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Christopher Klug Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements kassel university press

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Christopher Klug

Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements

kassel

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Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel als Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Wirtschafts- und Sozial-wissenschaften (Dr. rer. pol.) angenommen. Erster Gutachter: Prof. Dr. Otfried Kießler Tag der mündlichen Prüfung 28. Oktober 2008 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar Zugl.: Kassel, Univ., Diss. 2008 ISBN print: 978-3-89958-702-9 ISBN online: 978-3-89958-703-6 URN: urn:nbn:de:0002-7037 © 2009, kassel university press GmbH, Kassel www.upress.uni-kassel.de Umschlaggestaltung: Jörg Batschi Grafikdesign, Kassel Druck und Verarbeitung: docupoint GmbH, Magdeburg Printed in Germany

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Gewidmet Dir und Euch Fünfen, vier mit Namen, eines noch ohne.

Eure Rücksicht war überwältigend.

Habt Dank dafür, von Herzen.

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Vorwort

„Ist eine lange Straße die Du gehst, und ein weiter Weg.“

[Herwig Mitteregger]

Der Impuls zu dieser Dissertation entstand aus praktischer Erfahrung in wissenschaftlichem Kontext:

Bereits im Rahmen einer studentischen Projektarbeit ließ sich die Schwerfälligkeit von Reformen in

öffentlichen Verwaltungen in der Praxis erleben. Die Idee, für Veränderungsprozesse öffentlicher

Verwaltungen über „try and error“ hinaus eine Systematik zu entwickeln, die sich von ungeeigneten,

da die spezifischen Ausgangsbedingungen öffentlicher Verwaltung missachtenden Modellen und

Konzepten und den verzerrend auf ökonomische Parameter schielenden, weitgehend untauglichen

Konzepten der KGSt wohltuend abhebt, war geboren und wurde beflügelt durch zahlreiche weitere

Begleitungen von Veränderungsprojekten innerhalb öffentlicher Verwaltungen und Institutionen in den

letzten Jahren.

Die Sichtung von Konzepten des Veränderungsmanagements, die Entwicklung eines Phasenmodells

auf Basis des Standes der Forschung sowie das Herausarbeiten von Erfolgsfaktoren und Barrieren

von Veränderungsprozessen wurde dadurch erschwert, da der Umfang wissenschaftlicher

Publikationen zum Thema in dem Maße gering ist, wie populärwissenschaftliche oder „do it yourself“-

Ratgeber den Markt überschwemmen. Folglich war es – zum Glück – notwendig, eine eigene

Systematik zu entwickeln, sich auf Basis theoretischer und eigener empirischer Ergebnisse von

bestehenden Ansätzen und Konzepten zu lösen und eine eigene Herangehensweise an die Thematik

„Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen öffentlicher Verwaltungen“ zu wählen.

Die wissenschaftichen Diskurse mit Studierenden im Rahmen meiner Lehrveranstaltungen der

Universität Kassel zum „Management des Wandels“ und innerhalb des Doktorandenkolloqiums von

Prof. Dr. O. Kießler haben meinen Blick geschärft und waren große Unterstützung.

Mein Dank gilt meinen Interviewpartner/innen, die mit ihren Beiträgen den Gang der Arbeit

determinierten und mein Dissertationsvorhaben mit ihrer Bereitschaft zum Interview unterstützt haben.

Calden, den 30.05.08 Ch. Klug

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Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ............................................................................ ......................1 2 Definition der Organisation ..................................................................... 5 2.1Merkmale der Organisation ........................................................................ 5 2.2 Organisationsbegriffe ................................................................................ 6 2.3 Weiterentwicklung des Organisationsbegriffes.......................................... 8 2.4 Von der Formaldefinition zu qualitativen Betrachtungen ......................... 11 2.5 Der Begriff der Organisationskultur ......................................................... 12 2.6 Konsequenzen aus der Organisationsdefinition für Forschungsdesign und Organisationsdiagnose........................................................................... 14 3 Anlässe für Veränderungsprozesse ..................................................... 16 3.1 Externe Anlässe für Veränderungsprozesse ........................................... 17

3.1.1 Innovationssprünge in der Informations- und Kommunikationstechnologie................................................................. 17 3.1.2 Verknappung der Ressource Zeit ................................................ 19 3.1.3 Konsequenzen globaler Ökonomie: Bedarf nach interkultureller Zusammenarbeit ........................................................... 20 3.1.4 Verknappung der Ressource Geld .............................................. 20 3.1.5 Anstieg der Dynamik und Komplexität......................................... 22 3.2 Interne Anlässe für Veränderungsprozesse ............................................ 29 3.3 Modellhafte Klassifikation von Feldern und Strategien des Wandels...... 31 3.4 Anlässe für Veränderungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen und Institutionen ............................................................................................ 35 3.4.1 Entwicklung der Reformorientierung ........................................... 35 3.4.2 Ziele und Orientierungen der Veränderungsprozesse öffentlicher Verwaltungen in Deutschland ............................................ 37 3.4.3 Modelle zur Veränderung öffentlicher Verwaltungen und Institutionen in Deutschland .......................................................... 40 3.4.3.1 Das Neue Steuerungsmodell der KGSt ................................. 40 3.4.3.2 Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells ...................... 42 3.4.3.3 Kritik am Neuen Steuerungsmodell ....................................... 46 3.4.3.3.1 Überbetonung ökonomischer Parameter ...................... 47 3.4.3.3.2 Konzeptionelle Fehlannahmen ..................................... 48 3.4.3.3.3 Inhaltliche Kritik............................................................. 48 3.4.3.3.4 Informationsungleichgewicht zwischen Rat und Verwaltung................................................................................... 49 3.4.3.3.5 Modellkomplexität ......................................................... 50 3.4.3.3.6 Fehlende Voraussetzungen für Konzeptinhalte ............ 51 3.4.3.3.7 Dezentrale Ressourcenverantwortung ......................... 52 3.4.3.4 Ansätze zur Weiterentwicklung des Neuen Steuerungsmodells ............................................................................ 52

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4 Phasenmodelle des Veränderungsprozesses ..................................... 55 4.1 Ausgangspunkte für Veränderungsmodelle ............................................ 56 4.1.1 Modell des Kulturwandels.................................................................. 56 4.1.2 Organisatorische Verhaltensmuster in Veränderungsprozessen ...... 57 4.2 Ausgewählte Modelle .............................................................................. 59 4.2.1 Das 3-Phasen-Modell nach Lewin..................................................... 59 4.2.2 Der 8-Stufen-Veränderungsplan nach Kotter .................................... 61 4.2.2.1 Gefühl von Dringlichkeit erzeugen............................................ 63 4.2.2.2 Eine Führungskoalition aufbauen ............................................. 63 4.2.2.3 Eine Vision und eine überzeugende Strategie entwickeln........ 64 4.2.2.4 Visionen des Wandels kommunizieren..................................... 64 4.2.2.5 Empowerment auf breiter Basis ............................................... 64 4.2.2.6 Kurzfristige Ziele festsetzen ..................................................... 65 4.2.2.7 Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten ..... 65 4.2.2.8 Neue Ansätze in der Kultur verankern...................................... 65 4.2.3 Das 12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg ............................... 66 4.2.4 Phasenmodell nach Glasl.................................................................. 67 4.2.5 Der zyklische Organisationsentwicklungs-Problemlöseprozess nach Rieckmann......................................................................................... 70 4.2.6 Phasenmodell nach Heitger/Doujak .................................................. 71

5 Phasen des Veränderungsprozesses ................................................... 74 5.1 Die Vorphase........................................................................................... 75 5.1.1 Interne Problem- und Zielanalyse...................................................... 76 5.1.2 Definition der Rolle des Beraters....................................................... 76 5.1.2.1 Interne und externe Berater...................................................... 78 5.1.2.1.1 Interne Berater.................................................................... 78 5.1.2.1.2 Externe Berater................................................................... 79 5.1.2.2 Beraterstile: Counseling/Advising ............................................. 81 5.1.3 Zusammenfassung ............................................................................ 83 5.2 Die Analysephase.................................................................................... 83 5.2.1 Wahrnehmung der Unternehmenswirklichkeiten............................... 83 5.2.1.1 Qualitative und quantitative Methoden der Organisationsdiagnose ......................................................................... 86 5.2.1.1.1 Qualitative Methoden in der Organisationsdiagnose .......... 88 5.2.1.1.1.1 Instrumente Qualitativer Forschung........................... 93 5.2.1.1.1.2 Auswertungsmethoden .............................................. 97

5.2.1.1.1.3 Qualitative Inhaltsanalyse.......................................... 99 5.2.1.1.1.4 Zusammenfassung .................................................. 103

5.2.1.1.2 Quantitative Methoden in der Organisationsdiagnose...... 105 5.2.1.1.2.1 Benchmarking.......................................................... 106 5.2.1.1.2.2 ABC-Analyse ........................................................... 107 5.2.1.1.2.3 Netzplantechnik ....................................................... 108 5.2.1.1.2.4 Quantitativer Fragebogen ........................................ 109 5.2.1.1.2.5 Statistische Messwerte ............................................ 110 5.2.2 Zusammenfassung .......................................................................... 111 5.3 Konzeptphase........................................................................................ 112 5.3.1 Rationale Strategien ........................................................................ 112 5.3.2 Machtstrategien ............................................................................... 113 5.3.3 Entwicklungsstrategien.................................................................... 114 5.3.4 Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung......................................... 115 5.3.4.1 Zielorientiertes Management .................................................. 115 5.3.4.2 Keine Maßnahme ohne Diagnose .......................................... 116 5.3.4.3 Ganzheitliches Denken und Handeln ..................................... 117

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- IX - 5.3.4.4 Beteiligung von Betroffenen ............................................................ 119 5.3.4.5 Hilfe zur Selbsthilfe ................................................................. 121 5.3.4.6 Prozessorientierte Steuerung ................................................. 122 5.3.4.7 Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen .......................... 123 5.3.4.8 Lebendige Kommunikation ..................................................... 124 5.3.5 Wichtigste Elemente erfolgreicher Konzepte................................... 125 5.3.6 Zusammenfassung .......................................................................... 126 5.4 Implementierungsphase ........................................................................ 126 5.4.1 Bedeutung und Ursachen des Widerstandes .................................. 129 5.4.2 Interventionsstrategien .................................................................... 133 5.4.2.1 Direktive Interventionsstrategie .............................................. 133 5.4.2.2 Partizipative Interventionsstrategie......................................... 138 5.4.2.3 Kontrastierung der beiden Interventionsstrategien................. 141 5.4.3 Die Bedeutung der Unternehmenskultur in der Implementierungsphase .................................................................. 142 5.4.4 Typen und Stärken von Unternehmenskulturen .............................. 143 5.4.5 Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung ........................................................................ 146 5.4.6 Zusammenfassung .......................................................................... 147

6 Konzepte des Veränderungsmanagements ....................................... 148 6.1 Systemische Organisationsentwicklung ................................................ 148 6.1.1 Die Geschichte der Organisationsentwicklung ................................ 148 6.1.2 Definition des Begriffs Organisationsentwicklung............................ 151 6.1.3 Ziele und Leitbild der Organisationsentwicklung ............................. 152 6.1.4 Die Rolle des Beraters im Organisationsentwicklungsprozess ....... 155 6.1.4.1 Anforderungen an den Organisationsentwicklungsberater..... 157 6.1.5 Gestaltungsprinzipien der Organisationsentwicklung...................... 159 6.1.6 Initiierungsstrategien ....................................................................... 161 6.2 Change Management ............................................................................ 163 6.2.1 Change Management-Prozess als eigenständiges Konzept........... 164 6.2.2 Einsatzfelder des Change Managements........................................ 166 6.2.3 Wesentliche Akteure des Change Managements ........................... 168 6.3 Transformationsmanagement................................................................ 169 6.3.1 Abgrenzung zu den Konzepten der Organisationsentwicklung und des Change Managements ............................................................... 169 6.3.2 Bedeutung des Transformationsmanagements............................... 173

7 Erfolgsfaktoren und Barrieren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen................................................................................... 174 7.1 Die Problematik der Erfolgsdefinition und –messung............................ 174 7.2 Dimensionen des Erfolges von Veränderungsprozessen ..................... 175 7.3 Definition von Erfolgsfaktoren und Barrieren in Transformationsprozessen .......................................................................... 179 7.4 Spezifische Rahmenbedingungen öffentlicher Verwaltungen determinieren Ziele der Transformationsprozesse ...................................... 183 7.5 Kulturellen Wandel erzeugen ................................................................ 185 7.6 Personen als Träger des Veränderungsprozesses ............................... 187 7.7 Die Rolle von Führungskräften: Vorbild und Ärgervermeidung ............. 189 7.8 Einbindung von Prozess-know-how durch Berater................................ 194 7.9 Aufbau von Führungskoalitionen ........................................................... 196 7.10 Berücksichtigung systemischer Vernetzung........................................ 198 7.11 Nutzung personeller Veränderung als Impuls zu Veränderungsprozessen ............................................................................. 199

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7.12 Anreize ersetzen fehlenden Leidensdruck .......................................... 200 7.13 Partizipation als Anreiz für Engagement ............................................. 202 7.14 Gemeinsame Vision als Orientierungsrahmen erzeugen .................... 204 7.15 Die überragende Bedeutung der Kommunikation ............................... 206 7.16 Organisationsstrukturelle Barrieren und Erfolgsfaktoren..................... 209 7.17 Absicherung der Intentionen und Erfolge ............................................ 211 7.18 Projektmanagement ............................................................................ 212 7.19 Review zum Veränderungscontrolling ................................................. 213

8 Fazit........................................................................................................ 216 9 Literaturverzeichnis.............................................................................. 222 10 Abbildungsverzeichnis ........................................................................ 236

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Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug

1

1 Einleitung

„Und das ist das, wir sollen Veränderungen herbeiführen, wir sollen Verwaltung

modernisieren, aber wir haben nicht die Möglichkeiten dazu, die Rahmenbedingungen,

oder nur eingeschränkt, gar keinen stimmt nicht. Und das sind die beiden Zangen, in denen

wir stehen: Wir haben weder Sanktionsmöglichkeiten um Dinge zu machen noch

Motivationsmöglichkeiten um Dinge voran zu treiben.“1

Veränderungsprozesse in Organisationen umfassen „alle Veränderungen des

sozialen Systems Unternehmung hinsichtlich der zugehörigen Mitglieder, der ange-

strebten Nutzenpotenziale und der vorhandenen Leistungspotentiale“.2 Die meist

altbewährte Ordnung des Systems wird in Frage gestellt und in eine neue Ordnung

umgewandelt. Dieser Übergang von einer Ordnung zu einer anderen Ordnung stellt

eine kritische Phase für die Betroffenen dar.

Systeme besitzen die Tendenz, sich gegen Veränderungen, insbesondere gegen

Eingriffe von außen, zu wehren. Die Abwehr des Systems lässt sich in Form von

Barrieren oder ‚Misserfolgsfaktoren’3 bzw. ‚Risikofaktoren’4, die Veränderungs-

prozesse in Organisationen negativ beeinflussen, beschreiben. Positiv wirkende

Kräfte, welche die Durchsetzung von Veränderungen fördern, können als

Erfolgsfaktoren, ‚Motoren’5 oder ‚Enabler’6 bezeichnet werden. Sie sind, ebenso wie

Barrieren, vorwiegend personengebunden.

Jede Organisation und jedes Unternehmen hat eine eigene Balance von Konstanz

und Wandel.7 Öffentliche Verwaltungen weisen aufgrund ihrer sehr spezifischen

Rahmenbedingungen wie dem fehlenden Wettbewerb, dem Fehlen existentieller

Krisen, der Politikbestimmtheit, der Berücksichtigung demokratischer und sozial-

staatlicher Prinzipien, der charakteristischen Sicherheitsorientierungen der

1 Interview 2, S. 52, Zeile 20ff. 2 Vgl. Bach 2000, S 18 3 Vgl. Nippa 1997, S. 43, 52 4 Vgl. Kochen 2001, S. 85 5 Vgl. Nippa 1997, S. 40, 52 6 Vgl. Krüger 2002, S. 73 7 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 169

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Mitarbeiter/innen8 etc. eine eher stabile Verfassung auf. Sie haben sich in den letzten

Jahren und Jahrzehnten im Vergleich zu privatwirtschaftlich ausgerichteten

Organisationen in weit geringerem Tempo Veränderungen unterworfen. Wie kann es

nun gelingen, unter diesen spezifischen Rahmenbedingungen Veränderungs-

prozesse so zu gestalten, dass sie zielorientiert, schnell, kostengünstig, wirksam und

„mit möglichst geringen Schmerzen“9 durchgeführt werden können? Wie kann ein

professioneller Veränderungsprozess unter den gegebenen Rahmenbedingungen

aussehen? Um diese Frage zu beantworten, ist es unerlässlich, zunächst Klarheit

darüber zu erhalten, welche spezifischen Barrieren und Erfolgsfaktoren innerhalb

eines Veränderungsprozesses zu erwarten sind.

Dokumentationen über Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen öffentlicher

Verwaltungen sind rar. Eine begonnene Studie der Kommunalen Gemeinschafts-

stelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) zu diesem Thema wurde, nach

Veröffentlichung eines ersten, allgemein gehaltenen Positionspapiers mit sechs sehr

allgemein gehaltenen Erfolgsfaktoren wie Führungskräfte als Vorbild, Nutzen

aufzeigen, Freiräume schaffen, Mitarbeiterpotentiale wecken, Erfolge aufzeigen und

Politik einbeziehen wieder eingestellt.10 Eine wissenschaftlich fundierte Begründung

dieser Auswahl unterbleibt. Diese mit Hilfe empirischer Materialien herauszuarbeiten

ist Gegenstand dieses Dissertationsvorhabens.

In Kapitel 2 werden hierfür zunächst definitorische Grundlagen gelegt und der Begriff

der Organisation in vielfältigen Facetten ebenso erläutert wie die im Rahmen der

Erarbeitung empirischen Datenmaterials zur Anwendung gekommenen qualitativen

Methoden. Kapitel drei thematisiert die internen und externen Anlässe für

Veränderungsprozesse im Allgemeinen und stellt die spezifischen Rahmenbedin-

gungen für Veränderungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen vor.

Kapitel vier bereitet mit der Darstellung bestehender, weitgehend konzeptunab-

hängiger Phasenmodelle die ausführliche Darstellung der relevanten Frage-

8 In dieser Arbeit gilt für alle Funktionen natürlicher Personen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Zur Erhöhung des Leseflusses wird im weiteren Gang der Arbeit nur die männliche Form verwendet. 9 Rieckmann 2007, S. 2 10 Vgl KGSt-Info Nr. 7/2001, S. 1ff.

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stellungen und Ansätze vor. Bei der Gestaltung des „Management des Wandels“11

muss mit Widerständen in der Mitarbeiterschaft, aber auch und vor allem im

Management gerechnet werden. Überforderung und „die Angst, den Überblick zu

verlieren, relativieren […] den Charme der Dynamik.“12 Intellektuell ist hierbei

erkennbar, dass in Zeiten der rasanten Veränderungen „Orientierungskarten“13

wichtige Parameter liefern können. Hierzu dient die dem Kapitel fünf zu Grunde

liegende Systematik, vier Grobphasen eines Veränderungsprozesses zu

unterscheiden.

Kapitel sechs bewegt sich auf Konzeptebene, differenziert die beiden archetypischen

Ansätze „Organisationsentwicklung“ und „Changemanagement“ und entwickelt aus

diesen beiden das Transformationsmanagement als Mischform, welches versucht,

die Vorteile beider Ansätze bei gleichzeitiger Minimierung der Nachteile zu

kombinieren. Diese Differenzierung weist dem im Gebrauch diffusen Begriff „Change

Management“14, der häufig auch als Oberbegriff für Konzepte des Wandels genutzt

wird und doch für eine spezifische Herangehensweise steht, konkrete Merkmale zu

und macht damit deutlich, dass im Veränderungsmanagement durchaus Handlungs-

alternativen existieren. Eine Präzisierung der Begriffe ist auch notwendig, da die

Anzahl an Veröffentlichungen zu diesem Thema von „do-it-yourself“-Ratgebern, die

als „Kochbuch […] für das Management von Veränderungen in Unternehmen und

Institutionen“ fungieren bis hin zu Schriften, die sich mit „Grundsätzlichen Aspekten

und Perspektiven des Wandels“ beschäftigen, umfangreich und die Begriffs-

verwendung beliebig ist.15

Schwerpunkt der Arbeit bildet Kapitel 7, in welches neben literaturbasierten Er-

kenntnissen die Ergebnisse der empirischen Arbeit16 einfließen. Ausgehend von der

im Rahmen der fünf durchgeführten, leitfadengestützten Interviews erkennbaren

Prioritäten der Interviewpartner werden Erfolgsfaktoren und Barrieren von Ver-

11 Kobi 1996 12 Wütherich/Osmetz/Phillip 2002, S. 23 13 A.a.O., S. 21 14 In der Literatur werden verschiedende Schreibweisen wie Changemanagement, Change-Management und Change Management genutzt. Letzterer findet vorwiegend Verwendung in dieser Arbeit. 15 Doppler/Lauterburg 2002, S. 15 16 Die Transkriptionen der Interviews befinden sich im Materialband.

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änderungsprozessen öffentlicher Verwaltungen entwickelt, skizziert und um

theoretische Kenntnisse erweitert. Kapitel acht fasst schließlich die wesentlichen

Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick, wo Grenzen des

Veränderungsmanagements liegen.

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2 Definition der Organisation

Beschäftigt man sich mit Veränderungsprozessen von Organisationen, stellt sich

zunächst die Frage nach der Bedeutung des Begriffes Organisation. Grundsätzlich

lässt sich der Begriff aus dem griechischen ‚organon’ ableiten und mit ‚Werkzeug’

übersetzen.17 Die Breite vielfältiger Interpretationsmöglichkeiten und Verwendungs-

zusammenhänge des Begriffes deutet sich hier bereits an.

2.1 Merkmale der Organisation

Organisationen unterscheiden sich grundsätzlich in drei Merkmalen von anderen

Formen des Zusammenwirkens: durch Zwecke, durch Hierarchien und durch Mit-

gliedschaften.18 Gleichzeitig lässt sich als Ergebnis v. a. systemtheoretischer Organi-

sationsforschung feststellen, dass die Bedeutung von Zwecken, Hierarchien und

Mitgliedschaften in der Strukturierung moderner Gesellschaften abnimmt. Sie

verzichten mehr und mehr darauf, sich übergeordneten Zwecken zu verschreiben,

während konkrete Zwecke ein zentrales Steuerungsmerkmal von Organisationen −

gleich welcher Couleur − darstellen.19 Ebenso verhält es sich mit Mitgliedschaften

und Hierarchien. Beides strukturiert Organisationen und gewährleistet, dass diese als

berechenbare kollektive Akteure auftreten können. Mitgliedschaften legen dabei

trennscharf fest, wer zu Organisationen gehört und sich damit den Regeln der

Organisation unterwerfen muss. 20

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in der frühen Organisationsforschung

die Organisation vom Zweck her gedacht und das Regelwerk, die Hierarchie und

interne Abläufe als Mittel, mit welchem die Organisation ihre Zwecke erreichen

möchte, gesehen wurde.21 Dieses Denken der Organisation von ihren Zwecken her

prägte in Folge dessen auch den Methodeneinsatz der frühen Organisations-

forschung maßgeblich, denn mit Blick auf die Effektivität und Effizienz einer

Organisation war vor allem die Zweck-Mittel-Relation, die sich mit Hilfe

17 Vgl. Schulte-Zurhausen 1995, S. 2 18 Strodtholz/Kühl 2001, S. 11 19 Vgl. Luhmann 1973, S. 87ff.; vgl. auch: Luhmann 1997, S. 826ff. und Strodtholz/Kühl 2001, S. 11 20 Vgl. Luhmann 1997, S. 834 21 Vgl. Strodtholz/Kühl 2001, S. 13

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standardisierter Fragebögen und statistischer Auswertungsverfahren erforschen ließ,

von Interesse. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen so „in der Regel eine

überschaubare Anzahl von dem Weber’schen Bürokratiemodell entlehnten

Strukturvariablen sowie deren potenzielle Determinanten in der Organisation und

ihrem Umfeld."22

2.2 Organisationsbegriffe

Grundsätzlich lassen sich drei Organisationsbegriffe voneinander abgrenzen: Der

institutionale, der instrumentale und der funktionale. Übersichtlich lassen sich die drei

Organisationsbegriffe folgendermaßen darstellen:

Abb.1: Kategorisierung von Organisationsbegriffen23

Dabei kann die Organisation sowohl als Tätigkeit als auch als Ergebnis bezeichnet

werden, so dass Organisation zugleich ein System von Regeln als auch ein Ergebnis

organisatorischer Gestaltungshandlungen sein.24 Als Regeln gelten hierbei Fest-

legungen der Aufgabenverteilung, der Koordination, Verfahrensrichtlinien, Kompe-

tenzabgrenzungen, Befugnisse und Weisungsrechte etc.25

22 Strodtholz/Kühl 2001, S. 13f. 23 Eigene Darstellung, basierend auf Schulte-Zurhausen 1995, S. 1 24 Vgl. Wagner 1991, S. 13f. 25 Schreyögg 1996, S. 11

Organisation

Institutionaler Organisationsbegriff

Funktionaler Organisationsbegriff

Instrumentaler Organisationsbegriff

Organisation als zielgerichtetes, offenes,

soziotechnisches System

Gestaltung der Organisation zur

Herausbildung von Organisationsstrukturen

Organisations-strukturierung als Mittel

zur Zielerreichung

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Institutional betrachtet richtet sich der Blick auf die Organisation als gesamtes

System 26 und findet vor allem in der Soziologie besondere Verbreitung.27 Die

Organisation als Institution wird als offenes, soziales Gebilde mit formalen Strukturen

beschrieben, welches auf Dauer angelegt ist und Individuen und Gruppen integriert,

die arbeitsteilig ihre Ziele verfolgen.28 Dabei ist die Zweckorientierung spezifisch und

muss nicht mit den von den Organisationsmitgliedern persönlich verfolgten Zwecken

übereinstimmen. Die Grenzziehung der Organisation durch identifizierbare Mitglied-

schaften führt zur Unterscheidung der Innenwelt und der Umwelt und erzeugt ein

gewisses Maß an Stabilität.29

Betrachtet man den Organisationsbegriff instrumental, handelt es sich dabei v. a. um

betriebswirtschaftlich orientierte, die effiziente Führung eines Unternehmens betref-

fende Definitionen des Begriffs als Mittel bzw. Instrument.30 Organisation ist ein

Führungsinstrument, welches der Steuerung des Leistungsprozesses dienlich ist und

meist in Ablauf- und Aufbauorganisation untergliedert wird.31

Unter Ablauforganisation sei in diesem Zusammenhang die Gesamtheit der zur

Erfüllung des Organisationszwecks erforderlichen Arbeitsabläufe, also die Gestaltung

der Arbeitsprozesse verstanden. Hier wird das zeitliche und örtliche Hinter- und

Nebeneinander der für die Erreichung eines bestimmten Ergebnisses notwendigen

Arbeiten verstanden, also die räumliche und zeitliche Gliederung von Arbeits-

prozessen.32

Der Begriff der Aufbauorganisation umfasst dabei die Gliederung und strukturelle

Ordnung des Unternehmens in aufgabenteilige Einheiten wie z. B. Stellen und

Abteilungen. Wichtige Strukturmerkmale sind Weisungsbefugnisse und das Kom-

munikationssystem. Da dauerhaft ausgelegt stellt die Aufbauorganisation ein relativ

festes Gefüge einzelner betrieblicher Abteilungen und Funktionsbereiche dar und

wird häufig in Form eines Organigramms als grafisches Abbild von Strukturen

26 Vgl. Schreyögg 2003, S. 9 27 Wagner 1991, S. 13 28 Schulte-Zurhausen 1995, S. 1 29 Schreyögg 2003, S. 9 30 Vgl. Schulte-Zurhausen 1995, S. 2 31 A.a.O., S. 5 32 Vgl. Weidner/Freitag/Gernet/u.a. 1992, S. 197ff.

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innerhalb der Organisation publiziert.33 Neben dieser formalen Organisation, die

schriftlich fixiert und bewusst sowie rational gestaltet wird und sich in formalen und

allgemeingültigen Regelungen ausdrückt, die Erwartungen an das Verhalten der

Organisationsmitglieder, eventuelle Sanktionen bei Nichtbeachtung und damit

letztlich Einschränkungen der Handlungsspielräume zum Thema haben,34 existiert

auch eine informale Organisation. Diese basiert weitgehend auf den persönlichen

Zielen und Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder, ist spontan und ungeplant

und kann die formale Organisation ergänzen und überlagern. Dies kann unter-

stützende oder behindernde Auswirkungen auf die formale Organisation haben.35

Funktional betrachtet wird Organisation als eine Funktion der Unternehmensführung

wahrgenommen mit der Aufgabe, die Erfüllung des Organisationszweckes zu

gewährleisten.36 Dabei umfasst der funktionale Organisationsbegriff alle Aktivitäten,

die mit der Planung, Einführung und Durchsetzung organisatorischer Regeln

korrelieren.37 Arbeitsteilung als Form der Differenzierung verbunden mit der

Notwendigkeit der Koordination und Integration der gebildeten Arbeitsprozess-

elemente sind hierbei wesentliche Aufgaben, um die funktionale Organisation

herzustellen. Fragen der organisatorischen Um- oder Neugestaltung bzw. der

‚Reorganisation’ betreffen meist die planmäßige Veränderung der funktionalen

Organisation.

2.3 Weiterentwicklung des Organisationsbegriffes Die Vielfalt der definitorischen Ansätze führt zu immer abstrakteren Metaphern:

Doppler/Lauterburg beschreiben, dass jede „menschliche Organisation […] ein

komplexer und sensibler Organismus“38 ist. Dagegen wird Rosenstiel genauer:

„Organisationen sind von Menschen geschaffene Systeme, die Bedeutung für ihre

Mitglieder durch ihre Wahrnehmung, Deutung und Interpretationen gewinnen“39. Eck

reduziert die Definition der Organisation auf die Benennung wesentlicher Elemente.

Demnach sind Organisationen grundsätzlich soziale Systeme, die vorrangig 33 Vgl. Laux/Liermann 1993, S. 199ff. 34 Vgl. Schreyögg 2003, S. 12 35 Vgl. Schulte-Zurhausen 1995, S. 2 36 Schreyögg 2003, S. 5 37 Schulte-Zurhausen 1995, S. 3 38 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 168 39 Vgl. Rosenstiel 2003, S. 238

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funktionsorientiert, auf das Prinzip der Zweckrationalität (Optimierung der Kosten-

Nutzen-Relation) verpflichtet sind und im ständigen Austausch mit relativ instabilen

inneren und äußeren Umwelten stehen.

Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht wirken in Organisationen vier Dynamiken:

• Funktionsdynamiken (z. B. die Aufgabe, der Margendruck etc.)

• Institutionsdynamiken (z. B. die Hierarchie etc)

• Gruppendynamiken (z. B. die Identitätsbildung, etc.)

• Psychodynamiken (z. B. die Bedeutung der Wünsche und Orientierungen

der Mitarbeiter etc.)

Durch Interaktionen und Rückkoppelungen der Dynamiken entstehen dauerhafte

Themen in der Organisation wie Kooperationen und spezifische Konflikte, Autonomie

und Abhängigkeitsstrukturen etc. Aufgrund der Komplexität und der Spezifität des

Einzelfalls kommt es im Ergebnis zu ‚Black-Box-Phänomenen’, deren Ursachen

durch Organisationsdiagnose wahrnehmbar und rekonstruierbar sind.40

Die Vertreter der quantitativen Organisationsforschung führen aus, dass sie einer

objektiven sozialen Realität mit verallgemeinerbaren Gesetzmäßigkeiten gegen-

überstehen. Die durch hochgradig standardisierte Instrumente und Forschungs-

strategien gewonnenen Erkenntnisse über isolierte Variable und ihre Deter-

minanten41 führen zu beschriebenen Kausalzusammenhängen, die zugleich als

Grundlage für planmäßige Umgestaltungen der Organisation dienen: Organisationale

Beratung und Gestaltung wird so als Transfer von Regeln und Verhaltensrichtlinien

verstanden.42 Sie sind nach Rosenstiel komplexe Gebilde, innerhalb deren

Menschen, Aufgaben und Technologien im Rahmen bestimmter Strukturen ziel- und

zweckorientiert koordiniert werden. 43

Die durch die moderne Organisationsforschung seit Ende der 1970er Jahre

aufkommende Kritik am zweckrationalen Verständnis von Organisationen relativierte

40 Vgl. Eck 2002, S. 2 41 Vgl. Johnson/Duberly 2000, S. 8f. 42 Vgl. Strodtholz/Kühl 2001, S. 14 43 Rosenstiel 2003, S. 226

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die Gültigkeit der methodischen Verfahren und Standards. Sie setzte zwar weiterhin

die Existenz von strategischen Zielen, Hierarchien und formalen Regelwerken

voraus, begriff diese jedoch nicht länger nur als Mittel zur Erreichung eines Zweckes.

Vielmehr finden sich Hierarchien und organisationsinterne Regeln als strukturierende

Elemente von Organisationen mit den Zwecken gleichgestellt.44 Genährt wurde diese

Erkenntnis durch empirische Beobachtungen unterschiedlichster Art: Forschungs-

ergebnisse von Vertretern der Human-Ressource-Bewegung machten deutlich, dass

sich in Organisationen informelle Strukturen herausbilden und die an der offiziellen

Zwecksetzung orientierte formale Struktur überformen können.45

Seit Beginn der 1980er Jahre findet sich einschlägige Literatur zur Thematik

Unternehmens- bzw. Organisationskultur, die sich abseits der formalen Strukturen

und des ‚Kulturentwurfs’46 etabliert, nicht an die Zweckorientierung der Organisation

gebunden ist und dem realen Werteprofil der in der Organisation handelnden Akteure

entspricht und "diejenigen Faktoren [enthält], die die Weitsicht der gesamten Gruppe,

ihre Vorstellung von der Realität und die oft unbewussten Antriebe ihres Handelns

bedingen."47

Diese Überformungen führen dazu, dass die Fokussierung auf die zweckgebundene

Formaldarstellung der Organisation in Form von Organigrammen, schriftlich

niedergelegten Regeln und formalisierten Befehlswegen nicht länger haltbar ist.

Vielmehr nimmt die Organisationswissenschaft neben dem ‚formalisierten und

regelhaften Organisationsgeschehen’48 vermehrt auch Strukturen und Phänomene

wahr, die durchaus unbeabsichtigt entstehen und dementsprechend nur schwer

korrigierbar bzw. zielgenau gestaltbar sind.49 Frenzel/Müller/Sottong stellen den

Regeln die so genannten ‚Regularitäten’ als informelle Spielregeln neben den

offiziellen Regeln der Organisation gegenüber, die in jeder Organisation existieren

und das Verhalten der Akteure spürbar beeinflussen.50 Darüber hinaus sprechen die

Autoren neben dem offiziellen Organigramm von ‚Landkarten’. Unabhängig von

44 Vgl. hierzu ausführlich Luhrmann 1973 45 Vgl. Strodtholz/Kühl 2001, S. 15. Erste Beschreibungen dieses Phänomens finden sich bei

Roethlisberger/Dickinson 1939 46 Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 11 47 A.a.O., S. 11ff. 48 Strodtholz/Kühl 2001, S. 16 49 Vgl. Luhmann 2000, S. 333f. 50 Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 12ff.

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offiziellen Funktions- und Entscheidungsstrukturen etablieren sich in Organisationen

Trampelpfade, Abkürzungen und ein Empfinden dafür, wer im Zentrum und wer eher

in der Peripherie sitzt.51 Rosenstiel führt zur Verdeutlichung Studien an, die belegen,

dass Organisationsmitglieder in Organisationen politische Spiele betreiben,

Freundschaften schließen, sich in Arbeitskolleginnen und Kollegen verlieben und

offene oder verdeckte erotische Beziehungen leben, Mobbing betreiben etc.52

2.4 Von der Formaldefinition zu qualitativen Betrachtungen Die Definition von Organisation erfährt infolge der Verschiebung von Zwecken und

Formalstrukturen hin zu qualitativen Betrachtungen von Prozessen eine Erweiterung.

Kieser/Kubicek definieren Organisationen als soziale Gebilde, die dauerhaft ein Ziel

verfolgen und eine formale Struktur aufweisen, mit deren Hilfe die Mitglieder ihre

Aktivitäten auf das verfolgte Ziel ausrichten.53

Ähnlich formuliert es Schulte-Zurhausen: Organisationen sind neben der Zweck- und

Zielgerichtetheit „auf Dauer angelegt und beziehen sich auf die Verwirklichung eines

verbindlich formulierten Organisationsziels."54 Er sieht die Überschreitung der

Leistungskompetenz des einzelnen Individuums, um bestimmte Ziele zu verfolgen,

als Hauptgrund für die Schaffung einer Organisation. Daher findet Arbeitsteilung und

Koordination zur Zielerreichung Anwendung.

Der Begriff des sozialen Systems lässt sich dabei punktgenau als eine „gegenüber

der Umwelt abgegrenzte Gesamtheit von Elementen, die durch Beziehungen

miteinander verknüpft sind"55, beschreiben. Damit einher geht die Verschiebung der

Forschungsperspektive hin zu qualitativen Methoden, die der Definition von

„Organisationen als Sozialsysteme mit prinzipiell nichtplanbaren, dennoch aber

spezifischen Interaktionen und zwischenmenschlichen Beziehungsformen"56 gerecht

werden und es erlauben, das organisationale Geschehen aus Sicht der handelnden

Subjekte zu rekonstruieren, unerwartete Phänomene mit möglichst wenigen

Vorentscheidungen hinsichtlich Design und Methode einzufangen und auf diese

51 Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 18ff. 52 Vgl. Rosenstiel 2003, S. 225 53 Vgl. Kieser/Kubicek 1992, S. 4 54 Schulte-Zurhausen 2002, S. 2 55 A.a.O., S. 34 56 Strodtholz/Kühl 2001, S. 16

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Weise menschliches Verhalten und Handeln einer prozessualen Sicht zugänglich zu

machen. Ziel ist dabei das Eindringen in die Tiefe des Einzelfalls. Durch immer neue

Details der jeweils untersuchten Organisation wird der Forscher mit ‚widerständigen’

und nichtselektiven Daten konfrontiert und ihm so eine gegenstandsnahe

Theoriebildung ermöglicht.57

Passend hierzu statuiert Rosenstiel Organisationen als „ihrer Umwelt gegenüber

offene Systeme [...], die zeitlich überdauernd existieren, spezifische Ziele verfolgen,

u. a. aus Individuum und Gruppen zusammengesetzt sind und eine bestimmte

Struktur zur Koordination der einzelnen Tätigkeiten aufweisen, die in der Regel durch

Arbeitsteilung und eine Hierarchie von Verantwortung gekennzeichnet sind.“58

Dabei sind Organisationen von Menschen geschaffene Phänomene und somit

Bestandteil der Kultur. Sie stehen in Abhängigkeit von Menschen, erfüllen in seinem

Leben ganz bestimmte Funktionen, unterliegen so dem gesellschaftlichen Wandel

und sind dementsprechend auch historisch zu betrachten. Sie können nur

eingeschränkt von außen analysiert werden, wenn die Forschungsergebnisse

Anspruch auf Relevanz erheben wollen: Hierzu muss geklärt werden, welche

Bedeutung die Organisation für den Einzelnen hat, wie sie interpretiert wird und

welches Bild sich die Menschen innerhalb der Organisation von ihr machen.59

2.5 Der Begriff der Organisationskultur Basierend auf einer organisationsvergleichenden Untersuchung von Peters/

Waterman60 lässt sich ableiten, dass die so genannten ‚weichen’ Faktoren wie die

soziale Qualifikation des Managements, das Führungsverhalten sowie das

Betriebsklima höhere Anteile am Erfolg einer Organisation aufweisen als ‚harte’

Faktoren wie die Strategie, die Organisationsstruktur oder die Steuerungs- und

Kontrollsysteme. Schreyögg fasst diese weichen Faktoren unter dem Begriff der

"Organisationskultur"61 zusammen und beschreibt sie als „implizites Phänomen, das

Selbstverständnis und Eigendefinition der Organisation prägt; sie ist selbst-

verständlich und wird in der Regel nicht reflektiert; sie bezieht sich auf gemeinsame

57 Vgl. Hopf 1993, S. 28 58 Rosenstiel 2003, S. 225 59 Vgl. a.a.O., S. 225f. 60 Peters/Waterman 1984 61 Schreyögg 1992, S. 1525ff.

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Orientierungen an Werten, macht organisatorisches Handeln einheitlich und

kohärent; sie vermittelt Sinn und Orientierung in einer komplexen Welt und

vereinheitlicht so deren Interpretation und enthält Handlungsprogramme; sie ergibt

sich aus einem Sozialisationsprozess, der dazu führt, aus einer kulturellen Tradition

heraus zu handeln, was bedeutet, dass sie nicht bewusst gelernt wird."62

Symptome der Organisationskultur

Verbale Symptome Interaktionale Symptome Artifizielle Symptome

• Geschichten • Mythen • Anekdoten, Parabeln • Legenden, Sagen,

Märchen • Slogans, Mottos,

Maximen, Grundsätze • Sprachregelungen • Jargon, Argot, Tabus • Lieder, Hymnen

• Riten, Zeremonien, Traditionen, Feiern, Festessen, Jubiläen

• Konventionen, Konferenzen,

Tagungen • Vorstandsbesuche,

Revisorbesuche, Organisationsentwicklung

• Auswahl und Einführung

neuer Mitarbeiter, Beförderungen

• Degradierung, Entlassung,

freiwillige Kündigung, Pensionierung, Tod, Beschwerden

• Magische Handlungen

(Mitarbeiterauswahl, strategische Planung usw.), Tabus

• Statussymbole • Abzeichen, Embleme,

Geschenke, Fahnen, Logos

• Preise, Urkunden,

Incentive-Reisen • Idole, Totems, Fetische • Kleidung, äußere

Erscheinung • Architektur,

Arbeitsbedingungen, Plakate, Broschüren, Werkszeitung

• schriftlich fixierte

Systeme (z. B. der Lohnfindung), Einstufung, Beförderung

Abb. 2: Symptome der Unternehmenskultur63

Alles, was in der Organisation beobachtbar ist, kann als „Ausdruck spezifischer, ihr

zugrundeliegender Überzeugungen und Werte interpretiert werden." Dies gilt

gleichbedeutend für verbale Äußerungen, für zwischenmenschliche Interaktionen

und für Artefakte.64

62 Rosenstiel 2003, S. 227 63 Eigene Darstellung, basierend auf a.a.O., S. 236 64 Vgl. Rosenstiel 2003, S. 228

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Es lässt sich also festhalten, dass das, was sich tatsächlich in der Organisation

abspielt, nicht im Organigramm ablesen lässt. Vielmehr entspricht die einem

Sollkonzept, welchem die „beobachtbare Realität mehr oder weniger entsprechen

kann"65. In sozialwissenschaftlicher Tradition muss bei der Betrachtung von

Organisationen den Beziehungen der Menschen innerhalb der Organisation

(Mitgliedern) besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Zweites Wesensmerkmal ist, Betroffene zu Beteiligten zu machen, d. h., die jeweils

Betroffenen konkretisieren die für sie geltenden organisatorischen Regelungen und

entwickeln sie weiter, womit die Demokratisierung des Lebens in Organisationen als

drittem Wesenselement verbunden ist. In logischer Konsequenz bedeutet dies, dass

die Betroffenen selbst die Maßnahmen gestalten und nicht höhere hierarchische

Ebenen oder externe Experten.66

2.6 Konsequenzen aus der Organisationsdefinition für Forschungsdesign

und Organisationsdiagnose Aus den im vorangehenden Kapitel skizzierten definitorischen Ansätzen und der

damit einher gehenden Überwindung der Sichtweise, Prozesse in Organisationen auf

Basis von Kausalzusammenhängen, planmäßigen Gesetzmäßigkeiten oder mathe-

matischen Formeln abbilden zu können, ergeben sich weitreichende Konsequenzen

für das organisationsdiagnostische Forschungsdesign und die zur Auswahl stehen-

den Methoden.

Bei der Wahl des angemessenen Forschungsdesigns geht es grundsätzlich um die

Frage nach der Planung einer Untersuchung, nach der Art der Konzeption der

Datenerhebung und der Datenanalyse sowie der Frage der Auswahl des zu

analysierenden empirischen Materials wie beispielsweise konkrete Situationen, Fälle,

Auswahl von Personen etc. Ebenso ist der zeitliche Ablauf der Untersuchung und die

zur Verfügung stehenden Ressourcen klärungsbedürftig. Ragin formuliert in diesem

Zusammenhang, dass ein „Forschungsdesign […] ein Plan für die Sammlung und

Analyse von Anhaltspunkten [ist], die es dem Forscher erlauben, eine Antwort zu

geben – welche Frage er auch immer gestellt haben mag. Das Design einer 65 Rosenstiel 2003, S. 228 66 Vgl. a.a.O., S. 229

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Untersuchung berührt fast alle Aspekte der Forschung von den winzigen Details der

Datenerhebung bis zur Auswahl der Techniken der Datenanalyse.“ 67

Organisationen sind, zusammenfassend betrachtet, grundsätzlich durch weitaus

mehr Aspekte konstituiert als durch den Zweck, die Mitgliedschaften und die

Hierarchien. Insofern muss das Forschungsdesign der erweiterten Definition

Rechnung tragen. Betrachtet man Organisationen als einen lebendigen Organismus

und damit – bei allen Ähnlichkeiten – als einzigartiges Individuum, bedeutet dies für

das organisationsdiagnostische Forschungsdesign, jede Organisation als Individuum

und damit als Einzelfall mit der Notwendigkeit des Eindringens in die Tiefe des

jeweiligen Falls zu betrachten.68 Im Rahmen dieser Einzelfallbetrachtung sind die

qualitativen Forschungsansätze dem quantitativen Methodenspektrum, welches eher

auf stärker standardisierten Verfahren mit dem Ziel der Vergleichbarkeit und einem

„ingenieurwissenschaftlich geprägten Transfermodell“69 basiert, überlegen. Eine

strikte Trennung macht in der Praxis jedoch häufig wenig Sinn, denn es gibt

durchaus gute Gründe, beide Ansätze im Rahmen eines Forschungsdesigns

miteinander zu verbinden und so qualitative als auch quantitative Methoden im

Rahmen der Untersuchungskonzeption vorzusehen und in Anwendung zu bringen70.

67 Ragin 1994, S. 191, zitiert in Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 252 68 Vgl. Strodtholz/Kühl 2003, S. 16 69 A.a.O., S. 16 70 Vgl. Kelle/Erzberger 2000, S. 299ff., ausführlich in Kap. 5.1.1.1 dieser Arbeit

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3 Anlässe für Veränderungsprozesse

Der deutsche Philosoph und Physiker Georg Christoph Lichtenberg prägte, vor mehr

als 200 Jahren, vor dem Hintergrund der im Zuge der Aufklärung in Frage gestellten

politischen und sozialen Verhältnisse der ‚alten Welt’ den Satz: „Ich weiß nicht, ob es

besser wird, wenn es anders wird, aber wenn es besser werden soll, muss es anders

werden“, der treffend auch heutige Erfahrungen mit Veränderungsprozessen in

Organisationen umschreibt. Allerdings rücken heute andere, vor allem ökonomische

Aspekte im Rahmen von oft globalisierungsindizierten Prozessen in den Vorder-

grund.71

Wandel und Veränderungen sind also nicht als neue Phänomene zu betrachten.

Fokussiert man die Betrachtung auf wirtschaftliche Entwicklungen, lassen sich

Veränderungszyklen abbilden, die mit Hilfe des Kondratieffzyklus anschaulich

abgebildet werden können.

Kondratieff formulierte in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die

These, wonach die Wirtschaft in langen Zyklen wächst und schrumpft. Dabei baut

sich ein neuer Wellenkamm immer dann auf, wenn bahnbrechende Erfindungen und

technologische Sprünge einen Innovationsschub auslösen. Als solche

Wachstumsmotoren identifiziert er die Dampfmaschine (1. Kondratieff), die

Eisenbahn (2. Kondratieff), die Innovationen in Elektrotechnik und Chemie (3.

Kondratieff) sowie die Entwicklungssprünge in Petrochemie und der

Automobilindustrie (4. Kondratieff). Der 5. Kondratieff ist durch Innovationen im Be-

reich der Informations- und Kommunikationstechnik gekennzeichnet.72 Der 6.

Kondratieff ist bereits eingeläutet und durch biotechnologische Innovationen sowie

der Hinwendung zu gesundheitlichen Themen markiert.

71 Vgl. Doose 2004, S. 16 72 Vgl. Kap. 3.1.1

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Basisinnovationen und ihre wichtigsten Bedarfsfelder

Zyklus

1.

Kondratieff

2.

Kondratieff

3.

Kondratieff

4.

Kondratieff

5.

Kondratieff

6.

Kondratieff

Zeitraum

1780

1830-1850

1880-1900

1930-1940

1950-1980

2000-2005

Basis-

innovation

Dampf-

maschine

Stahl

Elektro-technik

Petrochemie

Informations-

technik

Bio- technologie

Psycho-soziale

Gesundheit

Bedarf

Bekleidung

Transport

Massen-konsum

Individuelle

Mobilität

Information / Kommuni-

kation

Gesundheit

Industriegesellschaft (Energie)

Informations- gesellschaft (Information)

Abb. 3: Der Kondratieffzyklus nach Nefiodow73

Nachfolgend gilt es nun, die Ursachen und Anlässe für Veränderungsprozesse, die

innerhalb der Organisation liegen oder aber durch externe Faktoren determiniert sind

und zu einem erhöhten Veränderungs- und Anpassungsdruck führen können,

darzustellen.

3.1 Externe Anlässe für Veränderungsprozesse 3.1.1 Innovationssprünge in der Informations- und

Kommunikationstechnologie Der 5. Kondratieff, wie bereits beschrieben durch Innovationen im Bereich der

Informations- und Kommunikationstechnologie gekennzeichnet, ist der erste

Langzyklus, der nicht mehr primär auf der Verwertung von Bodenschätzen,

Stoffumwandlungsprozessen und Energien basiert, sondern auf der Verwertung

einer immateriellen Größe, der Information. Dabei lässt sich grundsätzlich feststellen, 73 Eigene Abbildung, basierend auf Kostka/Mönch 2002 und Nefiodow 2001, S. 3f.

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dass sich die Geschwindigkeit der damit verbundenen Veränderungsprozesse um

ein Vielfaches erhöht hat und zusätzlich aufgrund der weiten Verbreitung der

Informations- und Kommunikationsmedien auch im privaten Bereich eine neue

Dimension an Breitenwirkung einnimmt. 74 Gordon Moore formulierte hierzu treffend:

„Wäre die Entwicklung in der Automobilindustrie wie in der Halbleiterindustrie

vorangeschritten, würde ein Rolls Royce mit fünf Litern Benzin eine Million Kilometer

weit fahren. Und es wäre billiger, ihn wegzuwerfen, als ihn zu parken.“75 Diese

Beschleunigung und Radikalität von Veränderungsprozessen hat für Organisationen

zur Konsequenz, dass sie sich mehr denn je beständigem Wandel ausgesetzt

sehen.76 Maßgeblich hierfür ist u. a. die Verringerung von Absorptionszeiten neuer

Technologien: Zwischen der Erfindung des Buchdruckes und seiner Nutzung lagen

zehn Jahre, während z. B. der Netscape Internet-Browser in weniger als einem

halben Jahr nach Programmierung weltweit vermarktet wurde.77

In Konsequenz ermöglichen die im 5. Kondratieff eingeleiteten technischen

Entwicklungen lokale wie globale Vernetzungen und damit neue Wege in der

Kooperation mit vielfältigen Synergieeffekten.78 Allerdings erfordern diese globalen

Kooperationsmöglichkeiten in weiten Teilen eine Verschiebung der natürlichen

Grenzen von Raum und Zeit, denn nicht mehr die Kosten der Beschaffung von

Information stellen sich als problematisch heraus, sondern die Selektion relevanter

Daten aus der Menge an Informationen und deren effektive Nutzung.79 Damit einher

geht die Abnahme der Bedeutung von Eigentumsverhältnissen: Die Wichtigkeit,

Dinge wie Werkzeuge, Produktionsanlagen etc., die mit enormen Kosten verbunden

waren und sind, zu besitzen, ist rückläufig. Gleichzeitig reicht es aus, Zugang zu

Gegenständen und Informationen zu haben und diese in den eigenen

Wertschöpfungsprozess zu integrieren. Gleichzeitig steigt auch die Abhängigkeit der

Beschäftigten vor dem Hintergrund dieser elementaren Veränderungen.80

74 Vgl. Kostka/Mönch 2002, S. 6ff.; vgl. auch: Doppler/Lauterburg 2002, S. 22f. 75 Wütherich/Osmetz/Phillip 2002, S. 16 76 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 22f. 77 Vgl. Pieler 2003, S. 8f. 78 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 23 79 Vgl. a.a.O., S. 22 80 Vgl. Rifkin 2004, S. 58f.

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Insgesamt lässt sich festhalten, dass die aus den Innovationssprüngen der

Informations- und Kommunikationsindustrie entstandene Beschleunigung organisa-

tionaler Wandlungsprozesse Chancen wie Risiken birgt; für diejenigen

Organisationen, die den Weg des Wandels nicht schnell und radikal genug

beschreiten, erwarten Doppler/Lauterburg Existenzprobleme.81

3.1.2 Verknappung der Ressource Zeit Als Folge der Innovationssprünge in Informatik und Telekommunikation lässt sich als

zweiter Anlass für Veränderungsprozesse die Verknappung der Ressource Zeit

nennen. Doppler/Lauterburg stellt fest, dass in Folge der technologischen

Entwicklungen, der gestiegenen Mobilität und der gestiegenen Informationsfülle die

Geschäftsabläufe eine enorme Beschleunigung erfahren haben. Gleichzeitig sind

Kundenbedürfnisse und Konsumgewohnheiten deutlich instabiler als zu früheren

Zeiten. In Folge steigt der Leistungs- und Veränderungsdruck in Organisationen um

ein Vielfaches.82 Bedingt durch die rasante Geschwindigkeit, mit welcher sich

weltwirtschaftliche Lagen verändern, werden Planungsgrundlagen immer

unzuverlässiger.83 Zeit wird so zu einem wesentlichen Wettbewerbs- und

Erfolgsfaktor, während Ruhezyklen immer seltener vorkommen und die für das

menschliche Handeln so wichtige Routine sich nur noch in geringem Maße einstellt.84

Notwendige Veränderungsprozesse unterscheiden sich aufgrund der Zunahme an

Tempo und Komplexität von denen früherer Epochen, denn Organisationen müssen

schnell und häufig sogar unter hohem Zeitdruck reagieren und Umstellungen

vornehmen.85 Die Menschen in den Organisationen, die diese Veränderungen

bewältigen müssen, sind häufig überfordert und bauen Widerstände auf, die dazu

führen, dass ca. 70% aller Veränderungsprozesse in Organisationen ihre Ziele nicht

erreichen.86

81 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 24 82 Vgl. a.a.O., S. 24f. 83 Vgl. Rieckmann 2000, S. 3f. 84 Vgl. Botthoff 2002, S. 105f. 85 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 25f. 86 Vgl. Botthoff 2002, S. 105f.

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3.1.3 Konsequenzen globaler Ökonomie: Bedarf nach interkultureller Zusammenarbeit

Entwicklungssprünge der Informations- und Kommunikationstechnologie und höhere

Mobilität führen dazu, dass in interkultureller Zusammenarbeit in einer globalen

Ökonomie die „Chancen und Risiken unserer Zeit“ liegen.87 Schnelle, kostengünstige

und unmittelbare globale Kommunikationsmöglichkeiten führen zu einem Abbau von

Wirtschaftsgrenzen und damit einem zunehmend globalen Markt mit rasant

wachsender Vernetzung wirtschaftlicher Arbeitsprozesse, Beteiligungen und

Fusionen. Globalisierung bezeichnet so einen Prozess der Entterritorialisierung mit

weit reichendem Wandel in Organisationen, denn die drastische Kompression von

Zeit und Raum ermöglicht die Herausbildung territorial entgrenzter globaler

Netzwerke. In Folge dessen bilden Organisationen kooperative, globale Netzwerke

aus Lieferanten, Kunden und Konkurrenten, die innerhalb kurzer Zeit wieder

aufgelöst werden können, wenn Prozess- und Wertschöpfungsketten in Abhängigkeit

von Kundenbedarf neu arrangiert werden.88

Chancen und Risiken globaler Märkte erfordern von Organisationen ein Überdenken

alter Geschäftsmodelle, denn die technologischen Umwälzungen verlocken zu bzw.

erzwingen globale Geschäfte, mit Auswirkungen auf bisherige Lieferanten-,

Konkurrenten- und Kundenbeziehungen.89 Um diese Chancen globaler Märkte und

Vernetzungen zu nutzen, ist der Aufbau interkultureller Kompetenz notwendig. Diese

umfasst die sensible Wahrnehmung und den vorurteilsfreien Umgang mit anderen

Kulturen und den damit verbundenen Sichtweisen, Denkmustern und Interessen.90

3.1.4 Verknappung der Ressource Geld Fundamentale Veränderungen wie die abnehmenden natürlichen Ressourcen,

regionale Konflikte und Kriege, Natur- und technische Katastrophen sowie die

Folgekosten gesellschaftlicher Fehlentwicklungen führen zu einer Verknappung der

Ressource Geld. Wachsende Vielfalt staatlicher Aufgaben, der ruinöse Verdrän-

87 Doppler/Lauterburg 2002, S. 26 88 Kaiser 2002, S. 8f.; vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 27f. 89 Vgl. Thurow 2004, S. 7f. 90 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 28f.

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gungswettbewerb auf zahlreichen Märkten und die sinkende Zahl an Arbeitsplätzen

tragen ihren Teil zur Verschärfung der Situation bei.91

Der Rückgang natürlicher Ressourcen geht dabei weit über die Vergänglichkeit

fossiler Energieträger und Bodenschätze hinaus, denn Überfischung, Verschmutzung

der Gewässer und Übernutzung landwirtschaftlicher Flächen in weiten Teilen der

Welt bergen weitreichende Gefahren. Der ständig steigende Bedarf an Trinkwasser

bei gleichzeitiger Privatisierung der Wasserwirtschaft – und tendenziell steigender

Preise – birgt Risiken, bis hin zur Unterversorgung sozial schwacher Regionen auch

in Industrienationen.92 Die Erforschung nachhaltiger Technologien erlaubt neue,

lukrative Märkte zu erschließen, ist aber gleichzeitig mit erheblichen Investitionen

verbunden.93

Die Zunahme regionaler Konflikte führte zu massiven Steigerungen von

Rüstungsausgaben in vielen Ländern und zur weiteren Verknappung der Ressource

Geld. Gleiches gilt für die Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen wie

Stürme, Waldbrände oder Erd- bzw. Seebeben entstehen. Die hierbei getätigten

Investitionen setzen zwar wirtschaftliche Impulse, allerdings wird hierbei meist nur

der Zustand vor Eintreten des Schadensereignisses wiederhergestellt. Fortschritt-

liche Entwicklungen, die in vergleichbaren, nicht von Schadensereignissen oder

Konflikten betroffenen Gebieten festzustellen sind, unterbleiben so wegen fehlender

finanzieller Ressourcen.94

Die demographische Entwicklung produziert darüber hinaus jahrzehntelange Folge-

kosten. Medizinische Entwicklung erhöht die Lebenserwartung, allerdings fehlt es in

zahlreichen Industrienationen an Nachwuchs, welcher die Folgekosten der älter

werdenden Bevölkerung finanzieren könnte und andererseits in den Organisationen

die verloren gehenden Kompetenzen ersetzt.95

91 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 30 92 Vgl. Barlow/Clarke 2004, S. 109ff. 93 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 32 94 Vgl. a.a.O., S. 30f. 95 Vgl. Bertelsmann-Stiftung 2005, S. 45ff.

