Cluster in der Wirtschaftsförderung - Medienmitteilungen · Gleichzeitig zeigt er aber auch die...

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Der Bundesrat Cluster in der Wirtschaftsförderung Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postu- lats Rey (06.3333) Bern, März 2010 2010-02-23/69 \ COO.2101.104.5.2010088

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Der Bundesrat

Cluster in der Wirtschaftsförderung

Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postu-lats Rey (06.3333)

Bern, März 2010

2010-02-23/69 \ COO.2101.104.5.2010088

Postulat 06.3333: Cluster in der Wirtschaftsförderung

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Inhaltsverzeichnis ZUSAMMENFASSUNG ........................................................................................................... 4 

1.  EINLEITUNG .................................................................................................................... 6 

1.1.  Das Postulat Rey ......................................................................................................... 6 

1.2.  Aufbau der Arbeit ........................................................................................................ 6 

2.  WESENTLICHE BEGRIFFSDEFINITIONEN ................................................................... 7 

2.1.  Cluster .......................................................................................................................... 7 

2.2.  Netzwerke ..................................................................................................................... 7 

2.3.  Wertschöpfungssysteme ............................................................................................ 8 

3.  EINORDNUNG DER ARBEIT IN DEN FORSCHUNGSSTAND ...................................... 9 

3.1.  Erklärungsansätze für die Entstehung von Clustern ............................................... 9 3.1.1.  Externalitäten ......................................................................................................... 9 3.1.2.  Transaktionskosten ................................................................................................ 9 3.1.3.  Die nationale Wettbewerbsfähigkeit nach Porter ................................................. 10 

3.2.  Die Typologie als Ersatz einer verbindlichen Clustertheorie ................................ 11 

3.3.  Vielfalt und Grenzen der Theorie ............................................................................. 12 

4.  CLUSTERPOLITIK IN DER OECD UND DER EU ......................................................... 13 

4.1.  OECD-Studien ............................................................................................................ 13 

4.2.  Das Cluster-Thema in der EU ................................................................................... 14 4.2.1.  EU-Cluster Initiativen ............................................................................................ 14 4.2.2.  Cluster in Österreich ............................................................................................. 15 4.2.3.  Cluster in Deutschland ......................................................................................... 15 4.2.4.  Cluster in Frankreich ............................................................................................ 16 

5.  CLUSTER UND NETZWERKE IN DER SCHWEIZ ........................................................ 18 

5.1.  Die Schweizer Cluster in der Darstellung des European Cluster Observatory ... 18 5.1.1.  Methode ............................................................................................................... 18 5.1.2.  Ergebnisse ........................................................................................................... 18 5.1.3.  Fazit ...................................................................................................................... 19 

5.2.  Statistisches Cluster Mapping für die Schweiz nach Eco‘Diagnostic .................. 19 5.2.1.  Methode ............................................................................................................... 19 5.2.2.  Ergebnisse ........................................................................................................... 20 5.2.3.  Fazit ...................................................................................................................... 23 

5.3.  Cluster-ähnliche Initiativen auf Kantonsebene ...................................................... 24 5.3.1.  Methode der kantonalen Befragung ..................................................................... 25 5.3.2.  Ergebnisse ........................................................................................................... 25 

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5.3.3.  Fazit ...................................................................................................................... 27 

5.4.  Cluster-ähnliche Initiativen auf Bundesebene ........................................................ 28 5.4.1.  Die Standortförderung des SECO ........................................................................ 28 

5.4.1.1.  Tourismus-Destinationen als touristische Netzwerke ................................... 28 5.4.1.2.  Standortpromotion und Exportförderung ....................................................... 29 5.4.1.3.  Clusterinitiativen in der Regionalpolitik ......................................................... 30 

5.4.2.  Die Innovationsförderung des BBT ...................................................................... 31 5.4.3.  Weitere Aktivitäten auf Bundesebene .................................................................. 32 5.4.4.  Die Erwartungen der Kantone an die Politik des Bundes ..................................... 32 5.4.5.  Fazit ...................................................................................................................... 33 

6.  CLUSTERPOLITIK: MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ............................................. 34 

6.1.  Grund- und Erfolgsvoraussetzungen ...................................................................... 34 

6.2.  Ziele der Clusterförderung ....................................................................................... 34 

