Burnout - aus Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie · PDF file Burnout, existential...
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Burnout - aus Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie Abschlussarbeit für die Ausbildung in Logotherapie und existenzanalytischer Beratung und Begleitung Mai 2008 Eingereicht bei: Frau Chistine Wicki, CH-6314 Unterägeri Frau Therese Jones, CH-3032 Hinterkappelen Angenommen: am am Vorgelegt von: Ernst Bai Mattenstrasse 74 CH-8330 Pfäffikon Burnout – aus Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie. Ernst Bai.
Burnout - aus Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie Zusammenfassung / Abstract Ausgehend von einer persönlichen Erfahrung mit Burnout, geht es zunächst um
grundlegende Gedanken zur Existenzanalyse und Logotherapie, speziell in Bezug
auf Burnout. Nebst den vier Grundmotivationen, werden Definition und Symptome
von Burnout unter allgemeinen und existenzanalytischen Gesichtspunkten
dargestellt. Es wird aufgezeigt, wie es aus existenzanalytischer Sicht zur
Erschöpfung und zum Erfüllungsdefizit kommen kann. An einem Praxisbeispiel wird
deutlich, wie bei einem Burnout alle vier Grundmotivationen betroffen sind. Bei der
Beratung und Prophylaxe geht es zunächst um verhaltenstherapeutische
Massnahmen, dann um die existenzanalytische Behandlung von Burnout. Wichtige
Aspekte sind dabei: Sinnerfüllung und Werteverwirklichung, Leben mit Zustimmung,
Stimmigkeit und innerer Erfüllung. Am Schluss wird hingewiesen auf die
psychotherapeutische Methode der Personalen Existenzanalyse (PEA), mit deren
Hilfe die Ressourcen der Person unmittelbar mobilisiert werden.
Schlüsselwörter: Burnout. Existenzanalyse und Logotherapie. Der Burnout- Prozess. Grundmotivationen. Nicht-existentielle Lebenshaltung. Erfüllungsdefizit vs.
Erfüllung. Hingabe. Existentieller Sinn. Existentielles Vakuum. Beratung und
Prävention. Verhaltensorientierte Massnahmen. Sinnerfüllung und
Werteverwirklichung. Leben mit Zustimmung. Stimmigkeit. Innere Erfüllung.
Abstract Based on a personnel experience with burnout issues need to be considered first the
fundamental ideas about Existential Analysis and Logotherapy, especially how they
relate to burnout situations. In addition to the four fundamental motivations,
definitions and symptoms of Burnout are defined in general and Existential Analysis
perspective. It is from this perspective how physical depression and deficit in
fulfillment can be explained. A practical experience is used to show how in burnout
situations all four fundamental motivations are involved. The goals of counselling and
prevention are first behavioral measures, then an Existential Analytical treatment of
burnout. Important aspects are: Meaningful life and realization of values, living in
accordance with the inner self, congruency and inner fullfillment. In closing it is
Burnout – aus Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie. Ernst Bai.
shown how psychotherapeutic methods of the Personal Existential Analysis (PEA),
will be used to mobilize the resources of the person himself. Key Words: Burnout, existential Analysis and Logotherapy, The Process of Burnout, Fundamental
Motivations, non-existential attitude in life, Fullfillment vs. Deficit in Fullfillment, inner
commitment, Existential Meaning, Existential Vacuum, Counselling and prevention,
Behavioural Measures, Meaningful life and realization of values, Living in accordance
with the inner self, Congruency, Inner Fullfillment.
___________________________________________________________________
Gedicht von Eugen Roth "Ich geh' in meinen Pflichten auf!"
Doch bald darauf, nicht mehr so munter,
geht er in seinen Pflichten unter!
Burnout – aus Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie. Ernst Bai.
Inhaltsverzeichnis
Seite: 1. Einleitung: Was mich zu diesem Thema motivierte 1
2. Vorbemerkungen: Grundlegende Gedanken zur Existenzanalyse und
Logotherapie, speziell in Bezug auf Burnout 2 3. Definition und Symptome von Burnout unter allgemeinen
Gesichtspunkten 5 4. Definition und anthropologische Hinweise von Burnout unter
existenzanalytischen Gesichtspunkten 7 5. Wie kommt es aus existenzanalytischer Sicht zur Erschöpfung,
zum Erfüllungsdefizit? 8 5.1. Hergabe statt Hingabe 8
5.2. Zweckgerichtetheit statt Erfüllung 9
5.3. Schein-Sinn statt existentiellem Sinn 9
5.4. Das existentielle Vakuum 10
5.5. Defizite im Bereich der vier Grundmotivationen 11
5.6. Praxisbeispiel: Herr Xaver 12
6. Beratung und Prophylaxe 14 6.1. Verhaltensorientierte Massnahmen 14
6.2. Existenzanalytische Behandlung von Burnout 15
6.2.1. Sinnerfüllung und Werteverwirklichung 15
6.2.2. Leben mit Zustimmung 17
6.2.3. Stimmigkeit und innere Erfüllung. (Authentisch leben) 17
7. Schlussbemerkung 18 8. Literaturverzeichnis 20
Burnout – aus Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie. Ernst Bai.