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Die Situation in Organisationen wird dadurch verschärft, dass kurzfristiges Denken

meist dem längerfristig orientierten Handeln vorgezogen wird.96 Die Überbewertung

der Chancen der Globalisierungsprozesse bewirken einen verschärften, ruinösen

Verdrängungswettbewerb: Hohe Wachstumsprognosen führten und führen so zum

Aufbau von Überkapazitäten in Unternehmen, die in hartem Wettbewerb mit teils

ruinösen Bedingungen „Ausscheidungskämpfe“ ausfechten, in dessen Folge die Zahl

der Arbeitsplätze durch Automatisierung etc. ebenso abnimmt wie die Qualität der

Arbeitsbedingungen. Neben Automatisierungsverlusten von Arbeitsplätzen fallen

darüber hinaus zahlreiche Arbeitsplätze durch Export der Arbeit in Billiglohnländer

weg. Erschwert wird die Verknappung der Ressource Geld durch die Tatsache, dass

der Staat zur Bewältigung der komplexen Aufgaben – auch dies eine Folge der

beschriebenen gesellschaftlichen Fehlentwicklungen – Steuern und Abgaben

tendenziell erhöht, um Leistungsfähig zu bleiben.97

3.1.5 Anstieg der Dynamik und Komplexität

Als weitere, wichtige externe Rahmenbedingung für Organisationen ist die

Steigerung der Komplexität festzustellen. Hohe Anzahlen parallel ablaufender

wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen beeinflussen sich gegenseitig

und entwickeln eine hohe Eigendynamik, die unerwartete Ergebnisse zur Folge

haben kann, auch wenn die Prozesse gut geplant sind bzw. waren. Hinzu kommt,

dass durch die entstandenen globalen Netzwerke Entwicklungen nicht mehr an

regionalen Grenzen halt machen, sondern auch räumlich Ferne und nicht planbare

oder kalkulierbare Ereignisse Ausstrahlungen in alle Teile der Welt haben und

erhebliche Verwerfungen in eigentlich unbetroffenen Gebieten nach sich ziehen

können: Erinnert sei hier an die Folgen der Anschläge vom 11. September 2001 in

New York, Konflikte im Nahen Osten und ihre Auswirkungen auf die Rohölpreise

oder Naturkatastrophen wie das Seebeben 2005, welche zumindest über die

Vernetzung der Kapitalmärkte weltweit Spuren hinterlassen haben.98

96 Bertelsmann-Stiftung 2005, S. 6 97 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 33f.; vgl. auch: Rifkin, 2004, S. 62f. 98 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 36f.

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Mit der Zunahme Vernetzung einzelner Akteure – bei gleichzeitiger Beschleunigung

der Geschwindigkeit von Veränderungen – steigt die Anzahl der Wechselbezie-

hungen expotential, denn jeder Akteur der sich in das globale System einklinkt,

vernetzt sich mit anderen Akteuren und erzeugt hierdurch, gewollt oder ungewollt,

komplexe Wechselwirkungen wie Nebenwirkungen (z. B. geringerer Personalbedarf

durch Implementation neuer Produktionstechniken), Rückwirkungen (wie z. B.

ruinöser Wettbewerb mit Konkurrenten im gleichen Markt) und Fernwirkungen (wie

bspw. ökologische Folgen der Produktion).99

Durch dieses multiplikative Zusammenwirken von Systemelementen, Verknüpfungen

und den beschriebenen Wechselwirkungen verdichtet sich die Komplexität des

Gesamtsystems in einem Maß, welches die Wahrnehmungsfähigkeit des einzelnen

Elementes innerhalb des Gesamtsystems übersteigt. Die „Hebelwirkungen" in

solchen hochkomplexen Verknüpfungen sind erkennbar, wenn die grundlegenden

Strukturen, die Veränderungen initiieren und die Komplexitätsintensität determi-

nieren, sichtbar werden.100

Neben der festzustellenden Zunahme der Komplexität steigt auch die Dynamik der

Prozesse: Riekmann spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die Zahl der

Veränderungen pro Zeiteinheit mit zunehmender Vernetzung der Elemente

expotential ansteigt.101 Durch zunehmende Dynamisierung des Handelns entsteht

ein Selbstverstärkungseffekt der Handlungsgeschwindigkeit, da andere Akteure

motiviert werden, ebenfalls schneller zu handeln. So steigt die Dynamik weiter an

und sorgt für wachsende Komplexität.

Insgesamt verwundert es so wenig, dass Komplexität und Dynamik

(„Beschleunigung“) zu den fünf Megatrends zählen, die im kommenden Jahrzehnt

Ursache für tief greifende Veränderungsprozesse sind.102

99 Vgl. Rieckmann 2000, S. 4; vgl. auch: S. 10, 12, 34 100 Vgl. Senge 2001, S. 158 101 Rieckmann 2000, S. 3f. 102 Capgemini 2008, S. 17

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Abb. 4: Top 5 der Megatrends103

Das Zusammenwirken von Dynamik und Komplexität erzeugt systemische Muster

und Strukturen mit hoher Intransparenz. Dies ist verbunden mit der Zunahme eines

Fehlschlagrisikos und der Ohnmacht des Einzelnen auch bei scheinbar rationalem

Verhalten. Riekmann spricht in diesem Zusammenhang vom Macht-Ohnmacht-

Risiko durch steigende Komplexität und Dynamik und prägt hierfür den Begriff der

„Dynaxity“.104

103 Eigene Abbildung, basierend auf: Capgemini 2008, S. 17 104 Rieckmann 2000, S. 4

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Das Grundmodell der Dynaxity stellt sich folgendermaßen dar:

Abb. 5: Das Dynaxity-Grundmodell105

Aufbauend auf diesem Grundmodell skizziert Riekmann für das derzeitige

Wirtschafts- und Gesellschaftssystem vier verschiedene Dynaxity-Zonen106, in

welchen Organisationen in unterschiedlichen Zusammenhängen agieren.

Zone I ist hierbei geprägt von geringer Komplexität und Dynamik. Führung und

Gestaltung des Unternehmens obliegen meist dem patriachalisch-charismatisch

agierenden Unternehmensgründer. Die Organisationen sind so klein und flexibel,

dass auf ordnende Strukturen weitgehend verzichtet werden kann. Hinzu kommt,

dass die Belegschaft wie eine „große Familie“ und nicht als rein wirtschaftliche

Zweckgemeinschaft agiert und empfindet, wodurch das informelle Netzwerk den

größten Teil der Akteure im System mit einschließt. Auch die Außenbeziehungen zu

105 Eigene Abbildung, basierend auf: Rieckmann 2000, S. 4 106 Vgl. Abb. 6, S. 28

Dynaxity

Komplexität

Dyn

amik

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Kunden und Lieferanten sind in der Regel von stabilen, persönlichen Verbindungen

und damit von Kontinuität geprägt.

In Zone II wird das Unternehmen zur Bewältigung der gestiegenen Komplexität nach

den Grundsätzen des technokratisch-bürokratischen Managements mit klaren,

horizontalen und vertikalen Strukturen, organisiert und geführt.107 Die eingerichteten

Hierarchien dienen dazu, dass Unternehmen planbarer und kontrollierbarer zu

gestalten und damit die Steuerung zu optimieren, denn aufgrund der Zunahme von

Elementen in Verbindung mit einer steigenden Anzahl von Verknüpfungspunkten in

die Umwelt und den damit einhergehenden Wechselwirkungen, wäre bei Beibe-

haltung der Zone I-Strukturen eine Führung und Kontrolle allein durch einen

charismatischen Unternehmensgründer nicht mehr leistbar.

Das technokratisch-bürokratische Modell erlaubt jedoch nur die Komplexität, nicht

jedoch die Dynamik des Systems in den Griff zu bekommen. Dies wird zusätzlich

dadurch erschwert, da sich die in Zone I vorhandenen Eigenschaften zur

Bewältigung der Dynamik wie die Pionierfreude, die Spontanität, die Kreativität und

die Flexibilität im statischen technokratisch-bürokratischen Modell eher im

informellen Bereich entfalten. Anpassung an veränderte Umweltbedingungen können

lediglich langsam und geplant bewältigt werden.108

Unternehmen, die durch Wachstum die Zone I verlassen, reorganisieren sich in der

Regel nach den Grundsätzen des technokratisch-bürokratischen Managements mit

der Folge, dass weite Teile der Kompetenzen zur Beherrschung der Dynamik

abgegeben werden, um die Komplexität zu bewältigen. Damit werden die Probleme

des Wachstums und der sich verändernden Umwelt jedoch nicht gelöst, sondern

lediglich in andere Bereiche verschoben. Versuche, die Dynamik durch die

Anwendung moderner Managementmethoden wie dem Lean Management, Business

Process Reengineering, Total Quality Management o. ä. zu beherrschen, bleiben

meist Stückwerk, da sie Wandel nur in ausgewählten Problembereichen gestalten

und das System eher von einem statischen Zustand in den nächsten transformieren

107 Vgl. Rieckmann 2000, S. 7ff. 108 Vgl. a.a.O., S. 9

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und nicht dynamisch transzendieren, denn das Unternehmen hinkt mit großem

Aufwand den Veränderungen seiner Umwelt hinterher und wird von Entwicklungen

getrieben.109

Andere Managementmethoden wie das Wissensmanagement, das Projekt-

management oder die Organisationsentwicklung operieren bereits am Übergang zur

Zone III, bieten isoliert betrachtet aber noch nicht die integrierende Klammer eines

ganzheitlich systemischern Managements, denn technokratisch-bürokratische

Modelle basieren auf Kontrollmechanismen, Machbefugnissen und Unterordnungs-

bereitschaft. Solche Systeme beziehen sich mehr auf ihr internes Hierarchie- und

Beziehungsgeflecht als auf ihr Umfeld.110

In Zone III spricht Riekmann von einem „organisch-systemischen“ leitenden

Management.111 Organisationen werden als offene sozio-techno-ökonomische

Systeme verstanden, dessen Existenz sich auf Umfeldbedürfnisse begründet. Von

dort werden vielfältige Kunden- und Marktimpulse aufgenommen, wobei sich die

Bedürfnisse nicht auf Produkte, sondern auf die Lösung von lebensweltlichen

Problemen beziehen. Die Fokussierung auf die Kundenprobleme und der damit

verbundene Aufbau von Problemlösungskompetenz verschiebt den Schwerpunkt

weg von interner Produktoptimierung hin zum möglichst optimalen Problemlöse-

ansatz aus Kundensicht: Riekmann vergleicht dies mit einer Fabrik zur Herstellung

von Rechenschiebern: Hier macht es keinen Sinn, nach Erfindung des Taschen-

rechners weiter Rechenschieber in bester Qualität und zum günstigsten Preis zu

produzieren, da der Taschenrechner aus Kundensicht die wesentlich effizientere

Lösung des Problems darstellt.112

Aufgrund des hohen Dynamik- und Komplexitätsgrades der Zone III sind

Organisationen ohne organisch-systermisch orientiertes Management überfordert.

109 Vgl. Rieckmann 2000, S. 7ff. 110 Vgl. a.a.O., S. 10 111 A.a.O., S. 10 112 A.a.O., S. 54

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Technokratisch-bürokratisches Management kann in einem dynamischen Umfeld

Organisationen bis hin zur Handlungsunfähigkeit blockieren.113

Zone IV schließlich ist gekennzeichnet von unbeherrschbarem Chaos, welches sich

der Mensch selbst geschaffen hat, indem er immer mehr und immer schneller will.

Hierdurch indiziert er fundamentale Weltprobleme und eine Drift der gesamten

Menschheit hin zu einer Hyper-Dynaxity, welche das Gesamtsystem in seiner

Existenz bedroht. Entgegengewirkt werden kann diesem Phänomen nur durch eine

global akzeptierte Werteordnung, die den Umgang miteinander auf eine verlässliche

Basis stellt. Parallel hierzu muss Komplexität und Dynamik abgebaut und das Hyper-

Dynaxityverursachende, von Konkurrenzdenken bestimmte gegenseitige „Hoch-

rüsten“ von Unternehmen, Wirtschaften und Staaten gebremst werden.114

Abb.6: Dynaxity-Modell115

113 Rieckmann 2000, S. 9 114 Vgl. a.a.O., S. 11f. 115 Rieckmann 2004, o. S.

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3.2 Interne Anlässe für Veränderungsprozesse Neben den in Kapitel 3.1 beschriebenen externen Anlässen für Veränderungs-

prozesse lassen sich auch Ursachen beschreiben, die eher Organisationsintern zu

verorten sind. Hierbei ist die Zuordnung jedoch nicht immer eindeutig. Czichos

beschreibt beispielsweise das Aufbrechen hierarchischer Strukturen zugunsten

moderner Matrixstrukturen, dem Lean-Management oder kooperativer Arbeitsformen

als Trend innerhalb von Organisationen, denn mit kleineren Funktions- und

Arbeitsteams streben Organisationen an, flexibler, manövrierfähiger und kreativer zu

sein.116 Damit beschreibt er aus interner Sicht Entwicklungen, die durchaus auch als

extern indizierte Entwicklungen angesehen werden können.

Zingel nennt insgesamt zehn Felder interne Anlässe für Veränderungsprozesse,

wobei auch hier die Klassifizierung „intern“ zumindest als problematisch anzusehen

ist. So führt er Maßnahmen zur Sicherstellung der Fortsetzung der Unternehmens-

tätigkeit nach einer Krise, Kostensenkungsprogramme aller Art, die Einführung

unternehmensübergreifender Managementkonzepte, Programme zum Wandel der

Unternehmenskultur, Maßnahmen des Qualitätsmanagements, Änderungen der

Sortimentsstrukturen, Unternehmenskauf oder -verkauf, Verschmelzungen wie

Konzernbildungen oder Fusionen, Reorganisationsprogramme bzw. Restrukturie-

rungsprogramme sowie Prozessoptimierungen als interne Anlässe für Verän-

derungen in Organisationen an.117

Simon nennt sechs Felder für intern induzierten Veränderungsdruck und fasst in

ihnen produktbezogene, marktbezogene, geschäftsprozessbezogene, mitarbeiter-

bezogene, führungsbezogene und strukturbezogene Gründe zusammen. Auch hier

ist v.a. im Feld der marktbezogenen Gründe die Trennschärfe zu extern indizierten

Veränderungsprozessen fraglich.

116 Czichos 1990, S. 61 117 Zingel 2004, S 3

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In der Übersicht stellt sich das Modell von Simon folgendermaßen dar:

Abb. 7: 6 Felder interner Veränderungsanlässe118 Darüber hinaus führt Simon aus, dass auch kleine Veränderungen in Organisationen,

wie z. B. die Einstellung eines neuen Mitarbeiters, die Auflösung einer Abteilung oder

die Veränderung einer bisher praktizierten Vorgehensweise Beachtung verdienen,

denn die täglichen Anlässe für Organisationsveränderungen sind Teil eines häufig

unbewussten, stetigen Prozesses der Veränderung in Organisationen, bei welchen

häufig größere, geplante Veränderungsprozesse „auf einem Fluss dieser ständigen

kleinen Veränderungen schwimmen.“119 Solche täglichen Anlässe für Veränderungs-

prozesse initiieren eine kontinuierliche Entwicklung der Organisation. Daher liegt es

118 Eigene Abbildung, basierend auf Simon 2003, S. 92 119 A.a.O., S. 91

6 Felder interner Veränderungsanlässe Produktbezogene

Gründe • Schlechte Qualität

• Komplexes Produktdesign

• Falsche Sortimentsstruktur

Marktbezogene Gründe

• Verlust von Marktanteilen

• Schlechter Kundennutzen

Geschäftsprozessbezogene Gründe

• Hohe Prozesskosten

• Hohe Durchlaufzeiten

• Schlechte Produktionslogistik/ hohe Lagerbestände

• Mangelnde EDV-Unterstützung

Mitarbeiterbezogene Gründe

• Unternehmenskulturelle Probleme

• Hohe Fehlzeiten, Krankenstand

• Unzureichende Vertrauenskultur

• Geringe Identifikation mit Organisation

Führungsbezogene Gründe

• Hoher Zeitdruck

• Mangelnde Autonomie

• Geringe Realisierung von Zielen

Strukturbezogene Gründe

• Kooperationen mit anderen Unternehmen

• Unternehmenskauf und Verkauf

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im Interesse von Organisationen, Strukturen zu konstruieren, die Wandel und

wiederkehrende Veränderungsprozesse ermöglichen.120

3.3 Modellhafte Klassifikation von Feldern und Strategien des Wandels Die Vielfalt und Komplexität von Veränderungsprozessen in Organisationen begrün-

det die Skizzierung unterschiedlicher Strategien des Wandels. Grundlegend lassen

sich so nach Reiss vier Felder des Wandels von Organisationen unterscheiden:

Abb. 8: 4 Felder des Wandels121

Unter Strategiewandel wird eine Veränderung in Unternehmen mit Neudefinition der

strategischen Ausrichtung verstanden. Bei einem Strukturwandel werden wichtige

Veränderungen in der Aufbau- und Ablaufstruktur der Organisation vorgenommen, z.

B. nach Veränderung der Managementmethode oder nach Organisationszusammen-

120 Vgl. a.a.O. 2003, S. 91 121 Eigene Abbildung, basierend auf Reiss 1997, S. 8

.....beziehen sich z. B. auf: .

• Konzentration auf Kernkompetenzen • Internationalisierung • etc.

• Prozessorganisation • etc.

• Kultureller Wandel • Turnaround • etc.

• Technologiewandel • Ökologischer Wandel

4 Felder des Wandels

Strategiewandel

Strukturwandel

Unternehmenswandel

Ressourcenwandel

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schlüssen. Der Unternehmenswandel tritt ein, wenn in der Gesamtorganisation

einschneidende Veränderungskonzepte umgesetzt werden, die nicht nur einzelne

Bereiche eines Unternehmens betreffen. Der Ressourcenwandel umfasst letztlich

Veränderungen, die durch ökologische und technologische Innovationen ermöglicht

werden. Die diversen Wandelstrategien weisen zahlreiche Querverbindungen und

Wechselwirkungen auf, die es zu berücksichtigen gilt. Zielt eine Veränderung auf

einen bestimmten Bereich, bleiben andere Bereiche davon meist nicht

unbeeinflusst.122

Neben den Feldern des Wandels sind die verschiedenen Elemente einer

Organisation ebenso als verbundene Einheit zu betrachten. SO hat eine

Veränderung in der Führung einer Organisation Auswirkungen auf die Organisations-

kultur und die Struktur. Ebenso hat eine Veränderung in den natürlichen und

ökologischen Ressourcen zwangsläufig Auswirkungen auf die strategische Planung.

Abb. 9: Vernetzung der Elemente einer Organisation123

122 Vgl. Reiss 1997, S. 7ff. 123 Eigene Abbildung, basierend auf Neumann 2004, S. 7

Verhalten,

Kultur

Abläufe, Prozesse

Struktur

(Organisation )

Change hat Auswirkungen

auf…

Führung

(Rahmenbedingungen...)

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Aufgrund der Komplexität von Veränderungsprozessen ist die Anzahl an Aus-

modellierungen der Architektur ihrer Steuerung immens. So lassen sich nicht nur

unterschiedliche Reaktionstypen bei Mitarbeitern und Personen unterscheiden; auch

Organisationen differieren. Neben eher konservativen, großen und meist älteren

Organisationen mit ausgeprägten Hierarchien, Strukturen und Prozessen existieren

auch bewegliche, kleinere Einheiten mit flachen Hierarchien, die sich hauptsächlich

im Mittelstand finden. Daneben lassen sich Start-Up-Unternehmen identifizieren, die

häufig von Wachstumsproblemen gekennzeichnet sind und noch nicht fertig

ausgeprägten Strukturen vorweisen.124

Je nach Ausgangslage und Zielen der Organisation, bedarf es anderer Strategien

und Konzepte zum Management von Veränderungsprozessen. Zur Positionierung

lassen sich zwei Dimensionen unterschieden125: Einerseits geht es um die

Einschätzung des Veränderungsbedarfes in der Außenrelation. Die Organisation

muss die Frage klären fragen, wie groß ist die „Veränderungsnotwendigkeit“ in

Relation zum Markt ist. Gleichzeitig ist zu klären, wie hoch das eigene

„Veränderungsvermögen“ und wie ausgeprägt die Fähigkeit zur Selbstentwicklung

und Selbststeuerung der Organisation ist. Darüber hinaus umfasst das

Veränderungsvermögen die Fähigkeit zu entscheiden, in welchem Umfang und an

welchen Stellen Veränderungen durchzuführen sind. Zum Veränderungsvermögen

gehört insgesamt die Fähigkeit, persönliche, inhaltliche und soziale Veränderungs-

prozesse im Unternehmen passend zu gestalten und zu steuern. Bei hohem

Veränderungsvermögen ist eine indirekte Steuerung mit viel Raum zu Selbstinitiative

und Selbstentwicklung möglich. Bei niedrigerem Veränderungsvermögen bedarf es

dagegen anderer, direktiver Top-Down-Steuerung.126

124 Vgl. Schönborn/Fischer/Langen 2001, S. 74f. 125 Vgl. Heitger/Doujak 2002, S. 27f. 126 Vgl. a.a.O., S. 28

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Abb. 10: Positionierung typischer Veränderungsziele und -konzepte127

Nachfolgend werden kurz die in der Abbildung 15 dargestellten Positionierungen

erläutert.

Überleben sichern: Im Krisenmanagement / Sanierungsprojekten ist die akute

Rettung der Organisation und damit die Bewältigung der Krise das Ziel. Durch

geeignete Konzepte und Maßnahmen sinkt die aktuelle Veränderungsnotwendigkeit

der Organisation.

Mobilisieren: In Phasen des Erfolges soll die Veränderungsfähigkeit von Personen

und Systemen erhöht werden, indem die Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit der

Organisation entwickelt wird.

Radikales Neupositionieren: Typischerweise sehen Organisationen, die kurz vor

einer Krise stehen und Frühwarnsignale über den gefährdeten Erfolg der

Organisation wahrnehmen, die Notwendigkeit, durch die Kombination von proaktivem 127 Eigene Abbildung in Anlehnung an Heitger/Doujak 2002, S. 29

Akt

uelle

ni

edrig

V

erän

deru

ngsn

otw

endi

gkei

t

hoch

niedrig Veränderungsvermögen hoch

Mobilisieren Anpassungs- und

Entwicklungsfähigkeit

Überleben sichern

Krisenmanagement/ Sanierung Radikales

Neupositionieren Turnaround/

strat. Redesign

Erneuern Wachstumspotentiale

Lernende Organisation

Marktresponsiveness

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Turnaround128 und strategischem Re-Design die Organisation zu stabilisieren.

Hierbei muss nicht nur die Veränderungsfähigkeit der Organisation erhöht werden,

sondern auch die aktuelle Veränderungsnotwendigkeit gesenkt werden.

Erneuern: Unternehmen, die in dieser Situation sind, befinden sich in keiner akuten

Krise. Durch Veränderung sollen innovative Wachstums- und Zukunftspotentiale

gesichert werden.

Lernende Organisation: Die Veränderung wird als Element des Tagesgeschäftes

betrachtet. Strukturen und die Kultur der Organisation schaffen den richtigen

Rahmen für dauerhafte Weiterentwicklung.

3.4 Anlässe für Veränderungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen und Institutionen

3.4.1 Entwicklung der Reformorientierung

Modernisierungsbestrebungen in öffentlichen Verwaltungen nahmen ihren Anfang in

der Mitte der 1990er Jahre. Ab diesem Zeitpunkt wurde die umfassende Reorgani-

sation des kommunalen Sektors in der BRD, ausgehend vom Beispiel der nieder-

ländischen Stadt Tilburg, diskutiert. Getragen wurde die Diskussion von einer breiten

Reformbewegung auf allen politischen Ebenen, anvisiert wurde dabei ein

grundlegend neues Verwaltungsmodell.129

Anlass für die Diskussion neuer Strukturen und Prozesse öffentlicher Verwaltungen

und Institutionen war v. a. die allgemeine Finanzknappheit der öffentlichen Haus-

halte. Weiterer wesentlicher Faktor war die zunehmend schneller werdende

Entwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologie.130 Daneben trat das

Phänomen des Bedeutungs- und Wertverlustes öffentlicher Verwaltungen v. a. im

Kontext des europäischen Integrationsprozesses auf, der nationale administrative

Ebenen durch die Konstituierung supranationaler Institutionen in Frage stellte.

Hierbei traf die Diskussion um die Effizienz öffentlicher Verwaltungen die kommunale

Ebene aufgrund ihrer räumlichen und sachlichen Nähe zu den Bürgern und der so im

128 Proaktiver Turnaround bedeutet, dass einer potentiellen Krise vorgebeugt wird. 129 Vgl. König 1997, S. 56 130 Vgl. Kap. 3.1.1

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Verwaltungshandeln deutlich werdenden Unbeweglichkeit bzw. der fehlenden

Bürgernähe besonders hart. Verstärkt wurde der Reformdruck durch gleichzeitig

einsetzende Bemühungen von Unternehmen aus Industrie und Handel, neben ihren

Produkten vermehrt Dienstleistungen, zunächst in Form von Zusatznutzen und

Service, später als eigene Angebote, anzubieten.131 Die beginnende öffentliche Kritik

führte jedoch real nur zu wenigen bzw. keinen Veränderungen, da sich öffentliche

Verwaltungen im Allgemeinen und kommunale Selbstverwaltungen im Besonderen

auf ihre gesetzliche Legitimation berufen konnten.

Erst um 1995 begannen einige Kommunen, vorwiegend Städte mit mehr als 60.000

Einwohnern, aufgrund weiter zunehmendem Reformdrucks als Folge neuerlicher

Verknappung finanzieller Handlungsspielräume – das kommunale Gesamtdefizit

wuchs sowohl 1995 als auch 1996 in Folge wachsender Soziallasten, ungelöster

Arbeitsmarktprobleme und sinkender Gewerbesteuereinnahmen auf jeweils 13 Mrd.

DM an132, Veränderungen innerhalb der Verwaltungen und im Zusammenspiel

zwischen Politik und Verwaltung umzusetzen.

Das Umfeld für öffentliche Verwaltungen verschärfte sich weiter durch zunehmende

Deregulierungstendenzen und der dadurch initiierten Privatisierung einzelner

staatlicher Betriebe. Da sich Organisationsstrukturen und Prozesse öffentlicher

Verwaltungen vornehmlich an der Einhaltung von Regeln und Normen und weniger

an Kosten und Wünschen der Kunden orientierten, traten erhebliche Wirtschafts- und

Effizienzdefizite deutlicher zu Tage. Parallel hierzu stiegen die Erwartungen und

Ansprüche der Bürger an ihre Verwaltung, die durch den Übergang von der

„Ordnungsverwaltung hin zur Leistungsverwaltung“ bei gleichzeitig gestiegener

individueller Souveränität der Bürger gegenüber öffentlichen Institutionen, gekenn-

zeichnet ist.133 In Folge dieses Verhältniswandels manifestierte sich eine Vertrauens-

krise, da erhebliche Differenzen zwischen den Anforderungen der Bürger an

öffentliche Verwaltungen einerseits und der Möglichkeiten dieser, verschärft durch

die Verknappung finanzieller Mittel, auf der anderen Seite, entstanden. Es wurde

131 Vgl. Schöneich 1996, S. 2 132 Vgl. a.a.O., S. 2 133 A.a.O., S. 2

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deutlich, dass der Finanzknappheit nicht allein durch Aufgabenverzicht oder Steuer-

bzw. Gebührenerhöhungen zu begegnen war; vielmehr ging es darum, mittels einer

„an ökonomischen Effizienzkriterien orientierten Binnenreform einen grundsätzlichen

Wandel der administrativen Funktionsweise“ zu intendieren.134

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass v. a. die finanzielle Krise öffentlicher

Haushalte Veränderungsprozesse öffentlicher Institutionen in Gang gesetzt hat und

Motor der Veränderungsbemühungen war. Kommunale Verwaltungsmodernisierung

berührt dabei auch andere Verwaltungsebenen, wie die des Bundes und der Länder.

Durch die Distanz dieser Verwaltungsebenen zum Bürger laufen Veränderungen dort

aber insgesamt weitaus langsamer als auf kommunaler Ebene. Daher sind die

Diskussionen als auch das Handeln zur Thematik Verwaltungsmodernisierung in

Deutschland primär durch die Kommunen geprägt.135

3.4.2 Ziele und Orientierungen der Veränderungsprozesse öffentlicher Verwaltungen in Deutschland

Orientierungsrahmen für die Ansätze zur Veränderung öffentlicher Verwaltungen und

Institutionen bietet ein verändertes Verständnis von Administration, welches unter

der Bezeichnung „New Public Management“ diskutiert, beschrieben und in unter-

schiedlicher Intensität, in den U.S.A., in Neuseeland, Großbritannien, Skandinavien

und v. a. in den Niederlanden, realisiert wurde.136

Die Orientierung der Überlegungen für Veränderungsprozesse bezeichnet König als

„Ökonomisierung der öffentlichen Verwaltung“, die primär die Steigerung der

Produktivität und Effizienz zum Ziel hat.137 Aus diesem Ansatz und der Problemlage

heraus lässt sich nach Schöneich ableiten, dass es den Kommunen primär darum

ging, ein Selbstverwaltungssystem zu kreieren, welches „mehr leistet und weniger

kostet und dabei bürgernäher“ arbeitet.138 Kernpunkte sind hierbei ein professio-

134 König 1997, S. 57 135 Vgl. Schöneich 1996, S. 4 136 Realisierungsbeispiele finden sich ausführlich in König 1995, S. 350f. 137 A.a.O., S. 350 138 Schöneich 1996, S. 2

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nelleres Management, die Stärkung des Wettbewerbsdenkens, die ziel- und

ergebnisorientierte Steuerung sowie möglichst autonome, dezentrale Strukturen.139

Abb. 11: Kernpunkte der Ökonomisierung öffentlicher Verwaltungen140

Fasst man die vielfältigen Ziele der von niederländischen Vorbildern orientierten

Reformbemühungen zusammen, lassen sich fünf Modernisierungsbereiche unter-

scheiden, die sich in nahezu allen Ansätzen zur Modernisierung öffentlicher

Verwaltungen wieder finden: Zunächst ist hier die Veränderung des Verhältnisses

zwischen Bürgern, politischen Gremien und der Verwaltung zu nennen. Hier geht es

meist um die Rolle der politischen Gremien, die einerseits die Bürgerinteressen zu

vertreten haben und andererseits der Verwaltung Handlungsspielräume über das

„Wie“ der Aufgabenerfüllung einräumen soll. Hier wird meist eine schärfere

Aufgabenzuordnung und Aufgabenabgrenzung angestrebt.

Zweitens konzentrieren sich Reformbemühungen auf den Bereich Personal und

Organisation von Verwaltungen. Leistungsreserven sollen durch Qualifikation und 139 Vgl. König 1997, S. 56 140 Eigene Abbildung, Inhalte basierend auf a.a.O., S. 56

+ mehr Leistung

Ziel: + mehr Bürgernähe - weniger Kosten

Ans

ätze

Professionelles Mehr Ziel- und Dezentralität Management Wettbewerb Ergebnisorientierung

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Motivationssteigerung erschlossen werden, mittelfristige Personalkosten zu

reduzieren. Als Prinzipien gelten hierbei die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit,

Investitionen in Personalentwicklung, immaterielle und materielle Leistungsanreize

sowie die Förderung des Dienstleistungsbewusstseins und der Kundenorientierung

innerhalb der Mitarbeiterschaft.141

Abb. 12: Modernisierungsbereiche öffentlicher Verwaltungen142 Dritter Modernisierungsbereich ist die Verwirklichung des Verständnisses vom

Bürger als Kunden der Verwaltung. Hierbei geht es im Wesentlichen um die

Veränderung des Organisationsprinzips nach dem Kriterium „Bürgerorientierung“

beispielsweise durch die Schaffung von Bürgerämtern, Bürgerbüros, optimierter

Öffnungszeiten etc.

Die Steuerung kommunaler Beteiligung richtet sich auf die Optimierung der

operativen Beteiligungen mit dem Ziel der Effizienzsteigerung. Hierbei werden echte

als auch unechte, da nur formale Privatisierungen in Form von Eigenbetrieben

postuliert. Das fünfte Feld zur Modernisierung öffentlicher Verwaltungen befasst sich

mit der Umgestaltung des Haushalts- und Rechnungswesens mit dem Ziel, 141 Vgl. Klug 2001, S. 5 142 Eigene Abbildung

Neues Verhältnis Bürger, politische

Gremien, Verwaltung

Personal- und Organisations-

entwicklung

Bürger als Kunde

Steuerung kommunaler

Beteiligungen

Haushalts- und Rechnungswesen

Modernisierungsbereiche

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Kostendenken und wirtschaftliches Handeln anzureizen. Grundidee ist, dass es

innerhalb öffentlicher Verwaltungen umfangreicher Voraussetzungen wie interner,

produktbezogener Kostentransparenz, Möglichkeiten der Budgetierung, dezentrale

Ressourcenverantwortung, Einführung der doppelten Buchführung etc. hierfür

bedarf.143

Schöneich fasst die Ziele der Modernisierung öffentlicher Verwaltungen „vollständig,

eindringlich und mit schlichten Worten“ zusammen indem er formuliert, dass es dabei

darum geht, „Einsparungen zu erzielen, die Verwaltung effektiver zu gestalten und ihr

Handeln stärker auf den Bürger auszurichten.“144

3.4.3 Modelle zur Veränderung öffentlicher Verwaltungen und Institutionen in Deutschland

Der in Deutschland wesentliche modellhafte Ansatz zur Umsetzung von Reformen in

öffentlichen Verwaltungen wurde von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für

Verwaltungsvereinfachung (KGSt) geprägt und unter dem Titel „Neues

Steuerungsmodell“ vermarktet.145 Es orientiert sich in wesentlichen Teilen am

Beispiel der niederländischen Stadt Tilburg, die als entscheidender Wegbereiter für

Verwaltungsmodernisierung gilt, denn Tilburg, eine Stadt mit 160.000 Einwohnern,

hat bereits 1985 unter dem Druck einer akuten Finanzkrise drastische Einsparungen

durch umfassende Reorganisation erzielt. Grundprinzip der Tilburger Reform-

bemühungen, die insgesamt acht Jahre in Anspruch nahmen und an deren Ende ein

ausgeglichener Haushalt stand, war die Einführung von Holdingstrukturen, die

Modellierung von sieben weitgehend selbständigen Betriebseinheiten sowie eine

klare Aufgabendefinition zwischen politischen Gremien und der Verwaltung. So wird

die Verwaltung über strategische Leitlinien auf Basis von 250 definierten Produkten,

denen Kosten eindeutig zugeordnet werden, von der Politik gesteuert.146

143 Vgl. Klug 2001, S. 6 144 Schöneich 1996, S. 6f. 145 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 13 146 Vgl. Schöneich 1996, S. 6

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3.4.3.1 Das Neue Steuerungsmodell der KGSt Das Neue Steuerungsmodell basiert, analog des im vorangegangenen Kapitel

dargestellten Orientierungsrahmen, auf dem Befund, dass öffentliche Verwaltungen

aufgrund ihrer bürokratischen Strukturen und der fehlenden Kostentransparenz

deutliche Funktionsmängel aufweisen. Damit einher gehen Mängel im Management

der Verwaltung.147 Ebenso lässt sich die als ineffizient angesehene Trennung von

Fach- und Ressourcenverantwortung konstatieren, die gemeinsam mit geringen

Gestaltungsmöglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die sinkende

Attraktivität der Arbeitsplätze für hoch qualifiziertes Personal verstärkt.148

Unmittelbare Eingriffe der Politik in die Verwaltungsarbeit, eine Legitimationslücke

zwischen Verwaltung und Bürger sowie das Fehlen von Leistungstransparenz und

Leistungsvergleich runden das Bild zur Ausgangslage ab.149 Auf Basis dieses

Befundes skizziert die KGSt ein neues Leitbild für die öffentliche Verwaltung unter

dem Titel „Von der Behörde zum Dienstleistungsunternehmen“ und geht

grundsätzlich davon aus, dass zur Realisierung dieses Leitbildes lediglich die

Steuerung der öffentlichen Verwaltungen verändert werden muss.150 Insgesamt

strebt das KGSt-Modell „den schrittweisen Aufbau einer unternehmensähnlichen,

dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur sowie die Aktivierung dieser

Struktur durch Wettbewerb“151 an und orientiert sich an den zuvor formulierten

Modernisierungsbereichen:

• Verhältnis zwischen Bürgern „politischen Gremien und der Verwaltung“.

• Personal und Organisation von Verwaltungen.

• Der Bürger als Kunde.

• Steuerung kommunaler Beteiligungen.

• Haushalts- und Rechnungswesen.152

147 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 9 148 Vgl. König 1997, S. 58 149 KGSt-Bericht 5/1993, S. 12 150 Vgl. Schöneich 1996, S. 5 151 KGSt-Bericht 5/1993, S. 15 152 Zur Erläuterung dieser Modernisierungsberichte sei auf Kapitel 3.5.2 dieser Arbeit verwiesen.

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Auf Basis der Ausgangslage und des Leitbildes entwirft die KGSt insgesamt sechs

Kernelemente, welche das „Neue Steuerungsmodell“ zur Steuerung öffentlicher

Verwaltung begründen.

3.4.3.2 Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells Die Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells sind:

• Klare Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung.

• Führung durch Leistungsabsprache statt durch Einzeleingriff („Kontraktmanagement“).

• Dezentrale Gesamtverantwortung in den Fachbereichen.

• Zentrale Steuerung neuer Art.

• Output-Steuerung der Verwaltung.

• Aktivierung der neuen Struktur durch Wettbewerb bzw. Wettbewerbssurrogate.

Ausgangspunkt des Neuen Steuerungsmodells ist eine grundlegende Veränderung

des Verständnisses politischer Aktivität, die mit der Tradition interessensorientierter

Engagements für bestimmte konkrete Politikbereiche bricht und politischen

Vertretungsorganen in ihrer Rolle darauf versucht zu beschränken, „die Unter-

nehmensphilosophie, Führungsstruktur und Rahmenbedingungen für eine optimale

Verwaltungsleistung festzulegen“ und im Weiteren „auf Basis entsprechender

Produktdefinitionen Ziele zu setzen und konkrete Leistungsaufträge zu erteilen.“

Darüber hinaus sollen die politischen Vertretungsorgane nicht mehr über einzelne,

konkrete Haushaltspositionen debattieren, sondern „den Fachbereichen der

Verwaltung Produktbudgets und Handlungsspielräume zur Erfüllung ihres Leistungs-

auftrages […] übertragen“ und „die Erfüllung der Leistungsaufträge laufend zu

kontrollieren und bei Kursabweichungen entsprechend gegenzusteuern.“153

Die Rolle der Verwaltung ist darauf beschränkt, den so definierten Leistungsauftrag

in Form konkreter Produkte154 auszufüllen, regelmäßig über den Stand der Auftrags-

153 KGSt-Bericht 5/1993, S. 16; vgl. hierzu auch: Banner 1993, S. 57ff. 154 Zur grundlegenden Definition von „Produkten“ im Sinne des Konzeptes vgl. KGSt-Bericht 8/1994

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erfüllung zu berichten und insgesamt die Verantwortung für das Arbeitsergebnis –

ähnlich der Arbeitstrukturen bei Auftragnehmer und Auftraggeber – zu tragen.155

Die bereits skizzierte Arbeitsteilung manifestiert sich in Form von Kontrakten über die

von den Fachbereichen der Verwaltung zu erzeugenden Produkte, in welchen die

Finanzziele und Handlungsspielräume geregelt und im Rahmen des Haushalts-

planbeschlusses fixiert werden. Die spezifischen Vereinbarungen, die auf „gegen-

seitigen Absprachen“ beruhen und dialogisch entwickelt werden, ersetzen das bisher

übliche Verfahren des Einzeleingriffs und sollen sich auch innerhalb der Verwaltung

wieder finden, damit Führungskräfte ebenfalls Leistungen, Budgets und Handlungs-

spielräume mit ihren Mitarbeitern absprechen und so Verantwortung übertragen

können.156 Banner formuliert in diesem Zusammenhang, dass die Führungskräfte als

Auftraggeber fungieren und das „Was“ der Leistungserbringung definieren, während

die Mitarbeiter der Verwaltung Entscheidungen über das „Wie“ der Leistungs-

erbringung eigenverantwortlich treffen.157

Die Gesamtverantwortung wird also weiter bis in die Fachbereiche und dort bis hin

auf die Mitarbeiterebene dezentralisiert. Hierzu sind organisatorische Veränderungen

sowohl im Aufbau als auch im Ablauf notwendig, um die Fach- und Ressourcen-

verantwortung auf Fachbereichsebene sowie den Aufbau eines zentralen

Steuerungs- und Controllingbereiches zu realisieren. Grundidee ist hierbei, dass eine

möglichst große Autonomie der einzelnen Fachbereiche und die damit verbundene

dezentrale Gesamtverantwortung Voraussetzung für die effektive und effiziente

Erzeugung der zuvor definierten Produkte ist. Dabei beinhalten die vorgesehenen

Globalbudgets sämtliche Leistungen, die zur Produkterstellung notwendig sind,

inklusive Leistungen Dritter oder entgeltpflichtige Leistungen anderer kommunaler

Organisationseinheiten.158 König formuliert in diesem Zusammenhang, dass die

Autonomie der Fachbereiche auf den Einsatz der Ressourcen Personal, Planstellen

155 Vgl. König 1997, S. 59 156 Vgl. König 1997, S. 59 157 Gleiches gilt für die Steuerung kommunaler Unternehmen, die als Tochterunternehmen im

Konzernmodell kommunale Aufgaben erfüllen. Banner 1993, S. 63 158 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 17

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und Geld bezieht, wobei die Ressourcen frei bewirtschaftet, untereinander

ausgetauscht oder in das nächste Haushaltsjahr übertragen werden können.159

Letztlich geht es mit der Realisierung der dezentralen Gesamtverantwortung darum,

weitgehend selbständige Leistungseinheiten innerhalb der Verwaltungsorganisation

und der Haushaltswirtschaft zu bilden und eine persönliche Ergebnisverantwortung

der einzelnen Mitarbeiter zu ermöglichen, um das Führungs- und Kreativitätspotential

der einzelnen Mitarbeiter bestmöglichst zu nutzen.160

Die Forderung nach einer „Zentralen Steuerung neuer Art“ erfordert an der

„Schnittstelle zwischen Fachbereichsebene und Politik“ die Einrichtung eines

zentralen Steuerungs- und Controllingbereiches, welcher der Verwaltungsführung

zugeordnet und für strategische Steuerungs- und Controllingfragen verantwortlich ist

und die Funktion eines „Konzernstabes“ erfüllt. 161 Aufgabe des zentralen

Steuerungsbereiches ist es, Transparenz herzustellen um die Steuerbarkeit durch

die politische Ebene zu verbessern und gleichzeitig Einzeleingriffe der Politik zu

reduzieren.162 Hierfür ist es notwendig, erforderliche Informationen für die

Zielsetzungs-, Steuerungs- und strategischen Planungsaufgaben bereitzustellen und

die strategische Koordination der Fachbereiche aus Sicht der Gesamtpolitik

abzubilden. Zu den weiteren Kernaufgaben einer zentralen Steuerung gehört die

Entwicklung sowie die Vollzugskontrolle von Leitlinien für die Bereiche Personal,

Organisation, Finanzen und Automation. Im Rahmen des Berichtswesens werden

hier die Leistungen der Fachbereiche überprüft und, auf dieser Basis sowie durch

Mobilisierung von Wettbewerb, die Steuerungsinstrumente ständig optimiert.163

Fünftes Kernelement ist die Umstellung der Verwaltungssteuerung von der bisher

praktizierten Input-Steuerung hin zur Output-Steuerung, denn eine wirksame

Verwaltungssteuerung ist nach KGSt-Einschätzung nur von der Leistungsseite her

möglich.164 Die hierfür notwendige Verknüpfung von Ressourceninput mit dem

159 König 1997, S. 60 160 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 19 161 Banner 1993, S. 65 162 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 20 163 Vgl. König 1997, S. 60f.; vgl. auch: Banner 1993, S. 65 164 Vgl. KGSt-Mitteilungen 22/95

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Leistungsoutput ist auf Grundlage des bisherigen Haushaltsrechtes nur schwer

möglich. Gleichzeitig reduziert das bisherige Haushaltsrecht die Einflussmög-

lichkeiten der politischen Ebene auf die Produkte. Um die Output-Steuerung zu

realisieren, ist es vielmehr notwendig, Einzelaktivitäten der Verwaltung zu

Leistungspaketen zusammenzuschnüren, wobei das primäre Kriterium der

Leistungsbündelung die politischen, strategischen Ziele der Kommune, die

Erwartungen der Bürger sowie eine möglichst eindeutige Kosten- und

Ergebnisverantwortung darstellen und nicht interne, organisatorische Gesichts-

punkte.165 Darüber hinaus muss für jedes Produkt festgelegt werden, welche Ziele

damit verfolgt werden, um hieraus die Detailgestaltung des Produktes – Menge,

Qualität, Zielgruppe, Kosten, Preis – abzuleiten. Durch die Schaffung von Produkt-

budgets, in welchen die gewünschten Ergebnisse der Verwaltungstätigkeit mit den

dafür zu budgetierenden Ressourcen verkoppelt sind, wird eine wirksame

Outputsteuerung entwickelt.166

Die Verbesserung der Steuerbarkeit der Verwaltung durch die hier skizzierten

Maßnahmen wird gekoppelt mit der Forderung nach Einführung eines Qualitäts-

managements, um Prozesse innerhalb der Kommunalverwaltung an die Erwartungen

der Bürger und der Wirtschaft anzupassen. So sollen z. B. Umfragen, die

systematische Auswertung von Beschwerden, die Nutzung von Verbesserungs-

vorschlägen der Mitarbeiter etc. helfen, eine „ganzheitliche Qualitätsorganisation zu

erreichen.“167

Als abschließendes Kernelement lässt sich die Aktivierung der neuen Struktur durch

Wettbewerb bzw. Wettbewerbssurrogate bezeichnen, um die Leistungsfähigkeit der

Kommunalen Verwaltungen zu erhöhen. Grundgedanke des Neuen

Steuerungsmodells ist hierbei, dass öffentliche Verwaltungen wie jedes andere

private Dienstleistungsunternehmen auch, die Herausforderung des Wettbewerbes

benötigt, um Spitzenleistungen zu erzielen.168

165 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 21 166 Vgl. König 1997, S. 61 167 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 22 168 Vgl. a.a.O., S. 23

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Dabei kommen neben dem direkten Wettbewerb mit privaten Anbietern auch

Wettbewerbssurrogate in Form eines interkommunalen Leistungs- und Betriebs-

vergleiches zum Einsatz, um aus hierdurch realisierten Produktivitätssteigerungen

finanzielle Handlungsspielräume zu gewinnen.

Fasst man die Intention der Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells

zusammen, lässt sich nach Reichard als Grundmotiv festhalten, dass „die dem

Bürokratiemodell inhärente rechtlich-normative und hierarchische Steuerung […] im

Neuen Steuerungsmodell durch eine dezentrale, wettbewerbsbetonte Anreiz-

steuerung überwunden werden [soll], die im Wesentlichen durch ergebnisbezogene

Rahmenvorgaben sowie kontraktuelles Handeln gekennzeichnet sind.“169

3.4.3.3 Kritik am Neuen Steuerungsmodell Während das Konzept der KGSt zunächst sinnvoll und in sich schlüssig erscheint,

lassen sich sowohl in der Modellierung des Konzeptes als auch in Realisierungs-

erfahrungen deutliche Defizite benennen. So führt v. a. die kritische Analyse der

Ergebnisse der Modernisierungsaktivitäten öffentlicher Verwaltungen zu dem

Schluss, dass die damit verbundenen Ziele, wenn überhaupt, meist nur ansatzweise

erreicht wurden. Dementsprechend hat eine nüchterne Betrachtungsweise der

Modelle die anfängliche Euphorie ersetzt.

Neben differenzierter Kritik an den Grundannahmen, den Zielen und Ansatzpunkten

des Modells und seiner konzeptionellen Ausgestaltung, lässt sich grundsätzlich

konstatieren, dass zahlreiche Kommunen das Beharrungsvermögen der Strukturen

und das damit einhergehende Misstrauen gegenüber Veränderungen seitens der

politischen Ebene und der Mitarbeiter unterschätzt haben.170

169 Reichard 1994, S. 51 170 Vgl. Schöneich 1996, S. 17

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Abb. 13: Kritik am Neuen Steuerungsmodell171

3.4.3.3.1 Überbetonung ökonomischer Parameter Laux stellt die Frage nach der Richtung der Verwaltungsmodernisierung

grundsätzlich und führt aus, dass die Umdeutung der Kommunalverwaltungen aus

dem Vektor eines einzigen Erklärungsmusters, nämlich des Unternehmens, weder

theoretisch vertretbar noch praktisch wirksam ist.172 Schöneich ergänzt hierzu, dass

die Fokussierung auf rein ökonomische Parameter sowohl die „Individualität einer

jeden Kommune und die Besonderheiten kommunalen Handelns, wo das

Demokratiegebot, das Sozialstaatsgebot, die Rechtsstaatlichkeit und die Geltung des

Gleichheitssatzes absoluten Vorrang vor allen Steuerungsfragen“173 haben,

missachtet und daher nicht erfolgversprechend ist. Daher kann es nicht darum

gehen, die bisher gültigen Handlungskriterien der politischen und bürokratischen

Steuerung durch die vollständige Hinwendung zur ökonomischen Rationalität

aufzugeben. Vielmehr muss nach Pinkwart das „überwiegend betriebswirtschaftlich

fundierte Steuerungsmodell stärker auf die Besonderheiten und spezifischen

Problemstellungen politisch gesteuerter öffentlicher Verwaltungsbetriebe zuge-

schnitten werden.“174 Daher dürfen die politischen Prozesse nicht einfach durch

privatwirtschaftliche Steuerungsinstrumente ersetzt, sondern lediglich durch diese

wirksam unterstützt werden. Dabei sollte als Grundsatz gelten, dass die konstitutiven

171 Eigene Abbildung 172 Vgl. Laux 1995, S. 242ff. 173 Schöneich 1996, S. 5 174 Pinkwart 2000, S. 11

Kritik am Neuen Steuerungsmodell

• Überbetonung ökonomischer Parameter

• Konzeptionelle Fehlannahmen

• Inhaltliche Fehlannahmen

• Informationsungleichgewicht zwischen Rat und Verwaltung

• Modellkomplexität

• Fehlende Vorraussetzungen

• Dezentrale Ressourcenverantwortung

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Elemente einer demografischen Gesellschaftsordnung nicht als lästige Hindernisse

effektiven Managementhandelns verstanden werden.175

Die Handlungskriterien für einen erfolgreichen Reformprozess beziehen sich damit

auf die drei Bereiche formale, politische und ökonomische Rationalität. Dabei richten

sich die formalen Handlungskriterien nach dem Bürokratiemodell an stets

nachprüfbaren, festen Regeln und Gesetzen aus und die politischen Handlungs-

kriterien an Konsensfähigkeit und Durchsetzbarkeit. Demgegenüber richten sich bei

Anwendung ausschließlich ökonomischer Steuerungssysteme Handlungen am

ökonomischen Prinzip aus.

Im Gegensatz zu Unternehmensentscheidungen, die einem ökonomischen Rationali-

tätskriterium folgen, orientieren sich „Verwaltungsentscheidungen an unterschied-

lichen Kriterien, welche zudem noch in ihrem Stellenwert situativ sind und

problembezogen häufig schwanken.“176

3.4.3.3.2 Konzeptionelle Fehlannahmen Neben der dargestellten grundsätzlichen Kritik an der an ökonomischen Kriterien

orientierten Konzeptionierung des Modells unterliegt sie der Annahme, dass in einer

neuen „Steuerung“ der Kern zur Lösung der Problemlagen zu finden ist. Auf dieser

Basis gestaltet sich das Konzept als technokratisch-instrumenteller Ansatz aus der

impliziert, dass die Probleme der öffentlichen Verwaltung primär durch die

Implementierung eines neuen Systems zu lösen sind. Hiermit lässt der Ansatz die

handelnden Personen weitgehend außer Acht.177

3.4.3.3.3 Inhaltliche Kritik Inhaltlich bleibt zu bemängeln, dass die modellinhärenten Forderungen nach

„Führung durch Leistungsabsprachen" oder der outputorientierten Steuerung ohne

breiten Konsens über Art und Qualität der Verwaltungsleistungen, also ihrer

„Produkte", voraussetzen.

175 Pinkwart 2000, S. 11f. 176 Reichard 1993, S. 117 177 Schöneich 1996, S. 5

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Neben dem zur detaillierten Definition der Produkte zu betreibendem Aufwand ist

deren Abstraktheit und Praxisferne kritikwürdig. Daneben stellt sich die geforderte

„klare Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung" in der Praxis

meist als unrealisierbar dar, da hierdurch den politisch Handelnden völlig neue

Rollen, die mit jahrzehntelangen Traditionen der politischen Gremienarbeit brechen,

zuweist. Gerade „dieses sensible Verhältnis" zwischen Verwaltung und Politik

markiert Schöneich als zentralen Kritikpunkt am Neuen Steuerungsmodell.178

Banner bezeichnet die im Konzept „angestrebte Trennung zwischen einer

überwiegend strategischen Ausrichtung des Rates und einer auf operativer Ebene

weitgehend autonom agierenden Verwaltungsführung" als nach wie vor virulentes

konzeptionelles Problem der laufenden Verwaltungsmodernisierung, denn die

Trennlinie für die strikte Verantwortungs- und Zuständigkeitsabgrenzung zwischen

Rat und Verwaltungsführung zu finden, die ursprünglich den Mandatsträgern

ermöglichen sollte, sich auf bedeutsame Fragen zu konzentrieren, ist eine Frage

„von hoher Komplexität."179

3.4.3.3.4 Informationsungleichgewicht zwischen Rat und Verwaltung Zwischen den – meist ehrenamtlichen – politischen Mandatsträgern und der

Verwaltung entstehen Informationsungleichgewichte, die einer konzeptions-

konformen Verantwortungsaufteilung wenig förderlich sind.

So stellt Pinkwart fest, dass die „politischen Vertreter in den meisten Reform-

kommunen häufig nur unzureichend über die geplanten Änderungsschritte

informiert"180 werden. So entstehen erhebliche Defizite bei der Beteiligung der Politik

an den Reformprozessen, die durch empirische Ergebnisse belegt werden.181

Die ungleiche Informationsverteilung verschärft sich im Weiteren, denn die

Verwaltung ist in der Regel erheblich besser über die Erfolgsaussichten ihrer

Aktivitäten und die Mittelverwendung informiert als die Politik und verfügt "auf Grund

178 Schöneich 1996, S. 18 179 Vgl. Banner 1997, S. 129f. 180 Pinkwart 2000, S. 9 181 Vgl. Pinkwart 1996, S. 383ff.

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ihres Herrschaftswissens [über] einen systematischen Informationsvorsprung."182

Problematisch ist hierbei, dass die Verwaltung diesen Informationsvorsprung, nach

Genehmigung ihres Budgets, zu Lasten der Politik ausnutzen und damit eigene Ziele

verfolgen kann, da der Anreiz der Beschäftigten im Rahmen der Erfolgsorientierung

zunimmt, auch risikobehaftete Aktivitäten zu entfalten.

So wächst mit dem zunehmenden Freiheitsgrad der Verwaltung das „moral hazard",

das moralische Risiko, bei welchem die Politik das Risiko zwar mittragen muss, nicht

aber im gleichen Maße wie die Verwaltung am Erfolg partizipiert.183

3.4.3.3.5 Modellkomplexität

Die Komplexität des Modells führt in der Umsetzung dazu, dass eine große Zahl von

Städten, Gemeinden und Landkreisen mit praktischen Reforminitiativen „auf

Modellbasis experimentieren. D.h., dass das Modell zwar als übergeordneter

programmatischer Orientierungsrahmen" dient, als ganzes aber nicht mit allen

Einzelelementen zur Anwendung kommt. Dabei sind die Ansatzpunkte in den

Kommunen unterschiedlich und in Folge eine unüberschaubare Vielzahl von

verschiedenen Ansätzen und Reformvorhaben zu finden. Für den Erfolg der

Reformbemühungen ist jedoch nicht nur die Ausgestaltung einzelner, individuell

priorisierter Ansatzbereiche, sondern die Ausgewogenheit in der Umsetzung

aufgrund des „wechselseitigen Wirkungszusammenhangs" von Bedeutung:

Die jeweilige Ausgestaltung eines Bereiches hat Rückwirkungen auf die anderen

Reformbereiche.184

Allerdings konzentrieren sich die modellorientierten Reformvorhaben überwiegend

auf größere Städte. Kleinere und mittlere Kommunen bleiben weitgehend außen vor,

so dass man bei dem Neuen Steuerungsmodell nicht von einem Modell für den

gesamten kommunalen Sektor mit allgemeingültigen Lösungsansätzen der

Problemlagen öffentlicher Verwaltungen ausgehen kann.185

182 Pinkwart 2000, S. 10 183 A.a.O., S. 10f. 184 Vgl. a.a.O., S. 19 185 Vgl. König 1997, S. 62f.

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Insgesamt haben die Reformansätze nach Einschätzung der KGSt mittlerweile einen

kritischen Realisationsgrad erreicht, von dem aus unterschiedliche Entwicklungs-

pfade denkbar erscheinen. Bei ihren Reformbemühungen können die Kommunen

jedoch mit herkömmlichen Mitteln nur noch begrenzte Erfolge erzielen.186

3.4.3.3.6 Fehlende Voraussetzungen für Konzeptinhalte

Die kommunalen Reformbemühungen haben gezeigt, dass zentrale Elemente des

Neuen Steuerungsmodells bei ihrer Einführung „zunächst erhebliche strukturelle

Rahmenbedingungen etwa im haushaltsrechtlichen, aber auch im aufgaben-

strukturellen Bereich (z. B. die organisatorische Programmierung durch zentrale

Gesetzgebung) zu überwinden haben."187 In der Folge lässt sich konstatieren, dass

eine Vielzahl von Städten und Gemeinden prioritär die gegebenen Handlungs-

spielräume im Personalbereich ausschöpfen und auf eine als notwendig erachtete

Änderung des Verhaltens der einzelnen Mitarbeiter in Richtung unternehmerisches,

persönlich verantwortliches Verhalten zielen.188 Personalentwicklungsinhalte sind so

auf „betriebswirtschaftlichen Sachverstand"189 reduziert und beinhalten Themen wie

Controlling, doppelte Buchführung, Kosten- und Leistungsrechnung etc.

Das dabei zu Grunde liegende Mitarbeiterbild hat jedoch wenig mit einem

ganzheitlichen Arbeitsplatzprofil zu tun. Vielmehr nimmt das Neue Steuerungsmodell

„für sich in Anspruch, jenseits der technisch-betriebswirtschaftlichen Verwaltungs-

modernisierung im Rahmen des Übergangs von der Behörde zum Dienstleistungs-

unternehmen auch einen Wandel der Mitarbeiter"190 zu bewirken, die Bischoff

/Reichard als Wandel vom Beamten zum Manager191 beschreiben.

