Bundesverfassungsgericht Freiheitsentzug Zwangsbehandlung

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Freiheitsentzug. Karlsruhe 15.4.2011 Klare Worte fand der Jurist David Schneider-Addae-Mensah für Ärzte oder Richter, die die Entscheidung nicht beachten: “Wenn sie es nicht tun, werde ich die entsprechenden Ärzte wegen Körperverletzung anzeigen und die Richter, die jetzt noch eine Zwangsbehandlung genehmigen, ebenso. Das sind dann Kriminelle in weißen Kitteln und schwarzen Roben.” Richterin: „Welches Grundgesetz, Herr Verteidiger?“

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§ 1906 Punkt 1 und 2 Anwalt: David Schneider-Addae-Mensah Karlsruhe 14. April 2011

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Freiheitsentzug. Karlsruhe 15.4.2011

Klare Worte fand der Jurist David Schneider-Addae-Mensah für Ärzte oder Richter, die die Entscheidung nicht beachten: “Wenn sie es nicht tun, werde ich die entsprechenden Ärzte wegen Körperverletzung anzeigen und die Richter, die jetzt noch eine Zwangsbehandlung genehmigen, ebenso. Das sind dann Kriminelle in weißen Kitteln und schwarzen Roben.”

Richterin: „Welches Grundgesetz, Herr Verteidiger?“

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Karlsruhe, 15.4.2011:

Was Watzlawick über die Psychoanalyse berichtet, die Krankheit, für deren Behandlung sie sich hält,

kann man auch auf die Justiz übertragen.

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Das Bundesverfassungsgericht hat seine lang erwartete Entscheidung bekannt gegeben, ob Zwangsbehandlung zulässig ist oder nicht: “Der Zweite Senat des Bundes–verfassungsgerichts hat entschieden, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar und nichtig ist.”

Karlsruhe, 15.4.2011:

Anwalt: David Schneider-Addae-Mensah

18.04.2011

„KriminelleinweißenKitteln“

INTERVIEW.

taz:HerrSchneider-Addae-Mensah,SiehabenletzteWochebeim

BundesverfassungsgerichteinenBeschlusserstritten...

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Rhetorische Elementarlehre.

EUR 75,00ISBN-10: 9783811419094

ISBN-13: 978-3811419094

Justiz Rhetorik

Besorgnis der Be- Gefangenheit.

Die Gerichtsbarkeit ist sich der Übertragungsphänomene durchaus bewusst und räumt daher in der Zivilprozessordnung die Möglichkeit der Ablehnung eines Richters oder Gutachters wegen Befangenheit ein. Befangenheitsanträge, auch wenn sie an sich gerechtfertigt sind, haben in der Regel jedoch keinen Erfolg. Um eine Befangenheit des Richters sichtbar zu machen müsste man wenigstens Videoaufzeichnungen von den Gerichtsterminen anfertigen, die man hinterher von einem Kommunikationsfachmann analysieren und auswerten lassen könnte.

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Justiz Rhetorik und ihre primitiven

Abwehrmechanismen:

Projektion, Identifikation, Verdrängung,

Regression, Rationalisierung.

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Berufstypisches Agieren wie z.B. Inhalte verbreiteter Rechtssprechung können auf psychische Abwehrmechanismen zurückgehen die im

psychologischen Sinn „behandlungsbedürftig“ wären.

Ein Autor, der selbst jahrzehntelang Richter war...

und jetzt als Rechtsanwalt arbeitet, hat eine Aufzählung veröffentlicht. Unter Abwehrmechanismen werden versteht die Psychologie „psychische Verteidigungsmethoden mit dem Ziel, Konflikten auszuweichen und durch Entstlellung des realen Sachverhaltes ein subjektiv erstrebtes Resultat zu erreichen.

Projektion: Bei Entscheidungen werden eigene Motive und Wertungen nach aussen verlagert und als Motive und Wertungen anderer behandelt. Gelegenheit dazu bieten alle deskriptiv maskierten Wertungen (Adäquanzurteil, Ermittlung, usw.) Die beschreibend gefasste Prämisse wird genutzt, um Werturteile zu „deduzieren“ oder Wertungen, die ein Richter gemäss eigener Präferenz kurzerhand unterstellt.

Identifikation. Übernahme der Wertungen, Motive und Beurteilungen anderer, um eigener Unsicherheit entgegenzuwirken, Der Entscheider biegt Präjudizien oder „Theorien“ zurecht, um mit ihnen eine Wertung zu rechtfertigen, das heisst Verantwortung dorthin abzuladen, obwohl er eine Begründungslücke mit eigenen Argumenten zu schliessen hätte. Auch den Autoritätsbeweis kann man psychologisch so erklären: „nichts wird hinterfragt – man identifiziert sich mit anderen - ohne eigene Realitätsprüfung des Sachverhaltes.“

Verdrängung: Unerwünschte Realität bleibt unbeachtet oder wird durch Unterstellungen ersetzt – ein Weg um lästige Beweisaufnahmen abzuwenden. Oder die „freie Beweiswürdigung“ wird zu einer zirkelhaften Arbeitserleichterung genutzt. Ein Richter befolgt die alltagstheoretische „Beweisregel“ wonach einem Zeugen zu glauben ist, wenn nicht ganz gewichtige Anhaltspunkte gegen die Glaubwürdigkeit sprechen, nach denen aber nicht geforscht wird.

Justiz Rhetorik

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Regression. Zurückweichen auf einen früheren Standpunkt, um aktuellen Herausforderungen z.B. neuen Fakten auszuweichen.

Ungeschehenmachen. Der Versuch, Folgen eigenen Fehlverhaltens herunterzuspielen, um keine Schuldgefühle aufkommen zu lassen. Auch dieser Mechanismus kann sich zum Rechtssprechungsinhalt manifestieren. Beispiel: Ein Gericht / Gutachter gibt falsche Hinweise / Ermittlungen, der Anwalt vertraut darauf und wird prompt von der Rechtssprechung für die Folgen haftbar gemacht: er hätte aufr dergleichen nicht blind vertrauen dürfen. So heilt ein Gericht das andere.

Rationalisierung. Der Rechtsanwender baut schwer nachvollziehbare Konstruktionen auf bzw. kausale Ungereimtheiten, um zweifelhaften oder subjektiven Wertungen den Anschein des vernünftigen zu geben. Dürfte bei Juristen jeden Berufszweigs verbreitet sein.

Widerstand. Die Weigerung Fehler anzuerkennen. Ein Mensch mit gestörtem Verhältnis zu den eigenen Fehlern verträgt keine Kritik. Und er nutzt seine Macht, zumal wenn Missbrauch nicht sanktioniert ist – als Richter, auch dazu, rechtliches Gehör zu verweigern.

Viele Richter, so Bossi, unterschlagen Beweise,

lassen Widersprüche einfach weg , verdrehen Aussagen, nur um ein Ur-teil «formal-juristisch» unanfechtbar zu machen. Dagegen gibt es kaum eine Handhabe. Bossi hält damit die Justiz für absolut kriminell ! Und das führt bei manchen Richtern zu einer Art Allmachtsgefühl. Rolf Bossi: „Was, wann und wie in einer Gerichtsverhandlung gesagt wird, ist objektiv kaum nachprüfbar. Es bleibt abhängig von der subjektiven Sichtweise des Richters. Mündliche Hauptverhandlung als Posse. Im Prinzip ist damit der Willkür Tür und Tor geöffnet. Richter können Zeu-genaussagen ignorieren, missverstehen, verdrehen und in einzelnen Fällen sogar bewußt verfälschen, ohne daß es ihnen nachzuweisen wäre. Zwar schwant einem erfahrenen Strafverteidiger schon bei der mündlichen Ur-teilsbegründung, welche fragwürdigen Auslegungen welcher Zeugenaus-sagen zu einem Fehlurteil geführt haben doch im Detail kann man das erst Wochen später nachlesen, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Dort werden die Inhalte aller Zeugenaussagen dann so referiert, daß sie zum Urteilsspruch des Gerichts passen - und zwar als wären sie in Stein gemeißelt. Es gibt praktisch keine Möglichkeit, diese schriftliche Darstellung eines Gerichts in Zweifels zu ziehen oder gar zu widerlegen. D. h., ein Strafurteil dient als Zweck. Wahrheit und Gerechtigkeit werden unter den Teppich gekehrt!

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Der Zweite Senat unter Vorsitz von Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung.

Man darf den acht lebenserfahrenen Karlsruher Richtern, die das heutige Urteil sehr einmütig beschlossen haben, getrost Verantwortungsgefühl unterstellen. Und beileibe keine Europamüdigkeit - auch wenn sie in diesem Punkt das Straßburger Urteil nicht eins zu eins umsetzen. Sie räumen mit einer Jahrzehnte alten Lebenslüge der Strafjustiz auf. Sie verlangen, was bislang eigentlich nur behauptet worden ist, nämlich: Die Sicherungsverwahrung darf keine zweite Strafhaft sein. Mit vollstreckter Strafe ist die Schuld des Täters abgegolten.

Das Bundesverfassungsgericht hat alle bestehenden Regelungen zur

Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt.

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Die Sicherungsverwahrung verletzte das Grundrecht auf Freiheit, heißt es hier. Hochgefährliche Straftäter dürfen künftig aber unter sehr engen Grenzen weiter verwahrt werden. Die anderen müssen freikommen, so die Richter. Die geltende Praxis verletzt die Menschenrechte, entschied das Gericht in Karlsruhe. Laut Urteil verstößt die Gesetzesreform gegen das Freiheitsrecht der Betroffenen. Das Gericht begründete dies damit, dass sich die Sicherungsverwahrung, die nur dem Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Tätern dient, nicht deutlich genug von einer Strafhaft unterscheidet. Dieses sogenannte Abstandsgebot hatte bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg im Dezember 2009 eingefordert. Das Gericht präsentiert mit großer Klarheit seine Vorstellungen, wozu Strafrecht und Strafvollzug taugen und wozu nicht. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung ist überwiegend begrüßt worden. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, bezeichnete das Urteil als klug. Auch sozialdemokratische Minister mehrere Landesregierungen begrüßten die Entscheidung der Karlsruher Richter. Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger erklärte, die Entscheidung schaffe endlich Rechtsklarheit und hebe den Widerspruch zum europäischen Menschenrechtsschutz auf.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberge: „Bund und Länder müssten dafür sorgen, dass sich die Sicherungsverwahrung deutlicher von der Strafhaft unterscheide.”

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Verteidiger David Schneider-Addae-Mensah

aus Strasbourg und Kehl sieht in ihnen

(Richter / Psychiater) Überzeugungstäter:

„sie glauben daran, daß das was sie tun

positiv ist, sagt er. Diese Menschen han-

deln wahnhaft und werden so zur eigentli-

chen Gefahr: zu einer Gefahr für Dritte und

zu einer Gefahr für unseren Rechtsstaat.“

Die Gerichte stellten klar: „Der Staat hat nicht das Recht, den Betroffenen zu erziehen, zu bessern, oder zu hindern, sich selbst zu schädigen.“

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Karlsruhe, 15.4.2011 (2 BvR 882/09).

Heute morgen hat das Bundesverfassungsgericht seine lang erwar-tete Entscheidung bekannt gegeben, ob Zwangsbehandlung in der Forensik (Maßregelvollzug) zulässig ist oder nicht - Zitat: „Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 MVollzG Rh.-Pf. [Zwangsbehandlung] mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar und nichtig ist.“ Die Presseerklärung des Bundesver-fassungsgerichts dazu: http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg11-028.html

Für dieses Verfahren hat RA Scharmer ein Rechtsgutachten angefer-tigt, in dem umfangreich und detailliert, insbesondere auch mit Hilfe der Behindertenrechtskonventionen, argumentiert wird, warum diese Urteil nur so gefällt werden kann. Das Gutachten ist hier veröffentlicht: http://www.die-bpe.de/forensik

Da mit diesem Urteil die Zwangsbehandlung in der Forensik (Maß-regelvollzug) erfolgreich zu Fall gebracht werden konnte, ist nun zu erwarten, dass alle Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie mit dem Grundgesetz, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, unvereinbar sind und dann jede psychiatrische Zwangseinweisung nur noch Knast ist, für den KEINE Krankenversicherung mehr zahlen wird. Inzwischen sind verschiedene weitere Artikel zu dem Urteil des Bundesverfas-sungsgerichts erschienen: Bemerkenswert der TAZ Artikel mit dem Interview mit den Anwalt, der diesen Erfolg für seinen Mandanten errungen hat, in dem er sich zu den unmittelbaren Auswirkungen des Urteils äußert:

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Geboren 29.09.1971 in München, Staatsangehörigkeiten: deutsch, ghanaisch RechtsanwaltAuftrittsbefugnis an allen deutschen Amts-, Land- und Oberlandesgerichten, an allen französischen Amts-, Handels- und Verwaltungsgerichten sowie am Landgericht (Tribunal de Grande Instance) Strasbourg. Mitgliedschaften (Auswahl): Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Deutsch-Französische Juristenvereinigung, Europa-Union Deutschland, Union pour l’Europe Fédérale France (UEF), Comité de Pilotage Forum Carolus (Strasbourg), Rechtsanwaltskammer Freiburg/Breisgau, Barreau de l‘Ordre des Avocats de Strasbourg. 2000-2001: Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung, Bureau Bruxelles. Seit 2004 selbständiger Rechtsanwalt in Strasbourg und ab 2006 zusätzlich in Kehl/Rhein.

Rechtsanwalt.David Schneider-Addae-Mensah.

