CHARLES IVES CONCORD- SONATE · Elliott Carter: Scrivo in vento für Flöte solo Als Elliott Carter...

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CHARLES IVES CONCORD- SONATE 1. OKTOBER 2018 ELBPHILHARMONIE GROSSER SAAL

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CHARLES IVESCONCORD-

SONATE

1. OKTOBER 2018ELBPHILHARMONIEGROSSER SAAL

Montag, 1. Oktober 2018 | 20 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal Elbphilharmonie für Kenner 2 | 1. Konzert

19 Uhr | Einführung mit Klaus Wiegmann im Großen Saal

SCHWERPUNKT CHARLES IVES

ADAM WALKER FLÖTE TABEA ZIMMERMANN VIOLA PIERRE-LAURENT AIMARD KLAVIER

Edgard Varèse (1883–1965) Density 21.5 für Flöte solo (1936) ca. 5 Min.

Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) Sonate für Viola und Klavier op. 147 (1975) Moderato Allegretto Adagio

ca. 35 Min.

Pause

Elliott Carter (1908–2012) Scrivo in vento für Flöte solo (1991) ca. 5 Min.

Charles Ives (1874–1954) Sonate Nr. 2 »Concord, Mass., 1840–1860« (ca. 1916–1919 / 1947) Emerson Hawthorne The Alcotts Thoreau

ca. 45 Min.

Kofinanziert durch das Programm Kreatives Europa der Europäischen Union

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Er war einer der originellsten und eigen-willigsten Komponisten aller Zeiten: der Amerikaner Charles Ives. Im Hauptberuf Versicherungsmakler, konnte er in völ-liger (finanzieller) Unabhängigkeit seine musikalischen Visionen verwirklichen. Zum Auftakt des Ives-Schwerpunkts der Elbphilharmonie erklingt im heuti-gen Konzert seine groß dimensionierte »Concord-Sonate« für Klavier, Flöte und Bratsche, die mit ihrer außergewöhn-lichen Besetzung, ihrer komplexen Musik und diversen eingestreuten Zitaten als exemplarisch für ihn gelten darf. Um sie herum haben die drei Ausnahmekünstler Pierre-Laurent Aimard, Tabea Zimmer-mann und Adam Walker ein Programm entworfen, das die Moderne in ihrer gan-zen Vielfalt präsentiert.

WILLKOMMEN

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SONATE NR. 4STREICHQUARTETT NR. 1AUSGEWÄHLTE LIEDER

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ELBPHILHARMONIEKLEINER SAAL

9.10.2018 | 19:30 UHR

THEO BLECKMANNTIMO ANDRES | SCHUMANN QUARTETT

»AN EVENING WITH CHARLES IVES«

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PLATINMUSIK

Edgard Varèse: Density 21.5 für Flöte solo

Wie Charles Ives war auch der nur wenige Jahre jüngere Edgard Varèse eine singuläre Persönlichkeit in der (amerikanischen) Musikgeschichte. Mit seinen ausgefallenen Ideen und Klang-vorstellungen erweiterte und revolutionierte er die Tonsprache, und dank seiner Experimente mit Tonbandaufzeichnungen gilt er heute als Vater der elektronischen Musik. Aus einem unmu-sikalischen Elternhaus kommend, wurde eine Aufführung von Claude Debussys Prélude à l’après midi d’un Faune (mit dem berühmten Flötensolo zu Beginn) zum Erweckungserlebnis für den damals Anfang 20-Jährigen. Und so beschloss er, Kompo-nist zu werden.

Nun, er wurde ein sehr erfolgreicher. Und das, obwohl sein Œuvre vergleichsweise schmal ist. Dafür hat sich fast jedes sei-ner höchst individuellen Werke im Konzertrepertoire verankert. 1883 in Paris geboren, kam er 1917 erstmals nach New York, wo er fortan lebte und 1927 eingebürgert wurde. Seiner neuen Hei-mat hatte er da mit seinem Orchesterstück Amériques schon ein Denkmal gesetzt.

Die 1930er Jahre waren für Varèse einerseits von kommerzi-ellem Erfolg geprägt, andererseits von Depressionen, die dazu führten, dass er kaum noch komponierte. Eine Ausnahme ist das 1936 uraufgeführte Stück Density 21.5 für Flöte solo. Varèse schrieb es als Auftragswerk für den Flötisten Georges Barrère, der eine Flöte aus Platin besaß – ein bis dato unübliches Mate-rial für dieses Instrument. Darauf nimmt der Titel Bezug, denn die Dichte (»Density«) dieses schweren Edelmetalls beträgt gerundet 21,5 g/cm³.

