Chemie und Spiele

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über die Jahre eine große Daten- bank mit Kontakten für diese Prak- tika zusammengestellt. Die Schüler geben an, in welchen Bereich der Chemie sie möchten, und wir be- mühen uns dann, ihre Wünsche zu erfüllen.“ Jährlich gibt es zwischen 12 und 25 dieser Praktika. Für die Fünft- und Sechstplatzierten des Auswahlverfahrens vermittelt der Förderverein Praktika im Ausland. Zudem erhalten jährlich zwei der Teilnehmer der letzten Runde ein Stipendium für die Nobelpreisträg- ertagung in Lindau. Die internationale Chemieolym- piade gibt es seit dem Jahr 1968, Deutschland nimmt seit 1974 an ihr teil (s. Kasten). Im Jahr 1992 grün- deten ehemalige Teilnehmer den Förderverein Chemieolympiade. Was den Anstoß zur Gründung gab, erläutert der Gründungsvorsitzende Jan-Dierk Grunwaldt, heute Lehr- stuhlinhaber für Chemische Technik am Karlsruher Institut für Technolo- gie: „In dem Jahr, in dem ich zur Chemieolympiade ging, wurden nur die besten vier Teilnehmer gefördert. Es hätten aber sicherlich die besten acht oder neun eine Belohnung für ihre ausgezeichnete Arbeit verdient. Das wollten wir ändern.“ Hinzu kam, dass das Auswahlverfahren die Schüler damals erst sehr spät auf Bundesebene zusammenbrachte. „Es war eine tolle Erfahrung, in der drit- ten Runde auf Gleichgesinnte zu treffen und in der vierten Runde richtig zu experimentieren. Diese Gelegenheit wollten wir noch mehr Schülern bieten“, sagt Grunwaldt. So entstanden zunächst die Landes- seminare, zu denen die Chemie- olympiade-Kandidaten nach der zweiten Runde eingeladen werden. Allen Teilnehmern der dritten Runde vermittelt der Förderverein zudem ein Schnupperpraktikum in der Industrie, an Hochschulen oder außeruniversitären Instituten. Mar- kus Schwind, Doktorand an der TU Göteborg und aktueller Vorsitzen- der des Fördervereins Chemieolym- piade, berichtet: „Wir haben uns Christiane Junk Bei der internationalen Chemieolympiade treten Schüler aus etwa 60 Nationen an, um ihre chemischen Kenntnisse zu messen. Seit mehreren Jahren unterstützt der Förderverein Chemieolympiade die deutschen Teilnehmer. Chemie und Spiele Chemieolympiade Mit Experimenten auch jüngere Schüler erreichen Inzwischen baute der Verein die Förderung der Schulchemie noch wei- ter aus. „Wir betreiben nun auch Brei- tenförderung, indem wir Experimen- talwettbewerbe für Unter- und Mittel- stufenschüler in den Bundesländern unterstützen und auch selber anbie- ten“, sagt Schwind. „Viele dieser Wett- bewerbe wurden in Zusammenarbeit mit dem Förderverein gegründet.“ An diesen Experimentalwett- bewerben, die hauptsächlich Lehrer 1247 Nachrichten aus der Chemie | 58 | Dezember 2010 | www.gdch.de/nachrichten Chemie als Wettbewerb In den ersten beiden Runden lösen die Schüler zu Hause theoretische Aufgaben. In der dritten Runde trainieren die 60 Besten eine Woche lang gemeinsam in Seminaren und schreiben dann zwei Klausuren. Die 15 Besten nehmen an der vierten Runde teil: Sie treffen sich für eine Woche am IPN, werden dort in Laborarbeiten unterrichtet und lösen theo- retische und praktische Auf- gaben. Die vier Sieger der letzten Runde fahren anschließend zur Chemie- olympiade , die jedes Jahr in einem anderen Land stattfindet, in diesem Jahr in Japan (Tokio). 2011 wird die Türkei (Ankara) Gastgeber sein. Bei der Internationalen Chemie- olympiade vergleichen sich Schü- ler aus etwa 60 Nationen mit theoretischen und praktischen Aufgaben zur Chemie. Die Che- mieolympiade steht unter der Schirmherrschaft der Unesco und wird vom Bundesministerium für Forschung und Bildung gefördert. Um die teilnehmenden Schüler für die Olympiade auszuwählen und vorzubereiten, gibt es ein na- tionales Auswahlverfahren. Die- ses organisiert das Leibniz-Insti- tut für die Pädagogik der Natur- wissenschaften und Mathematik (IPN) und der Förderverein der Chemieolympiade durch. Die Schüler durchlaufen dabei ein vierstufiges Auswahlsystem: Grafik: Peter, Fotolia

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über die Jahre eine große Daten-bank mit Kontakten für diese Prak-tika zusammengestellt. Die Schüler geben an, in welchen Bereich der Chemie sie möchten, und wir be-mühen uns dann, ihre Wünsche zu erfüllen.“ Jährlich gibt es zwischen 12 und 25 dieser Praktika. Für die Fünft- und Sechstplatzierten des Auswahlverfahrens vermittelt der Förderverein Praktika im Ausland. Zudem erhalten jährlich zwei der Teilnehmer der letzten Runde ein Stipendium für die Nobelpreisträg-ertagung in Lindau.