6.3.  Fördermöglichkeiten ................................................................................................. 34 

6.4.  Risiken der Clusterförderung ................................................................................... 35 

7.  BILANZ UND PERSPEKTIVEN ..................................................................................... 37 

7.1.  Mögliche Leitlinien für eine Bundespolitik ............................................................. 37 7.1.1.  Leitlinie 1: Zusammenarbeit der Schweiz mit den Initiativen der EU ................... 37 7.1.2.  Leitlinie 2: Beitrag zum statistischen Know-how .................................................. 38 7.1.3.  Leitlinie 3: Schaffung einer Plattform für Information und Austausch ................... 39 7.1.4.  Leitlinie 4: Verbesserte Koordination .................................................................... 39 7.1.5.  Leitlinie 5: Typologisierung der Clusterinitiativen ................................................. 40 7.1.6.  Fazit ...................................................................................................................... 41 

7.2.  Schlussfolgerungen .................................................................................................. 41 

Quellenverzeichnis ............................................................................................................... 43 

Anhang 1 - Cluster der Schweiz gemäss European Cluster Observatory ...................... 45 

Anhang 2 - Die administrative Aufteilung des Raumes in Destinationen ....................... 46 

Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................... 47 

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ZUSAMMENFASSUNG Dieser Bericht beantwortet das 2006 vom Nationalrat überwiesene Postulat von Nationalrat Jean-Noël Rey, das den Bundesrat auffordert, "einen Bericht über die Schaffung von Clustern auf nationaler und auf regionaler Ebene vorzulegen. Es handelt sich dabei um Wertschöpfungssysteme bzw. Wirtschaftsförderungsnetzwerke, welche die Beziehungen und den Austausch fördern zwischen Unternehmen und Bildungs- und Forschungsinstitutionen, die an verschiedenen Standorten angesiedelt sind, aber die gleichen Interessen verfolgen. Dieser Bericht sollte insbesondere: 1) die Wertschöpfungssysteme auf nationaler und regio-naler Ebene definieren; 2) die Möglichkeiten der Clusterbildung überprüfen und die Bedin-gungen für die Schaffung von Clustern festlegen"1. Der vorliegende Bericht basiert auf einer Studie von externen Experten, die eine statistische Auswertung der Cluster in der Schweiz und eine Bestandesaufnahme der von den Kantonen getroffenen Massnahmen in diesem Bereich vorgenommen haben.

Die Cluster-Landschaft der Schweiz Cluster werden in der Literatur sehr unterschiedlich definiert. Cluster entsprechen einer geo-grafischen Konzentration von Unternehmen und Tätigkeiten. Die vorhandenen Statistiken können die Intensität der Interaktionen zwischen den Wirtschaftsakteuren – welche im All-gemeinen die Cluster auszeichnet – nicht messen; so muss eine Messung der Konzentration der Arbeitsplätze genügen. Die feinere Methode der Schweizer Experten führt zu differen-zierteren Ergebnissen als diejenigen der Europäischen Beobachtungsstelle für Cluster. In der Analyse konnten 22 Cluster in der Schweiz bestimmt werden, die etwas mehr als 226'000 Arbeitsplätze vereinen. Die Umfrage bei den Kantonen zeigte ihrerseits 70 Cluster auf Ebene der Wirtschaftspolitik der Kantone, von denen 62 auf eine Clusterinitiative zurück-gehen. Daneben wurden in einem statistischen Mapping 22 Cluster auf nationalem Niveau ermittelt, von denen nur 12 einer kantonalen Politik entsprechen. Dies zeigt, dass Cluster ohne Eingreifen der öffentlichen Hand auftreten. Der Unterschied zwischen den Methoden erstaunt kaum, wenn man bedenkt, dass es sich um Aktivitäten handelt, die in den statisti-schen Nomenklaturen noch nicht wiedergegeben werden oder um entstehende Agglomerati-onen von Tätigkeiten, die noch nicht messbar sind. Die Analysen bestätigen, dass es sehr schwierig ist, Cluster ex-ante zu bestimmen und Prognosen über ihre Entwicklungschancen abzugeben.