Das Stück entwickelt sich aus einem Halbtonmotiv und nutzt im Laufe der 61 Takte den gesamten Tonbereich der Flöte. Als besonderen Effekt setzt Varèse zudem zum vermutlich ersten Mal in der Geschichte des Instruments Klappengeräusche als zusätzliches Ausdrucksmittel ein. Kein Wunder, dass Density 21.5 bis heute zu den wegweisenden Kompositionen des Flöten-repertoires gehört.

DIE MUSIK

Edgard Varèse

Dichte im Vergleich

Holz: 0,5 g/cm³ Wasser: 1 g/cm³ Bronze: 8 g/cm³ Blei: 11,3 g/cm³ Gold: 19,3 g/cm³

Mehr Infos unter:hawesko.de/elphi

Es ist das Besondere, das Wellen schlägt.

Der offizielle Weinpartner der Elbphilharmonie

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Die Komponisten Dmitri Schostakowitsch (Mitte) und Mieczysław Weinberg (rechts daneben) mit Mitgliedern des Beethoven-Quartetts, das viele ihrer Werke aus der Taufe hob. Ganz links: der Bratschist Fjodor Druschinin, der die Uraufführung der Sonate spielte.

allmählich auflösendes Zeitgefühl einhergeht, und nicht zuletzt die zitathaften Reminiszenzen. So erinnert gleich der Beginn entfernt an den Anfang von Alban Bergs Violinkonzert (ebenfalls ein »letztes Werk«), und im dritten Satz zitiert Schostakowitsch Beethovens berühmte Mondscheinsonate. So scheint diese Musik im Kern all das zusammenzufassen, was seinen Stil ausmacht.

Der erste Satz beginnt mit einer rhythmisierten Quintfolge, die noch mehrere Male wiederkehrt und dabei stets einen neuen Abschnitt einleitet. Wenn das Kla-vier sie später aufgreift, erzeugt die Bratsche dazu gespenstische Flageolett-klänge. Eine weitschweifende Kantilene leitet zu einem zweiten, triolischen Motiv über, das sich immer weiter steigert. Nach der Solokadenz verhallt die Musik leise.

Im scherzoartigen Mittelsatz kehrt Schostakowitsch noch einmal zum per-kussiv hämmernden Duktus zurück, der viele frühe Werke prägte und dem stets etwas Groteskes anhaftet. Zwei harte, von zackigen Rhythmen durchzogene Außenteile umrahmen dabei ein ruhigeres und lyrisches Mittelstück. Mit leisen Trommelrhythmen schließt der Satz.

Das Finale der Sonate gehört zu den ergreifendsten Abschiedsgesängen, die jemals geschrieben wurden. Nach der solistischen Einleitung der Bratsche folgt das Zitat aus der Mondscheinsonate. Nicht nur der prägnante und für Trauer-märsche typische punktierte Rhythmus erklingt, auch die berühmte, in gebro-chenen Dreiklängen dahinziehende Begleitung wird in zahlreichen Abwand-lungen präsentiert. Darüber schwebt die Bratsche in einer freien, scheinbar unendlichen Fantasie hinweg – bis hin zur leidenschaftlichen und breit angeleg-ten Solokadenz. Anschließend wird der Beginn noch einmal aufgegriffen, bevor die Musik langsam und friedlich ausklingt. Schostakowitschs letzte je kompo-nierte Noten bilden einen reinen C-Dur-Akkord.

MUSIKALISCHES TESTAMENT

Dmitri Schostakowitsch: Sonate für Viola und Klavier

Letzte Werke umgibt stets eine besondere Aura. Sei es, weil sie naturgegeben den Abschluss (und oft auch den künstlerischen Höhepunkt) im Schaffen ihres Schöpfers darstellen; sei es, weil sie ein Hauch des Mythischen umweht, der vom drohenden Tod kündet – auch wenn es sich dabei meist nur um die verklärte Sicht der Nachwelt handelt. Zu den berühmtesten Werken, die so gedeutet wurden, gehören etwa Mozarts unvollende-tes Requiem und die Fragmente von Mahlers Zehnter Sinfonie. Beide Komponisten sind während der Arbeit an ihren Werken verstorben und konnten sie nicht mehr fertigstellen – und die Legendenbildung ließ nicht lange auf sich warten.