1. Einleitung: Was mich zu diesem Thema motivierte Es sind zwei Gründe, die mich zu diesem Thema motiviert haben. Zunächst werde
ich in meiner Tätigkeit als Lebensberater, die ich im Kontext der ERF Medien1
ausübe, immer wieder mit diesem Thema konfrontiert. Im Weiteren ist es eine
Burnout-Erfahrung, die ich selber vor etlichen Jahren gemacht habe. Die
herausfordernde und jahrelange Aufgabe als Pfarrer in einer freikirchlichen
Gemeinde hat mich mehr beansprucht als ich wahrhaben wollte. Ich liebte meine
Arbeit. Den nahen Kontakt zu den Gemeindegliedern erlebte ich einerseits als schön
und erfüllend. Anderseits gab es gewisse Anzeichen von Erschöpfung, die ich jedoch
kaum beachtete. Ich war ja gesund und trieb regelmässig Sport. Zudem gab es
Erfolge bei der Arbeit. Das spornte mich an, mein Bestes zu geben. Es war der
positive Stress (Eustress), der mich antrieb. Diese Art von Stress erlebte ich, wenn
ich eine Situation als Herausforderung ansah. Und Herausforderungen gab es in
meinem Beruf viele. Dabei meinte ich die Dinge im Griff zu haben. --- Im Gegensatz
zum Eustress2 steht der Distress. Er wird als der negative Stress bezeichnet, der uns
schadet und zur Krankheit führt. Dieser Stress entsteht in jenen Situationen, die wir
gemäss unserer Einstellung nicht unter Kontrolle haben, also dann, wenn uns die
Situation im Griff hat. Ziel wäre nun, vom negativen zum positiven Stress zu
kommen. Aber Achtung! Auch der positive Stress ist nicht nur positiv. Er kann sich
ebenfalls negativ auswirken. Auf Dauer werden auch hier die Reserven erschöpft und
es kann zum Burnout und zur Krankheit kommen. Das ist mir zugestossen. Im Alter
von 39 Jahren erlitt ich einen Herzinfarkt. Waren dafür die Erschöpfungssymptome
verantwortlich? Habe ich mich zu sehr verausgabt? Hatte ich ein Burnout aufgrund
aufgebrauchter Ressourcen, oder waren es mehr die genetischen Faktoren, die dazu
geführt haben? (Bereits mein Vater hatte mit massiven Herzproblemen zu kämpfen,
und starb dann auch an einem Infarkt.) Letzte Fragen bleiben offen. Die vorliegende
1 ERF (Evangelium in Radio und Fernsehen). ERF Medien umfassen in der Schweiz die grösste Fachredaktion im Bereich Glaube und Gesellschaft. Als internationales Medienunternehmen produzieren sie TV- und Radiobeiträge für das In- und Ausland zu Themen rund um den christlichen Glauben. ERF Medien betreibt das Kabelradio Life Channel. 2 "Wie auch die Stressforschung (u.a. Mitterauer und Harrer 1983) zeigt, haben wir zwischen "Eustress" und "Distress" zu unterscheiden. Während ersterer lebenserhaltend und lustvoll wirken kann, die Vigilanz und damit die Leistungsfähigkeit erhöht (die auch nötig ist, um Ziele und Werte zu verwirklichen), wirkt der "Distress" leistungshemmend und wird als Unlustgefühl wahrgenommen" (Längle, Probst 1993, 68).
Burnout - aus Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie. Ernst Bai. Seite 1
Arbeit, und damit die Auseinandersetzung mit dem Thema Burnout aus
existenzanalytischer Sicht, haben mich sensibilisiert für einen noch aufmerksameren
Umgang mit den eigenen Ressourcen auf mögliche Überlastungen und
Überforderungen, sowie auf eine nicht-existentielle Lebenshaltung.
2. Vorbemerkungen: Grundlegende Gedanken zur Existenzanalyse und Logotherapie, speziell in Bezug auf Burnout. Existenzanalyse (EA) wird erlebnisbezogen definiert als „ein psychotherapeutisches Verfahren, das zum Ziele hat, den Menschen zu befähigen, mit innerer Zustimmung
zum eigenen Handeln und Dasein leben zu können" (Längle 2001, Lehrbuch 1, 10).
Der Mensch erlebt sein Leben als erfüllt, wenn er es mit Zustimmung leben kann. Mit
Hilfe der EA soll der Mensch seinen Platz im Leben finden, damit er seine
Fähigkeiten optimal entfalten kann. Er soll sich fühlen können, wie ein Fisch im
Wasser. Das erleichtert ihm die Zustimmung zu dem, was er tut und letztlich zum
Leben selbst. Kriterium der Ex