Fördermassnahmen auf Bundesebene Der Bericht bietet ferner einen Überblick, wie Cluster-ähnliche Projekte auf der Ebene der Bundespolitik berücksichtigt werden:

Im Tourismusbereich wird eher von Destination gesprochen, denn die unbeweglichen Res-sourcen im Zusammenhang mit den natürlichen Vorteilen spielen eine zentrale Rolle.

Exportplattformen sind ein Mittel zur Zusammenführung der KMU, damit sie ihre Produkte auf neuen Märkten präsentieren können. Auch die Darstellung der Entwicklung von Clustern in Bereichen wie zum Beispiel der Life Sciences ermöglicht eine bessere Präsentation der Vorteile des Wirtschaftsstandorts Schweiz im Ausland.

Die Innovationspolitik ist ein zentrales Element für die Entwicklung gewisser Cluster, da sie die Verbindung zwischen der angewandten Forschung und den Unternehmen herstellt. Die Förderagentur für Innovation KTI des BBT, die für die Umsetzung dieser Politik zuständig ist, verfolgt allerdings einen Bottom-up-Ansatz und stellt nicht die Schaffung von Clustern ins Zentrum ihres Vorgehens. Die Überlegungen zur Entwicklung von Clustern erfolgen mehr auf der Ebene der regionalen oder kantonalen Partner.

Auch die seit 2008 angewandte Neue Regionalpolitik (NRP) verfolgt diesen Bottom-up-Ansatz. Die Innovation und die Gründung neuer innovativer Unternehmen standen von An-

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fang an im Zentrum der Strategie. In diesem Kontext unterstützt die NRP – die von den Kan-tonen die Einführung einer abgestimmten Politik fordert – zahlreiche Cluster-ähnliche Projek-te im Rahmen der kantonalen und kantonsübergreifenden Entwicklungsprogramme.

Mögliche Leitlinien für eine Bundespolitik Zur Erfüllung des Postulats Rey haben die Experten eine Analyse der Cluster in der Schweiz durchgeführt und fünf Empfehlungen ausgearbeitet, die von den Kantonen auf technischer Ebene unterschiedlich aufgenommen wurden:

1. Zusammenarbeit mit den Initiativen der Europäischen Union: Eine Mehrheit der Kantone unterstützt die Idee, mit der EU zusammen zu arbeiten. Im Rahmen der grenzüber-schreitenden Zusammenarbeit wurden bereits gewisse Aktionen umgesetzt. Allerdings sollte es sich hierbei um einen Erfahrungsaustausch handeln. Für die Schweiz kommt es nicht in Frage, analog gewisser Nachbarländer Industriepolitik zu betreiben.

2. Beitrag zur Entwicklung der statistischen Kenntnisse: Manche Kantone bezweifeln den Nutzen eines solchen Vorgehens aufgrund der Schwierigkeit, eine praktische Definition der Cluster zu finden; sie ziehen es vor, den Austausch positiver Erfahrungen auszu-bauen.

3. Schaffung einer Informations- und Austauschplattform: Die Kantone wünschen eine sol-che Plattform, möchten jedoch die Bildung neuer Strukturen vermeiden. Eine umfassen-de Liste der regionalen und lokalen Projekte auf dem Gebiet der Cluster würde den Aus-tausch bewährter Praktiken verbessern, was allerdings auch ohne Mitwirkung des Bun-des realisiert werden könnte.

4. Bessere Koordination: Die Kantone wünschen eine solche Koordination. Der Bund sollte sich im Bereich der Technologie und des Wissenstransfers stärker engagieren, doch die Koordination sollte sich auch auf die Kantone erstrecken, ohne dabei eine Zentralisie-rung in Kauf nehmen zu müssen.

5. Typologie der Cluster: Der Bedarf an Klarheit in der Masse der Projekte und Initiativen ist zwar offensichtlich, doch die Kantone betrachten dies vor allem als einen nicht priori-tären akademischen Ansatz.