186 Vgl. KGSt-Info 1999, S. 145f. 187 König 1997, S. 69 188 Vgl. Reinermann 1995, S. 41 189 König 1997, S. 69, zur näheren Beschreibung der damit verbundenen Inhalte vgl. auch: Öchsler

1994, S. 23ff. 190 König 1997, S. 69 191 Bischoff/Reichard 1994

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3.4.3.3.7 Dezentrale Ressourcenverantwortung Durch die Dezentralisierung der Ressourcenverantwortung und der damit

verbundenen Notwendigkeit zur Budgetierung werden v. a. Effizienzziele verfolgt. Sie

dokumentiert so nachdrücklich den Motor der Reformbemühungen: Im Wesentlichen

ist die Finanzknappheit der Kommunen als Ausgangspunkt der Transformation

öffentlicher Verwaltungen zu sehen. Eindrucksvoll bestätigt wird dies durch die

Ergebnisse einer frühen Umfrage des Deutschen Städtetags: Über 80% der

befragten Städte gaben hierbei die aktuelle Finanzkrise als wichtigsten Grund zur

Verwaltungsreform an. Hauptziel ist dementsprechend die Umgestaltung der

Verwaltung zu einem effizienten Dienstleistungsunternehmen.192

Die Idee der dezentralen Wahrnehmung von Verantwortung stößt durch den bisher

praktizierten politischen Ansatz der Verwaltungssteuerung mit einem eher

„intransparenten, taktisch motivierten, [...] kurzfristigen, an Wiederwahlterminen

orientierten, schrittweisen Entscheidungsverhalten"193, welches im Ergebnis durch

rigide Arbeitsteilung, strenge Hierarchisierung und bürokratischen Zentralismus zu

einem "System organisierter Unverantwortlichkeit"194 geführt hat. Aufgrund der

komplexen Steuerungsproblematik bleibt festzuhalten, dass viele Problemlagen erst

mit weiterem Voranschreiten des Reformprozesses sichtbar werden. Empirische

Studien zeigen zudem, dass das „Tilburger Aufsichtsratmodell", welches Grundlage

deutscher Reformkonzepte ist, dem kommunalen Sektor in Deutschland nicht

gerecht wird.195 Jedoch kann nur eine in sich konsistente Verwaltungskultur zu einer

erfolgs-wirksamen Identität des gesamten Verwaltungsbetriebes führen. Sind

hingegen Werte und Normen durch Widersprüche gekennzeichnet oder läuft die

Strategie den Werten und Normen zuwider, wirkt sich das nachteilig auf den

Reformprozess aus. 3.4.3.4 Ansätze zur Weiterentwicklung des Neuen Steuerungsmodells

Die dargestellten kritischen Positionen zum Neuen Steuerungsmodell unterstreichen

die Notwendigkeit von veränderten Ansätze in der Verwaltungsmodernisierung, die

192 Vgl. Schöneich 1996, S. 10 193 Reichard 1993, S. 117 194 Pinkwart 2000, S. 11 195 Vgl. Pinkwart 1996, S. 385

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über die „bloße Einführung des von der KGSt vorgeschlagenen, primär an

betriebswirtschaftlichen Kriterien"196 ausgerichteten Modells hinausreichen. Eine

Vielzahl der ursprünglichen Veränderungsziele wie etwa die Kundenorientierung, die

Steigerung der Dienstleistungsqualität, die Mobilisierung der Mitarbeiter, das

Ausschöpfen der stillen Produktivitätsreserven, die Schaffung flexibler Arbeitsstruk-

turen oder die Etablierung funktionierender betriebs-wirtschaftlicher Steuerungs-

instrumente wurden in der Vergangenheit meist nur punktuell erreicht. Gleichzeitig

führen die oftmals radikalen organisatorischen Veränderungsinitiativen oftmals zu

kontraproduktiven Nebeneffekten. Ebenso wandeln sich „die aufgelösten Ämter einer

Stadtverwaltung nicht per se zu Wirtschaftsbetrieben und die Mitarbeiter [...] nicht zu

Managern oder Unternehmern."197

Gustmann, Referent der KGSt, räumt die Schwachpunkte des Neuen Steuerungs-

modells ein, wonach dieses „technokratisch, seelenlos und unpolitisch“ sei, und

entwickelt das Modell in Richtung „Bürgerkommune“ weiter.198 Hilbertz,

Vorstandsmitglied der KGSt ergänzt, dass „das Zusammenwirken von Bürgern,

Politik und Verwaltung […] bewusst in das tägliche Verwaltungshandeln und in die

Verwaltungsreform einbezogen werden“ 199 muss. Bisher zielte das Neue

Steuerungsmodell und die mit ihm initiierten Veränderungen, so Hilbertz in anderem

Kontext selbstkritisch, vorwiegend auf das „operative Geschäft“ und „Verwaltungs-

reform, die Politik jedoch oftmals am Rande des Geschehens stand.“200 Er empfiehlt

ein strategisches Management, um im Miteinander von Politik und Verwaltung

Bürgerzufriedenheit, Effektivität und Effizienz der Kommunen nachhaltig zu

verbessern, wobei die Kommunikation und Kooperation der Politik und Verwaltung

mit den Bürgern in den Mittelpunkt rückt, die „fester Bestandteil aller kommunalen

Überlegungen und Aktivitäten und besonders des strategischen Managements sein

muss.“201

196 König 1997, S. 73 197 Hirschfelder/Lessel 1994, S. 353 198 Gustmann 2000, S. 12 199 Hilbertz 21/2000, S. 166 200 Hilbertz 22/2000, S. 173 201 A.a.O., S. 174

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Während also das Neue Steuerungsmodell vorwiegend mit einer verwaltungs-

internen Perspektive verbunden war, strebt die KGSt eine „Renaissance der

Kommunalentwicklung“ an, für welche „effektive Entscheidungsstrukturen und neue

Formen der Kommunikation zu entwickeln“ sind.202

202 Plamper 1999, S. 218

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4 Phasenmodelle des Veränderungsprozesses

Grundlegend lassen sich Phasenmodelle als Versuche charakterisieren, Orien-

tierung, Vergleichsmöglichkeiten und „Etappenziele“ von Veränderungsprozessen

abzubilden. Die so aufgezeigten Gesetzmäßigkeiten bzw. typischen Dynamiken von

Veränderungsprozessen bieten im Veränderungsprozess Sicherheit und dienen nach

Heitger/Doujak als Checkliste bzw. Reiseplan, so dass man bei Bedarf „schnell

einmal nachsehen“ kann, ob nichts übersehen wurde.203

Generell sind Modelle dabei als ein vereinfachtes Abbild der viel komplexeren

Wirklichkeit zu sehen. Sie geben einen Handlungsrahmen, der hervorhebt, was als

typisch in den einzelnen Phasen gilt. Die Ausgestaltung der einzelnen Phasen

bezüglich Zeiteinsatz, Methoden, Arbeitsformen, usw. differiert z.T. erheblich, da

organisationsspezifische Umstände und Besonderheiten berücksichtigt werden

müssen. Deren Ausprägungsvielfalt lässt sich nicht in universell nutzbaren Modellen

abbilden. Trotzdem erlauben es Phasenmodelle, z.B. Zwischenziele in Prozessen zu

formulieren, das Erreichte zu reflektieren und nächste Schritte zu planen.204

Veränderungsprozesse lassen grundsätzlich in typische, klar voneinander

unterscheidbare Phasen einteilen, die jeweils auf die vorangegangenen Phasen

aufbauen. Dabei kann jede Phase unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden.

Einerseits nach dem sachlogischem Vorgehen, d. h. der rein organisatorischen

Methodik und andererseits nach den emotionalen Vorgängen, d. h. der psycho-

logischen Prozessgestaltung. Beide Gesichtspunkte gelten als wichtige Variablen für

den Erfolg.205

203 Vgl. Heitger/Doujak 2002, S. 227 204 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 2000, S. 87ff. 205 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 91

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4.1 Ausgangspunkte für Veränderungsmodelle

Ausgangspunkt für die Darstellung von Phasenmodellen sind Ansätze, die sich

grundsätzlich mit sozio-emotionalen Normen der Veränderung befassen. Zum Einen

ist dies der Ansatz des Kulturwandels in der Gesellschaft nach dem Veränderungs-

zyklus von Dyer und zum Anderen das organisatorische Verhaltensmuster in

Veränderungsprozessen nach Kostka/Mönch.

4.1.1 Modell des Kulturwandels Abb. 14: Modell des Kulturwandels206

Nach Dyer folgt einer Krise das Bewusstsein für die Notwendigkeit nach einer

Veränderung (1.). Parallel hierzu werden stabilisierende Elemente geschwächt und

es tritt vermehrt Verunsicherung auf, da bisherige Riten und Symbole im Zeichen der

Krise an Glaubwürdigkeit verlieren (2.). Daraufhin treten Schattenkulturen in der

Organisation hervor. Eventuell werden neue Führungspersönlichkeiten von außen

berufen, die neue Orientierungsmuster aufbauen sollen (3.). Im Weiteren entstehen

206 Eigene Abbildung, basierend auf Dyer 1985, S. 211

1. Die herkömmlichen Interpretations- und Handlungsmuster führen in die Krise.

2. Es tritt Verunsicherung ein. Die Symbole und Riten verlieren an Glaubwürdigkeit.

3. „Schattenkulturen“ treten hervor oder eine neue

Führungsmannschaft versucht, neue Orientierungs-muster aufzubauen.

4. Alte und neue Kulturen kommen in Konflikt.

5. Wenn es unter der neuen Führung gelingt, die Krise zu meistern, werden die neuen Orientierungs-muster akzeptiert.

6. Eine neue Kultur entfaltet sich.

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Konflikte zwischen alten und neuen Prämissen (4.). Stellen sich durch die neue

Orientierung Erfolge ein, werden neue Orientierungsmuster akzeptiert (5.) und es

entfaltet sich nach und nach eine neue Kultur (6.) in der Organisation.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass der von Dyer skizzierte Prozess weit komplexer

ist als hier dargestellt, u.a. auch deshalb, weil meist parallel eine Umverteilung der

Ressourcen erfolgt. Zudem kann es vorkommen, dass die Symbolfiguren der alten

Kultur eine Ab- und Gegenwehrverhalten zeigen und die Sinnhaftigkeit des Neuen

bezweifeln.207

4.1.2 Organisatorische Verhaltensmuster in Veränderungsprozessen Gegenstand des organisatorischen Verhaltensmusters ist die Frage, wie ein höheres

Leistungsniveau innerhalb der Organisation erreicht werden kann.

Abb. 15: Verlaufskurve der wahrgenommenen eigenen Kompetenz in Veränderungsprozessen208

207 Vgl. Dyer 1985, S. 211 208 Eigene Darstellung auf Basis von Kostka/Mönch 2002, S. 12, vgl. auch Schmidt-Tanger 1998, S.

39ff.

Zeit

wahrgenommene eigene Kompetenz

1. Schock

2. Ablehnung

3. Rationale Einsicht

4. Emotionale Akzeptanz

5. Lernen 6. Erkenntnis

7. Integration

Zeit

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Hierbei werden Verhaltensmuster von Individuen auf Organisationen übertragen,

wodurch sich sieben typische Phasen ergeben, die beschreiben, wie Beteiligte

Veränderungen erleben. Die Abbildung zeigt auch hier einen idealtypischen Verlauf.

In der Praxis kann die Dauer einzelner Phasen variieren: Manche Phasen dauern nur

Sekunden, andere dafür u.U. Jahre.209

In Phase 1 (Schock, Überraschung) werden die Mitarbeiter mit für sie unerwarteten

Rahmenbedingungen (z. B. schlechte Geschäftsergebnisse) konfrontiert.210 Typisch

für diese Phase ist das Gefühl, vor den Kopf gestoßen zu sein, verbunden mit

Erstarrung und der Frage, wie auf die neuen Anforderungen zu reagieren ist. Hierbei

sinkt die wahrgenommene eigene Kompetenz, denn Mitarbeiter bekommen

vermittelt, dass sich bisherige Verhaltensweisen wenig für neue Herausforderungen

eigenen. Nach dem Schockzustand versuchen die Mitarbeiter in Phase 2

(Verneinung, Ablehnung) durch ihr Verhalten zu untermauern, dass die Veränderung

nicht durchgeführt werden muss bzw. überflüssig ist. Als typische Reaktion gilt: „Das

kann doch nicht sein, wir haben es doch bisher immer richtig gemacht.“ Die

wahrgenommene eigene Kompetenz steigt wieder, weil keine Einsicht in die

Notwendigkeit der Veränderung besteht. 211

In Phase 3 (Rationale Einsicht) erkennen die Mitarbeiter, dass ihre ablehnende

Haltung gegenüber der Veränderung nicht das erwünschte Resultat bringt und

akzeptieren die Notwendigkeit zur Veränderung. Ihre wahrgenommene eigene

Kompetenz sinkt, denn ihnen ist unbekannt, welche Verhaltensweisen anzuwenden

sind. Meist suchen sie nach Lösungen, die eher kurzfristigen Erfolg versprechen.

Damit werden aber nur die Symptome behandelt. Die innerlichen Auseinander-

setzung mit anstehenden Veränderungen steht noch aus, das heißt, die Bereitschaft,

eigene Verhaltensweisen grundsätzlich zu überdenken, ist noch nicht vorhanden.

Die 4. Phase (Emotionale Akzeptanz) leitet entscheidende Wendungen ein. Am

tiefsten Punkt, dem „Tal der Tränen“212, erfolgt die Einsicht, dass sich auch im

209 Vgl. Schmidt-Tanger 1998, S. 48 210 Vgl. Kostka/Mönch 2002, S. 12 211 Vgl. A.a.O. 2002, S. 12 212 Schmidt-Tanger 1998, S. 43

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eigenen Bereich etwas verändern muss. Diese Einsicht beinhaltet, dass die

Veränderung nicht nur verstanden, sondern i. d. R. auch emotional akzeptiert wird.

Mitarbeiter nehmen Abschied von gewohnten Verhaltensweisen und beginnen sich

neu zu orientieren. Während die Einschätzung der wahrgenommenen eigenen

Kompetenz auf das niedrigste Niveau sinkt, wächst die Bereitschaft für einen

Lernprozess.

Die Neugier auf Neues in Phase 5 (Ausprobieren, Lernen) lässt die Mitarbeiter neue

Handlungs- und Verhaltensweisen erlernen und anschließend ausprobieren. Durch

das kontinuierliche Üben und Probieren steigt die wahrgenommene eigene

Kompetenz wieder an. Mit dem Lernen und dem anschließenden Ausprobieren sind

nicht nur Erfolge verbunden; auch Misserfolge und Rückschläge gehören dazu. Die

Mitarbeiter sammeln durch das Üben mehr und mehr Informationen darüber, wann

welche Verhaltensweisen erfolgsversprechend sind. Die Folge daraus ist in Phase 6

(Erkenntnis) die Erweiterung des eigenen Verhaltensrepertoires und der Beginn der

Integration in den Alltag.213 Dies steigert Selbstvertrauen und die wahrgenommene

eigene Kompetenz.

In Phase 7 (Integration) integrieren die Mitarbeiter neue Handlungs- und

Verhaltensweisen mehr und mehr in den Alltag; sie werden als selbstverständlich

erachtet, unbewusst vollzogen und steigern die wahrgenommene eigene Kompetenz.

4.2 Ausgewählte Modelle

Im Folgenden werden ausgewählte Phasenmodelle dargestellt und erläutert.

4.2.1 Das 3-Phasen-Modell nach Lewin

Einer der Pioniere auf dem Gebiet der Organisationsentwicklung ist der Soziologe

Kurt Lewin (1890-1947). Seiner Grundannahme zufolge verändert sich eine

Organisation, wenn sich die Personen darin verändern. Deshalb übertrug er Ansätze

der Individualpsychologie auf Gruppen und größere soziale Gefüge. In diesem

213 Vgl. a.a.O., S. 40ff.

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Phasenmodell von Lewin wird von drei unterschiedlichen Stadien eines Verän-

derungsprozesses ausgegangen:214

Abb. 16: 3-Phasen-Modell nach Lewin215 In Phase 1 (Auftauen „unfreezing“) können mögliche Anstöße für ein

„Auftauprozess“ sowohl von innen (z. B. durch eine Fehleranalyse oder neue

Mitarbeiter) als auch von außen (z. B. Marktanteilseinbußen, öffentliche Kritik am

Unternehmen) kommen. Um Einstellungs- und Verhaltensänderungen zu

ermöglichen, muss das System seinen Gleichgewichtszustand aufgeben und eine

Bereitschaft zur Veränderung heraus bilden, d. h. „auftauen“. Dabei wird man bei den

Beteiligten auf Widerstand treffen. In Phase 2 (Übergangsphase „moving“) findet

die Bewegung bzw. Veränderung statt. Neue Verhaltensweisen bilden sich heraus

und werden ausprobiert mit dem Ziel, ein höheres Leistungsniveau zu erreichen.

214 Vgl. Neumann 2004, S. 16f. 215 Eigene Abbildung, basierend auf a.a.O., S. 20; vgl. auch: Czichos 1993, S. 432

Der Veränderungs-bedarf ist erkannt.

Das Neue wird bekannt gemacht und propagiert.

Gruppe und einzelne

Individuen probieren das

Neue aus.

Das Neue wird durch Erfolg verstärkt und übernommen oder wegen Misserfolg

aufgegeben.

Auftauen „unfreezing“ Übergangsphase

„moving“

Neu einfrieren „refreezing“

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Wenn sich durch die neue Orientierung zukünftige Wettbewerbs- und Erfolgsfaktoren

generieren lassen, werden diese übernommen und in Phase 3 (Einfrieren

„refreezing“) durch die Stabilisierung und Integration in der Unternehmenskultur

verankert. Dies ist notwendig, damit bei nachlassendem Veränderungsdruck nicht

wieder der Ausgangszustand eintritt.216

Das 3-Phasenmodell geht davon aus, dass Organisationen grundsätzlich einen

stabilen Gleichgewichtszustand anstreben, während Phasen der Veränderungen

eher die Ausnahme bilden. Jede Veränderung bzw. Störung des Systems erfordert

so einen dynamischen Ausgleich, um das System wieder in einen Gleichgewichts-

zustand zu bringen.

4.2.2 Der 8-Stufen-Veränderungsplan nach Kotter Kotter sieht Organisationen in der heutigen, sehr unbeständigen Wirtschaftswelt

einem ständigen Anpassungsdruck ausgeliefert. Veränderungen sind notwendig, um

Risiken zu vermeiden und Chancen gegenüber Konkurrenten zu nutzen. Während

der Durchführung entsprechender Maßnahmen sind jedoch oft schwerwiegende

Fehler zu beobachten. Kotter erklärt dieses Phänomen durch Defizite in der

Vergangenheit: Transformationsprobleme waren in früheren Zeiten eher von

sporadischer Natur, da der Wettbewerb weniger global und das Wirtschaftsumfeld

eher statisch ausgelegt waren.217 Viele Akteure besitzen daher kaum

Erfahrungswerte mit Veränderungsprozessen, auf die zurückgreifen können.

Im Weiteren entwickelt Kotter in seinem Buch Leading Change zwei wichtige

Verhaltensmuster für erfolgreiche Umsetzungen:

1. Sinnvoller Wandel vollzieht sich in einem mehrstufigen Prozess.

2. Die Steuerung muss durch erstklassige Führungskräfte erfolgen, um

den Prozess effizient umsetzen zu können.218

216 Vgl. Becker/Langosch 1995, S. 64 217 Vgl. Kotter 1997, S. 34 218 Vgl. a.a.O., S. 37

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Erfolgreiche Transformationsmethoden basieren also auf der grundlegenden

Einsicht, dass tiefgreifender Wandel nur durch umfangreiche Bemühungen zu

bewerkstelligen ist. Aufbauend auf dem Phasenmodell von Lewin219 bietet Kotter

hierzu einen Stufenplan an, der alle Schritte zusammenfasst, die eine Organisation

für einen erfolgreichen Wandel zu durchlaufen hat. Der Prozess umfasst 8 Phasen,

von denen laut Kotter jede mit einer der acht grundlegenden Fehleinschätzungen,

welche den Erfolg von Transformationsbestrebungen verhindern, assoziiert ist.220

Abb. 17: 8-Stufen-Prozess für die Umsetzung tief greifenden Wandels221

Kotter verweist dabei auf die Notwendigkeit, dass zur Gestaltung eines tief

greifenden Wandels alle acht Stufen komplett durchlaufen werden müssen: „Das

Überspringen einzelner Abschnitte schafft lediglich die Illusion von raschem

Fortschritt und führt nie zu einem befriedigenden Resultat.“222 Dabei stellen die

Phasen eins bis vier Aufwärm- oder Auflockerungsaktivitäten dar, die wesentliche

Grundlagen für nachfolgende Schritte implizieren.223 Sie schaffen eine solide Basis

219 Vgl. Kap. 4.2.1 dieser Arbeit 220 Vgl. Kotter 1997, S. 37 221 Eigene Abbildung, basierend auf a.a.O., S. 67 222 Vgl. a.a.O., S. 21 223 Vgl. a.a.O., S. 41

1. Gefühl von Dringlichkeit erzeugen

2. Führungskoalition aufbauen

3. Entwicklung einer Vision und Strategie

4. Visionen des Wandels kommunizieren

5. Empowerment auf breiter Basis

6. Kurzfristige Ziele festsetzen

7. Erfolge konsolidieren, weitere Veränderungen ableiten

8. Neue Ansätze in der Unternehmenskultur verankern

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als Ausgangspunkt für die nächsten Schritte. Die Betroffenen erhalten so die

Gelegenheit, innerlich zu wachsen und sich mit dem Wandel anzufreunden.224

4.2.2.1 Gefühl von Dringlichkeit erzeugen Um Kooperationsbereitschaft für weitere Vorhaben zu erhalten, ist es entscheidend,

dass Bewusstsein für die Dringlichkeit des Veränderungsbedarfes bei allen

beteiligten Personen zu wecken. Bereits dieser erste Schritt birgt Gefahren, denn

häufig fehlt in der Organisation das Gespür für Krisen, da sich innerbetriebliche

Vorgaben auf falsche Leistungsindizes wie zurückliegende Erfolge konzentrieren. So

zeigen nur wenige Menschen Interesse daran, sich mit Wandel auseinander zu

setzen, wenn keine sichtbare Bedrohung der Unternehmenslage begründet ist. Das

Bewusstsein für die Dringlichkeit muss daher von der Führungskoalition erzeugt

werden, z. B. durch die Formulierung ehrgeiziger Ziele, die den Status quo

erschüttern. Die Identifikation mit neuen Zielen wird erleichtert, wenn diese mit den

Grundwerten der Organisation korrespondieren. Fehlt bereits zu Beginn des

Veränderungsvorhabens die Einsicht in die Notwendigkeit, sind Projekterfolge

nachhaltig gefährdet.

Die erste Phase hat zusammenfassend zum Ziel, durch die Erzeugung von

Dringlichkeit die Grundlage für ein handlungsfähiges Führungsteam zu schaffen und

eine Fokussierung auf eine gemeinsame Mission herzustellen. Hierzu ist es hilfreich,

externe Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn Kunden und Lieferanten können bspw.

die Notwendigkeit von Veränderungen objektiver bewerten und so der Gefahr

vorbeugen, organisationsintern die Realität herunterzuspielen.225

4.2.2.2 Eine Führungskoalition aufbauen Die zweite Phase ist der Zusammenführung starker Führungspersönlichkeiten zu

einer kompetenten Gruppe gewidmet. Eine starke Führungskoalition mit der richtigen

Struktur, Vertrauensbasis und gemeinsamen Zielen ist innerhalb eines

Veränderungsprozesses unverzichtbar.226 Autorität, Sachkenntnis, Glaubwürdigkeit

sowie Management- bzw. Führungsfertigkeiten qualifizieren nach Kotter zu

224 Vgl. Kotter 1997, S. 251 225 Vgl. a.a.O., S. 67 226 Vgl. a.a.O., S. 76

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Führungspersönlichkeit und sind Grundlage einer effizienten Führungskoalition.227

Um einen nachhaltigen Erfolg von Veränderungsprozessen zu gewährleisten, muss

das Vertrauen z. B. durch regelmäßige Meetings, Gespräche und gemeinsame

Aktivitäten innerhalb der Gruppe gefördert werden.228

4.2.2.3 Eine Vision und eine überzeugende Strategie entwickeln Eine Vision hat die Kraft, ein Bild der Zukunft mit einer deutlichen Botschaft sowie

Richtung zu verknüpfen und zu begründen, warum sich Menschen um die

Umsetzung dieser Vorstellung bemühen sollen. Kotter nennt hierbei drei wichtige

Eigenschaften einer Vision: Erstens stellt die Vision eine generelle Richtung des

Wandels dar und vereinfacht so detaillierte Entscheidungen. Zweitens motiviert sie

die Menschen, Schritte in die richtige Richtung zu gehen, auch wenn diese zu Beginn

schmerzvoll sein mögen. Und drittens ermöglicht die Vision durch ihre Transparenz

eine effiziente Koordination von Handlungen unterschiedlicher Personen und richtet

diese auf ein gemeinsames Ziel aus.229

4.2.2.4 Visionen des Wandels kommunizieren Die vierte Phase dient der Verstärkung der Dringlichkeit durch die Verbreitung der

zuvor formulierten Vision innerhalb der Organisation. Es gilt, z. B. die Verwendung

von Metaphern, Analogien und durch Beispiele die Botschaft der Vision allen

Akteuren unterschiedlicher Hierarchieebenen zu verdeutlichen.230 Ziel dieser Phase

ist es, dass die Empfänger die Botschaft verstehen, Hinweise auf Fehler innerhalb

der Vision zu erkennen und das „Feedback“ der Mitarbeiter als Hilfe anzunehmen.231

4.2.2.5 Empowerment auf breiter Basis Die „alten“ Systeme müssen an die Anforderungen der neuen Vision angepasst

werden. Hierzu ist eine lückenlose Abstimmung von Informations- und

Personalsystemen auf die neuen Werte erforderlich, denn das Empowerment sieht

Kotter als notwendig an, um Menschen in Organisationen überhaupt handlungsfähig

227 Vgl. Kotter 1997, S. 83 228 Vgl. a.a.O., S. 95 229 Vgl. a.a.O., S. 99 230 Vgl. a.a.O., S. 124f. 231 Vgl. a.a.O., S. 137

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zu machen. Eine klare, der Vision angepasste Struktur der Organisation kann hier

Orientierung bieten.232

4.2.2.6 Kurzfristige Ziele festsetzen Um die Motivation bei allen beteiligten Gruppen zu erhalten, sind größere Projekte in

kleinere Einheiten aufzuteilen, denn dies erlaubt die Herstellung eines Bezuges

zwischen den Veränderungsbestrebungen und den sichtbaren Erfolgen. Kurzfristige

Erfolge halten so das Bewusstsein für die Dringlichkeit von Veränderungen hoch und

erzeugen positive Energien.233

4.2.2.7 Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten Im siebten Schritt gilt es, die durch kurzfristige Erfolge geschaffene Glaubwürdigkeit

zu nutzen, um weitere und größere Veränderungsprojekte in Angriff zu nehmen.

Weitere Personengruppen können jetzt in den Veränderungsprozess involviert

werden, während die Führungskoalition die Transparenz und Dringlichkeit des

Projektes aufrecht erhält und dafür Sorge trägt, dass der Ausgangspunkt und die

Ziele des Prozesses nicht in Vergessenheit geraten.234

4.2.2.8 Neue Ansätze in der Kultur verankern

Die Mehrzahl der Veränderungen von Normen und Werten treten erst am Ende eines

Transformationsprozesses ein. Für die Nachhaltigkeit eines durchgeführten Wandels

ist es notwendig, die Veränderungen in der Organisationskultur zu verankern. Zu

bedenken gibt Kotter allerdings, dass sich die neuen Ansätze erst in einer Kultur

verankern, wenn für die Mitarbeiter erwiesen ist, dass diese besser funktionieren als

die alten Methoden.235

232 Vgl. Kotter 1997, S. 158 233 Vgl. a.a.O., S. 165 234 Vgl. a.a.O., S. 197 235 Vgl. a.a.O., S. 215

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4.2.3 Das 12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg

Im 12-Stufen-Modell von Doppler/ Lauterburg liegt der Akzent auf der

psychologischen Prozessgestaltung und den Tücken der einzelnen Phasen.236

12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg

Schritte / Phasen Tücken Dauer

1. Die ersten Überlegungen Zuviel „fertige Lösungen“ im Kopf.

**

2. Gezielte Sondierungen Man hört nur, was man hören will.

**

3. Schaffen der Projektgrundlagen

Reinschlampen.

**

4. Kommunikationskonzept Geheime Kommandosache. *

5. Datenerhebung Falsche Fragen führen zu „falschen“ Daten.

***

6. Datenfeedback Daten kommen in den „Giftschrank“.

*

7. Diagnose und Kraftfeldanalyse

Die „oben“ entscheiden; Lieblingslösung.

**

8. Konzeptentwicklung und Maßnahmenplanung

Keine oder „Schein“-Alter-nativen, keinen Mut zu Neuem.

**

9. Vorentscheidung Alles offen lassen.

*

10. Experimente und Praxistest

Reine Alibi-Übungen: „Facelifting“.

****

11. Entscheidung Verzögern, Verwässern.

*

12. Praxiseinführung/ Umsetzungsbegleitung

Die alte „Denke“ bricht sich wieder Bahn.

******

Abb. 18: 12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg237

236 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 91 237 Eigene Abbildung, basierend auf Doppler/Lauterburg, 1997, S. 106. Aufgrund seiner Komplexität

werden hier nur die prägnanten Merkmale des Modells dargestellt, ausführlich: Vgl. a.a.O., S. 101ff.

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Die ersten Stufen des Modells dienen der Orientierung; erste Überlegungen werden

angestellt, ob Veränderungsbedarf besteht und wie dieser anzugehen wäre. Dabei ist

zu beachten, dass hierbei nicht auf eine bestimmte Lösung fixiert wird und

Aktionismus aufkommt. Wesentliche Aufgabe ist es, die richtigen Personen zum

richtigen Thema zu befragen, um auf Basis der hierbei erworbenen Kenntnisse erste

Projektkonzeptionen zu entwickeln, die der Orientierung dienen. Hierbei ist es

wichtig, dass die Projektgrundlagen eindeutig und unmissverständlich sind und der

Veränderungsbedarf kommuniziert wird.

Die Schritte fünf bis zehn leiten die nächste Phase ein. Die ermittelten Daten, die

aussagefähig und verlässlich sein müssen, werden verdichtet und analysiert. Die

hieraus erzielten Ergebnisse bilden dann die Grundlage für mögliche Konzept-

ansätze und Maßnahmen. Die Daten können dabei in die favorisierte Lösung

hineininterpretiert werden.

Abschließend folgt die Entscheidungs- und Interventionsphase. Nachdem sich die

Organisation für ein Konzept entschieden hat, muss sie einen mutigen Schritt wagen

und das Konzept umsetzen. Dieser Phase der Umsetzung ist von wesentlicher

Bedeutung: „Sie muss professionell geplant und begleitet werden.“238

4.2.4 Phasenmodell nach Glasl Im folgenden Phasenmodell unterscheidet Glasl Veränderungen nach der

Organisationskultur.

Jede Organisation bildet eine spezifische Kultur heraus, die das organisatorische

Verhalten maßgeblich prägt. Sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Werten,

Normen, Denkhaltungen und Paradigmen, welche die Mitarbeiter teilen und damit

das Zusammenleben in Unternehmen sowie das Auftreten nach außen hin prägen.239

Abbildung 19 zeigt die 4 Phasen des Veränderungsprozesses in der Organi-

sationskultur:

238 Doppler/Lauterburg 1994, S. 106 239 Vgl. Glasl 1993, S. 107

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Abb. 19: Phasenmodell nach Glasl240

In der Pionierphase wird das Geschehen in der Organisation durch Handlungs-

gewohnheiten und Lebensauffassungen von Pionierpersönlichkeiten informal

ausgeprägt. Dabei bezeichnet Glasl die Personifizierung oder sogar den Personen-

kult als ein typisches Merkmal einer solchen Organisation. Diese Pionierpersön-

lichkeiten leben die Ideen, Werte und Orientierungen vor und verbreiten sie durch

direkte Kommunikation mit Mitarbeitern weiter. Nicht Produkte, Gebäude oder

Maschinen, sondern Menschen und ihre Taten werden so in den Vordergrund

gestellt.241

Das Hauptaugenmerk der Differenzierungsphase liegt auf dem technisch-

instrumentellen Bereich. In diesem werden neue Denk- und Verhaltensweisen über

neue Maschinen und Anlagen sowie über Techniken und Instrumente eingebracht.

Die Umsetzung der neuen Grundsätze findet nicht mehr durch Diskussionen und

Vermittlungen statt, sondern über Anordnungen und Verteilungsregelungen. Mit

240 Eigene Abbildung, basierend auf Glasl 1993, S. 107 241 Vgl. a.a.O., S. 107f.

Pionierphase

Differenzierungsphase

Integrationsphase

Assoziationsphase

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neuen Techniken ändern sich auch die Funktionsinhalte; Machtmittel werden durch

neue Organisationspläne verteilt, neues Verhalten wird instrumentell reguliert. Auf

diesem Umweg wandelt sich die bisherige Pionierkultur mehr und mehr in eine neue

Organisationskultur. Als ein Merkmal der Differenzierungsphase bezeichnet Glasl

sog. Ding-Symbole, die an Bedeutung gewinnen, während Menschen als Symbol-

träger an Bedeutung verlieren. Als Kulturmedien werden Rituale geschaffen, die

durch Routine Sicherheit schaffen.242

Mit den Reflexionen über die bisher gelebte Kultur beginnt der Weg in die

Integrationsphase. Bei der Gegenüberstellung der Organisationskultur der Vergan-

genheit mit der gewünschten Kultur der Zukunft, wird ein neues Leitbild formuliert.

Neue Leitwerte und Leitvorstellungen werden durch ebenfalls neue Symbole

ausgedrückt. Um die neue Kultur jedoch glaubwürdig zu gestalten, benötigt auch die

Integrationsphase Personifizierungen der gewünschten Haltungen und Tugenden.

Die Veränderungen im sozialen und technisch-instrumentellen Bereich werden nur

dann folgen, wenn die Akteure das Gefühl haben, dass sie die Kultur in der

Organisation aus eigener Kraft in die gewünschte Richtung umgestalten können. Sie

lernen dabei, wie sie ihre Organisation aktiv selbst verändern können und dass sie

letztlich selbst die zukünftige Entwicklung der Organisation steuern.243

In der Assoziationsphase breiten sich die Veränderungen über die Organisations-

grenze hinaus aus. Das gilt vor allem für Umwelten und deren Vertreter, mit welchen

die Organisation vernetzt ist. In dieser Phase werden Grundorientierungen und

Paradigmen verändert.244

242 Vgl. Glasl 1993, S. 108 243 Vgl. a.a.O., S. 108f. 244 Vgl. a.a.O., S. 109

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70

4.2.5 Der zyklische Organisationsentwicklungs-Problemlöseprozess nach Rieckmann

Der abgebildete zyklische Organisationsentwicklungs-Problemlöseprozess nach

Rieckmann gliedert sich, ebenso wie das Modell von Doppler/Lauterburg, in 12

Schritte, die er in vier Phasen einteilt:245 Die Kontraktphase, die Diagnosephase, die

Implementierungsphase und die Lernphase.

Abb. 20: Zyklischer OE-Problemlöseprozess246

Das Modell zeigt dabei die einzelnen Phasen eines reflexiven step-by-step

Prozesses.247 Resultierend aus einer Krise bzw. Chance wird Kontakt zu einem

Berater aufgenommen. Hier werden erste Lösungsideen diskutiert, Zielvorstellungen

erarbeitet und mit gesammelten und aufbereiteten Daten untermauert, um

Linksdrehungen der Analyse, sogenannte „shorts cuts“, gewissenhaft zu vermeiden.

245 Rieckmann 2007, S. 13 246 A.a.O., S. 13 247 A.a.O., S. 12

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Die Diagnose ermöglicht ein Verstehen der IST-Situation und eine Identifikation der

Ursachen, die unterhalb der an der Oberfläche sichtbaren Symptome liegen.

Leitbilder und Visionen werden in einer Zielsetzung erfasst, in der der gewünschte

SOLL-Zustand konkrete Beschreibung erfährt. Auf dieser Basis können Lösungs-

szenarien z. B. anhand von Computersimulationen und Rollenspielen entwickelt

werden, die nach Tests zur Entscheidung führen.

Die Phase der Implementierung und Realisation erfolgt über ein konzentriertes

Prozess- und Projektmanagement mit abschließender Auswertung und Rückblick.

Diese Soll-Ist-Prozess-Reflexion ist reversibel und kann immer wieder von Neuem

gestartet werden.

4.2.6 Phasenmodell nach Heitger/Doujak Das Phasenmodell einer gelungenen Transformation von Heitger/Doujak ist aus dem

Vergleich vieler „Lebenskurven“ von Changeprojekten entstanden, die während einer

Transformation eine scheinbar typische „Route“ durchlaufen. 248

248 Vgl. Heitger/Doujak 2002, S. 228ff.

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72

Abb. 21: Phasen einer gelungenen Transformation249

Im Folgenden wird die Abbildung erläutert und ihre Phasen kritisch betrachtet:

Die wahrgenommene Leistungsfähigkeit resultiert aus dem Bewusstsein über

Ressourcen und Leistungen der Vergangenheit und Gegenwart sowie der Potentiale

für die Zukunft. Die Organisation ist dabei gehalten, die Selbstbeobachtung zu

schärfen, speziell in Bezug auf das eigene Leistungsvermögen. Beginnend mit der

Feststellung des Veränderungsbedarfs in Phase 1 werden Routinen unterbrochen.

Die Notwendigkeit der Veränderung muss hierzu in der Organisation kommuniziert

werden, um Veränderungen zu ermöglichen.

In Phase 2 kristallisieren sich erste Zukunftsbilder heraus, die es zu untermauern gilt.

Es müssen Architekturen entwickelt und Routen geplant werden, damit der Verän-

derungsprozess eine Struktur erhält.

249 Eigene Abbildung, basierend auf Heitger 2004, S. 3; vgl. auch: Heitger/Doujak 2002, S. 228f.

Routine unter- brechen

Zukunfts- vision

Entscheidung Umsetzung Erfolge schaffen

Leistungsfähigkeit

Zeit

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In der dritten Phase werden Interventionsmuster konkretisiert. Die Organisation muss

Entscheidungen treffen, erste Umsetzungsschritte tätigen und u. U. harte Schnitte

setzen, zentrale Struktur- und Personalentscheidungen treffen, aber auch Wachstum

und Innovationen fördern.

Die konsequente Umsetzung von Konzepten ist Gegenstand der vierten Phase.

Dabei müssen die Architekturen und Systeme kontinuierlich und schrittweise den

neuen Gegebenheiten angepasst werden.250

Die letzte und entscheidende Phase befasst sich mit der breiten Implementierung

und Verankerung der Konzepte in Steuerungssysteme sowie der Stabilisierung des

Neuen.

Die Phasen 4 und 5 sind die zeitintensivsten, da sich alte Denk- und Verhaltens-

muster nur langsam verändern. Heitger/Doujak sehen hierin auch den Grund für das

Scheitern vieler Transformationsprojekte, da diese oft schon nach der dritten Phase

beendet werden – und damit zu früh für nachhaltige Veränderungen. Idealtypische“

Proportionen des Zeitaufwandes der einzelnen Phasen gliedern sich in 10 : 10 : 20 :

25 : 35.251 Diese Proportionen stehen ganz im Gegensatz zu vielen Change-

Management-Konzepten, die sich hauptsächlich mit der Phase der Veränderung

beschäftigen und somit die – oft langwierige – Integration in alle Unternehmens-

systeme außen vor lassen.

250 Vgl. Heitger 2004, S. 7 251 Vgl. Heitger/Doujak 2002, S. 228

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74

5 Phasen des Veränderungsprozesses

Veränderungsprozesse unterteilten sich, wie in Kapitel 4 gezeigt, in verschiedene

Phasen, welche mit Hilfe von sachlogischen, zeitlichen und entscheidungslogischen

Strukturierungskriterien voneinander abgegrenzt werden können.252 Die Vielfalt der

Ansätze, Phasen von Veränderungsprozessen zu definieren und zu beschreiben, ist

v. a. darauf zurückzuführen, dass die Phaseneinteilung nach unterschiedlichen

Gesichtspunkten oder Kriterien vorgenommen werden kann. In der Realität sind klare

Abgrenzungen einzelner Phasen nicht immer möglich. Dennoch haben die

verschiedenen Phaseneinteilungen ihre Berechtigung, da sie die verschiedenen

Untersuchungsschwerpunkte der Autoren widerspiegeln und z. T. neue Aspekte in

Veränderungsprozessen aufzeigen.

So geben Kostka/Mönch bspw. mit ihren Phaseneinteilungen eine Leitfaden, welche

Methode in verschiedenen Stufen einer Veränderung anzuwenden sind. Dieser

methodenorientierte bzw. anwendungsorientierte Fokus ist in diesem Maße sonst nur

noch bei Rieckmann berücksichtigt worden. Glasl hingegen rückt in seiner

Betrachtung den Menschen und seine Reaktionen in den Vordergrund,

Heitger/Doujak, Doppler/Lauterburg und Kotter konzentrieren sich eher auf

allgemeine oder managementspezifische Handlungsempfehlungen.

Damit betrachten die verschiedenen Autoren ein und denselben Veränderungs-

prozess aus verschiedenen Blickwinkeln. So umfangreich die verschiedenen Modelle

auch ausdifferenziert sind, bilden sie doch die gleichen Prozesse ab: Auch wenn

Veränderungen in Organisationen nicht gleichförmig ablaufen, bauen die einzelnen

Phasen immer auf den vorangegangenen Phasen auf. Dies impliziert, dass die

nächste Phase nicht begonnen werden kann, eher die Ergebnisse der

vorangegangenen Phase vorliegen.253

252 Vgl. Barchewitz/Armbrüster 2004, S. 12 253 Czichos 1993, S. 456

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Allgemein geht es bei allen Phasenmodellen der Veränderung also zunächst darum,

den Veränderungsbedarf zu erkennen und deren Notwendigkeit in der Organisation

zu kommunizieren. Konkret bedeutet dies, dass Routinen aufgegeben werden

müssen. Zweitens geht es darum, Daten zu erheben und zu analysieren, ehe sich

mögliche Lösungsansätze und Visionen herausbilden, die in einem Handlungs-

konzept festgehalten werden. Die Umsetzung des neuen Konzeptes erfolgt dann

meist nach Testläufen durch Stabilisierung und Integration in konkrete

Organisationsprozesse und Instrumente.

Die Vielfalt der Darstellungsformen von idealtypischen Phasen fliest in die folgende,

reduzierte Abbildung ein, welche die Grundlage der weiteren Ausführungen in Kapitel

5 bildet.

Allgemeingültige Phaseneinteilung

Vorphase Analysephase Konzeptphase Implementierungs-phase

Abb. 22: Allgemeingültige Phaseneinteilung254

5.1 Die Vorphase Die erste Phase eines Veränderungsprozesses lässt sich ansatzübergreifend als

Vorphase des Entscheidungsprozesses bezeichnen. Zusammengefasst werden

hierbei alle Aktivitäten, die vor dem Beginn des eigentlichen Projektes ausgeführt

werden müssen.255 In dieser Phase werden so die Rahmenbedingungen für alle

folgenden Phasen determiniert. Sie hat somit einen erheblichen Einfluss auf den

Verlauf und späteren Erfolg eines Projektes. Daher ist darauf zu achten, dass eine

sachliche und zeitliche Reihenfolge der Aufgabenschritte eingehalten wird, um zu

gewährleisten, dass keine wichtige Aufgabe vergessen, übersehen oder zu einem

falschen Zeitpunkt bearbeitet wird.256

254 Eigene Abbildung 255 Vgl. Sangüesa 2003, 55 256 Vgl. Barchewitz/Armbrüster 2004, S. 12

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5.1.1 Interne Problem- und Zielanalyse Barchewitz/Armbrüster definieren als Aufgabenstellung in der Vorphase die

Durchführung einer internen Analyse der Ausgangslage, denn eine eigene

Einschätzung der Probleme ist Grundvoraussetzung, um sich bspw. Beratungs-

dienstleistungen anbieten lassen zu können. Hierzu müssen die Bereiche oder

Produkte identifiziert werden, in welchen Handlungs- bzw. Veränderungsbedarf

gesehen wird.

Auf Basis der Ausgangslage ist es Aufgabe der Organisation, Überlegungen über

Zielvorstellungen anzustellen, die für den Erfolg von Veränderungsprozessen als

notwendig erachtet werden. Fehlen diese, führen Veränderungsprozesse selten zu

wirklichen Verbesserungen, da es an Möglichkeiten fehlt, den Grad der Ziel-

erreichung zu messen. Aus diesem Grund sollte schon vor der Kontaktaufnahme mit

einer Beratung klar sein, in welchen Bereichen und in welchen Größenordnungen bis

hin zur Änderung der gesamten Organisationsstrategie Veränderungen geplant

sind.257.

5.1.2 Definition der Rolle des Beraters Organisationen die über interne Beratungseinheiten verfügen, müssen entscheiden,

ob der Beratungsauftrag intern oder externen vergeben wird. Hierbei spielt die Art

des zu vergebenen Auftrags eine große Rolle. Es besteht auch die Möglichkeit der

Zusammenarbeit von internen und externen Beratern.

Ist die Entscheidung für externe Berater oder eine Zusammenarbeit zwischen

externen und internen Beratern gefallen, erfolgt zunächst eine Suche von

Beratungsagenturen, die einen Schwerpunkt in dem zu bearbeitenden Bereich

vorweisen können. Informationsmaterial und v. a. Referenzen bieten die Möglichkeit,

Beratungsagenturen in die engere Wahl zu ziehen, welche vom Arbeitsschwerpunkt,

der Arbeitsweise und von der Größenordnung her zur Organisation passen. Von

Vorteil ist, wenn die Organisation die von ihr ausgearbeitete Ausgangslage und Ziele

präsentieren kann Dadurch wird eine Festlegung des zu bearbeitenden

257 Vgl. Merten 2000, S. 58

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Kernproblems und eine grobe Skizzierung des Problemlösungsprozesses durch den

Berater erleichtert.

In Vorgesprächen sind zwischen der Organisation und dem Berater die offenen

Beratungskontexte, Probleme und Ziele aus Sicht der Organisation zu erläutern.

Ebenso sind die Rahmenbedingungen für eine zukünftige Zusammenarbeit

auszuhandeln.258 Entscheidet sich die Organisation für einen Berater, wird in den

meisten Fällen ein Vertrag zwischen Klient und Berater geschlossen. 259 Dieser ist

jedoch in der Beratungsbranche keine Pflicht.260

Nach Vertragsabschluss ist die Vorphase nahezu beendet und es erfolgt der

Übergang in die nächste Phase des Prozesses. Zum Start des Kernprozesses nimmt

der Berater Kontakt mit dem Klienten in Form von Gesprächen auf. 261 Diese ersten

Gespräche lassen sich dabei noch der Vorphase bzw. Orientierungsphase262 oder

„Kontaktphase“263 zurechen, denn hier wird die Beziehung zwischen Berater und

dem Klienten geklärt. In ihr bekommt der Berater eine Vorstellung von dem

geschilderten Problem des Klienten und kann sich somit auf den folgenden

Beratungsprozess vorbereiten.264 Erwartungen beider Seiten sind an dieser Stelle zu

klären265, denn „der Grund für das Misslingen einer Beratung ist bereits im Scheitern

der Anfangsphase zu suchen.“266

Gegenstand dieser Anfangsphase ist es somit, die Rolle, die der Berater während

des Beratungsprozesses einnehmen soll, zu klären, auch wenn sich diese im Verlauf

des Prozesses ändern und die Übergabe von einer Rolle zur anderen fließend sein

258 Vgl. Walger, 1995, S. 265ff. 259 Vgl. Titscher 1997, S. 16 260 Vgl. Merten 2000, S. 64 261 Vgl. Block 1997, S. 16 262 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 92 263 Rieckmann 2007, S. 13 264 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 99 ff. 265 Vgl. Block 1997, S. 16 266 A.a.O., S. 16

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kann, denn sie orientieren sich an den Bedürfnissen der jeweiligen Situation im

Veränderungsprozess und können somit angepasst werden.267

5.1.2.1 Interne und externe Berater 5.1.2.1.1 Interne Berater Der interne Berater ist im System der Organisation integriert. Er kann als Entlastung

im Veränderungsprozess dienen und verfügt über quantitative und qualitative

Ressourcen, die für Prozesse besonders wertvoll sein können. Er kennt das ganze

Unternehmen und die Zusammenhänge, spricht also die Sprache des

Unternehmens.268 Interne Berater gelten, im Gegensatz zu den externen Beratern,

als berechen- und kontrollierbar, da man mit ihnen schon in der Vergangenheit

Erfahrungen sammeln konnte.269 Aber auch interne Beratung hat seine Grenzen,

denn der Erfolg des internen Beraters in einem Veränderungsprozess ist auch davon

abhängig, welche Rolle er im Prozess übernimmt.270

Meist agieren interne Berater als „Change-Agents“ 271 und übernehmen bestimmte

Aufgaben und Ziele in einem Veränderungsprozess. Sie können insbesondere die

Rolle des Innovators, des Coaches, des Organisators oder des Experten

übernehmen.272 In der Praxis ist die genaue Zuordnung der Rollen jedoch schwierig,

denn die Übergänge der Rollen sind fließend. Ebenso können je nach Projekt

mehrere Rollen gleichzeitig eingenommen werden.273. Als Innovator verfolgt ein

interner Berater bspw. das Ziel, neue Ideen, Strategien, Konzepte und Produkte zu

entwickeln. Als Coach konzentriert er sich auf den Mensch in der Organisation und

trägt so indirekt zum Erfolg der Organisation bei. Er unterstützt seine Klienten dabei,

Probleme selber zu lösen und leistet daher keine direkte Beratung zu konkreten,

inhaltlichen Problemstellungen. Eine der häufigsten Rollen der internen Berater ist

die des Organisators, indem er Bemühungen um Optimierung, Entwicklung und

267 Vgl. Niedereichholz 2000, S. 64 und Baumgartner/Häfele/Scharz/u.a. 2000, S. 106 268 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, Seite 25 269 Vgl. a.a.O., Seite 26 270 Vgl. a.a.O., Seite 27 271 Niedereichholz 2000, Seite 59 272 Vgl. a.a.O., Seite 64 ff. 273 Vgl. a.a.O., Seite 64

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Restrukturierung von Aufbau- und Ablauforganisationen unterstützt und die zentralen

Stäbe von organisatorischen Aufgaben entlastet. Als Experte verfolgt der interne

Berater überwiegend die Förderung und den Ausbau des organisationsspezifischen

Know-hows, denn er verfügt in der Regel über spezifisches Fachwissen. Daher findet

man den Experten auch häufig den jeweiligen Funktions- bzw. Unternehmens-

bereichen zugeordnet. In manchen Organisationen sind mehrere interne

Beratungseinheiten die jeweils auf ein anderes Fachgebiet wie Produktion, Logistik

oder EDV spezialisiert sind, nebeneinander installiert.

5.1.2.1.2 Externe Berater

Externe Berater stehen grundsätzlich außerhalb des Systems.274 Eine der ersten

gemeinsamen Aufgaben zwischen Klient und Berater ist daher die Klärung der Rolle,

die der im Veränderungsprozess einnehmen wird.275

Einem externen Berater gelingt der Zugang zum Management meist leichter. Er hat

so gegenüber dem internen Berater den Vorteil, dass seinen Vorschlägen eher

Zustimmung seitens des Managements zuteil wird.276 Auch kann der externe Berater

sein in anderen Projekten erworbenes Fachwissen einsetzen und damit den

Veränderungsprozesserfolg unterstützen. Da er nur temporär eingesetzt wird, kann

er Kapazitätsengpässe ausgleichen und ihm fällt es oft leichter, zu unterscheiden, wo

Projekte notwendig sind.277 Nach Hummel existieren 13 Gründe, die für das

Engagement eines externen Beraters in Veränderungsprozessen sprechen:

274 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 107 275 Vgl. Kap. 5.1.2 dieser Arbeit 276 Vgl. Kraus 2002, Seite 35 277 Vgl. a.a.O., Seite 38

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Abb. 23: 13 Gründe für das Engagement eines externen Beraters278

Externe Berater bergen jedoch auch Risiken. Mitarbeiter empfinden externe Berater

häufig als „Eindringlinge“, „Spione“ oder „Fremdkörper“.279 Fehlt die Akzeptanz,

werden nötige Informationen zurückgehalten.

In Abhängigkeit der Vor- und Nachteile ist es sinnvoll, einen externen Berater dann

zu wählen, wenn die Organisation spezielles Wissen benötigt, dessen dauerhafte

Bereithaltung innerhalb der Organisation unwirtschaftlich wäre, während der Einsatz

von internen Beratern dann sinnvoll ist, wenn „firmenspezifisches Know-how“

gebraucht wird, z. B. bei strategischen Fragestellungen.280 Dabei gilt: Jede

Beratung, ob extern oder intern, unterliegt einer gewissen Interessengebunden-

278 Eigene Abbildung, vgl. Hummel/Zander 1998, S. 27 279 Vgl. a.a.O., Seite 36 280 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, Seite 204

13 Gründe für das

Engagement eines

externen Beraters

Ist ein Problemlöser.

Ist neutral.

Ist nicht betriebsblind.

Analytische Fähigkeiten.

Rüttelt Mitarbeiter

wach.

Entlastet das Management.

Kann anstehende Veränderungen im

Unternehmen besser darstellen.

Sensibilisiert Mitarbeiter hinsichtlich

vorhandener Probleme.

Hohes Adaptions- und Kombinations-

vermögen.

Verfügt über Managerqualitäten.

Ist nicht branchenblind.

Erfahren in der Krisenbewältigung.

Achtet das Betriebsgeheimnis.

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heit.281 Ein externer Berater kann daran interessiert sein, weitere Beratungen an die

Organisation zu verkaufen. Interne Berater versuchen u. U., die eigene Arbeit gut zu

verkaufen, um dadurch die eigene Position in der Organisation zu stärken, denn

interne Berater bewegen sich in einem engen „Markt“ für oder gegen externe bzw.

interne Berater.282

5.1.2.2 Beraterstile: Counseling / Advising Das Verhältnis zwischen Berater und Klient wird im deutschen meist lediglich mit

„Beratung“ bezeichnet. Die englische Sprache differenziert hierbei jedoch zwischen

„Advising“ und „Counseling“. Mit Advising wird hierbei „Beraten durch Ratschläge“

bezeichnet, während Counseling „Beraten durch Fragen“ meint.283 Beim Advising

kommt so die Hilfe von Außen, es wird sog. Fremdhilfe bezogen, während das

Counseling stärker durch Hilfe zur Selbsthilfe seine Wirkung entfaltet.

Mit den unterschiedlichen Beratungsstilen ist auch ein unterschiedlicher Grad an

Verantwortung des Beraters für einen Veränderungsprozess verbunden. Daher ist

die Klärung des Beraterstils eines der wichtigsten Themen zwischen Berater und

Klient. Berater, die durch Counseling beraten, bieten Klienten Optionen an, aus

denen diese selbst auswählen können.

Nachfolgende Abbildung zeigt die Beraterstile im Vergleich und gibt einen Überblick

über die Unterschiede:

281 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, Seite 204 282 Vgl. a.a.O., Seite 204 283 Vgl. a.a.O., Seite 31

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Counseling Advising

Beraten durch Fragen

Beraten durch Ratschläge

• Fragen/Beobachten

• Hypothesen

• Interventionen

• Orientierungsmodelle

Primäres Beratungsinstrument

• Antworten

• Ratschläge/Expertisen

• Anweisungen/Rezepte

• Hilfe zur Selbsthilfe Intention • Fremdhilfe

• Findet Klientensystem Lösung • Nennt Berater

• Durch Klientensystem (funktional/brauchbar?) Bewertung

• Durch Berater (richtig im Sinne einer Expertise)

• Für den Prozess und die eingesetzten Instrumente beim Beratersystem

• Für das Finden und die Richtigkeit bei Klientensystem

Verantwortung

• Für das Finden und die Richtigkeit von Antworten beim Beratersystem

• Für die Umsetzung bei (Beratersystem oder) Klientensystem

• Neutralität

• Anregen

• Nicht Steuern

• Dialektik

Haltung

• Wissen

• Objektive Urteilskraft

• Logik

„Sei Anwalt der

Ambivalenz!“ Motto

„Beziehe Stellung, urteile richtig!“

Abb. 24: Counseling / Advising 284

284 Eigene Abbildung, basierend auf Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 32.

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5.1.3 Zusammenfassung Die im Rahmen der Vor- bzw. Kontraktphase zu erledigenden Aufgabenstellungen

und zu beantwortenden Fragestellungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Vorphase

Aufgaben:

• Interne Problemanalyse (Ausgangslage)

• Interne Zielanalyse

• Skizzierung des Veränderungsbedarfs

• Definition der Rolle des Beraters (Intern/extern)

• Entscheidung über Charakter des Prozesses

(Beraterstil)

• Erarbeitung und Kommunikation eines

Prozessdesigns

Abb. 25: Zusammenfassung der innerhalb der Vorphase zu bearbeitenden Fragestellungen285

5.2 Die Analysephase 5.2.1 Wahrnehmung der Unternehmenswirklichkeiten

Organisationen sind von Menschen geschaffene Organismen. Aufgrund ihrer

Komplexität und Individualität sind für die Wahrnehmung der Organisationswirk-

lichkeit standardisierte Verfahren wenig geeignet. Ebenso liefern betriebs-

wirtschaftliche Kennzahlen kaum für Veränderungsprozesse nutzbare Aussagen

über die Leistungsfähigkeit einer Organisation. Daher empfiehlt es sich, qualitative

Methoden im Rahmen der Analysephase bzw. Organisationsdiagnose einzusetzen,

um zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen. Diese Feststellung schließt jedoch

quantitative Methoden während der Analyse nicht aus, denn in einigen Kontexten ist

der Einsatz beider Ansätze durchaus sinnvoll.286

285 Eigene Abbildung 286 Vgl. Kelle/Erzberger 2000, S. 299ff.

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Grundsätzlich stellt sich die Frage: Was muss Organisationsdiagnose bzw.

Organisationsanalyse leisten? Hierbei fehlt die klare Definition beider Begriffe, die

teilweise synonym verwendet werden. Andererseits versucht Eck287 eine klare

Abgrenzung, die er mit der Möglichkeit der Intervention in Zusammenhang mit der

Organisationsdiagnose begründet. Demnach fragt die Organisationsanalyse :

„Welche Ordnungen, Strukturen und Regeln […] unter welchen Bedingungen

[entstehen] und welche Effekte und Ergebnisse sie bringen, während die

Organisationsdiagnose fragt, „welche subjektiven kognitiven Prozesse […] zu

welchen Wirklichkeiten führen“, und „[…] wie es um die Befindlichkeiten der Akteure

steht und welche Handlungsmustern vorliegen?“288

Im Rahmen dieser Arbeit wird davon ausgegangen, das es Ziel der

Organisationsdiagnose ist, Informationen über die innere Verfassung des

Unternehmens zu gewinnen und bestimmte Phänomene zu rekonstruieren. Es geht

dabei darum, Daten zu gewinnen, die darüber informieren, warum etwas gut läuft

oder nicht gut läuft. Hierbei steht das Zusammenwirken und Zusammenleben aller

beteiligten Akteure. Die Organisationsdiagnose beschreibt so mit Hilfe ausgewählter

Methoden den IST-Zustand einer Organisation und beantwortet die Frage, wo die

Organisation aktuell steht und warum bestimmte Phänomene auftreten. Kühlmann/-

Franke definieren die Organisationsdiagnostik in diesem Sinne als die

„systematische und wissenschaftlich fundierte Erfassung, Analyse und Darstellung

des in einer Organisation oder einem begrenzten Organisationsteil regelhaft

auftretenden Verhaltens und Erlebens ihrer Mitglieder einschließlich ihrer Wirkungs-

zusammenhänge.“289 Ziel ist hierbei die Komplexitätsreduktion, durch zielgerichtete

Herausarbeitung relevanter Merkmale und ihrer Zusammenhänge sowie deren

anschließende Interpretation.

Der Wahl der Methode der Organisationsdiagnose kommt Signalwirkung zu, denn

hierdurch wird determiniert, welcher Personenkreis mit in den Prozess der 287 Vgl. Eck 2002, S. 1 288 Es sollte lediglich darauf aufmerksam gemacht werden, dass es in der Literatur verschiedene

Sichtweisen gibt, was die Organisationsdiagnose oder die Organisationsanalyse betrifft. Es ist aber nicht Aufgabe dieser Arbeit, diese zu bewerten. Im Folgenden wird der Begriff der Organisationsdiagnose verwendet.

289 Kühlmann/Franke 2002, S. 632

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Organisationsdiagnose einbezogen wird. Doppler/Lauterburg nennen in ihrem

Aufsatz „Die Vogelperspektive und die Froschperspektive“290 drei psychologische

Barrieren, die einer fundierten Organisationsdiagnose im Wege stehen können.

Diese gründen im Wesentlichen auf dem Denken in hierarchischen Strukturen. Die

erste Barriere ist darin zu sehen, dass Führungskräfte einen jeweils bestimmten

Blickwinkel auf die Organisation haben und nur sehr selten alle relevanten Aspekte

berücksichtigen. Bescheidenheit, die Fähigkeit, sich zurückzunehmen und offen zu

sein für Sichtweisen anderer sind daher entscheidende Faktoren. Die zweite Barriere

basiert auf der Annahme, dass die untere und mittlere Führungsebene die Situation

am besten einschätzen kann, da sie die Stärken und Schwächen des Unternehmens

realistisch einschätzt. Die dritte Barriere besteht in der Hemmung, Menschen in den

Prozess zu integrieren, die die Organisation eigentlich nur aus der Froschperspektive

kennen, evtl. über keine hochqualifizierte Ausbildung verfügen und sich auch sonst

noch nie mit strategischen oder strukturellen Entscheidungen oder Gesamtzu-

sammenhängen des Unternehmens beschäftigt haben. Dagegen sind die Mitarbeiter

bei der Erhebung des Gesamtzustandes bei der Organisationsdiagnose die

wichtigsten Auskunftsgeber, denn es gibt keine ganzheitliche Organisationsdiagnose

ohne die Befragung aller betroffenen Personen in der Organisation.

Eine weitere Barriere kann entstehen, wenn schon frühere Befragungsaktionen zwar

durchgeführt, die Ergebnisse aber nicht vorgestellt und keine Konsequenzen aus den

Ergebnissen gezogen wurden, so dass sich keine Veränderungen ergaben und sich

die Frage nach dem Sinn einer Befragung innerhalb der Organisation stellt. 291

Eine Vielzahl von Faktoren ist also für die erfolgreiche Durchführung einer

Organisationsdiagnose und damit für die Rekonstruktion der Unternehmens-

wirklichkeit elementar. Werden diese Faktoren berücksichtigt, wird damit die

Grundlage für erfolgreiche Veränderungsprozesse geschaffen. Zu knappe

Ressourcen, ein zu knapper zeitlicher Rahmen, die falsche Wahl der Erhebungs-

methode, das Einbeziehen nur eines bestimmten Personenkreises oder das schnelle

290 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 168f. 291 Vgl. a.a.O., S. 185f.

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Entscheiden aus dem Bauch heraus sind dagegen Barrieren für den Erfolg eines

Veränderungsprozesses.

Innerhalb der Organisationsdiagnose steht eine Vielzahl an Instrumenten zur

Verfügung, die sich zu qualitativen und quantitativen Methoden zusammenfassen

lassen und nachfolgend vorgestellt werden. Auf die Möglichkeit der Intervention

schon während der Organisationsdiagnose weisen Frenzel/Müller/Sottong292, aber

auch Doppler/Lauterburg hin, denn eine Befragung ist immer auch eine „markante,

kulturprägende Intervention.“293

5.2.1.1 Qualitative und quantitative Methoden der Organisationsdiagnose

Die Entstehung qualitativer Methoden ist eng verknüpft mit der Kritik an

quantifizierenden Methoden und Forschungstheorien. Bis heute hat sich die

Auseinandersetzung um das jeweilige Wissensverständnis nicht gelegt. Jedoch hat

sich eine reichhaltige Forschungspraxis in beiden Ansätzen entwickelt, die für sich

spricht. Daher wird häufig eine Kombination beider Ansätze diskutiert und

angewendet.

