit bei-behalten hat.

(2) Der betroffene Staatsbürger ist mindestenssechs Monate vor der beabsichtigten Entziehungder Staatsbürgerschaft über die Bestimmung desAbs. 1 zu belehren.

(3) Die Entziehung ist nach Ablauf der imAbs. 1 Z. 1 genannten Frist ohne unnötigenAufschub schriftlich zu verfügen. Nach Ablaufvon sechs Jahren nach der Verleihung (Er-streckung der Verleihung) ist die Entziehungnicht mehr zulässig.

§ 35. Die Entziehung der Staatsbürgerschaft(§§ 33 und 34) hat von Amts wegen oder aufAntrag des Bundesministeriums für Inneres zuerfolgen. Das Bundesministerium für Inneres hatin dem auf seinen Antrag einzuleitenden Ver-fahren Parteistellung.

§ 36. Hält sich derjenige, dem die Staatsbürger-schaft entzogen werden soll, im Ausland aufund wurde eine Zustellung an ihn bereits erfolg-los versucht, so findet § 11 des AVG. 1950, BGBl.Nr . 172, auch dann Anwendung, wenn sein Auf-enthalt bekannt ist.

Verzicht

§ 37. (1) Ein Staatsbürger kann auf die Staats-bürgerschaft verzichten, wenn

1. er eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt;

2. gegen ihn im Inland weder wegen einesVerbrechens oder eines Vergehens noch wegeneines Finanzvergehens (mit Ausnahme derFinanzordnungswidrigkeiten) ein Strafverfahrenoder eine Strafvollstreckung anhängig istund

3. sofern männlichen Geschlechtes, er keinAngehöriger des Bundesheeres ist und

a) das 36. Lebensjahr bereits überschrittenoder

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b) den ordentlichen Präsenzdienst bereits ge-leistet hatoder

c) von der Stellungskommission als untaug-lich festgestellt wordenoder

d) wegen Geisteskrankheit oder Geistes-schwäche von der Einberufung in das Bun-desheer ausgeschlossen ist.

(2) Die Voraussetzungen des Abs. 1 Z. 2 und 3entfallen, wenn der Verzichtende seit mindestenszehn Jahren ununterbrochen seinen ordentlichenWohnsitz außerhalb des Gebietes der Republikhat.

§ 38. (1) Die Verzichtserklärung ist in schrift-licher Form bei der nach § 39 zuständigen Be-hörde abzugeben. § 28 Abs. 3 findet sinngemäßmit der Maßgabe Anwendung, daß die Zustim-mung des gesetzlichen Vertreters oder die Ein-willigung des Gerichtes auch nach der Abgabeder Verzichtserklärung erteilt werden kann.

(2) Die Behörde (§ 39) hat festzustellen, obdie für den Verzicht vorgesehenen Voraus-setzungen erfüllt sind. Bejahendenfalls hat sieauszusprechen, daß der Verzichtende die Staats-bürgerschaft in dem Zeitpunkt, in dem der Ver-zicht bei ihr eingelangt ist, verloren hat.

(3) Der Bescheid, mit dem der Verlust derStaatsbürgerschaft infolge Verzichtes festgestelltwird, ist schriftlich zu erlassen.

ABSCHNITT IV

Behörden und Verfahren

§ 39. (1) Zur Erlassung von Bescheiden in An-gelegenheiten der Staatsbürgerschaft ist unbe-schadet der Bestimmungen des § 41 die Landesre-gierung zuständig.

(2) Örtlich zuständig ist jene Landesregierung,in deren Bereich die Person, auf die sich der Be-scheid bezieht, ihren ordentlichen Wohnsitz hat,sonst die Landesregierung, in deren Bereich dieEvidenzstelle (§ 49 Abs. 2) liegt. Die Zuständig-keit zur Erstreckung der Verleihung richtet sichnach der Zuständigkeit zur Verleihung derStaatsbürgerschaft.

§ 40. Die Beschränkungen der Auskunftsertei-lung nach § 48 des Jugendgerichtsgesetzes 1961,BGBl. Nr. 278, gelten nicht in einem nach die-sem Bundesgesetz anhängigen Verfahren.

§ 41. (1) Zur Ausstellung von Bescheinigungenin Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft undzur Entscheidung über derartige Anträge ist jeneGemeinde (Gemeindeverband) zuständig, in de-ren Bereich die Person, auf die sich die Bescheini-gung bezieht, ihren ordentlichen Wohnsitz hat.