Licence en en droit in Toulouse 1997

Mandant hat sich erhängt.Der Kehler Anwalt hatte zuletzt einen Mandanten (Holger Z.) aus Thüringen vertreten, der ebenfalls gegen seinen Willen behandelt worden war. Ende Februar hatte er sich erhängt: »Er hat mir täglich sein Leid geklagt«, berichtet der Kehler Jurist, »und irgendwann hat er es nicht mehr ausgehalten.«

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„Kriminelle in weißen Kitteln“

MENSCHENRECHTE Anwalt David Schneider-Addae-Mensah fordert, die Zwangsbehandlung von Straftätern in der Psychiatrie sofort zu stoppen - sonst will er Ärzte anzeigen. Gut zusammengefasst von Peter Nowak in Telepolis. Im Verfassungsblog wird von einem Juristen eine sehr gute generelle Einschätzung vorgenommen. Und auch Helmut Pollähne, Strafverteidiger und einer der Chefredakteure von Recht & Psychiatrie, hat sich zu Wort gemeldet: Unter dem Titel: Jetzt werden den Psychiatern die Hände gebunden, beschreibt er seine Sicht auf das Urteil. Außerdem hat sich auch die DGPPN bezeichnenderweise im Handelsblatt zu Wort gemeldet:

Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psy-chotherapie und Nervenheilkunde, Prof. Frank Schneider, forderte möglichst eindeutige gesetzliche Regelungen. „Wir sind als Psychiater nicht die Herren des Verfahrens. Es steht uns nicht an, für den Patien-ten zu entscheiden.“ Offensichtlich gehen die Psychiater nun schon in Deckung und wollen sich nur noch verstecken, weil sie gar nicht mehr „Herren des Verfahrens sind“ :-)

Kriminelle Betreuer

Rechtsanwalt und Betreuer Leitenberger,gelernter Metzgermeister.

Ludwigsburg, 19.5.2011:

Dieses Urteil mit dem Bann der psychiatrischen Zwangsbehandlung zieht immer weitere Kreise. Dabei erweist sich die „Durchschlagskraft“ dieser richtungsweisenden Entscheidung auch bei einer Einsperrung auf betreuungsrechtlicher Grundlage: Wie wir aus einer zuverlässigen Quelle erfahren haben, musste ein zum Zwangsbetreuer bestellter Fleischermeister vor dem Amtsgericht Ludwigsburg nun eine Nieder-lage einstecken. Sein Antrag auf Zwangsbehandlung seiner Betreuten

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wurde mit Verweis auf dieses Urteil zurückgewiesen. Daraufhin wurde die Betroffene am 19.5.2011 sofort entlassen. Im Entlassungsschreiben wurde Folgendes festgehalten:

Wir gratulieren der Betroffenen zu diesem Erfolg und werden diese Entscheidung an alle Amtsgerichte weiterleiten, auf dass sich nunmehr in der ganzen BRD die geschlossenen Abteilungen der Psychiatrien kurzfristig leeren mögen. Wer an weiteren Details dieses Vorgangs in-teressiert sein sollte, �ndet eine umfassende Dokumention in diesem Blog: http://www.meinungsverbrechen.de/?p=113

Fleischermeister Leitenberger versucht nun mit allen Mittel die Ver-öffentlichung seines Falles zu verhindern. Das Video in youtube über seine Betreute lies er sperren - sein veröffentliches Schreiben an die Richter zur Genehmigung des Freiheitsentzugs - droht er mit Hinweis auf Persönlichkeits- bzw. Urheberrechtsverletzungen zu verhindern.

Verteidiger David Schneider-Addae-Mensah sieht in ihnen (Richter / Psychiater /Betreuer) Überzeugungstäter:

„sie glauben daran, daß das was sie tun positiv ist, sagt er. Diese Men-schen handeln wahnhaft und werden so zur eigentlichen Gefahr: zu einer Gefahr für Dritte und zu einer Gefahr für unseren Rechtsstaat.“

Original Dokument Betreuer Leitenberger.

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Berlin, 5.7.2011Dr. David Schneider-Addae-Mensah, der Anwalt der beim Bundesver-fassungsgericht für den Betroffenen den Beschluss 882/09 gegen die Zwangsbehandlung erstritten hat, hat einen Kommentar verfasst, den wir unbedingt zur Lektüre empfehlen und den die-BPE hier im Inter-net veröffentlicht hat: http://www.die-bpe.de/Kommentar_SAM.html und der hier als pdf zum Ausdrucken abgerufen werden kann. Darin verdeutlicht er, warum es auch für den Gesetzgeber das sinnvollste ist, einfach nur diese Annulierung der Zwangsbehandlung hinzunehmen, und sich nicht in dem unüberwindbaren Gebirge, das das Bundesver-fassungsgericht vor ein gesetzliche Neuregelung der Zwangsbehand-lung gestellt hat, zu versteigen und abzustürzen.

Karlsruhe, 15.4.2011 (2 BvR 882/09): Heute morgen hat das Bundesverfassungsgericht seine lang erwartete Entscheidung bekannt gegeben, ob Zwangsbehandlung in der Foren-sik (Maßregelvollzug) zulässig ist oder nicht - Zitat: „Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 MVollzG Rh.-Pf. [Zwangsbehandlung] mit dem Grundrecht auf körperli-che Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG unverein-bar und nichtig ist.“ Das ist ein einschneidendes und wegweisendes Urteil, vollständig nachzulesen hier:

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20110323_2bvr088209.html

Die Presseerklärung des Bundesverfassungsgerichts dazu: http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg11-028.html. Für dieses Verfahren hat RA Scharmer ein Rechtsgutachten angefertigt, in dem umfangreich und detailliert, insbesondere auch mit Hilfe der Be-hindertenrechtskonventionen, argumentiert wird, warum diese Urteil nur so gefällt werden kann.Das Gutachten ist hier veröffentlicht: http://www.die-bpe.de/forensik

Da mit diesem Urteil die Zwangsbehandlung in der Forensik (Maß-regelvollzug) erfolgreich zu Fall gebracht werden konnte, ist nun zu erwarten, dass alle Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie mit dem

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Grundgesetz, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, unvereinbar sind und dann jede psychiatrische Zwangseinweisung nur noch Knast ist, für den KEINE Krankenversicherung mehr zahlen wird.yInzwischen sind verschiedene weitere Artikel zu dem Urteil des Bundesverfas-sungsgerichts erschienen: Bemerkenswert der TAZ Artikel mit dem Interview mit den Anwalt, der diesen Erfolg für seinen Mandanten errungen hat, in dem er sich zu den unmittelbaren Auswirkungen des Urteils äußert:

„Kriminelle in weißen Kitteln“

MENSCHENRECHTE Anwalt David Schneider-Addae-Mensah fordert, die Zwangsbehandlung von Straftätern in der Psychiatrie sofort zu stoppen - sonst will er Ärzte anzeigen...

Gut zusammengefasst von Peter Nowak in TelepolisIm Verfassungs-blog wird von einem Juristen eine sehr gute generelle Einschätzung vorgenommen.

Und auch Helmut Pollähne, Strafverteidiger und einer der Chefredak-teure von Recht & Psychiatrie, hat sich zu Wort gemeldet: Unter dem Titel: Jetzt werden den Psychiatern die Hände gebunden, beschreibt er seine Sicht auf das Urteil. Außerdem hat sich auch die DGPPN be-zeichnenderweise im Handelsblatt zu Wort gemeldet:

Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psycho-therapie und Nervenheilkunde, Prof. Frank Schneider, forderte mög-lichst eindeutige gesetzliche Regelungen. „Wir sind als Psychiater nicht die Herren des Verfahrens. Es steht uns nicht an, für den Patienten zu entscheiden.“ Es komme in der Praxis häu�g vor, dass Patienten eine Behandlung verweigerten. „Es kann aber auch unmenschlich sein, einen Patienten nicht zu behandeln. Gerade im Zustand einer aku-ten Psychose emp�ndet der Patient meist sehr viel Angst“, erläuterte Schneider. Offensichtlich gehen die Psychiater nun schon in Deckung und wollen sich nur noch verstecken, weil sie gar nicht mehr „Herren des Verfahrens sind“ :-)

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Logorrhö. Querulant: Sicherheitsverwahrung wg. zu vieler Beschwerdebriefe.

In der JVA Diez/Lahn sitzt Herr D., der in einem rechtsstaatlich bedenklichen Verfahren wegen Delikten verurteilt worden war, die inzwischen zum Teil gar nicht mehr existieren. Seine zehnjährige Höchstfrist ist Ende 2009 abgelaufen. Zweimal wurde seither die Erledigung seiner Sicherungsverwahrung geprüft: im Februar verweigerten die Koblenzer Strafvollstreckungsgerichte seine Entlassung v.a. mit der Begründung, D. schreibe zu viele Beschwerdebriefe.

Rechtsanwalt David Schneider-Addae-Mensah aus Straßburg und Kehl hat deshalb nunmehr alle beteiligten Richter und Staatsanwälte wegen Freiheitsberaubung, Rechtsbeugung und Vollstreckung gegen Unschuldige angezeigt.

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Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde.

Das Urteil ist ein wichtiger Schritt in Richtung der längst fälligen Abschaffung

psychiatrischer Willkür und Gewalt.

Das Urteil aus Karlsruhe könnte perspektivisch das Aus für psychiatrische Zwangsbehandlungen bedeuten. Die Richter hatten der Verfassungsbeschwerde eines psychisch kranken Straftäters stattgegeben, der gegen seine zwangsweise Medikamentierung in der Psychiatrie geklagt hatte. Die Karlsruher Richter hatten über die Klage eines Mannes aus Rheinland-Pfalz zu entscheiden, der die Behandlung mit nervendämpfenden Medikamenten, sogenannten Neuroleptika, im Pfalzklinikum Klingenmünster abgelehnt hatte. Der 59-Jährige, der aufgrund einer Verurteilung wegen im Zustand der Schuldunfähigkeit gegangener Gewalttaten seit 1999 im Maßregelvollzug sitzt, befürchtete durch die Medikamente Nebenwirkungen auf die Leber und negative Persönlichkeitsstörungen. Die Ärzte in der Psychiatrie wollten ihm das Psychopharmaka notfalls zwangsweise spritzen. Doch er lehnte dies wegen der Nebenwirkungen der Behandlung ab. Die Klinikleitung bezeichnete den Mann daraufhin als nicht einsichtsfähig und kündigte die Verabreichung der Medikamente gegen seinen Willen an. Von Gerichten in Rheinland-Pfalz bekam sie in mehreren Instanzen Recht. Eine Verfassungsbeschwerde des Mannes gegen die Zwangsbehandlung hatte jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg. Die Arbeitsgemeinschaft Psychiatrieerfahrener bezeichnete das Urteil in einer Pressemitteilung als Sensation. „Da mit diesem Urteil die Zwangsbehandlung erfolgreich zu Fall gebracht werden konnte, ist zu erwarten, dass alle Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie mit dem Grundgesetz, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, unvereinbar sind und dann jede psychiatrische Zwangseinweisung nur noch Knast ist, für den keine Krankenversicherung mehr zahlen wird“, heißt es darin.

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RA Schneider-Addae-Mensah: “...2006 übernahm Schneider-Addae-Mensah den Fall. Zwei Gerichtsinstanzen bestätigten die Zwangsmedikation. Sie sei nach dem Gesetz zulässig, hieß es.

Doch der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts unter Präsident Andreas Voßkuhle sieht das anders:

Die Zwangsbehandlung greife in schwerwiegender Weise in das Grundrecht des Mannes auf körperliche Unversehrtheit ein. Der Schutz vor Straftaten ließen die Richter nicht als Grund gelten. Das könne auch durch weiteres Einsperren erreicht werden. Das Grundgesetz schütze auch die »Freiheit zur Krankheit«, begründete das Gericht. Die medizinische Behandlung eines Untergebrachten gegen seinen natürlichen Willen (kurz: Zwangsbehandlung) greift in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Dieses Grundrecht schützt die körperliche Integrität des Grundrechtsträgerst.

Bei der medizinischen Zwangsbehandlung eines Untergebrachten mit Neuroleptika handelt es sich um einen besonders schwerwiegenden

Grundrechtseingriff.

Der Kehler Anwalt hatte zuletzt einen Mandanten aus Thüringen vertreten, der ebenfalls gegen seinen Willen behandelt worden war. Ende Februar hatte er sich erhängt: »Er hat mir täglich sein Leid geklagt«, berichtet der Kehler Jurist, »und irgendwann hat er es nicht mehr ausgehalten.« Ein weiterer Thüringer, den er vertreten hatte, war 2010 unter noch nicht vollständig geklärten Umständen gestorben, wie der Rechtsanwalt berichtet.

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„Klassische“ Neuroleptika zeichnen sich vor allem durch die Verursachung von Früh- und Spätdyskinesien (Bewegungsstörungen) aus, wobei es auch zu einem irreversiblen Verlauf kommen kann. Untersuchungen haben ergeben, dass in 20% der Fälle von längerer Anwendung von Neuroleptika irreversible Bewegungsstörungen (tardive Dyskinesien) aufgetreten sind. Andere Quellen sprechen sogar davon, dass auch bei schwach wirksamen Neuroleptika in bis zu 40% der Fälle auch nach relativ kurzem Gebrauch irreversible extrapyramidal-motorische Störwirkungen, meist in Form von zirkumoralen terminalen Hyperkinesen, auftreten können. Alle Neuroleptika können ein akut lebensbedrohliches malignes Neuroleptikasyndrom auslösen, das durch Rigor, Akinese, Fieber, kardiovaskuläre und Bewusstseinsstörungen gekennzeichnet ist und eine hohe Letalität besitzt (20%). Auch atypische Neuroleptika zeichnen sich durch vielfältige Nebenwirkungen aus, die im wesentlichen Maße die Gesundheit des Betroffenen schädigen und sein körperliches Wohlbefinden beeinträchtigen. So konnten bei der Anwendung

Richter werden zu einer erheblichen Bedrohung und sind die eigentliche Gefahr für den Bürger und den Rechtsstaat. Neuroleptika auf Richter-Rezept.