Schlussfolgerungen Der vorliegende Bericht liefert eine umfassende Übersicht über die Schweizer Clusterland-schaft. Gleichzeitig zeigt er aber auch die Grenzen und Probleme einer aktiven Clusterpolitik auf. Der Bundesrat ist alles in allem der Meinung, dass es in der Schweiz keiner eigenstän-digen Clusterpolitik bedarf. Für das Entstehen und Gedeihen von Clustern entscheidend sind gute wirtschafts- und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen. Die Entwicklung einer Clusterpolitik würde voraussetzen, dass sich Bund und Kantone auf die Fokussierung auf einige wirtschaftliche und regionale Schwerpunkte einigen könnten. Ein solcher Top-down-Ansatz käme aber einer eigentlichen Industriepolitik und damit einer Diskriminierung in der Wirtschafts- und Innovationspolitik gleich.

Ein Verzicht auf eine explizite Clusterpolitik lässt sich auch mit dem Umstand begründen, dass bereits heute auf Bundesstufe verschiedene etablierte Sektoralpolitiken bestehen, wel-che die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz zum Ziel haben und faktisch Elemente einer theoretischen Clusterpolitik abdecken. Dazu gehören Bemühungen im Bereich der Bil-dung und Forschung, der Berufsbildung, der Innovationsförderung, der KMU-Politik, der Landeskommunikation, Massnahmen der Neuen Regionalpolitik u.a.m. Eine eigentliche Clusterpolitik würde das Risiko in sich bergen, bereits bestehende sektorielle Bundespoliti-ken zu duplizieren.

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1. EINLEITUNG

1.1. Das Postulat Rey Am 13.9.2006 hat sich der Bundesrat bereit erklärt, das am 22. Juni 2006 von Herrn Natio-nalrat Jean Noël Rey eingereichte Postulat (06.3333) entgegenzunehmen. Der Nationalrat hat das Postulat mit dem Titel "Cluster in der Wirtschaftsförderung" am 6.10.2006 ange-nommen.

Im Postulat wird der Bundesrat aufgefordert, einen Bericht über die Schaffung von Clustern auf nationaler und regionaler Ebene vorzulegen. Es handelt sich dabei gemäss dem An-tragsteller um Wertschöpfungssysteme bzw. Wirtschaftsförderungsnetzwerke, welche die Beziehungen und den Austausch fördern zwischen Unternehmen und Bildungs- und For-schungsinstitutionen, die an verschiedenen Standorten angesiedelt sind, aber die gleichen Interessen verfolgen. Der Bericht soll insbesondere:

• die Wertschöpfungssysteme auf nationaler und regionaler Ebene definieren • die Möglichkeiten der Clusterbildung überprüfen und die Bedingungen für die Schaffung

von Clustern festlegen

1.2. Aufbau der Arbeit Der vorliegende Bericht basiert auf den Ergebnissen einer vom Staatssekretariat für Wirt-schaft (SECO) in Auftrag gegebenen Untersuchung, die im zweiten Halbjahr 2008 von Eco’Diagnostic & ecopo (nachfolgend Eco'Diagnostic) durchgeführt wurde, um die Frage aus dem Postulat Rey ausführlich zu beantworten. Teile der Kapitel 3 und 5 wurden aus dem Be-richt von Eco’Diagnostic2 in diesen Bericht integriert. Der Bericht fasst zunächst im Kapitel 2 die theoretische Diskussion über den Begriff Cluster und verwandte Begriffe zusammen und ordnet die Arbeit in Kapitel 3 in den Forschungsstand ein. In Kapitel 4 des vorliegenden Berichts werden OECD-Studien und die EU-Politik im Zu-sammenhang mit der Clusterthematik aufgezeigt. Kapitel 5 zeigt die Grenzen der von der Europäischen Beobachtungsstelle für Cluster (European Cluster Observatory) verwendeten statistischen Methode zur Identifizierung der Cluster auf und stellt die Ergebnisse einer für den Schweizer Kontext besser geeigneten statistischen Analyse vor. Schliesslich legt der Bericht die Initiativen der Kantone im Bereich Cluster dar, stellt den Bezug zu den Cluster-ähnlichen Instrumenten der Bundespolitik her und macht deutlich, was die Kantone in die-sem Bereich vom Bund erwarten.

Während das Kapitel 6 Möglichkeiten und Grenzen der Clusterpolitik aufzeigt, werden im 7. Kapitel die wichtigsten Schlussfolgerungen gezogen. Dabei werden Empfehlungen zu den weiteren Handlungsmöglichkeiten diskutiert.