Nach Wilson geht die Diskussion dahin, die erkenntnistheoretischen und philo-

sophischen Standpunkte der Ansätze im Hintergrund zu lassen und so Raum für

forschungspraktische Fragen der Angemessenheit des jeweiligen Bereichs zu

schaffen, denn „qualitative und quantitative Ansätze [ergänzen sich] gegenseitig und

konkurrieren nicht miteinander. Jede liefert eine Art von Informationen, die sich nicht

nur von der anderen unterscheidet, sondern auch für deren Verständnis wichtig

ist.“294

Folgende Abbildung stellt die wichtigsten Charakteristika der beiden Methoden

gegenüber:

292 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2004, S. 71ff. 293 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 185 294 Flick 1995 S. 280

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Qualitative Methoden

Quantitative Methoden

• Oft beschreibend oder erklärend. • Oft beschreibend oder theorieentwickelnd.

• Relativ striktes Regelgerüst der Forschungsschritte.

• Standardisierung.

• Regeln sind recht allgemein verfasst.

• Offenlegung aller Schritte ist wichtig.

• Klärung, vor der Datenerhebung, was man wozu erhebt.

• Ergebnisse können Hypothesen oder Forschungsfragen zugeordnet werden.

• Offenheit für Aspekte, die sich während der Forschung ergeben, z. B. Prioritäten der Befragte.

• Objektivität wird durch Subjektivität ersetzt, auch Kontextbildung ist wichtig.

• Strikte Trennung von Datenerhebung und Auswertung.

• Keine Trennung von Erhebung und Auswertung.

• Auch Hin-und-Her-Bewegung.

• Oft statistische Auswertung. • Statistiken sehr untypisch.

• Basis: Viele Fälle, um repräsentativ zu sein.

• Basis: Relativ wenig Fälle.

• Repräsentativität wird angestrebt. • Nicht auf Repräsentativität ausgerichtet.

• Eher Kontextbildung um umfassende Verständnis zu bekommen.

Abb. 26: Vergleich qualitativer und quantitativer Methoden295

Es gilt, dass nicht grundsätzliche Erwägungen die Entscheidung für oder gegen

qualitative bzw. quantitative Methoden bestimmen, sondern der untersuchte

Gegenstand und die damit verbundenen Fragestellungen: „Die Anwendung einer

bestimmten Methode kann man also nicht mit seinem Paradigma oder seinen

Neigung begründen, sondern sie muss von der Eigenart des jeweiligen

Forschungsproblems ausgehen.“296

Die Entscheidung, wie beide Ansätze miteinander kombiniert werden, determiniert

allein der zu untersuchende Gegenstand. Dabei lassen sich verschiedene 295 Eigene Abbildung 296 Flick 1995, S. 280

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Kombinationsarten unterscheiden. Eine Überordnung von quantitativen über

qualitative Methoden findet man überall dort, wo eine explorative Vorstudie mit

offenen Interviews der eigentlichen Datenerhebung mit Fragebögen vorausgeht. Sie

kommt in der Praxis häufig zur Anwendung. „Argumente wie die Repräsentativität der

Stichprobe dienen oft zur Begründung dafür, dass erst die quantitativen Daten zu

Ergebnissen im eigentlichen Sinne führen, während die qualitativen Daten eher einen

illustrativen Stellenwert erhalten.“297 Die Aussagen der nicht standardisierten

Befragung werden dann durch ihre Bestätigung und Häufigkeit in den quantitativ

erhobenen Daten überprüft und erklärt.

Weniger häufig in der Anwendung vertreten ist die Überordnung von qualitativer über

quantitative Forschung. So bezeichnet Oevermann/u. a. die quantitativen Methoden

als „forschungsökonomische Abkürzungen des Datenerzeugungsprozesses“,

während die qualitativen Methoden überhaupt erst in der Lage seien, die eigentlichen

wissenschaftlichen Erklärungen von Sachverhalten zu liefern.298 Kleining unter-

streicht, dass qualitative Methoden sehr wohl ohne die Quantitativen auskommen,

jedoch nicht umgekehrt, da diese die qualitativen benötigen, um eine Erklärung der

von ihnen erhobenen Zusammenhänge liefern zu können.299

5.2.1.1.1 Qualitative Methoden in der Organisationsdiagnose Beschäftigt man sich mit Organisationen, insbesondere mit Erwerbstätigen in den

jeweiligen Kontexten, lässt sich eine hohe Komplexität an wahrzunehmenden

Phänomenen feststellen. Und diese aus Sicht der handelnden Subjekte zu

interpretieren, werden neben quantitativen vorwiegend qualitative Methoden

angewandt und darauf verzichtet, Verallgemeinerungen anzustreben bzw.

mathematische Formeln aufzubauen. Die jeweilige Organisationskultur ist dabei ein

implizites Phänomen, das Selbstverständnis und Eigendefinition der Organisation

prägt. Sie wird in der Regel als selbstverständlich angesehen und daher nicht

reflektiert. Sie beruht auf gemeinsamen Wertorientierungen und macht organisa-

torisches Handeln sowohl kongruent als auch kohärent und ist das Resultat eines

andauernden Lernprozesses im Umgang mit Bedingungen sowohl innerhalb als auch

297 Flick 1995, S. 281 298 Vgl. Oevermann/Allert/Konau/u. a. 1979, S. 16, zitiert nach a.a.O., S. 281 299 Vgl. Kleining 1982, zitiert nach a.a.O., S. 281

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außerhalb der Organisation. Als Kultur vermittelt sie Sinn und Orientierung in einer

komplexen Welt, vereinheitlicht so deren Interpretation und bietet Handlungs-

schemata. Sie resultiert aus einem Sozialisationsprozess und kann daher nicht

bewusst „gelernt“ werden.300 Von diesem Standpunkt aus lässt sich alles, „was in

einer Organisation beobachtbar ist, als Ausdruck spezifischer, ihr zugrunde liegender

Überzeugungen und Werte“ 301 interpretieren.

Bei der Darstellung der Organisationskultur lassen sich grundsätzlich drei

verschiedene Ebenen unterscheiden: Die erste Ebene ist die der „Basisannahmen,

die meist nicht bewusst sind, wie Grundüberzeugungen über Umwelt, die Wahrheit,

die Natur des Menschen oder die zwischenmenschlichen Beziehungen.“302 Als

zweite Ebene lassen sich Normen, Standards und Wertorientierungen beschreiben,

die durchaus als bewusstseinsfähig anzusehen sind und Verhaltensrichtlinien für die

Organisationsmitglieder setzen. Artefakte, die zum Einen im Sinne der Zweck-

rationalität offensichtliche Funktionen haben, zugleich aber als Ausdruck der im

Unternehmen vorherrschenden Basisannahmen gedeutet werden können, wie dies

für alles Sichtbare und Beobachtbare in der Organisation gilt, bilden schließlich die

dritte Ebene.303

Qualitative Forschung hat den Anspruch, das „organisationale Geschehen aus Sicht

der handelnden Subjekte zu rekonstruieren, unerwartete Phänomene mit möglichst

wenigen Vorentscheidungen hinsichtlich Design und Methode einzufangen und auf

diese Weise menschliches Verhalten und Handeln einer prozessualen Sicht

zugänglich zu machen.“304 Somit verhilft qualitative Forschung zu einem besseren

Verständnis sozialer Wirklichkeiten und macht aufmerksam auf bestimmte Abläufe,

Deutungsmuster und Strukturen305. Und es sind handelnde Menschen, die eine

Organisation erst handlungsfähig machen.

Es wird also schnell klar, dass der handelnde Mensch im Mittelpunkt der Beobach-

tung stehen muss und es sind z. B. Methoden wie das Leitfadeninterview, die

300 Vgl. Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 227f. 301 Vgl. a.a.O., S. 228 302 A.a.O., S. 228 303 A.a.O., S. 228 304 Kühl/Strodtholz 2003, S. 16 305 Vgl. Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 14

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biografische Erzählung oder die teilnehmende Beobachtung, die es ermöglichen, ein

konkretes Bild der subjektiven Welt einer handelnden Person zu schaffen. Qualitative

Forschung und deren Methoden schaffen es, die Sichtweisen der beteiligten

Menschen, ihre subjektive Wahrnehmung und deren Lebenswelten abzubilden.

Dadurch ist qualitative Forschung näher an dem Individuum und schafft einen

besseren Zugang zu den untersuchten Phänomenen.

Qualitative Forschung allgemein ist ein Oberbegriff für unterschiedliche Forschungs-

ansätze, die in ihren theoretischen Annahmen differieren und man kann diese in drei

Hauptlinien306 zusammenfassen307:

• In den Traditionen des symbolischen Interaktionismus und der

Phänomenologie.

• In der Ethnomethodologie und im Konstruktivismus.

• Strukturalistische oder psychoanalytische Positionen.

Die genannten Ansätze unterscheiden sich weiterhin in ihren Forschungszielen und

in den Methoden, die für die Forschung eingesetzt werden. Außerdem zeichnen sich

drei Forschungsperspektiven ab. In der ersten Gruppe geht es um die ‚Sicht des

Subjekts’, die im Vordergrund steht. Bei der zweiten Gruppe geht es darum, eine

Beschreibung der Prozesse der Herstellung vorhandener Situationen, z. B.

alltägliche oder institutionelle Situationen, oder soziale Ordnungen abzubilden.

Die dritte Forschungsperspektive ist gekennzeichnet durch die hermeneutische

Analyse tiefer liegender Strukturen308.

Folgende Abbildung schafft eine Übersicht der soeben beschriebenen

Forschungsfelder und deren Perspektiven:

306 Diese drei Hauptlinien können im Rahmen dieser Arbeit nicht näher erläutert werden.

Weiterführende Literatur: Flick/Kardorff/Steinke 2003, Kapitel 2.5, 3.1, 3.2, 3.3, 3.4 und 5.2 307 Vgl. a.a.O., S. 18 308 Vgl. a.a.O., S. 18

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Forschungsperspektive

Zugänge zu subjektiven Sichtweisen

Beschreibung von Prozessen der

Herstellung sozialer Situationen

Hermeneutische Analyse tiefer

liegender Strukturen

Theoretische Positionen

• Symbolischer Interaktionismus

• Phänomenologie

• Ethnomethodologie

• Konstruktivismus

• Psychoanalyse

• Genetischer Strukturalismus

Methoden der Datenerhebung

• Leitfaden-Interviews

• Narrative Interviews

• Gruppendiskussion

• Ethnographie

• Teilnehmende Beobachtung

• Aufzeichnung von Interaktionen

• Sammlung von Dokumenten

• Aufzeichnung von Interaktionen

• Fotografie

• Filme

Methoden der Interpretation

• Theoretisches Codieren

• Qualitative Inhaltsanalyse

• Narrative Analyse

• Hermeneutische Verfahren

• Konventionsanalyse

• Diskursanalyse

• Gattungsanalyse

• Dokumentenanalyse

• Objektive Hermeneutik

• Tiefenhermeneutik

• Hermeneutische Wissenssoziologie

Anwendungs- Fehler

• Biographieforschung

• Analyse von Alltagswissen

• Analyse von Lebenswelten und Organisationen

• Evaluationsforschung,Cultural Studies

• Familienforschung

• Biographie-forschung

• Generations-forschung

• Genderforschung

Abb. 27: Qualitative Forschungsansätze309

Trotz der scheinbaren Heterogenität der oben zusammengefassten Ansätze lassen

sich verschiedene Grundannahmen und Kennzeichen als Gemeinsamkeit der vier

theoretischen Grundannahmen qualitativer Forschung zusammenfassen.310

309 Eigene Abbildung, basierend auf Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 19 310 A.a.O., S. 22

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Theoretische Grundannahmen qualitativer Forschung

• Soziale Wirklichkeit als gemeinsame Herstellung und Zuschreibung von Bedeutungen

• Prozesscharakter und Reflexivität sozialer Wirklichkeit

• Objektive Lebensbedingungen werden durch subjektive Bedeutungen für die Lebenswelt relevant

• Der kommunikative Charakter sozialer Wirklichkeit lässt die Rekonstruktion von Konstruktionen sozialer Wirklichkeit zum Ansatzpunkt der Forschung werden

Abb. 28: Theoretische Grundannahmen qualitativer Forschung311

Weiterhin ist die qualitative Forschung durch verschiedene Kennzeichen in der quali-

tativen Forschungspraxis geprägt:

Kennzeichen qualitativer Forschungspraxis

• Methodisches Spektrum statt Einheitsmethode

• Gegenstandsangemessenheit von Methoden

• Orientierung am Alltagsgeschehen und /oder Alltagswissen

• Kontextualität als Leitgedanke

• Perspektiven der Beteiligten

• Reflexivität des Forschers

• Verstehen als Erkenntnisprinzip

• Prinzip der Offenheit

• Fallanalyse als Ausgangspunkt

• Konstruktion der Wirklichkeit als Grundlage

• Qualitative Forschung als Textwissenschaft

• Entdeckung und Theoriebildung als Ziel

Abb. 29: Kennzeichen qualitativer Forschungspraxis312

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die qualitative Forschung und ihre

Methoden ein effizientes Mittel für die Organisationsdiagnose ist, um die

Unternehmenswirklichkeiten rekonstruieren zu können.

311 Eigene Abbildung, basierend auf Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 22 312 Eigene Abbildung, basierend auf a.a.O., S. 24

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5.2.1.1.1.1 Instrumente qualitativer Forschung Interviews sind in der Sozialforschung sowohl in offener als auch teilstandardisierter

Form stark verbreitet, besitzen eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten und sind in

Forschungsprojekten als zentrale empirische Grundlage unerlässlich.313 „Qualitative

Interviews sind im Vergleich zu anderen Forschungsverfahren in den Sozialwissen-

schaften besonders eng mit Ansätzen der verstehenden Soziologie verbunden.

Durch die Möglichkeit, Situationsdeutungen oder Handlungsmotive in offener Form

zu erfragen, Alltagstheorien und Selbstinterpretationen differenziert und offen zu

erheben, und durch die Möglichkeit der diskursiven Veränderung über Interpre-

tationen, sind mit offenen und teilstandardisierten Interviews wichtige Chancen einer

empirischen Umsetzung handlungstheoretischer Konzeptionen in Soziologie und

Psychologie gegeben.“314

Das narrative Interview als spezielle Form des qualitativen Interviews wurde durch

Schütze entwickelt und fundiert. Das Grundprinzip des narrativen Interviews besteht

darin, dass eine selbsterlebte Situation als Geschichte zusammenhängend erzählt

wird.315 Befragte sollen also nicht in ersten Linie berichten, beschreiben, begründen

oder argumentieren, sondern in Bezug auf den relevanten Gegenstandsbereich

selbst erlebte Ereignisse und die eigene Beteiligung daran entlang der Zeitachse

rekonstruieren:

• Wie alles anfing.

• Wie sich die Dinge entwickelten.

• Was daraus geworden ist. 316

Dabei bedient man sich einer grundlegenden Kompetenz der Befragten, denn Erzäh-

lungen sind gesellschaftsweit geübte und gepflegte Verfahren der Entwicklung von

Sinnhorizonten und Situationsdefinitionen.317

313 Vgl. Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 349ff. 314 A. a. O., S. 350. In der Praxis wird eine Vielzahl von qualitativen Methoden im Allgemeinen und

Interviewformen im Besonderen unterschieden. Da diese damit verbundene Diskussion nicht Gegenstand dieser Arbeit ist, wird nachfolgend nur die zur Anwendung gebrachte Form des leitfadengestützten Experteninterviews thematisiert. Für Interessierte sei verwiesen auf: A.a.O., S. 332 ff.

315 Vgl. König/Zedler 2002, S. 180 316 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 73 317 Vgl. a.a.O., S. 73

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Die Erzählung verspricht so einen privilegierten Zugang zur Erfahrung der Subjekte,

die hier nicht einfach abgefragt, sondern konstruiert und rekonstruiert wird. Die

Grundannahme dabei ist, dass diese Rekonstruktion der Erfahrung in der Erzählung

Muster aufweist, die den Mustern des Handelns und seiner Begrenzungen in der

Wirklichkeit entsprechen. Dies ist so, weil die Ereignisse und Handlungen eben

immer erst auf dem Weg der rückblickenden Rekonstruktion zu Erfahrungen werden,

die in die Identität der Subjekte eingehen und damit weitere Erfahrungen

strukturieren.318

In der Organisationsforschung sind narrative Interviews dann zu gebrauchen, wenn

es für die gewählte Fragestellung auf subjektive Erfahrungen und erzählenswerte

Ereignisse ankommt. Nicht jeder Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit, der

Organisationsforscher interessiert, ist der Erzählung zugänglich. Was erzählenswert

ist, muss aus der Routine hervortreten und sich dem Erzähler und seinem

Gesprächspartner als Ereignis(-kette) präsentieren. Geeignet sind ‚problematische’

Ereignisse, an denen die Befragten beteiligt sind: z. B. wie waren wahrnehmbare

Transformationsprozesse, Projekte mit einem Anfang und einem Ende oder Krisen.

In der Pionierarbeit von Schütze waren dies beispielsweite Fusionen von Gemeinden

im Zuge der Verwaltungsreformen der 1970er Jahre. 319

Die Vorbereitung zur Durchführung des narrativen Interviews fängt mit der Auswahl

von Interviewpartnern an. Hier ist der Untersuchungsgegenstand entscheidend; es

werden die Akteure ausgewählt, die an den aufzuarbeitenden Prozessen,

Ereignissen oder Projekten gestaltend beteiligt bzw. von diesen betroffen waren.

Geht es um Fragestellungen, die sich im Vorfeld weniger genau abgrenzen lassen,

oder darum, was die Befragten als relevant und erzählungswert betrachten, wählt

man Interviewpartner mit relativ unterschiedlichen bzw. ähnlichen Erfahrungen,

Rollen in der Organisation usw. aus.320 Was die Zeit angeht, ist mit einer Dauer ab

anderthalb Stunden zu rechnen.

318 Kühl/Strodtholz 2002, S. 74 319 A. a. O., S. 72 320 Vgl. a.a.O., S. 74f.

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Der ideale Interviewort ist derjenige, an welchem sich der Befragte am wohlsten fühlt

und wo man ungestört bleiben kann. Die Interviews am Arbeitsplatz durchzuführen

ist unerwünscht, da man in der Organisation das Problem des Kontextes hat, in dem

biografische Erzählungen schwerer zustande kommen als arbeitsbezogene.

Andererseits signalisiert die Befragung während der Arbeitszeit die Legitimation und

Bedeutung des Projekts und sie erspart es den Befragten, Freizeit aufzuwenden. Die

zeitlichen und thematischen Beschränkungen werden aber vielfach geringer sein,

wenn man die Befragten privat aufsucht oder die Interviews im Büro der Forscher

durchführt. Es bietet eine ‚neutrale’ Umgebung, die die Befragten unmittelbar aus

ihren eignen Kontexten herauslockt und zu erzählenden Rekonstruktionen dieser

Kontexte anregt. Der Interviewer sorgt für Ungestörtheit. Die Interviews werden auf

Band aufgenommen und transkribiert.321

In seinem Verlauf lässt sich das narrative Interview in 3 Phasen einteilen:

• Aushandlungsphase

• Haupterzählung

• Nachfrageteil

In der Aushandlungsphase klärt der Forscher den Befragten über Sinn, Absicht und

Ablauf des Interviews auf, damit dieser sich ein Bild machen kann und seine

mögliche Unsicherheit abgebaut wird. Wichtig ist dabei Ablauf und Charakter des

narrativen Interviews im Unterschied zu einem herkömmlichen Interview

aufzuzeigen. Es ist zu verdeutlichen, dass im Interview eine weitgehend

asymmetrische Rollenverteilung vorliegt. Der Informant soll erzählen und der

Interviewer im Wesentlichen zuhören. Zugleich mit den o. g. technischen Hinweisen

zum narrativen Interview bittet der Forscher um eine Erzählung. Er gibt ein Thema

vor und setzt damit einen Erzählstimulus.322

Die Phase der Haupterzählung ist vorwiegend dadurch charakterisiert, dass der zu

Interviewende erzählt und der Interviewer bzw. der Forscher aufmerksam zuhört.

Dabei darf der Interviewer nicht oft unterbrechen, keine Zwischenfragen stellen,

321 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 75f. 322 Vgl. König/Zedler 2002, S. 181

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keine Kommentare abgeben etc.323 Nachfragen („Und dann?“, „Wie haben Sie

davon erfahren?“) und Zustimmungssignale („Mhm“, „Gut“) sind erlaubt um die

Erzählung in Gang zu halten. Sie sollen bleiben und auf keinen Fall dazu auffordern,

die Ebene zu wechseln. Eine komplette Erzählung als Textgenre folgt einer

universellen Grammatik. Sie beginnt mit einem ‚Abstract’ – Einführungsphrase,

welche die Erzählung ankündigt und legitimiert („Mir ist da gestern ein Ding

passiert…“). Im Falle des narrativen Interviews kann der Abstand wegfallen, da der

Erzählstimulus diese Funktion übernimmt. Dann folgt die Orientierung über beteiligte

Personen mit ihren Charakteren, Schauplätze, Zeiten, Umstände, in welchen die

Personen handelten, die Komplikation, das Ereignis oder die Folge von Ereignissen,

um die es geht etc. Darauf folgt eine Einschätzung des Geschehens, die Auflösung,

wenn das Geschehen abgeschlossen ist, und schließlich eine Coda als Signal für

das Ende der Erzählung. Das kann z. B. eine lange Pause sein oder explizite

Formulierung wie „das war´s“.324

Die Coda der Erzählung ist das Signal für den Beginn des Nachfrageteils. Die

Nachfragen die sich auf die Erzählung beziehen, helfen dem Interviewer vorsichtig

die Annahmen zu überprüfen, die sich bei der Erzählung der Befragten aufdrängten.

Solche Fragen können zu weiteren narrativen Sequenzen führen. Erst wenn die

Erzählungen ausgeschöpft sind, wird der Interviewer zu Selbstdeutungen und

Bilanzierungen anregt.325

Am Ende des Interviews kann ein gemeinsames Ausfüllen eines Datenbogens, in

welchen persönliche Angaben des Befragten abgefragt werden, sinnvoll sein. Dieser

bringt Ordnung in die Datensammlung und kann bei der Analyse zu einem wichtigen

Korrekturmittel werden.326

Liegen ein oder mehrere narrative Interviews vor, sind diese zu transkribieren und

auszuwerten. Die Auswertungsarbeit findet am und im transkribierten Text statt und

beginnt mit der Interpretation des einzelnen Falls (des einzelnen Interviews). Erst

323 König/Zedler 2002, S. 181 324 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 77f. 325 A.a.O., S. 78 326 Vgl. Brüsemeister 2000, S. 161

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dann werden die Fälle verglichen.327 Die Transkription eines narrativen Interviews

richtet sich dabei nach der Forschungsfrage, sowie nach Tiefe und Breite eines

Unternehmensphänomens. Das Transkript muss mit Zeilennummern versehen

werden.328

5.2.1.1.1.2 Auswertungsmethoden

Schütze unterscheidet 5 Verfahrensschritte bei der Auswertung:

1. Formale Textanalyse

2. Strukturelle Beschreibung

3. Analytische Abstraktion

4. Wissensanalyse

5. Kontrastive Fallvergleiche329

Im ersten Schritt bei der Auswertung, der formalen Textanalyse, eines einzelnen

Falls wird zunächst der Text nach ‚Genren’ in Sequenzen aufgeteilt, in denen

Erzählungen von Argumentationen, Beschreibungen oder Berichten unterschieden

werden. Die identifizierten Sequenzen werden zunächst paraphrasierend, dann

zunehmend abstrakter beschreibend interpretiert. Dabei schlägt Südmerser von,

Sequenzierung und Textanalyse nicht nach einander vorzunehmen, sondern sich

nach der Abgrenzung der ersten Sequenz gleich an deren Interpretation zu machen.

Die Interpretation besteht darin, „eine festgesetzte Sequenz mehrfach intensiv zu

lesen, dann einfach aufzuschreiben, was dort passiert, Zeile für Zeile“.330 Man geht

also beim Interpretieren ‚Satz für Satz’ vor. Dabei ist zu beachten, dass die später im

Text anfallenden Informationen nicht zu einem früheren Zeitpunkt in die Interpretation

einbezogen werden.331

Im zweiten Schritt der Auswertung, der strukturellen Beschreibung, werden anhand

der Erzählsegmente und der geschilderten Situationen typische Handlungsweisen

erfasst, welche darin zum Ausdruck kommen. Dabei wird von Angaben aus dem

327 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 79f. 328 Ausführliche Transkriptionsregeln finden sich bei Brüsemeister 2000, S. 163f. 329 Vgl. a.a.O., S. 167, Fallvergleiche werden ausführlich bei Glaser/Strauss 1998, S. 107ff.

thematisiert 330 Südmersen 1983, S. 299 331 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 81f.

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Interview ausgegangen, zugleich aber auch strukturell gearbeitet und nach den

Dimensionen des Handelns gefragt. Als Hilfsmittel werden dabei 4 Prozessstrukturen

des Lebensablaufes herangezogen, die die verschiedenen Grundtypen des

Handelns unterscheiden:

• Liegen biografische Handlungsmuster vor? Handelt der Befragte in

Situationen gemäß eigener biografischer Ziele?

• Entwickelten sich umgekehrt Verlaufskurven, in denen dem Befragten die

Handlungsmächtigkeit bzw. die Situation entglitt?

• Fand das Handeln in einem institutionellen Rahmen statt?

• Lernte er in einem biographischen Wandlungsprozess an sich selbst neue

Seiten kennen, von denen er überrascht war?332

Im dritten Schritt der Auswertung, der analytischen Abstraktion, geht es um die

Zusammenfassung aller strukturell beschriebenen Handlungsweisen, um die

biographische Gesamtformung zu charakterisieren. Dafür wird man von den Details

der einzelnen Handlungsweisen gelöst.333

Die Beschäftigung mit den Argumentationen und Theorien des Befragten über sich

und seine Umwelt ist Gegenstand des fünften Verfahrensschrittes. Die Argumenta-

tionen werden mit den typischen Handlungsweisen verglichen, die aus Erzählungen

vermittelt werden können. Hier wird die Logik des Handels der Logik der Darstellung

gegenübergestellt, d. h. wie der Befragte in der Wirklichkeit gehandelt hat, was in

seiner Erzählung zu sehen ist und wie er dies darstellt.334

332 Vgl. Brüsemeister 2002, S. 179f. 333 Vgl. a.a.O., S. 181 334 Vgl. a.a.O., S. 181f.

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5.2.1.1.1.3 Qualitative Inhaltsanalyse Grundlegendes Ziel von Inhaltsanalysen ist die Bearbeitung von Kommunikations-

material jeglicher Art. Gegenstand ihrer Betrachtung können sowohl formale Aspekte

als auch latente Sinngehalte sein. Für die Kodierung und Kategorisierung des

Materials wird im Weiteren das Verfahren der 'Qualitativen Inhaltsanalyse'

angewandt. Die wesentliche Grundidee dieser Methodik basiert auf der Beibehaltung

des systematischen Aufbaus der Inhaltsanalyse mit dem Ziel, eine vorschnelle

Quantifizierung zu vermeiden.335 Der Analyseablauf wird dabei nach Mayring in

einzelne Schritte zerleget und basiert auf folgenden Grundsätzen:

Zum Ersten wird das zu analysierende Material in seinem Kommunikations-

zusammenhang eingebettet verstanden.336 Hierbei sind folgende Fragen relevant:

Fragen der qualitativen Inhaltsanalyse zur Herstellung des Kommunikationszusammenhangs

Wer ist der Sender? (Autor)

Was ist der Gegenstand und sein soziokultureller Hintergrund?

(Quellen)

Was sind die Merkmale des Textes? z. B. Lexik, Syntax, Semantik, Pragmatik, nonverbaler Kontext

Abb. 30: Fragen der qualitativen Inhaltsanalyse zur Herstellung des

Kommunikationszusammenhangs337

Mittels der Frage nach dem Autor, der Herkunft und des Inhaltes der Quellen sowie

der Merkmale des Textes lässt sich so der Kommunikationszusammenhang

rekonstruieren.

Die Systematik der ‚Qualitativen Inhaltsanalyse’ basiert dabei auf den beiden

Grundprinzipien der Regelgeleitetheit auf Basis vorformulierter Ablaufmodelle und

der Theoriegeleitetheit auf Basis theoretisch abgesicherter Fragestellungen und

335 Mayring 2003, S. 468ff. 336 Vgl. a.a.O., S. 471 337 Eigene Abbildung, basierend auf a.a.O., S. 471

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100

Codierregeln. Im Weiteren wird der Text schrittweise in Analyseeinheiten zerlegt und

kategorisiert.

Ebenso hat die qualitative Inhaltsanalyse den Anspruch, sich an konkreten

Gütekriterien338 wie der Interkoderreliabilität messen zu lassen und verschließt sich

nicht quantitativen Analyseschritten, sondern bezieht diese begründet mit ein.

Mayring unterscheidet grundsätzlich vier Techniken der qualitativen Inhaltsanalyse:

Die zusammenfassende, induktive, explizierende und die strukturierende Inhalts-

analyse. Bei der zusammenfassenden Inhaltsanalyse wird das Material so reduziert,

dass ein überschaubarer Kurztext entsteht, der die wesentlichen Inhalte erhält. Im

Rahmen der reduktiven Prozesse wie der Auslassung, Generalisation, Konstruktion,

Integration, Selektion und Bündelung bezeichnet Mayring diese Technik als

geeignete Methode, wenn der Fokus des Interesses nur auf der inhaltlichen Ebene

des Materials liegt und ein komprimierter Kurztext angestrebt wird.339

Die Technik der induktiven Kategorienbildung basiert auf der Technik der

zusammenfassenden Inhaltsanalyse, um schrittweise induktiv Kategorien aus dem

Material zu entwickeln. Ausgehend von der Fragestellung bzw. dem Gegenstand der

Untersuchung lassen sich allgemeine Kategorien sowie deren Selektionskriterien

definieren sowie das Abstraktionsniveau der Kategorien festlegen. Im nächsten

Schritt lassen sich Kategorien aus dem Material heraus bilden, auf bestehende

beziehen oder insgesamt neue Kategorien bilden. Nach Sichtung von 10 - 50% des

Materials gilt es, die Kategorien zu überarbeiten und einer formativen

Reliabilitätsprüfung zu unterziehen, ehe das Material abschließend gesichtet und

einer summativen Reliabilitätsprüfung unterzogen wird. Die anschließende Aus-

338 Steinke behandelt die Problematik der Formulierung von Gütekriterien für qualitative Forschungen

ausführlich. Da diese Diskussion nicht Kerngegenstand dieser Arbeit ist, wird an dieser Stelle nicht ausführlicher darauf eingegangen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Notwendigkeit der Formulierung eigener Gütekriterien für qualitative Ansätze wie die "intersubjektive Nachvollziehbarkeit"(Steinke 2003, S. 324) anstelle des Gütekriteriums der intersubjektiven Überprüfbarkeit bei quantitativen Forschungsansätzen aufgrund der Spezifität des Empirischen begründet dargelegt wird. Gütekriterien der quantitativen Sozialforschungstradition sind also auf qualitative Ansätze nicht übertragbar. (Vgl. Steinke 2003, S. 319ff.)

339 Vgl. Mayring 2003, S. 471f.

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wertung kann dann quantitative Elemente, wie z. B. die Zählung von Häufigkeiten

beinhalten.340

Im Gegensatz hierzu stehen die Ziele der dritten Technik, die explizierende

Inhaltsanalyse. Hier wird zusätzliches Material zur Erläuterung unklarer

Textbestandteile herangezogen, um diese verständlich zu machen. Neben der engen

Kontextanalyse, die sich auf das direkte Textumfeld beschränkt, ist hier auch eine

weite Kontextanalyse denkbar, die über den Text hinausgehendes Zusatzmaterial

zur Exploration systematisch sammelt und heranzieht.341

Die strukturierte Inhaltsanalyse filtert bestimmte Aspekte aus dem zur Verfügung

stehenden Material heraus und strebt an, auf Basis zuvor festgelegter

Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu legen bzw. das Material

unter bestimmten Kriterien zu bewerten. Die Intention ist hierbei, "das durch genaue

Formulierung von Definitionen, typischen Textpassagen und Codierregeln ein

Codierleitfaden entsteht, der die Strukturierungsarbeit entscheidend präzisiert."342

Die Strukturierungsdimensionen sind theoriegeleitet entwickelt und werden dann in

Einzelkategorien untergliedert. Dabei können Mehrfachnennungen, Widersprüche,

tendenzielle Antwortverweigerungen etc. gefiltert und markiert werden, so dass sich

der Fokus auf die jeweils besondere Problemstellung des Erzählers richten lässt.

Bock nennt für die strukturierte Inhaltsanalyse folgende Aspekte als beachtenswert:

Beachtenswerte Aspekte der strukturierten Inhaltsanalyse

• Was sagt der Befragte zu den einzelnen Themenkomplexen?

• Wie intensiv werden sie ausgeführt und besprochen?

• Werden Aspekte angesprochen, die nicht vorgesehen waren?

• Wo wird wenig und ausweichend geantwortet?

• Was ist das "Lieblingsthema" des Befragten?

Abb. 31: Beachtenswerte Aspekte der strukturierten Inhaltsanalyse343

340 Vgl. Mayering 2003, S. 472f. 341 Vgl. a.a.O., S. 473 342 A.a.O., S. 473 343 Eigene Abbildung, vgl. Bock 1992, S. 99; auch: Hoffmeyer-Zlotnik 1992, S. 99

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Die im Weiteren stattfindende Interpretation basiert auf der Objektiven Hermeneutik.

der Begriff geht dabei zurück auf Oevermann und bezeichnet ein „komplexes,

theoretisches, methodologisches und methodisches Konzept"344. Sie nimmt für sich

in Anspruch, grundlegende Untersuchungsmethode jeglicher sozialwissen-

schaftlicher Forschung zu sein.345 Dieser Ansatz bemüht sich um die Unterscheidung

der subjektiven und objektiven Bedeutung, die eine Äußerung oder Handlung hat.

Strukturalistische Modelle dienen als theoretischer Hintergrund der Analyse. Eine

weitere Notwendigkeit ist die Interpretation in Gruppen. Ziel der Objektiven

Hermeneutik ist es, zu objektiven Ergebnissen zu gelangen.346 Hintergrund dieses

Verfahrens ist die hermeneutische Kunstlehre, mit deren Hilfe interessante

Strukturen des Materials rekonstruiert werden sollen.

Besondere Bedeutung kommt in der Auswertung dem Verfahren der hermeneutisch-

analytischen Interpretation zu, denn dieses Verfahren erlaubt neben der

Inhaltsanalyse auch die Einbeziehung des Interaktionsklimas, des nonverbalen

Verhaltens des Befragten sowie der Assoziationen des Interviewers.347

Ging es anfangs zunächst um die Rekonstruktion der objektiven Bedeutungs-

strukturen von Texten mit der Folge, dass nur die objektive Sinnstruktur des Textes

von Belang ist, nicht jedoch die subjektiven Intentionen des Textproduzenten, erfuhr

das Attribut objektiv eine Ausdehnung auch auf die Geltung der gewonnenen

Aussagen. Oevermann formuliert in diesem Zusammenhang: „Indem die objektive

Hermeneutik sich [...] immer primär auf die Rekonstruktion der latenten Sinn-

strukturen bzw. objektiven Bedeutungsstrukturen derjenigen Ausdrucksgestalten

richtet, in denen sich der zu untersuchende Gegenstand oder die zu untersuchende

Fraglichkeit authentisch verkörpert, kann sie in demselben Maße Objektivität ihrer

Erkenntnis bzw. ihrer Geltungsprüfung beanspruchen, wie wir das selbstverständlich

von den Naturwissenschaften gewohnt sind. Dies einfach deshalb, weil jene zu

rekonstruierenden Sinnstrukturen durch prinzipiell angebbare Regeln und

344 Reichertz 2003, S. 514 345 Vgl. a.a.O., S. 514 346 Vgl. a.a.O., S. 514 347 Bock 1992, S. 100

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Mechanismen algorithmischer Grundstruktur präzise überprüfbar und lückenlos

jederzeit wieder am einsehbaren Protokoll erschlossen werden können."348

Generell betreibt die objektive Hermeneutik aus methodologischen Gründen nur

Einzelfallanalysen. Zu allgemeinen Aussagen gelangt die objektive Hermeneutik

durch das Falsifikationsprinzip auf Basis singulärer Einzelfallstrukturrekonstruktion:

„Strukturrekonstruktion und Strukturgeneralisierung werden aufgefasst als äußere

Pole eines gerichteten Forschungsprozesses, in dem die Ergebnisse mehrerer

Einzelfallstrukturrekonstruktionen sich zu einer generellen Struktur verdichten"349 mit

dem Ziel, allgemeine und einzelfallspezifische Strukturgesetze als generative Regeln

zu entdecken.

In wesentlichen Elementen verbunden zeigt sich hiermit die von Strauss/Barney/

Glaser entwickelte Grounded Theory350, wobei sich der Begriff sowohl auf die

Methode als auch auf die Ergebnisse, die mit dieser Methode erzielbar sind,

bezieht.351 Treffend übersetzen lässt sie sich als gegenstandsbegründete oder -

verankerte Theorie, die es auf Basis empirischer Forschung in einem bestimmten

Gegenstandsbereich zulässt, eine dafür geltende Theorie zu formulieren, die

geeignet ist, eine Beschreibung und Erklärung der untersuchten sozialen

Phänomene zu liefern.352

5.2.1.1.1.4 Zusammenfassung

Eine führende Stellung unter den vielfältigen Analysemethoden der qualitativen

Forschung, die im Bereich der Organisationsanalyse Verwendung finden, nehmen

die qualitativen Interviews ein. Die Methode erreichte erstmals durch die berühmten

Hawthorne-Studien Anerkennung, in welcher Wissenschaftler auf unstandardisierte,

mündliche Interviews umschwenkten, „um die Relevanz und die Authentizität ihrer

Ergebnisse zu erhöhen.“353 Heute findet in der Organisationsforschung vor allem das

leitfadengeschützte Experteninterview Anwendung. Um explorative als auch

348 Oevermann 1996, S. 4 349 Reichertz 2003, S. 518 350 Glaser/Strauss 1998 351 Böhm 2003, S. 475 352 A.a.o., 2003, S. 476 353 Vgl. Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 228

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hypothesenüberprüfende Forschungsfragen zu bearbeiten wird auf das Fach-,

Dienst- und Geheimwissen von Experten zurückgegriffen. Bei Forschungsprojekten

mit interventionistischem Charakter hat darüber hinaus das Gruppeninterview oder

auch die Gruppenarbeit als Verfahren seinen Platz, denn die freie oder

themenzentrierte Reflexion in Gruppen ausgewählter Organisations-mitglieder ist

überaus hilfreich in Planungs- und Evaluationsphasen.

Die empirische Organisationsanalyse bedient sich ebenfalls relativ häufig der

Dokumenten- bzw. Aktenanalyse, z. B. wenn in der Organisationsdiagnose

Strukturen und Prozesse einer Organisation mittels Aktennotizen, Verträgen, Tätig-

keitsbeschreibungen usw. rekonstruiert werden.

Methodische Innovationen auf Basis eines mutigen Umgangs mit unstandardisierten

Verfahren sind das narrative Interview und die teilnehmende Beobachtung zu

nennen. Beide Verfahren ermöglichen eine Schwerpunktverlagerung der empirischen

Forschung auf soziale Phänomene im Alltagsgeschehen der Organisation und

erlauben damit die Untersuchung von Interaktionen, Praktiken und Diskursen der

Organisationsmitglieder. Die aufwändigen Datenerhebungs- und Auswertungs-

phasen dieser beiden Methoden durch ihre Nähe zum konkreten Handlungs-

geschehen wiegen die Vorteile jedoch wieder auf.

Eine weitere Methode ist die Ethnographie, deren Fokus sich auf das soziale

Geschehen und damit auf die kommunikative und interaktive Ordnung in

abgrenzbaren Gruppen richtet. Sie konzentriert sich auf die in einer Organisation

vorherrschenden Formen der Sinngebung und Verständigung, steht in enger

Verbindung zur phänomenologischen Lebensweltanalyse und findet vorwiegend in

der Arbeits- und Berufsfeldanalyse Verwendung.354

354 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 18ff.

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5.2.1.1.2 Quantitative Methoden in der Organisationsdiagnose Klassische quantitative Methoden in der Organisationsdiagnose dienen ebenfalls der

Darstellung des aktuellen Zustands einer Organisation und sind aufgrund ihrer

Variabilität auf viele konkrete Fragestellungen anwendbar. Grundlegende

Voraussetzung hierfür ist die Beschaffung relevanter Daten und deren

entsprechender Auswertung. Wissenschaftstheoretisch betrachtet entspringen

quantitative Methoden der deduktiven Logik, d. h., dass vom Allgemeinen auf den

Einzelfall geschlossen wird und Aussagen bzw. Thesen durch Erhebungen oder

Tests bestätigt werden sollen. Daher muss bei quantitativer Vorgehensweise vor der

Datenerhebung genau überlegt, werden, welche Methoden/Instrumente eingesetzt

werden, um Antworten auf bestimmte Fragen zu erhalten. Quantitatives Vorgehen ist

im Gegensatz zu qualitativer Forschung weniger ergebnisoffen.

Abb. 32: Quantitative Methoden im Überblick355

Durch Standardisierung der Erhebungsinstrumente, die als Kriterium quantitativen

Vorgehens gilt,356 wird sowohl eine hohe Vergleichbarkeit der Ergebnisse als auch

die relativ einfache Auswertung erhobener Daten mit statistischen Methoden

355 Eigene Abbildung 356 Vgl. Burzan 2005, S. 25ff.

Quantitative Methoden

Benchmarking ABC - Analyse

Netzplan - technik

Statistische Messwerte

Quantitat. Fragebogen

Stich - proben

Internal Benchmarking

Competitive Benchmarking

Functional Benchmarking

Generic Benchmarking

Mittelwerte

Streuungs -maße

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ermöglicht. Nachfolgend werden ausgewählte quantitative Methoden mit hoher

Relevanz in der Organisationsdiagnose vorgestellt.

5.2.1.1.2.1 Benchmarking Benchmarking als Instrument dient der Analyse und Planung durch den Vergleich der

betrachteten Organisation mit den jeweils „Klassenbesten“ der Mitbewerber und/oder

branchenfremden Organisationen. Benchmarking ist somit als Prozess zu verstehen,

der Produkte, Abläufe und Strukturen organisationaler Funktionen gegenüberstellt,

um Rationalisierungs- sowie Qualitäts- und Leistungspotenziale zu identifizieren. Als

Begründer des Benchmarking gilt das amerikanische Unternehmen Rank Xerox,

welches in den 70er Jahren nach Vergleichen mit seiner japanischen Tochter-

gesellschaft sowie mit Konkurrenten eigene Prozesse, Methoden und Strategien

radikal änderte und so die Rückkehr an die Weltspitze schaffte.

Benchmarking ist somit die Suche nach branchenübergreifend besten Lösungen, die

zu überragenden Leistungen führen und ein Ansatz zur Analyse der Situation eine

Organisation auf Basis eines systematischen Vergleiches mit anderen Organisa-

tionen, beziehungsweise Einheiten. Dabei stammt der Begriff ursprünglich aus der

Landvermessung. Übertragen auf die Organisationsdiagnose lässt sich Bench-

marking als „standardisierte Vergleichsgrößen und Richtwerte“, die in Kennzahlen

ausgedrückt werden, definieren.357

Die Betrachtung von Kennzahlen ermöglicht einen systematischen Vergleich von

Vergleichsgrößen sowie Vergleichsobjekten und zeigt somit Ansatzpunkte für

Leistungsverbesserungen im eigenen Unternehmen, beziehungsweise im

betrachteten Untersuchungsobjekt auf. Welche Parameter als Vergleichsgrößen oder

Vergleichsobjekte herangezogen werden, hängt von der jeweils angewandten

Variante des Benchmarkings ab.

Grundsätzlich lassen sich mehrere verschiedene Benchmarking-Varianten

unterscheiden:358 Beim internal Benchmarking wird ein Vergleich zwischen

verschiedenen Geschäftseinheiten innerhalb einer Organisation angestellt. Der 357 http://www.benchmarking-center.de 358 Zur ausführlichen Darstellung der verschiedenen Varianten vgl. Karlöff /Östblom 1993, S. 62ff.

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Vorteil hierbei ist eine relativ leichte Zugänglichkeit der Daten. Einen Nachteil stellt

der fehlende externe Bezug dar. Beim Wettbewerbs- bzw. Competitiven

Benchmarking erweitert sich der Blickwinkel auf die Betrachtung der direkten

Konkurrenz. Die Wettbewerbsvorteile sowie -nachteile der einzelnen Konkurrenten

werden aufgezeigt. Hierbei die relevanten Informationen zu generieren gestaltet sich

als sehr schwierig. Deswegen wird diese Art des Benchmarking oft von neutralen

Instituten durchgeführt.

Unter Functional Benchmarking versteht man Branchenbezogenes Benchmarking.

Hierbei vergleicht man ähnliche Funktionen innerhalb einer Branche. Der

Datenaustausch untereinander wird dadurch erleichtert, dass die untersuchten

Organisationen keine direkten Konkurrenten sind. Das branchenunabhängige

Generic Benchmarking ermöglicht einen Vergleich, der über die Branchen- und

Funktionsgrenzen hinausgeht. Grundgedanke in diesem Bereich des Benchmarkings

ist die Vergleichbarkeit von Praktiken.

Für die genaue Analyse und richtige Darstellung der betrachteten Situation einer

Organisation ist die Auswahl der passenden Kennzahlen, die eine realistische

Einschätzung der Situation der betrachteten Organisationen und damit die Ableitung

entsprechender Handlungsalternativen ermöglicht, Voraussetzung. Als Kennzahlen

dienen dabei quantitative Informationen, die Zusammenhänge in einem

Unternehmen in komprimierter Form deutlich machen.359 Die Auswahl der

Kennzahlen und die zur Erhebung angewandten Verfahren müssen auf die konkrete

Fragestellung abgestimmt sein.

5.2.1.1.2.2 ABC-Analyse Ein weiteres klassisches und gleichzeitig variables auf nahezu jede Fragestellung

anwendbares quantitatives Instrument stellt die ABC-Analyse dar. Sie dient der

Erkennung ökonomischer Problemsituationen und Schwachstellen und ist in der

Lage, die aktuelle Situation einer betrachteten Organisation anschaulich

darzustellen. Ziel der ABC-Analyse ist es, das Augenmerk auf die wesentlichen und

ausschlaggebenden Bereiche für den Erfolg der Organisation durch die Bildung von

359 Vgl. Franke/Zerres 1994, S. 39

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A-, B- und C-Klassen zu konzentrieren. Sie wurde von H. Ford Dickie im Jahr 1951

erstmals beschrieben und findet seit den 1950er Jahren durch Pareto und Lorenz

Anwendung in der Theorie der Unternehmensführung.360

5.2.1.1.2.3 Netzplantechnik Die Netzplantechnik entstand Ende der 1950er Jahre etwa zeitgleich in Frankreich

und den USA. Ausgangspunkt war der Wunsch nach einer Methode, mit deren Hilfe

komplexe Abläufe möglichst genau geplant und effizient durchgeführt werden

können. So findet die Netztechnik klassischer Weise auch heute noch v. a.

Anwendung zur Planung und Steuerung von Projekten oder anderen Abläufen mit

definiertem Start- und Endpunkt. Im Rahmen einer Organisationsdiagnose kann sie

z. B. zu Soll-Ist-Vergleichen o. ä. eingesetzt werden. Im ersten Schritt ist unter

Netzplan die grafische Darstellung eines Sachverhaltes zu verstehen, die allein

schon in der Praxis häufig von großem Wert ist, da sie eine intensive

Auseinandersetzung mit dem Thema voraussetzt und zur Klärung beiträgt.361

Hierzu ist die Ermittlung aller Aktivitäten bzw. Ereignisse, die für die Durchführung

eines Projektes o. ä. erforderlich sind, nötig. Zwischen den einzelnen Aktivitäten, die

als Vorgänge bezeichnet werden, bestehen Abhängigkeitsbeziehungen. Daher ist für

die Darstellung eines Projektverlaufs als Netzplan die genaue Planung und die

zeitliche Dauer der einzelnen Vorgänge Voraussetzung, die jeweiligen Vorgänger-/

Nachfolgerbeziehungen müssen exakt ermittelt werden und übersichtlich in der

Vorgangsliste erfasst werden.362

Der Informationsgehalt des Netzplans kann um die Zeit- oder Kapazitätsplanung

erweitert werden. Er umfasst alle kritischen Vorgänge durch visuell hervorgehobene

Pfeile verbunden. Diese Verbindungen ergeben den kritischen Pfad.363

360 http://www.abc-analyse.info 361 Vgl. Runzheimer 1999, S. 181 362 Vgl. Werners 2006, S. 203, 214 363 Vgl. Ohse 1998, S. 28

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5.2.1.1.2.4 Quantitativer Fragebogen „Die Befragung ist die dominierende Erhebungsmethode in den Wirtschafts- und

Sozialwissenschaften.“364 Befragungen können mündlich oder nicht mündlich

erfolgen. Bei mündlichen Befragungsarten unterscheidet man Face-to-Face, die

persönliche und die telefonische Befragung. Bei Befragungen ohne mündliche

Äußerungen unterscheidet man die schriftliche und die Online Befragung. Vorteil der

mündlichen Befragungsarten ist, die höhere Verbindlichkeit der Befragung während

schriftliche Befragungen, vor allem Online-Befragungen, sehr kostengünstig

durchgeführt werden können.365 Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von

Befragungen ist deren Strukturierung. Von einer standardisierten Befragung spricht

man, wenn Fragetext und Fragereihenfolge festgelegt sind. Ist dieses Merkmal

erfüllt, handelt es sich um quantitative Erhebungen, die statistischen Auswertungen

unterzogen werden können.366 Die Befragung muss nicht durch Externe erfolgen und

kann in kurzen Abständen wiederholt werden, um Veränderungen frühzeitig zu

erkennen.367

Ein Beispiel eines rein quantitativen Befragungsinstrumentes ist die Schnelle

Situationsanalyse (SSA), einer Befragung auf Basis eines kurz gefassten

Fragebogens, der sich auf nur einen Kernbereich konzentriert. Hierdurch werden

sonst übliche Probleme schriftlicher Befragungsmethoden wie abnehmende

Konzentration und Motivation minimiert. Zudem ist eine schnelle Auswertung und

Rückmeldung möglich.368

Statistische Methoden zur Auswertung von Fragebögen sind Häufigkeitstabellen,

deskriptive statistische Maßzahlen oder Hochrechnungen und statistische Tests. Sie

werden zur Auswertung vor allem deshalb herangezogen, weil damit große

Datenmengen übersichtlich dargestellt werden können, Daten vergleichbar und

Interpretationshilfen für die Daten gegeben werden.369 Mittels statistisches Methoden

ist es so möglich, unterschiedliche Maßzahlen zu berechnen. Die Konstruktion der

364 Vgl. Eckey/Kosfeld/Türck 2005, S. 18 365 Vgl. a.a.O., S. 18f. 366 Vgl. a.a.O., S. 19 367 Vgl. Domsch 1988, S. 109 368 Vgl. a.a.O., S. 108f. 369 Vgl. Burzan 2005, S. 144

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Maßzahlen ist kritisch auf ihre sachliche Richtigkeit hin zu betrachten, denn sie

bergen Fehlerquellen, in ihrer Interpretation.

5.2.1.1.2.5 Statistische Messwerte Der im Alltag wohl am häufigsten genutzte Mittelwert ist der einfache Durchschnitt –

oder genauer – das arithmetische Mittel. „Es ist handlich, leicht zu berechnen, es

verdichtet große Datenmassen elegant zu einer einzigen kompakten Zahl.“370

Gleichzeitig liegt auch darin das Problem, denn zur Streuung der Werte um das

Mittel gibt das arithmetische Mittel keine Auskunft und es kann ein trügerischer

Eindruck einer Gleichverteilung entstehen.371 Für die Interpretation der Maßzahl

macht es jedoch einen Unterschied, ob sich die Werte dicht um das Mittel sammeln

oder ob sie über eine große Spannweite verteilt liegen.

Als Alternative bietet sich der Median an. Er teilt die Merkmalswerte in zwei gleich

große Hälften, stellt also die 50%-Trennmarke dar. Mindestens 50% der Werte sind

kleiner oder gleich dem Median und mindestens 50% größer oder gleich. Eine

wesentliche Eigenschaft des Median ist seine Unempfindlichkeit gegenüber

Ausreißern, denn ein einmaliger Wert, der erheblich von den übrigen abweicht, hat

kaum einen Einfluss auf den Median.372

Um Streuungen abzubilden, ist es sinnvoll, zu Mittelwerten auch ein Streuungsmaß

zu bestimmen, welches Auskunft darüber gibt wie stark die Merkmalswerte

voneinander abweichen. So gibt die Spannweite an, in welchem Bereich sich die

einzelnen Werte befinden. Die Standardabweichung gibt dagegen an, um wie viel die

Werte im Durchschnitt vom arithmetischen Mittel abweichen.373

Werden zwei Merkmale betrachtet, lässt sich mittels einer Korrelationsanalyse die

Stärke des Zusammenhangs der beiden Merkmale berechnen. Vorab ist jedoch zu

überlegen, ob zwischen den beiden Merkmalen tatsächlich ein kausaler

Zusammenhang besteht, um Scheinkorrelationen vorzubeugen. Die errechneten

370 Vgl. Krämer 1997, S. 61 371 Vgl. a.a.O., S. 144 372 Vgl. Eckey/Kosfeld/Türck 2005, S. 60, 65f. 373 Vgl. a.a.O., S. 93ff., 102

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Werte müssen so einer logisch-theoretischen Überprüfung standhalten, um sie

interpretieren zu können.374

Stichproben erlauben Aussagen über die Grundgesamtheit. Bei solchen

Teilerhebungen muss festgelegt werden, auf welche Art und Weise Repräsentativität

hergestellt wird. Hier ist das Zufallsprinzip anzuwenden.375 Bei nicht-zufälligen

Verfahren der Stichprobenbildung sind subjektive Einflüsse bei der Auswahl der

Merkmalsträger nicht auszuschließen, die eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit

der Richtigkeit der Stichprobe erschwert.376

5.2.2 Zusammenfassung Die im Rahmen der Analysephase zu bearbeitenden Themen und zu beachtenden

Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Analysephase

Aufgaben:

• Wahrnehmung der Unternehmenswirklichkeit aus

Frosch- und Vogelperspektive

• Datensammlung mittels qualitativen und quantitativen

Methoden

• Die Wahl der Analysemethoden setzt Zeichen und

stellt bereits eine erste Intervention dar

• Datenaufbereitung mit dem Ziel, Symptome und

Ursachen zu unterscheiden

• Abgleich der Analyse durch Datenfeedback

(gemeinsamer Diagnoseabschluss)

Abb. 33: Zusammenfassung der innerhalb der Analysephase zu bearbeitenden Themen377

374 Vgl. Eckey/Kosfeld/Türck 2005, S. 182f. 375 Vgl. a.a.O., S. 24, 26 376 Vgl. a.a.O., S. 422 377 Eigene Abbildung

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5.3 Konzeptphase Konzepte sind Strategien der Veränderung. Es existieren keine generell gültigen

Konzepte für Veränderungsprozesse, da für jede Situation eine maßgeschneiderte

Lösung notwendig und zu erarbeiten ist. Die hinter Konzepten stehenden Strategien

spiegeln meist die Einstellungen von Führungskräften zum Thema Veränderung

wieder. In der Literatur lassen sich hierbei drei verschiedene strategische Ansätze

differenzieren:

1. Rationale Strategien

2. Machtstrategien

3. Entwicklungsstrategien378

5.3.1 Rationale Strategien Entscheidet sich eine Organisation für eine rationale Strategie, bedeutet dies, dass

der Prozess der Veränderung weitgehend von externen Experten geplant und

durchgeführt wird. Diese erstellen in erster Linie Analysen und Expertisen, auf deren

Basis ein geeignetes Lösungskonzept erarbeitet werden kann. Die Verantwortlichen

in der Organisation übertragen also die Lösungskompetenz in weiten Teilen auf

Fachexperten, der die Rolle eines Vaters übernimmt, der sein Kind an die Hand

nimmt und ihm zeigt, auf welchem Weg es sicher an sein Ziel kommt.379

Im Umgang mit den von der Veränderung Betroffenen geht der Fachexperte von

einem rational geprägten Menschenbild aus und versucht die Betroffenen durch

logische Argumente zu überzeugen. Dahinter steht das Verständnis, das gut

durchdachte und entsprechend ausgearbeitete Pläne den Betroffenen erlauben, die

für Sie dadurch entstehenden Vorteile zu erkennen. Damit verbunden wird die

Überzeugung, dass diese Einsicht für ein ausreichendes Maß an Motivation

genügt.380

Durch die Erarbeitung von Lösungen in einem sehr kleinen Personenkreis hat den

Vorteil, dass komplette, in sich schlüssige Lösungen bei verhältnismäßig geringem

378 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 76 379 Vgl. a.a.O., S. 76f. 380 Vgl. a.a.O., S. 76f.

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Zeitaufwand entstehen. Ein weiterer Vorteil ist im Abstand des Fachexperten zur

Organisation zu sehen: Er ist weniger durch einzelne Personen beeinflusst, die in der

Organisation einen besonderen Status o.ä. genießen.381

Problematisch ist dagegen die Annahme, dass sich alle Menschen allein durch

ausreichend logische Argumentation überzeugen lassen, denn neben der rationalen

muss auch die emotionale Ebene von Veränderungen berücksichtigt werden.

Projekte können daran scheitern, dass sich die Betroffenen nicht mit den Inhalten

und Formen der Veränderungen identifizieren. Ist das der Fall, werden die rational

begründeten Veränderungen zwar oberflächlich akzeptiert, aber bei nächstbester

Gelegenheit wieder verworfen. Da der Fachexperte die Lösung des Problems

übernimmt und dieser nach Projektende auch das Wissen um die Lösung des

Problems der Organisation entzieht, wird die Entwicklung eigener Lösungs-

kompetenz innerhalb der Organisation verhindert.382

5.3.2 Machtstrategien Machtstrategien polarisieren die Beziehungen zwischen Menschen, denn auf der

einen Seite befinden sich diejenigen, die legitimiert sind Entscheidungen zu treffen,

auch gegen den Willen anderer, während auf der anderen Seite diejenigen stehen,

die Anweisungen zu akzeptieren und befolgen haben.383

Analog rationaler Strategien lassen sich auch bei Machtstrategien schnelle Lösungen

erreichen, da nur ein kleiner Kreis von Personen, deren Befugnisse genau definiert

sind, Entscheidungen trifft. Andere Personen werden, ähnlich wie bei militärischen

Organisationen, von der vermeintlichen Last, eigene Entscheidungen zu treffen,

entlastet.384 Hieraus ergeben sich ethische und pragmatische Nachteile. Als

ethischer Nachteil gilt, dass Entscheidungen getroffen werden, ohne die Meinung der

Betroffenen zu berücksichtigen. Das Individuum muss sich so dem Kollektiv

unterordnen. Diese strikte hierarchische Ordnung fördert nicht eigenständiges

Denken. Im Gegenteil: Mitarbeiter werden in einer Abhängigkeit gehalten, die es

381 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 77 382 Vgl. a.a.O., S. 77f. 383 Vgl. a.a.O., S. 78f. 384 Vgl. a.a.O., S. 79

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ihnen z. T. unmöglich macht, die eigene Persönlichkeit zu entfalten.385 Auf

pragmatischer Seite wird als Nachteil gesehen, dass die Betroffenen eine mit Macht

durchgesetzte Veränderung nur äußerlich akzeptieren, nicht aber innerlich

vollziehen. Darüber hinaus ist es möglich, dass zu viel Druck auf die Beteiligten

ausgeübt wird, der sich im erhöhten Krankenstand, der Zurückhaltung von Arbeits-

kraft (Dienst nach Vorschrift) bis hin zu Arbeitsverweigerung ausdrücken kann und

leicht zum Gegenteil dessen, was beabsichtig war, führt.386

5.3.3 Entwicklungsstrategien Entwicklungsstrategien basieren auf einem grundlegend anderen Verständnis der in

Organisationen agierenden Personen, denn diese sollten selbst Entscheidungen

treffen und Probleme lösen. Voraussetzung hierfür ist, dass diese motiviert sind, sich

mit allen Kompetenzen in die Organisation einzubringen. Übersteigen die

Anforderungen der Entscheidungsfindung die Fähigkeiten der Mitarbeiter, kann ein

externer Berater zur Unterstützung herangezogen werden, der die betreffenden

Personen so lange unterstützt, bis diese in der Lage sind, ihre Aufgaben ohne

fremde Hilfe zu erledigen. Auf gleiche Art können auch Veränderungsprozesse

konzeptioniert werden. Externe Experten haben hier ausschließlich beratende

Funktion und geben methodische Anregungen. Bei Entwicklungsstrategien geht es

darum, alle in der Organisation tätigen Personen zur eigenverantwortlichen

Lösungsfindung anzuregen.387

Die Nachteile rationaler und Machtstrategien sind somit die Vorteile der

Entwicklungsstrategien und umgekehrt.388 Da Organisationen heute deutlich mehr

Flexibilität in komplexen Situationen zeigen müssen als früher, empfehlen sich für

Veränderungsprozesse Entwicklungsstrategien, die versuchen, die kreativen

Potentiale aller in der Organisation beteiligten Personen zu nutzen.