Fast wäre es auch Dmitri Schostakowitsch so ergangen, als er an seiner ersten und einzigen Bratschensonate saß, die gleichzeitig seine letzte Komposition werden sollte. Er begann mit der Arbeit im Mai 1975, nur drei Monate vor seinem Tod und bereits schwer gezeichnet von langer Krankheit. »Ich befinde mich jetzt im Krankenhaus«, hielt er seine Situation fest: »Ich habe Ärger mit meinem Herzen und mit den Lungen. Meine rechte Hand schreibt nur mit großer Mühe. Obgleich es sehr schwierig war, habe ich die Sonate für Viola und Klavier doch zu Ende bringen können.« Kurz darauf verstarb der Komponist, die Uraufführung seines Werkes erlebte er nicht mehr.

Inwieweit das drohende Schicksal Schostakowitschs auch in musikalischer Hinsicht Einfluss auf die Bratschensonate nahm, ist – wie auch bei den eingangs genannten Beispielen – schwer zu sagen. Dass der Komponist sein baldiges Ableben ahnte, darf angesichts seines gesundheitlichen Zustands immerhin ange-nommen werden. Nicht wenige Interpreten und Musikwissen-schaftler sehen in der Sonate daher auch so etwas wie Schosta-kowitschs musikalisches Testament, eine Art »autobiografische Zusammenfassung« seines Schaffens. Letzteres ist nicht von der Hand zu weisen, denn tatsächlich enthält die Sonate viele für Schostakowitschs Spätstil typische Merkmale: der resig-native Grundton, die ausgedünnte Satzweise, mit der ein sich

Dmitri Schostakowitsch

DIE MUSIK

OHNE KONVENTIONEN

Charles Ives: Concord-Sonate

Als »Sonderfall der Musikgeschichte« wird Charles Ives in einschlägigen Musik-lexika gern bezeichnet – und das trifft es ziemlich gut. Denn so originell und kompromisslos, vor allem aber so frei von jeglichen Traditionen und Zwängen haben nur wenige komponiert. Diese künstlerische Freiheit konnte sich der 1874 in Amerika geborene Komponist erlauben, weil die Musik in seinem Leben stets nur eine Nebentätigkeit war. Die Brötchen verdiente sich Ives stattdessen als (sehr erfolgreicher) Versicherungsmakler.

Dennoch ist Ives’ kompositorisches Œuvre beachtlich. Neben vier großen Sin-fonien und weiteren Orchesterwerken (darunter auch das berühmte Stück The unanswered Question) schrieb er unzählige Klaverlieder, zwei Streichquartette, mehrere A-cappella-Chöre und weitere Kammermusikwerke. Hinzu kommen etliche Schriften über musikalische, philosophische und politische Themen sowie Erklärungen, die er seinen Werken zur Seite stellte. Im Repertoire gehal-ten hat sich davon nur wenig, besonders Ives’ Kammermusik fristet aufgrund seiner Vorliebe für ungewöhnliche Instrumentenkombinationen ein Nischen-dasein. Die Concord-Sonate, die für einige Passagen auch eine Flöte und eine Bratsche verlangt, ist dafür ein gutes Beispiel.

AUF WIND GESCHRIEBEN

Elliott Carter: Scrivo in vento für Flöte solo

Als Elliott Carter 2012 im sagenhaften Alter von 103 Jahren starb, hatte er nicht nur einen langen Lebensweg vollendet, sondern auch eine beachtliche künstle-rische Entwicklung. Denn obwohl seine Vorliebe für die europäische Avantgarde mit ihren nur selten wohlklingenden Kompositionskonzepten ihn in Amerika zum Außenseiter machte, wird er heute als einer der größten amerikanischen Komponisten verehrt.