Neuroleptika. Erheblich gesundheitliches Risiko.

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des atypischen Neuroleptika Abilify (Aripiprazol) u. a. in 15-26% der Fälle extrapyramidale Symptome (=Bewegungsstörungen), in 25% der Fälle Angstzustände, in 32% der Fälle Kopfschmerzen und in 12% der Fälle Brechreiz und Erbrechen festgestellt werden. Bei der Anwendung von Zyprexa (Olanzapin) konnten als Nebenwirkungen u. a. in 15% der Fälle eine gesteigerte Aggressivität, in bis zu 19% der Fälle extrapyramidale Symptome und in 15% der Fälle Verstopfungen festgestellt werden. Zwei Drittel aller Neuroleptikakonsumenten klagen über schwere Depressionen. Fast immer wird durch den Konsum der Antrieb gehindert. Eine vergleichende unabhängige Studie hat ergeben, dass der Großteil der „atypischen“ Neuroleptika“ keinen Wirkvorteil gegenüber den „klassischen“ Neuroleptika erkennen lässt. Auch hinsichtlich der Gesamtverträglichkeit gibt es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Neuroleptika. Extrapyramidal-motorische Störungen kommen unter den geprüften Neuroleptika ähnlich häufig vor. Insgesamt kann man sagen, dass die Bewertung „atypischer“ Neuroleptika keine Vorteile erkennen lässt. Selbst wenn man allerdings die Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 MVollzG Rh-Pf - wie die Fachgerichte - nicht als erfüllt ansehen würde, bliebe die Zwangsbehandlung verfassungswidrig. Es ist anerkannt, dass niemand – auch kein Arzt – sich zum Richter in der Frage aufschwingen darf, unter welchen Umständen ein anderer vernünftigerweise bereit wäre, einen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit zu dulden. Zwangsbehandlungen stellen daher einen schweren Eingriff in das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dar.

Da demnach mit der Verabreichung von Neuroleptika ein wesentliches gesundheitliches Risiko für den Beschwerdeführer einhergeht,

findet die Zwangsbehandlung vorliegend nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 MVollzG Rh-Pf schon

keine gesetzliche Grundlage, weshalb sie gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verstößt.

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Anzeige gegen Richter. Deutsche Gerichte ignorieren Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der Kehler Rechtsanwalt David Schneider-Addae-Mensah hat es geschafft, dass die Zwangsbehandlung von Straftätern in der Psychiatrie gesetzlich neu geregelt werden muss Die Begründung des Bundes-verfassungsgerichts in Karlsruhe liegt dem 39-Jährigen druckfrisch vor, wie die Kehler Zeitung recherchiert hat. Zwei Gerichtsinstanzen bestätigten die Zwangsmedikation. Sie sei nach dem Gesetz zulässig, hieß es. Doch der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts unter Präsident Andreas Voßkuhle sieht das anders: Die Zwangsbehandlung greife in schwerwiegender Weise in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein. Das Grundgesetz schütze auch die »Freiheit zur Krankheit«, begründete das Gericht. Ein weiterer Thüringer, den er vertreten hatte, war 2010 unter noch nicht vollständig geklärten Umständen gestorben, wie der Rechtsanwalt berichtet.

Europäischer Gerichtshof

für Menschenrechte.

Rechtsanwalt Rechtsanwaltskanzlei Stefan Wagner Fachanwalt für Strafrecht Verfahrenspfleger Betreuer Betäubungsmittelgesetz Betäubungsmittelstrafrecht Familienrecht Klinikstraße 16 97070 Würzburg

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taz: Gilt das Urteil denn bundesweit?

Rechtsanwalt David Schneider-

Addae-Mensah:

“Formal wurde zwar nur das Mainzer Gesetz beanstandet, aber die Regelungen der Zwangsbehandlung sind in allen Bundesländern ähnlich. Es wäre schikanös zu verlangen, dass erst gegen jedes Landesgesetz Verfassungsklage erhoben werden muss.”Klare Worte fand der Jurist für Ärzte oder Richter, die die Entscheidung nicht beachten:taz: Werden sich die Kliniken daran halten?“Wenn sie es nicht tun, werde ich die entsprechenden Ärzte wegen Körperverletzung anzeigen und die Richter, die jetzt noch eine Zwangsbehandlung genehmigen, ebenso. Das sind dann Kriminelle in weißen Kitteln und schwarzen Roben.”

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Karlsruhe 15.04.2011

Doch die Entscheidung hat bundespolitische Folgen, weil sich die Verordnungen in allen Bundesländern ähneln. Der auf Menschenrechte spezialisierte Anwalt David Schneider-Addae-Mensah, der den Kläger vertrat, forderte in einem Interview den bundesweiten Stop jeglicher Zwangsbehandlung. Formal wurde zwar nur das Mainzer Gesetz beanstandet, aber die Regelungen der Zwangsbehandlung sind in allen Bundesländern ähnlich. Die Karlsruher Anforderungen sind nirgends erfüllt. Es wäre schikanös zu verlangen, dass erst gegen jedes Landesgesetz Verfassungsklage erhoben werden muss. Klare Worte fand der Jurist David Schneider-Addae-Mensah für Ärzte oder Richter, die die Entscheidung nicht beachten: “Wenn sie es nicht tun, werde ich die entsprechenden Ärzte wegen Körperverletzung anzeigen und die Richter, die jetzt noch eine Zwangsbehandlung genehmigen, ebenso.”

Das zwangsweise Festhalten in der Klinik sowie die

28stündige Fesselung durch die behandelnden Ärzte

stelle eine Verletzung des Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2

GG dar. Das Ministerium der Justiz des Landes Sach-

sen-Anhalt erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme,

sah jedoch von einer solchen ab.

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Karlsruhe 15.04.2011Krankheitsuneinsichtigkeit und Freiheitsentzug.

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerdedes Herrn P...

Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. David Schneider-Addae-Mensah,

Heidenschanzweg 3, 77694 Kehl

am 23. März 2011 beschlossen:

§ 6 Absatz 1 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über den Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln (Maßregelvollzugsgesetz - MVollzG -) vom 23. September 1986 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz, Seite 223), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz, Seite 571), ist mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.,Die Beschlüsse des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 16. Oktober 2008 - 2 StVK 255/06 - und des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 18. März 2009 - 1 Ws 365/08 (Vollz) - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Landau in der Pfalz zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen. Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

§ 6 MVollzG Zulässigkeit von Maßnahmen / analog § 1906 Punkt 1 und 2.

(1) Operative Eingriffe, Behandlungen und Untersuchungen, die mit einem wesentlichen gesundheitlichen Risiko oder einer Gefahr für das Leben des unter-gebrachten Patienten verbunden sind, sind nur mit seiner Einwilligung zulässig; sonstige operative Eingriffe, Behandlungen und Untersuchungen sind ohne Ein-willigung des untergebrachten Patienten zulässig bei Lebensgefahr, bei schwerwie-gender Gefahr für die Gesundheit des untergebrachten Patienten oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer Personen.

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(4) Ist der untergebrachte Patient nicht in der Lage, Grund, Bedeutung und Tragweite der Maßnahmen einzusehen oder seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen, so ist die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters maßgebend. Besitzt der untergebrachte Patient zwar die in Satz 1 genannten Fähigkeiten, ist er aber in der Geschäftsfähigkeit be-schränkt, so ist neben seiner Einwilligung die seines gesetzlichen Vertreters erforderlich.

Der Beschwerdeführer legte „Beschwerde“ ein. Die angedrohte Behandlung sei mit einer erheblichen Gefahr für die Gesundheit verbunden und deshalb nicht gegen seinen Willen zulässig. Die Gefahr ergebe sich schon aus der von der Klinik selbst angeführten Möglichkeit von Blutbildveränderungen und Funktionsbeeinträchtigungen der Leber. Darüber hinaus wirkten die Medikamente persönlichkeitsverändernd. Dass das Vormundschaftsgericht das Vorliegen eines schweren und länger andauernden gesundheitlichen Schadens verneint habe, stehe dem nicht entgegen, denn die Voraussetzungen des § 1904 BGB und des § 6 MVollzG Rh.-Pf. seien nicht gleichbedeutend. Ärztliche Eingriffe dürften zudem, auch wenn sie nicht mit einer erheblichen Gesundheitsgefahr verbunden seien, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 MVollzG Rh.-Pf. nur bei Lebensgefahr oder schwerwiegender Gesundheitsgefahr für den Untergebrachten oder für Dritte gegen seinen Willen vorgenommen werden. Hieran fehle es. Eine Zwangsmedikation missachte ferner den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Schon die Geeignetheit der Behandlung sei - eine psychische Erkrankung unterstellt - zweifelhaft. Das Landgericht legte die Beschwerde als Antrag gemäß § 138 Abs. 3, § 109 Abs. 1 StVollzG aus und wies mit angegriffenem Beschluss vom 16. Oktober 2008 den Antrag mit der Maßgabe zurück, dass eine zwangsweise medikamentöse Therapie mittels atypischer Neuroleptika für einen Zeitraum von sechs Monaten zulässig sei.

Die Zwangsbehandlung eines nach § 63 StGB Untergebrachten stelle einen massiven Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dar. Ihre Zulässigkeit richte sich nach § 6 MVollzG Rh.-Pf. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 MVollzG Rh.-Pf. seien Maßnahmen ohne jede Einwilligung nur bei - hier nicht vorliegender - besonderer Gefahrenlage erlaubt. Rechtsgrundlage für die Zwangsbehandlung der Anlasserkrankung sei deshalb § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 MVollzG Rh.-Pf. Soweit nach dem Wortlaut dieser Bestimmung („Im übrigen können Behandlungen und Untersuchungen zur Erreichung des Vollzugsziels ohne Einwilligung des untergebrachten Patienten durchgeführt

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werden; ...“) Der Beschwerdeführer leide seit Jahren an einer schweren psychischen Erkrankung in Form von Wahnvorstellungen. Infolgedessen hätten ihm bislang keine Lockerungen bewilligt werden können. Vielfältige Versuche, seine Einwilligung in eine medikamentöse Therapie zu erreichen, seien gescheitert. Der Beschwerdeführer sei infolge seiner Erkrankung nicht in der Lage, die Schwere seiner Erkrankung und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen zu beurteilen. Er sei deshalb auch nicht zur Einwilligung in der Lage.

Mit der Rechtsbeschwerde (§§ 116 ff. StVollzG) rügte der Beschwerdeführer erneut, § 6 MVollzG Rh.-Pf. erlaube die angekündigte Behandlung nicht. Dieser fehle die notwendige Rechtsgrundlage. Die Strafvollstreckungskammer habe die Unverhältnismäßigkeit der Zwangsbehandlung verkannt. Hinsichtlich der - sehr wohl auch bei atypischen Neuroleptika bestehenden - Gefahr schwerer Nebenwirkungen habe sie den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Vernachlässigt worden sei das Risiko, dass sich durch die Behandlung ein psychischer Defekt erst bilde oder verstärke.

Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 18. März 2009 die Rechtsbeschwerde als unbegründet. Die rechtlichen Grundlagen der Zwangsbehandlung seien von der Strafvollstreckungskammer zutreffend dargelegt worden. Damit diene die Behandlung dem Ziel der Wiederherstellung der psychischen Gesundheit und damit auch der Beendigung der Unterbringung. Die im Falle des Beschwerdeführers vorgesehene Gabe atypischer Neuroleptika diene, wie es § 6 Abs. 1 Satz 2 MVollzG Rh.-Pf. voraussetze, dem Vollzugsziel. Mit der Verfassungsbeschwerde, die sich gegen die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts sowie gegen die Ankündigung der Zwangsmedikation seitens der Klinik richtet, rügt der Beschwerdeführer, seine Rechte aus Art. 2 Abs. 2, Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 3 EMRK. Schon die Androhung der Zwangsmedikation stelle einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dar. Für den Eingriff fehle es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage. Mit erheblichen gesundheitlichen Auswirkungen sei auch bei Beschränkung der Medikation auf atypische Neuroleptika zu rechnen. Der gegenwärtige Stand der Wissenschaft erlaube keine zuverlässigen Aussagen über die Wirkungsweise und die Nebenwirkungen typischer wie atypischer Neuroleptika. Die Gerichte hätten versäumt, dem nachzugehen. Zudem werde in

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die Entscheidungsfreiheit des Beschwerdeführers eingegriffen, indem er mit der Warnung, er könne sonst nie entlassen werden, unter Druck gesetzt werde. Der Beschwerdeführer werde unter Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG zum Objekt gemacht. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit der Beschwerdeführer die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts angreift.