Nachfolgend werden die auf Basis der Entwicklungsstrategie von Doppler/Lauterburg

entwickelte „Charta des Managements von Veränderungen“389 vorgestellt.

385 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 79 386 Vgl. a.a.O., S. 79f. 387 Vgl. a.a.O., S. 79f. 388 Vgl. a.a.O., S. 81 389 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 148

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5.3.4 Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung

Trotz der Unübertragbarkeit von Konzepten aufgrund mental-kultureller und

inhaltlicher Einzigartigkeit jeder Organisation, lassen sich auf Basis der

Entwicklungsstrategie acht Grundsätze formulieren, die allgemeine Gültigkeit im

Prozess der Ausgestaltung von Konzepten besitzen und nachfolgend näher erläutert

werden:

Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung

● Zielorientiertes Management.

● Keine Maßnahme ohne Diagnose.

● Ganzheitliches Denken und Handeln.

● Beteiligung der Betroffenen.

● Hilfe zur Selbsthilfe.

● Prozessorientierte Steuerung.

● Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen.

● Lebendige Kommunikation.

Abb. 34: Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung390

5.3.4.1 Zielorientiertes Management

In Veränderungsprozessen muss Klarheit über Ausgangslage, Zielsetzung,

Erfolgskriterien, Organisation, Planung und Kontrolle herrschen, denn Projekte, die

brauchbare Ergebnisse erzielen sollen, müssen zielorientiert geführt werden.391 Bei

der Klärung der Ausgangslage geht es darum, worauf sich der Handlungsbedarf

begründet. Im Rahmen der Zielsetzung ist zu erörtern, welche Ziele das Projekt hat

und was konkret erreicht werden soll. Für die Definition von Erfolgskriterien ist zu

klären, welche Kriterien die Erfüllung der Ziele qualitativ und quantitativ abbilden.

Organisatorische Fragen richten sich auf die Verteilung der Aufgaben, der Regelung

der Koordination und Steuerung und der Verantwortlichkeiten. Die Planung des 390 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 149f. 391 Vgl. a.a.O., S. 149

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Prozesses umfasst die Klärung von „Meilensteinen“ und konkreten Phasen sowie

einer Terminplanung für das Gesamtprojekt. Schließlich muss zum zielorientierten

Management von Prozessen geklärt werden, wie und wann die Projektarbeit zu

kontrollieren ist und wer die Befugnis hat, bei Zielabweichungen korrigierend

einzugreifen.392

Die Ergebnisse der ILOI-Studie zeigen, das Gründe für Veränderungsprozesse

vielfältig sind; neben produktbezogenen lassen sich marktbezogene, geschäfts-

prozessbezogene, mitarbeiterbezogene, führungsbezogene und strukturbezogene

Gründe für Veränderungsprozesse unterscheiden.393 Aufgrund der Vielfalt an

Gründen für Veränderungsprozesse muss sich jede Organisation über seine

individuelle Ausgangslage im Klaren sein, um Veränderungsprozesse zielorientiert zu

initiieren. Erfolgskriterien basieren auf definierten Zielen, die mit Kriterien versehen

werden, die messbar und beurteilbar sind.

Die Komplexität von Veränderungsprozessen macht eine klare Struktur notwendig,

denn die Projektarbeit vollzieht sich in Phasen. „Meilensteine“ helfen, das Gesamtziel

nicht aus den Augen zu verlieren und sukzessive die anstehenden Aufgaben zu

erledigen. Die Zielerreichung an zuvor definierten Messpunkten zu kontrollieren ist

die abschließende Aufgabe im Prozess. Die einzelnen Punkte stehen in

wechselseitiger Beziehung zueinander und sind in ihrer Gesamtheit von Bedeutung

für ein sinnvolles Zusammenwirken aller Beteiligten im Veränderungsprozess.394

5.3.4.2 Keine Maßnahme ohne Diagnose

Am Anfang jeder Veränderung steht eine sorgfältige Beurteilung der Ist-Situation.

Häufig wird jedoch vorschnell mit der Entwicklung von Lösungen begonnen, ohne die

Ist-Situation ausreichend zu analysieren und den Soll-Zustand genau zu

beschreiben. Da eine gute Analyse der halbe Projekterfolg ist und jede Therapie „nur

so gut [ist] wie die ihr zugrunde liegende Diagnose“395 ist eine gute Datengrundlage

392 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 150 393 Vgl. ILOI 1997, S. 10f 394 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 150 395 Vgl. a.a.O., S. 151

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nötig. Hierbei sind Datenerhebung, Datenverdichtung, Datenfeedback und die

abschließende Datenanalyse zu unterscheiden.

Bei der Datenverdichtung geht es darum, unter Berücksichtigung der Ausgangslage

und Zielsetzung das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen, um die Datenflut

zu reduzieren. Das Datenfeedback bietet den Abgleich der Ergebnisse mit den

Beteiligten. Die Datenanalyse soll schließlich Zusammenhänge verdeutlichen und

Schwachstellen aufzeigen, um auf dieser Basis erste Lösungsansätze zu generieren.

Hierbei gilt: „Nur wer die Innereien seines Werkes kennt und die Mechanik seines

Uhrwerks versteht, kann ihn richtig reparieren, wenn er nicht mehr funktioniert.“396

5.3.4.3 Ganzheitliches Denken und Handeln Für den Erfolg eines Veränderungsprozesses ist es notwendig, Vernetzungen zu

erkennen und den Blick auf die Gesamtheit aller Vorgänge zu richten und damit

ganzheitlich zu denken und zu handeln. Dies ist umso bedeutender, da die größte

Fehlerquelle in einer zu technokratischen Sichtweise der Führungskräfte und deren

Überzeugung liegt, Probleme allein durch den Einsatz richtiger technischer Mittel zu

lösen. Veränderungen müssen von allen Befugten akzeptiert werden, um zu

gelingen. Daher ist es wichtig, zumindest all die Personen in den Prozess zu

integrieren, die von den späteren Veränderungen betroffen sind. Dies zu

vernachlässigen ist ein Fehler, der in den Köpfen der Planenden häufig verankert

ist.397

Es kann in der Praxis fatale Auswirkungen haben, wenn nicht alle Aspekte eines

Veränderungsprozesses und deren Vernetzungen berücksichtigt werden. Um das

Risiko, durch Fehler in der Planung wichtige Ressourcen zu verschwenden zu

senken, müssen Strukturen, Verhalten und die Unternehmenskultur bei der Planung

von Konzepten berücksichtigt werden.398

396 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002., S. 152 397 Vgl. a.a.O., S. 152 398 Vgl. a.a.O., S. 153

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In der Praxis werden Führungskräfte bei ihrer Arbeit im Unternehmen mit einfachen,

komplizierten oder komplexen Problemen konfrontiert.399 Allgemein wird unter einem

Problem jede Abweichung (sowohl positiv als auch negativ) von einem Normal-

zustand bzw. jede unbeabsichtigte Änderung verstanden.400 Aufgrund der

Vernetzung innerhalb und außerhalb von Organisationen überwiegen komplexe

Probleme, zu deren Lösung fünf Schritte nötig sind.

Zunächst gilt es Probleme zu entdecken und zu identifizieren, denn viele Probleme

sind nicht offensichtlich. Vielmehr sind oft die Symptome an der Oberfläche

wahrnehmbar, während der Kern des Problems meist tiefer liegt. Daher ist eine

genaue Analyse der Situation notwendig, da es nicht weiter hilft, gegen die

Symptome zu kämpfen, während der wahre Grund unberührt bleibt.401 Ist ein

Problem identifiziert, müssen als nächstes die Zusammenhänge und Spannungs-

felder der Problemsituation verändert werden. Hierzu ist festzustellen, welche Teile

der Organisation involviert sind, wo der Ort der Entstehung, der meist nicht mit den

Auswirkungen übereinstimmt, liegt und wie sich die Zusammenhänge genau

gestalten. Jedoch sind nicht alle Verbindungen leicht zu identifizieren aufgrund

schulisch erlernter Denkmuster.

Im Sinne des Ursache-Wirkungs-Prinzips geht man davon aus, dass für jedes

Problem eine bestimmte Lösung existiert. Solch lineares Denken ist jedoch nicht

zielführend, denn Organisationen bestehen nicht aus linearen Strukturen, sondern

sind ein komplexes Konstrukt aus Beziehungen zwischen verschiedenen Einheiten.

Es gilt daher, eigene Denkmuster zu entwickeln, die es ermöglichen, komplexe

Zusammenhänge und deren Bedeutung zu erkennen.402 Sind Zusammenhänge

erkannt, geht es um die Erarbeitung von Gestaltungs- und Lenkungsmöglichkeiten.

Jeder Mensch verfügt über vorgefertigte Muster zur Lösung von Problemen. Der

Rückgriff auf vertraute, Erfolg versprechende Muster führt dazu, für andere Ansätze

weniger offen zu sein. Unterschiedliche Probleme fordern ausreichende Flexibilität,

399 Vgl. Gomez/Probst 1995, S. 14ff. 400 Vgl. a.a.O., S. 37f. 401 Vgl. Gomez/Probst 1995, S. 37 402 Vgl. a.a.O., S. 65ff.

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um jeweils passende Lösungsansätze in Betracht zu ziehen und Alternativen

chancengleich zu prüfen.403

Wurden nach dem Auftreten eines Problems verschiedene Lösungsansätze

konzipiert, geht es nun darum, mögliche Problemlösungen zu beurteilen. Um

Lösungen zu finden, die hohen Ansprüchen gerecht werden, sind einige Kriterien zu

beachten, denn Veränderungen betreffen meist eine Vielzahl von Personenkreisen

(Stakeholder), deren Interessen berücksichtigt werden müssen. Dadurch wird

Glaubwürdigkeit unter den Betroffenen ermöglicht: Wer sich bei Veränderungen

berücksichtigt fühlt, ist eher gewillt, diese anzunehmen. Weiterhin wird für die Zukunft

mehr Sicherheit gewährleistet. Stoßen Veränderungen auf Akzeptanz, sind sie von

längerer Dauer. Daher geht es bei der Suche nach Lösungen nicht darum, die eine

passende Lösung zu finden, sondern nach Lösungen zu suchen, die sich den

gegebenen Umständen am besten anpassen, denn Lösungen benötigen Flexibilität,

um unter widrigen Umständen bestehen zu können. Ebenso müssen externe

Einflüsse und Notwendigkeiten berücksichtigt werden, um eine geeignete und

überprüfbare Lösung zu skizzieren.404

Die Verantwortlichen müssen sich auf die jeweilige Situation einstellen. Dies erfordert

einen flexiblen Umgang mit neuen Situationen. Gleichzeitig ist es in Zeiten des

Wandels wichtig, an vertrauten Werten festzuhalten, um so in anderen Bereichen

Veränderungen zu akzeptieren. Dies schafft das wichtige Gefühl von Sicherheit. Es

gilt: Bewahre den Blick für die Gesamtheit und kümmere dich um jedes Einzelteil.405

Insgesamt ist es wichtig, die während des Prozesses gewonnenen Erkenntnisse

nachhaltig zu sichern.

5.3.4.4 Beteiligung von Betroffenen

Veränderungsprozesse berühren meist eine ganze Reihe von Personengruppen.

Hierbei sind die Mitarbeiter die am meisten betroffene Gruppe. Werden Betroffene

403 Vgl. Gomez/Probst 1995, S. 113ff. 404 Vgl. a.a.O., S. 165ff. 405 Vgl. a.a.O., S. 201ff.

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nicht beteiligt, entstehen Barrieren wie mangelndes Engagement, fehlende

Motivation bis hin zur generellen Angst der Mitarbeiter vor Veränderungen.406

Abb. 35: Wichtigste Stakeholder bei Veränderungsprozessen407

Die Beteiligung von Betroffenen ist in der Bundesrepublik Deutschland weniger

ausgeprägt als in Ländern mit konsensorientierter Kultur.408 Vorurteile, dass diese

Beteiligung zu viel Zeit kostet, stehen häufig im Weg.409 Tatsächlich benötigt die

Entscheidungsfindung bei Beteiligung der betroffenen Gruppen länger, allerdings

entfällt dann die Zeit, die sonst zur Vermittlung der Ziele der Veränderung

aufgebraucht würde. Durch die Beteiligung und Mitgestaltung entsteht Motivation und

innere Veränderung. So zeigt sich in der Praxis, dass Beteiligung von Betroffenen

keine Zeitverschwendung ist. Ganz im Gegenteil, denn zusätzlich wird so dafür

gesorgt, dass Änderungen nicht nur akzeptiert, sondern wirklich gelebt werden.410

406 Vgl. ILOI 1997, S. 20 407 Vgl. Capgemini 2003, S. 25 408 Vgl. a.a.O., S. 23 409 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 155 410 Vgl. a.a.O., S. 155

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Ein zweites Vorurteil gegenüber stärkerer Beteiligung von Betroffenen, wonach mehr

geredet statt gearbeitet wird, wenn jeder bei allem mitreden will, zeugt von einem

erheblichem Missverständnis.411 Betroffene zu Beteiligten zu machen bedeutet, diese

nur dann einzubeziehen, wenn sie von den Auswirkungen der jeweiligen

Entscheidung selbst betroffen sind. So können Lösungen durch praxisbezogene

Erkenntnisse erweitert und durch frühzeitige Integration eine bessere Identifikation

und insgesamt bessere Entscheidungen getroffen werden. Darüber hinaus erfahren

die Mitarbeiter durch die Einbeziehung Respekt.

Es ist Aufgabe der Führungskräfte, die Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse

einzubinden. Spannungen sind dabei grundsätzlich konstruktiv, allerdings ist darauf

zu achten, wie mit diesen umgegangen wird. Erhebliche Chancen liegen hierbei in

der Gruppenarbeit: Stimmt die Zusammensetzung der Gruppe, erfährt jeder Einzelne

eine ganzheitliche Sicht auf die Dinge und ist bei seinem Denken nicht auf die eigene

Perspektive reduziert. Gruppendynamische Basiskenntnisse helfen Führungskräften,

diese Anforderungen zu bewältigen.412

5.3.4.5 Hilfe zur Selbsthilfe Bei Veränderungsprozessen kommt der dezentralen Selbstorganisation der

Mitarbeiter eine ausschlaggebende Rolle zu. Hierzu sind hierarchiefreie Räume

sinnvoll.413 Durch die damit verbundene Gleichberechtigung soll erreicht werden,

dass sich die Teammitglieder ohne Vorbehalte entfalten können, denn Arbeit in

Veränderungsprozessen ist für die Betroffenen innovative und anspruchsvolle Arbeit,

da die zu lösenden Problemstellungen in Veränderungsprozessen meist außerhalb

der täglichen Routine liegen.414 Hierbei kann es notwendig werden, den Team- bzw.

Gruppenmitgliedern Unterstützung zu kommen zu lassen. Je nach Situation kann

dies in Form eines Feedbacks als einfaches, aber wirkungsvolles Instrument erfolgen

oder in Form von Ausbildungsangeboten wie der Vermittlung von theoretischen

Grundlagen, methodischem Know-how oder von Verhaltenstraining. Ebenso kann

eine externe Moderation von Klausuren oder Workshop-Veranstaltungen spürbar

411 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 155 412 Vgl. a.a.O., S. 155 413 Vgl. a.a.O., S. 155 414 Vgl. a.a.O., S. 156

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unterstützen.415 Beratung ist in Form eines persönlichen Coachings denkbar.

Coaching dient dabei als Instrument, um die Motivation der Mitarbeiter zu steigern,

ihr Verständnis für Eingriffe oder Verhaltensmuster zu erhöhen und damit die

Effektivität zu steigern.416 Letztlich unterstützen Entscheidungen durch Entschei-

dungsträger und die Freigabe von Ressourcen, (Manpower, Mittel, Räume, Material,

Zeit) einen reibungslosen Ablauf der Projekte.417 Diese Unterstützungen dienen

dazu, Handlungsfähigkeit des Teams zu gewährleisten um so zu ermöglichen, dass

dieses seine Aufgaben selbstständig bearbeiten kann. Unterstützende Eingriffe sind

daher nur nach unmittelbarer Bedarfslage sinnvoll, denn „wer wirksam Hilfe zur

Selbsthilfe leisten will, muss sich immer mit einem Bein auf dem Rückzug

befinden!“418

5.3.4.6 Prozessorientierte Steuerung Unter prozessorientierter Steuerung ist ein Instrument zu verstehen, welches durch

den Einsatz eines Netzwerkes von Prozessen die im Prozessverlauf auftretenden

Schnittstellenprobleme zu lösen versucht.419 Sie ist notwendig, da Veränderungs-

prozesse komplexe Anforderungen an die Beteiligten stellen, die dadurch verstärkt

wird, dass sich Menschen bei Veränderungsprozessen in unterschiedlichen

Gruppierungen und Rollen bewegen.420

Verantwortung der Unternehmensführung ist es, für das reibungslose Ablaufen der

Arbeitsprozesse zu sorgen, durch die Dosierung des Tempos, die laufende

Entstörung und den Abschluss einzelner Phasen, bevor die Nächste beginnt.421

Veränderungsprozesse sind immer auch Lernprozesse. Die Wahrscheinlichkeit eines

guten Lernerfolges kann durch ein Wechselspiel von Informationsvorgabe,

Diskussion und Selbsterarbeitung erhöht werden.422 Dabei spielt aufgrund

individueller Lernvoraussetzungen die Dosierung des Tempos eine übergeordnete

415 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 157 416 Vgl. Czichos 1990, S. 490f. 417 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 157f. 418 Vgl. a.a.O., S. 156 419 Vgl. Binner 2002, S. 12 420 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 158 421 Vgl. a.a.O., S. 158 422 Vgl. Czichos 1990, S. 41ff.

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Rolle, denn die Mitarbeiter sollen gefordert, aber nicht überfordert werden. Zur

Unterstützung der Lernprozesse sind Handlungs- und Entscheidungsspielräume für

die Beteiligten unterstützende Maßnahmen für den Lernerfolg und deutlich effektiver,

als nachträgliche kommunikative Überzeugungsarbeit.423

Wesentlich ist, dass menschliches Verhalten weniger auf sachlich-logischen

Zusammenhängen beruht, sondern vielmehr von Bedürfnissen und Interessen,

Hoffnungen und Befürchtungen sowie Freude und Ärger beeinflusst wird. Daher ist

auf die innerliche Verfassung der Beteiligten Rücksicht zu nehmen und Spielräume

offen zu halten, um plötzlich auftretende Spannungen oder Störungen zu bearbeiten,

bevor diese um sich greifen.424 Hierzu ist es notwendig, eine regelmäßige Prozess-

Analyse durch „Management by wandering around“ 425, also durch lebendige,

regelmäßige Kommunikation mit den betroffenen Mitarbeitern durchzuführen.

Ebenso ist die laufende Bearbeitung von Widerständen und Konflikten, die

sogenannte „Entstörung“ nötig, um „einen offenen Umgang mit Konflikten zu fördern,

mit dem Ziel, die Konflikte am Ende für alle Beteiligten verträglich und gemeinsam

mit den Konfliktparteien beigelegt zu haben.“426 Letztlich beinhaltet die „Rollende

Planung“ Flexibilität in der operativen Feinplanung, die es erlaubt, situative

Gegebenheiten individuell zu berücksichtigen.427

Für die prozessorientierte Steuerung ist es insgesamt notwendig, Kriterien fest-

zulegen, um die Zielerreichung zu messen und einen Abbruch herbeizuführen.

Ebenso ist ein Projektende fest zu definieren, um damit die Grundlage zu schaffen,

aus den Ursachen für Erfolg oder Misserfolg von Projekten zu lernen.428

5.3.4.7 Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen Prozesse laufen über Personen. Dieser Grundsatz gilt insbesondere bei

Entwicklungs- und Veränderungsprozessen. Vorreiter sind nötig, wenn Veränderung

gelingen soll. Daher muss in der Konzeptphase identifiziert werden, wer die

423 Vgl. ILOI 1997, S. 26 424 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 159 425 Vgl. a.a.O., S. 159 426 Vgl. ILOI 1997, S. 25 427 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 159 428 Vgl. ILOI 1997, S. 25

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wichtigsten potenziellen „Verbündeten sind, wie diese Opinion Leader für die

Konzeptinhalte gewonnen werden können und wer insgesamt den Veränderungs-

prozess oder Teile davon leitet.“429 Akteure in Veränderungsprozessen bewegen sich

außerhalb der Routinen von Schlüsselpersonen. In Veränderungsprozessen werden

daher folgende Qualitäten und Kompetenzen gefordert:

• Offene, ehrliche und unkomplizierte Art, mit Menschen umzugehen • In der Praxis erprobte Fähigkeit, mit anderen in Teams zusammenzuarbeiten • Fähigkeit, zuzuhören, und sich in die emotionale Lage anderer Menschen

hineinversetzen zu können

• Mut, Entscheidungsfähigkeit und Entschlossenheit, Dinge vorwärts zu bringen • Hohe Akzeptanz bei Mitarbeitern und Führungskräften430

Wechsel von Schlüsselpersonen sind praktisch kaum durchführbar. Dies macht die

richtige Auswahl und die Beachtung vorgenannter Kriterien umso bedeutender, denn

die richtige Person an der richtigen Stelle, macht oft den Unterschied zwischen dem

Erfolg und dem Misserfolg eines Projektes aus. Personen steuern die Prozesse, und

auf die kommt es letztlich an.431

5.3.4.8 Lebendige Kommunikation

Bei der Gestaltung von Konzepten kommt lebendiger Kommunikation besondere

Bedeutung zu, denn alles Neue wird zunächst mit Skepsis betrachtet.432

Um diese zu überwinden, bildet lebendige Kommunikation die Grundlage. Folgende

Elemente sind Bestandteil lebendiger Kommunikation:

• Information ist nicht Kommunikation.

• Mit individuellen Kontakten und Teamgesprächen top-down in der

Führungskaskade allein ist dies nicht zu schaffen.

• Auch wenn reiner Informationstransport notwendig ist, müssen - wo

immer möglich - interaktive Formen gewählt werden.

429 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 160 430 Vgl. a.a.O., S. 161 431 Vgl. a.a.O., S. 161ff. 432 Vgl. Czichos 1993, S. 429

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• Bei größeren und umfassenden Projekten muss ein eigenes

Kommunikationskonzept erarbeitet werden.

• Das allgemeine Interesse an der Projektarbeit muss konsequent

wach gehalten werden.

• Management by wandering around.

• Last but not least: Das Ganze muss auch Spaß machen.433

5.3.5 Wichtigste Elemente erfolgreicher Konzepte Zusammenfassend lassen sich die zehn wichtigsten Elemente erfolgreicher

Konzeptgestaltung benennen.

Die 10 wichtigsten “to do´s” und “not to do´s”

to do’s not to do’s

1. Transparente Projektziele, Plausible Begründungen

Unklare Gedanken, Diffuse Ziele

2. Handverlesene Auswahl der Schlüsselleute Schlampig zusammengestiefeltes Projektteam

3. Beteiligung der Betroffenen bei der Erarbeitung von Lösungen

High-pressure selling pfannenfertiger Konzepte

4. Realistische Zeitplanung Efficiency-Fetischismus

5. Sorgfältige Vorbereitung und Kick-off-Phase Kaltstart

6. Lieblingsideen als Erstes offenen auf den Tisch Lieblingsideen als hidden agenda

7. Sensible und flexible Steuerung des Prozesses Vorgehen nach Taktfahrplan

8. Konstruktiver Umgang mit Widerstand Widerstand brechen

9. Konflikte offen legen und bearbeiten Konflikte vermeiden

10. Offene Information, lebendige Kommunikation Kabinettspolitik und Geheimratsdiplomatie

Abb. 36: Die 10 wichtigsten to do’s und not to do’s434

433 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 165f. 434 Vgl. a.a.O., S. 162f.

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Diese haben grundsätzlich Relevanz bei allen Arten von projektorientierter ertzuio

mn .öä Herangehensweise435.

5.3.6 Zusammenfassung Die im Rahmen der Konzeptphase zu bearbeitenden Themen und zu beachtenden

Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Konzeptphase

Aufgaben:

• Konzepte sind Strategien der Veränderung; aufgrund

mentaler und kultureller Einzigartigkeiten jeder

Organisation sind sie nicht übertragbar.

• Es gilt, acht Grundsätze der Konzeptgestaltung zu

beachten.

• Konzepte sind nur so gut wie die zu Grunde liegende

Diagnose. Sie bieten Hilfe zur Selbsthilfe • Konzepte initiieren immer auch Lernprozesse und

beteiligen bereits in ihrer Entstehung die Betroffenen. • Erfolgreiche Konzepte erfordern offene, lebendige

Kommunikation.

Abb. 37: Zusammenfassung der innerhalb der Konzeptphase zu berücksichtigenden Aspekte436

5.4 Die Implementierungsphase Nachdem in der Vorphase zunächst der Wandlungsbedarf festgestellt wird und die

Wandlungsträger aktiviert wurden,437 beschäftigt sich die Analysephase mit der

Diagnose des Unternehmens und der Sammlung möglichst vieler Informationen, um

435 Projekte kennzeichnen sich nach Hering/Draeger durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer

Gesamtheit, Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, hohe Risiken, Abgrenzungen gegenüber Vorhaben und eine projektspezifische Organisation. Vgl. Hering/Draeger 1996, S. 620

436 Eigene Abbildung 437 Vgl. Krüger 2002, S. 49f.

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herauszufinden, wo das Unternehmen steht.438 In der anschließenden Konzeptphase

soll ein möglichst präzises Programm erarbeitet werden, das festlegt, wie das

Zukünftige aussehen und wie es realisiert werden soll. Ziel dieser Phase ist es, die

Veränderungen in der Organisation dauerhaft umzusetzen, damit die neuen

Strukturen zu einer „Selbstverständlichkeit im täglichen Handeln“ werden.439

Grundlage hierfür ist die Akzeptanz für die Veränderungen. Kurzfristige Erfolge zur

Motivation der Mitarbeiter sind dafür wichtig.

Diese Phase der Umsetzung stellt eine große Herausforderung für Organisationen

dar, an der viele scheitern.440 Um dies zu vermeiden ist es notwendig, diese Phase

auch als solche zu betrachten und nicht nur als „selbstverständlichen Nachgang“ der

vorangegangenen konzeptionellen Planungen.441 Überlässt man die Umsetzung

ganz den Betroffenen, wird der Veränderungsprozess mit großer Wahrscheinlichkeit

nicht von Erfolg gekrönt sein.442 Dementsprechend ist eine unterstützende

Begleitung bei der Umsetzung unerlässlich.443

Als erster Schritt zur Bewältigung der Implementierungsphase sind alle Betroffenen

umfassend über die geplanten Veränderungen zu informieren. Es ist ein Kommuni-

kationssystem aufzubauen, welches einerseits den Mitarbeitern ermöglicht,

auftretende Probleme und Ängste mitzuteilen. Andererseits dient es Vorgesetzten

oder Beratern als Forum, Hilfestellungen oder Antworten auf offene Fragen der

Mitarbeiter zu geben.444 Die Implementierungsphase dient so im Kern der Schulung

und dem Lernen. Trotz gründlicher Einweisung und Schulung treten Probleme und

Fragen mit großer Wahrscheinlichkeit auf.445 Immaterielle als auch materielle Anreize

stellen idealerweise einen wesentlichen Aspekt der Implementierungsphase dar. So

mag für viele Mitarbeiter eine Anerkennung oder ein Lob ihrer Leistung mehr wert

sein als eine Gehaltserhöhung.446

438 Vgl. Steinmann/Schreyögg 2000, S. 457 439 A.a.O., S. 457 440 Vgl. Kieser 1997, S. 86 441 Doppler/Lauterburg 1994, S. 100 442 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 118 443 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 99. 444 Vgl. Krüger 2002, S. 72; S 283ff. 445 Vgl. a. a. O., S. 72f. 446 Vgl. Hellriegel/Slocum 1982, S. 704

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Die Komplexität der zu lösenden Probleme in Wandelprozessen macht eine

Einteilung in prioritäre Vorhaben und Folgeprojekte notwendig – wobei es durchaus

unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was als prioritär zu erachten ist.447 Die

Bedeutung der Priorisierung, wird von Czichos bildlich mit „The Tomato Plant

Challenge“ bezeichnet. D. h., man soll nicht mehr Tomatenpflanzen pflanzen, als

man gießen kann. Denn tut man dies, so gießt man entweder alle Pflanzen mit einer

so kleinen Menge Wasser, dass alle eingehen, oder manche der Pflanzen werden

genug Wasser haben, um zu überleben und andere eingehen. Ebenso wie eine

gewisse Menge Wasser auf Tomatenpflanzen verteilt wird, muss auch eine gewisse

Energie der Mitarbeiter auf die Vorhaben, die umgesetzt werden sollen, verteilt

werden.448

Der Beginn der Implementierungsphase ist durchaus von einem Ausprobieren und

Experimentieren gekennzeichnet. Denn es ist gut möglich, dass sich das ein oder

andere Vorhaben als nicht realisierbar erweist. Es sollte daher eine gewisse

Offenheit und Flexibilität vorhanden sein, solche Vorhaben dann auch nicht zu

realisieren.449 Wann konkrete Entscheidungen für das ein oder andere Element

getroffen werden, hängt stark von der Akzeptanz der Betroffenen ab: Sollte die

Akzeptanz noch nicht erreicht sein, muss eine intensive Überzeugungsarbeit

geleistet werden, um nicht am Ende mit halbherzigen Lösungen dazustehen, die von

den Mitarbeitern nicht angenommen wurden.450

Der Verlauf der Implementierungsphase hängt im Wesentlichen davon ab, welche

Interventionsstrategie für den Veränderungsprozess gewählt wird. Wenn die

Mehrzahl der Organisationsmitglieder erst kurz vor der Umsetzung von dem

geplanten Wandel in Kenntnis gesetzt wird, wird der Verlauf der Phase deutlich

anders sein, als wenn die Veränderung schon lange Zeit im Voraus bekannt war und

jeder einzelne die Möglichkeit hatte, sich darauf einzustellen. Ebenso spielt es eine

entscheidende Rolle, ob bei der gewählten Strategie Berater eingesetzt werden und

447 Vgl. Krüger 2002, S. 55f. 448 Vgl. Czichos 1993, S. 341 449 Steinmann/Schreyögg 2000, S. 457 450 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 98f.

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welche Funktion diese haben, ob die Mitarbeiter schon an der Planung und

Konzipierung beteilt waren, wie sie betreut wurden, etc..

5.4.1 Bedeutung und Ursachen des Widerstandes Emotionale Akzeptanz von Veränderungen stellt sich meist nur langsam ein. Bevor

dies geschieht, sind Widerstände eine normale Reaktion auf Veränderungen,

besonders in der Implementierungsphase, wenn die Umsetzung konkret spürbar

wird. 451 Doppler/Lauterburg gehen sogar davon aus, dass keiner an die Realisierung

des Veränderungsvorhabens glaubt, bzw. alle schon vorher aufgegeben haben,

wenn keine Widerstände auftreten.452 Hellriegel/Slocum definieren Widerstand dabei

folgendermaßen: „Resistance is any behavior that serves to maintain the status quo

in the face of pressure to alter the status quo.“453

Widerstand ist demnach jegliches Verhalten, dass dazu dient, den Status quo zu

erhalten – angesichts des Drucks, den Status quo zu verändern. Widerstand muss

also nicht zwangsläufig als aktives Gegenlenken verstanden werden, sondern hat

auch andere Ausdrucksformen. In seiner schwächsten Ausprägung reduzieren

Mitarbeiter z. B. ihre Beiträge, ihre Anpassungsbereitschaft ist eingeschränkt. Auch

indifferentes Verhalten, d. h. dass Maßnahmen weder umgesetzt noch bekämpft

werden, ist möglich. Von passivem Widerstand spricht man, wenn Mitarbeiter ihr

Arbeitstempo verlangsamen oder „Dienst nach Vorschrift“ leisten. Häufige

Krankheits- und Fehlzeiten, betretenes Schweigen oder ins Lächerliche ziehen der

Situationen sind dann meist die Folge. Davon abzugrenzen ist aktiver Widerstand

oder Opposition, bei der die Mitarbeiter eingreifen und gegen den Wandel aktiv

vorgehen. Dies kann über Gerüchte, Intrigen und Cliquenbildung geschehen, oder

aber offensiv und offen durch Vorwürfe, Drohungen und Streit.454 In Summe ist also

jegliches Verhalten, das Veränderungen nicht akzeptiert, als Widerstand betrachtbar.

Um Akzeptanz herzustellen, ist es notwendig, die unterschiedlichen Ursachen für

Widerstände zu kennen. In der Literatur finden sich unzählige Ansätze, die Ursachen

451 Vgl. Vorwerk 1994, S. 16 452 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 212 453 Hellriegel/Slocum 1982, S. 699 454 Vgl. Vorwerk 1994, S. 204f.

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von Widerständen zu kategorisieren. Einige Autoren schließen ökonomische Gründe

wie Entlassungen oder Abstufungen in eine niedrigere Gehaltsstufe mit in ihre

Betrachtungen ein.455 Diese Gründe sind jedoch so offensichtlich, dass keine

detaillierte Betrachtung notwendig erscheint.456 Oft treten Widerstände in Folge von

Informationsdefiziten auf. Dies kann dazu führen, dass die Hindergründe und Ziele

einer Maßnahme nicht richtig verstanden werden. Es kann aber auch vorkommen,

dass die Betroffenen zwar verstehen, worum es geht, sich aber keine positiven

Konsequenzen aus dem Wandel versprechen.457 Häufig sind Emotionen und

sozialpsychologische Aspekte, die nicht immer auf den ersten Blick verständlich und

eventuell sogar den Betroffenen selbst nicht klar sind, Ursache für Widerstände und

Ablehnung von Veränderungen.458 Diese werden im Weiteren näher dargestellt.

Die Reaktanztheorie des Sozialpsychologen Jack W. Brehm (1966, 1972) geht

davon aus, dass sich jeder Mensch seine Verhaltens- oder Ergebnisalternativen

erhalten möchte.459 Werden diese blockiert oder eingeschränkt, so reagiert er oder

sie mit Reaktanz, einem Zustand, der darauf ausgerichtet ist, die ursprünglichen

Alternativen wieder komplett herzustellen. Dabei ist zu beachten, dass sich Reaktanz

nicht nur auf Handlungsalternativen bezieht, die tatsächlich genutzt werden, sondern

auch um solche, die zur Verfügung stehen und noch nie oder sehr selten genutzt

wurden. Die Alternative, die plötzlich nicht mehr vorhanden ist, erscheint plötzlich

attraktiv. Deshalb reagieren Personen, denen Verhaltensalternativen genommen

werden, mit Widerstand. Lässt sich das bedrohte Verhalten nicht mehr ausführen,

wird ein ähnliches Verhalten gewählt.460

Weitere Ursache für Widerstände ist die Angst vor Unbekanntem und Ungewissem.

Es liegt in der Natur des Menschen, an Vertrautem festzuhalten, da es Sicherheit

gibt. Droht eine ungewohnte Situation, wie in Umsetzungsphasen typisch, ist

Widerstand eine Reaktion auf diese nicht vertraute Situation. Die Ablehnung des

Neuen basiert auf unbewusster Steuerung von Vorgängen, denn ein großer Teil des

455 Vgl. Staehle 1994, S. 921; vgl. auch: Vorwerk 1994, S. 15 456 Vgl. Steinmann/Schreyögg 2000, S. 453 457 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 204 458 Vgl. a. a. O., S. 203 459 Vgl. Herkner 1991, S. 97ff. 460 Vgl. a. a. O., S. 97ff.

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menschlichen Verhaltens läuft unbewusst ab. Tritt eine neue Situation ein, wird auf

Erfahrungswissen zurückgegriffen. Solche neuronale Strukturen, die häufiger

aktiviert werden, verfestigen sich und können leicht aufgerufen werden. Verhaltens-

änderungen verlangen aber nach einer bewussten Steuerung des Verhaltens, da hier

nicht auf die verfestigten neuronalen Strukturen zugegriffen werden kann.461 Diese

bewusste Steuerung verlangt eine viel höhere Aufmerksamkeit und Konzentration;

Stress ist die Folge. Unter Stress fühlen viele Menschen sich unter Druck gesetzt,

unwohl und reagieren emotional.462 Hinzu kommt die Angst, neuen Heraus-

forderungen nicht gewachsen zu sein.463

Sozialpsychologisch begründete Widerstände basieren häufig auf Angst vor Verlust –

Verlust der Sicherheit, Verlust von Handlungsalternativen oder Verlust von

Gewohntem – und der Tendenz jedes Menschen, den Status quo zu erhalten.464

Angstgefühlen kann durch relativ einfache Maßnahmen entgegengewirkt werden, um

Akzeptanz für Wandel zu erzielen. Das Ignorieren von Widerstand führt dagegen zu

Blockaden und zu noch mehr Widerstand.465 Dabei reagieren unterschiedliche

Persönlichkeitstypen sehr unterschiedlich auf Veränderungen.466

Nach Czichos lassen sich folgende ’Verhaltenstypen’ 467 während der

Implementierungsphase unterscheiden: Analytiker sind an Details und Fakten

interessiert, eher verschlossen und schwer zugänglich. Sie erwarten präzise

Antworten und Fragen, wollen als Experten angesehen werden, denken sehr

rational, sequentiell und logisch und benötigen Sicherheit. Czichos prognostiziert,

dass Menschen, die man dem Verhaltenstyp der Analytiker zuordnen kann, in der

Umsetzungsphase einer Veränderung mit tendenziellem Rückzug oder mangelndem

Engagement reagieren.

461 Vgl. Krüger 2002, S. 175 462 Vgl. Hellriegel/Slocum 1982, S. 700 463 Vgl. Vorwerk 1994, S. 15 464 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 76 465 Vgl. a.a.O., S. 212 466 Vgl. Staehle 1994, S. 923 467 Vgl. Czichos 1993, S. 126ff.; S. 439ff.

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Freundliche oder idealistische Menschen stellen Beziehungen und Gefühle in den

Vordergrund: Sie hören gerne zu und reden gerne, sind fürsorglich und weichen

Problemen und Konflikten aus. Im Gegensatz zum Analytiker sind sie nicht an Details

interessiert, brauchen aber ebenso Sicherheit. Da sie sich sehr stark mit Kollegen,

Aufgaben und Örtlichkeiten identifizieren, entsteht in der Implementierungsphase

Angst v. a. durch neue Kollegen und/oder neue Umgebungen. Infolgedessen

reagieren sie mit Flucht in die Vergangenheit und sie haben Probleme, sich mit der

Veränderung zu identifizieren. Hier kommt der Kommunikation eine besondere

Bedeutung zu, um herauszufinden, was diese Menschen an dem alten Zustand so

wertgeschätzt haben und was sich in dem neuen, angestrebten wiederfinden lässt.

Der Typ des Machers ist zielstrebig, trifft Entscheidungen selbstsicher, vertritt feste

Standpunkte und lässt sich von Argumenten überzeugen, die eigene Ziele

unterstützen. Machern fehlt in der Umsetzungsphase von Veränderungen oft die

Orientierung, sie reagieren irritiert, stellen viele Fragen und setzen viel Energie für

den Veränderungsprozess ein, arbeiten aber oft in die falsche Richtung. Umfassende

Informationen helfen, die Konfusion dieses Verhaltenstyps aufzuheben.

Expressive Menschen sind problemlösungsorientiert, reden, diskutieren und

präsentieren gern. Sie sind in ihrem Verhalten sprunghaft und lassen sich leicht

begeistern. Czichos beschreibt, dass sie auf Veränderung oft mit Ärger und Wut

reagieren.

Die Kategorisierung zeigt trotz Vergröberungen sehr eindrucksvoll, wie differenziert

Reaktionen von Menschen auf Veränderungen ausfallen können. Hier wird auch

deutlich, welche Elemente wichtig sind, um die Akzeptanz der Betroffenen zu

erreichen: Umfassende Information, Kommunikation, Feedback, Partizipation,

Schulung und Anreize bzw. Lob. Diese Elemente könnte man auch als Infrastruktur

der Implementierungsphase bezeichnen. Eine gute und umfassende Infrastruktur ist

für die Implementierungsphase notwendig, um Ursachen für Widerstände, die eine

ganz normale Reaktion auf Wandel sind, unabhängig vom „Verhaltenstyp“,

vorzugreifen und Akzeptanz zu ermöglichen.

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Es gilt: Treten Widerstände auf, sind sie ein Indikator dafür, dass sich die

Organisation in einem Lernprozess befindet. In der Implementierungsphase ist es

daher wichtig, dass Widerstände nicht übergangen werden, sondern das Zeit für das

Austragen von Meinungsverschiedenheiten bleibt.468 Nicht zuletzt können sie auch

als Chance betrachtet werden, denn Widerstände zeigen auf, wo Energie blockiert

ist, die freigesetzt werden kann.469

5.4.2 Interventionsstrategien Ziel der Implementationsphase ist es, durch gezielte Interventionen Veränderungen

einzuführen und Akzeptanz dafür zu schaffen. Die Implementation einer

Veränderung erstreckt sich dabei über mehrere Dimensionen, wie dem

Reaktionszeitpunkt, die Vorgehensmethode, der Interventionsebene, und der

Festlegung, wer von der Veränderung in welchem Maß betroffen ist. In Theorie und

Praxis lassen sich zwei unterschiedliche Ansätze, die direktive und die partizipative

Interventionsstrategie, unterscheiden, die nachfolgend erläutert und abschließend

gegenüber gestellt werden.

5.4.2.1 Direktive Interventionsstrategie

Bei der direktiven Interventionsstrategie entwirft meist ein relativ kleiner Kreis von

Beratern oder eine organisationsinterne Projektgruppe ein Veränderungskonzept.

Dies geschieht i. d. R. unter strikter Geheimhaltung und Ausschluss anderer Akteure:

„Nachdem der entwickelte Vorschlag […] diskutiert und verabschiedet wurde, erfolgt

die Bekanntgabe der gewünschten Veränderung, verbunden mit Umsetzungs-

anweisungen an die Mitarbeiter.“470 Das Veränderungskonzept ist dabei vorerst ein

Grobkonzept, welches „schlagartig und unwiderruflich in Kraft gesetzt, d. h. wie eine

‚Bombe’ in die laufende Organisation geworfen wird.“471 In der Folge verlässt man

sich bei dieser Strategie des Bombenwurfs „weitgehend darauf, dass die Organisa-

tionsmitglieder in der Lage sind, die durch das in Kraft gesetzte Grobkonzept

468 Vgl. Jung 1996, S. 289; vgl. auch: Staehle 1994, S. 924f. 469 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 211 470 Comelli/Rosenstil 2003, S. 139 471 Vorwerk 1994, S. 42

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belassenen organisatorischen Lücken improvisatorisch auszufüllen.“472 Erst nach

und nach werden dann die durch das Grobkonzept implizierten Detailprobleme

systematisch in einer Detailplanung angegangen und implementiert.

Mit dem Bombenwurf selbst ist die Implementierung einer Veränderung also noch

nicht abgeschlossen, denn weitere Phasen des Veränderungsprozesses, in welcher

Detailprobleme systematisch angegangen und bewältigt werden müssen, um

Neuerungen einzugliedern und Akzeptanz bei den Betroffenen zu schaffen,

schließen sich an. Die Vorteile dieser Strategie liegen in der Möglichkeit durch den

Ausschluss aller anderen Mitarbeiter, ungestört auf oberster Ebene zu analysieren

und zu reorganisieren. Tiefgreifende Veränderungen erscheinen auf anderen Wege

oft nicht durchführbar denn, „im Falle einer Beteiligung der Betroffenen produziere

man nur zusätzliche Komplexität, die ein Versanden wahrscheinlich mache.“473 „Je

mehr Personen am Entscheidungsprozess partizipieren, desto mehr Sichtweisen und

Konflikte werden relevant, desto schwieriger wird es den Prozess voranzutreiben und

zu einem Abschluss zu bringen, desto schwieriger wird es auch, eindeutige

Entscheidungen zu treffen.“474 Prozesse würden zwar eingeleitet, gingen aber auf

Grund großer Meinungsvielfalt oder mangelnder Bemühungen zur Durchsetzung

leicht unter.

Als grundlegend für den Erfolg dieser Strategie wird der Überraschungseffekt

angesehen, der durch das plötzliche ‚vor vollendete Tatsachen stellen’ entsteht.

Verfechter der Bombenwurfstrategie erwarten so, „dass sich bei vollendeten

Tatsachen die Betroffenen – wenn auch murrend – anpassen und die Lösung bzw.

deren Konsequenzen notgedrungen akzeptieren, ohne das sie abwandern oder

nachträgliche Gegenaktionen starten.“475 Nachfolgendes Schaubild verdeutlicht den

Verlauf eines „erfolgreichen Bombenwurfs“:

472 A. a. O, S. 42 473 Kirch/Esser/ Gabele 1979, S. 180, zitiert nach: Vorwerk 1994, S. 44 474 Kirch/Esser/Gabele 1979, S. 300, zitiert in Vorwerk 1994, S. 33 475 A. a. O., S. 45

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Abb. 38: Erfolgreicher Bombenwurf476

Während vertraulicher Analyse und Konzeptionierung läuft der Betrieb in gewohnter

Weise weiter. Je weiter die Planungen der oberen Führungsebenen voran schreiten,

desto mehr dringt auch zu den Betroffenen, so dass Gerüchte entstehen, die sowohl

positive, als auch negative Auswirkungen auf die Leistungen der Mitarbeiter haben

können.

Mit der plötzlichen und unwiderruflichen Bekanntgabe der Veränderungen fühlen sich

die Mitarbeiter meist alleine gelassen, es entstehen Zweifel, ob die Neuerung

bewältigt werden kann. Panik bricht aus, als Folge unter Umständen auch

Widerstand. Die Produktivität sinkt mit dem Bombenwurf enorm. Da die Veränderung

unwiderruflich ist, beginnen die Betroffenen sich nach und nach notgedrungen in den

Veränderungsprozess einzugliedern und werden früher oder später die Veränderung 476 Eigene Abbildung, basierend auf Czichos 1993, S. 421

Leis

tung

, Pro

dukt

ivitä

t

Zeit

Erfolgreicher Bombenwurf

Geheimhaltung, keine Info, keine Partizipation

Gerüchte Mitarbeiter sind allein, Panik

Anpassung

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akzeptieren und verinnerlichen. Die Produktivität steigt wieder und pendelt sich auf

einem neuen höheren Niveau ein.

Ein „erfolgreicher Bombenwurf“ ist also grundsätzlich möglich. „Es lässt sich aber

nicht leugnen, dass es bei der Tatsache eines Bombenwurfes bleibt, dessen

beabsichtigter Zweck es ist, unter Ausnutzung des Überraschungseffektes

aufkommenden Widerstand zu lähmen.“477

Zwei wesentliche Argumente sprechen gegen das Gelingen der direktiven

Interventionsstrategie. “Zum einen ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Betroffenen

vor der Information über die Veränderung nichts von dem in Gang gesetzten

Veränderungsprozess mitbekommen, denn heute weniger denn je lässt sich ein

solches Veränderungskonzept unbemerkt von den Mitarbeitern vorbereiten und in

Gang setzen. Die Mitarbeiter werden mitbekommen, dass sich ‚da etwas tut’.

Spekulationen und Gerüchte (immer mit Wahrheitskern!) werden ins Kraut schießen,

und möglicherweise hat sich bereits längst vor Verkündigung der geplanten

Umänderung der Widerstand organisiert bzw. werden die ‚Deckungslöcher

gegraben’.“478 Zum anderen ist eine Veränderung mit Beschluss und Bekanntgabe

nicht umgesetzt und verinnerlicht, v. a. dann nicht, wenn sie verordnete Veränderung

ist. Diese „mag auf dem Papier stehen, aber damit ist sie noch nicht umgesetzt,

geschweige denn gelebt. Das Ergebnis eines „Bombenwurfs“ besteht auf Seiten der

Mitarbeiterschaft im Regelfall in dem Gefühl von Ohnmacht oder Wut gegenüber

„denen da oben“ (und gegenüber den Beratern natürlich), in dem Gefühl von

Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein und in dem für jeden einzelnen Mitarbeiter

diskriminierenden Erlebnis, in der Organisation nicht als denkender und fühlender

Mensch zu zählen, sondern allenfalls als Funktionsrädchen. Statt Motivation für die

Veränderung werden Resignation, Apathie oder aber Widerstand und Aggression

erzeugt.“479 Der idealtypische Verlauf eines „erfolglosen Bombenwurfs“ sieht

folgendermaßen aus:

477 Comelli/Rosenstil 2003, S. 139 478 A.a.O., S. 141 479 A.a.O., S. 141

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Abb. 39: Erfolgloser Bombenwurf480

Auch hier wird zuerst im Geheimen analysiert und konzipiert. Im Verlauf der

Analysen und Planungen kommen nach und nach immer mehr Gerüchte auf, welche

die Leistungen der Betroffenen beeinflussen. Wird dann schlagartig und unwider-

ruflich die Veränderung bekannt gegeben, fühlen sich die Mitarbeiter vor den Kopf

gestoßen. Einerseits fühlen sie sich übergangen und andererseits macht sich Panik

über die plötzliche Veränderung breit.“ „Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass

Mitarbeiter dann (noch) für die Organisationsziele motiviert sind. Viel

wahrscheinlicher ist es, dass sie ihre kreative Energie eher auf das persönliche

Überleben, auf die Verfolgung eigener Interessen innerhalb der Organisation oder

auch auf Widerstand, wenn nicht sogar auf „pfiffige Sabotage“ richten.“481 Die

Produktivität sinkt, die Leistung der Betroffenen pendelt sich auf einem deutlich

niedrigeren Niveau ein, der Bombenwurf ist missglückt.

480 Eigene Abbildung, basierend auf Czichos 1993, S. 421 481 Comelli/Rosenstil 2003, S. 141

Leis

tung

, Pro

dukt

ivitä

t

Zeit

Erfolgloser Bombenwurf

Geheimhaltung, keine Info, keine Partizipation

Gerüchte Mitarbeiter sind allein, Panik

Anpassung

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5.4.2.2 Partizipative Interventionsstrategie Neben der direktiven Vorgehensweise besteht die Möglichkeit, den vom

Veränderungsprozess Betroffenen weitreichende Beteiligungsrechte einzuräumen.

Hierbei existieren vielfältige Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Partizipation, bzw.

verschiedene Komponenten, die zur erfolgreichen Durchführung des Veränderungs-

prozesses im Unternehmen beitragen.

Die partizipative Interventionsstrategie erstreckt sich über vier Dimensionen. So

muss vor der Implementierung einer Veränderung über das Partizipationsobjekt, das

Partizipationssubjekt, den Partizipationsgrad, sowie das Partizipationsverfahren

entschieden werden.482

4 Dimensionen partizipativer Interventionsstragien

Partizipationsobjekt

• Beteiligung an der Ausgestaltung der Einführungsschritte.

oder

• Beteiligung an der Analyse und Konzipierung des zu implementierenden Objektes.

Partizipationssubjekt • Wer wird an der Veränderung beteiligt?

Partizipationsgrad • Inhaltliche Abstufung der Einflußmöglichkeiten der Akteure.

Partizipationsverfahren • Art der Beteiligung: Von bloßer Information bis zu unmittelbarer Beteiligung.

Abb. 40: Die vier Dimensionen partizipativer Innovationsstrategien483

Das Partizipationsobjekt beschreibt den Sachverhalt, welcher der möglichen

Partizipation zu Grunde liegt. Zwei große Beteilungsfelder können prinzipiell

unterschieden werden: Zum einen kann sich die Beteiligung auf die Ausgestaltung

der Einführungsschritte und zum anderen auf die Analyse und Konzipierung des zu

implementierenden Objekts beziehen. In dieser Dimension gilt es also zu

entscheiden, woran die Mitarbeiter beteiligt werden sollen.

482 Vgl. Daniel 2001, S. 120ff. 483 Eigene Abbildung, inhaltlich basierend auf a.a.O., S. 120ff.

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Das Partizipationssubjekt ist in der Regel schon weitestgehend durch das

Partizipationsobjekt bestimmt. Dennoch muss in dieser Dimension reflektiert werden,

wer an der Veränderung beteiligt werden soll. Der Partizipationsgrad kennzeichnet

hingegen die Einflussmöglichkeiten der Mitarbeiter. Der Grad der Beteiligung richtet

sich nach dem Beitrag, den ein Betroffener möglicherweise durch Fachwissen im

jeweiligen Bereich bei der Entscheidungsfindung leisten kann. Je nach Anteil am

Entscheidungsprozess erfolgt eine inhaltliche Abstufung der Partizipation. Hier ist

also letztlich die Frage zu klären, wie stark die Betroffenen einbezogen werden

sollen. Zu guter letzt ist die Dimension des Partizipationsverfahrens zu bearbeiten:

Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie die Betroffenen am Implementierungsprozess

beteiligt werden können bzw. beteiligt werden sollen. Grundsätzlich reicht die

Mitarbeiterbeteiligung von der Information der Betroffenen über Beteiligung durch

Interessensvertreter, wie z. B. der Betriebsrat, bis hin zur unmittelbaren Beteiligung

und Mitentscheidung aller Betroffenen. Im Allgemeinen wird dabei die direkte

Beteiligung der indirekten vorgezogen.484 Da aber die Einbeziehung aller Betroffenen

häufig zu aufwändig erscheint, ist in der Praxis oft nur eine Beteiligung über

Repräsentanten möglich.

Zwei Faktoren sind von wesentlicher Bedeutung für die erfolgreiche Implementierung

einer Veränderung: Einerseits die Information und andererseits die Schulung:

Betriebliche Informationspolitik stellt eine wesentliche Größe zur Steigerung der

Akzeptanz dar. Intensive, offene, umfassende und rechtzeitige Information trägt

ebenfalls dazu bei, unbegründete Befürchtungen und damit zumindest einen Teil

möglicher Widerstände abzubauen.“485

Wichtig für die Akzeptanz der Veränderung ist neben dem Informationszeitpunkt die

Glaubwürdigkeit: „Eine frühzeitige Informierung hat den Vorteil, dass zu diesem

Zeitpunkt in der Regel nur wenige verfestigte und detaillierte negative Einstellungen

gegen die bevorstehende organisationale Veränderung bestehen, die besonders

schwer zu handhaben sind“486 Ist der Zeitpunkt der Information zu spät gewählt,

484 Vgl. Vorwerk 1994, S. 32 485 Hill/Fehlbaum/Ulrich 1981, S. 479 486 Gerl 1975, S. 300

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„leidet auch die Glaubwürdigkeit.“487 Zur Glaubwürdigkeit der Information trägt neben

dem Informationszeitpunkt entscheidend der Übermittler der Information und dessen

Glaubwürdigkeit bei. Übertreibungen sind zu vermeiden, „da sie die Glaubwürdigkeit

einschränken“ und „persönliche Gespräche schriftlichen Mitteilungen vorzuziehen.“488

Des Weiteren sollte der Übermittler bei der Wahrheit bleiben, denn die Enttäuschung,

die sich nach versprochenen, aber nicht erreichten Erfolgen bei den Betroffenen

einstellt, ist ungleich schwer zu überwinden als eine ursprüngliche Abneigung gegen

die Einführung der Neuerung.“489 Informationen dürfen nicht nur positive Effekte der

Neuerung herausstellen, sondern müssen auch die möglichen negativen Effekte

thematisieren und damit vollständig sein. Dies erhöht die Bereitschaft der Mitarbeiter,

Informationen aufzunehmen, zu verinnerlichen und als glaubwürdig anzusehen.

Durch eine anstehende Veränderung ergibt sich aber nicht nur die Notwendigkeit der

Information, denn „Reorganisationen sind immer mit Fragen der Aus- und

Weiterbildung gekoppelt, müssen doch die benötigten Fähigkeitspotentiale der

Mitarbeiter zumindest teilweise angepasst oder neu aufgebaut werden.“490 Eine

rechtzeitige und umfassende Schulung kann erreichen, dass trotz Veränderungen

mit ähnlicher Sicherheit, ähnlichem Selbstvertrauen und daraus resultierend mit

nahezu demselben Wohlbefinden wie zuvor gearbeitet werden kann.

Innerhalb der Dimension des Partizipationsverfahrens bieten sich mehrere

Möglichkeiten, die Betroffenen einzubeziehen. Hierbei ist es von Vorteil, die

einzelnen Komponenten zu kombinieren und sie nicht als Alternativen zu verstehen.

Mit einem guten Mix aus Informationspolitik, direkter oder indirekter Partizipation und

Schulung kann es gelingen, Alternativen zu den vielfältigen Ängsten und

Befürchtungen des Betroffenen zu entwickeln. „Diese Alternative besteht darin, dass

das betroffene Individuum der Einführung der Neuerung mit dem Gefühl der

Herausforderung entgegengeht.“491

487 Frese/Brodbeck 1988, S. 39 488 Vgl. a.a.O., S. 39 489 Vgl. Kalbermatten1963, S. 69 490 Vgl. Wohlgemuth 1989, S. 39ff. 491 Vorwerk 1994, S. 41

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141

5.4.2.3 Kontrastierung der beiden Interventionsstrategien Trotz häufiger Plädoyers für möglichst weit reichende Beteiligung der Betroffenen ist

die direktive Strategie des Bombenwurfs in der Praxis häufig anzutreffen. Die zeit-

wie kosteneffiziente und leichte Realisierung wird hierfür als Grund genannt.

Zeiteffizienz ergibt sich daraus, dass Entscheidungen schneller getroffen und

umgesetzt werden können; hieraus resultiert die Kosteneffizienz, denn je kürzer die

Implementierungsphase dauert, und je weniger Aufwand, z. B. durch Partizipation,

sie mit sich bringt, desto weniger Kosten entstehen.492 Ein weiteres Argument für die

Strategie des Bombenwurfs ist, dass Partizipation „an ihre Grenzen stößt, wenn sie

in großen sozialen Systemen angewendet werden soll.“493 Aufgrund des enormen

organisatorischen Aufwands ist eine Beteiligung aller betroffenen Mitarbeiter in

großen Unternehmen sehr schwierig. Oftmals wird die Strategie des Bombenwurfs

auch aus börsentechnischen Gründen gewählt. Auf eine plötzliche Bekanntgabe

einer Veränderung, reagieren nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die betroffenen

Aktionäre.

Für die im Gegensatz zur direktiven stehende partizipative Strategie sprechen im

Wesentlichen zwei Hauptargumente: Ein positiver Aspekt dieser Interventions-

strategie lässt sich durch die „Partizipations-Akzeptanz-Hypothese“494 darlegen,

wonach „die Betroffenen eine Entscheidung besonders dann mittragen, wenn sie an

der Entscheidungsfindung beteiligt waren, weil die Betroffenen so ihre eigenen

Bedürfnisse in die Entscheidung einbringen können.“495 Ein anderer positiver Aspekt

der partizipativen Strategie stellt sich in der „Partizipations-Qualitäts-Hypothese“496

dar. Durch Einbeziehung der Mitarbeiter kommt es zu einer qualitativ hochwertigeren

Entscheidungsfindung, da die Mitarbeiter besser über die betreffende Situation, die

Arbeitsabläufe und Zusammenhänge informiert sind und ihr Fach- und

Erfahrungswissen mit einbringen können. Von großer Bedeutung ist hierbei aber,

dass die Betroffenen auch die Möglichkeit erhalten, ihre eigenen Bedürfnisse

einzubringen, denn nur so gelingt eine nachhaltige Akzeptanzsteigerung. Hierzu

muss die angestrebte Veränderung im Interesse der Mitarbeiter liegen, sonst werden

492 Vgl. Daniel 2001, S. 126 493 Vgl. Picot 1984, S. 157 494 Vgl. Daniel 2001, S. 123 495 A.a.O., S. 123 496 Vgl. a.a.O., S. 123

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142

diese ihr Wissen und ihre Fähigkeiten nicht in die Entscheidungsfindung einbringen

und der qualitätssteigernde Effekt bleibt aus.

Voraussetzung für Partizipation ist eine grundsätzliche Nachfrage nach Beteiligung

seitens der von der Veränderung Betroffenen. Fehlt das Interesse an Beteiligung,

wird die Partizipation eher negative Folgen wie Frustration etc. bewirken.497

Des weiteren „muss Partizipation ernst gemeint sein und darf nicht zur

„Pseudopartizipation“ werden.498

Die Wahl der passenden Strategie hängt also von mehreren verschiedenen Faktoren

ab. „Je nach Auslöser und Inhalt der angestrebten Veränderung, je nach den

äußeren Rahmenbedingungen, nach der Anzahl der Betroffenen, nach der

Veränderungskompetenz der zu Beteiligenden etc. […] muss bei jedem Ver-

änderungsprojekt über das Maß an Mitbeteiligung und über den Grad der Einbindung

von Betroffenen stets neu entschieden werden:“499 Entsprechend muss die

Implementierungsphase ausgerichtet werden, denn es existiert „kein Patentrezept für

die Wahl der einzig richtigen Vorgehensweise beim geplanten Wandel. Die

grundsätzliche, wenn auch allgemeine Empfehlung aber lautet: So partizipativ wie

(situativ) möglich, so direktiv (im Sinne von „von oben bestimmt“) wie eben nötig.“500

Eine wesentliche Rolle bei der Wahl der passenden Strategie zur Schaffung von

Akzeptanz nimmt dabei die Unternehmenskultur ein.