Sein musikalisches Erweckungserlebnis hatte der 1908 in New York als Sohn eines wohlhabenden Textilienhändlers geborene Carter im Alter von 16 Jahren, als er in der Carnegie Hall eine Aufführung von Igor Strawinskys Skandalstück Sacre erlebte – »das Größte, was ich je gehört hatte«. Fast zeitgleich lernte er Charles Ives kennen, der enormen Einfluss auf seine Karriere nahm und ihm eine Empfehlung für Harvard schrieb. Nach Abschlüssen in englischer Litera-tur und Musik setzte Carter seine Studien in Paris bei der legendären Nadia Boulanger fort. Zurück in den USA ließ er sich erneut in New York nieder und arbeitete zunächst als Journalist und Dozent für Komposition. Seine eigenen Werke trugen da noch überwiegend neoklassizistische Züge.

Das änderte sich, als 1946 die Dritte Sinfonie von Charles Ives (mit 35-jähri-ger Verspätung) uraufgeführt wurde, die Carter so beeindruckte, dass auch er mit der Gleichzeitigkeit verschiedener Tempi und Metren zu experimentieren begann; eine Technik, die er wenig später in seinem Ersten Streichquartett noch weiterentwickelte. Das radikal konzipierte Werk brachte Carter internationale

Anerkennung – unter anderem von Pierre Boulez, der ihn fortan als den einzigen amerikanischen Komponisten von Weltrang respektierte. Carter kommentierte seine neue, nicht unbedingt hörer-freundliche Ausrichtung lapidar: »Zum Teufel mit dem Publikum!«.

In den 80ern setzte dann eine gewisse Form von Altersmilde ein, und Carter komponierte mit neuer Leichtigkeit und Schnelligkeit. In diese Schaffensphase fällt auch das anspruchsvolle Flötenstück Scrivo in vento aus dem Jahr 1991. Die Uraufführung fiel auf den 687. Geburtstag von Francesco Petrarca. Carter entnahm den Werk-titel daher einem Vers des italienischen Dichters: »Ich durchpflüge die Wellen und fand mein Haus auf Sand und schreibe auf dem Wind.«

Elliott Carter und Pierre-Laurent Aimard

Charles Ives

DIE MUSIK

Doch Ives kümmerten solche praktischen Gründe nicht. Entscheidend war einzig und allein die Umsetzung seiner künst-lerischen Visionen. Und um diese zu ver-wirklichen, war er um kein musikalisches Experiment verlegen. Auf diese Weise nahm er schon um die Jahrhundert-wende viele der vermeintlich revolutionä-ren Errungenschaften der (europäischen) Avantgarde der 1950er Jahre vorweg, dar-unter Poly rhythmik, Atonalität und seri-elle, also streng mathematisch festgelegte Verfahrensweisen. Zugleich pendelte seine Musik zwischen volksliedhafter Einfach-heit und komplexer Dissonanz hin und her.

»Warum die Tonalität als solche verworfen werden sollte, will mit nicht einleuch-ten. Warum sie immer herrschen sollte, auch nicht«, schrieb er einmal.

Als prägendste Kompositionstechnik für Ives’ Musik sollte sich jedoch die Col-lagentechnik herausstellen. So integrierte er mit Freude Unterhaltungsmusik wie Schlager, Gospelsongs und Märsche in seine Werke und versuchte sich vor allem in frühen Arbeiten an der hyperrealistischen Wiedergabe von alltäglichen Klängen wie Glocken und Sirenen. Hinzu kommen zahlreiche Zitate, mit denen er dann doch wieder einen Bogen in die Musikgeschichte schlug.

Diese Vorgehensweise brachte ihm einige Vergleiche mit Gustav Mahler ein, der ebenfalls gern Gebrauchs- und Volksmusik in seinen Werken verarbeitete. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass bei Ives die verschiedenen Sphä-ren unverbunden und durchaus widersprüchlich nebeneinander stehen bleiben, während sie bei Mahler zu einem neuen Ganzen verschmelzen. Mit dieser plura-listischen Verfahrensweise eiferte Ives seinem Ideal des amerikanischen Trans-zendentalismus nach und schuf ein musikalisches Spiegelbild der Utopie einer freien und schrankenlosen Gesellschaft.

Die Transzendentalisten, die sich mit ihrer Strömung für eine freiheitliche, selbstverantwortliche und naturzugewandte Lebensführung einsetzten, spielen nun auch bei der Concord-Sonate eine entscheidende Rolle. Der Untertitel ver-weist auf die kleine Stadt Concord in Massachusetts, die manchem als das amer-kanische Weimar gilt. Hier trafen sich damals Philosophen und Literaten, die gesellschaftliche Zustände infrage stellten, Missstände in der amerikanischen Politik, Religion und Gesellschaft anprangerten und nach alternativen Lebens-formen suchten. Kein Wunder also, dass sich Ives, der sich ebenfalls nicht um Konventionen kümmerte, zugehörig fühlte.