Mit Schreiben vom 2. November 2010 hat das rheinland-pfälzische Ministerium der Justiz ein zwischenzeitlich im Verfahren der Überprüfung der Unterbringung eingeholtes Gutachten des Facharztes für Neurologie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P. nachgereicht, dem zufolge beim Beschwerdeführer weiterhin eine wahnhafte Erlebnisverarbeitung mit dem Thema der Beeinträchtigung und Vergiftung feststellbar ist. § 6 MVollzG Rh.-Pf. sei unvereinbar mit der UN-Behindertenrechtskonvention. Art. 12 Abs. 2 der Konvention verpflichte die Staaten, die Rechtsfähigkeit im Sinne einer rechtlichen Handlungsfähigkeit anzuerkennen. Geschützt sei dabei nicht allein die Fähigkeit, Träger von Rechten zu sein, sondern auch die Fähigkeit, diese Rechte auszuüben. Zwangsbehandlung könne auch nicht als eine Maßnahme verstanden werden, die im Sinne von Art. 12 Abs. 3 der Konvention der Person mit Behinderung die Unterstützung biete, der sie zur Ausübung ihrer rechtlichen Handlungsfähigkeit bedürfe, denn die rechtliche Handlungsfähigkeit werde ihr mit der Zwangsbehandlung gerade genommen.

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Bundesregierung, die Landesregierung und der Landtag von Rheinland-Pfalz, der Bundesgerichtshof, die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) sowie der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener Stellung genommen. Der Bundesrat und die Parlamente und Regierungen der übrigen Länder haben von der Gelegenheit zur Äußerung keinen Gebrauch gemacht.

Für die Bundesregierung hat das Bundesministerium der Justiz zur Zwangsbehandlung auf betreuungsrechtlicher Grundlage ausgeführt: Die Bestellung eines Betreuers setze voraus, dass dieser aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung keinen freien Willen mehr bilden könne. Maßstab für das Handeln des Betreuers seien die Wünsche und das Wohl des Betreuten. Liege keine Patientenverfügung vor, habe sich der Betreuer am mutmaßlichen Willen des Betreuten zu orientieren. Eine Zwangsbehandlung nach Betreuungsrecht komme nur in Betracht, wenn eine Betreuerbestellung gegen den (natürlichen) Willen des Betreuten

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möglich war, weil ein entgegenstehender Wille nicht frei gebildet wurde, der ärztliche Eingriff zum ausschließlich subjektiv verstandenen Wohl des Betreuten notwendig sei und der Betreute auch insoweit keinen der Behandlung entgegenstehenden Willen frei gebildet habe. Das Betreuungsrecht erkenne damit sowohl die Freiheit zur Krankheit als auch die Freiheit zur Selbstschädigung an. Eine „Besserung“ des Betreuten gegen seinen freien Willen erlaube das Betreuungsrecht dagegen nicht.

Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat eine Stellungnahme des XII. Zivilsenats zur Zwangsbehandlung nach Betreuungsrecht übersandt. Der Betreuer dürfe als gesetzlicher Vertreter des Betreuten für diesen in medizinische Behandlungen einwilligen, wenn der Betreute dazu selbst nicht in der Lage, insbesondere nicht einsichts- oder steuerungsfähig, sei. Der Betreuer sei indes nicht befugt, den einer solchen Behandlung entgegenstehenden Willen des Betreuten durch Zwang zu überwinden.

Die Befugnis hierzu könne sich nur aus einem formellen Gesetz ergeben, das Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß der vom Betreuten unter Zwang zu duldenden Behandlung hinreichend bestimme. Allein aus den Vertretungsvorschriften der §§ 1901, 1902 BGB ergebe sich eine solche Zwangsbefugnis nicht. Jedoch sei § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB sinnvoll dahin auszulegen, dass der Betreute nicht nur seine freiheitsentziehende Unterbringung, sondern auch die Maßnahmen, deretwegen er untergebracht werden dürfe, zu dulden habe. § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB knüpfe die Zulässigkeit einer freiheitsentziehenden Unterbringung an ein doppeltes Notwendigkeitskriterium: Die Unterbringung müsse erforderlich sein, weil die medizinische Maßnahme notwendig sei und ohne die freiheitsentziehende Unterbringung faktisch nicht durchgeführt werden könne. Soweit medizinische Zwangsbehandlungen zulässig seien, sei in jedem Fall die dem Betreuten zustehende „Freiheit zur Krankheit“ zu beachten. Die medizinische Behandlung eines Untergebrachten gegen seinen natürlichen Willen (kurz: Zwangsbehandlung) greift in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Dieses Grundrecht schützt die körperliche Integrität des Grundrechtsträgers und damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht. Zu seinem traditionellen Gehalt gehört der Schutz gegen staatliche Zwangsbehandlung (vgl. BVerfGE 79, 174 <201>).

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Krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit eines Untergebrachten ändert ebenfalls nichts daran, dass eine gegen seinen natürlichen Willen erfolgende Behandlung, die seine körperliche Integrität berührt, einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG darstellt. Sie kann im Gegenteil dazu führen, dass der Eingriff von dem Betroffenen als besonders bedrohlich erlebt wird, und daher das Gewicht des Eingriffs noch erhöhen (dazu unter 3.). Fehlende Einsichtsfähigkeit lässt den Schutz des Art. 2 Abs. 2 GG nicht von vornherein entfallen (vgl. BVerfGE 58, 208 <224 ff.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2001 - 1 BvR 618/93 -, NJW 2002, S. 206 <206 f.>; für die Freiheit der Person grundlegend BVerfGE 10, 302 <309>).

Auf die Frage, ob für andere Grundrechte etwas anderes gilt (vgl. zur Testierfreiheit BVerfGE 99, 341 <351>), kommt es hier nicht an. Selbst die Einwilligung des für einen einsichts- und einwilligungsunfähigen Untergebrachten bestellten Betreuers nimmt daher der Maßnahme nicht den Eingriffscharakter, der darin liegt, dass sie gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt (vgl. für den Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person durch Unterbringung BVerfGE 10, 302 <309 ff.>; für den in der medizinischen Zwangsbehandlung des Untergebrachten liegenden Eingriff Popp, Zwangsbehandlung von psychisch Kranken im Betreuungsrecht, 2003, S. 75 ff.; Tietze, Ambulante Zwangsbehandlungen

Bei der medizinischen Zwangsbehandlung eines Untergebrachten mit Neuroleptika handelt es sich um einen besonders

schwerwiegenden Grundrechtseingriff.

Die materiellen Freiheitsgarantien des Art. 2 Abs. 2 GG - darunter das Recht auf körperliche Unversehrtheit - haben unter den grundrechtlich verbürgten Rechten ein besonderes Gewicht (vgl. BVerfGE 65, 317 <322>). Medizinische Zwangsbehandlungen von Untergebrachten, und hier insbesondere operative Eingriffe und Zwangsmedikationen, stellen zudem eine besonders schwerwiegende Form des Eingriffs in das Recht auf körperliche Unversehrtheit dar (vgl. Wagner, in: Kammeier, Maßregelvollzugsrecht, 3. Aufl. 2010, Rn. D 146; Lesting, in: Marschner/Volckart/Lesting, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 5. Aufl. 2010, Rn. B 208; Marschner, R&P 2005, S. 47 <49>; aus psychiatrischer Sicht Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften <im Folgenden: SAMW>, Zwangsmaßnahmen in der Medizin,

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Medizinisch-ethische Richtlinien der SAMW, 2005, S. 7; Dreßing/Salize, Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung psychisch Kranker, 2004, S. 30; Hell, in: Rössler/Hoff, Psychiatrie zwischen Autonomie und Zwang, 2005, S. 89 <94>; für den Fall der Durchsetzung mittels unmittelbaren Zwangs s. etwa die Schilderungen bei Schaub-Römer, Zwang in der Psychiatrie, 1997, S. 24 f.; Termeer, in: Kebbel/Pörksen, Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie, 1998, S. 82 f.). Der Betroffene wird genötigt, eine Maßnahme zu dulden, die den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllt (vgl. RGSt 25, 375 <377 f.>; 38, 34 <34 f.>; BGHSt 11, 111 <112>; BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 1 StR 576/07 -, NStZ 2008, S. 278 <279>) und daher normalerweise nur mit der - in strafrechtlicher Hinsicht rechtfertigenden - Einwilligung des Betroffenen zulässig ist.

Der in einer medizinischen Zwangsbehandlung liegende Eingriff berührt nicht nur die körperliche Integrität des Betroffenen als solche, sondern in besonders intensiver Weise auch das von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG mit geschützte Recht auf diesbezügliche Selbstbestimmung. Ein von anderen Menschen gezielt vorgenommener Eingriff in die körperliche Integrität wird als umso bedrohlicher erlebt werden, je mehr der Betroffene sich dem Geschehen hilflos und ohnmächtig ausgeliefert sieht. Hinzu kommt, dass der Eingriff in der Unterbringung häufig Menschen treffen wird, die aufgrund ihrer psychischen Verfassung den Schrecken der Zwangsinvasion in ihre körperliche Integrität und der Beiseitesetzung ihres Willens sowie die Angst davor besonders intensiv empfinden.

Für die grundrechtliche Beurteilung der Schwere eines Eingriffs ist auch das subjektive Empfinden von Bedeutung (vgl. BVerfGE 89, 315 <324>). Die Gabe von Neuroleptika gegen den natürlichen Willen des Patienten schließlich stellt - unabhängig davon, ob nach fachgerichtlicher Einschätzung der Eingriff die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 MVollzG Rh.-Pf. statuierten Voraussetzungen der Einwilligungsbedürftigkeit erfüllt oder im betreuungsrechtlichen Zusammenhang die Voraussetzungen der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 1904 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen würde - einen besonders schweren Grundrechtseingriff auch im Hinblick auf die Wirkungen dieser Medikamente dar. Dies gilt schon im Hinblick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit schwerer, irreversibler und lebensbedrohlicher Nebenwirkungen und die teilweise erhebliche Streuung in den Ergebnissen der Studien zur Häufigkeit des Auftretens

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erheblicher Nebenwirkungen. Psychopharmaka sind zudem auf die Veränderung seelischer Abläufe gerichtet. Ihre Verabreichung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen berührt daher, auch unabhängig davon, ob sie mit körperlichem Zwang durchgesetzt wird, in besonderem Maße den Kern der Persönlichkeit.

Die Freiheitsgrundrechte schließen das Recht ein, von der Freiheit einen Gebrauch zu machen, der - jedenfalls in den Augen Dritter - den wohlverstandenen Interessen des Grundrechtsträgers zuwiderläuft. Daher ist es grundsätzlich Sache des Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob er sich therapeutischen oder sonstigen Maßnahmen unterziehen will, die ausschließlich seiner „Besserung“ dienen (vgl. BVerfGE 22, 180 <219 f.>).

Die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt auch die „Freiheit zur Krankheit“ und damit das Recht ein, auf Heilung zielende Eingriffe abzulehnen, selbst wenn diese nach dem Stand des medizinischen Wissens dringend angezeigt sind (vgl. BVerfGE 58, 208 <226>; 30, 47 <53>; 22, 180 <219>).Die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK), die in Deutschland Gesetzeskraft hat (Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008, BGBl II S. 1419) und als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte herangezogen werden kann (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>), legt kein anderes Ergebnis nahe (vgl. König, BtPrax 2009, S. 105 <107 f.>; Marschner, R&P 2009, S. 135 <136 f.>; a.A. Kaleck/Hilbrans/Scharmer, Ratifikation der UN Disability Convention vom 30. März 2007 und Auswirkung auf die Gesetze für so genannte psychisch Kranke am Beispiel der Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung nach dem PsychKG Berlin, Gutachterliche Stellungnahme, S. 29 ff., 40). Soweit unter dieser Voraussetzung ausnahmsweise eine Befugnis des Staates, den Einzelnen „vor sich selbst in Schutz zu nehmen“ (vgl. BVerfGE 58, 208 <224>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. März 1998 - 2 BvR 2270/96 -, NJW 1998, S. 1774 <1775>), anzuerkennen ist, eröffnet dies keine „Vernunfthoheit“ staatlicher Organe über den Grundrechtsträger dergestalt, dass dessen Wille allein deshalb beiseitegesetzt werden dürfte, weil er von durchschnittlichen Präferenzen abweicht oder aus der

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Außensicht unvernünftig erscheint (vgl. BVerfGE 58, 208 <226 f.>;

Wenn ärztliche Maßnahmen zwangsweise ergriffen werden, ist der damit verbundene schwerwiegende Grundrechtseingriff der grundrechtlich gewährleisteten gerichtlichen Überprüfung - auch der gerichtlichen Überprüfung auf seine Verhältnismäßigkeit, die von der näheren Ausgestaltung der Maßnahme abhängen kann - nicht deshalb entzogen, weil die Angemessenheit der Maßnahme nur auf der Grundlage ärztlichen Sachverstandes beurteilt werden. Daher ist es grundsätzlich Sache des Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob er sich therapeutischen oder sonstigen Maßnahmen unterziehen will, die ausschließlich seiner „Besserung“ dienen (vgl. BVerfGE 22, 180 <219 f.>). Die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt auch die „Freiheit zur Krankheit“ und damit das Recht ein, auf Heilung zielende Eingriffe abzulehnen.