(2) (Verfassungsbestimmung) Ist ein ordent-licher Wohnsitz im Gebiet der Republik nicht

gegeben, so ist das österreichische Berufskonsulat,wo jedoch ein solches nicht besteht, die öster-reichische diplomatische Vertretungsbehörde zu-ständig, in deren Bereich diese Person ihrenordentlichen Wohnsitz hat. Die Vertretungs-behörden haben hiebei das AVG. 1950, BGBl.Nr. 172, anzuwenden; über die Berufung gegeneinen Bescheid, womit der Antrag auf Ausstel-lung einer Bescheinigung abgewiesen wird, ent-scheidet die Landesregierung.

(3) Ergibt sich auch aus Abs. 2 erster Satzkeine örtliche Zuständigkeit, so ist die Evidenz-stelle (§ 49 Abs. 2) zuständig.

(4) Wenn eine Fremde im Gebiet der Republikoder im Bereich einer österreichischen Vertre-tungsbehörde im Ausland die Ehe mi t einemStaatsbürger eingeht und noch am selben Tagdie Erklärung nach § 9 abgibt, ist bei der An-wendung der Abs. 1 und 2 an Stelle des ordent-lichen Wohnsitzes der O r t der Eheschließungmaßgebend.

§ 42. (1) Außer dem im § 38 besonders geregel-ten Fall ist ein Feststellungsbescheid in Angele-genheiten der Staatsbürgerschaft zu erlassen,wenn der Antragsteller ein rechtliches Interessean der Feststellung hat .

(2) Ein Feststellungsbescheid ist weiters zu er-lassen, wenn dies das Bundesministerium fürInneres beantragt. In diesem Fall hat das Bun-desministerium für Inneres im Verfahren Par-teistellung.

(3) Ein Feststellungsbescheid kann von Amtswegen erlassen werden, wenn ein öffentlichesInteresse an der Feststellung besteht.

§ 43. (1) Außer den in diesem Bundesgesetzbesonders geregelten Fällen ist eine Bescheini-gung in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaftauszustellen, wenn der Antragsteller ein recht-liches Interesse an der Ausstellung der Bescheini-gung glaubhaft macht.

(2) Eine Bescheinigung kann von Amts wegenausgestellt werden, wenn ein öffentliches Interessedaran besteht.

(3) Eine Bescheinigung darf nicht ausgestelltwerden, wenn begründete Zweifel daran beste-hen, ob sie der Sach- und Rechtslage entspricht.

§ 44. (1) Die Bescheinigung, daß eine bestimmtePerson die Staatsbürgerschaft besitzt, ist aus-schließlich nach dem durch Verordnung des Bun-desministeriums für Inneres zu bestimmendenMuster auszustellen (Staatsbürgerschaftsnach-weis).

(2) Wird der Staatsbürgerschaftsnachweis ledig-lich zum Amtsgebrauch einer Behörde odereiner anderen öffentlichen Dienststelle ausgestellt,so ist er von der Stelle, für die er bestimmt ist,einzubehalten.

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§ 45. Bescheinigungen, in denen staatsbürger-schaftsrechtliche Verhältnisse unrichtig beurkun-det sind, insbesondere Staatsbürgerschaftsnach-weise, die infolge des Verlustes der Staatsbürger-schaft unrichtig geworden sind, hat ihr Inhaberder Evidenzstelle (§ 49 Abs. 2) über deren Auf-forderung abzuliefern.

§ 46. (1) Die Form der gemäß § 9 Abs. 3, § 23Abs. 1, § 28 Abs. 4, § 30 Abs. 1, § 38 Abs. 3und § 44 auszufertigenden Urkunden wirddurch Verordnung des Bundesministeriums fürInneres bestimmt. Hiebei ist darauf Bedacht zunehmen, daß diese Urkunden ein zweckentspre-chendes Ausmaß und ein ihrer Bedeutung ange-messenes Aussehen erhalten und daß ihre Nach-machung oder Verfälschung nach Möglichkeitverhindert wird.