5.4.3 Die Bedeutung der Organisationskultur in der Implementierungsphase

Organisationskultur definiert sich als „Summe der Überzeugungen, die eine Gruppe,

ein Volk oder eine Gemeinschaft im Laufe ihrer Geschichte entwickelt hat, um mit

den Problemen der internen Integration (Zusammenhalt) sowie der externen

Anpassung (Überleben) fertig zu werden. Sie ist die Summe der Regeln (‚To do´s’),

497 Vgl. Daniel 2001, S. 124 498 Vorwerk 1994, S. 33 499 Comelli/Rosenstil 2003, S. 142 500 A. a. O., S. 144

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143

die so gut funktionieren, dass sie zu ‚ungeschriebenen Gesetzen’ werden und jeder

nachfolgenden Generation als die ‚richtige’ Art des Denkens, des Führens und des

Handelns weitergegeben werden.“501

Die Kultur einer Organisation ist so maßgeblich geprägt von den Wertvorstellungen,

Verhaltsweisen und Erfahrung der Mitarbeiter und Führungskräfte. Ebenfalls eng

damit verbunden ist die Organisationsstruktur. Folglich hat jede Organisation eine

unverwechselbare individuelle Kultur: „Sie drückt sich in vielen konkreten

Eigenheiten aus – sowohl was die Struktur, als auch was die Kultur betrifft.“502 Um

die Bedeutung der Organisationskultur für die Implementierungsphase und die damit

verbundenen Schwierigkeiten zur Findung einer passenden Interventionsstrategie,

bzw. dem passenden Strategie – Mix zu verdeutlichen, müssen zwei Dimensionen

unterschieden werden: Zum einen existieren verschiedene Typen von Organisations-

kulturen und zum anderen unterschiedliche Kulturstärken.

5.4.4 Typen und Stärken von Organisationskulturen Hinsichtlich der Art der Kultur finden sich in der Literatur verschiedene

Kulturtypologien, die jedoch keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben wollen

oder können. Am bekanntesten sind die folgenden, von Deal und Kennedy

geschaffenen Kategorien:“ Die Bet-Your-Company-Culture, die Work-Hard/Play-

Hard-Culture, die Tough-Guy/Macho-Culture und die Process-Culture.503

Die Bet-Your-Company-Culture zeichnet sich durch Offenheit gegenüber

Umweltveränderungen und damit verbunden auch durch hohe Risikobereitschaft

aus. Die Organisation selbst ist geprägt von einem allgemein freundlichen

Umgangston und einer unkomplizierten Zusammenarbeit in und zwischen den

Abteilungen mit meist verlangsamtem Informationsrückfluss.

Die Work-Hard/Play-Hard-Culture setzt sich ungern Risiken aus.

Umweltveränderungen werden eher als Bedrohung empfunden. Intern dominieren

Hierarchiebewusstsein, eingefahrene Regeln, Besonnenheit und Rationalität. 501 Doppler/Lauterburg 1995 , S. 54 502 A.a.O., S. 57 503 Vgl. Voigt 1997, S. 59

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144

Die Process-Culture zeichnet sich durch geringe Risikoneigung und daraus

resultierender ständiger Absicherung, verbunden mit Statusdenken aus. Der

Informationsfluss funktioniert bürokratisch langsam.

Die Tough-Guy/Macho-Culture ist gekennzeichnet durch Mitarbeiter, die sich als

Individualisten verstehen. Dies zeigt sich auch äußerlich durch unkonventionelles

Auftreten und temporeiches Handeln. Solche Organisationen bemühen sich um ein

schnelles Markt-Feedback und scheuen auch hohe Risiken nicht.

Diese unterschiedlichen Kulturphilosophien bieten erste Orientierung, ersetzen aber

nicht die individuelle Kulturanalyse, denn die Unterschiedlichkeit der Kulturen spielt

vor allem bei der Wahl der passenden Implementierungsstrategie eine wichtige

Rolle, denn die bestehende Organisationskultur hat einen „wesentlichen Einfluss auf

die Fragen, welche Implementationsstrategien zu welchem Zeitpunkt in welcher

Intensität anzuwenden sind.“504

Neben der Unterscheidung von Organisationskultur-Typen lässt sich auch nach der

Stärke ihrer Ausprägung differenzieren, denn Normen und Werte, welche die

Organisationskultur konstituieren, können unterschiedlich intensiv ausgeprägt sein.

Die Bandbreite reicht hierbei von einer ebenenübergreifenden Einheitskultur bis zum

Vorliegen vielfältiger Sub-Kulturen in verschiedenen Ebenen und Bereichen der

Organisation. Auch die Tiefe der Verankerung von Normen und Werten kann sich

unterscheiden: Mitarbeiter können von Werten der Organisation tatsächlich

überzeugt sein oder aber nur vordergründig und oberflächlich vertreten.

Um Akzeptanz gegenüber Neuerungen zu schaffen, muss die

Implementationsstrategie an der jeweiligen Organisationskultur ausgerichtet werden:

„Während die Strategie grob festlegt, was künftig getan werden soll, um die

gesetzten Ziele zu erreichen, hat die im Unternehmen ‚geltende’ Kultur

maßgeblichen Einfluss darauf, wie die Strategie in Detailplänen transformiert und

504 Nippa/Scharfenberg 1997, S. 136

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schließlich ‚in der Tat’ umgesetzt wird.“ 505 Ehrgeizige, „große Veränderungen können

scheitern, wenn sie mit der bestehenden Kultur des Unternehmens zu sehr in Konflikt

geraten. Umgekehrt erhalten Strategien, die mit unternehmensindividuellen Werten

und Normen kompatibel sind „eine besondere Schlagkraft.“506

Abb. 41: Eingliederung der Unternehmenskultur507

Für einen nachhaltig erfolgreichen Veränderungsprozess ist ein organisations-

individueller Kulturwandel notwendig, der jedoch sehr schwierig ist, denn die

Organisationskultur bildet den gewachsenen Kern der Organisation und ist deshalb

nur schwer veränderlich. „Während die Strategie schon bald an die veränderten […]

Bedingungen angepasst werden muss und auch wird […], neigt die Kultur stets zur

Reproduktion und Verfestigung der bestehenden Normen und Regeln.“508

Dennoch bleibt die Anpassung der Organisationskultur in der Veränderung für einen

nachhaltigen Erfolg unerlässlich. Dies ist zwar zeitintensiv, aber nicht unmöglich. Es

lassen sich verschiedene Grundprinzipien der Organisationskultur unterscheiden, die

für einen erfolgreichen Implementierungsprozess notwendig erscheinen.

505 Hansmann 1991, S. 59 506 A.a.O., S. 59 507 Eigene Abbildung, basierend auf Krüger 2002, S. 42 508 Hansmann 1991, S. 73

Struktur, Prozess- und Systemänderungen

Fähigkeiten, Verhalten (Individuum)

Werte, Normen, Unternehmenskultur

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146

5.4.5 Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung Laut der empirischen Studie von Clifford und Cavanaugh509 lassen sich bei

Organisationen, die sich im Wettbewerb und in turbulenten Märkten erfolgreich

behaupten, fünf Merkmale der Organisationskultur heraus arbeiten, die eine

entscheidende Voraussetzung für ein erfolgreiches Management des Wandels

darstellen: Kreative Unruhe, Konfliktfähigkeit, Zusammengehörigkeitsgefühl,

Sinnvermittlung und Kommunikation.

Abb. 42: Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung510

Kreative Unruhe, Experimentierfreude und Pioniergeist sind elementare Bestandteile

auf allen Ebenen der Organisation. Dementsprechend müssen neue Ideen, Mobilität

und Umstellungsbereitschaft gefördert werden. Erfolgreiche Organisationen sind

darüber hinaus konfliktfähig, d. h. es besteht eine konstruktive Streitkultur, die es

erlaubt Konflikte frühzeitig zu erkennen und konstruktiv zu verarbeiten.

Wichtig ist, dass innerhalb der Organisation ein Gemeinschaftssinn und Zusammen-

gehörigkeitsgefühl besteht, das auf Vertrauen, gegenseitiger Akzeptanz und

Offenheit basiert und als verbindendes „Wir-Gefühl“ wirkt. Der Sinn der Arbeit, die

Ziele und die Philosophie der Organisation sollten jedem Mitarbeiter auf allen 509 Vgl. Doppler/Lauterburg 1995, S. 54ff. 510 Eigene Abbildung

Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung

Kreative Unruhe

Zusammengehörigkeitsgefühl

Kommunikation

Konfliktfähigkeit

Sinnverwirklichung

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147

Ebenen deutlich vermittelt werden, so dass sich dieser mit seiner Arbeit identifizieren

kann und seinen eigenen Beitrag am Ganzen erkennt, denn damit wächst die

Bereitschaft, sich für angestrebte Ziele zu engagieren.

Die Kommunikation ist ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Element der

Organisationskultur. Je mehr kommuniziert wird, desto besser sind die Mitarbeiter

informiert und fühlen sich in das Geschehen eingebunden. Deshalb sollte informelle

und ebenenübergreifende Kommunikation gefördert und genutzt werden.

5.4.6 Zusammenfassung

Die im Rahmen der Implementierungsphase zu beachtenden Aspekte lassen sich

wie folgt zusammenfassen:

Abb. 43: Zusammenfassung der innerhalb der Implementierungsphase zu berücksichtigenden

Aspekte511

511 Eigene Abbildung

Die Implementierungsphase

Aufgaben:

• Phase der größten Herausforderung. Widerstand ist

typisches Merkmal dieser Phase.

• Es stehen direktive und partizipative Interventions-

strategien zur Verfügung. Die bestehende

Organisationskultur bedingt die Wahl der Strategie. • Innerhalb der Partizipationsstrategien kann nach

Partizipationsobjekt, -subjekt, dem Partizipationsgrad

und –verfahren differenziert werden.

• Grundprinzipien erfolgreicher Implementierungen sind

kreative Unruhe, Konfliktfähigkeit, Zusammengehö-

rigkeitsgefühl, Sinnvermittlung und Kommunikation.

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148

6 Konzepte des Veränderungsmanagements

Innerhalb des Managements von Veränderungen lassen sich grundsätzlich drei

konzeptionelle Ansätze unterscheiden: Die systemische Organisationsentwicklung,

das Changemanagement und das Transformationsmanagement. Diese gilt es,

nachfolgend vergleichend darzustellen.

6.1 Systemische Organisationsentwicklung

Die Organisationsentwicklung ist diejenige Veränderungsstrategie mit der längsten

Tradition. Entsprechend der Bedeutung der Organisationsentwicklung, hat sich daher

im Laufe der Zeit die Zahl der Organisationsentwicklungsansätze und -techniken

erheblich vermehrt. Der Begriff „Organisationsentwicklung“ ist so zum Schlagwort

expandiert, welches es zunächst in seiner historischen Entwicklung näher zu

definieren gilt. 512

6.1.1 Die Geschichte der Organisationsentwicklung Der Ursprung der noch recht jungen Geschichte der Organisationsentwicklung liegt

in den U.S.A. und reicht in die 1950er Jahre zurück. Er ist durch zwei zentrale

Methoden, die jedoch im Gegensatz zu anderen Ansätzen auf eine vergleichsweise

lange Tradition zurückgreifen können, gekennzeichnet.513 Die erste Methode ist die

Laboratoriumsmethode, deren Anwendung in Industriebetrieben große Innovationen

hervorbrachte. Die zweite Methode ist die Survey-Feedback-Methode, einer

systematischen und intensiven Datensammlung in dem gesamten zu

untersuchenden System.514

Wesentliche Merkmale beider Methoden ist der Bezug ihre Theorien und

Handlungen auf den Menschen bzw. auf die Gruppe. Beide gehen auf Kurt Lewin

zurück, der am ‚Research Center for Group Dynamics’ durch seine

sozialpsychologischen Analysen, Erkenntnisse und Resultate der Gruppendynamik,

512 Vgl. Böhm 1981, S. 5 513 Vgl. French/Bell 1994, S. 42 514 Vgl. French/Bell 1990, S. 37

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die Eckpfeiler der Organisationsentwicklung begründet. Aufbauend auf seiner

Grundannahme, dass sich eine Organisation dann ändert, wenn sich ihre Akteure

ändern, übertrug er Ansätze der Individualpsychologie auf Gruppen und größere

soziale Zusammenhänge.515

Die Laboratoriumsmethode entstand 1946 auf der Basis von Experimenten mit

Gruppendiskussionen, die eine Verhaltensänderung der Mitglieder bewirken sollten,

in einem Workshop am „State Teachers College“ in New Britain, Connecticut.516 Die

Survey-Feedback-Methode versucht, mit Hilfe von Datensammlungen (Interview,

Fragebogen, Beobachtung etc.) bei Organisationsmitgliedern deren Einstellungen

und somit das Funktionieren des Systems festzustellen. Diese Daten werden, nach

Auswertung, an die betroffenen Mitglieder der Organisation und an das Top-

Management zurückgekoppelt.517 Hierbei existiert die Möglichkeit, Vorgesetzten und

Mitarbeiter gleichzeitig rückzukoppeln oder zunächst die Vorgesetzten in Kenntnis zu

setzen und anschließend die Mitarbeiter rückzukoppeln.518

Neu an dieser Methode ist, dass nach der Rückkoppelung der Daten ein besonderer

Wert auf das Feedback gelegt wird. Die Befragten treffen sich zu Arbeitskreisen

(Workshops) und können sich dort selbst reflektieren sowie Vorschläge

einbringen.519 So entwickelt sich aus einer statischen Datenerhebung ein Prozess,

der Problem-situationen und deren Ursachen in der Organisation einerseits und

seiner Mitglieder andererseits detailliert beschreibt. Im Ergebnis treten hierbei meist

tiefer liegende Schichten des Problems zu Tage.520 Die Survey-Feedback-Methode

stellt sich damit als eine Abfolge von Veränderungsprojekten dar, deren Inhalte

jeweils, d. h. die vom Wandel betroffenen Organisationsmitglieder einbeziehend,

festgelegt werden. Somit wurde aus der Erhebungsmethode sogleich ein Teil des

Interventionsprozesses.521 Sie ist im Vergleich zu anderen Methoden effektiver und

stellt eine zentrale Vorgehensweise im Organisationsentwicklungsprozess dar.522

515 Vgl. Belardi 1992, S. 127 516 Vgl. French/Bell 1990, S. 37 517 Vgl. Böhm 1981, S. 37ff.; vgl. auch: Gairing 1996, S. 66 518 Vgl. Becker/Langosch 1995, S. 62 519 Vgl. Wimmer 2004, S. 229 520 Vgl. Gairing 1996, S. 66 521 Vgl. a.a.O., S. 67 522 Vgl. Becker/Langosch 1995, S. 62

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150

Neben Lewin sind als zentrale Personen im Entstehungsprozess der systemischen

Organisationsentwicklung Jakob Moreno und John Dewey zu nennen.523 Ihr Beitrag

verankert die Organisationsentwicklung zusätzlich deutlich in der sozialen

Forschung.524 Moreno gilt als einer der großen Vorkämpfer der

sozialwissenschaftlichen Theorie und Praxis des 20. Jahrhunderts. Seine

Forschungen zur Gruppentherapie, zur Soziometrie und die Entwicklung des

Psychodramas prägten die aktuellen Ansätze der Organisationsentwicklung. Sein

Hauptwerk ist die Entwicklung des „Triadischen Systems“. Dieses nutzt die

Soziometrie, welche Moreno als „[...] Methode welche die zwischenmenschlichen

Beziehungen und die psychischen Probleme mehrerer Individuen einer Gruppe

bewusst im Rahmen empirischer Wissenschaft behandelt.“525 Obwohl Moreno seine

Arbeiten nicht auf Organisationen fokussierte, beeinflusste er dennoch durch seine

theoretischen, konzeptionellen und forschungsmethodischen Grundlagen, sowie

seinen kreativen und praktischen Methoden für die psychologische Arbeit in hohem

Maß die Organisationsentwicklung.526

Die der Organisationsentwicklung zu Grunde liegenden philosophischen Grundlagen

des amerikanischen Pragmatismus wurden von John Dewey geprägt, der sich

hauptsächlich mit Fragen der Psychologie, Philosophie und Pädagogik beschäftigte.

Er zeigte auf, dass die Organisationsentwicklung als angewandter sozial-psycholo-

gischer und sozialpädagogischer Wissenszweig ein wichtiges Instrument für die

Organisationspraxis darstellt.527 Deweys pädagogisches Konzept des

Erfahrungslernens belegte, dass Lernen immer ein Teil der Veränderung von

Individuen und der umliegenden Systeme darstellt und nutzte die Methode des

Projektlernens, der Gruppenarbeit, des sozialen Lernens und des Erfahrungslernens.

Dies sind auch heute noch wichtige Bestandteile der Organisationsentwicklung.

Somit hat Dewey einen großen Teil zur Evolution der Organisationsentwicklung

beigetragen.528

523 Gairing 1996, S. 160 524 Vgl. Wimmer 2004, S. 221 525 Vgl. Gairing 1996, S. 28 526 Vgl. a.a.O., S. 33 527 Vgl. a.a.O., S. 22 528 Vgl. a.a.O., S. 26f.

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6.1.2 Definition des Begriffs Organisationsentwicklung

French definiert die Organisationsentwicklung als „eine langfristige Bemühung, die

Problemlösungs- und Erneuerungsprozesse in einer Organisation zu verbessern, vor

allem durch eine wirksame und auf Zusammenarbeit gegründete Steuerung der

Organisationskultur – unter Berücksichtigung formaler Arbeitsteams – durch die Hilfe

eines Organisationsentwicklungsberaters oder Katalysators und durch Anwendung

der Theorie und Technologie der angewandten Sozialwissenschaften unter

Einbeziehung von Aktionsforschung.“529 An Hand der in der umfangreichen Definition

enthaltenen Schlagwörter können die Merkmale der Organisationsentwicklung

abgeleitet werden.

Das Hauptmerkmal der Organisationsentwicklung ist, dass dieser ein langfristiger

und fließender Prozess ist, der Zeit in Anspruch nimmt. Aufgrund der Langfristigkeit,

ist wichtigster Grundsatz planmäßiges Handeln. Hierzu gehört eine genaue Diagnose

und, auf dieser Basis, die Entwicklung eines Organisationsentwicklungsprogramms.

Im nächsten Schritt müssen dann alle benötigten Hilfskräfte und -quellen für die

Durchführung des Organisationsentwicklungsprogramms ausfindig gemacht

werden.530 Dabei ist die Organisationsentwicklung ein organisationsumfassender

Prozess und bezieht die gesamte Organisation mit ein. Sie verfolgt eine Humani-

sierung der Arbeitswelt, um mehr Raum für Persönlichkeitsentfaltung und

Selbstverwirklichung zu bieten und strebt gleichzeitig eine Erhöhung der Leistungs-

fähigkeit an. Darüber hinaus wird auf die aktive Beteiligung aller Betroffenen im

Prozess wert gelegt. Hierzu gehört auch die laufende Beseitigung von

Interessenskonflikten und Rivalitäten sowie die Verbesserung der Kommunikation

und Kooperation. Die Organisationsentwicklung setzt aber auch eine Steuerung

seitens der Führung voraus, die dafür die Verantwortung trägt, dass der Prozess die

damit verbundenen Ziele verfolgt und dabei wirksam unterstützen.531

529 Vgl. French/Bell 1990, S. 31 530 Vgl. Beckhard 1972, S. 25; vgl. auch Böhm 1981, S. 11 531 Vgl. Beckhard 1972, S. 25

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Neben der Führung spielt der externe Berater im Organisationsentwicklungsprozess

eine wesentliche Rolle. Er beteiligt Personen, überzeugt und motiviert, um

notwendige Schritte in Gang zu setzen und den Organisationsentwicklungsprozess

insgesamt zu katalysieren.532

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Anlehnung der

Organisationsentwicklung an die angewandten Sozialwissenschaften ein

bedeutendes Merkmal darstellt, wobei sozialwissenschaftliche Erkenntnisse über

Menschen und Organisationen, beispielsweise Rollentheorien und Individual-

motivationen, in durchführbare Aktionsprogramme übersetzt werden.533 Die

Basierung des Organisationsentwicklungsprozesses auf dem Aktionsforschungs-

modell begründet, das mittels Untersuchungen (Daten) der Ist-Zustand und daraus

die Probleme der Organisation definiert wird, um letztlich Aktionen in Bezug auf die

Veränderungsziele zu planen und vorzunehmen.534

6.1.3 Ziele und Leitbild der Organisationsentwicklung Kennzeichnend für Organisationsentwicklung ist ein humanistisches Leitbild und

pragmatische Grundhaltungen. Beide Aspekte bilden die Philosophie der

Organisationsentwicklung.535

Das humanistische Leitbild der Organisationseinwicklung sieht den Menschen als ein

sich entwickelndes und lernendes Wesen an. Auf dieser Sichtweise basiert die

Überzeugung, dass Produktivität und Menschlichkeit sich nicht gegenseitig

ausschließen müssen.

Ziel der Organisationsentwicklung ist es, betriebliche Probleme zu lösen ohne die

Wertvorstellungen, die sich aus dem Leitbild ergeben, aus dem Auge zu verlieren.

Konkret bedeutet das, dass den Mitarbeitern in einer Organisation, nicht eine Lösung

für ein betriebliches Problem von der Führungsebene vorgesetzt wird, sondern dass

532 Vgl. Böhm 1981, S. 122f. 533 Vgl. French/Bell 1990, S. 68 534 Vgl. Böhm 1981, S. 27 535 Vgl. Becker/Langosch 1986, S.95

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die von einem Problem betroffenen Mitarbeiter selbst an der Lösung des Problems

mitwirken.

Neben dem humanistischen Leitbild gehört auch eine pragmatische, realitäts-

bezogene Grundhaltung zur Philosophie der Organisationsentwicklung. Wissen-

schaftliche Theorien genießen in praktischen Anwendungen an Bedeutung, das

Herangehen an Probleme ist überwiegend empirisch, experimentell und man ist stets

offen für neue Erfahrungen.536 Baumgartner u. a. konkretisieren die Ziele der

Organisationsentwicklung, indem sie fünf Oberziele definieren, die als Fähigkeiten,

welche die Organisation während des Organisationsentwicklungsprozesses erlernen

soll, betrachtet werden: Selbsterneuerung und Selbstgestaltung, Förderung von

Selbstorganisation, Humanisierung, Effektivität und Authentizität.537

Abb. 44: Die fünf Oberziele der Organisationsentwicklung538

Die einzelnen Ziele werden im Folgenden genauer dargestellt.

Das Ziel Selbsterneuerung und Selbstgestaltung fokussiert darauf, dass die

Mitglieder der Organisation lernen, die momentane als auch die zukünftige Realität

ihrer Organisation selbst zu gestalten. Konkret bedeutet dies, dass sie in allen

Phasen des Organisationsentwicklungsprozesses aktiv beteiligt sind, Einfluss

ausüben können und die Möglichkeit erhalten, ihre eigenen Bedürfnisse, Ziele, 536 Vgl. Becker/Langosch 1986, S. 95 537 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 1996, S. 28ff. 538 Eigene Abbildung

Ziele der Organisationsentwicklung

Selbsterneuerung und

Selbstgestaltung

Förderung von Selbstorganisation Effektivität

Humanisierung

Authenzität

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Fähigkeiten und Erfahrungen in den Entwicklungsprozess einzubringen. Aufgabe des

Beraters ist es, Organisationsmitglieder in der Entwicklung ihrer eigenen Vor-

stellungen und Ideen zu unterstützen.

Die Förderung der Selbstorganisation umfasst „alle Phänomene […], in denen

Ordnung und Strukturen in Organisationen spontan, ohne Lenkungs- und

Eingriffsversuche von außen entstehen und nicht Folge absichtlicher Gestaltung

sind.“539 Organisationen sind komplexe Gebilde, die es nicht erlauben, jedes Detail

zu planen und zu steuern. Logische Konsequenz hieraus ist der hohe Stellenwert der

Selbstorganisation in Organisationen, die für das Funktionieren von Organisationen

unerlässlich ist. Ziel der Organisationsentwicklung ist es daher, Grundlagen innerhalb

der Organisation zu schaffen, die Selbstorganisation ermöglichen und fördern.

Hierfür müssen die Beteiligten Entscheidungskompetenzen übertragen bekommen,

die es ihnen erlauben, Selbstorganisationsprozesse durchzuführen und Qualifi-

kationen zu erwerben werden, um Prozesse in Organisationen selbst zu

organisieren.540

Die Steigerung der Effektivität und Leistungsfähigkeit der Organisation als Ziel eines

Organisationsentwicklungsprozesses bezieht sich darauf, die Anpassungsfähigkeit

an sich verändernde Rahmenbedingungen in den Systemen zu verbessern, um dem

sich stetig beschleunigenden Wandel von Märkten, Bedürfnissen und Technologien

gewachsen zu sein. Hierbei ist die Erhaltung oder Steigerung der Flexibilität, die

Förderung der Innovationsbereitschaft sowie die Förderung der Lernfähigkeit des

Systems relevant.541

Die Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens für die Organisationsmitglieder

beschreibt das Ziel Humanisierung, durch Förderung der Entfaltungsmöglichkeiten.

Dies kann konkret durch die Gestaltung abwechslungsreicher Tätigkeiten, durch die

Beteiligung an Entscheidungsfindungen, die Möglichkeit zur Weiterbildung oder der

539 Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 1996, S. 29 540 Vgl. a.a.O., S. 29f. 541 Vgl. Becker/Langosch 1995, S. 17

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aktiven Teilnahme an Prozessen realisiert werden. Damit einher geht die Erwartung,

dass sich durch eine höhere Qualität des Arbeitslebens die Zufriedenheit und

Motivation verbessert und damit positive Auswirkungen auf die Produktivität der

Organisationen verbunden sind.

Zielkonflikte sind kennzeichnend für Systeme und Organisationen. Individuelle

Vorstellungen, Interessen und Ansichten der Organisationsmitglieder können ebenso

wie die Organisationsentwicklungsziele Effektivität und Humanisierung konkurrierend

sein und Konfliktpotential nach sich ziehen. Authenzität ist die Antwort auf

Zielkonflikte der Organisationsentwicklung. Es gilt, derartige Interessensgegensätze

zu akzeptieren, offen zu thematisieren, um auf diese Weise zu Konfliktlösungen zu

kommen. Die einzelnen Organisationsmitglieder lernen, mit Zielkonflikten

umzugehen und eigene Lösungswege zu finden. Hierbei arbeitet die

Organisationsentwicklung nach dem systematischen Arbeitsprinzip „Differenzieren

vor Integrieren“. Bestehende Unterschiede werden zu Beginn sichtbar herausge-

arbeitet und somit eventuell noch verschärft. 542 Im nächsten Schritt ist es dann durch

die gewonnenen Einsichten möglich, eine Integration der unterschiedlichen Ziele zu

erreichen, beziehungsweise eine eindeutige und abgewogene Entscheidung zu

Gunsten einer Seite zu treffen.

6.1.4 Die Rolle des Beraters im Organisationsentwicklungsprozess Aus der Definition der Organisationsentwicklung als einem längerfristigen Prozess,

der auf aktiver Mitbeteiligung der Organisationsmitglieder beruht und dem Anspruch

nicht nur Symptome, sondern die Ursachen von Problemen sichtbar zu machen und

diese im Kern durch die Mitarbeiter zu lösen. Hieraus ergeben sich Konsequenzen

für die Rolle des Beraters, die sich im Zeitlauf ändert. 543 Aufgabe des Beraters

während des Organisationsentwicklungsprozesses ist es grundsätzlich, die

Organisationsmitglieder bei der Verwirklichung der erläuterten Ziele zu unterstützen.

Da der Organisationsentwicklungsprozess als Lernprozess organisiert ist und die

Kompetenzen der Organisationsmitglieder im Laufe des Prozesses zunehmen, kann

542 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 1996, S. 31 543 Vgl. Wohlgemuth 1982, S. 128ff.

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sich der Berater sukzessive aus dem laufenden Prozess zurückziehen, bis die

Organisation selbst in der Lage ist, sich zu erneuern und selbst zu gestalten. Der

Berater übernimmt im Organisationsentwicklungskonzept damit die sonst eher in

therapeutischen Kontexten übliche Rolle des Moderators.544

Rolle des Beraters

• Moderator

• Prozessberater

• Verfahrensspezialist

• Promotor

Abb. 45: Rolle des Beraters545

Weiterhin ist der Berater typischerweise in der Rolle eines Prozessberaters. Er

unterstützt Organisationsmitglieder dabei, Situationen zu klären, Ziele zu setzen und

Lösungswege zu finden. Seine Aufgabe ist es, der Organisation das für die

Durchführung des Prozesses notwendige Wissen zu vermitteln, Einzelprozesse zu

beobachten und zu analysieren und Problemlösungspotentiale zu entfalten. Der

Berater im Organisationsentwicklungsprozess ist somit vor allem ein Verfahrens-

spezialist, der für das Lösen inhaltlicher Probleme passende Experten zu

Einzelfragen hinzuziehen kann. Die Verantwortung für die Lösung von Problemen

liegt somit nicht beim Berater, sondern in der Organisation selbst. Er organisiert den

Prozess als Lernprozess, der die Organisation befähigt, Prozesse aus eigener Kraft

zu lenken und bietet vor allem Hilfe zur Selbsthilfe und keine inhaltlichen Lösungen,

„keine Rezepte, sondern Konzepte“ an.546

Neben der Rolle des Prozessberaters erfüllt der Organisationsentwicklungsberater

auch die Rolle eines Promoters: Im Unterschied zum Prozessberater nimmt er

hierbei auch inhaltlich zu Einzelfragen Stellung, indem er Verbesserungsvorschläge

544 Gairing 1996, S. 160 545 Eigene Abbildung, inhaltlich basierend auf Becker/Langosch 1995, S. 30 546 A.a.O., S. 30

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157

macht oder Vorschläge einzelner Mitarbeiter unterstützt. Er ist also inhaltlich an der

Lösungsfindung beteiligt, ohne dass er fertige Lösungen vorgibt.

Als Promoter ist der Berater so nicht nur Verfahrensspezialist, sondern hat darüber

hinaus die Aufgabe, den Organisationsentwicklungsprozess gemeinsam mit den

Beteiligten zu beschleunigen. Da die Rolle des Promoters eine Erweiterung der Rolle

des Prozessberaters darstellt, steigen die Ansprüche an den Berater, denn er muss

über Fachwissen verfügen, um inhaltlich Stellung nehmen zu können.

Die Koppelung der Rollen ist nicht unproblematisch; obwohl einige Autoren die Rolle

des Promoters in der Organisationsentwicklung sogar ausschließen547, kann sie

wertvoll für den Organisationsentwicklungsprozess sein, da der Berater so in der

Lage ist, dem Prozess wertvolle Impulse zu geben.548

6.1.4.1 Anforderungen an den Organisationsentwicklungsberater

Die zahlreichen Rollen eines Beraters im Organisationsentwicklungsprozess stellen

hohe Anforderungen an die Kompetenzen, an die Persönlichkeit des Beraters und

insgesamt an dessen Verantwortung, Beraterethik, Unabhängigkeit und Ausbildung,

Eigenschaften und Erfahrung.549

Im Rahmen eines Organisationsentwicklungsprozesses leistet der Berater einen

wesentlichen Beitrag für den Erfolg des Prozesses. Er trägt Sorge dafür, dass die

von ihm ausgewählten Instrumente und Methoden angemessen sind. Dabei hängt

der Grad der Verantwortung auch davon ab, ob der Berater die Rolle eines Prozess-

beraters oder eines Promoters wahrnimmt.

Unter Beraterethik sind hierbei gewisse, in den Sozialwissenschaften übliche

Normen und Werte zu verstehen.550 In engem Zusammenhang zur Verantwortung

und Beraterethik steht die Unabhängigkeit des Beraters.

547 Vgl. French/Bell 1994, S. 122 548 Vgl. Wohlgemuth 1982, S. 134f. 549 Vgl. a.a.O., S. 201ff. 550 Vgl. a.a.O., S. 204

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French/Bell weisen an dieser Stelle darauf hin, dass das Dilemma zwischen seinen

Bemühungen, die Fähigkeiten des Klienten zu entwickeln und zwischen seinem

Wunsch, sich zu engagieren, sich unentbehrlich und zuständig zu fühlen“551, besteht.

Verantwortungsbewusste Berater leben mit diesem Spagat, machen sich im Laufe

des Beratungsprozesses entbehrlich und erfüllen somit die Forderung nach

Unabhängigkeit.

Organisationsentwicklungsberater sollten aufgrund der Vielfalt an Aufgaben, denen

sie im Rahmen des Organisationsentwicklungs-Beratungsprozesses begegnen,

„Generalist für organisatorische Belange und Spezialist für die Organisationsentwick-

lungsberatung sein.“552 Eine psychologische oder soziologische Ausbildung mit

Kenntnissen verschiedener Methoden und Theorien der Organisationsentwicklung

bildet hier eine gute Basis. Hat der Berater die Rolle des Promoters inne, ist es

erforderlich, dass er über technische, betriebswirtschaftliche und die Führung von

Organisationen betreffende Kenntnisse verfügt, um spezielle Themengebiete

vertiefen und richtig beurteilen zu können.

Neben dem Fachwissen benötigt der Berater eine Reihe von menschlichen

Qualitäten: „Der Berater muss über gute interpersonale Fähigkeiten verfügen. Er

muss in der Lage sein, mit Menschen in einer Atmosphäre von Kontakt, Vertrauen,

Realität, Offenheit und Zielorientiertheit zu kommunizieren und umzugehen. […]

Darüber hinaus wird der Erfolg des Beraters von der Überzeugungskraft und dem

Takt abhängen, den er an den Tag legt, wenn er mit zwischenmenschlichen

Kontakten arbeitet, auf denen die Beratungssituation basiert.“553

Im Idealfall bringt ein Berater diagnostische Fähigkeiten, Objektivität, Vertrauens-

würdigkeit, Einfühlungsvermögen, Verständnis und pädagogisches Geschick.554

Ausreichende Erfahrung in Veränderungsprozessen und vor allem im Umgang mit

Menschen ist von großem Vorteil.

551 French/Bell 1994, S. 218 552 Wohlgemuth 1982, S. 205 553 Lippit 1977, S. 114 554 Für eine ausführliche Beschreibung, vgl. Wohlgemuth 1982, S. 206

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6.1.5 Gestaltungsprinzipien der Organisationsentwicklung Bei der Durchführung von Organisationsentwicklungsprojekten müssen eine Reihe

von Gesichtspunkten beachtet werden um den Erfolg des Organisationsentwick-

lungsprozesses zu gewährleisten. French/Bell haben anhand von erfolglosen

Bemühungen, Gestaltungsprinzipien für erfolgreiche Organisationsprozesse heraus-

gearbeitet:

Voraussetzungen erfolgreicher Organisationsentwicklung nach French/Bell

1. Problembewusstsein in der Führungsspitze

2. Der Einsatz eines externen Organisationsberaters

3. Die Legitimation durch die Führungsspitze und der Betroffenen

4. Organisationsentwicklung als Unternehmensphilosophie

5. Die Entwicklung interner Problemlösekapazitäten

6. Die Einbeziehung der Personalpolitik

7. Die Koordinierung und Kontrolle des Organisationsentwicklungsprozesses

Abb. 46: Voraussetzungen erfolgreicher Organisationsentwicklung nach French/Bell555

Eine auslösende Bedingung für Organisationsentwicklungsprozesse ist fast immer

ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Problembewusstsein bei einer oder

mehreren verantwortlichen Personen in einer Organisation und eine subjektive

Unzufriedenheit mit den gegebenen Verhältnissen, die Veränderungen als

grundsätzlich wünschenswert erscheinen lassen.556

Der Einsatz eines externen Organisationsentwicklungsberaters ist als weitere

Bedingung erfolgreicher Organisationsentwicklungsprozesse anzusehen. Während

zu Beginn eines Prozesses diese Rolle von einem Organisationsmitglied ausgeführt

werden kann, überwiegen im Weiteren die Vorteile eines externen Beraters, da er

weniger den organisationsinternen Zwängen unterworfen ist und als Außenstehender

555 Vgl. French/Bell 1990, S. 183ff. 556 Vgl. Becker/Langosch 1986, S. 26ff.; vgl. auch: French/Bell 1990, S. 183ff.

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von allen Seiten leichter als ausreichend neutral akzeptiert wird und damit tragfähige,

unbelastete Beratungsbeziehungen aufbauen kann.557

Für den langfristigen Erfolg von Organisationsentwicklungsmaßnahmen ist es

besonders wichtig, die Prinzipien der Organisationsentwicklung als Bestandteil der

Unternehmensphilosophie zu verankern und Ziele bzw. Praktiken für alle

Organisationsmitglieder transparent zu machen. Berater und interne Organisations-

entwicklungsbeauftragte sollten hierzu den gesamten Organisationsentwicklungs-

prozess als Lernprozess organisieren. Die Förderung der persönlichen Entfaltung

und die Verbesserung der Leistungsfähigkeit von einzelnen Gruppen sind so

Schwerpunkt jedes Organisationsentwicklungsprogramms.558

Die Entwicklung interner Problemlösekapazitäten ist ein weiteres typisches Merkmal

erfolgreicher Organisationsentwicklungsbemühungen. Daher ist es wichtig, dass die

Organisation die Kenntnisse des Beraters nutzt und dieser sich im Laufe des

Prozesses mehr und mehr zurückzieht. Damit sinkt mit dem Prozessfortschritt die

Abhängigkeit der Organisation von der Person des Beraters; gleichzeitig entwickeln

sich interne Ressourcen zum Aufbau organisationsinterner Problemlöse-

kapazitäten.559

Organisationsentwicklungsmaßnahmen müssen mit Personal-, Auswahl-,

Beförderungs-, Entlohnungssystemen vereinbar sein und somit in die Personalpolitik

einbezogen werden, um das Engagement von Einzelnen und Gruppen auf Dauer

finanziell und laufbahnmäßig abzusichern. Es besteht sonst die Gefahr, dass interne

Organisationsentwicklungsgruppen, die oft als Katalysator bei schnellen

organisatorischen Umwandlungen wirken, den Personalkorpus spalten. Daher ist

darauf zu achten, dass möglichst weite Teile der Organisation mit in den Ent-

wicklungsprozess einbezogen werden.560

557 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 106ff. 558 Vgl. French/Bell 1990, S. 186ff.; vgl. auch: Becker/Langosch 1986, S. 155 559 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 2000, S. 31ff.; vgl. auch: French/Bell 1990, S. 189ff. 560 Vgl. French/Bell 1990, S. 188ff.

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Ein weiteres Merkmal erfolgreicher Organisationsentwicklungsmaßnahmen besteht

darin, dass Fragen der Koordinierung und Kontrolle des Organisationsprogramms

von internen Koordinatoren, dem externen Berater und den Klienten behandelt

werden. Fehlende Koordination kann zu Spannungen zwischen Mitgliedern der

Organisation führen. Für die Sicherstellung des Erfolges ist die fortlaufende

Überwachung der Resultate des Organisationsentwicklungsprozesses notwendig,

um festzustellen, in welchem Maß die vorher identifizierten Probleme durch den

Prozess gelöst wurden.561

6.1.6 Initiierungsstrategien

Erfolgreiche Organisationsentwicklungsbemühungen beginnen nicht automatisch auf

der Führungsebene. Es lassen sich in diesem Zusammenhang fünf Initiierungs-

strategien, unterscheiden.

Bei der Initiierung von der Spitze aus setzt der Berater den Organisations-

entwicklungsprozess zuerst beim Top-Management, dann nach und nach in den

niedrigeren Hierarchien der Organisation in Gang. Der Vorteil liegt hierbei in der

Glaubwürdigkeit, da sich die Führungsspitze aktiv für neue Entwicklungen und

Veränderungen einsetzt.562

Bei der Initiierung von der Basis aus beginnt der Organisationsentwicklungsprozess

zunächst an der Basis und geht von dort schrittweise auf die höhere Ebene über, mit

dem Vorteil der höheren Identifikation unterer Hierarchiestufen und besserer

Transparenz.563

Bei der Initiierung von der Spitze und von der Basis aus wird der Organisations-

entwicklungsprozess gleichzeitig von der Spitze und der Basis aus eingeleitet,

folglich können mehrere Probleme simultan in Angriff genommen werden, was im

Idealfall zur Beschleunigung des gesamten Prozesses führt, jedoch besondere

Koordinationsauslegungen erfordert.564

561 Vgl. Gebert 1974, S. 107ff.; vgl. auch: French/Bell 1990, S. 190ff. 562 Vgl. Wohlgemuth 1982, S. 182f. 563 Vgl. a.a.O., S. 184f. 564 Vgl. a.a.O., S. 186f.

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Die Initiierung von der Mitte aus setzt den Organisationsentwicklungsprozess auf

mittlerer Ebene an. Von dort greift er in beide Richtungen auf die gesamte

Organisation über. Der Vorteil dieser Initiierungsstrategie liegt darin begründet, dass

im mittleren Management unvoreingenommene Fachkräfte mit Wissen über die

gesamte Organisation zu erwarten sind.565

Bei der Initiierung von verschiedenen Zentren aus erfolgt die Initiierung des

Organisationsentwicklungsprozesses gleichzeitig von mehreren verschiedenen

Stellen aus und dehnt sich auf die gesamte Organisation aus. Die Zentren können

dabei in unterschiedlichen Hierarchieebenen liegen. Dies birgt die Chance, einzelne

Mitglieder die für den Organisationsentwicklungsprozess besonders hilfreich

erscheinen, in diesen Zentren zusammenzufassen.566

Insgesamt betont die Organisationsentwicklung die menschliche und soziale

Dynamik in Organisationen und vernachlässigt aus Sicht der Kritiker die

aufgabenbezogenen, technischen und strukturellen Aspekte und deren

Wechselbeziehung.567

Gleichzeitig liegt im Prinzip der Langfristigkeit ein wesentlicher Nachteil der

Organisationsentwicklung. Sie ist eine kostspielige Investition und kein schnell

wirkendes Allheilmittel für gesamtorganisatorische Verbesserungen. Somit werden

kurzfristig notwendige Veränderungen in Zeiten einer Krise nicht schnell und

beschleunigend bewirkt. Dies kann besonders für eine Organisation, die sich in einer

existenzgefährdeten Situation befindet, zum Nachteil werden.568

Organisationsentwicklungsmaßnahmen erfolgreich durchzuführen erfordert

besondere Kenntnisse und Qualifikationen der Beteiligten, denn die größte Gefahr

besteht darin, dass falsche Organisationsentwicklungstechniken fehlerhaft eingesetzt

565 Vgl. Wohlgemuth 1982, S. 187f. 566 Vgl. a.a.O., S. 188f. 567 Vgl. French/Bell 1990, S. 235 568 Vgl. Becker/Langosch 1986, S. 202ff.

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werden und so zum Scheitern der Organisationsentwicklungsmaßnahmen führen.569

Weiterhin kann es von Nachteil sein, wenn sich Organisationsentwicklungstechniken

nur auf die Veränderung der internen Kultur konzentrieren und verschiedene externe

Einflussfaktoren nicht wahrgenommen werden.570

6.2 Change Management

Der Begriff Change Management ist seit Mitte der 90er Jahre in aller Munde und

stammt, wie viele andere Begriffe der Managementtheorie, aus dem

Angelsächsischen.571 Sucht man nach einer einheitlichen Definition des Begriffes,

wird man enttäuscht, denn die Definitionsversuche des Change Management gehen

zum Teil stark auseinander. Einige Autoren vermeiden sogar eine Definition des

Begriffes.

Czichos572 verwendet unter dem Titel ‚Change Management’ beispielsweise eher das

Konzept der Organisationsentwicklung und entwickelt daraus im Folgenden einen

eigenen konzeptionellen Ansatz. Kostka/Mönch stellen fest, dass „Change

Management bedeutet, Veränderungsprozesse auf Unternehmens- und persönlicher

Ebene zu planen, zu initiieren, zu realisieren, zu reflektieren und zu stabilisieren […]

Change Management zielt auf planmäßige mittel- bis langfristig wirksame

Veränderung von Verhaltensmustern und Fähigkeiten, um zielgerichtet Prozesse und

Kommunikationsstrukturen zu optimieren. Dafür ist eine ganzheitliche Betrachtungs-

weise der Organisation notwendig […] tiefgreifende oder grundlegende Verän-

derungen sind Gegenstand von CM.“573

Der Gedanke des planmäßigen und zielgerichteten Aufbaus des Change

Managements findet sich auch bei Lindinger/Goller, wonach „Change Management

[…] die Summe aller bewussten Konzepte und Methoden zur Steuerung und

Begleitung von Veränderungsprozessen in Organisationen“574 umfasst.

569 Vgl. French/Bell 1990, S. 234 570 Vgl. a.a.O., S. 234ff. 571 Vgl. Kraus/Becker-Kolle/Fischer 2004, S. 14 572 Czichos 1993 573 Kostka/Mönch 2002, S. 9 574 Lindinger/Goller 2004, S. 27

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Diesen Aspekt greifen auch Gattermeyer/Al-Ani auf und erweitern ihn um das

generelle Ziel, die Veränderungsbereitschaft grundsätzlich zu erhöhen, indem sie

feststellen, dass „unter Change Management […] alle Maßnahmen subsumiert

[werden], die zur Initiierung und Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen,

Systemen und Verhaltensweisen notwendig sind […] so gesehen beschäftigt sich

Change Management weniger mit dem detaillierten Entwurf von Soll-Zuständen; es

hat vielmehr die Erhöhung der Veränderungsbereitschaft und das Skizzieren von

Visionen als Voraussetzung zum Design neuer Lösungen sowie deren nachfolgende

Umsetzung zum Inhalt“575. Kraus/Becker-Kolle/Fischer fassen den Begriff weiter, in

dem sie die konzeptionelle Vielfalt unter der Überschrift ‚Change Management’ zum

Gegenstand der Definition machen: „Change Management ist ein Übergriff für

professionelles Management von Veränderungen […] es subsumiert einzelne

Konzepte, die sich durchaus ergänzen oder auch widersprechen können.“576

Fasst man diese definitorischen Ansätze zusammen, lässt sich feststellen, dass

Change Management als Strategie des geplanten und systematischen Wandels zu

verstehen ist. Hierunter fällt die Beeinflussung der Organisationsstruktur,

Unternehmenskultur und individuellem Verhalten unter Beteiligung der Betroffenen.

Berücksichtigt werden müssen die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen

Individuen, Gruppen, Technologien, der Umwelt, der Zeit und den Rahmen-

bedingungen, in welchen sich die Organisation als Ganzes bewegt. Change

Management wird so zumeist als Oberbegriff für viele Formen des

Veränderungsmanagements in Organisationen verwandt.

6.2.1 Change Management als eigenständiges Konzept Change Management kann im klassisch-theoretischen Sinne als eigenständiges

Konzept von der Organisationsentwicklung abgegrenzt werden, da sich

unterschiedliche Prozesslogiken, Intensitäten der Mitarbeitereinbeziehung und des

Charakters des Prozesses feststellen lassen, auch wenn in der Praxis die Grenzen

zwischen den einzelnen Veränderungskonzepten mehr und mehr verwischen.

575 Gattermeyer/Al-Ani 2000, S. 14f. 576 Kraus/Becker-Kolle/Fischer 2004, S. 15

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Hauptmerkmale des Change Managements als eigenständiges Konzept sind die

Radikalität und Kühnheit. Janes, Prammer, Schulte-Derne charakterisieren den

Change Management-Prozess als kompromisslos und bis zum Äußersten gehend.

So genannte Flurbereinigungen, bei welchen Tausende von Mitarbeitern entlassen

werden, sind keine seltene Konsequenz von Change-Management. Das Konzept der

Veränderung wird meist schon von einem externen/internen Berater als Handgepäck

mitgebracht, so dass die Führungsebene dem Vorgeschlagenen nur noch die

Zustimmung geben muss. Oftmals werden externe Berater engagiert, da diese die

Mitarbeiter nicht kennen und in keiner persönlichen Beziehung zu ihnen stehen.577

Weiterer wesentlicher Aspekt ist, dass Mitarbeiter nicht in die Konzeptphase

involviert sind. Durch die Beschränkung auf wenige Personen, ist das Konzept

schnell fertig gestellt und kann umgesetzt werden. So erlaubt Change Management

große Veränderungen in kürzester Zeit. In Folge externer Einflüsse stehen

Organisationen unter Druck, sich schnell anzupassen und zu verändern, um auf dem

Markt zu bestehen und konkurrenzfähig zu bleiben. Innovative Vorhaben müssen

schnell in den Organisationsalltag integriert werden, bevor die Ideen schon wieder

überholt sind. Schnelle und radikale Änderungen sind die Folge.

Im Change Management ist es Aufgabe des Managements, gewachsene Strukturen

und Abläufe in der Organisation zu durchbrechen und durch andere zu ersetzen.

Dabei können zu erwartende Widerstände die Konzeptphase sehr verlangsamen

oder sogar gefährden.578 Um die charakteristische Schnelligkeit des

Veränderungsprozesses zu bewahren, werden die Mitarbeiter in der Lösungsfindung

nicht miteinbezogen, da die Auseinandersetzung mit Widerstand kompliziert,

zeitaufwändig und kostenintensiv ist. Nur wenige Mitarbeiter werden in den

Veränderungsprozess involviert: sie sollen mit der gewohnten Arbeit fortfahren, ohne

Nervosität aufkommen zu lassen.579

577 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 5. 578 Vgl. a.a.O., S. 6f. 579 Vgl. Czichos 1993, S. 429

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Das Merkmal Schnelligkeit impliziert, dass Change-Management-Prozesse

kostengünstig sind. Jedoch treten die Probleme solcher Prozesse meist massiver in

der Implementierungsphase ein, die den Prozess hinauszögern.. Ursachen dafür sind

die Widerstände der Mitarbeiter, die auch auf fehlender Einbeziehung basieren.

Kennzeichen des Change Management-Prozesses ist neben der Schnelligkeit die

Sprunghaftigkeit und die Prägung durch externe Logik. Mitwirkung der Betroffenen ist

nur punktuell in der Phase der Informationsgewinnung vorgesehen. Entscheidungen

entstehen meist außerhalb des Systems, können auch gegen die Betroffenen und

ohne deren Beteiligung getroffen bzw. umgesetzt werden. So ist die Steuerung des

Veränderungsprozesses normativ bei von außen vorgegebenen Veränderungs-

zielen.580

6.2.2 Einsatzfelder des Change Managements Die Ausrichtung der Change-Management-Konzeption determiniert die Einsatzfelder,

formuliert das Internationale Institut für lernende Organisation und Innovation (ILOI)

in ihrer Studie, in der 1997 über 100 Unternehmen im deutschsprachigen Raum zum

Thema Change Management befragt wurden, und fasst die vielfältigen Gründe für

Veränderungsprozesse in sechs verschiedene Gruppen zusammen. Demnach gibt

es produktbezogene, marktbezogene, geschäftsprozessbezogene, mitarbeiter-

bezogene, führungsbezogene und strukturbezogene Gründe für Veränderungs-

projekte.581 Interessant ist hierbei die Tatsache, dass nach der ILOI-Studie die

Hauptursache für Veränderungsprojekte geschäftsprozessbezogene Gründe hat. So

sind mit jeweils 50% der Nennungen hohe Prozesskosten und hohe Durchlaufzeiten

Auslöser für Veränderungsprojekte. 582 Ein Bild, das sich auch in der aus dem Jahr

2003 stammenden Capgemini-Studie bestätigt. Die dort knapp 100 befragten

Unternehmen gaben mehrheitlich Restrukturierung und Reorganisation als Grund für

Change Management an. 583

580 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 9 581 Vgl. ILOI 1997, S. 10 582 Vgl. a.a.O., S. 10 583 Vgl. Capgemini 2008, S. 14

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Change Management ist kein Selbstzweck, sondern die Antwort auf einen

fundamentalen Veränderungsbedarf im Unternehmen:

Abb. 47: Ursachen für Veränderungen in Unternehmen bis 2010584 Im Zuge der Capgemini-Studie wurden Unternehmen zudem befragt, warum sie bei

oben genannten Problemfeldern auf das Change Management zurückgreifen. Dabei

kristallisierten sich vier Hauptgründe heraus. Zum einen ist hier die Erfahrung bei

früheren Veränderungen zu nennen. Ein weiterer Punkt ist die Überzeugung der

Entscheider, aber auch das Wertesystem des Unternehmens und der hohe Zeitdruck

spielen eine Rolle bei der Entscheidung für den Einsatz von Change Management.585

584 Eigene Abbildung, basierend auf Capgemini 2008, S. 14 585 Vgl. Capgemini 2003, S. 21

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Somit bestätigen die Erfahrungen aus der Praxis den Charakter des klassisch-

theoretischen Change Management-Ansatzes, nämlich das Change Management

sich u. a. durch schnelle Prozesse und wenig Einbeziehung der Betroffenen

auszeichnet.586

6.2.3 Wesentliche Akteure des Change Managements Kennzeichnend für das Konzept des Change Managements und seine praktische

Umsetzung ist die Tatsache, dass die größte Bedeutung im Prozess dem Top-

Management zukommt. Die Capgemini-Studie belegt eindrucksvoll, dass das Senior-

Management und der Vorstand der Unternehmen die größte Bedeutung bei der

Gestaltung der Change Prozesse haben.587 Weiteres Kennzeichen des Change

Managements ist der Einsatz von externen Beratern.588 Auch diese Tatsache lässt

sich in der Praxis belegen: so sind laut ILOI-Studie bei über 80% der befragten

Unternehmen externe Berater an den Veränderungsprojekten beteiligt.589 Dass

dieser Umstand allein noch keine Erfolgsgarantie ist, belegt die gleiche Studie. So

werden bei ca. 43% der Firmen nicht einmal 60% der Projektziele erreicht.590

Ebenso zeigt die Capgemini-Studie, dass auch in der Praxis ein nicht einheitliches,

sondern sehr heterogenes Verständnis des Begriffes Change Management

vorherrscht.591 Bei der Befragung wurden sechs Definitionsvarianten, auf welche im

Einzelnen hier nicht eingegangen werden soll, sowie eine offene Antwortkategorie

vorgegeben. Sie lieferte folgende Verteilung:

586 Vgl. Janes/Pramer/Schulte-Derne 2001, S. 9 587 Vgl. Capgemini 2003, S. 26 588 Vgl. Janes/Pramer/Schulte-Derne 2001, S. 9 589 Vgl. ILOI 1997, S. 14 590 Vgl. a.a.O., S. 15 591 Vgl. Capgemini 2003, S. 14

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Abb. 48: Change Management Definitionen592

Darüber hinaus gaben zwei Drittel der Befragten an, keinen bestimmten Change

Management-Ansatz aus der Literatur zu bevorzugen. Aber auch jene, welche sich

an bestehenden Theorien, Konzepten und Ansätzen des Change Management

orientieren, können sich nicht vorstellen, einen bestimmten Ansatz eins zu eins in die

Praxis umzusetzen.593

6.3 Transformationsmanagement

Transformationsmanagement ist, im eigentlichen Sinne, zwischen den beiden

Konzepten Organisationsentwicklung und Change Management angesiedelt. Der

konzeptionelle Ansatz versucht, auf Basis empirischer Ergebnisse, die Vorteile

beider Ansätze miteinander zu verbinden. So werden aus dem Change Management

die "Schnelligkeit und klare Zielorientierung," übernommen, während aus der

Organisationsentwicklung die "Prozessorientierung und die Integration der

Betroffenen in den Prozess" Eingang finden.594

6.3.1 Abgrenzung zu den Konzepten der Organisationsentwicklung und des Change Management

Vergleicht man die Konzepte der Organisationsentwicklung und des Change

Management-Ansatzes, lässt sich festhalten, dass die Stärken des Organisations- 592 Capgemini Studie 2003, S. 14 593 Vgl. a.a.O., S. 13ff. 594 Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, VII

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entwicklungsansatzes deutlich in der Integration der betroffenen Personen und

Gruppen in den Veränderungsprozess liegen. Durch die Beteiligung der betroffenen

Akteure erleichtern sich die Umsetzungs- und Implementierungsschritte von

Veränderungsvorhaben wesentlich. Dem gegenüber stehen die Nachteile, dass

Organisationsentwicklungsprozesse "sozial aufwändig" sind und vor allem bei

größeren Veränderungsvorhaben entsprechend langwierig sein können.595

Die Stärken des Change-Management-Ansatzes liegen dagegen in der Chance,

radikale Veränderungsvorschläge zu formulieren sowie in der zeitlichen Dynamik und

Beschleunigung der Analyse- und Konzeptionierungsphase. Nachteilig wirken hier

die 'Nebenwirkungen' dieser Vorgehensweise, die in der Regel in der

Umsetzungsphase sichtbar werden, denn dort bleiben die Entwürfe "oft im Zuge der

Implementierungsbemühungen"596 hängen. Bei radikalen Veränderungsvorhaben

kommt dieser "organisationale Widerstand", der durch die fehlende Einbeziehung der

betroffenen Akteure entsteht, dabei besonders deutlich zum Tragen.597

Transformations-Management, auch Transformation von Innen genannt, beschreibt

also einen Zugang zur Veränderungspraxis, der die "Vorteile von

Organisationsentwicklung und Change Management,

• Kontinuität und Brüche,

• Integration und "Durchziehen",

• Tiefe und Geschwindigkeit,

in sich vereint."598

Dabei variiert die "Nähe" zu einem der beiden Alternativkonzepte – Organisations-

entwicklung oder Change Management – je nach Phase des Projektes: In der ersten

Phase eines Veränderungsprozesses unterscheidet sich Transformations-

Management und Change Management kaum. So starten in beiden Fällen i. d. R.

externe Personen für das Unternehmen einen Veränderungsprozess. Dabei wird

zwischen Unternehmensleitung und externer Beratung die Zielsetzung des 595 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 7 596 Vgl. a.a.O., S. 7f. 597 Vgl. a.a.O., S. 8 598 A.a.O., S. 8

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Veränderungsprozesses ebenso festgelegt wie die prinzipielle Vorgehensweise

sowie die voraussichtliche Dauer des Prozesses.599

Nach dieser ersten "Start-Phase" unterscheiden sich jedoch Change Management

und Transformations-Management in entscheidenden Punkten, denn "alle weiteren,

sich aus diesem Start-Commitment ergebenden inhaltlichen Setzungen und

Entscheidungen erfolgen beim Transformations-Management [...] in einem rekursiv

gesteuerten Prozess: Die, die entscheiden, sind hier immer unmittelbar selbst von

dem betroffen, was sie entscheiden. Es entscheiden also nie die externen Berater für

die internen Betroffenen, wie dies im Change Management der Fall ist." 600 Hierdurch

wird ein "kooperatives emotionales Klima der Transformation" ermöglicht, welches

die Grundlage für eine erfolgversprechende Umsetzung bietet. 601

Nachfolgende Tabelle grenzt die drei Veränderungsansätze anschaulich voneinander

ab:

599 Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 9 600 Vgl. A. a. O., S. 10 601 Vgl. A.a.O., S. 10

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Organisations-

entwicklung Transformations-

Management Change

Management

Logik des Veränderungs-prozesses

• Eigenlogik des Systems prägt den Prozess.

• Veränderungsideen entstehen innerhalb des Systems.

• Aktive Verknüpfung von Eigenlogik und externer Logik prägt den Prozess.

• Transformationsideen entstehen außerhalb und innerhalb des Systems.

• Externe Logik prägt den Prozess.

• Veränderungs-ideen entstehen außerhalb des Systems.

Mitwirkung der Betroffenen

• Integration betroffener Personen und Gruppen durch aktive Mitwirkung und Beteiligung an den Entscheidungs-prozessen.

• Punktuelle und differenzierte Einbindung der Betroffenen in allen Prozess-phasen, aber Umsetzung auch gegen Betroffene möglich.

• Punktuelle Einbeziehung nur in der Informa-tionsgewinnungs- und Analyse-phase.

• Entscheidung und Umsetzung auch gegen die Betroffenen ohne deren Beteiligung.

Charakter des Prozesses

• Fließend, in Stufen.

• Evolutionärer Charakter.

• Aktiv gesteuerte Abfolge von evolutionären und sprunghaften Phasen.

• Schnell.

• Mit Brüchen, sprunghaft.

Gestaltungs-Paradigma

• Veränderung durch interne Reflexion.

• Erste Vorgabe der Transformations-ziele von außen.

• Zirkuläre Zieleplanung.

• Rekursive Steuerung des Transformations-prozesses.

• Vorgabe der Veränderungsziele von außen.

• Normative, lineare Steuerung des Veränderungs-prozesses.