Ist ein Untergebrachter krankheitsbedingt nicht zur Einsicht in die Krankheit fähig, deretwegen seine Unterbringung notwendig ist, oder kann er krankheitsbedingt die nur mit einer Behandlung gegebene Chance der Heilung nicht erkennen oder nicht ergreifen, so ist der Staat nicht durch einen prinzipiellen Vorrang der krankheitsbedingten Willensäußerung verpflichtet, ihn dem Schicksal Freiheitsentziehung zu überlassen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK), die in Deutschland Gesetzeskraft hat (Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008, BGBl II S. 1419) und als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte herangezogen werden kann (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>), legt kein anderes Ergebnis nahe (vgl. König, BtPrax 2009, S. 105 <107 f.>; Marschner, R&P 2009, S. 135 <136 f.>; a.A. Kaleck/Hilbrans/Scharmer, Ratifikation der UN Disability Convention vom 30. März 2007 und Auswirkung auf die Gesetze für so genannte psychisch Kranke am Beispiel der Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung nach dem PsychKG Berlin, Gutachterliche Stellungnahme, S. 29 ff., 40).Soweit unter dieser Voraussetzung ausnahmsweise eine Befugnis des Staates, den Einzelnen „vor sich selbst in Schutz zu nehmen“

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(vgl. BVerfGE 58, 208 <224>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats - 2 BvR 2270/96 -, NJW 1998, S. 1774 <1775>), anzuerkennen ist, eröffnet dies keine „Vernunfthoheit“ staatlicher Organe über den Grundrechtsträger dergestalt, dass dessen Wille allein deshalb beiseitegesetzt werden dürfte, weil er von durchschnittlichen Präferenzen abweicht oder aus der Außensicht unvernünftig erscheint.

In Teilen der Literatur wird bei Zwangsbehandlungen die Einschaltung eines Betreuers als verfassungsrechtlich geboten angesehen oder angenommen, dass einer betreuungsrechtlichen Lösung jedenfalls von Verfassungs wegen Vorrang einzuräumen sei vor der Ersetzung der Entscheidung des Einwilligungsunfähigen durch eine staatliche Behörde (vgl. Tietze, a.a.O., S. 66 ff.; Popp, a.a.O., S. 75 f.; Lipp, Freiheit und Fürsorge, 2000, S. 55 ff., 134 f.; ders., BtPrax 2005, S. 6 <7>; Rinke, NStZ 1988, S. 10 <14>; a.A. Volckart/Grünebaum, a.a.O., Rn. 369; Heide, a.a.O., S. 229; Stalinski, BtPrax 2000, S. 59 ff. <61 f.>; Hoffmann, R&P 2005, S. 52 ff.). Das Maßregelvollzugsrecht kann die Einschaltung eines Betreuers durch entsprechend extensive Einwilligungserfordernisse solcher Art, dass bei fehlender Zustimmung des Betroffenen selbst die ersetzende Einwilligung eines Betreuers erforderlich und ausreichend ist, sicherstellen. Eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, die Rechte des Betroffenen gerade auf diese Weise zu schützen, besteht jedoch nicht.

Für den Betroffenen wird der Eingriff, der in einer medizinischen Zwangsbehandlung liegt, nicht dadurch weniger belastend, dass gerade ein Betreuer ihr zugestimmt hat. Es sind keine durchgreifenden Gründe ersichtlich, deretwegen eine Betreuerlösung von Verfassungs wegen vorzugswürdig wäre.

GG Artikel 2

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

§ 6 Abs. 1 Satz . Der schwerwiegende Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG, der in der medizinischen Behandlung eines im Maßregelvollzug

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Untergebrachten gegen dessen natürlichen Willen liegt, kann auch zur Erreichung des Vollzugsziels gerechtfertigt sein. 2. Eine Zwangsbehandlung zur Erreichung des Vollzugsziels ist nur zulässig, wenn der Untergebrachte krankheitsbedingt zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit oder zum Handeln gemäß dieser Einsicht nicht fähig ist. Die festgestellten Verfassungsverstöße betreffen § 6 Abs. 1 Satz 2 MVollzG Rh.-Pf. insgesamt, da der zweite Halbsatz der Vorschrift keine vom ersten unabhängige, selbständige Bedeutung hat (vgl. BVerfGE 8, 274 <301>; 65, 325 <358>; 111, 226 <273>; stRspr). Daher ist § 6 Abs. 1 Satz 2 MVollzG Rh.-Pf. insgesamt für nichtig zu erklären. Die festgestellten Verfassungsverstöße betreffen § 6 Abs. 1 Satz 2 MVollzG Rh.-Pf. insgesamt, da der zweite Halbsatz der Vorschrift keine vom ersten unabhängige, selbständige Bedeutung hat (vgl. BVerfGE 8, 274 <301>; 65, 325 <358>; 111, 226 <273>; stRspr). Daher ist § 6 Abs. 1 Satz 2 MVollzG Rh.-Pf. insgesamt für nichtig zu erklären. Die Voraussetzungen für eine bloße Unvereinbarerklärung mit befristeter Weitergeltung bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber liegen nicht vor. Das hierfür erforderliche Überwiegen der Nachteile des sofortigen Außerkrafttretens der Norm gegenüber den Nachteilen, die mit der vorläufigen Weitergeltung verbunden wären (vgl. BVerfGE 61, 319 <356>; 83, 130 <154>; 85, 386 <401>; 87, 153 <177 f.>; 100, 313 <402>), kann angesichts der Schwere der Grundrechtseingriffe, zu denen § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 MVollzG Rh.-Pf. ermächtigt, nicht festgestellt werden.

Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen, die mangels ausreichender gesetzlicher Grundlage für den angekündigten

Eingriff den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen, sind aufzuheben und die Sache ist

gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG an das Landgericht Landau in der Pfalz zurückzuverweisen.

Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG.

Da mit diesem Urteil die Zwangsbehandlung in der Forensik erfolgreich zu Fall gebracht werden konnte, ist nun zu erwarten, dass alle Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie mit dem Grundgesetz, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, unvereinbar sind und dann jede psychiatrische Zwangseinweisung nur noch Knast ist, für den KEINE Krankenversicherung mehr zahlen wird.

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Wille und WohlBetreuungsrecht

Vernachlässigt worden sei zudem das Risiko, dass sich durch die Behandlung ein psychischer

Defekt erst bilde oder verstärke.

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1. Ärztliche Eingriffe dürften nur bei Lebensgefahr oder schwerwiegender Gesundheitsgefahr für den Untergebrachten oder für Dritte gegen seinen Willen vorgenommen werden. Hieran fehle es. Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten stelle einen massiven Eingriff in das Grundrecht aus Art.2 Abs. 2 Satz 1 GG dar.

2. Vernachlässigt worden sei zudem das Risiko, dass sich durch die Behandlung ein psychischer Defekt erst bilde oder verstärke. Der gegenwärtige Stand der Wissenschaft erlaube keine zuverlässigen Aussagen über die Nebenwirkungen typischer wie atypischer Neuroleptika. Die Gerichte hätten versäumt, dem nachzugehen. Dies gilt schon im Hinblick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit schwerer, irreversibler und lebensbedrohlicher Nebenwirkungen und die teilweise erhebliche Streuung in den Ergebnissen der Studien zur Häufigkeit des Auftretens erheblicher Nebenwirkungen. Bei der medizinischen Zwangsbehandlung eines Untergebrachten mit Neuroleptika handelt es sich um einen besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriff.

3. Schon die Androhung der Zwangsmedikation stelle einen Eingriff in den Schutzbereich des Art.2 Abs. 2 Satz 1 GG dar. Die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt auch die „Freiheit zur Krankheit“ und damit das Recht ein, auf Heilung zielende Eingriffe abzulehnen, selbst wenn diese nach dem Stand des medizinischen Wissens dringend angezeigt sind (vgl. BVerfGE 58, 208 <226>; 30, 47 <53>; 22, 180 <219>). Daher ist es grundsätzlich Sache des Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob er sich therapeutischen oder sonstigen Maßnahmen unterziehen will, die ausschließlich seiner „Besserung“ dienen (vgl. BVerfGE 22, 180 <219 f.>).

Für die Bundesregierung hat das Bundesministerium der Justiz zur Zwangsbehandlung auf betreuungsrechtlicher Grundlage ausgeführt:

Freier Wille.Die Bestellung eines Betreuers setze voraus, dass dieser aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung keinen freien Willen mehr bilden könne. Maßstab für das Handeln des Betreuers seien die Wünsche und das Wohl des Betreuten. Der Betreuer hat sich am mutmaßlichen Willen des Betreuten zu orientieren. Eine Zwangsbehandlung nach Betreuungsrecht komme nur in Betracht, wenn eine Betreuerbestellung gegen den (natürlichen) Willen des Betreuten möglich war, weil ein entgegenstehender Wille nicht frei gebildet wurde, der ärztliche Eingriff zum ausschließlich subjektiv verstandenen Wohl des Betreuten notwendig sei und der Betreute auch insoweit keinen der Behandlung entgegenstehenden Willen frei gebildet habe. Das Betreuungsrecht erkenne damit sowohl die Freiheit zur Krankheit als auch die Freiheit zur Selbstschädigung an.

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Unfreier Wille / Natürlicher WilleDie medizinische Behandlung eines Untergebrachten gegen seinen natürlichen Willen (kurz: Zwangsbehandlung) greift in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein (Art.2 Abs.2 Satz 1 GG). Krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit eines Untergebrachten ändert ebenfalls nichts daran, dass eine gegen seinen natürlichen Willen erfolgende Behandlung, die seine körperliche Integrität berührt, einen Eingriff in den Schutzbereich des Art.2 Abs. 2 Satz 1 GG darstellt. Sie kann im Gegenteil dazu führen, dass der Eingriff von dem Betroffenen als besonders bedrohlich erlebt wird, und daher das Gewicht des Eingriffs noch erhöhen. Auf die Frage, ob für andere Grundrechte etwas anderes gilt (vgl. zur Testierfreiheit BVerfGE 99, 341 <351>), kommt es hier nicht an. Selbst die Einwilligung des für einen einsichts- und einwilligungsunfähigen Untergebrachten bestellten Betreuers nimmt daher der Maßnahme nicht den Eingriffscharakter, der darin liegt, dass sie gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt (vgl. für den Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person durch Unterbringung BVerfGE 10, 302 <309ff.>; für den in der medizinischen Zwangsbehandlung des Untergebrachten liegenden Eingriff Popp, Zwangsbehandlung von psychisch Kranken im Betreuungsrecht, 2003, S. 75ff). Für den Betroffenen wird der Eingriff, der in einer medizinischen Zwangsbehandlung liegt, nicht dadurch weniger belastend, dass gerade ein Betreuer ihr zugestimmt hat. Es sind keine durchgreifenden Gründe ersichtlich, deretwegen eine Betreuerlösung von Verfassungs wegen vorzugswürdig wäre. Bei der medizinischen Zwangsbehandlung eines Untergebrachten mit Neuroleptika handelt es sich zudem um einen besonders

„...ist eine Zwangsbehandlung auf betreuungs-rechtlicher Grundlage rechtlich nicht zulässig und daher nicht genehmigungsfähig.“ Das Urteil ist in zweifacher Hinsicht von weitreichender und für das Betreuungsrecht tragender Bedeutung: Zum einen wird eine zwangsweise Behandlung mit Neuroleptika und anderen Medikamenten im Rahmen einer stationären Unterbringung ausgeschlossen, wenn der erklärte Wille des Betroffene entgegensteht, womit insbesondere eine Unterbringung zum Zwecke der Heilbehandlung nur noch dann möglich

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schwerwiegenden Grundrechtseingriff. Der Betroffene wird genötigt, eine Maßnahme zu dulden, die den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllt (vgl. RGSt 25, 375 <377f.>; 38, 34 <34f.>; BGHSt 11, 111 <112>; BGH, Beschluss vom 20.Dezember2007 - 1 StR 576/07 -, NStZ 2008, S. 278 <279>). Für die grundrechtliche Beurteilung der Schwere eines Eingriffs ist auch das subjektive Empfinden von Bedeutung (vgl. BVerfGE 89, 315 <324>). Die Gabe von Neuroleptika gegen den natürlichen Willen des Patienten schließlich stellt - unabhängig davon, ob nach fachgerichtlicher Einschätzung der Eingriff die in §6 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 MVollzG Rh.-Pf. statuierten Voraussetzungen der Einwilligungsbedürftigkeit erfüllt oder im betreuungsrechtlichen Zusammenhang die Voraussetzungen der Genehmigungsbedürftigkeit nach §1904 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen würde - einen besonders schweren Grundrechtseingriff auch im Hinblick auf die Wirkungen dieser Medikamente dar.

Dies gilt schon im Hinblick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit schwerer, irreversibler und lebensbedrohlicher Nebenwirkungen und die teilweise erhebliche Streuung in den Ergebnissen der Studien zur Häufigkeit des Auftretens erheblicher Nebenwirkungen. Psychopharmaka sind zudem auf die Veränderung seelischer Abläufe gerichtet. Ihre Verabreichung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen berührt daher, auch unabhängig davon, ob sie mit körperlichem Zwang durchgesetzt wird, in besonderem Maße den Kern der Persönlichkeit. Daher ist es grundsätzlich Sache des Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob er sich therapeutischen oder sonstigen Maßnahmen unterziehen will, die ausschließlich seiner „Besserung“ dienen (vgl. BVerfGE 22, 180 <219f.>).

sein wird, wenn der Betroffene generell in eine solche Therapie einwilligt. Von gewisser Tragweite wird die Entscheidung auch hinsichtlich der künftigen Kostentragung stationärer psychiatrischer Behandlung sein. Voraussetzung für eine Kostenübernahme durch private und gesetzliche Krankenkassen als Kostenträger ist stets ein therapeutisch-pharmakologischer Ansatz bei der Behandlung einer Krankheit. Soweit ein Patient Therapien ablehnt, die nach ärztlichem Dafürhalten veranlasst wären, kommt eine Kostentragung nicht mehr in Frage. Dann aber werden Krankenkassen im Hinblick auf die ohnehin hohen Kosten im Gesundheitswesen und im besonderen auf dem psychiatrischen Bereich Zahlungen für Aufenthalte mit reinem Verwahrcharakter eines Patienten verweigern.