(2) Das Bundesministerium für Inneres kannim Interesse der einheitlichen Ausgestaltung derim Abs. 1 genannten Urkunden und zur Ver-hinderung ihrer Nachmachung oder Verfäl-schung anordnen, daß für die Ausfertigung die-ser Urkunden ausschließlich nur solche Vor-drucke verwendet werden dürfen, die in denvom Bundesministerium für Inneres bestimmtenDruckereien hergestellt worden sind.

§ 47. (1) Gemeinden, die zur Besorgung vonPersonenstandsangelegenheiten zusammenge-schlossen sind, bilden kraft Gesetzes zur Durch-führung der in den §§ 41, 49 bis 52 und 53 Z. 5genannten Aufgaben einen Gemeindeverband.

(2) Organe des Gemeindeverbandes sind:a) der Leiter, das ist der Bürgermeister jener

Verbandsangehörigen Gemeinde, der dieBesorgung der Personenstandsangelegen-heiten übertragen ist; ihm obliegt dieDurchführung der Verbandsaufgaben, so-weit hiefür nicht der Verbandsausschußzuständig ist;

b) der Verbandsausschuß, das ist die Vollver-sammlung der Bürgermeister der Verbands-angehörigen Gemeinden; ihm obliegt dieEntscheidung über die Feststellung undAufteilung der Kosten gemäß Abs. 3. Erfaßt seine Beschlüsse mit Stimmenmehr-heit.

(3) Die dem Gemeindeverband aus der Besor-gung seiner Aufgaben erwachsenen Kosten sind,soweit sie nicht nach § 48 vom Land ersetztwerden, auf die verbandsangehörigen Gemeindennach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl aufzuteilen.

(4) Der Gemeindeverband führt die Bezeich-nung „Staatsbürgerschaftsverband"; dieser Be-zeichnung ist der Name jener Gemeinde beizu-fügen, deren Bürgermeister den Verband leitet.

§ 48. (1) Die Gemeinden (Gemeindeverbände)haben die Kosten, die ihnen aus der Durchfüh-

rung der ihnen nach diesem Bundesgesetz ob -liegenden Aufgaben erwachsen, selbst zu tragen.Das Land hat jedoch den Gemeinden (Gemeinde-verbänden) jene Kosten zu ersetzen, die ihnenaus der Führung der Staatsbürgerschaftsevidenz(§ 49) erwachsen.

(2) Der Kostenersatz nach Abs. 1 ha t jährlichin Bauschbeträgen zu erfolgen. Diese sind durchVerordnung der Landesregierung für jedes be-gonnene Hunder t der in der Staatsbürgerschafts-evidenz verzeichneten Personen festzusetzen. Fürdie Berechnung des Kostenersatzes ist die Anzahlder Personen maßgebend, die in der Mitte desjeweiligen Rechnungsjahres in der Staatsbürger-schaftsevidenz verzeichnet waren.

(3) Die Gemeinden (Gemeindeverbände) habenden Anspruch auf Ersatz der Kosten binnen dreiMonaten nach Ablauf des Rechnungsjahres beisonstigem Verlust bei der Landesregierung gel-tend zu machen.

(4) Ober Streitigkeiten, die sich auf Ersatz-ansprüche nach Abs. 1 beziehen, sowie über Be-rufungen der Gemeinden gegen Entscheidungendes Verbandsausschusses entscheidet die Landes-regierung.

ABSCHNITT V

Staatsbürgerschaftsevidenz

§ 49. (1) Die Gemeinden (Gemeindeverbände)haben nach Maßgabe dieses Abschnittes ein stän-diges Verzeichnis der Staatsbürger (Staatsbürger-schaftsevidenz) zu führen.

(2) Evidenzstelle ista) für Personen, die vor dem Inkraft treten

dieses Gesetzes im Gebiet der Republikgeboren sind:die Geburtsgemeinde (Gemeindeverband);

b) für Personen, die nach dem Inkraft tretendieses Bundesgesetzes im Gebiet der Repu-blik geboren sind:die Gemeinde (Gemeindeverband), in derdie Mutter im Zeitpunkt der Gebur tder zu verzeichnenden Person laut Eint ra-gung im Geburtenbuch ihren Wohnor thatte, wenn dieser aber im Ausland liegt, dieGeburtsgemeinde (Gemeindeverband) derzu verzeichnenden Person;

c) für Personen, die im Ausland geboren sindoder bei denen sich nach lit. a oder b keineZuständigkeit feststellen läßt:die Gemeinde Wien.