2 Der Bericht von Eco'Diagnostic ist im Internet unter www.seco.admin.ch abrufbar.

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2. WESENTLICHE BEGRIFFSDEFINITIONEN

2.1. Cluster Eine einheitliche Definition des Clusterbegriffes findet man in der Literatur nicht. Je nach Au-torin oder Autor steht die räumliche Konzentration und Spezialisierung, die Vernetzung oder die grundlegende Triebkraft – der Wissensaustausch – im Vordergrund der Definition. Die Vielzahl der unterschiedlichen Definitionen und Erklärungsansätze führt nicht nur zu einer Verunsicherung über den wahren Charakter von Clustern, sondern vor allem dazu, dass in der Praxis nahezu jede Ballung von Unternehmungen als Cluster bezeichnet werden kann und vor allem zunehmend auch wird.

Die folgenden Definitionen zeigen die breite Verwendung des Begriffs:

• "A ‘cluster’ is very simply used to represent concentrations of firms that are able to pro-duce synergy because of their geographic proximity and interdependence, even though their scale of employment may not by pronounced or prominent."3

• "Clusters are a geographically proximate group of interconnected companies and associ-ated institutions in a particular field linked by commonalities and complementaries. Clus-ters encompass an array of linked industries and other entities important to competition … including governmental and other institutions – such as universities, standard setting agencies, think tanks, vocational training providers and trade associations."4

• "Une concentration géographique d’entreprises interdépendantes dans le même secteur d’activité, ou des secteurs d’activité adjacents, dans une aire géographique restreinte et … qui forment des réseaux d’innovation régionaux englobant une coopération plus orga-nisée et formelle entre les entreprises, dans le cadre des projets d’innovation."5

• "Cluster sind horizontal und vertikal verknüpfte Wirtschaftssektoren, in denen sich Wett-bewerbs- und Innovationsfähigkeit in den ansässigen Unternehmungen, Hochschulinsti-tute resp. Forschungs- und Entwicklungsorganisationen oder andere cluster-relevante Organisationen konzentrieren. Die Substanz ist regional konzentriertes Wissen und im-plizites Know-how, das, wenn es organisiert ist und gezielt eingesetzt werden kann, zu einer nachhaltigen Stärkung der regionalen Konkurrenzfähigkeit führt."6

• Cluster sind "Wertschöpfungssysteme bzw. Wirtschaftsförderungsnetzwerke, welche die Beziehungen und den Austausch fördern zwischen Unternehmen und Bildungs- und For-schungsinstitutionen, die an verschiedenen Standorten angesiedelt sind, aber die glei-chen Interessen verfolgen."7

Die Vielfalt der angeführten Definitionsansätze spiegelt die Schwierigkeit, das Phänomen des Clusters analytisch zu fassen. Um im Rahmen dieser Ausführungen die einheitliche Verwendung des Begriffes zu gewährleisten, werden Cluster verstanden als räumliche und sektorale Konzentrationen von synergetisch verbundenen Unternehmen, spezialisierten Zu-lieferern und Dienstleistern, Firmen verwandter Branchen und zugehörige Institutionen wie z.B. Universitäten oder Unternehmensverbände, die entlang spezifischer Wertschöpfungs-ketten miteinander vernetzt sind. Zentrale Elemente von Clustern stellen daher Netzwerke sowie Wertschöpfungssysteme dar.

2.2. Netzwerke Unter einem Netzwerk im organisationstheoretischen Sinne wird eine Ansammlung sozialer Beziehungen mit mindestens drei Akteuren verstanden. Ein Netzwerk ist in der Regel infor-

3 Rosenfeld (1997) 4 Porter (1998), S. 199 5 Observatoire (2002) 6 Kärcher-Vital 7 Postulat Rey 06.3333

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mell, basiert vor allem auf Kooperation und die Akteure sind mehr oder weniger gleichbe-rechtigt. In ihrem Zusammenwirken verfolgen sie ein gemeinsames Interesse. Ein Netzwerk ist ein Bestandteil von Clustern, es kann aber über deren räumliche Grenzen hinausgehen.