Die Widmungsträger der vier Sätze der »Concord-Sonate«:

Ralph Waldo Emerson (1803–1882)

US-amerikanischer Philosoph und Schriftsteller

Nathaniel Hawthorne (1804–1864)

US-amerikanischer Schriftsteller, der mit seinen Romanen und Kurzgeschichten weltweit bekannt wurde

Amos Bronson Alcott (1799–1888)

US-amerikanischer Schriftsteller und Pädagoge, der die Idee des Transzendentalismus in die pädagogische Praxis umsetzte

Louisa May Alcott (1832–1888)

US-amerikanische Schriftstellerin, Tochter von Amos Bronson Alcott

Henry David Thoreau (1817–1862)

Amerikanischer Schriftsteller und Philosoph, Autor des weltberühm-ten Aussteiger-Klassikers Walden; or, Life in the Woods, in dem er sein einfaches Leben am See und die Natur beschrieb

Die vier Sätze der Sonate benannte er jeweils nach bedeutenden Schriftstellern des Transzendentalismus (siehe Spalte links). Ives hatte sich intensiv mit ihren Werken beschäftigt und ver-suchte nun, in seiner Sonate die jeweilige Persönlichkeit und Überzeugungen musikalisch zum Ausdruck zu bringen, wie er in seinem umfangreichen Werkkommentar Essays before a Sonata festhielt: »Das Ganze ist ein Versuch, den Eindruck darzustel-len, den man vom Geist des Transzendentalismus hat, der in der Vorstellung vieler seit mehr als einem halben Jahrhundert mit Concord, Mass. verbunden ist. Dies geschieht in impressio-nistischen Gemälden von Emerson und Thoreau, in einer Skizze von den Alcotts und in einem Scherzo, das einen leichteren Zug wiedergeben soll, der oft im fantastischen Hawthorne auftritt.«

Darüber hinaus vereint Ives in diesem Werk zahlreiche der für ihn typischen Stilmerkmale, darunter die erwähnte Beset-zung, komplexe, sich überlagernde Rhymthmen, ungewöhn-liche Harmonien und weitere Besonderheiten wie ein Holzbrett, mit dem im zweiten Satz sogenannte Cluster auf der Klavia-tur erzeugt werden. Größere Abschnitte sind zudem ohne Takt-striche notiert.

Darüber hinaus ließ Ives einige Musikzitate in das Werk ein-fließen. Unter anderem zieht sich durch alle vier Sätze das berühmte Eröffnungsmotiv der Fünften Sinfonie Ludwig van Beethovens; im dritten Satz klingt kurz der Hochzeitsmarsch aus Richard Wagners Lohengrin an. All dies zusammen macht aus der Concord-Sonate ein Monumentalwerk, das bis heute einmalig in der Musikgeschichte geblieben ist.

Auch Ives war wohl mit seiner Arbeit zufrieden, denn die Con-cord-Sonate, 1920 erschienen, gehörte zu den wenigen Werken, die zu seinen Lebzeiten gedruckt wurden. Dennoch dauerte es noch bis 1938, eher das Werk erstmals öffentlich und vollstän-dig in New York aufgeführt wurde. Arnold Schönberg schrieb anschließend lobend von »einem großen Mann. Er hat das Pro-blem gelöst, wie man seine Selbstachtung wahren und doch lernen kann. Er begegnet dem Desinteresse mit Verachtung. Er ist nicht gezwungen, Lob oder Tadel anzunehmen. Sein Name ist Ives.«

SIMON CHLOSTA

Sondermarke für Charles Ives (1997)

DIE MUSIK

PIERRE-LAURENT AIMARD KLAVIER Der französische Pianist Pierre-Laurent Aimard ist einer der führenden und international bekanntesten Musiker unserer Zeit und eine der Schlüsselfiguren der zeitgenössischen Musik. 2017 wurde er mit dem renommierten Ernst von Sie-mens Musikpreis ausgezeichnet. Aimard verbindet eine enge Zusammenarbeit mit zahlreichen bedeutenden Komponisten, darunter György Kurtág, Karlheinz Stockhausen, Elliott Carter, Pierre Boulez und George Benjamin.