Abb. 49: Drei Ansätze zum Management von Veränderungen im Vergleich602

602 Eigene Abbildung, basierend auf: Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 9

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6.3.2 Bedeutung des Transformationsmanagements Der Transformations-Management-Ansatz etabliert sich zwischen den beiden

klassischen Konzepten zum Management von Veränderungen, der

Organisationsentwicklung und des Change-Managements. Dabei beruht der

konzeptionelle Ansatz weniger auf theoretischen Überlegungen, sondern basiert

vielmehr auf empirischen Erfahrungen und Ergebnissen zahlreicher Veränderungs-

projekte. Hier zeigt sich, dass sowohl der Organisationsentwicklungs- als auch der

Change Management-Ansatz neben den beschriebenen Stärken in der Praxis

erhebliche Schwächen offenbaren und damit ansatzimmanente Risiken für die

Durchführung eines erfolgversprechenden Veränderungsprojektes bieten.

Gelingt es jedoch, die Vorteile der Organisationsentwicklung und des Change

Management zu kombinieren, entsteht ein in sich logischer 3. Weg zum Management

von Veränderungen, der Transformations-Management-Ansatz, welcher neben

evolutionären Entwicklungen auch radikalere Veränderungssprünge erlaubt und

gleichzeitig durch die Beteiligung der Betroffenen höhere Akzeptanz verspricht als

bei klassischen Change Management-Prozessen und damit die Grundvoraussetzung

für erfolgreiche Implementierungen von Konzepten herstellt.

Der Transformations-Management-Ansatz versucht also, in sinnvoller Weise die

Vorteile der internen Logik von Veränderungen mit Impulsen, die externe

Beraterinnen und Berater einbringen können, zu kombinieren und spielt damit die

Stärken der beiden klassischen Ansätze – bei gleichzeitiger Reduktion der jeweiligen

Schwächen – aus. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Transformations-Management

als eigenständiges Konzept zwischen den beiden klassischen Ansätzen behaupten

wird, denn die Positionierung zwischen Organisationsentwicklung und Change

Management funktioniert nur bei sorgfältiger Unterscheidung dieser beiden Ansätze,

deren Grenzen jedoch sowohl in Theorie als auch Praxis "ausgesprochen unklar"603

sind.

603 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 3

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7 Erfolgsfaktoren und Barrieren in Transformationsprozessen

öffentlicher Verwaltungen und Unternehmen – empirische und theoretische Erkenntnisse

7.1 Die Problematik der Erfolgsdefinition und –messung Beschäftigt man sich mit Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren von Veränderungs-prozessen, ist zunächst die Frage zu klären, woran „Erfolg“ in Veränderungs-prozessen gemessen werden kann. Erfolg und Misserfolg sind Grobkategorien zur Bewertung von Ergebnissen, hochgradig subjektiv und nicht konsistent. Es handelt es sich dabei um vieldeutige soziale Konstruktionen mit großer Beliebigkeit durch nicht überprüfte Implikationen; Arbeiten an einem Projekt mehrere Personen, so können die Ergebnisse des Projektes von jedem Einzelnen höchst unterschiedlich bewertet werden. Dies hängt wesentlich von den aktuellen, kulturellen, wirtschaftlichen, professionellen, sozialen und individuellen Hintergrundmerkmalen der beteiligten Personen ab. Infolge werden in Abhängigkeit des jeweiligen Standpunktes Ergebnisse als Misserfolg oder Erfolg klassifiziert.604 Versucht man sich trotzdem an einer Definition von Erfolg, wird häufig zwischen harten und weichen Erfolgskriterien unterschieden. Als hart werden dabei leistungsbezogene Daten oder wirtschaftliche Kennzahlen bezeichnet, während weiche Kriterien die Zufriedenheit von Kunden, Mitarbeitern etc. umfassen. 605 Ansätze zur Erfolgsmessung lassen sich im Total Qualitiy Management oder in integrierten Managementsystemen mit der Methode des „Management Review“ finden606. Ebenso kann das Benchmarking607 oder ein Systemaudit608 herangezogen werden, wobei es die Entscheidung der jeweiligen Organisation ist, welche harten oder weichen Daten jeweils zur Bewertung im Review herangezogen werden.

604 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 9 605 Vgl. Gebert 1993, S. 484ff. 606 Vgl. ausführlich in Coopers/Lybrand 1997 607 Vgl. Fromm 1994, S. 121ff. 608 Vgl. Gaster 1994, S. 927ff.

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Im Rahmen des European Quality Award (EQA) werden beispielsweise als Merkmale für Erfolg die Mitarbeiterzufriedenheit, Kundenzufriedenheit, Einfluss auf die Gesellschaft und die Geschäftsergebnisse genannt. Hierzu wurde ein Fragenkatalog mit vorgegebenen Skalen entwickelt, der im Selbstbewertungsverfahren von den Beteiligten zu bearbeiten ist. Punktwerte und Gewichtungen sind hierbei detailliert spezifiziert.609 Osterhold versteht unter Erfolg in Veränderungsprozessen den langfristigen Unternehmenserfolg auf Basis des Gleichgewichtes im Zusammenspiel der Kräfte von Unternehmensprofit, Kundenbeziehung und Mitarbeiterzufriedenheit als Merkmale der Zukunftsausrichtung einer Organisation, die nur in lernenden, selbstorganisierten Organisationen zu bewerkstelligen ist.610 Doppler/Lauterburg konkretisieren die Definition von Erfolg weiter durch Kriterien erfolgreicher Unternehmensführung und einem Fragebogen zur Selbsteinschätzung mit insgesamt 20 Fragen.611 Es zeigt sich insgesamt, dass in einem komplexen Umfeld wie dem Veränderungs-management die Definitionen von „Erfolg“ weit auseinander gehen. Gemein-samkeiten liegen lediglich darin, dass als harte Faktoren wirtschaftliche Kennziffern verstanden werden, während bei weichen Kriterien als gemeinsamer Nenner lediglich die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit zu nennen ist, während ansonsten große Unterschiede festzustellen sind.612 Die definitorischen Ansätze zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Projekte dann als erfolgreich bezeichnet werden können, wenn die Ziele der Auftraggeber erreicht und/oder wenn die Kunden und Initiatoren mit den Ergebnissen zufrieden sind. Dies ist eine sehr abstrakte und allgemein gehaltene Ergebnisdefinition, ein "Meta-Erfolgsmerkmal".613 7.2 Dimensionen des Erfolges von Veränderungsprozessen Einen anderen Ansatz , sich der Definition von Erfolg zu nähern, der weiche und harte Faktoren integriert ohne sie dementsprechend zu kategorisieren, wählen Greif, Schiffer, Bemmann [u.a.], die auf Basis durchgeführter Experteninterviews zehn

609Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 10 610Vgl. Osterhold 1996, S. 6ff. 611Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 505ff. 612Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 11 613 A.a.O., S. 44

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abstrakte Merkmale der Erfolgsmessung herausarbeiten, die als erste Dimension der Erfolgsmessung dienen. Folgende Abbildung stellt die zehn abstrakten Merkmale der Erfolgsmesung dar:

10 Merkmale der Erfolgsmessung

1. Zielerreichung, Zufriedenheit oder Akzeptanz der Auftraggeber/ (externer) Kunden

2. Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Marktposition

3. Qualitätsverbesserungen

4. Einbeziehung, Einstellung und Motivation der Betroffenen

5. Verhaltensänderungen und Qualifikation der Mitarbeiter, Innovationen und

lernende Organisation

6. Qualität des Projektmanagements

7. Umweltaspekte

8. Sozialverträgliche Umsetzung

9. Eigene Zufriedenheit und Erfolge als Verantwortlicher, Projektleiter oder

externer/interner Berater

10. Sonstiges Abb. 50: 10 Merkmale der Erfolgsmessung614

Greiff/Schiffer/Bemmann [u.a.] arbeiten heraus, dass nahezu alle Befragten die Zielerreichung, Zufriedenheit oder Akzeptanz der Auftraggeber/ (externer) Kunden als allgemeines, abstraktes Merkmal für Erfolg nennen. Als Messkriterien können hierbei Punkte wie die Zielerreichung, Teilzielerreichung, der prozentuale Anteil zufriedener Kunden, die Akzeptanz bzw. Zufriedenheit des Auftraggebers oder aber der Machtzuwachs des Auftraggebers angesehen werden. 615 Die Einschätzung der Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Marktposition als zweites Merkmal basiert auf Messgrößen wie der Verbesserung betriebswirtschaftlicher Kenngrößen (Kosten/Nutzen), der Wirtschaftlichkeit und quantifizierbarer Rationalisierungseffekte, Produktivitätsauswirkungen sowie die Einhaltung des Budgets und das Bestehen am Markt.

614 Eigene Abbildung 615 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 44

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Das Merkmal Qualitätsverbesserungen lässt sich anhand der Produktqualität, der Erfüllung von Normen, der Verringerung fehlerhaften Outputs, der Verbesserung der Durchlaufzeiten und der Abläufe, der besseren Verfügbarkeit von Ressourcen, der messbaren Kundenorientierung, der Verringerung notwendiger Nacharbeiten und der Ausschussmenge sowie durch Reduktion der Schnittstellenproblematik messen. Die Einbeziehung sowie die Einstellungen und die Motivation der Betroffenen wird gemessen an der Akzeptanz der Betroffenen, an der Motivation, Zufriedenheit und Involviertheit der Mitarbeiter sowie an Einstellungsveränderungen. Das Merkmal Verhaltensänderungen und Qualifikation der Mitarbeiter, Innovationen und lernende Organisation ist messbar anhand der Veränderung des innovativen Potentials, dem Anteil von Mitarbeitern, die Verbesserungsvorschläge unterbreiten, dem Prozentsatz umgesetzter Vorschläge, der Verbesserung der Kommunikation und Kooperation unter den Mitarbeitern, am Grad der Selbstorganisation der Arbeit, Anwendung und Umsetzung von Neuerungen durch die Mitarbeiter, der messbaren Verhaltensänderungen, der internen Vermarktung, inwieweit die unabhängige Weiterentwicklung der Organisation ermöglicht wird, der lernenden Organisation, der Qualifikation der Mitarbeiter, der Erhöhung der Lern- und Weiterbildungsmotivation, der Verringerung des Krankenstandes sowie der Verringerung der Fluktuation. Die Qualität des Projektmanagements ist messbar am Zeitmanagement und der Zufriedenheit über Organisation, Durchführung und Ablauf der Prozesse, während Umweltaspekte an der Verträglichkeit festgemacht und die Sozialverträgliche Umsetzung an der Zufriedenheit der Mitarbeiter messbar ist. Neu beschriebenes abstraktes Merkmal für die Erfolgsmessung ist die eigene Zufriedenheit und Erfolge als Verantwortlicher, Projektleiter oder externer/interner Berater. Sie lässt sich u.a. anhand der persönlichen Zufriedenheit, der Umsetzung eigener Ideen, dem Erfolg der eigenen Abteilung, der Gewinnung einflussreicher Mentoren, des externen Interesses an Ergebnissen oder der Verbesserung des eigenen Ansehens feststellen. Unter Sonstiges fallen Merkmale wie beispielsweise ungeplante Erfolge, unerwartet anhaltender Erfolg, wissenschaftliche Verwertbarkeit, das Aufzeigen von Fehlern etc.

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Darüber hinaus bleibt als zweite Dimension festzuhalten, dass die weitere Erfolgsfestschreibung wesentlich von der Position in der Hierarchie der jeweiligen Organisation abhängig ist, denn je nach Position sind bestimmte Merkmale existentiell besonders wichtig. Führungskräfte machen Erfolg z.B. an der Wirtschaftlichkeit fest, während die Mitarbeiter die Sozialverträglichkeit oder Sicherheit des Arbeitsplatzes als elementar ansehen.

Abb. 51: Dreidimensionales Modell der Erfolgsmessung616

Die dritte Dimension der Erfolgsfeststellung wird gekennzeichnet durch die Rolle des jeweiligen „Bewerters“ im Veränderungsprozess. Je nach eingenommener Rolle im Veränderungsprozess ergeben sich unterschiedliche Perspektiven bei der Bewertung der Ergebnisse der Veränderungen. Für Hauptverantwortliche spielt so häufig die eigene Zufriedenheit eine ebenso große Rolle wie die Qualität des Projektmanagements und die damit verbundene Beurteilung ihrer Managementqualitäten durch Dritte. Aufgrund der meist engen persönlichen Beziehung zu den eingeleiteten Veränderungen ist das eigene Erfolgserlebnis für sie wichtiges Messkriterium. So lässt sich ein zusammenfassendes Beschreibungs-system der Erfolgsdefinition und –messbarkeit in Form eines dreidimensionalen Modells mit den Dimensionen: ‚Abstraktheit der Merkmale‘, ‚Position in der

616 Eigene Abbildung

Drei Dimensionen der Erfolgsdefinition

Die Erfolgsdefinition

ist abhängig von:

10 abstrakten Merkmalen

Rolle im Veränderungsprozess

Position in der Hierarchie

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Hierarchie‘ und ‚Rolle im Veränderungsprozess‘ konstruieren.617 Dieses Modell berücksichtigt weitgehend die Subjektivität in der Beurteilung des „Erfolges“ von Veränderungen und bringt die zuvor beschriebenen 10 abstrakten Merkmale in einen konstruktiven Zusammenhang. 7.3 Definition von Erfolgsfaktoren und Barrieren in

Transformationsprozessen Barrieren in Veränderungsprozessen werden verstanden als Faktoren, die den Erfolg

der Veränderung behindern oder als Bremsen wirken bzw. die eine reibungslose

Umsetzung von organisatorischen Veränderungen erschweren.618 Häufig wird in der

Literatur der Begriff Misserfolgsfaktor gebraucht, der in Gebrauch und Definition dem

der Barriere entspricht. Misserfolgsfaktoren bzw. Barrieren619 gelten als Merkmale,

die den Misserfolg organisationaler Veränderungen direkt, indirekt, mittelbar oder

unmittelbar beeinflussen können.620

Erfolgsfaktoren kann man als Faktoren bezeichnen, welche den Erfolg von

Prozessen begünstigen. Einige dieser Faktoren gewinnen in bestimmten Phasen von

Veränderungsprozessen mehr Bedeutung als andere, dennoch sind sie in der

Gesamtheit bei der Planung und Durchführung von Veränderungsprozessen zu

beachten.621

Wandelprozesse in Organisationen umfassen „alle Veränderungen des sozialen

Systems Unternehmung hinsichtlich der zugehörigen Mitglieder, der angestrebten

Nutzenpotenziale und der vorhandenen Leistungspotentiale“.622 Die altbewährte

Ordnung des Systems wird in Frage gestellt und in eine neue Ordnung umgewandelt.

Dieser Übergang von einer Ordnung zu einer anderen Ordnung stellt eine kritische

Phase für die Betroffenen dar. Systeme besitzen die Tendenz, sich gegen

Veränderungen, insbesondere gegen Eingriffe von außen, zu wehren. Es entsteht

617 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 27ff., S. 46 618 Vgl. Nippa/Scharfenberg 1997, S. 37 619 Faktoren, die Veränderungsprozesse negativ beeinflussen, werden im weiteren Gang der Arbeit unter dem Begriff Barrieren zusammengefasst. 620 Vgl. Greif/Runde/Seeberg 2004, S. 48 621 Vgl. Schönborn/Fischer/Langen 2001, S. 84 622 Vgl. Bach 2000, S. 18

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eine Systemabwehr in Form von Barrieren (oder ‚Misserfolgsfaktoren’623 bzw.

‚Risikofaktoren’624, die Veränderungsprozesse in Organisationen negativ beein-

flussen. Es können aber auch positive Kräfte wirken, welche die Durchsetzung von

Veränderungen fördern, so genannte Erfolgsfaktoren, die auch ‚Motoren’625 oder

‚Enabler’626 genannt werden. Generell besteht jedes soziale System aus den zwei

Polen der Offenheit für Veränderungen und der geschlossenen Einstellung ihr

gegenüber.627 Ebenso wie Barrieren sind Erfolgsfaktoren vorwiegend

personengebunden. Daraus lässt sich ableiten, dass Veränderungsprozesse von

Personen gefördert oder blockiert werden können.628

Eine ablehnende Einstellung gegenüber Veränderungen ist eine normale Reaktion

eines Systems. Sie hat die Funktion, die bestehende Ordnung und den

Sinnzusammenhang für die Mitglieder der Organisation zu erhalten. Barrieren stellen

eine solche ablehnende Einstellung dar, die versucht, Veränderungen in der

Organisation zu verhindern. Sie sind vorwiegend in Personen zu finden und äußern

sich in Widerständen, die bewusst oder unbewusst ablaufen können. Aber auch die

Struktur der Organisation kann Barrieren begründen. Offenheit gegenüber

Veränderungen bedeutet, eine vorübergehende Unsicherheit bis zur Herausbildung

einer neuen Ordnung zu akzeptieren.629

Barrieren und Erfolgsfaktoren können auf sachlich-fachlicher und mental-kultureller

Ebene entstehen. 630 Die sachlich-fachliche Ebene umfasst den betriebs-

wirtschaftlichen und technisch-organisatorischen Bereich in Organisationen.631

Dieser kann leicht erfasst werden, da er harte Fakten beinhaltet, die messbar und

bewertbar sind. Auch auf dieser Ebene können Barrieren bei der Durchführung von

Veränderungsprozessen entstehen, die beachtet werden müssen, damit

623 Vgl. Nippa 1997, S. 43, 52 624 Vgl. Kochen 2001, S. 85 625 Vgl. Nippa 1997, S. 40, 52 626 Vgl. Krüger 2002, S. 73 627 Vgl. Gräser 1995, S. 150ff.; vgl. auch Heintel/Krainz 1998, S. 202 628 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 9ff.; Gräser 1995, S. 158 629 Vgl. Gräser 1995, S. 155ff.; vgl. auch Heintel/Krainz 1998, S. 208; Wagner/Beenken/Gräser 1995, S. 26 630 Vgl. ILOI 1997, S. 3 631 Vgl. a.a.O., S. 7

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Veränderungsprojekte erfolgreich durchgeführt werden können.632 So stellen z.B.

stark hierarchisch bzw. bürokratisch geprägte Strukturen in Organisationen eine

maßgebliche sachlich-fachliche Barriere dar, welche die Fähigkeit von Organisa-

tionen, notwendige Veränderungen durchzuführen, einschränkt.

Im Gegensatz zu sachlich-fachlichen Barrieren, werden mental–kulturelle Barrieren

und Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen auch als weiche Faktoren

bezeichnet, denn sie befassen sich nicht mit organisatorischen Problemen,

wirtschaftlichen Daten und technischen Strukturen.633 Vielmehr geht es auf der

mental–kulturellen Ebene um den Faktor Mensch, um seine Fähigkeit auf

Veränderungen zu reagieren und die Bereitschaft, Veränderungen zu akzeptieren

und daran teilzunehmen, der in Veränderungsprozessen häufig vernachlässigt bzw.

zu wenig beachtet wurde.634

Die häufigsten Barrieren in Veränderungsprozessen sind in logischer Konsequenz

dieser Vernachlässigung Folge von Faktoren der mental-kulturellen Ebene.635 So

stellt die ILOI-Studie fest, Veränderungen scheitern meist nicht an sachlich-

fachlichen Hindernissen, sondern aufgrund mental-kultureller, mitarbeiterbezogener

und kultureller Faktoren.636

In Veränderungsprozessen ist es also nicht ausreichend, den Blick nur auf die

organisationalen Strukturen zu richten; auch das Verhalten der Mitarbeiter sowie die

Organisationskultur müssen in die Veränderungen einbezogen werden.637 Werden

nur plan- und steuerbare „harte“ Faktoren berücksichtigt, geht der Blick für die

Gesamtheit und inneren Zusammenhänge verloren.638

632 Vgl. Osterhold 2000, S. 82 633 Vgl. Osterhold 1996, S. 105 634 Vgl. Deuringer 2000, S. 35 635 Vgl. Scott-Morgan 1995, S. 18; vgl. auch: Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 1 636 Vgl. ILOI 1997, S. 7 637 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 398 638 Vgl. Kobi 1996, S. 23

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Abb. 52: Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen639

Neben Barrieren und Erfolgsfaktoren auf sachlich–fachlicher und mental–kultureller

Ebene lassen sich auch solche finden, die erhebliche Wechselwirkungen zwischen

beiden Ebenen aufweisen und die Beziehung zwischen beiden Ebenen regeln.640

Diese dritte Gruppe bildet die Querschnittsfaktoren, wie z.B. die Kommunikation, die

als wesentlicher Faktor über Erfolg und Misserfolg von Veränderungsprozessen

ebenso entscheidet641 wie Fragen der Führung.642

639 Eigene Abbildung, basierend auf den Ergebnissen der ILOI-Studie (Vgl. ILOI 1997) 640 Vgl. ILOI 1997, S. 6 641 Vgl. Deuringer 2000, S. 28 642 Vgl. Greif/Runde/Seeberg 2004, S. 169

Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen

Querschnitts- Faktoren

• Kommunikation • Rolle der

Führungskräfte • Erkennen der

Komplexität und systemischen Vernetzung

• Vision

Mental-kulturelle Faktoren

• Leidensdruck • Veränderungsimpuls • Veränderungsbereit-

schaft und -fähigkeit der Mitarbeiter

• Identifikation • Organisationskultur • Vertrauen und

Glaubwürdigkeit

Sachlich-fachliche Faktoren

• Organisationsstruktur • Prozessorganisation • Wissensmanagement • Gestaltung des

Veränderungs-prozesses und Steuerung

• Zielvereinbarungen • Projektmanagement • Controlling/ Monitoring

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7.4 Spezifische Rahmenbedingungen öffentlicher Verwaltungen determinieren Ziele der Transformationsprozesse

Die Notwendigkeit der Einbeziehung der Dimensionen Position in der Hierarchie und

Rolle im Veränderungsprozess643 zur Beurteilung des Erfolges von Verän-

derungsprozessen, wird im Feld öffentlicher Verwaltungen überdeutlich aufgrund der

spezifischen Unterschiede zu privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen.644 Das

Merkmal der Bürokratie, „die darauf angelegt ist, stabil zu sein“645 führt dazu, dass

der öffentliche Sektor als schwerfällig und wenig innovationsfreudig eingeschätzt

wird.

Dies wird dadurch verstärkt, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie das Arbeits -, Dienst- und Beamtenrecht die Innovationsfähigkeit weiter einschränken und als eines der Hauptprobleme im Veränderungsmanagement angesehen werden. 646 Fehlender Wettbewerbsdruck647, die soziale, gesellschaftliche Verantwortung, stabile, verlässliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten,648 das Agieren in und unter Beobachtung der Öffentlichkeit649, der zeitliche und finanzielle Aufwand durch das Demokratieprinzip und der damit verbundenen Notwendigkeit, vielfältigste institutionalisierte Informations- und Beteiligungsrechte zu berücksichtigen650 sowie das Fehlen von Belohnungs- und Sanktionsmöglichkeiten651 mit der Folge, dass Konzepte und Lösungen um Personen und deren Handlungsmuster herum gestaltet werden müssen652, erschweren die Durchführung von Veränderungsprojekten.

643 Vgl. Kap. 7.2 dieser Arbeit 644 Nachfolgend werden Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse der fünf im Materialband enthaltenen Interviews mit 3 Bürgermeister/innen und 2 Dezernenten städtischer und ländlicher Gebietskörperschaften integriert. Gemeinsames Merkmal aller Interviewten: Sie verfügen über mehrjährige Führungsverantwortung in öffentlichen Verwaltungen und haben in dieser Funktion eigene Veränderungsprozesse initiiert und verantwortet. Zwei Interviewte (Interview 2 und 5) können darüber hinaus in anderen beruflichen Kontexten zusätzlich Erfahrungen als Prozessberater in Veränderungsprozessen vorweisen. Sie können fundiert von ihren Erfahrungen zu den im Rahmen dieses Dissertationsvorhabens aufgeworfenen Fragestellungen erzählen. Besondere Betonungen der Interviewten sind gemäß Transkriptionsregeln auch in den eingefügten Originalzitaten durch Unterstreichung hervorgehoben. 645 Interview 5, S. 129, Zeile 29. 646 Vgl. Interview 1, S. 14, Zeile 17ff., Interview 2 S. 52, Zeile 7f., Interview 5, S. 129, Zeile 27, 32, S. 130, Zeile 16ff. 647 Vgl. Interview 5, S. 129, Zeile 34ff., 648 Vgl. Interview 2, S. 77, Zeile 21ff., Interview 5, S. 129, Zeile 32 649 Vgl. Interview 5, S. 130, Zeile 12 650 Vgl. Interview 5, S. 130, Zeile 35ff. 651 Vgl. Interview 5, S. 130, Zeile 16ff., Interview 2, S. 52, Zeile 12f., 20ff., 652 Vgl. Interview 1, S. 29, Zeile 10ff, Interview 2, S. 44, Zeile 11ff.

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Die formulierten Ziele von Verwaltungsmodernisierungsprozessen sind in diesem Kontext besser zu verstehen. Oberflächlich betrachtet lassen sich Ziele wie die „Zufriedenheit der Bürger, die bessere Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und die Effizienz nennen.653 Die gerade vom Neuen Steuerungsmodell der KGSt postulierte Orientierung an ökonomischen Parametern ist unter diesen tatsächlichen Rahmenbedingungen nicht zielführend.654 Im Gegenteil, hat doch gerade dieser Aspekt dazu geführt, dass neben der Reformbewegung innerhalb von Verwaltungen massiv Formal-privatisierungen von Teilbereichen stattgefunden haben.655 Die genaue Betrachtung der Inhalte der geführten Interviews unterhalb dieser Ebene der „offiziellen Ziele“656, die nach außen getragen werden, zeigt jedoch ein anderes, überragendes Ziel der Veränderungsbemühungen aus Sicht der interviewten Personen: Der kulturelle Wandel der jeweiligen Organisation mit der Verankerung des Wissens, dass Wandel eine permanente, dauerhafte Aufgabe ist. 657 Damit ist ein Veränderungsprozess „dann erfolgreich, wenn sich im Laufe der Zeit herausstellt, dass es ein Prozess, dass sich ein Prozess entwickelt, der fortlaufend ist“658, Verwaltung sich kontinuierlich weiterentwickelt659 und Modernisierungsprozesse nicht die Ausnahme, sondern die Regel werden.660 Hierbei sind zwei Dinge zu beachten: Zum einen durchlaufen Prozesse Phasen mit unterschiedlichen Intensitäten und Schwierigkeiten, die es zu akzeptieren gilt.661 Sie benötigen schnelle, nach innen und außen sichtbare Erfolge. Nach außen gilt es damit zu signalisieren:„Mensch, hier hat sich ja tatsächlich etwas verändert“662, nach innen bewirken schnelle, sichtbare Erfolge, dass auch bisher nicht einbezogene Teile der Verwaltung den Wunsch verspüren, am Veränderungsprozess teilzuhaben und die Erwartung äußern: „Jetzt sind wir auch mal dran.“663 Andererseits muss kulturell 653 Vgl. Interview 1, S. 32, Zeile 15ff., Interview 5, S. 138, Zeile 20ff. 654 Vgl. Interview 2, S. 58, Zeile 24ff. 655 Vgl. Interview 5, S. 144, Zeile 35ff., vgl. auch Interview 1, S. 15, Zeile 10ff. 656 Interview 5, S. 138, Zeile 4 657 Vgl. Interview 2, S. 40, Zeile 3ff., S. 40, Zeile 30ff., Interview 4, S., 118, Zeile 4ff., Zeile 34ff., S. 119, Zeile 14f., Interview 5, S. 141, Zeile 28ff., S. 32, Zeile 34f., 658 Interview 4, S. 117, Zeile 33f. 659 Vgl. Interview 2, S. 60, Zeile 4f. 660 Vgl. Interview 2, S. 60, Zeile 9, Interview 2, S. 40, Zeile 35f. 661 Vgl. Interview 4, S. 108, Zeile 17ff. 662 Interview 4, S. 89, Zeile 34 663 Interview 4, S. 90, Zeile 11

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verankert werden, dass Verwaltung „ein großes Gebilde ist, das Zusammenarbeiten muss, das man aber nur dann versteht, wenn man eine ganze Reihe von zusätzlichen Informationen hat, wenn man weiß, wohin eigentlich das Ziel gehen soll […].“664 7.5 Kulturellen Wandel erzeugen Kulturellen Wandel zu erzeugen, ist im Umfeld wenig ausgeprägter Veränderungsbereitschaft und –fähigkeit eine schwierige Aufgabe, wie auf Basis der zuvor beschriebenen spezifischen Barrieren öffentlicher Verwaltungen deutlich wird. Daher müssen Erwartungen realistisch sein. „Wenn man irgendwo den Eindruck hat, man kommt von der Stelle, inhaltlich“665, ist dies bereits als Erfolg zu werten, auch wenn dieser „sehr stark nur über gefühlsmäßige, über emotionale Dinge“666 definiert wird und nicht an Kennzahlen messbar ist.667 Die Organisationskultur resultiert aus der Summe der Verhaltensnormen und

Gemeinsamkeiten der Mitarbeiter einer Organisation. Sie spiegelt die gemeinsamen

Werte wieder, beeinflusst Denk- und Handlungsweisen und gibt Orientierung, an der

sie das Handeln der Mitarbeiter ausrichtet.668 Mitarbeiterbezogene Faktoren wirken

so als kollektives Phänomen auch auf der kulturellen Ebene und umgekehrt.669

Organisationskultur und die sie konstituierenden Werte und Normen können

Identifikation, Verantwortungsbewusstsein und damit auch Veränderungsprozesse

fördern oder hemmen.670 Es sind insbesondere kulturelle Faktoren wie

kulturbestimmende Verhaltensweisen, Konfliktstruktur und Vertrauenskultur,

die bei Nichtbeachtung zum Scheitern von Veränderungsprozessen führen

können.671 Die Muster, welche die Organisationskultur bestimmen, entstehen

hauptsächlich auf informeller Basis durch bestehende Gewohnheiten, von den

Mitarbeitern eingebrachte Grundannahmen sowie auf Basis der Existenz heimlicher

664 Vgl. Interview 4, S. 101, Zeile 29ff. 665 Interview 2, S. 61, Zeile 37f. 666 Interview 2, S. 62, Zeile 26f. 667 Vgl. Interview 2, S. 61, Zeile 27f. 668 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 85; vgl. auch: Kobi 1996, S. 24 669 Vgl. Heintel/Krainz 1998, S. 210 670 Vgl. Beyer/Fehr/Nutzinger 1995, S. 21; vgl. auch: Doppler/Lauterburg 1997, S. 400 671 Vgl. ILOI 1997, S. 7

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Spielregeln.672 Je länger Mitarbeiter zusammenarbeiten, um so mehr gleichen sich

ihre Grundannahmen an und entwickeln sich zu einem System von Prämissen, die

eine Organisation prägen. Besonders prägend wirken dabei die Grundannahmen der

Gründer und der Führungskräfte.673

Heimliche Spielregeln entstehen aus allen informellen und offiziellen Regelungen im

Unternehmen wie schriftliche Anweisungen, Führungshandbüchern, Visionen,

Leitbildern u.a. Durch das Einwirken der Fähigkeiten und Interessen der Mitarbeiter

sowie des tatsächlichen Verhaltens der Führungskräfte werden diese überformt in

ungeschriebene Gesetze, die auch heimliche Spielregeln genannt werden und

Eingang in die Organisationskultur finden. In Veränderungsprozessen muss darauf

geachtet werden, dass positiv wirkende heimliche Spielregeln dies nicht durch

Festlegung neuer, offizieller Regeln in ihrer Wirkung eingeschränkt werden.674

Gleichzeitig können gewollte, kulturbestimmende Verhaltensweisen vorgelebt und

angereizt werden, sich entsprechend der neuen Werte und Normen zu verhalten,

damit sie für die gesamte Organisation handlungsleitend werden.675

Prinzipiell gilt, je stärker eine Unternehmenskultur ausgeprägt ist, um so schwieriger

lässt sie sich verändern.676 Erschwert wird eine Veränderung auch durch

Subkulturen, die sich in Teams und Gruppen entwickeln können. Je mehr und je

differenzierter diese Subkulturen sind, umso schwieriger ist es, Veränderungen zu

initiieren.677 In Organisationen prägen die individuellen Denk- und Handlungsmuster

die Organisationskultur und fügen sie zu kollektiven Handlungsmustern zusammen.

Je mehr sie sich verfestigen, nehmen sie für die Organisationsmitglieder den Status

universeller Wahrheiten an. Dies wird durch starre Organisationsstrukturen, wie in

öffentlichen Verwaltungen üblich, zusätzlich unterstützt.678 Mitarbeiter, die schon

lange im Unternehmen arbeiten, greifen auf ihre alt bewährten Erfahrungen

zurück.679 Der Erfolg von Handlungen in der Vergangenheit führt dazu, dass sich im

672 Vgl. Doppler/Fuhrmann/Lebbe-Waschke/u.a. 2002, S. 42 673 Vgl. Schein 1995, S. 93f., S.184f. 674 Vgl. Scott-Morgan 1995, S. 31, 47, 69, 107f., 160f., 170 675 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 400ff. 676 Vgl. Krüger 1994, S. 362 677 Vgl. Schein 1995, S. 223 678 Vgl. Ellinor/Glenna 2000, S. 94 679 Vgl. Krüger 1994, S. 363

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Individuum ein bestimmtes Muster verfestigt, nachdem zukünftig wahrgenommen,

gedacht und gehandelt wird.680 Dieses implizite Wissen bzw. die mentalen Modelle,

die sich in der Vergangenheit herausgebildet haben, prägen so dauerhaft das

Verhalten von Individuen.681 Hierbei besitzt jeder Mensch individuelle Prägungen, die

seine situativen Reaktionen steuern und nur schwer veränderbar sind.682 Dies gilt

sowohl für Individuen, als auch für Gruppen oder eine gesamte Organisation, in

welche alle Mitarbeiter ihre Denk- und Handlungsmuster einbringen.683 Hierbei

entstehen Interessensunterschiede und –konflikte, die Prozesse nachhaltig prägen.

Ebenso ist Mitwirkung nicht immer durch Überzeugung, sondern z.T. auch aufgrund

von Loyalität begründet.684 Daher ist es eine wesentliche Aufgabe und

„Schwierigkeit“, v.a. „die Menschen davon zu überzeugen, die in diesem

Verwaltungsbereich groß geworden sind“, die „viele Jahre immer in einem Bereich

arbeiten, die dann den Überblick für das Große und Ganze verlieren.“685

Es bleibt festzuhalten, dass eine Kultur- oder Organisationsveränderung ohne die

Beachtung verankerter Denk- und Handlungsmuster nicht funktionieren kann.686

Veränderung ist erst möglich, wenn sich Mitarbeiter ihrer das Verhalten steuernden

Denk- und Handlungsmuster bewusst machen und sie hinterfragen.687

Selbstreflexion und eine offene Dialogkultur fördern dies.688

7.6 Personen als Träger des Veränderungsprozesses Prozesse sind eng verbunden mit den sie tragenden Personen. Scheiden

Veränderungsprozesse tragende Personen aus oder kommt es zu anderen,

personellen Veränderungen, die weniger Engagement der Personen mit dem

jeweiligen Prozess mit sich bringen, wird der Umsetzungserfolg nicht nur

unwahrscheinlich, sondern bereits erzielte Erfolge können wieder verloren gehen.689

680 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 63ff. 681 Vgl. Bach 2000, S. 15f. 682 Vgl. Bauer 1996, S. 53 683 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 66ff., S. 78 684 Vgl. Interview 3, S. 93, Zeile 15ff. 685 Interview 3, S. 94, Zeile 33ff. 686 Vgl. Geiselhart 1995, S. 51 687 Vgl. Bach 2000, S. 57 688 Vgl. Lehmkuhl 2001, S. 200f.; vgl. auch: Bohm 1998, S. 37 689 Vgl. Interview 4, S. 110, Zeile 7ff., Zeile 22f., vgl. auch: S. 91, Zeile 24ff.

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Gleichzeitig können Führungswechsel neue Energien, Ideen und andere

Perspektiven in den Veränderungsprozess einbringen. Die Prozessbeteiligten

müssen sich dann neu orientieren; unterbleibt dies, sind Konflikte

vorprogrammiert.690

Über ein Drittel der von dem Internationalen Institut für Lernende Organisation und

Innovation befragten Unternehmen geben so mitarbeiterbezogene Faktoren wie

mangelndes Engagement, fehlende Motivation und Angst der Mitarbeiter vor

Neuerungen als wichtigste Barrieren für Veränderungsprozesse an.691 „Menschen im

Unternehmen sind die Träger der Potentiale des Wandels.“692 Wesentliche

Voraussetzung für das Gelingen von Veränderungen ist daher die Veränderungs-

fähigkeit und die Veränderungsbereitschaft der am Prozess beteiligten Personen. Zur

Veränderungsfähigkeit zählen persönliche Leistungspotenziale der Mitarbeiter und

das Vorhandensein notwendiger Ressourcen und Strukturen.693 Mitarbeiter müssen

befähigt werden, Änderungen innerhalb der Organisation zu bewältigen und für sich

zu nutzen.694 Hierzu ist der Aufbau notwendiger sozialer Kompetenzen695 ebenso

sinnvoll wie das Einräumen ausreichender Autonomie, damit sie selbstständig

arbeiten und ihre Leistungspotenziale entfalten können.696

Um erfolgreich Veränderungsprozesse im Unternehmen durchführen zu können,

muss neben der Veränderungsfähigkeit die Veränderungsbereitschaft entwickelt

werden, die durch Ängste, Befürchtungen und Verunsicherungen, die im Rahmen

von Veränderungsprozessen in Organisationen entstehen, gehemmt697 wird, denn in

Veränderungsprozessen verlieren bisherige Bezugssysteme und Zugehörigkeiten

ebenso wie Denk- und Handlungsmuster an Bedeutung. In Folge büßen Mitarbeiter

ihr Selbstvertrauen und ihre Sicherheit, die sie aus bewährten Handlungen und

bekannten Tätigkeiten schöpfen, ein.698 Die Folge ist Stress und das Gefühl von

690 Vgl. ILOI 1997, S. 31 691 Vgl. a.a.O., S. 7 692 Vgl. Kobi 1996, S. 28 693 Vgl. Bach 2000, S. 20 694 Vgl. Gattermeyer/Al-Ani 2000, S. 29 695 Vgl. Becker 2002, S. 246 696 Vgl. Kobi 1996, S. 65 697 Vgl. Heintel/Krainz 1998, S. 202, vgl. auch Krebsbach-Gnath 1992, S. 50 698 Vgl. Gräser 1995, S. 153

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Überforderung.699 Darüber hinaus können Ängste auch aus negativen Erfahrungen in

bzw. mit vorhergehenden Veränderungsprozessen resultieren 700, die dazu führen,

dass sich Mitarbeiter an Bewährtes klammern und Veränderungen gegenüber eine

abwehrende Haltung einnehmen.701 Typische Abwehrreaktionen sind die Verleug-

nung des Veränderungsziels, die Suche nach Schuldigen, resignative Haltungen

oder blinder Aktionismus, der sich insbesondere in kurzfristigen Lösungen

manifestiert, statt langfristige und nachhaltige Veränderungen anzustreben.702

Insbesondere Machtträger wehren sich aus Furcht vor dem Verlust von Einfluss und

kämpfen zur Sicherung bisheriger Einflusspotentiale.703

Daher ist es notwendig, elementare Ängste (Verlust des Arbeitsplatzes,

Versagensängste etc.) zu minimieren704, damit mehr Sicherheit im Wandel

entsteht.705 Auch Personalentwicklungsmaßnahmen können einen Beitrag leisten,

z.B. Angst vor Überforderung abzubauen und die Akzeptanz von Veränderungen zu

erhöhen.706 Darüber hinaus bietet die Möglichkeit der Mitgestaltung die Chance,

einen Sinn in den Veränderungen zu erkennen und löst deutlich weniger Ängste und

Unsicherheiten aus.707

7.7 Die Rolle von Führungskräften: Vorbild und Ärgervermeidung

Neben dem gemeinsamen Kriterium für Erfolg, kulturellen Wandel zu erzeugen,

bestehen aufgrund der spezifischen Rahmenbedingungen, vor allem der

Politikabhängigkeit und dem Agieren in der Öffentlichkeit, auch sehr subjektive

Konstruktionen von Erfolg. Da es sich bei den interviewten Personen allesamt um

Wahlbeamte handelt, spielt „unterhalb der Wasserlinie, unterhalb der, der nach

außen getragenen Zielebene“708 das Kriterium, „Ärger vermeiden“709 für die Akteure

eine entscheidende Rolle. Eine solche Orientierung erschwert

699 Vgl. Kobi 1996, S. 36 700 Vgl. ILOI 1997, S. 22 701 Vgl. Doppler/Fuhrmann/Lebbe-Waschke/u.a. 2002, S. 125ff.; vgl. auch: Krüger 1994, S. 363; Osterhold 2000, S. 56 702 Vgl. Heintel/Krainz 1994, S. 173ff. 703 Vgl. Kobi 1996, S. 36 704 Vgl. Krebsbach-Gnath 1992, S. 52f. 705 Vgl. Kobi 1996, S. 50 706 Vgl. Becker 2002, S. 246 707 Vgl. Doppler/Fuhrmann/Lebbe-Waschke/u.a. 2002, S. 128f. 708 Vgl. Interview 5, S. 138, Zeile 2f. 709 Vgl. Interview 5, S. 138, Zeile 6

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Veränderungsprozesse in wenig innovationsfreundlichem Umfeld zusätzlich, „denn

wenn Sie innovativ sein wollen, riskieren sie natürlich Ärger.“710

Der sehr subjektiven Orientierung, Ärger zu vermeiden, kommt so im weiteren

Verlauf von Veränderungsprozessen damit erhebliche Bedeutung zu. Einerseits, weil

diese Einstellung allein weiter innovationshemmend ist711, andererseits aber auch,

weil der Verwaltungsspitze grundsätzlich erhebliche Bedeutung in Veränderungs-

prozessen zukommt: Sie müssen sich mit den Zielen von Veränderungsprozessen

identifizieren und dies als Vorbild glaubwürdig verkörpern.712 Hierzu gehört auch,

Fehler zu machen und diese einzugestehen.713 Veränderungsprozesse, „hinter dem

nicht explizit die Stadtspitze steht, […] oder […] wie immer die auch heißen mögen,

ist zum Scheitern verurteilt.“714 Sie gehen mit gutem Beispiel voran715, und müssen

das Schild selber tragen716 und sicht- und erkennbar „mit der Fahne vorangehen“.717

Ihre Identifikation und Zuverlässigkeit ist ein wesentlicher Aspekt718 und wird in der

Mitarbeiterschaft registriert.719 Führungskräfte müssen Veränderungen also gezielt

begleiten, damit sich die Beteiligten mit möglichst positiver Einstellung und Energie

an der Umsetzung beteiligen.720 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Mitarbeiter

heute „beruflich qualifizierter als früher“721 sind, mehr Selbstständigkeit und

Anerkennung von íhren Führungskräften erwarten und diesen gegenüber

selbstbewusster und kritischer auftreten.722

Jeder Veränderungsprozess stellt außerordentlich komplexe Anforderungen an

Führungskräfte.723 Sie sind dafür verantwortlich, Entwicklungen, Problemsituationen,

Hintergründe, Zusammenhänge sowie Barrieren frühzeitig und tiefgründig zu

710 Vgl. Interview 5, S. 138, Zeile 21f. 711 Vgl. Interview 5, S. 138, Zeile 20ff., S. 141, Zeile 28ff. 712 Vgl. Interview 3, S. 98, Zeile 13ff., Interview 4, S. 110, Zeile 22f., Interview 2, S. 43, Zeile 15ff., S. 53, Zeile 30ff. 713 Vgl. Interview 4, S. 98, Zeile 23ff. 714 Vgl. Interview 5, S. 128, Zeile 33f. 715 Interview 2, S. 53, Zeile 30ff. 716 Interview 2, S. 42, Zeile 15ff. 717 Interview 4, S. 90, Zeile 30f 718 Interview 5, S. 133, Zeile 20, vgl. auch: Zeile 27 719 Vgl: Interview 3, S. 89, Zeile 19f. 720 Vgl. Lang 2001, S. 36 721 Doppler/Lauterburg 1997, S. 59 722 Vgl. Karlowski 2003, S. 15 723 Vgl. ILOI 1997, S. 8

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erfassen. Hierfür ist es wichtig, dass Führungskräfte die Fähigkeit der Empathie

besitzen bzw. diese entwickeln; ohne erfolgreiche Überzeugungsarbeit gelingt es

kaum, Engagement für die notwendigen Veränderungen zu erzeugen, wenn

Mitarbeiter diese mit Skepsis betrachten oder negativ beurteilen.724 Darüber hinaus

haben Führungskräfte Vorbildfunktion. Nehmen sie diese nicht wahr, geht Vertrauen

in die Führung und in den Veränderungsprozess sowie Identifikation mit der

Organisation und den Organisationszielen verloren.

Abb. 53: Kompetenzprofil des ‚idealen’ Veränderungsmanagers725

724 Vgl. Lang 2001, S. 36; vgl. auch: Sarnes 2004, S. B12; ILOI 1997, S. 8, 27; Greiff/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 33 725 Eigene Abbildung, basierend auf Capgemini 2008, S. 21

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Gleiches gilt, wenn die Führung nicht geschlossen hinter dem Veränderungsprozess

steht, es zu Unstimmigkeiten auf Führungsebene kommt, persönliche Interessen im

Vordergrund stehen, Management von Konkurrenzdenken geprägt ist, sich die

falschen Personen in Führungskoalitionen befinden, zu wenig Ressourcen zur

Verfügung gestellt werden oder Führungskräfte es versäumen, Prozessverweigerern

Konsequenzen aufzuzeigen und durchzusetzen.726

Die Anforderungen an Führungskräfte sind dementsprechend komplex. Wesentlich

ist, direkten Zugang zu den betroffenen Mitarbeitern zu haben, Rückmeldungen zu

bekommen, ansprechbar zu sein und persönlichen Zugang zu den handelnden

Personen zu haben.727 Dem auch unter dem Begriff bekannten ‚management by

wandering around’ kommt hier eine Schlüsselfunktion zu: „Für mich als Chef war es

einfach wichtig, dass ich mich auch mal um kleinere Probleme gekümmert habe,

dass ich wie gesagt, dann mal in die Sitzung gegangen bin […] oder dass ich mit

einzelnen Leuten geredet habe.“728

Commitment und Glaubwürdigkeit des Managements sind laut der Cap Gemini-

Studie mit 75% an dem Erfolg eines Veränderungsprozesses beteiligt.729 Der feste

Wille zum Wandel sowie dessen Vision muss von allen Führungskräften getragen,

vorangetrieben, unterstützt und überzeugend vermittelt werden.730 Dazu bedarf es

charismatischer Führungskräfte731 und Motivation: „Durch eine starke Motivation der

Strategieträger können auch die Mitarbeiter der unteren Ebenen motiviert werden

(‚Motivation erzeugt Motivation’) – ein bedeutsamer Wirkfaktor.“732 Gerade in Zeiten

ständigen Wandels steigt die Bedeutung der Glaubwürdigkeit des Managements, zu

der das Eingestehen von Schwächen ebenso gehört wie die „Einheit von Sprechen

und Handeln“, denn Mitarbeiter reagieren sensibel „auf Störungen jener Einheit“733.

726 Vgl. ILOI 1997, S. 17, 27; vgl. auch: Kochen 2001, S. 87; Greiff/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 34; Jacobi/Freybott 1999, S. 31f. 727 Vgl. Interview 4, S. 97, Zeile 14ff. 728 Interview 4, S. 97, Zeile 2ff. 729 Vgl. Capgemini Consulting 2003, S. 37 730 Vgl. Greiff/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 34 731 A.a.O., S. 34; vgl. auch: Maucher 1995, S. 92 732 Steinle/Kirschbaum/Kirschbaum 1996, S. 207 733 Maucher 1995, S. 91

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Abb. 54: Wichtigste Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen734

Erfolgreiches Veränderungsmanagement benötigt also neben Kompetenzen ein

spezifisches Führungsverständnis, denn dauerhafte Verhaltensänderungen erfordern

zwar ihre Zeit, laufen aber umso schneller, „je mehr sie aus dem Umfeld positive

Verstärkung erhalten“735. Es gilt daher Mitarbeiterpotenziale „auszuschöpfen, zu

fördern, zu erhalten und zu kultivieren.“736 Vorhandenes Lösungspotenzial kann so

„im Sinne eines Bottom-up-Ansatzes frühzeitig für die Prozessgestaltung“ genutzt

werden.737 Zielvereinbarungs-, Mitarbeiter- und Beurteilungsgespräche sowie

regelmäßige Mitarbeiter- und Teamsprechungen sind Führungsaufgaben und werden

zu entscheidenden erfolgskritischen Faktoren in Veränderungsprozessen.738

734 Eigene Abbildung, basierend auf: Capgemini 2008, S. 40 735 Jacobi/Freybott 1999, S. 99 736 Wunderer 1993, S. 135 737 Vgl. ILOI 1997, S. 26 738 Vgl. Capgemini 2008, S. 40

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Führungsrollen in Veränderungsprozessen zu übernehmen heißt auch,

Verantwortung zu übernehmen, Richtungen zu bestimmen739 und Entscheidungen zu

treffen: „Will ich von allen wirklich die Zustimmung haben, dann brauche ich es gar

nicht anzufangen;“740 „[…] letztendlich die Entscheidung, im Zweifelsfall, die muss ich

treffen.“741

7.8 Einbindung von Prozess-know-how durch Berater

Die Übernahme von Verantwortung in Veränderungsprozessen ist in öffentlichen

Verwaltungen häufig eine neue, ungewohnte Rolle für Führungskräfte in

Verwaltungen. Sie benötigen daher Unterstützung, z.B. in Form von Gesprächen mit

reflexivem Charakter mit einem Berater.742 Berater können hierzu „Trittsteine“743

bieten, die als Haltepunkte für Reflexionen dienen.744 Hierfür ist ein vertrauensvolles

Miteinander zwischen Berater und Führungskraft, dass eine „vernünftige Mischung

aus Distanz und Nähe“745 bietet, Voraussetzung. Hierzu gehört, dass eigene

Erfahrungen gemacht werden dürfen und die Möglichkeit des Feedbacks besteht.

Grundsätzlich sind externe Berater „wenn man den Prozeß ernst nimmt und

verantwortungsvoll damit umgeht, […] unheimlich wichtig.“746 Sie müssen v.a.

Kenntnisse über Prozesse in Verwaltungen mitbringen. Ihre neutrale Grundhaltung

und die damit verbundene Prämisse, für keine der Parteien oder Akteure Partei zu

ergreifen, muss ihre Arbeit kennzeichnen.747 Auch er agiert im Fokus der

organisationsinternen Öffentlichkeit und ist Vorbild im Umgang mit Mitarbeitern und

ihren Interessen.748 Die Rolle des Beraters kann auf gutachterliche, fachspezifische

Mitarbeit reduziert749 werden oder aber die Begleitung des gesamten Veränderungs-

prozesses bis hin zur Delegation von Entscheidungsbefugnissen umfassen.

739 Interview 1, S. 5, Zeile 8f., Interview 2, Seite 39, Zeile 1ff., 740 Interview 2, S. 38, Zeile 32f. 741 Interview 2, S. 39, Zeile 4f. 742 Vgl. Interview 4, S. 108, Zeile 36ff. 743 Interview 4, S. 92, Zeile 4 744 Vgl. Interview 4, S. 92, Zeile 4ff. 745 Interview 4, S. 112, Zeile 13 746 Interview 2, S. 39, Zeile 20f. 747 Interview 2, S. 40, Zeile 12ff. 748 Vgl. Interview 5, S. 132, 37ff. 749 Vgl. Interview 4, Seite 132, Zeile 37ff.

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Wesentliches Merkmal der Einbindung externer Berater ist jedoch grundsätzlich die

Einbringung von know-how über die Gestaltung und Steuerung von

Veränderungsprozessen. Diese gelingt nur in einem meist langwierigen Prozess, für

dessen Durchführung Konzepte, Methoden und Instrumente benötigt werden.

Wissen über und Erfahrung im Umgang mit Veränderungsprozessen wird so zum

Faktor für das Gelingen bzw. Scheitern von Veränderungsprozessen, denn hierbei

können zahlreiche Fehler auftreten.750 Häufig fehlt Organisationen Know-how über

die Gestaltung von Veränderungsprozessen. Meist wird vermutet, dass die

Konzeption der kritische Teil des Veränderungsprozesses darstellt. In der Praxis

erweist es sich als weitaus schwieriger, das erarbeitete Konzept in die Praxis

umzusetzen. Zwar lässt sich feststellen, dass eine Veränderung nur erfolgreich sein

kann, wenn die Konzeption der Veränderungsmaßnahmen mit der Konstitution der

Organisationen und Probleme stimmig ist.751 Von Erfolg lässt sich jedoch erst

sprechen, wenn der Transfer gelungen ist.752

Zum Prozess-know-how gehört darüber hinaus die Erkenntnis, dass der Grundstein

erfolgreicher Veränderungsprozesse eine detaillierte Erhebung der Ist-Situation und

des Soll-Zustandes unter Beteiligung der jeweils in den betroffenen

Organisationseinheiten beschäftigten Mitarbeiter bildet. Die Geschichten der

Mitarbeiter helfen, die wesentlichen Dinge über die Organisation in Erfahrung zu

bringen. Wird die Ausgangssituation des Unternehmens als bekannt vorausgesetzt,

besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Probleme im Detail nicht wahrgenommen

werden und Veränderungen daran scheitern. 753

Neben der Fokussierung auf eine detaillierte Diagnose gilt es, Energie für die

Umsetzung einzuplanen, denn in der Praxis stehen nach langwieriger Analyse- und

Konzeptionsphase die Umsetzung häufig unter großem Zeitdruck. Deshalb wird

wenig Zeit und Energie in die Umsetzung investiert. Gerade die Umsetzung gestaltet

sich jedoch meist schwierig und zahlreiche Veränderungsprojekte scheitern an einer

750 Vgl. Osterhold 2000, S. 13 751 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 104 752 Vgl. a.a.O., S. 151 753 Vgl. a.a.O., S. 155f.

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mangelhaften Umsetzung.754 Deshalb gilt: Umsetzungen müssen langfristig angelegt

sein, um die Veränderung nachhaltig in die Organisation zu implementieren. Um dies

zu erleichtern, sollte schon in der Konzeptionsphase auf Realisierungsmöglichkeiten

geachtet werden.755 Des Weiteren ist es wichtig, insbesondere bei lang angelegten

Veränderungsprojekten, frühzeitig erste Erfolge bei der Realisierung zu ermöglichen

und zu leben, um das Interesse und Engagement der Mitarbeiter für die Verän-

derungen zu erhalten.756

Die Bedeutung von Prozess-know-how wird deutlich, wenn man bedenkt, dass

fehlende Vernetzung der einzelnen Ebenen sowie die Verletzung des Prinzips ‚first

top-down and at the same time bottom-up’757 Veränderungsprozesse ohne weiteres

zum Scheitern bringen können.

7.9 Aufbau von Führungskoalitionen

Aufgrund der spezifischen Ausgangslage öffentlicher Verwaltungen, ist nicht immer zu erwarten, dass bestimmte Hierarchieebenen oder komplette Organisationseinheiten Veränderungsprozesse mittragen. Daher kommt der Installation hierarchieunabhängiger Führungskoalitionen eine wesentliche Bedeutung zu, denn sie trägt Reformprozesse in öffentlichen Verwaltungen. Die Regel, wonach 1/3 der Mitarbeitenden sich bei Veränderungsprozessen engagieren, 1/3 eher abwartend sind und 1/3 mit aktivem oder passivem Widerstand reagieren, bewahrheitet sich in der Praxis.758 Daher ist es notwendig, ein hierarchieun-abhängiges Projektteam zu installieren und auf Personen zurückzugreifen, die Interesse an Veränderungen haben. Aufgrund vergangenheitsorientierter Ein-stellungen etc. sind dies oft neue Mitarbeiter, die von anderem Denken geprägt sind.759 Die Zusammensetzung solcher Führungskoalitionen beruht darüber hinaus auf strategischen Überlegungen, welche Personen oder Personengruppen innerhalb einer Führungskoalition vertreten sein müssen.760

754 Vgl. Pieler 2003, S. 136 755 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 153 756 Vgl. ILOI 1997, S. 19 757 Schuppli 1998, S. 47 758 Vgl. Interview 5, S. 128, Zeile 16ff. 759 Vgl. Interview 5, S. 127, Zeile 2ff. 760 Vgl. Interview 1, S. 11, Zeile 7ff.

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Die „Notwendigkeit und Dringlichkeit des Veränderungsprozesses“761 erhält durch die Existenz von Führungskoalitionen und Promotoren mehr Gewicht. Gleichzeitig wird damit die Veränderungsenergie in der Organisation gesteigert. Mitarbeiter nehmen wahr, welche Führungskraft mit wie viel Engagement und Überzeugung den Veränderungsprozess mit trägt und welche Führungskräfte für dessen Erfolg verantwortlich sind, welche Interessen damit verfolgt und wie viel Ressourcen (finanziell, personell, zeitlich) zur Verfügung gestellt werden. Führungskoalitionen bzw. Promotoren besitzen so nicht nur Einfluss auf die Mitarbeiterebene, sondern, auch auf die Vertrauens- und Kommunikationskultur einer Organisation.762 Ein Einsatz von Projektpromotoren zeigt sich besonders dann hilfreich, wenn das Projektteam von äußeren und inneren Turbulenzen bzw. Gefährdungen umgeben ist, die es nicht eigenständig und ohne „externe“ Hilfe lösen kann.763

Der Auswahl und Zusammensetzung der Projektteams kommt eine wesentliche

Bedeutung für den Erfolg von Veränderungsprojekten zu. Wissen, Erfahrung und

Kenntnisse der Personen, die an dem Veränderungsprozess beteiligt sind, geben

den Ausschlag für dessen Erfolg.764 Deshalb kommt der Auswahl der am

Veränderungsprozess beteiligten Schlüsselpersonen eine hohe Bedeutung zu.765

Schlüsselpersonen mit fehlenden Kompetenzen oder Zeit behindern den

Umsetzungserfolg. Diese Gefahr besteht besonders dann, wenn diese nur deshalb

eingesetzt werden, weil sie gerade nicht anderweitig im Einsatz sind.766

Daher sollten Projektteams bereichsübergreifend nur solche Mitarbeiter integrieren,

die Interesse an der Umsetzung besitzen.767 Besondere Sorgfalt muss auch auf die

Wahl der Projektleitung, die gleichzeitig eine Schnittstelle zur Führungsebene

benötigt, gelegt werden, da diese eine entscheidende Rolle spielt.768

Führungskräfte und die am Veränderungsprozess beteiligten Personen müssen in

der Lage sein, alle Mitarbeiter in den Veränderungsprozess zu integrieren und sie für

761 ILOI 1997, S. 23 762 Vgl. A.a.O., S. 23 763 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 288 764 Vgl. Kostka/Mönch 2002, S. 67 765 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 165 766 Vgl. Kobi 1996, S. 78 767 Vgl. a.a.O., S. 82 768 Vgl. a.a.O., S. 82

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die Ziele zu begeistern.769 Daher ist die Auswahl der Verantwortlichen für den

Veränderungsprozess sorgfältig zu treffen. Sie sollten fachlich und sozial kompetent

sein, um eine führende Rolle bei Veränderungsprozessen einnehmen zu können.770

Sie sollten in der Lage sein, Mitarbeiterkompetenzen zu erkennen, eindeutige

Verantwortlichkeiten festzulegen, die Beteiligten zu überzeugen und zu motivieren

bzw. evtl. auftretende Widerstände zu thematisieren. Darüber hinaus müssen

Schlüsselpersonen Interessen der Organisation als Ganzes und alle laufenden

Prozesse im Blick haben.771

7.10 Berücksichtigung systemischer Vernetzung Organisationen stellen komplexe, dynamische Systeme mit zahlreichen

Teilsystemen, dar. Die einzelnen Teilsysteme weisen dabei zahlreiche Vernetzungen

auf. Komplexität umfasst “[…] die Existenz von vielen, voneinander abhängigen

Merkmalen“772. Je höher dabei der Grad der Komplexität ist, desto höhere

Anforderungen werden an die Fähigkeiten der Akteure gestellt. Wird auf ein

Teilsystem, bewusst bzw. unbewusst, eingewirkt, hat dies Auswirkungen auf andere

Teilsysteme, denn jede Beeinflussung von Variablen erzeugt Neben-, Fern- sowie

Wechselwirkungen.773 Ein System ist mehr „als ein bloßes Nebeneinander

zusammenhängender Teile. Jedes System eines Gliedes steht mit jedem anderen in

Wechselbeziehung. Die Teile liegen nicht wahllos nebeneinander, sondern sind zu

einem bestimmten Aufbau vernetzt. Dadurch verhält sich ein System völlig anders

als seine Teile. Es wird zu einem neuen Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner

Teile.“774 Daher ist es in Veränderungsprozessen notwendig, das System mit all

seinen Vernetzungen zu erfassen und wahrzunehmen.775

Zum Prozess-Know-how gehört daher das Wissen um die Notwendigkeit ganzheitlich

zu denken und zu handeln, denn bei Veränderungsprojekten werden oft nur

strukturelle und technische Aspekte beachtet, während menschliche und

zwischenmenschliche Aspekte ignoriert werden. Dieses Fehlverhalten trifft 769 Vgl. Kostka/Mönch 2002, S. 67 770 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 164f.; vgl. auch Kobi 1996, S. 78 771 Vgl. Czchios 1993, S. 484f.; vgl. auch: ILOI 1997, S. 24; Kobi 1996, S. 79f. 772 Vgl. Dörner 2001, S. 60 773 Vgl. a.a.O., S. 61 774 Lang 2001, S. 38 775 Vgl. a.a.O., S. 38f.; vgl. auch: Dörner 2001, S. 60ff.