§ 50. Die Staatsbürgerschaftsevidenz ist fürjede Gemeinde gesondert in Form einer Karteizu führen. Durch Verordnung des Bundesmini-steriums für Inneres können nähere Bestimmun-gen über das Ausmaß und die Ausgestaltung derKarteiblätter sowie über die Einrichtung derKartei getroffen werden.

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§ 51. Die Evidenzstelle hat einen Staatsbürgerin der Staatsbürgerschaftsevidenz zu verzeichnenund die den Staatsbürgerschaftserwerb begrün-denden Umstände anzumerken, sobald sie durcheine Mitteilung nach den §§ 53 bis 55 oder aufandere Art davon Kenntnis erhält, auf welcheWeise er die Staatsbürgerschaft erworben hat.Die Evidenzstelle hat, soweit dies ohne über-mäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist, vonAmts wegen jede Gelegenheit wahrzunehmen,um sich diese Kenntnis zu verschaffen.

§ 52. Die Evidenzstelle hat weiters, sobald siedurch eine Mitteilung nach den §§ 53 bis 55 oderauf andere Art Kenntnis erhält, anzumerken

a) Umstände, die auf den Verlust der Staats-bürgerschaft hinweisen;

b) die bescheidmäßige Feststellung, daß einePerson niemals die Staatsbürgerschaft be-sessen hat;

c) die Nichtigerklärung einer Ehe, wenn da-durch die Frau oder ein Kind aus dieserEhe nicht mehr als Staatsbürger gilt;

d) die Feststellung der Ehelichkeit oder Un-ehelichkeit eines Kindes, wenn dadurch dasKind nicht mehr als Staatsbürger gilt;

e) die Änderung oder Berichtigung des Fa-miliennamens oder Vornamens einesStaatsbürgers oder einer bereits verzeich-neten Personund

f) das Ableben eines Staatsbürgers oder einerbereits verzeichneten Person.

§ 53. Der Evidenzstelle ist unverzüglich mit-zuteilen

1. vom Amt der Landesregierung:jeder von der Landesregierung in Angelegen-heiten der Staatsbürgerschaft erlassene Bescheid;

2. vom Gericht:a) die Einwilligung nach § 27 Abs. 2 und § 29

Abs. 2;b) die Nichtigerklärung einer Ehe, wenn die

Frau im Zeitpunkt der EheschließungStaatsbürgerin war oder wenn sie im Zeit-punkt der Nichtigerklärung Staatsbürgerinist oder bis dahin als solche gegolten hat;

c) die Nichtigerklärung einer Ehe, wenn dasKind aus dieser Ehe unehelich ist und imZeitpunkt seiner Geburt zumindest einElternteil Staatsbürger war;

d) die Feststellung der Ehelichkeit oder Un-ehelichkeit eines Kindes, wenn im Zeit-punkt seiner Geburt zumindest ein Ehe-teil Staatsbürger war,und

e) der Beschluß, womit ein Staatsbürger fürtot erklärt oder der Beweis seines Todesals hergestellt erkannt wird;

3. vom Bundesministerium für Justiz:a) die Legitimation eines Staatsbürgers oder

eines minderjährigen, ledigen Fremdendurch Entschließung des Bundespräsidenten;ist das legitimierte Kind weiblichen Ge-schlechtes, so sind gegebenenfalls auchdessen uneheliche Kinder bekanntzugeben;und

b) die Anerkennung eines ausländischen Ur-teiles, wodurch eine Ehe für nichtig erklärtworden ist, wenn die Voraussetzungen derZ. 2 lit. b oder c vorliegen;

4. von der österreichischen Vertretungsbehördeim Ausland:

jede von ihr in Angelegenheiten der Staats-bürgerschaft ausgestellte Bescheinigung;

5. von der Gemeinde (Gemeindeverband):a) die in ihrem Bereich beurkundete Geburt

eines Staatsbürgers;b) jede von ihr in Angelegenheiten der Staats-

bürgerschaft ausgestellte Bescheinigung;c) die Legitimation eines minderjährigen,

ledigen Fremden durch die in ihrem Be-reich beurkundete Eheschließung seinerEltern, wenn der Vater des Kindes Staats-bürger ist; ist das legitimierte Kind weib-lichen Geschlechtes, so sind gegebenenfallsauch dessen uneheliche Kinder bekannt-zugeben;

d) die Legitimation eines Staatsbürgers durchdie in ihrem Bereich beurkundete Ehe-schließung seiner Eltern;

e) die in ihrem Bereich beurkundete Ehe-schließung einer Staatsbürgerinund

f) das in ihrem Bereich beurkundete Ablebeneines Staatsbürgers.