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http://issuu.com/citisite/docs/karlsruhe-zwangsbehandlungsbeschluss

Gehirn-Wäsche

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Heilung als Körperverletzung

Eine solche Zwangsbehandlung greift dem Bundesverfassungsgericht zufolge in besonders schwerwiegender Weise in das Recht des Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein. „Der Betroffene wird genötigt, eine Maßnahme zu dulden, die den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllt.“ Damit läßt auch die tatsächliche oder vorgebliche Zielrichtung der Zwangsbehandlung, die „Heilung“ oder „Besserung“ des Betroffenen, den Eingriffscharakter nicht entfallen.Im Gegenteil kann nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts eine zwangsweise „Heilung“ von Psychiatriepatienten, die dem „Geschehen hilflos und ohnmächtig ausgeliefert“ sind und die eine „Zwangsinvasion“ „besonders intensiv empfinden“, die Stärke des Eingriffs sogar noch erhöhen. Dies gelte besonders im Hinblick auf die im Rahmen der Zwangsbehandlung verabreichten Medikamente, namentlich Psychopharmaka, die teils lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben können und „auf die Veränderung seelischer Abläufe gerichtet“ sind.

Dem alten Theorienstreit zum tatbestandsausschließenden Einverständnis ist mit dieser Position der Boden entzogen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit der nötigen Deutlichkeit klargestellt, daß ein ärztlicher „Heil“-Eingriff ebenso eine Körperverletzung ist wie ein mit einer anderen Zielrichtung vorgenommener körperlicher Eingriff. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht angenommen, daß eine Eingriffsqualität entfallen könne, wenn der Untergebrachte umfassend ärztlich aufgeklärt und frei von jeglichem Druck, wie etwa dem Inaussichtstellen von Nachteilen, einer medizinischen Behandlung zustimmt. Diese Haltung bezieht sich indes nur auf die verfassungsrechtliche Eingriffs-Qualität einer medizinischen „Heil“-Behandlung und sagt nichts über deren Charakter als Körperverletzung aus.

Mißachtung des natürlichen Willens wacher Patienten

Zum Dritten überzeugt nicht, daß das Bundesverfassungsgericht auf der einen Seite die Freiheit zur Krankheit betont, andererseits aber eine Behandlung „gegen den natürlichen Willen des Betroffenen“ (= Zwangsbehandlung) zulassen will. Wer einen natürlichen Willen hat und äußert muß damit auch Gehör finden. Es kann schlechterdings

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keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung dafür geben, diesen natürlichen Willen zu ignorieren oder gar zu brechen.

Allenfalls wäre es verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, bei Absenz dieses natürlichen Willens zu (be)handeln. Dies wäre nach dem Bundesverfassungsgericht begrifflich allerdings gar keine Zwangsbehandlung. Die Feststellung wann der natürliche Wille fehlt ist indes v.a. bei Psychiatriepatienten schwierig. Hierbei könnte natürlich auf das Betreuungsrecht abgehoben werden und bei all denjenigen, die unter Betreuung für den Rechtskreis „Gesundheitsfürsorge“ stehen eine Absenz des natürlichen Willens fingiert werden. So schön ein solch einfaches formelles Kriterium auch sein mag, wird eine juristische Fiktion dem Anspruch des Einzelnen auf körperliche Unversehrtheit nicht gerecht. Das Bundesverfassungsgericht hat denn auch gar nicht auf die Frage abgehoben, ob der Beschwerdeführer unter Betreuung stand oder nicht. Es hat vielmehr unabhängig davon auf den natürlichen Willen abgehoben, was rechtsdogmatisch richtig, aber in der Praxis schwerer handhabbar ist.

Sicher kann das Fehlen des natürlichen Willens nur bei im Zeitpunkt der Zwangsbehandlung bewußtlosen Psychiatriepatienten festgestellt werden, die auch keine Patientenverfügung verfaßt haben. Bei allen anderen Fällen bleiben Zweifel. Aus Verhältnismäßigkeitserwägungen bei vorliegenden besonders schweren Grundrechtseingriffen wird man indes eine Vermutung für das Fehlen des natürlichen Willens nicht ausreichen lassen können und eine sichere Kenntnis hierfür fordern müssen. Dies ist – zum Ausschluß ärztlicher Willkür – bei Psychiatriepatienten, die bei Bewußtsein sind, generell auszuschließen. Daher verbietet sich schon aus diesem Grund die Zwangsbehandlung wacher Psychiatriepatienten, gegen deren geäußerten natürlichen Willen generell, ungeachtet der unten noch zu erörternden, vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Verhältnismäßigkeitsanforderungen.Aber auch die Zwangsbehandlung wacher Psychiatriepatienten, die sich nicht geäußert haben – sei es aus Unvermögen, sei es aus Angst – verbietet sich nach der Zweifelsregelung. Das Bundesverfassungsgericht hat betont, daß sich der Patient der Behandlung nicht physisch widersetzen müsse um seine Ablehnung zu manifestieren. Auch ist eine Druckeinwilligung nichts wert. Dann aber ist der natürliche Wille schweigender, sich in ihr

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Schicksal fügenden Patienten schlicht nicht zu ermitteln. Im Zweifel müssen daher auch sie unbehandelt bleiben. So schön ein solch einfaches formelles Kriterium auch sein mag, wird eine juristische Fiktion dem Anspruch des Einzelnen auf körperliche Unversehrtheit nicht gerecht. Das Bundesverfassungsgericht hat denn auch gar nicht auf die Frage abgehoben, ob der Beschwerdeführer unter Betreuung stand oder nicht. Es hat vielmehr unabhängig davon auf den natürlichen Willen abgehoben, was rechtsdogmatisch richtig, aber in der Praxis schwerer handhabbar ist.

Eine Zwangsbehandlung greift dem Bundesverfassungsgericht zufolge in besonders schwerwiegender Weise in das Recht des Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein. „Der Betroffene wird genötigt, eine Maßnahme zu dulden, die den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllt.“ Damit läßt auch die tatsächliche oder vorgebliche Zielrichtung der Zwangsbehandlung, die „Heilung“ oder „Besserung“ des Betroffenen, den Eingriffscharakter nicht entfallen.Im Gegenteil kann nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts eine zwangsweise „Heilung“ von Psychiatriepatienten, die dem „Geschehen hilflos und ohnmächtig ausgeliefert“ sind und die eine „Zwangsinvasion“ „besonders intensiv empfinden“, die Stärke des Eingriffs sogar noch erhöhen. Dies gelte besonders im Hinblick auf die im Rahmen der Zwangsbehandlung verabreichten Medikamente, namentlich Psychopharmaka, die teils lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben können und „auf die Veränderung seelischer Abläufe gerichtet“ sind.

Dem alten Theorienstreit zum tatbestandsausschließenden Einverständnis ist mit dieser Position der Boden entzogen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit der nötigen Deutlichkeit klargestellt, daß ein ärztlicher „Heil“-Eingriff ebenso eine Körperverletzung ist wie ein mit einer anderen Zielrichtung vorgenommener körperlicher Eingriff. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht angenommen, daß eine Eingriffsqualität entfallen könne, wenn der Untergebrachte umfassend ärztlich aufgeklärt und frei von jeglichem Druck, wie etwa dem Inaussichtstellen von Nachteilen, einer medizinischen Behandlung zustimmt. Diese Haltung bezieht sich indes nur auf die verfassungsrechtliche Eingriffs-Qualität einer medizinischen „Heil“-Behandlung und sagt nichts über deren Charakter als Körperverletzung aus.

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Wer vor der Jahrtausendwende zum Psychiater

gesagt hätte: „In 10 Jahren wird alles über Com-

puter gesteuert“, dem wäre in der Regel eine pa-

ranoide Schizophrenie „diagnostiziert“ worden.

Heute verwaltet die Psychiatrie selber all ihre

rufmörderischen Akten computergesteuert.

Albert Einstein sagte: „Die Welt wird nicht von den Menschen bedroht, die böse sind, sondern von denen, die Böses zulassen“.

Bill Gates:

Gutachten über seine Geschäftsfähigkeit: „Grössenidee.“

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Die zwangsweise Behandlung so genannter psychisch

Kranker ist sowohl in der Maßregel nach § 63

StGB, als auch im Rahmen der Unterbringung nach

Betreuungsrecht eine nicht selten angewandte Maßnahme

durch die behandelnden Ärzte. Dazu zählt insbesondere

die Behandlung mit persönlichkeitsbeeinflussenden bzw.

persönlichkeitsverändernden Psychopharmaka u. a. auch

durch Neuroleptika.

Bundesverfassungsgericht verbietet Zwangsbehandlung.

Betreuer-Vorrang rechtswidrig.Eine Zwangsbehandlung nach Betreuungsrecht komme nur in

Betracht, wenn eine Betreuerbestellung gegen den (natürlichen) Willen des Betreuten möglich war. Krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit ändert aber auch nichts daran, dass eine gegen den natürlichen Willen erfolgende Behandlung, die die körperliche Integrität berührt, einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG darstellt. Sie kann im Gegenteil dazu führen, dass der Eingriff von dem Betroffenen als besonders bedrohlich erlebt wird, und daher das Gewicht des Eingriffs noch erhöhen. Selbst die Einwilligung des für einen einsichts- und einwilligungsunfähigen Untergebrachten bestellten Betreuers nimmt daher der Maßnahme nicht den Eingriffscharakter, der darin liegt, dass sie gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt. Kranke dürften nicht gezwungen werden, gesund zu werden. Art. 2 Abs. 1 GG schütze auch vorsätzliche Selbstschädigungen. Der Beschwerdeführer werde unter Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG zum Objekt gemacht. Schon die Androhung der Zwangsmedikation stelle einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dar.

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Gerichtsentscheid zu § 1906 Punkt 2

Betreuer. Wanzen im Ohr.Beschluss: paranoide Psychose

mit Wahngedanken.

Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Naumburg verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Abs. Satz 2 des Grundgesetzes. Das Land Sachsen-Anhalt hat dem

Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Das zwangsweise Festhalten in der Klinik sowie die 28stündige Fesselung durch die behandelnden Ärzte stelle eine Verletzung des Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG dar. Gründe gekürzt.

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die vormund-schaftsgerichtliche Genehmigung einer vorläu�gen Unterbrin-gung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung.

2. Am 13. Mai 1996 begab sich der 1959 geborene Beschwer-deführer von seinem bei Luckenwalde in Brandenburg gelegenen Wohnort in die HNO-Ambulanz des Universitätsklinikums Magdeburg, da er von der ihn behandelnden Fachärztin für Neu-rologie und Psychiatrie dorthin überwiesen worden war. Er hat die Vorstellung, daß ihm „Wanzen“ in beide Ohren eingep�anzt worden seien, deren Entfernung er im Klinikum begehrte. Auf-grund dieses Vorbringens wurde er unverzüglich in die psychiatri-

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sche Ambulanz verbracht und am gleichen Tag auf der Grundlage von §§ 13 Abs. 1 Nr. 2, 15 PsychKG LSA in die geschlossene Einrichtung eingewiesen, da er eine stationäre Aufnahme ablehnte. Der Beschwer-deführer behauptet, er sei 28 Stunden in voller Straßenkleidung und ohne Nahrungsaufnahme an das Bett gefesselt gewesen.

3. Der behandelnde Arzt erstattete ein Gutachten, in dem er eine paranoide Psychose mit Wahngedanken diagnostizierte und von einer dringenden Behandlungsnotwendigkeit ausging, eine Eigen-gefährdung allerdings ausschloß und eine akute Fremdgefährdung derzeit nicht als explorierbar ansah. Die Krankheitsuneinsichtigkeit des Beschwerdeführers lasse eine Behandlung auf einer offenen Sta-tion oder eine ambulante medizinische Betreuung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zu. Daraufhin bestellte der Vormundschaftsrichter im Wege einer einstweiligen Anordnung einen vorläu�gen Betreuer und bestimmte als Aufgabenkreis...

„insbesondere die Aufenthaltsbestimmung und die Entscheidung über die Unterbringung“.

Auf den Antrag des Betreuers genehmigte das Amtsgericht durch den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Be-schluß vom 14. Mai 1996 vormundschaftsgerichtlich im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläu�ge Unterbringung des Beschwerdeführers in einer geschlossenen Einrichtung. Gemäß §§ 70h Abs. 1 Satz 2, 70g Abs. 3 Satz 2 FGG ordnete das Amts-gericht die Wirksamkeit der Entscheidung an. Zu seinem Wohl sei es notwendig, ihn sofort zu behandeln. Diese Maßnahme könne ohne Unterbringung nicht durchgeführt werden, da der Beschwerdeführer ihre Notwendigkeit nicht erkennen und nicht einsichtsgemäß handeln könne.

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Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 und 104 Abs. 2 GG. Die Voraussetzungen für die Anordnung

einer Unterbringungsmaßnahme hätten nicht vorgelegen, da keine konkrete, über Wahnvorstellungen hinausgehende erhebliche Gesundheitsgefahr vorgelegen habe,

für die eine Heilbehandlung erforderlich gewesen sei.

Die Unterbringung habe auch nicht seinem Wohl gedient.

Im übrigen seien die Beschlüsse nicht ausreichend begründet gewesen und verstießen gegen den

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Das zwangsweise Festhalten in der Klinik sowie die 28stündige Fesselung

durch die behandelnden Ärzte stelle eine Verletzung des Art. 2 Abs. 2 Sät-

ze 1 und 2 GG dar. Das Ministerium der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt

erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme, sah jedoch von einer solchen ab.

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Die Unterbringung habe auch nicht seinem Wohl gedient.