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besonders in der Phase der Analyse und der Ausgestaltung der Konzeption zu.776

Veränderungen in Organisationen sind aber nur dann erfolgreich, wenn diese als

komplexe Systeme ganzheitlich verstanden und sowohl die strukturellen-technischen

als auch die menschlichen bzw. zwischenmenschlichen Aspekte sowie die Vielfalt an

Auswirkungen von Veränderungen auf die Organisationen als Ganzes beachtet

werden.777 Dies bedeutet, den Vernetzungsaspekten der Kommunikation oder dem

Wissenstransfer besondere Aufmerksamkeit zu kommen zu lassen778, denn es kann

keine Veränderung durchgeführt werden, ohne dass die gesamte Organisation davon

betroffen ist, da erstens die einzelnen Systemelemente wechselseitig aufeinander

einwirken und sie zweitens in einer wechselseitigen Abhängigkeit zueinander

stehen.779

7.11 Nutzung personeller Veränderung als Impuls zu Veränderungsprozessen Zur Initiierung von Veränderungsprozessen ist das Vorhandensein eines wichtigen

Ereignisses, eines Änderungsimpulses, der die Kultur aus dem Gleichgewicht bringt,

eine wichtige Voraussetzung. Dies löst Änderung des Verhaltens aus, meist mit dem

Ziel, dieses wieder herzustellen.780 Betrachtet man sich die Anlässe,

Veränderungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen zu initiieren, wird deutlich, dass

Leidensdruck durch existentielle Krisen fehlt. Daher spielen neue Mitarbeiter, die mit

anderen beruflichen Vorerfahrungen Impulse setzen, eine wichtige Rolle.781 In

Kombination mit Mitarbeitern, die „über Jahre hinweg ein Unbehagen in dieser

Verwaltung hatten und denjenigen, die erst kurze Zeit in der Gemeindeverwaltung

[…] waren, […] die waren […] eh noch nicht ‚verdorben’, […] die hatten sowieso

andere Zugänge“ 782, ist es möglich, einen Veränderungsimpuls in Verwaltungen zu

setzen. Hierbei kann auch mangelndes Ansehen einzelner Stellen, die aus

Bürgersicht von zentraler Bedeutung sind, aufgrund organisationsinterner

Wertvorstellungen jedoch als unattraktiv gelten, einen Beitrag zur Überzeugung

776 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 156ff. 777 Vgl. Kobi 1996, S. 30 778 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 156ff. 779 Vgl. Kobi 1996, S. 30ff. 780 Vgl. Schein 1995, S. 230 781 Vgl. Interview 4, S. 126, Zeile 18, Interview 3, S. 65, Zeile 31ff., Seite 67, Zeile 7ff., Interview 4, S. 96, Zeile 6ff. 782 Interview 4, Seite 96, Zeile 7ff.

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leisten: „Also das war klar, wenn wir was machen, müssen wir was neues machen

und müssen damit eine attraktive Aufgabe verbinden.“783

Personelle Veränderungen bieten so die Chance für tiefgreifende

Organisationsentwicklungen: „Und es passte dann einfach auch, dann ist die Kollegin

in Rente gegangen, es war einfach eine günstige Konstellation […].“784 „Immer wenn

man jemanden neu anstellt, [da kommt dann so ein Schub von Leuten, die haben

dann auch mal ein paar andere Ideen.“785 Weitere Reformimpulse können

ökonomische Aspekte wie die Frage: „Wie kommen wir mit weniger Geld aus, wie

können wir den Standard halten mit weniger Geld“786 oder Reformimpulse von außen

durch überzeugende Konzepte und Beispiele787 sein, die dazu führen, zu überlegen:

„Wie stellt man sich da auf?“788

7.12 Anreize ersetzen fehlenden Leidensdruck Die Nutzung personeller Veränderungen als Veränderungsimpuls ist umso

bedeutender, da der wichtigste Grund für das Gelingen von Veränderungen, der

Leidensdruck bzw. eine existentielle Bedrohung, häufig Folge von Wettbewerb, im

Bereich öffentlicher Verwaltungen, fehlt789 und sich auch über Wettbewerbssurrogate

kaum herstellen und auf die Mitarbeiter übertragen lässt.790 Die vorliegenden

Leidensdrucke, die durch die Rahmenbedingungen determiniert werden, sind „sehr

persönlich“791, damit vielfältig und nicht existenziell.792 Druck zur Veränderung kann

auch durch „Druck der Öffentlichkeit, dass andere das auch machten“793 kommen

und setzt sich somit aus den Komponenten „Unzufriedenheit in den, bei den

Mitarbeitern, eine Unzufriedenheit von dem ein oder anderen Bürger plus natürlich

der Druck von außen, andere sind moderner“ zusammen.794 Allerdings überträgt

783 Interview 3, S. 70, Zeile 18ff. 784 Interview 3, S. 74, Zeile 21f. 785 Interview 1, S. 30, Zeile 24ff. 786 Interview 3, S. 76, Zeile 6f. 787 Vgl. Interview 5, S. 125, Zeile 27f. 788 Interview 5, S. 125, Zeile 34f. 789 Interview 1, S. 28, Zeile 35f. 790 Vgl. Interview 1, S. 30, Zeile 24ff., 791 Interview 4, S. 102, Zeile 4, auch: S. 100, Zeile 21 792 Vgl. Interview 3, S. 71, Zeile 30ff., Interview 4, S. 99, Zeile 34ff., S. 100, Zeile 16ff., Interview 2, S. 56, Zeile 9ff. 793 Interview 3, S. 72, Zeile 13 794 Interview 3, S. 72, Zeile 21ff.

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sich dieser Druck, der zu einer Reaktion führt795, nicht automatisch auf die

Mitarbeiterschaft. Hier besteht die Möglichkeit, dass die Führungskräfte

personalwirtschaftliche Instrumente wie das Mitarbeitergespräch nutzen und den

Mitarbeitern „von diesem Leidensdruck, den man als Verantwortlicher hat so ein

bisschen vielleicht abgeben […]“796 kann. Eine weitere Möglichkeit, fehlenden

Leidensdruck zu erzeugen, besteht im Aufbau von „Identifikation mit dem

Unternehmen ‚Gemeinde’“797 durch die Vermittlung des Gefühls „[…] wir sitzen doch

in einem Boot […].“798

Fehlt die Bereitschaft zur Veränderung, lassen sich Veränderungsprojekte nur

schwer durchführen, da keine Notwendigkeit besteht, bestehende Denk- und

Handlungsmuster zu verändern. Bereitschaft für Veränderung entsteht nur dann,

wenn Änderungsdruck vorhanden ist.799 Ohne Leidensdruck und „existentiellen

Schmerz“800 bzw. „existentielle Bedrohung“801 werden die Belastungen von

Veränderungen nicht auf sich genommen.802 Des Weiteren ist der Druck, mit dem

die Veränderung durchgeführt wird, entscheidend. Ist dieser zu schwach und stehen

zu stark ausgeprägte heimliche Spielregeln entgegen, wird keine Veränderung

stattfinden.803 Die Schaffung von Beweggründen, wie z.B. „künstliche Krisen“804,

kann die Motivation zur Veränderung verstärken, ist aber kritisch zu bewerten, da sie

auch das Gegenteil auslösen kann.805

Die einhellige Antwort auf fehlenden existentiellen Leidensdruck ist jedoch eindeutig

in deren Umkehrung zu sehen: Mitarbeiter engagieren sich für Veränderungen, wenn

sie selbst für sich darin individuelle Vorteile sehen. „Die Chancen sind dann am

höchsten, wenn die Beteiligten sehen, das sie etwas davon haben.“806 Der Anreiz

muss hierbei nicht materiell sein; hier sind die Möglichkeiten durch das Dienst-, Tarif-

795 Vgl. Interview 2, S. 57, Zeile 24f. 796 Interview 2, S. 57, 16f. 797 Interview 2, S. 56, Zeile 5f. 798 Interview 2, S. 57, Zeile 17 799 Vgl. Kobi 1996, S. 55f. 800 Vgl. Rieckmann 2004, S. 15 801 Vgl. a.a.O., S. 25 802 Vgl. a.a.O., S. 15 803 Vgl. Scott-Morgan 1995, S. 48 804 Nippa 1997, S. 55 805 Vgl. a.a.O., S. 55 806 Interview 5, S. 132, Zeile 23f., vgl. auch Interview 3, S. 89, Zeile 13f.

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und Arbeitsrecht beschränkt. Er kann auch „in Form von einfach Spaß an der Arbeit

sein, dass der Spaß an der Arbeit steigt, die Anerkennung steigt […]“807 und sich die

Zufriedenheit mit der eigenen Arbeitssituation verbessert.808 Anerkennung ist hier

auch „im Sinne von Kritik, positiv wie negativ“809 zu verstehen, damit es dem

„Einzelnen nicht egal ist ob er sich so oder so verhält, sondern das eine Reaktion

darauf erfolgt.“810

7.13 Partizipation als Anreiz für Engagement Statt Leidensdruck oder konkreter Vorteile, die sich einzelne Mitarbeiter versprechen,

ist allein „nur die Idee, dass ich selber was mitgestalten kann“811 bzw. das „man doch

einiges, was man erkennt, selber einbringen kann“812 bzw. „längst mal anders

machen“813 kann Anreiz, sich im Rahmen von Veränderungsprozessen zu

engagieren. Dem Angebot zur Partizipation und Mitgestaltung kommt dadurch eine

wesentliche Bedeutung in der Schaffung von Motivation und Akzeptanz für

Veränderungen zu.814 In der Gewinnung der Mitarbeiter, sich hinter Ziele eines

Veränderungsprozesses zu stellen, wird das größte Hindernis für das Gelingen von

Veränderungsprozessen gesehen.815 „Das war sicher die größte Barriere. Und das

sage ich: Die ist gut überwunden worden, weil ich glaube mittlerweile, dass alle im

Laufe des Prozesses, als sie gemerkt haben, sie wurden selber beteiligt.“816

Partizipation kann hierbei sogar bewirken, dass sich Gegner von Veränderungs-

prozessen zu Befürwortern entwickeln.817 Diese Erkenntnis ist wichtig, denn auch die

kritisch eingestellten Mitarbeiter müssen in den Prozess integriert werden; „man

muss alle mitnehmen, man darf keinen am Wegesrand liegenlassen.“818

807 Interview 5, S. 132, Zeile 24ff. 808 Vgl. Interview 1, S.11, Zeile 36 809 Interview 5, S. 140, Zeile 31 810 Interview 5, S. 141, Zeile 15f. 811 Interview 1, S. 28, Zeile 37 812 Interview 1, S. 29, Zeile 4f. 813 Interview 1, S. 29, Zeile 3 814 Vgl. Interview 1, S. 2, Zeile 20ff., S. 10, Zeile 9f., S. 22, Zeile 26ff., Interview 4, S. 100, Zeile 2f., S. 107, Zeile 28f. 815 Vgl. Interview 1, S. 22, Zeile 29ff. 816 Interview 1, S. 22, Zeile 32ff. 817 Vgl. Interview 1, S. 2 Zeile 12f. 818 Interview 4, S. 107, Zeile 29f., vgl. auch: Interview 4, S. 100, Zeile 2ff.

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Das für die Umsetzung von Veränderungsprojekten benötige Engagement der

Mitarbeiter resultiert aus Motivation819 und Identifikation.820 Um Mitarbeiter für

Veränderungen zu motivieren, müssen sie rechtzeitig erkennen können, dass ihre

Handlungsspielräume nicht eingeschränkt werden, ihr Wissen benötigt wird und von

ihnen weiterhin interessante Arbeiten und anspruchsvolle Aufgaben ausgeführt

werden sollen.821 Weiterhin ist es für das Engagement und die Eigenverantwortung

der Mitarbeiter wichtig, dass nicht alle Entscheidungen von den Führungskräften

vorgegeben werden.822 Hier ist von Vorteil, wenn die Mitarbeiter eigene

Umsetzungspläne entwickeln und sich z.B. durch Zielvereinbarungen auf bestimmte

Veränderungsziele verpflichten.823 Ziele schaffen so Orientierung.824 Sie sollten

konkret, klar und erreichbar sein und die Ausführung der notwendigen Aktivitäten zur

Zielerreichung sowie deren Kontrolle ermöglichen.825 Die Beteiligung aller

Betroffenen an der Vereinbarung der Ziele stellt einen grundlegenden Erfolgsfaktor

dar. Im Dialog lässt sich feststellen, ob Ziele verstanden und akzeptiert werden, ob

Zielkonflikte vorhanden und die Prioritäten richtig verteilt sind.826

Die gemeinsame Anstrengung, das gemeinsame Entwickeln, das Einlassen auf

einen Prozess verbindet die Akteure827 und entwickelt eine Eigendynamik, die

innovative Lösungen in einer „überraschenden“828 „Intensität“829 überhaupt erst

ermöglicht.830 Die Beteiligung an innovativen Lösungen führt im Ergebnis sogar dazu,

dass auch dadurch entstehende persönliche Nachteile Akzeptanz finden.831

819 Der Begriff Motivation bezeichnet eine Bewegung oder Handlung, die durch einen Anreiz ausgelöst wird und er lässt sich als aktivierende Ausrichtung des Lebens auf einen positiven Zustand hin umschreiben. (Vgl. Rheinberg 2006, S. 16) 820 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 66 821 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 52 822 Vgl. ILOI 1997, S. 23 823 Vgl. Gattermeyer/Al-Ani 2000, S. 32 824 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 213f. 825 Vgl. Osterhold 2000, S. 63 826 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 218 827 Vgl. Interview 3, S. 84, Zeile 31ff., Interview 4, S. 118, Zeile 26ff. 828 Interview 4, S. 113, Zeile 33 829 Interview 4, S. 113, Zeile 29 830 Vgl. Interview 3, S. 84, Zeile 11ff., Interview 4, S. 113, Zeile 28ff. 831 Vgl. Interview 1, S. 10, Zeile 9ff., Interview 4, S. 113, Zeile 28ff.

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Für solche Erfolge ist es notwendig, dass man „jeden Einzelnen ernst nimmt in

diesem Prozess.“832 Hierzu gehört auch „dieses Zuhören, dieses immer wieder

Hingucken, aber auch dann manchmal die Stärke zeigen und zu sagen: ‚Du musst

jetzt auch’.“833 Es bedarf fester „Spielregeln“834 für Partizipation, die „vorher klar

sein“835 müssen. Hierfür ist es notwendig, dass die Verwaltungsleitung „weiß, wo sie

hin will.“836 Folgen Eingriffe erst später, schafft dies Frustration bei den Beteiligten.837

Ebenso reagieren Beteiligte sensibel, wenn in ihren Verantwortungsbereich

eingegriffen wird, auch wenn nur Ideen zur Gestaltung von Systemen und Prozessen

vorgeschlagen werden, denn „dann kommt eine (lacht) ganz normale menschliche

Reaktion, man fühlt sich angegriffen und man verteidigt sich, und damit ist die Sache

gelaufen.“838 Daher ist es erfolgversprechender, „dass man definiert, wo man hin will.

[…] Das sage ich meinen Abteilungsleitern in der Hoffnung, dass sie mich

verstanden haben. Das diskutieren wir dann auch, […] und dann gehen die den Weg

weiter mit ihren Leuten.“839

Letztlich ist es ein Gebot der Vernunft, Partizipation auf breiter Basis herzustellen,

„weil das ganze Potential, was in dem Wissen und in der Erkenntnis der Mitarbeiter

steckt, das wäre fahrlässig, wenn man das vernachlässigen würde, weil, die

Menschen, die da arbeiten, haben ja den viel besseren Einblick an der Basis, an das,

was passiert.“840

7.14 Gemeinsame Vision als Orientierungsrahmen erzeugen Erfolgskritisch ist die Verknüpfung der Veränderung mit der Vision der Organisation.

Die Ausrichtung eines Veränderungsprozesses an der Vision bietet Orientierung zur

Handlungsausrichtung, senkt die Koordinationskosten des Wandels und hilft die

Aktivitäten aller Mitarbeiter auf das Wesentliche zu konzentrieren.841

832 Interview 4, S. 116, Zeile 3f. 833 Interview 4, S. 116, Zeile 30ff. 834 Interview 2, S. 55, Zeile 14 835 Interview 2, S. 55, Zeile 10f. 836 Interview 3, S. 82, Zeile 3 837 Vgl. Interview 1, S. 23, Zeile 3ff. 838 Interview 3, S. 82, Zeile 9ff. 839 Interview 3, S. 82, Zeile 12ff. 840 Interview 2, S. 55, Zeile 20ff. 841 Vgl. Kotter 1997, S. 99ff.

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Veränderungsprozesse erzeugen eine Spannung zwischen dem Ist-Zustand in der

Organisation und dem gewünschten zukünftigen Zustand. Diese Spannung erhält

durch eine gemeinsame Vision, die als eine klare und überzeugende Aussage über

die zukünftige Unternehmensentwicklung zu verstehen ist, kreatives Potenzial und

erzeugt Energie für die Umsetzung der Veränderung.842 Sie bleibt im

Veränderungsprozess den davon betroffenen Mitarbeitern Orientierung und

ermöglicht Identifikation mit den Zielen des Veränderungsprozesses, damit

genügend emotionales Engagement entsteht, die Vision durch Veränderung zu

verwirklichen.843

Die Kommunikation einer realistischen und klaren Unternehmensvision sowie einer

realistischen und klaren Unternehmenszielsetzung ist laut Cap Gemini mit 45% der

wichtigste Faktor für den Erfolg von Veränderungsprozessen. Damit die Vision auf

breite Akzeptanz stößt, darf sie nicht konträr zu persönlichen Zielen der Mitarbeiter

des Unternehmens sein.844 Sie muss daher gemeinsam von Führungskräften und

Mitarbeitern entwickelt und kommuniziert werden. Nur dann löst eine Vision kreative

Spannung und echtes Engagement bei den Mitarbeitern aus.845 Diesem Prozess der

Visions-Entwicklung muss das konsequente Vorleben der Vision folgen.846 Eine

Vision hilft so, Koordinationskosten des Wandels gering zu halten, da sie die

Aktivitäten aller Mitarbeiter eher auf das Wesentliche konzentrieren.847

Zur Identifikationsbildung dient neben Entscheidungsfreiheiten und Eigenver-

antwortung848 die Begeisterung der Mitarbeiter für die Vision, die hinter der

Veränderung steht.849 Sie vermittelt den Mitarbeitern den Kontext und Sinn ihrer

Arbeit dient und verdeutlicht den individuellen Beitrag zum Ganzen.850 Dies schafft

Identifikation als Voraussetzung für Engagement für die Ziele von Veränderungs-

842 Vgl. Krebsbach-Gnath 1992, S. 43, vgl. auch: Homma 1995, S. 66 843 Vgl. Osterhold 2000, S. 62 844 Vgl. Homma 1995, S. 68 845 Vgl. Senge 2001, S. 19 846 Vgl. Kobi 1996, S. 42 847 Vgl. Kotter 1997, S. 99ff. 848 Vgl. Wunderer 2000, S. 225 849 Vgl. Kotter 1997, S. 22 850 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 55

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prozessen.851 Diese Identifikation anzureizen ist bedeutend schwieriger, als

Motivation der Mitarbeiter zu wecken, da Identifikation sich nur langsam entwickelt.852

Werden Veränderungen ohne langfristige Vision und somit nur zur kurzfristigen

Problemlösung durchgeführt, kann keine grundlegende Veränderung im Denken und

Handeln des Unternehmens und somit keine Änderung der Unternehmenskultur

erreicht werden.853

7.15 Die überragende Bedeutung der Kommunikation Die Einbindung aller Akteure, Mitarbeiter, Vertreter in den kommunalen Gremien,

sowie institutionalisierte Interessensvertreter wie Personalräte etc. macht deutlich,

welche Bedeutung der Kommunikation in Veränderungsprozessen zukommt.

Funktioniert sie nicht, bewegen sich die Akteure auseinander mit der Folge, dass die

gemeinsame Basis für den Veränderungsprozess verloren geht.854 Diese Gefahr wird

durch die unterschiedlichen Interessen und Ausgangslagen der einzelnen

Akteursgruppen verstärkt. Die politischen, meist ehrenamtlichen Mandatsträger sind

meist schnell überlastet, haben aber trotzdem den Anspruch, „an allen Ecken und

Enden“855 mitzureden. Deren Interessen mit denen der Verwaltungsleitung und der

Mitarbeiter zusammenzuführen, „klappt in den seltensten Fällen gut, die unter einen

Hut zu kriegen, das ist das große Problem.“856 Der politischen Ebene Einblicke in die

verwaltungsinternen Prozesse zu gewähren und sie von den Veränderungszielen zu

überzeugen, ist daher wichtiger Erfolgsfaktor.857

Gelingt es nicht, die Interessen der verschiedenen Akteure miteinander zu vernetzen

und Querverbindungen zu identifizieren858, drohen durch eigene oder politische

Interessen motivierte Entscheidungen, die den Prozesserfolg gefährden können.859

Veränderungen sind auf der politischen Ebene „schwer, verwaltungsmäßig auch,

851 Unter Identifikation ist die Verschmelzung persönlicher Werte mit den Objekten der Arbeitswelt zu verstehen, die stark durch individuelle Wertvorstellungen geprägt ist. (Vgl. Wunderer 2000, S. 216ff.) 852 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 53 853 Vgl. Krebsbach-Gnath 1992, S. 44 854 Vgl. Interview 2, S. 37, Zeile 28ff. 855 Interview 2, S. 37, Zeile 16 856 Interview 2, S. 37, Zeile 23f. 857 Vgl. Interview 4, S. 114, 17ff. 858 Vgl. Interview 2, S. 42, Zeile 24 859 Vgl. Interview 1, S. 2, Zeile 4ff., S. 20, Zeile 15ff.

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207

aber da kann man manchmal durch Überzeugung vielleicht doch was erreichen, aber

so lange das politisch nicht geht, fast aussichtslos.“860

Kommunikation ist also mehr als nur ein weiterer weicher Faktor für das Gelingen

bzw. für das Scheitern von Veränderungsprozessen. Der Faktor Kommunikation

steht stets in Verbindung mit anderen Faktoren von Veränderungsprozessen und

spielt intern wie extern sowohl auf informeller als auch emotionaler Ebene eine

entscheidende Rolle.861 Laut Capgemini ist für 34% der Befragten die Art und Weise

der projektinternen sowie der projektexternen Kommunikation wesentlicher

Bestandteil für den Erfolg von Veränderungsprozessen.862 Ein Fehlen dieser

projektinternen sowie projektexternen Kommunikationskultur bringt einen erheblichen

Zeitverlust für den Veränderungsprozess mit sich. Die ILOI-Studie nennt hier 20-25%

als realistische Größe.863

Ein ineffektiver Kommunikationsprozess verhindert die Veränderungsbereitschaft der

Akteure und kann zu einer gleichgültigen sowie passiven Haltung gegenüber dem

Veränderungsprozess führen.864 Unterbleibt die Information über Anlässe, Ziele und

geplante Aktivitäten des Veränderungsprozesses, sind Gerüchte, Missverständnisse,

Unsicherheiten, Misstrauen, Skepsis, Widerstände sowie Ängste auf Seiten der vom

Veränderungsprozess betroffenen Mitarbeiter die Folge.865 Ebenso kann durch

fehlende Transparenz der mit dem Veränderungsprozess verbundenen Ziele eine

Orientierungslosigkeit entstehen, die den Erfolg negativ beeinflusst.866

Fehlerhafte Kommunikation löst bei den betroffenen Mitarbeitern Emotionen aus.

Bereits entstandene negative Emotionen sind in späteren Phasen des

Veränderungsprozesses nur schwer zu korrigieren.867 Hierbei gilt: Je emotional

belastender der Veränderungsprozess für den einzelnen Betroffenen ist, desto

wahrscheinlicher ist es, dass dieser aufgrund seiner bisherigen Lebenserfahrungen

860 Interview 1, S. 17, Zeile 23ff. 861 Vgl. Sarnes 2004, S. B12 862 Vgl. Capgemini 2003, S. 37 863 Vgl. ILOI 1997, S. 31 864 Vgl. Kochen 2001, S. 90 865 Vgl. a.a.O., S. 90; vgl. auch: IlOI 1997, S. 27; Gomez 1995, S. 223 866 Vgl. ILOI 1997, S. 18 867 Vgl. a.a.O., S. 27

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208

sowie persönlichen Perspektiven Informationen verstärkt selektiv wahrnimmt. Diese

selektive Wahrnehmung kann den ursprünglichen Inhalt sowie die damit verbundene

Intention verfälschen.868 Transparenz ist dagegen die Voraussetzung dafür, dass

Ziele eine „bindende“ und „handlungsleitende Wirkung“869 entfalten können.

Bei der Gestaltung der Kommunikation ist zu beachten, dass aufgrund der Vielfalt

und Schnelllebigkeit von Informationen es kaum möglich ist, jederzeit umfassend zu

informieren. In Abwägung ist eine zwar unvollständige, aber schnelle und häufige

Kommunikation der vollständigen Kommunikation vorzuziehen.870 Kommunikation

dabei auf Information zu reduzieren, greift zu kurz, sie ist Teil der Kommunikation,

die über diese Stufe des Einwegverfahrens hinaus geht und Dialog voraussetzt.

Eine offene, d.h. „nicht nur von oben nach unten sowie von unten nach oben“,

sondern eine umfassende, nach allen Seiten hin ausgerichtete sowie „informelle

Kanäle“ nutzende Kommunikation ist nicht nur in allen Stadien eines laufenden

Veränderungsprozesses von Bedeutung, sondern bereits im Stadium der Planung.871

Das zu wählende Kommunikationsinstrumentarium bzw. –verfahren muss mit der

jeweiligen Prozessphase sowie mit der augenblicklichen Kommunikationssituation

zielgruppenorientiert abgestimmt werden.

„In-Dialog-Treten durch die Führung ist für die Mitarbeiter der stärkste Motivator, sich

mit Veränderungen auseinander zu setzen und sie aktiv zu betreiben.“872 Informelle

Kommunikation z.B. in Form eines Gespräches „in der Kaffeeküche oder beim

Betriebsausflug“873 ist dabei ebenso wichtig, wie formale Kommunikation, z.B. in

Form von regelmäßiger, vernetzter Führungs- und Teambesprechungen aller

Ebenen, Mitarbeitergespräche, Betriebs- bzw. Mitarbeiterinformations-

veranstaltungen, Zukunftswerkstätten, etc. Wesentlich ist nur, dass informelle und

formelle Unternehmenskommunikation nicht gegensätzlich laufen.874

868 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 330; vgl. auch: Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 94 869 ILOI 1997, S. 31 870 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 329 871 Vgl. Köppen 1996, S. 191 872 Kochen 2001, S. 91 873 Krüger 2004, S. B10 874 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 307ff. 326

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209

Bei der Organisation der Kommunikation kommt den Führungskräften also

besondere Bedeutung zu, denn die angewandte Art und Weise der Kommunikation

hat für alle anderen Hierarchiestufen Vorbildcharakter: „Was dort praktiziert und

vorgelebt wird, prägt wie nichts sonst die Kommunikation und die Kooperation“ aller

weiteren Unternehmensebenen.875 Erfolgversprechende Kommunikation beinhaltet

auch den professionellen Umgang mit Gegenargumenten, Widerständen und

Konflikten. Sie müssen aufgegriffen, respektiert und verarbeitet werden.876

Fehlende Kommunikation, fehlender offener Umgang miteinander und Transparenz

„sind die größten Stolpersteine“877 Daher „muss es gelingen, wenn man Prozesse

vorantreiben will, die Kommunikation als Allerwichtigstes mit anzusehen, denn der

ganze Prozess steht und fällt damit. Und alles. Was jede einzelne Gruppe erreicht,

ist wirklich für die Katz, wenn das nicht hinhaut.“878

7.16 Organisationsstrukturelle Barrieren und Erfolgsfaktoren Auch wenn organisationsstrukturelle und damit sachlich-fachliche Aspekte als

Erfolgsfaktoren genannt werden, spielen sie eine weit untergeordnete Rolle und

beziehen sich auf die Vorteile einer schlanken Organisation mit wenigen Hierarchie-

ebenen, die Veränderungsprozesse erleichtern.879

Grundsätzlich kann die Organisationsstruktur ein wichtiges Element in der

Entwicklung von Organisationen und „ein gewaltiges Hindernis gegen Erfolg und

Wandel sein“.880 Sie bildet die wesentliche Voraussetzung für die Funktion des

Sozialsystems ‚Organisation’.881 Häufig wird versucht, Veränderungen so zu

gestalten, dass die bestehende Ordnung beibehalten werden kann. Dies hemmt

jedoch die Entwicklung eines neuen Bewusstseins und ist als kritischer Faktor für

den Erfolg einer Veränderung anzusehen.882 Chandler fasst diese These mit

‚Structure follows Strategy’ zusammen und macht damit deutlich, dass die

875 Vgl. a.a.O., S. 316 876 Vgl. ILOI 1997, S. 31 877 Interview 4, S. 115, Zeile 11f. 878 Interview 2, S. 37, Zeile 37ff. 879 Vgl. Interview 3, S. 75, Zeile 8ff. 880 Vgl. Sommerlatte 1988, S. 189 881 Vgl. Deuringer 2000, S. 67, 73 882 Vgl. Osterhold 2000, S. 49

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210

Organisationsstruktur ein Instrument zur Erreichung von höher gestellten

Organisationszielen darstellt. Heute erweist sie sich mehr und mehr als

Schlüsselfaktor zum Unternehmenserfolg, da die Wurzel der eigenen

Kernkompetenzen meist in den Prozessen und Strukturen der Organisation liegt.883

Hierarchische bzw. bürokratische Strukturen erweisen sich deshalb als

veränderungshemmend, da hier die Entscheidungskompetenz an der

Organisationsspitze gebündelt wird und das Prinzip der bottom-up-getriebenen

Kreativitätsentwicklung kunden- und marktnahe Mitarbeiter kaum zu realisieren ist.884

Weitere Barriere ist die Praxis der Rückdelegation: Ein solches Fehlervermei-

dungsverhalten beeinträchtigt die Aktionsfähigkeit entscheidend und verhindert

Eigeninitiative. Eine hohe Regelungsdichte schränkt die Bereitschaft zu

Veränderungen und die Eigeninitiative der Mitarbeiter erheblich ein.885

Innovationen und Veränderungen erfordern Kreativität, Flexibilität und eine gewisse

Bereitschaft zum Risiko. Die „zero-defect-mentality“ lässt jedoch keine Fehler zu und

nimmt damit die Chance, aus Fehlern zu lernen. Im Hinblick auf Veränderungen

wirken solche bürokratischen Unternehmensphilosophien eher kontraproduktiv.886

Möglichst wenig Hierarchie mit hohem Dezentralisierungsgrad und Erfahrung im

Umgang mit temporären Strukturen, wie beispielsweise Projektarbeit erleichtert den

Projekterfolg. Entscheidungsfreiräume erlauben, flexibel und unbürokratisch auf

Veränderungen zu reagieren. Eine geringere Anzahl von Führungsinstanzen sichert

darüber hinaus einen schnellen Entscheidungsweg und Informationsfluss.

Allerdings benötigen stark dezentralisierte Unternehmen verbindende Elemente

zwischen den einzelnen Einheiten wie beispielsweise gemeinsame kulturelle

Werte.887

Eine Prozessorientierung der Organisation ermöglicht die Aktivierung

selbststeuernder Prozesse, so dass Entscheidungen und Innovationen auch auf

883 Vgl. Deuringer 2000, S. 67, 73 884 Vgl. a.a.O., S. 173 885 Vgl. a.a.O., S. 175f. 886 Vgl. a.a.O., S. 173ff. 887 Vgl. Kobi 1996, S. 84ff.

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211

unteren Ebenen möglich sind.888 Funktionierende Prozessorganisationen

beschleunigen dagegen Abläufe und minimieren gleichzeitig die o.a. Problematik der

Schnittstellen.

7.17 Absicherung der Intentionen und Erfolge

Komplexe Vorgänge erfordern eine flexible prozessorientierte Steuerung, welche die

Überforderungen der Mitarbeiter verhindert. Dies setzt eine regelmäßige Analyse

aller Prozesse voraus, die kurzfristige Reaktionen auf Abweichungen ermöglichen.

Weiterhin sollte eine permanente Auseinandersetzung mit Widerständen und

Konflikten stattfinden, um die Ursachen von Widerständen zu erforschen und

Konflikte offen bzw. gemeinsam zu lösen.889 Ebenso ist die Durchführung einer

rollenden Planung notwendig, um kurzfristige Ziele ins Auge zu fassen,

Entscheidungen phasengerecht zu treffen und kurzfristige Erfolge zu realisieren.890

Die Erarbeitung eines Kommunikations- bzw. Informationskonzeptes unterstützt die

Steuerung des Veränderungsprozesses. Hierbei ist festzulegen, wer wann wie in den

Informations- bzw. Wissensfluss mit einbezogen wird, denn ständige und aktive

Kommunikation stellt eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Veränderungs-

prozesse dar.891 Reflexion und Feedback unterstützen und beschleunigen die

Lernprozesse in Veränderungsprozessen, dienen der Unterstützung und Förderung

von positivem Verhalten und erleichtern die Identifikation mit Veränderungen.892

Sind Erfolge erreicht, gilt es, diese z.B. personalwirtschaftlich abzusichern und in

Organisationsstrukturen sichtbar zu machen. Mitarbeiter, die persönliche Vorteile im

Engagement sehen, erwarten, nach dem Eintreten eines Projekterfolges, dass sich

dieser Vorteil auch realisiert. Die Realisierung des Nutzens ist so Rechtfertigung des

Engagements im Veränderungsprozess893 und „eine ganz wichtige Geschichte

gewesen.“894 Als finanzieller Anreiz z.B. „aufgrund der Delegation der

888 Vgl. Kobi 1996, S. 30ff. 889 Vgl. ILOI 1997, S. 25 890 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 161ff.; vgl. auch: ILOI 1997, S. 19, 25 891 Vgl. Kochen 2001, S. 90f. 892 Vgl. Kobi 1996, S. 76f. 893 Vgl. Interview 1, S. 3, Zeile 1ff., Zeile 10ff., Interview 3, S. 80, Zeile 11ff., Interview 4, S. 105, Zeile 18ff., S. 106, Zeile 3ff. 894 Interview 4, S. 105, Zeile 18

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212

Verantwortung“895 oder besonderes Engagement für die Ziele von Veränderungs-

prozessen wird hierbei meist die Höhergruppierung genutzt.896

Daneben ist für ein effizientes Veränderungsmanagement die Kollektivierung von

Wissen elementare Voraussetzung. Das in Veränderungsprozessen gesammelte

Erfahrungswissen sowie transferiertes know-how gilt es für die Gesamtorganisation

zu sichern, um es in anderen Zusammenhängen zu nutzen. Um Wissen allen

Organisationsbereichen zugänglich zu machen, sind Wissensdatenbanken und

Transfersysteme erforderlich, denn Veränderungen können nur dann erfolgreich

durchgeführt werden, wenn sich Wissen zur richtigen Zeit am richtigen Ort befindet.

7.18 Projektmanagement Veränderungen im Unternehmen haben vielfältige Konsequenzen und können

Mitarbeiter bzw. Führungskräfte leicht überfordern. So scheitern

Veränderungsprozesse auch daran, dass zu vieles auf einmal verändert werden soll.

Diese Form des Perfektionismus, zu viele Aktivitäten ohne Prioritäten gleichzeitig

bewältigen zu wollen, verhindert den erfolgreichen Abschluss von Veränderungen.897

Erfolgreiche Veränderungen zeichnen sich dadurch aus, dass Aktivitäten zeitlich

aufeinander und inhaltlich begrenzt in verschiedene Projekte gegliedert werden. Eine

Organisation kann sich gleichzeitig in allen Bereichen auf Veränderungen umstellen,

da Lernprozesse nacheinander folgen und dabei aufeinander aufbauen müssen.898

Daher ähnelt Management in sich verändernden Organisationen dem

Projektmanagement, dessen Ziel es ist, innerhalb der täglichen Routine

Veränderungsprozesse zu bewältigen. Hierfür sind flexiblere Organisationsformen

nötig, die in der Lage sind, mehrere Projekte nebeneinander zu koordinieren, um

eine Orientierungslosigkeit bei den Beteiligten durch ein unkoordiniertes Durch- bzw.

Nebeneinander vieler Projektaktivitäten zu vermeiden.899

895 Interview 3, S. 80, Zeile 12f. 896 Vgl. Interview 1, S. 3, Zeile 6ff., Zeile 10, Interview 3, S. 80, Zeile 11f. 897 Vgl. Pieler 2003, S. 29 898 Vgl. Krebsbach-Gnath 1992, S. 44 899 Vgl. Kochen 2001, S. 89f.

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213

Für den Projekterfolg ist es wichtig, Teilprojekte nicht als unverbundenes

Nebeneinander zu organisieren, sondern als eine Vernetzung von verschiedenen

Prozessen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen.900 Projektteams sollten flexibel und

selbstgesteuert auf Basis konkret beschriebener Ziele, Aufgaben und Tätigkeiten

agieren.901 In Diskussion mit allen Beteiligten müssen Kompetenzen klar und

spezifisch verteilt sowie Aufgaben und Rollen festgelegt werden.902

7.19 Review zum Veränderungscontrolling Zur Vorbereitung für das Veränderungscontrolling ist es notwendig, Ziele, soweit

möglich, mit Messkriterien zu versehen und einen groben Zeitplan zu formulieren,

damit ihr Erreichungsgrad gemessen werden kann.903 Dabei ist es sinnvoll, viele

Einzelschritte zu planen, da so das Aufdecken von Fehlern und zeitnahe Reaktionen

ermöglicht und vermieden werden, dass erst am Ende des Prozesses feststellbar ist,

ob ein Prozess erfolgreich war oder nicht.904 Hierfür müssen qualitative und

quantitative Kriterien zur Erfolgsmessung klar festgelegt und die Vorgehensweise zur

Messung der Erreichung definiert werden.905

Die Anwendung eines Ziel- bzw. Veränderungscontrollings erleichtert die

Projektsteuerung und verhindert, dass einmal gemachte Fehler bei folgenden

Projekten wiederholt werden.906

Frühwarnsysteme, die durch aktives und nachhaltiges Monitoring Abweichungen

aufdecken, gelten bei erfolgreichen Veränderungsprozessen als unerlässlich.907 Die

Festlegung von Meilensteinen ermöglicht darüber hinaus die Mess- und

Überprüfbarkeit der Ziele bzw. Teilziele und ist im Veränderungsmanagement

ebenso bedeutend wie eine eindeutig festgelegte Berichterstattung mit begleitendem

Kommunikationskonzept.908

900 Vgl. Kochen 2001, S. 89f. 901 Vgl. Doppler/lLauterburg 2002, S. 335f. 902 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 36f. 903 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 220ff. 904 Vgl. Kotter 1997, S. 24f. 905 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 285 906 Vgl. ILOI 1997, S. 18 907 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 221ff. 908 Vgl. a.a.O. 1997, S. 287f.; vgl. auch: Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 36

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214

Nachfolgende Abbildung integriert die hier dargestellten Aspekte eines erfolg-

versprechenden Veränderungskonzeptes für öffentliche Verwaltungen und

Unternehmen und stellt diese in Relation der Nachhaltigkeit von Veränderungs-

prozessen:

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215

Abb. 55: Modell für nachhaltigen Erfolg von Veränderungsprozessen in öffentlichen Verwaltungen909

909 Eigene Abbildung auf Basis empirischer und theoretischer Ergebnisse

Modell für den nachhaltigen Erfolg von

Veränderungsprozessen in öffentlichen Verwaltungen

12. Review • Aus Erfahrung lernen • Partizipation ermöglicht

kulturellen Wandel

• Permanente Prozesse initiieren

• Realistische, subjektive Bewertungskriterien

11. Absicherung der

Intention • Verankerung in personal-

wirtschaftlichen und organi- satorischen Konzepten

• Engagement für Ziele belohnen

10. Konsequente

Umsetzung • Vorbildfunktion beachten • Schnelle Erfolge schaffen

Motivation

• Meilensteine planen • Rollende Planung

9. Indikations- und Organi-

sationskulturabhängige Implementations-strategie

• Kleine Schritte sind Erfolge auf dem Weg des Kulturwandels

• Diverse Konzepte und Kombinationen nutzbar

• Widerstände sind normal und müssen permanent bearbeitet werden

8. Organisations-

individuelle Konzeptgestaltung

• Rahmen setzen

• Weitgehende Ge-staltungsspielräume schaffen Akzeptanz und Motivation

7. Diagnose der Ist-

Situation

• Symptome ≠ Ursachen • Berücksichtigung der

Komplexität und system. Vernetzung

• Spezifische Bedingungen öffentl. Institutionen berücksichtigen

6. Gemeinsame Vision

und Werte • Orientierung geben • Prozesse haben Höhen und

Tiefen

• Bewegung schafft neue Werte

5. Akzeptanz durch

Partizipation • Basis: Klare Regeln • Partizipation in allen

Prozess-Phasen

• Transformations-management

4. Kommunikation schafft

Transparenz • Alle Akteure einbinden • Leidensdruck vermitteln

• Interessenspluralität als Chance für Innovation

3. Führung und

Glaubwürdigkeit • Promotorenteams • Externe Begleitung

einbinden

• Feedback

2. Veränderungsimpuls • Personelle Umbrüche

nutzen • Ökonomische Parameter

reichen nicht aus

1. Anreize ersetzen

Leidensdruck • Leidensdruck nur subjektiv /

persönlich vorhanden • Nichtmonetäre Anreize

setzen

• Bildet das Fundament jedes Prozesses

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216

8 Fazit

Die Komplexität und Häufigkeit von Veränderungsprozessen in Organisationen hat in

den letzten Jahren rasant zugenommen. Mehr und mehr gilt: „Nichts ist beständiger

als der Wandel“910. Nicht nur die Globalisierung der Märkte, der Wertewandel, die

Entwicklung der Informationstechnologie und die Verknappung der Ressourcen Zeit

und Geld zwingt Organisationen, sich zu verändern.911 Unter Veränderung kann

dabei ein Vorgang verstanden werden, der eine Modifikation des zugrundeliegenden

Bezugsobjektes bzw. Prozesses herbeiführt.

Hierfür stehen drei Konzepte zur Verfügung: Die Organisationsentwicklung, das

Change Management und das Transformationsmanagement als Mischform beider

Grundkonzepte. Der Begriff ‚Change Management’ hat sich dabei meist als

allgemeines Synonym für Veränderungsprozesse in Organisationen eingeprägt und

bezeichnet so im öffentlichen Diskurs keine Methode, die mit einem

‚Werkzeugkasten’ von festgelegten, standardisierten Maßnahmen umgesetzt werden

kann. Vielmehr kennzeichnet der Begriff häufig die Instrumentalisierung von

Analysen, Maßnahmen und Methoden, um eine Veränderung in einer Organisation

unter mehr oder weniger ausgeprägter Beteiligung betroffener Personen

umzusetzen.912

Dabei bleiben die Wirkungen von Veränderungen in Organisationen nicht nur auf das

funktionale Stellengefüge oder einzelne Teilbereiche beschränkt; sie greifen bis in

den persönlichen Arbeitsbereich des Individuums ein und beeinflussen das soziale

Beziehungsgefüge der Organisation.913 Gleichzeitig wirken Veränderungen in einem

organisationalen Teilbereich aufgrund systemischer Vernetzungen auch auf andere

Teilbereiche und zeigen so Wirkungen, die bei der Konzeptionierung von

Veränderungen berücksichtigt werden müssen.

910 Heitger/Doujak 2002, S. 21 911 Vgl. Rohe 1998, S. 13; vgl. auch: Schönborn/Fischer/Lange 2001, S. 72; vgl. weiterhin Doppler/Lauterburg 1997, S. 21ff. 912 Vgl. Schönborn/Fischer/Langen 2001, S. 69 913 Vgl. Eiff 1979, S. 22

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Unabhängig des gewählten Konzeptes oder Konzeptmixes gilt: Veränderungs-

prozesse durchlaufen charakteristische Phasen, die als Fahrplan bzw. Landkarte

allen an Veränderungsprozessen beteiligten Personen Orientierung bieten. Fasst

man die verschiedenen Phasenmodelle zusammen, lassen sich bei aller

Unterschiedlichkeit 4 Grobphasen differenzieren: Die Vorphase, die Analysephase,

die Konzept- und die Implementierungsphase.

Alle Phasen sind wichtig, wenn Organisations- bzw. Unternehmenskultur verändert

oder ergänzt werden soll. Instrumente, die diese Entwicklung fördern, unterstützen

so die Nachhaltigkeit von umgesetzten Konzepten. Häufig liegt der Fokus des

Interesses auf der Analyse- und Konzeptphase. Projekte scheitern aber meist in der

Implementierungsphase, denn hier gilt es, Veränderungen nachhaltig umzusetzen.

Dies ist ohne Akzeptanz seitens der Betroffenen nicht zu bewerkstelligen.

Weitreichende und rechtzeitige Information der Mitarbeiter, Handlungs- und

Gestaltungsspielräume für die Betroffenen sowie der Aufbau eines funktionierenden

Kommunikationssystems spielen in dieser Phase eine entscheidende Rolle und

tragen zur Reduktion von Widerständen bei, die typischerweise besonders in dieser

Phase auftreten und eine natürliche Reaktion auf Veränderungen sind. Sie lassen

sich auf vielfältige Ursachen zurückführen – meist spielen hier aber unterschwellig

psychologische, emotionale und soziale Faktoren eine erhebliche Rolle.

Veränderungsprozesse bedrohen darüber hinaus Machtverhältnisse, die durch

Kontrolle über Mittel, Personen oder Wissen. Insbesondere hierarchische Strukturen

mit ihren klaren Über- und Unterordnungsverhältnissen und ihrem Hang zur

Einzelverantwortung hemmen Veränderungsprozesse und erleichtern es, Wissen als

Machtinstrument zu missbrauchen und Veränderungen zu verhindern, um Macht zu

erhalten.914 Daher kommt der Wahl der geeigneten Strategie eine wichtige

Bedeutung zu. Hierbei existiert kein Ideal; vielmehr muss die Strategie Kompatibilität

zur organisationsindividuellen Kultur aufweisen. Meist bietet sich hierbei ein

Strategie-Mix an, wobei die Vielzahl der existierenden Ansätze zur Intervention die

Wahl des geeigneten Strategie-Mixes nicht einfacher macht.

914 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 139; vgl. auch: Geiselhart 1995, S. 50; Handy 1993, S. 114; Kobi 1996, S. 36

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Bei der Suche nach Erfolgsfaktoren und Barrieren von Veränderungsprozessen im

Allgemeinen und speziell im Bezug auf öffentliche Verwaltungen ist zu beachten,

dass die Kategorie „Erfolg“ eine hoch subjektive soziale Konstruktion darstellt. Je

nach Position in der Hierarchie und nach Rolle im Veränderungsprozess sind

unterschiedliche Merkmale im Fokus. Das heißt, wenn ein Mitarbeiter beispielsweise

einen Erfolg in einem Projekt feststellt, müssen das andere Mitarbeiter nicht ebenso

werten. Sie könnten stattdessen sogar einen Misserfolg empfinden. Bei aller Vielfalt

an Erfolgsdefinitionen, die in Reformprozessen öffentlicher Verwaltungen

kommuniziert werden, ist unterhalb der Wasseroberfläche vor allem ein einendes

Erfolgsmerkmal festzustellen: Der Erzeugung eines kulturellen Wandels mit dem

Verständnis, dass Veränderungsprozesse permanent sind.

Die Anzahl erfolgskritischer Faktoren in Veränderungsprozessen ist immens.

Wichtiger als die Erstellung einer Rangfolge von Barrieren und Erfolgsfaktoren

erscheint es, sie in der Vielzahl wahrzunehmen. Sie folgen einer gewissen logischen

und zeitlichen Ordnung und erlangen „jeweils eine besondere Rolle in bestimmten

Projektphasen“.915 Bei der Beschreibung von Barrieren und Erfolgsfaktoren von

Veränderungsprozessen lassen sich grundsätzlich zwei Kategorien unterscheiden:

sachlich-fachliche und mental-kulturelle Barrieren bzw. Erfolgsfaktoren. Sachlich-

fachlichen Barrieren bzw. Erfolgsfaktoren lassen sich in organisationsbezogene

Aspekte, wie das Strukturdesign, die Prozessorganisation und das System-Layout

und in Aspekte, die den Veränderungsprozess selbst betreffen, wie Erfahrungen mit

Veränderungsprozessen, professionelles Projektmanagement und das Ver-

änderungscontrolling, einteilen.

Mental-kulturelle Barrieren und Erfolgsfaktoren werden in Veränderungsprozessen

trotz ihrer für den Veränderungserfolg überragenden Rolle häufig wenig beachtet.

Dies liegt sicherlich auch daran, dass harte, die sachlich-fachlichen Ebene

betreffende Faktoren leichter erkenn- und messbar sind als weiche Faktoren.

Insgesamt beeinflussen zahlreiche Erfolgsfaktoren bzw. Barrieren das Engagement

sowie das Verhalten von Betroffenen in Veränderungsprozessen. Diese sowie deren

Vernetzung untereinander müssen erkannt und für den Erfolg des Veränderungs-

915 Vgl. Kochen 2001, S. 84

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prozesses genutzt werden.916 Die gegenseitige Abhängigkeit bzw. Beeinflussung von

Erfolgsfaktoren wird besonders deutlich in der Benennung von Querschnittsfaktoren

wie der Kommunikation, der Vision, der Führung und systemischen Vernetzung.

Warum sucht man überhaupt nach Barrieren und Erfolgsfaktoren in

Veränderungsprozessen öffentlicher Verwaltungen? Reicht das Wissen über deren

Existenz nicht aus? Fakt, und damit Antwort zugleich, ist, dass „bei vier von zehn

Veränderungsprojekten weniger als 60% der ursprünglich anvisierten Projektziele

erreicht“917 werden. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Es liegt jedoch weniger an

der Missachtung sachlich-fachlicher Aspekte, sondern vielmehr in der fehlenden

Wahrnehmung der mental-kulturellen Ebene von Organisationen begründet. Und

dieses Ergebnis gilt umso mehr in öffentlichen Verwaltungen, denn grundsätzlich gilt:

Damit Veränderung gelingt, ist Leidensdruck unabdingbar. Darunter sind existenziell

bedrohliche, meist wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu verstehen, welche die

anstehenden Veränderungen für alle Betroffenen nachvollziehbar und einleuchtend

legitimieren.918 Genau dieser fehlt in öffentlichen Verwaltungen und lässt sich, wie

die Erfahrungen des Neuen Steuerungsmodells zeigen, nur sehr begrenzt durch

Wettbewerbssurrogate künstlich erzeugen. Es gilt daher, individuellen Leidensdruck

ebenso zu nutzen wie natürliche Veränderungsanlässe sowie mit der Umkehrung

von Leidensdruck durch die Erzeugung individueller und kollektiver Anreize für die

Akteure zu arbeiten. Diese Anreize sind meist nicht-monetär und basieren auf

Gestaltungsspielräumen und der Möglichkeit der Partizipation.

Soll Veränderung in öffentlichen Verwaltungen gelingen, dürfen bestehende, in

privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen erfolgreiche Konzepte und Strategien

nicht einfach übernommen oder abgewandelt werden; vielmehr muss völlig neu und

organisationsindividuell gedacht werden, da die Ausgangslagen nicht vergleichbar

sind und individueller Leidensdruck ermittelt werden muss, um daran anzuknüpfen.

Der Möglichkeit der Partizipation der Mitarbeiter kommt bei der Erzeugung von

Akzeptanz eine überragende Bedeutung in Veränderungsprozessen zu. Basis für

Partizipation ist eine funktionierende Kommunikation und frühzeitig etablierte Regeln.

916 Vgl. Lang 2001, S. 37 917 ILOI 1997, S. 3 918 Vgl. Kochen, S. 85; Greif/Schiffer/Bemmann/u.a., S. 37

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Sie erlaubt die Einbindung und Nutzung des Wissens und der Erfahrungen der

Mitarbeiter, ihrer kreativen Ideen und damit die Entwicklung von Engagement für die

Veränderungsziele. Zum anderen schafft Partizipation bei veränderungskritischen

Mitarbeitern Akzeptanz. Eine ablehnende Haltung gegenüber Veränderungen ist

dabei als eine normale Reaktion eines Systems anzusehen. Sie hat die Funktion, die

bestehende Ordnung und den Sinnzusammenhang für die Mitglieder der

Organisation zu erhalten. Offenheit gegenüber Veränderungen bedeutet dagegen,

eine vorübergehende Unsicherheit bis zur Herausbildung einer neuen Ordnung zu

akzeptieren.919 Dies ist aufgrund der Sicherheitsorientierung derer, die sich im

öffentlichen Arbeits- und Tarifrecht bewegen, dem fehlenden existentiellen

Leidensdruck und der spezifischen Ausgangslage öffentlicher Verwaltungen und

ihrer politisch auf Zeit legitimierten Führungskräfte nicht selbstverständlich

vorauszusetzen.

So bleibt insgesamt festzuhalten, dass aufgrund der spezifischen Ausgangslage und

dem weitgehenden Fehlen von monetären Sanktions- und Motivationsmöglichkeiten

die weichen, mental-kulturellen Faktoren eine überragende, eine „wesentlich größere

Rolle“920 für den Erfolg von Veränderungsprozessen spielen. Diese sind von großer

Vielfalt921 und nur schwer messbar. 922 Ein Herausheben einzelner Faktoren hilft hier

kaum weiter; vielmehr ist die Wechselwirkung der vielfältigen Faktoren zu

berücksichtigen. Rieckmann geht hierbei sogar soweit, dass er feststellt, dass keiner

der Faktoren fehlen darf, ohne die Nachhaltigkeit von Veränderungsprozessen

existentiell zu gefährden: “Wenn uns in diesem Prozess nur eine Stufe, nur ein

Faktor fehlt, ist der Changeprozess gefährdet, die Kette gerissen.“923

Gibt es ihn, den perfekten Veränderungsprozess? Der kürzlich verstorbene Prof.

Hejio Rieckmann antwortete hierauf mit einem Zitat von Dr. Paul Tournier: „Es gibt im

Dasein immer einen Standort, den man aufgeben und einen den man finden muss.

Und zwischen beiden liegt die Zone der Ungewissheit und der Unschlüssigkeit, die

mit mehr oder weniger Angst geladen ist. Es gilt eine frühere Geborgenheit

919 Vgl. Gräser 1995, S. 155ff.; Heintel/Krainz 1998, S. 208; Wagner/Beenken/Gräser 1995, S. 26 920 Interview 5, S. 141, Zeile 35 921 Vgl. Interview 4, S. 95, Zeile 22ff. 922 Vgl. Interview 2, S: 61, Zeile 26ff. 923 Rieckmann 2004, S. 24

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aufzugeben, bevor man eine neue gefunden hat. Denn das ist das eigentliche

Gesetz der Entwicklung, dass das Morgen dem Gestern nicht gleicht und daraus

entsteht Angst für das Heute. Jeder Gegenwartsaugenblick ist „Wegmitte“ zwischen

der Vergangenheit und der Zukunft. Und so gehen wir über diese Erde.“924

Menschen, die Veränderungsprozesse verantworten, sind Teil des Systems, das sie selber gestalten. Sie sind zugleich Teil der Lösung und Teil des Problems. Deshalb gilt der Veränderungsmanager selbst als seine wichtigste Intervention.925 Es sind also Personen, die Veränderungen tragen. Nachhaltig erfolgreiche Veränderungen müssen die Akteure in den Organisationen verändern, denn Organisations-veränderungen beginnen bei ihnen selbst. Gerade vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass Wahlbeamte spezifische Interessen haben, ist die spontan geäußerte Haltung zur Definition von Erfolg: „Wenn es mir bei der Sache gut geht (lacht), aber das ist wirklich sehr persönlich“ bedeutend für die Konzeption von Veränderungs-prozessen in öffentlichen Verwaltungen.926

Der perfekte Veränderungsprozess bleibt Illusion, wenn es nicht gelingt, ‚Change

Management’, durch ‚Change the Management’ mit dem Ende der Normierung, dem

Verlagern von Handlungs- und Entscheidungsbefugnissen auf mehrere Schultern,

dem Sprengen der dauerhaft stabil ausgelegten starren Strukturen und dem

Vertrauen in die Kompetenzen der Mitarbeiter als Organisationsprinzip und damit der

Überwindung des Regelungsbedarfs, der auf Misstrauen basiert, zu ersetzen.927

924 Rieckmann 2007, S. 26 925 Vgl. a.a.O., S. 27 926 Vgl. Interview 4, S. 117, Zeile 29f.; vgl. auch: Interview 5, S. 138, Zeile 6f. 927 Wütherich/Osmetz/Philipp 2002, S. 115f.

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10 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Kategorisierung von Organisationsbegriffen S. 6 Abb. 2: Symptome der Unternehmenskultur S. 13 Abb. 3: Der Kondratieffzyklus nach Nefiodow S. 17 Abb. 4: Top 5 der Megatrends S. 24 Abb. 5: Das Dynaxity-Grundmodell S. 25 Abb. 6: Dynaxity-Modell S. 28 Abb. 7: 6 Felder interner Veränderungsanlässe S. 30 Abb. 8: 4 Felder des Wandels S. 31 Abb. 9: Vernetzung der Elemente einer Organisation S. 32 Abb. 10: Positionierung typischer Veränderungsziele und – konzepte S. 34 Abb. 11: Kernpunkte der Ökonomisierung öffentlicher Verwaltungen S. 38 Abb. 12: Modernisierungsbereiche öffentlicher Verwaltungen S. 39 Abb. 13: Kritik am Neuen Steuerungsmodell S. 47 Abb. 14: Modell des Kulturwandels S. 56 Abb. 15: Verlaufskurve der wahrgenommenen eigenen Kompetenz in Veränderungsprozessen S. 57 Abb. 16: 3-Phasen-Modell nach Lewin S. 60 Abb. 17: 8-Stufen-Prozess für die Umsetzung tief greifenden Wandels S. 62 Abb. 18: 12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg S. 66 Abb. 19: Phasenmodell nach Glasl S. 68 Abb. 20: Zyklischer OE-Problemlöseprozess S. 70 Abb. 21: Phasen einer gelungenen Transformation S. 72 Abb. 22: Allgemeingültige Phaseneinteilung S. 75

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Abb. 23: 13 Gründe für das Engagement eines Beraters S. 80 Abb. 24: Counseling/Advising S. 82 Abb. 25: Zusammenfassung der innerhalb der Vorphase zu

bearbeitenden Fragestellungen S. 83 Abb. 26: Vergleich qualitativer und quantitativer Methoden S. 87 Abb. 27: Qualitative Forschungsansätze S. 91 Abb. 28: Theoretische Grundannahmen qualitativer Forschung S. 92 Abb. 29: Kennzeichen qualitativer Forschungspraxis S. 92 Abb. 30: Fragen der qualitativen Inhaltsanalyse zur Herstellung des Kommunikationszusammenhangs S. 99 Abb. 31: Beachtenswerte Aspekte der strukturierten Inhaltsanalyse S. 101 Abb. 32: Quantitative Methoden im Überblick S. 105 Abb. 33: Zusammenfassung der innerhalb der Analysephase

zu bearbeitenden Themen S. 111

Abb. 34: Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung S. 115 Abb. 35: Wichtigste Stakeholder bei Veränderungsprozessen S. 120 Abb. 36: Die 10 wichtigsten to do’s und not to do’s S. 125 Abb. 37: Zusammenfassung der innerhalb der Konzeptphase zu

berücksichtigenden Aspekte S. 126 Abb. 38: Erfolgreicher Bombenwurf S. 135 Abb. 39: Erfolgloser Bombenwurf S. 137 Abb. 40: Die vier Dimensionen partizipativer Interventionsstrategien S. 138 Abb. 41: Eingliederung der Unternehmenskultur S. 145 Abb. 42: Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung S. 146 Abb. 43: Zusammenfassung der innerhalb der Implementierungs-

phase zu berücksichtigenden Aspekte S. 147 Abb. 44: Die fünf Oberziele der Organisationsentwicklung S. 153 Abb. 45: Rolle des Beraters S. 156

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Abb. 46: Voraussetzungen erfolgreicher Organisationsentwicklung nach French/Bell S. 159 Abb. 47: Ursachen für Veränderungen in Unternehmen bis 2010 S. 167 Abb. 48: Change Management Definitionen S. 169 Abb. 49: Drei Ansätze zum Management von Veränderungen im Vergleich S. 172 Abb. 50: 10 Merkmale der Erfolgsmessung S. 176 Abb. 51: Dreidimensionales Modell der Erfolgsmessung S. 178 Abb. 52: Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen S. 182 Abb. 53: Kompetenzprofil des ‚idealen’ Veränderungsmanagers S. 191 Abb. 54: Wichtigste Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen S. 193 Abb. 55: Modell für nachhaltigen Erfolg von Veränderungsprozessen in

öffentlichen Verwaltungen S. 215