6. von den im § 25 genannten Lehranstalten:der Dienstantritt eines Fremden als ordentlicheroder außerordentlicher Hochschul(Universitäts)-professor.

§ 54. Jede Entscheidung, die den Familien-oder Vornamen einer Person beeinflußt, ist vonder entscheidenden Behörde unverzüglich derEvidenzstelle mitzuteilen, wenn diese Entschei-dung eine Person betrifft, welche die Staats-bürgerschaft besitzt oder besessen hat, und dieEntscheidung nicht schon nach § 53 mitzuteilenist.

§ 55. Erhält das Amt der Landesregierung, dieBezirksverwaltungsbehörde, die österreichischeVertretungsbehörde im Ausland, die Gemeindeoder der Gemeindeverband (§ 47) Kenntnis vonUmständen, die in der Staatsbürgerschaftsevidenzanzumerken und die nicht schon nach den §§ 53oder 54 mitzuteilen sind, so sind sie der Evidenz-stelle mitzuteilen, wenn anzunehmen ist, daß sieihr noch nicht bekannt sind.

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§ 56. Alle natürlichen Personen, alle Behördenund Ämter und die für die wirtschaftlichen,administrativen und technischen Angelegenheitenverantwortlichen Leiter der Krankenanstaltensind verpflichtet, den Gemeinden (Gemeindever-bänden) die von diesen verlangten, für dieStaatsbürgerschaftsevidenz erforderlichen Aus-künfte, wenn notwendig an Hand von amtlichenUrkunden, vollständig und wahrheitsgetreu zuerteilen.

ABSCHNITT VI

Schluß- und Übergangsbestimmungen

§ 57. Ein minderjähriger Fremder erwirbt mitdem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes dieStaatsbürgerschaft, wenn er seit seiner Geburtstaatenlos ist und seine eheliche Mutter zumin-dest seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen dieStaatsbürgerschaft besitzt.

§ 58. Einem Fremden ist unter den Voraus-setzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er

1. am 5. März 1933 die Staatsbürgerschaft be-sessen;

2. sich nach diesem Zeitpunkt aus einem derim § 2 Abs. 3 vorletzter und letzter Satz desStaatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes 1949,BGBl. Nr. 276, angeführten Beweggründe in dasAusland begeben;

3. vor dem 19. Jänner 1950 die Staatsbürger-schaft verloren hatund

4. die Verleihung der Staatsbürgerschaft bis30. Juni 1969 beantragt.

§ 59. Einem Fremden ist unter den Voraus-setzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2die Staatsbürgerschaft ferner zu verleihen, wenner

1. sie nach § 9 Abs. 1 Punkt 2 des Staats-bürgerschaftsgesetzes 1949, BGBl. Nr. 276, durchden Eintritt in den „öffentlichen Dienst einesfremden Staates" verloren hat und seither Frem-der istund

2. die Verleihung der Staatsbürgerschaft bis30. Juni 1969 beantragt.

§ 60. Bescheide, mit denen die Verleihung derStaatsbürgerschaft nach § 16 Abs. 2 des Staats-bürgerschaftsgesetzes 1949 zugesichert wurde,gelten als Zusicherungen im Sinne des § 20. Siebleiben nach Maßgabe ihres Inhalts, jedoch läng-stens bis 30. Juni 1968 wirksam.

§ 61. Die nach dem Muster der Anlage 1 zurStaatsbürgerschaftsverordnung vom 29. Oktober1945, BGBl. Nr. 28/1946, ausgestellten Staats-bürgerschaftsnachweise gelten als Staatsbürger-schaftsnachweise im Sinne des § 44.

§ 62. Die Gemeinden sind verpflichtet, die aufGrund der Heimatrechtsnovelle 1928, BGBl.Nr. 355, angelegten Heimatrollen und die son-stigen heimatrechtlichen Unterlagen, wie insbe-sondere Heimatmatriken und Heimatscheinver-zeichnisse, aufzubewahren. Das Bundesministe-rium für Inneres kann durch Verordnung be-stimmen, daß die Gemeinden, die einem Ge-meindeverband angehören (§ 47), ihre heimat-rechtlichen Unterlagen diesem Gemeindeverbandzu übergeben haben.