� Die internationale Chemieolym-piade gibt es seit dem Jahr 1968, Deutschland nimmt seit 1974 an ihr teil (s. Kasten). Im Jahr 1992 grün-deten ehemalige Teilnehmer den Förderverein Chemieolympiade. Was den Anstoß zur Gründung gab, erläutert der Gründungsvorsitzende Jan-Dierk Grunwaldt, heute Lehr-stuhlinhaber für Chemische Technik am Karlsruher Institut für Technolo-gie: „In dem Jahr, in dem ich zur Chemieolympiade ging, wurden nur die besten vier Teilnehmer gefördert. Es hätten aber sicherlich die besten acht oder neun eine Belohnung für ihre ausgezeichnete Arbeit verdient. Das wollten wir ändern.“ Hinzu kam, dass das Auswahlverfahren die Schüler damals erst sehr spät auf Bundesebene zusammenbrachte. „Es war eine tolle Erfahrung, in der drit-ten Runde auf Gleichgesinnte zu treffen und in der vierten Runde richtig zu experimentieren. Diese Gelegenheit wollten wir noch mehr Schülern bieten“, sagt Grunwaldt. So entstanden zunächst die Landes-seminare, zu denen die Chemie-olympiade-Kandidaten nach der zweiten Runde eingeladen werden.

Allen Teilnehmern der dritten Runde vermittelt der Förderverein zudem ein Schnupperpraktikum in der Industrie, an Hochschulen oder außeruniversitären Instituten. Mar-kus Schwind, Doktorand an der TU Göteborg und aktueller Vorsitzen-der des Fördervereins Chemieolym-piade, berichtet: „Wir haben uns

Christiane Junk

Bei der internationalen Chemieolympiade treten Schüler aus etwa 60 Nationen an,

um ihre chemischen Kenntnisse zu messen. Seit mehreren Jahren unterstützt der

Förderverein Chemieolympiade die deutschen Teilnehmer.

Chemie und Spiele

�Chemieolympiade�

Mit Experimenten auch jüngere Schüler erreichen

� Inzwischen baute der Verein die Förderung der Schulchemie noch wei-ter aus. „Wir betreiben nun auch Brei-tenförderung, indem wir Experimen-talwettbewerbe für Unter- und Mittel-stufenschüler in den Bundesländern unterstützen und auch selber anbie-ten“, sagt Schwind. „Viele dieser Wett-bewerbe wurden in Zusammenarbeit mit dem Förderverein gegründet.“

An diesen Experimentalwett-bewerben, die hauptsächlich Lehrer

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Nachrichten aus der Chemie | 58 | Dezember 2010 | www.gdch.de/nachrichten

� Chemie als Wettbewerb

• In den ersten beiden Runden

lösen die Schüler zu Hause

theoretische Aufgaben.

• In der dritten Runde trainieren

die 60 Besten eine Woche lang

gemeinsam in Seminaren und

schreiben dann zwei Klausuren.

• Die 15 Besten nehmen an der

vierten Runde teil: Sie treffen

sich für eine Woche am IPN,

werden dort in Laborarbeiten

unterrichtet und lösen theo-

retische und praktische Auf-

gaben.

Die vier Sieger der letzten Runde

fahren anschließend zur Chemie-

olympiade , die jedes Jahr in einem

anderen Land stattfindet, in diesem

Jahr in Japan (Tokio). 2011 wird die

Türkei (Ankara) Gastgeber sein.

Bei der Internationalen Chemie-

olympiade vergleichen sich Schü-

ler aus etwa 60 Nationen mit

theoretischen und praktischen

Aufgaben zur Chemie. Die Che-

mieolympiade steht unter der

Schirmherrschaft der Unesco und

wird vom Bundesministerium für

Forschung und Bildung gefördert.

Um die teilnehmenden Schüler

für die Olympiade auszuwählen

und vorzubereiten, gibt es ein na-

tionales Auswahlverfahren. Die-

ses organisiert das Leibniz-Insti-

tut für die Pädagogik der Natur-

wissenschaften und Mathematik

(IPN) und der Förderverein der

Chemieolympiade durch.

Die Schüler durchlaufen dabei ein

vierstufiges Auswahlsystem:

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betreuen, nehmen jährlich etwa 20 000 Schüler teil, an der eigentli-chen Chemieolympiade dagegen nur etwa 1000. Von den insgesamt 20 000 Teilnehmern lädt der Förder-verein 26 auf ein bundesweites Ex-perimentalseminar am NaT-Lab der Universität Mainz ein.