Der Betreuer-Trick: Da jedoch gerade der Vollzug der Unterbringungsanordung oft mit Gewaltanwendung verbunden ist, stellen sich gerade Betreuer oft auf den Standpunkt, dass sie eine Unterbringung nach dem PsychKG befürworten, um selbst „im Hintergrund“ bleiben zu können und mit einem einigermaßen intakten Vertrauensverhältnis nach der Entlassung des Patienten mit ihm weiter arbeiten zu können. In solchen Fällen ist es der nach PsychKG zuständigen Stelle unbelassen, selbst eine Unterbringung zu bewerkstelligen.

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Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig Unterbringung zum Zwecke der Heilbehandlung zu BGB § 1906 1 Nr. 2

§ 1906 Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

2. eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

Dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 1906 1 Nr. 1

BGB nicht vorliegen, stellt der Betreuer nicht in Frage. Die Genehmigung der

Unterbringung kann aber auch nicht auf die Vorschrift des § 1906 1 Nr. 2 BGB

gestützt werden.

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Urteil des Oberlandesgerichts SchleswigUnterbringung zum Zwecke der

Heilbehandlung zu BGB § 1906 1 Nr. 2

Die Unterbringung zu einer Heilbehandlung ist nicht erforderlich, weil nicht erfolgversprechend,

wenn der Betroffene zu der beabsichtigten psychiatrischen Behandlung nicht bereit ist.

Die Krankheits- und Behandlungseinsicht darf durch die Unterbringung nicht erzwungen werden. OLG Schleswig.

Zum Sachverhalt: Das VormG hat auf Antrag des Betreuer nach Anhörung einer ärztlichen Sachverständigen und des Betroffenen mit Beschluss die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses genehmigt. Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das LG nach Anhörung ärztlicher Sachverständiger und des Betroffenen den Beschluss des AG aufgehoben und die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung angeordnet. Die sofortige weitere Beschwerde des Betreuer wurde zurückgewiesen.

Aus den Gründen: Dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 1906 1 Nr. 1 BGB nicht vorliegen, stellt der Betreuer nicht in Frage. Für das Gegenteil gibt es nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens auch keine Anhaltspunkte. Die Genehmigung der Unterbringung kann aber auch nicht auf die Vorschrift des § 1906 1 Nr. 2 BGB gestützt werden. Danach ist eine Unterbringung des Betroffenen durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betroffenen erforderlich ist, weil eine Heilbehandlung notwendig ist, ohne die Unterbringung des

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Betroffenen nicht durchgeführt werden kann und der Betroffene auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

Der Betroffene ist zwar psychisch krank im Sinne dieser Bestimmung. Notwendig ist ein Heilbehandlung jedoch nur dann, wenn einerseits die Gefahr nicht auf weniger einschneidende Art abgewendet werden kann und andererseits die Maßnahme geeignet ist, den gewünschten Erfolg herbeizuführen (BT-Dr 11/4528, S. 147). Die Erforderlichkeit der Unterbringung ist der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen, da die Freiheit der Person ein so hohes Rechtsgut darstellt, dass sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden kann. Jegliche Art von psychiatrischer Behandlung bedarf aber der Einwilligung und Mitarbeit des Patienten (Jürgen/Kröger/Marschner/Winterstein. Das neue BetreuungsR. 4. Aufl., Rdnr. 509.

Daran fehlt es nach dem Akteninhalt.

Der Betroffene ist ersichtlich nicht bereit, sich einer

Heilbehandlung zu unterziehen. Eine Unterbringung zur

Erzwingung der Krankheits- und Behandlungseinsicht ist aber

unzulässig (L.G Frankfurt a.M., FamRZ 1993, 478: Saage/

Göppinger, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 3. Aufl., §

1906 BGB Rdnr. 21).

Das Rechtsmittel kann daher nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand in der Sache keinen Erfolg haben.

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Die Unterbringungsgenehmigung (§ 1906 Abs. 2 BGB)

des Betreuungsgerichtes erfolgt auf Antrag des Betreuers. Es muss nach Betreungsrecht eine erhebliche Selbstgefährdung vorliegen, sonst darf nicht zwangsweise untergebracht werden. Die Unterbringung durch einen Betreuer nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten.

Rauchen gefährdert die Gesundheit.

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Der Betreuer kann in medizinische

Behandlungen an Stelle des Betroffenen

einwilligen oder diese ablehnen!

Die zuständige Behörde hat den Betreuer auf seinen Wunsch bei der Zuführung zur Unterbringung nach § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 zu unterstützen. Richtig ist dass der Betreuer nach dieser Vorschrift bei der Zuführung zu einer Unterbringung nach § 70 Abs. 1 Nr. 2 FGG einen Anspruch auf Unterstützung durch die zuständige Behörde hat, eben weil diese alleinig aufgrund besonderer gerichtlicher Entscheidung befugt ist auch Gewalt anzuwenden!

Zitat: “Diese Psychiatrie- und Betreuermaffia arbeitet ganz im Stil eines Trickbetrügers. Dagegen sind Abzocker, die alten Damen bei Kaffeefahrten teure Decken mit angeblichen Wunderkräften andre-hen wollen, ja noch harmlos.”

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Prof. Dr. Uwe Jopt schreibt in der Rubrik „Helferlüge“: „Ich kenne so viele Einzelschicksale, so viele Jugendämter, wo in der Person der Vertreter sich Inkompetenz, Willkür, Naivität bis hin zur Dummheit paaren, und das Ganze eingebunden in einzige Macht.“

Betreuer und ihre

Wahnideen.

„Meine Betreute hat Schulden in Millionenhöhe und weiss davon nichts. Sollte Sie davon erfahren, wird Sie sich sicherlich umbringen. Ebendem stelle ich Antrag auf

Freiheitsentzug und eine medikamentöse Behandlung.“

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Betreuer und formale Denkstörung.

Bei der Untersuchung des Betroffenen wurde eine mutmaßlich seit mehreren Jahren unbehandelte paranoide Schizophrenie mit ausgeprägten formalen und inhaltlichen Denkstörungen diagnostiziert. Auf Antrag des vorläufigen Betreuers Rechtsanwalt V. genehmigte das Amtsgericht durch Beschluss vom 4. November 2005 die geschlossene Unterbringung des Betroffenen „unter Vornahme der notwendigen Untersuchungen und Heilbehandlungen, auch zwangsweise“ bis längstens zum 15. Dezember 2005. Diesem Beschluss lag eine ärztliche Stellungnahme der psychiatrischen Klinik des Krankenhauses R. zugrunde, wonach eine medikamentöse antipsychotische Therapie indiziert sei, der Betroffene jedoch bei vollständig fehlender Krankheitseinsicht die ihm angebotene orale Medikation verweigere. Durch einen ausschließlich stationären Aufenthalt ohne medikamentöse Behandlung sei mit einer Besserung des Krankheitsbildes nicht zu rechnen. Durch weiteren Beschluss wies das Amtsgericht am 4. November 2005 einen Antrag auf öffentlich-rechtliche Unterbringung nach den Vorschriften des PsychKG unter anderem mit der Begründung zurück, dass von dem Betroffenen gegenwärtig keine Fremdgefährdung ausgehe.

Das Verfahren beginnt mit einem Genehmigungsantrag des jeweiligen gesetzlichen Bevollmächtigten wenn er nach § 1906 Abs. 5 BGB zur Freiheitsentziehung ausdrücklich bevollmächtigt wurde. Soweit ein Betreuer (mit entsprechendem Aufgabenkreis) bestellt ist, gilt für die PsychKG-Unterbringung folgendes:

Der Betreuer darf nur zum Wohl des Betreuten handeln (§ 1901 BGB). Sein Wohl hat der Betreute selbst zu bestimmen. Eine Behandlung gegen den Willen des Patienten ist nur bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung gestattet. Rechtsgrundlage: § 1906 BGB, §§ 312 ff FamFG,

Freiheitsentziehung durch den Betreuer gem. § 1906 BGB ist nur dann zulässig, wenn der Betreute sich zu töten oder schwer zu verletzen droht und die Ursache hierfür in einer psychischen Krankheit oder Behinderung liegt.

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Richtlinien für Betreuer.

Es gibt einen Betreuer und es ist keine Patientenverfügung bekannt. In diesem Fall muss der Betreuer bzw. Bevollmächtigte den mutmaßlichen Willen erkunden und dem Richter darlegen, falls der Arzt meint, den Willen des Betroffenen besser zu kennen und widerspricht. Immer zu beachten: Wille vor Wohl, bzw. das Wohl wird durch den subjektiven Willen des Betroffenen bestimmt und ist insofern mit diesem identisch. So hat es der Gesetzgeber am 18.6.2009 entschieden.

Wille und

Wohl.

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§ 1901a Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten. Einwilligungsunfähigkeit und Krankheitsuneinsichtigkeit allein rechtfertigen eine Behandlung gegen den Willen des Betreuten nicht.

Auch wenn der Patient nicht einwilligungsfähig ist, dürfte nur bei Verhältnismäßigkeit der Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gegen den Willen des Patienten gestattet sein. Das Bundesverfassungsgericht spricht von einem Recht auf „Freiheit zur Krankheit.“ Eine drohende Verfestigung einer Erkrankung rechtfertigt eine Zwangsbehandlung nicht (BVerfG, Beschluss 2 BvR 2270/96, NJW 1998, 1774 = FamRZ 1998, 895; BGH, Beschluss XII ZB 236/05; NJW 2006, 1277 = MDR 2006, 995 = DNotZ 2006, 626 = FamRZ 2006, 615 = FGPrax 2006, 115.

In der in dem hiesigen Beschwerdeverfahren soll der Untergebrachte aber nur um seiner selbst behandelt werden. Die Behandlung soll damit allein der Persönlichkeits- und Verhaltensänderung wider den Willen des Beschwerdeführers dienen, nicht der Abwehr von Gefahren.

Die Unterbringungsgenehmigung (§ 1906 Abs. 2 BGB) des Betreuungsgerichtes erfolgt auf Antrag des Betreuers. Es muss nach Betreungsrecht eine erhebliche Selbstgefährdung vorliegen, sonst darf nicht zwangsweise untergebracht werden. Die zivilrechtliche Unterbringung durch einen Betreuer nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten.

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Die zwangsweise Durchsetzung der Therapie würde dem Betroffenen damit seine Subjektqualität nehmen und somit den Untergebrachten allein zum Objekt staatlichen Handelns machen. Ein Überwiegen der Bedeutung des Selbstbestimmungsinteresse des Patienten gegenüber dem Interesse des Staates ergibt sich in dieser Konstellation aus der fehlenden Dringlichkeit der Maßnahmen, der zweifelhaften Eignung der Behandlung von Neuroleptika sowie die schwerwiegenden Belastungen und Risiken, die mit einer Behandlung gegen den Willen und mit Neuroleptika verbunden sind. 6 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 MVollzG Rh-Pf ist daher nichtig. Die Zwangsbehandlung des Beschwerdeführers nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 MVollzG Rh-Pf verstößt gegen die in Art. 12 BRK Abs. 2 BRK normierte Rechts- und Handlungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung.

Die angedrohte Zwangsbehandlung des Beschwerdeführers verletzt ihn unzweifelhaft in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG. Darüber hinaus ist die Regelung von § 6 Abs. 1 Satz 2 Hs. wonach medikamentöse Zwangsbehandlung zum Erreichen des Vollzugsziels eingesetzt werden darf, verfassungswidrig und damit nichtig.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine so genannte allein fürsorgerische Maßnahme. Weder soll mit der Verabreichung von Neuroleptika von dem Untergebrachten eine akute Gefahr für sich selbst oder für Dritte abgewendet werden, noch stellt sie eine akute Behandlungsmaßnahme dar. Dasselbe ergibt sich für die Frage der Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung zum Zweck des Selbstschutzes. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zuletzt bei der Überprüfung der Unterbringung nach § 1631 b BGB mit einer Freiheitsentziehung zwecks Abwehr von Schaden für die Betroffenen befasst.n Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die Rechtstellung des untergebrachten Patienten zunächst in keiner Weise verbessern würde, weil zum Zeitpunkt der Zwangsbehandlung zu dem Eingriff in die Freiheit der Person zusätzlich der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit tritt. Eine „Heilung“ – und damit die Option einer Wiedererlangung der Freiheit der Person – stellt darüber hinaus eine ungewisse Option dar, während der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit real und unwiderruflich ist. Zu Recht wird daher darauf hingewiesen, dass außerhalb des Bereiches der Zwangsbehandlung von Untergebrachten die Möglichkeit einer grundrechtsübergreifenden Saldierung noch nicht einmal erwogen wird. Zu beachten ist ferner, dass bei der Prüfung, ob ein Eingriff in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG durch eine gesetzliche Regelung gerechtfertigt werden kann, diese wiederum den Anforderungen von Art. 1 Abs. 1 GG als so genannte Schranken-Schranke gerecht werden muss. Art. 1 Abs. 1 GG dient dem Schutz des sozialen Wert- und Achtungsanspruchs, der dem Menschen wegen seines

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Menschseins zukommt. Mit diesem Achtungsanspruch ist es unvereinbar, wenn der Mensch zum bloßen Objekt des Staates gemacht oder einer Behandlung ausgesetzt wird, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt. In dem der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Fall soll die Verabreichung der Neuroleptika weder zur Abwendung einer Lebensgefahr, einer schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit des untergebrachten Patienten oder einer Gefahr für die Gesundheit anderer Personen, noch zum allgemeinen Gesundheitsschutz oder zur Hygiene eingesetzt werden. § 6 Abs. 1 Satz 1, Hs. 2 und Satz 2 Hs. 2 MVollzG Rh-Pf sind damit für die hiesige Untersuchung nicht von Relevanz.