2.3. Wertschöpfungssysteme Bei der Festlegung der Schwerpunkte für die Umsetzung der Regionalpolitik für die Jahre 2008-15 wurde die Verwendung des Begriffs Cluster wenn möglich vermieden, weil sich ge-wisse Definitionskriterien von Cluster anhand der verfügbaren Statistiken nicht nachweisen lassen.

In der Botschaft über die Neue Regionalpolitik (NRP) wurde der Begriff Wertschöpfungssys-tem verwendet und wie folgt umschrieben: "Unternehmerische Leistungen und marktfähige Innovationen können sich am besten in einem Umfeld mit einem vielfältigen Angebot an Know-how, an begleitenden Dienstleistungen, an Infrastruktur sowie mit einer relevanten Marktgrösse entfalten. Diese Voraussetzungen sind in Wertschöpfungssystemen am ehes-ten gegeben. Dabei handelt es sich um arbeitsteilige regionale oder regionsübergreifende (Unternehmens-) Netzwerke. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die Akteure horizontal und vertikal verbunden sind. Die Unternehmen spornen sich gegenseitig an, was sich positiv auf Innovationsdynamik und Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Die geografische Grösse derar-tiger Systeme kann stark variieren."8

Die Neue Regionalpolitik verwendet den Begriff Wertschöpfungssystem, weil er im Gegen-satz zu dem in der Regionalwissenschaft oft verwendeten Begriff Produktionssystem sowohl die Aktivitäten der industriell-gewerblichen Produktion als auch diejenigen des gesamten Dienstleistungssektors umfasst. Auch der Primärsektor gehört dazu.

8 Botschaft vom 16. November 2005 über die Neue Regionalpolitik (NRP); BBl 2006 261

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3. EINORDNUNG DER ARBEIT IN DEN FORSCHUNGS-STAND

3.1. Erklärungsansätze für die Entstehung von Clustern Die Wirtschaftstheorie befasst sich hauptsächlich mit marktwirtschaftlichen Tauschbeziehun-gen zwischen den einzelnen Wirtschaftsakteuren. Diese Beziehungen lassen sich mit den Begriffen Menge und Preis bestens beschreiben. In den letzten Jahrzehnten haben die Wirt-schaftstheoretiker ihr Forschungsgebiet auf weitere Elemente ausgedehnt, die sich - neben dem Marktpreis - für einen Wirtschaftsakteur sehr direkt auf die Kosten auswirken können. Zwei Arten solcher Kostenfaktoren sind dabei von besonderem Interesse: die Externalitäten (=externe Effekte) und die Transaktionskosten.

3.1.1. Externalitäten Die Externalitäten oder auch externen Effekte tragen der Tatsache Rechnung, dass die Tä-tigkeit eines Akteurs positive oder negative Effekte hat, die sich auf andere Akteure auswir-ken, die für diese Auswirkungen weder konsultiert noch entschädigt werden oder zu bezah-len haben. Externalitäten können wie folgt umschrieben werden: "… when all voluntary con-tractual arrangements have been entered into by market transactors, there still remains some interactions that ought to be internalised but which the market forces left to themselves cannot cope with. "9.

Nach dem Nationalökonomen Alfred Marshall (1842 - 1924) sind die externen Einsparungen von der "allgemeinen Entwicklung der Branche" und vom "allgemeinen Fortschritt des indus-triellen Umfelds" abhängig. Er war der erste, der betonte, Skalenerträge seien nicht nur fir-menintern, sondern auch extern möglich.10 Später wurde dieser Begriff ergänzt durch das Konzept der Agglomerationsvorteile oder -erträge, die Walter Isard 1956 als "stadt- oder re-gionsintern" definierte11. Es gibt zwei Arten von externen Vorteilen: die ersten hängen mit der technischen Interdependenz der Branchen zusammen (Komplementarität innerhalb eines Produktionszweigs), die zweiten betreffen das soziale und kulturelle Umfeld, das ein "Indust-rieklima" ermöglicht.

Marshalls externe Einsparungen erscheinen als eine Interdependenz der Wirtschaftsakteure (ausserhalb des Marktes) und werden zum wichtigsten Element seiner Standortanalyse.