Aimard tritt weltweit mit namhaften Orchestern und Dirigenten auf, darun-ter Esa-Pekka Salonen, Peter Eötvös und Sir Simon Rattle. Solo-Abende führen ihn regelmäßig in Musikmetropolen wie Wien, Berlin, New York, Paris und Tokio. Auch in Hamburg ist er häufig zu Gast, zuletzt im Rahmen des Internationalen Musikfests sowie zu Beginn dieser Saison mit der Lucerne Festival Academy. Am 2. Mai 2019 kehrt er mit György Ligetis Etudes in die Elbphilharmonie zurück. Zudem war er Artist in Residence an der Carnegie Hall, am Lincoln Center, im Wiener Konzerthaus, in der Berliner Philharmonie, beim Lucerne Festival, in der Cité de la Musique in Paris sowie aktuell im Londoner Southbank Centre und beim Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam. Von 2009 bis 2016 war er künstlerischer Leiter des Aldeburgh Festivals.

Aimard verzeichnet eine umfangreiche Diskografie. Seine Aufnahme von Bachs Kunst der Fuge erhielt zahlreiche Preise und kam an die Spitze der klas-sischen iTunes-Charts. 2005 gewann er einen Grammy für seine Aufnahme von Charles Ives’ Concord-Sonate. Zuletzt erschien seine Gesamteinspielung von Olivier Messiaens Catalogue d’oiseaux. Er lehrt an der Musikhochschule Köln.

DIE KÜNSTLER

Film & Musik »Die Stadt ohne Juden«

Portrait »Olga Neuwirth«

Klangforum Wien »Symposion«

NDR Elbphilharmonie Orchester | Ensemble ResonanzGREATEST HITSFESTIVAL FÜR ZEITGENÖSSISCHE MUSIK 28.11.– 1.12.2018

KAMPNAGEL/ELBPHILHARMONIEWWW.GREATEST-HITS-HAMBURG.DE

Principal Sponsors Elbphilharmonie Kulturpartner

TABEA ZIMMERMANN VIOLA Die Bratschistin Tabea Zimmermann gehört zu den beliebtesten und renommier-testen Interpreten unserer Zeit. Zuhörer und musikalische Partner schätzen ihr tiefes musikalisches Verständnis und die Natürlichkeit ihres Spiels.

Als Solistin arbeitet sie regelmäßig mit den weltweit bedeutendsten Orches-tern zusammen. Sie hat in den vergangenen Spielzeiten zudem Residenzen in Weimar, Luxemburg und Bamberg gestaltet und war von 2013 bis 2015 Artist in Residence beim Ensemble Resonanz, mit dem sie auch weiterhin eng zusam-menarbeitet. Zahlreiche Werke zeitgenössischer Komponisten hat Tabea Zim-mermann in das Konzertrepertoire eingeführt, darunter 1994 die ihr gewidmete Sonate für Viola solo von György Ligeti, das Zweite Bratschenkonzert von Wolf-gang Rihm, Heinz Holligers Recicanto für Viola und Orchester und Michael Jar-rells Bratschenkonzert.

Insgesamt dokumentieren rund 50 CDs ihr musikalisches Schaffen. Für ihre erfolgreiche Solo-CD mit Werken von Bach und Reger wurde sie 2009 beim Echo Klassik als Instrumentalistin des Jahres ausgezeichnet. Das Hindemith-Jahr 2013 nahm sie zum Anlass, um eine hochgelobte Gesamteinspielung seiner Brat-schenwerke vorzulegen. Eine besondere Aufnahme ist außerdem der Mitschnitt ihres Konzertes im Beethoven-Haus Bonn, bei dem sie auf Beethovens eigener Bratsche spielt. Für ihr künstlerisches Wirken ist Tabea Zimmermann sowohl in Deutschland als auch im Ausland mehrfach ausgezeichnet worden, darunter jüngst als Künstlerin des Jahres der ICMA International Classical Music Awards 2017. Höhepunkte der laufenden Saison sind Konzerte mit dem Helsinki Philhar-monic Orchestra, an der Philharmonie de Paris, beim Musikfest Berlin sowie eine Asien-Tournee.