Die in § 6 Abs. 4 normierte Konstellation, dass der Untergebrachte nicht in der Lage sein soll, Grund, Bedeutung und Tragweite der Maßnahme einzusehen oder seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen, und daher die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters als maßgeblich angesehen wird, ist für den vorliegenden konkreten Fall ebenfalls nicht relevant, da an dem der Behandlung entgegenstehenden Willen des Beschwerdeführers auch nach Einschätzung der Fachgerichte keine Zweifel bestehen. Eine Rechtspflicht zur zwangsweisen Besserung gegen den Willen der Betroffenen kann aus der von dem Bundesverfassungsgericht damit anerkannten Befugnis zum Schutze sog. psychisch Kranker vor krankheitsbedingt drohenden gewichtigen gesundheitlichen Schädigungen gegen einen bekundeten Willen nicht abgeleitet werden. Erst recht kann dann keine verfassungsrechtliche Pflicht für den Gesetzgeber abgeleitet werden, Maßnahmen der Besserung auch gegen den Willen des untergebrachten Patienten vorzunehmen, die allein dem Ziel der Behandlung oder Heilung der Anlass für die Unterbringung gebenden Krankheit dienen sollen.

Rechtsgrundlagen: § § 1904, § 1906 BGB. Einwilligung durch den Betreuerin gefährliche und freiheitsentziehende Unterbringungen (auch auf „halbgeschlossenen“ Stationen) sind nach § 1904 BGB und § 1906 BGB durch das Vormundschaftsgericht zu genehmigen. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist kein „Freibrief“. Die in Punkt 4. genannten, teils überholten Bedingungen, bedürfen der stetigen Überprüfung, da sonst Arzt und evtl. Betreuer sich wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung strafbar machen. Einwilligungsunfähigkeit und Krankheitsuneinsichtigkeit allein rechtfertigen eine Behandlung gegen den Willen des Betreuten nicht. Dieses Recht sprach das Bundesverfassungsgericht den Betroffenen zu. Auch eine Einweisung nach § 1906 BGB kann nicht als Erlaubnis zur Zwangsbehandlung angesehen werden; insbesondere sind Zwangsbehandlungen nicht zur Erzwingung der Krankheits- und Behandlungseinsicht zulässig. Die Betreuung dient nicht dazu, den Betroffenen zu erziehen, zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen (vgl. zuletzt BayObLG FamRZ 2006).

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Psychiater

Objekt

Holger Z. wurde in die Psychiatrie Werneck eingewiesen, weil er leicht begleitet zu seinem Bruder wollte.

Verteidiger Schneider-Mensah.

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Warnung: Missachtung der

Verkehrsregeln endet in der Geschlossenen!

Psychiatergutachten: ...... dass der Betroffene statt auf dem Gehweg

auf der Straße laufe!

§ 1906 Absatz 1: Erheblich Selbst- wie Fremdgefährdet.§ 1906 Absatz 2: Krankheitsuneinsichtig.

Aus der Anamnese ergäben sich Hinweise darauf, dass sich der Betroffene aktuell infolge eines akuten und handlungsrelevanten psychotischen Erlebens wiederholt selbst gefährde, etwa durch Missachtung der Verkehrsregeln... dass der Betroffene statt auf dem Gehweg auf der Straße laufe.

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OLG Stuttgart Beschluß vom 24.9.2009, 8 W 96/09

Betreuung: Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der zwangsweisen Behandlung des untergebrachten Betreuten gegen dessen natürlichen Willen

Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 02.02.2009 (4 XVII 57/2009), mit dem die geschlossene Unterbringung des Betroffenen bis längstens 27.04.2009 vormundschafts-gerichtlich genehmigt wurde, und der diesen Beschluss bestätigende Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 24.02.2009 (2 T 31/09) rechtswidrig ergangen sind.

Die Feststellungen des Amtsgerichts wie auch des Landgerichts sind daher hier in jedem Fall nicht hinreichend. Das vorliegende ärztliche Gutachten vom 30.01.2009 gibt schon im Ansatz zur konkreten Behandlung keinen hinreichenden Aufschluss. Das gleiche gilt für die Angaben der Sachverständigen im Rahmen der persönlichen Anhörungen vor dem Amtsgericht und dem Landgericht.

a) Eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt. Im vorliegenden Fall leidet der Betroffene zwar nach den Feststellungen der Sachverständigen Dres. ... und ... an einer paranoiden Schizophrenie mit psychotischem Erleben in Form von Verschwörungs-, Verfolgungs- und Größenideen sowie einem ausgeprägten Beeinträchtigungserleben. Im weiteren wird im schriftlichen Sachverständigengutachten vom 30.01.2009 (Bl. 135-138 d.A.) auch ausgeführt, aufgrund des psychotischen Erlebens bestehe „eine akute Selbst- und situationsbezogen mögliche Fremdgefährdung“. Aus der Anamnese ergäben sich Hinweise darauf, dass sich der Betroffene aktuell infolge eines akuten und handlungsrelevanten psychotischen Erlebens wiederholt selbst gefährde, etwa durch Missachtung der Verkehrsregeln. Bei ausbleibender Behandlung der Schizophrenie sei von einer weiteren Chronifizierung der paranoiden Schizophrenie und damit von einer konkretisierbaren Gesundheitsgefährdung auszugehen.

b) Diese Angaben zur Frage der im Rahmen von § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB allein relevanten qualifizierten Eigengefährdung - Suizidgefahr, erhebliche Gesundheitsbeschädigung - mit ihren engen Voraussetzungen wurden im weiteren Verfahren lediglich noch durch die Angabe des

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Sachverständigen Dr. ... ergänzt, es sei seit längerem bekannt, dass die Nichtbehandlung von Psychosen zu degenerativen Veränderungen im Hirn führe, und durch die vom Sachverständigen nicht näher erläuterte Beobachtung, dass der Betroffene statt auf dem Gehweg auf der Straße laufe.

c) Insgesamt waren diese Angaben als Grundlage für die vom Tatrichter vorzunehmende Gefahrenprognose im konkreten Einzelfall und die anschließenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit noch nicht ausreichend. Hier hätte nach konkreten Verhaltensweisen des Betroffenen gefragt werden müssen, die die Annahme einer Gefahr rechtfertigen, dass sich der Betroffene einen erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt. Ermittlungen in dieser Richtung wurden weder vom Amtsgericht noch vom Landgericht angestellt.

Die vom Amtsgericht und vom Landgericht getroffenen Feststellungen genügten auch nicht, um die Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejahen zu können. Eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist,weil eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen und/oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann. Der Ausschluss der Einsichtsfähigkeit muss sich auf die Notwendigkeit der nur durch die Unterbringung möglichen Heilbehandlung beziehen, der letzte Halbsatz des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist insoweit sprachlich ungenau (vgl. BGH NJW 2006, 1277 ff.).

§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB erlaubt den genannten Voraussetzungen die zwangsweise Behandlung des untergebrachten Betreuten gegen dessen natürlichen Willen, wobei Unterbringung und Behandlung eine Einheit darstellen. Da eine medizinische Maßnahme nur dann als notwendig im Sinne von § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB eingestuft werden kann, wenn sie rechtlich zulässig ist, kann § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur als Rechtsgrundlage der Unterbringung dienen, wenn der Betroffene während der Unterbringung auch behandelt werden darf (vgl. BGH NJW 2006, 1277 ff.; BGH FamRZ 2008, 866 ff.). Das Vormundschaftsgericht muss die vom Betroffenen zu duldende Behandlung so präzise wie möglich angeben, weil sich nur hieraus der Unterbringungszweck sowie Inhalt, Gegenstand und Ausmaß der vom Betroffenen zu duldenden Behandlung hinreichend konkret und bestimmbar ergeben.

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Obwohl durch die Beendigung der Unterbringung das ursprüngliche Rechtsschutzziel des Betroffenen erledigt ist, kann in der vorliegenden Konstellation das Beschwerdeverfahren mit dem Ziel einer Feststellung der Rechtswidrigkeit fortgeführt werden. Angesichts des mit einer Unterbringung verbundenen tiefgreifenden Grundrechtseingriffes muss unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG die Möglichkeit einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung eröffnet sein (vgl. BVerfGE 104, 220 ff.; Kahl in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Auflage 2003, § 19 FGG, Rdnr. 86 ff. m.w.N.). Der Gesetzgeber hat dem nunmehr im Rahmen der neuen Regelung des § 62 FamFG Rechnung getragen. Im Rahmen einer sofortigen weiteren Beschwerde ist der Prüfungsumfang dabei nicht beschränkt auf die Prüfung, ob die Sachentscheidung des Landgerichts bezogen auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung verfahrensrechtlich einwandfrei getroffen worden ist und rechtlicher Prüfung standhält (so im Grundsatz noch OLG Hamm BtPrax 2001, 212 f.; Pfälz. OLG Zweibrücken FGPrax 2005, 137 f.).

Eine solche Beschränkung des Prüfungsumfangs hat das Bundesverfassungsgericht beanstandet und ausgeführt, sie trage den sich aus seiner Entscheidung vom 05.12.2001 (BVerfGE 104, 220 ff.) sich ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes im Blick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse nicht in hinreichendem Maße Rechnung (BVerfG wistra 2006, 59 ff.). Deshalb umfasst die Prüfung jedenfalls dann, wenn von einem umfassenden Rechtsschutzbegehren des Betroffenen auszugehen ist, auch die erstmalige Anordnung der freiheitsentziehenden Maßnahme durch das Amtsgericht (vgl. nunmehr OLG Hamm, OLGR Hamm 2006, 803 ff.).

Im vorliegenden Fall begehrt der Betroffene ausdrücklich die Feststellung der Rechtswidrigkeit sowohl Amtsgerichts Ludwigsburg vom 02.02.2009 als auch des Beschwerdebeschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 24.02.2009.

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen hat mit dem Rechtsschutzziel einer Feststellung der Rechtswidrigkeit der genannten Beschlüsse auch in der Sache Erfolg. Der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 02.02.2009 und der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 24.02.2009 sind nicht frei von Rechtsfehlern. Sowohl in Bezug auf § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB als auch in Bezug auf § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB und die Genehmigung einer zwangsweisen Medikamentengabe wären im vorliegenden Fall weitere Ermittlungen gemäß § 12 FGG erforderlich gewesen.

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Der Fall Holger Z.

1) Holger Zierd wurde in die Psychiatrie Winnenden eingewiesen,

weil er Zeichen in den Schnee gemalt hätte.

2) Holger Zierd wurde in die Psychiatrie Werneck zwangseingewiesen, weil er ein Abschleppseil

im Auto liegen hätte, damit könnte er Selbstmord machen, angezeigt hat in der Autobahn

Raststättenleiter Fulda.

3) Holger Zierd wurde in die Psychiatrie Bad Salzungen zwangseingewiesen, weil er leicht

bekleidet war, als er zu seinen Bruder wollte.

David Schneider-Addae-Mensah hat Anzeige wegen Mordes gegen 14 Personen

des ÖHK, Ärzte, mehrere P�eger und zwei Richter erstattet.

Im 400 Seiten Buch.

28-Jähriger stranguliert im Vollzug gefunden. Der Fall Holger Z.

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Es ist heute bald so weit, daß nur noch deutsche Ärzte und Psychologen, deutsche Psychiatrie- (und Neurologie-) Ordinarien sowie deutsche Politiker und Publizisten, Sozialpädagogen und Sozialarbeiter, diese besonders, an die Freudsche Schaumschlä-gerei glauben. Sophie Freud‘s Ausführun-gen wie die folgende reißen sie in der Regel herunter. Daß sie sie bei dem Kongreß beklatschten, lag wohl an dem berühmten Namen. Vielleicht dachten sie auch, den Applaus als Beweis ihrer Kritikoffenheit und Toleranz ausgeben zu können. Der spani-sche Berichterstatter tat sich am Schluß seiner Ausführungen auch sichtlich schwer, für die Psychotherapeuten ein Resümee zu ziehen. Auf Deutsch war bisher im Netz von einem solchen Bericht von vornherein nichts zu �nden. Der Enkelin Freuds ge-bührt für ihre Wiener Ausführungen gewiß größte Hochachtung. Sie helfen fraglos, dem unter ihrem Familiennamen die Welt über ziehenden, überbordenden Aberwitz der Psychoanalyse ein Ende zu machen: ««Verdrehte mein Onkel doch unlogisches Denken in wissenschaftliche Tatsachen.»

Das Besondere ist nur, daß (eine) Freud es jetzt sagt.

»Psychologie in Deutschland, das ist der Tummelplatz der Eitelkeiten, der Treff-punkt von Barbaren und Cholerikern, von Kranken und Dikta-toren; ein Mekka der Gesetzesbrecher und ein Sammelbecken Asozialer.«

Ich meine, also bin Ich.Psychologie ist keine Wissenschaft sondern eine eigenartige

Privatlogik von Meinungsverbrechern, die implizit «meinen», dass es sich bei ihrem Berufstand

um eine Wissenschaft handelt. „In paranoiden Gutachten gibt es gibt keine Argumente,

es gibt nur Meinungs-Zuweisungen.“

Degen: «Dass die Psychoanalytiker sich angesichts Kritik mit „rhetorischen Taschenspielertricks” einer wissenschaftlichen

Begründung ihres Tuns entziehen trachten überrascht umso weniger als sie darin gut hundert Jahre Erfahrung haben.