Einziehung von Personalpapieren§ 63. (1) In zwischenstaatlichen Verträgen k a n n

zur Hintanhaltung des Mißbrauches ausländischerAusweispapiere vereinbart werden, daß Reise-pässe, Staatsangehörigkeitsurkunden und son-stige Personalpapiere, die eine Person als Ange-hörigen eines fremden Staates ausweisen, einzu-ziehen sind, wenn diese Person die fremdeStaatsangehörigkeit durch den Erwerb derStaatsbürgerschaft verliert.

(2) (Verfassungsbestimmung) Liegt eine Ver-einbarung nach Abs. 1 vor , so hat erforderlichen-falls die Landesregierung die Einziehung derunter diese Vereinbarung fallenden Ausweis-papiere zu verfügen.

Strafbestimmungen§ 64. (0 Wer eine in diesem Bundesgesetz v o r -

gesehene Urkunde oder hiezu gehörige amtlicheDrucksorten, Vermerke und Zeichen nachmacht,verfälscht, wissentlich mi t falschem Inhal t an-fertigt oder sich die zur Herstellung solcherUrkunden geeigneten Gegenstände (Formen,Stempel, Abdrucke, Formblät ter und dergleichen)unbefugt verschafft oder einem anderen über -läßt oder von einer ungültigen, nachgemachten,verfälschten oder mi t falschem Inhalt angefer-tigten Urkunde der genannten Ar t Gebrauchmacht, begeht, sofern die Ta t nicht unter einestrengere Strafbestimmung fällt, ein Vergehenund wird mit strengem Arrest von drei Monatenbis zu drei Jahren bestraft. Neben der Arrest -strafe kann auf eine Geldstrafe bis zu 50.000 Serkannt werden.

(2) Der gleichen Bestrafung unterliegt, wer einevon einer österreichischen Behörde über staats-bürgerschaftsrechtliche Verhältnisse ausgestellteUrkunde einem anderen zum Gebrauch überläßt,sich eine solche für einen anderen ausgestellteUrkunde unbefugt verschafft oder hievon unbe -fugt Gebrauch macht und wer eine solche U r -kunde erschleicht, sofern die Tat nicht unter einestrengere Strafbestimmung fällt.

(3) Wer einer Aufforderung nach § 45 odereiner Verfügung nach § 63 Abs. 2 keine Folgeleistet oder der ihm nach § 56 obliegenden Ver-pflichtung nicht nachkommt, begeht eine Ver-waltungsübertretung. Dies gilt nicht für Organeder inländischen Gebietskörperschaften.

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Inkrafttreten und Aufhebung

§ 65. (1) Dieses Bundesgesetz tritt am 1. Juli1966 in Kraft.

(2) (Verfassungsbestimmung) Mit dem Inkraft-treten dieses Bundesgesetzes tritt das Staats-bürgerschaftsgesetz 1949, BGBl. Nr. 276, außerKraft.

(3) Durchführungsverordnungen können von

dem der Kundmachung dieses Bundesgesetzes fol-

genden Tag an erlassen werden. Sie treten frü-

hestens mit diesem Bundesgesetz in Kraft

Vollziehung

§ 66. Mit der Vollziehung dieses Bundes-gesetzes sind betraut:

1. soweit sie dem Bund zukommt, hinsichtlicha) des § 10 Abs. 4 die Bundesregierung;

b) des § 19 Abs. 3, § 27 Abs. 2 letzter Satz,§ 28 Abs. 3 letzter Satz sowie § 53 Z. 2und 3 das Bundesministerium für Justizim Einvernehmen mit dem Bundesministe-rium für Inneres;

c) des § 41 Abs. 2 das Bundesministerium fürAuswärtige Angelegenheiten im Einver-nehmen mit dem Bundesministerium fürInneresund

d) der übrigen Bestimmungen dieses Bundes-gesetzes das Bundesministerium für Inne-res;

2. soweit die Vollziehung dem Lande zu-kommt, die Landesregierung.

JonasKlaus Pittermann Czettel BrodaPiffl Proksch Schmitz SchleinzerBock Probst Prader Kreisky

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