Gerne würde man noch weitere Seminare anbieten. Schwind meint dazu: „Es ist kein Problem, Organi-satoren für weitere Seminare zu fin-den. Allerdings ist die sichere Finan-zierung schwierig, da wir jedes Jahr

tutionen, welche die Chemieolym-piade unterstützen möchten, Mit-glieder im Förderverein, die Haupt-arbeit übernehmen aber die jungen Mitglieder. „Das war bei meinem Rücktritt damals mein Ziel,“ sagt Grunwaldt, „ich wollte junge Leute im Vorstand, die nah an der Chemie-olympiade und den Schülern sind.“

Dass der Förderverein trotz sei-ner Jugend viel bewegt, zeigt die Be-geisterung der Chemieolympioni-ken. Florian Berger, der 2011 bereits zum vierten Mal an der Chemie-olympiade teilnimmt, sagt: „Der För-derverein unterstützt uns Schüler vorbildlich. Das ist wichtig, denn in Asien werden die Teilnehmer der Chemieolympiade oft ein halbes Jahr lang speziell nur für die Olym-piade ausgebildet – bei uns sind es auch dank dem Förderverein immer-hin einige Wochen.“ In diesem Jahr fuhr Berger zusammen Manuel Eberl, Leonard Hasenclever und Lu-kas Wagner zur 42. Chemieolympia-de nach Tokio. Das Team holte drei Silber- und eine Bronzemedaille für Deutschland.

Christiane Junk ist freie Mitarbeiterin der

Nachrichten aus der Chemie

neue Sponsoren suchen. Zwar sind die existierenden Projekte relativ si-cher finanziert, aber Spielraum, um groß zu expandieren, haben wir lei-der nicht.“ Die Mitgliederbeiträge von 15 Euro decken nur die Selbst-kosten des Vereins.

Die Mittel für Projekte kommen fast ausschließlich von Sponsoren. Hauptsponsor ist der Fond der che-mischen Industrie. Bei den Experi-mentalwettbewerben beteiligen sich auch die Kultusministerien der Län-der intensiv. Ansonsten gibt es eine Vielzahl von kleineren Sponsoren, die sich projektgebunden engagie-ren. So stellen in der Regel Univer-sitäten Labore und Chemikalien für die praktischen Experimente zur Verfügung.

Die Jugend hat das Sagen

� Inzwischen besteht der Verein aus etwa 400 ehrenamtlichen Mit-gliedern. Das Durchschnittsalter ist mit 29 Jahren sehr niedrig, denn vie-le Mitglieder sind Studenten oder Doktoranden – die meisten haben selbst einmal an der Chemieolym-piade teilgenommen. Zwar sind auch Lehrer, Professoren und Insti-

Nachrichten aus der Chemie | 58 | Dezember 2010 | www.gdch.de/nachrichten

�Magazin� Chemie 1248

Die deutschen Teilnehmer der Chemieolympiade 2010 nach der Preis-

verleihung (v. l.): Manuel Eberl (Silber), Lukas Wagner (Bronze), Leonard

Hasenclever (Silber), Florian Berger (Silber). (Foto: Wolfgang Hampe)

� „Weil mir die Schule nicht weit genug ging“

zung wäre ich wohl nie zur Che-

mieolympiade gekommen und

selbst wenn, hätte ich es nicht so

weit geschafft.

Nachrichten: Wie war es in Tokio?

Habt ihr dort noch viel gelernt?

Wagner: Wir haben dort über-

haupt nicht gelernt. Außer den

zwei Klausuren haben wir uns mit

dem Rahmenprogramm und den

anderen Teilnehmern beschäftigt.

Nachrichten: Finden eure Freunde

und Mitschüler es merkwürdig,

dass ihr euch so für Chemie interes-

siert?

Eberl: An meiner Schule nehmen

jedes Jahr recht viele Schüler am

Auswahlverfahren teil. Sie finden

es vermutlich eher merkwürdig,

dass ich jetzt trotzdem Informatik

studiere.

Nachrichten aus der Chemie: Seit

wann interessiert ihr euch schon

für Chemie?

Florian Berger: Ich hatte schon als

kleines Kind Bettwäsche mit che-

mischen Formeln. Vielleicht hat

das was bewirkt.

Nachrichten: Warum habt ihr bei

der Chemieolympiade mit-

gemacht?

Lukas Wagner: Weil mich die Che-

mie interessiert hat und mir in der

Schule nicht weit genug ging.

Nachrichten: Dann habt ihr euch

das allein überlegt?

Manuel Eberl: Eine Lehrerin an

meiner Schule sucht jedes Jahr

Leute für die Chemieolympiade.

Sie hat mir dann den Oberstufen-

stoff dafür in Extrastunden bei-

gebracht. Ohne diese Unterstüt-

Nachrichten: Sind eure Eltern stolz

auf eure Erfolge?

Wagner: Natürlich sind sie stolz

auf meine Leistungen. Für sie zäh-

len aber andere Dinge im Leben

mehr als messbare Leistungen.

Daher finden sie die gesammelten

Erfahrungen wichtiger.

Nachrichten: Reicht es euch jetzt

fürs Erste mit der Chemie?

Wagner: Ja. Ich habe jetzt gerade

mein Medizinstudium angefan-

gen. Das Wissen in der Chemie

wird mir dort aber gewiss helfen.

Berger: Mir reicht es noch nicht.

Ich möchte sowohl bis zum Abitur

an weiteren Chemieolympiaden

teilnehmen als auch später Che-

mie studieren.