Dem Konzept der Externalität liegt die Vorstellung der Unentgeltlichkeit zugrunde. So geht man davon aus, dass eine Tätigkeit A indirekt zur Tätigkeit B beiträgt, wobei alles andere gleich bleibt, das heisst ohne zusätzliche Kosten oder Nachteile. Das Vorhandensein von Externalitäten, die grösstenteils mit dem Standort beziehungsweise der Nähe zusammen-hängen, schafft somit ein Netz von Interdependenzen, die sich ausserhalb des Marktes ab-spielen, die aber Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gewisser Akteure haben.

3.1.2. Transaktionskosten Das Konzept der "Transaktionskosten" bezieht sich auf die zusätzlichen Anstrengungen, die jedes Unternehmen unter Nutzung seiner Ressourcen unternehmen muss, um eine Transak-tion auf dem Markt abzuschliessen. Üblicherweise unterscheidet man drei Bestandteile der Transaktionskosten: die Informationskosten (Kosten, die bei der Auswahl des künftigen Transaktionspartners anfallen); die Kosten der Vertragsverhandlungen sowie die Kosten der Behandlung eventuell später auftretender Probleme. Aus der Sicht des Unternehmens sind

9 Dahlman (1979), S. 141-162. 10 Vgl. Marshall (1919) 11 Vgl. Isard (1956)

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sämtliche Transaktionskosten zum Marktpreis hinzuzurechnen und ergeben mit diesem die Gesamtkosten für den Erwerb eines bestimmten Zwischenprodukts oder Produktionsfaktors.

Ebenso wie die Externalitäten sind die einzelnen Transaktionskosten nicht leicht zu messen, aber zusammengenommen erhöhen sie die Gemeinkosten des Unternehmens. Unter gewis-sen Umständen führt das Vorhandensein von Externalitäten für das Unternehmen zu einer Senkung der Transaktionskosten. Die beiden Begriffe sind also zwei Aspekte derselben Rea-lität, unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet.

3.1.3. Die nationale Wettbewerbsfähigkeit nach Porter Der Begriff Cluster ist untrennbar verbunden mit den Arbeiten von Michael Porter, der ihn Mitte der 1990er Jahre in der Wirtschaftsanalyse einführte. In seinen früheren Arbeiten hatte sich Porter zunächst eingehend mit der Wettbewerbsstrategie von Unternehmen beschäftigt, bevor er seine Analyse auf die nationale Wettbewerbsfähigkeit ausweitete, ein Konzept, das er bei dieser Gelegenheit ins Leben rief.12 Im Zentrum von Porters Ansatz zur nationalen Wettbewerbsfähigkeit findet sich der "Diamant" der Wettbewerbsvorteile. Dieses Modell, das heute in unzähligen Veröffentlichungen auftaucht, zeigt die Wechselbeziehungen zwischen vier Gruppen von Wettbewerbsfaktoren: • den Nachfragebedingungen • dem Angebot an Produktionsfaktoren • der Unternehmensstrategie und der Intensität des Wettbewerbs • der Situation der verwandten Branchen

Je intensiver diese Interaktion, je anspruchsvoller die Nachfrage und je heftiger der Wettbe-werb, desto besser die Qualität der Faktoren und der verwandten Branchen und desto wett-bewerbsfähiger das Land (die Volkswirtschaft).

Im Verlauf der 1990er Jahre führte Porter den Begriff "Cluster" ein, wobei seine Theorie be-trächtliche sowohl methodologische als auch politische Auswirkungen hat, von denen hier die wichtigsten aufgezeigt werden: • Porter definiert den Cluster als eigenständiges Studienobjekt neben dem Unternehmen,

der Industrie und der Volkswirtschaft. • Porter betont, dass die Interaktion zwischen den Akteuren das eigentliche Unterschei-

dungsmerkmal des Clusters darstellt. Diese Interaktion geht über die rein marktwirt-schaftliche hinaus und erfasst den potenziell paradoxen Charakter des Clusters, der sich von der Komplementarität bis zur Konkurrenzbeziehung erstreckt. Die Art dieser Interak-tionen wird ausdrücklich nicht spezifiziert, was die Möglichkeit fast unzähliger Varianten eröffnet.