ADAM WALKER FLÖTE Der Flötist Adam Walker ist einer der bedeutendsten Solisten seiner Generation. Bereits mit 21 Jahren wurde er 2008 Stimmführer im London Symphony Orches-tra. Im Jahr darauf wurde er bei Midem Classique in Cannes mit dem Outstan-ding Young Artist Award ausgezeichnet. Mit seinem originellen und vielseitigen Repertoire ist Adam Walker zu einem wahren Botschafter seines Instruments geworden. Sein Interesse reicht vom französischen Barock bis zur zeitgenössi-schen Musik – inklusive zahlreicher Uraufführungen.

Als Solist tritt Adam Walker mit einigen der weltweit führenden Orchestern auf, darunter das BBC Philharmonic, die Academy of St. Martin in the Fields, die Seattle Symphony und das Seoul Philharmonic. Auch als engagierter Kammer-musiker zeichnet er sich durch kreative und innovative Programme aus. Auftritte führten ihn unter anderem mehrfach in die Wigmore Hall, zum City of London Festival, zum Newbury Festival und zu den Festspielen Mecklenburg-Vorpom-mern. Dabei plegt er musikalische Partnerschaften mit Künstlern wie Morgan Szymanski, Angela Hewitt und Cédric Tiberghien.

2013 wurde er für seine erste CD Vocalise von der Zeitschrift Gramophone als ein »überragender Musiker mit viel Feingefühl und Virtuosität« gelobt. Darüber hinaus hat er ein Album mit zeitgenössischer Musik von Kevin Puts herausge-bracht, dem bald eine CD mit Einspielungen von Huw Watkins folgen soll.

Am Lincoln Center in New York wurde Adam Walker für die kommenden zwei Saisons in das angesehene Kammermusik-Programm »CMS Two« aufgenom-men, was künftig zahlreiche Auftritte in den USA zur Folge hat. Darüber hinaus ist er in England unter anderem in der Wigmore Hall und beim Lieder Festival in Oxford zu hören.

DIE KÜNSTLER

CHARLES IVES IM FOKUSWer im heutigen Konzert Gefallen an den originellen Klängen von Charles Ives gefunden hat, sollte sich die weiteren Termine des ihm gewidmeten Schwerpunktes vormerken. So präsentiert das Philharmonische Staatsorchester unter Kent Nagano Ives’ groß besetzte und rhythmisch äußert komplexe Vierte Sinfonie, die auch einen Chor vorsieht, während in zwei Kammermusikkon-zerten unter anderem seine beiden Streichquartette erklingen. Dazu interpretiert der renommierte Jazzsänger Theo Bleckmann Ives-Lieder. Ein Fest für entdeckungsfreudige Musikliebhaber!

07./08.10.2018 Philharmonisches Staatsorchester 09.10.2018 Theo Bleckmann: An Evening with Charles Ives 21.10.2018 Philharmonisches Kammerkonzert

Es ist nicht gestattet, während des Konzerts zu filmen oder zu fotografieren.

IMPRESSUMHerausgeber: HamburgMusik gGmbHGeschäftsführung: Christoph Lieben-Seutter (Generalintendant), Jochen MargedantRedaktion: Clemens Matuschek, Simon Chlosta, Laura Etspüler, Julika von WerderLektorat: Reinhard HellingGestaltung: breeder typo – alatur, musialczyk, reitemeyerDruck: Flyer-Druck.de

Anzeigen: Antje Sievert, +49 40 450 698 03, [email protected]

BILDNACHWEISEdgard Varèse: unbezeichnete Fotografie; Dmitri Schostakowitsch (Ariola); Schostakowitsch und Musiker des Beethoven-Quartetts: unbezeichnete Fotografie; Elliott Carter und Pierre- Laurent Aimard (Malcom Watson); Charles Ives (Halley Erskine); Ives-Sondermarke (US Mail); Pierre-Laurent Aimard (Marco Borggreve); Adam Walker (Christa Holka); Tabea Zimmermann (Marco Borggreve); Charles Ives (Halley Erskine)

FÖRDERSTIFTUNGENKühne-StiftungKörber-StiftungHans-Otto und Engelke Schümann StiftungHaspa Musik StiftungHubertus Wald StiftungErnst von Siemens MusikstiftungCyril & Jutta A. Palmer StiftungMara & Holger Cassens StiftungProgramm Kreatives Europa der Europäischen Union Adam Mickiewicz Institut

Stiftung Elbphilharmonie

Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.

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