• Porter legt den Schwerpunkt auf die Nähe der Akteure, wobei die Distanz ausdrücklich nicht näher bestimmt wird. Diese Nähe wird nur durch die endogene Intensität der Inter-aktion vorgegeben. In räumlicher Hinsicht ist der Cluster ein Objekt mit "variabler Geo-graphie".

• Die Relevanz des Analyseobjekts wird mit einem doppelten Argument gerechtfertigt: Es heisst zum einen, die Qualität der Interaktion zwischen Akteuren erkläre besonders gut das jeweilige Produktivitätsniveau, das diese Akteure erreichen, und zum anderen biete der Cluster (trotz seiner geographischen Unbestimmtheit) einen neuen Rahmen für Massnahmen der öffentlichen Hand und eine Kooperation zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor.

• Der Cluster ist seiner Natur nach dynamisch, er entwickelt sich entsprechend den Strate-gien und dem Verhalten der einzelnen Akteure, insbesondere der staatlichen Stellen. Obwohl die Definition rein voluntaristische politische Massnahmen nicht ausdrücklich rechtfertigt, schliesst sie diese auch nicht aus.

12 Vgl. Porter (1998) und Porter (2000)

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3.2. Die Typologie als Ersatz einer verbindlichen Clustertheorie Anstelle einer eindeutigen Definition des Clusters kann eine Typologisierung zu einer Beg-riffsklärung beitragen. Die theoretischen Diskussionen über Cluster befassen sich haupt-sächlich mit der Wechselbeziehung zwischen den Akteuren. Obwohl sie in der Praxis nur schwer zu messen sind, machen die Intensität und das Spektrum der nichtmarktwirtschaftli-chen Interaktionen die Besonderheit und das wirtschaftliche Potenzial des Clusters aus. Die Interaktion ist also ganz klar ein Schlüsselelement jeder theoretischen Typologie.

Das zweite Merkmal, das sich auch in der frühen Literatur findet, welche die Clustertheorie begründet, ist die Vielfältigkeit der an den Interaktionen beteiligten Akteure. So ist das Ideal, das sich bereits bei Alfred Marshall findet und von Michael Porter formuliert wurde, die Inter-aktion zwischen verschiedenartigen Akteuren. Für die Entstehung eines Clusters muss also die Zahl der interagierenden Akteure relativ gross sein.

Die Typologie, die sich aus der Kombination der beiden oben erörterten theoretischen Merkmale ergibt, ist in der unten stehenden Abbildung 1 dargestellt. Die möglichen Kombina-tionen reichen vom Netzwerk aus einer begrenzten Zahl von ähnlichen Akteuren mit einem engen Interaktionsspektrum bis zu einem Cluster mit einer Vielfalt und einer grossen Intensi-tät der Interaktionen. Umfassende Interaktionen zwischen einer begrenzten Zahl von Akteu-ren ähneln einer Partnerschaftssituation oder einem Club, während eine begrenzte Interakti-on zwischen einer Vielfalt von Akteuren einer Art Nachbarschaftsbeziehung entspricht. Damit es sich aber um einen Cluster im theoretischen Sinne handelt, sind zugleich Interaktionen mit breitem Spektrum und die Beteiligung einer grossen Zahl von Akteuren erforderlich.

Abbildung 1: Theoretische Typologie der Wechselbeziehungen zwischen Akteuren

Begrenzte Interaktionen Umfassende Interaktionen

Ähnliche Akteure Vereinigung/Netzwerk Partnerschaft/Club

Vielfältige Akteure Nachbarschaft/normale Nähe Cluster

Quelle: Eco'Diagnostic

Beim Übergang von einer theoretischen zu einer umsetzbaren Typologie stösst man auf die Schwierigkeit – wenn nicht gar Unmöglichkeit – die tatsächliche Intensität der Interaktionen zu messen. Da die Wechselbeziehungen in der Regel nicht direkt messbar sind, ist der Be-obachter gezwungen, auf einen weniger aussagekräftigen und weniger relevanten Indikator, nämlich die statistische Dichte gewisser Typen von Akteuren pro Gebietseinheit, zurückzu-greifen. In vielen Analysen wird die geographische Dichte als indirekter Indikator für das Ausmass der Interaktionen betrachtet. Dies ist jedoch eine grobe Vereinfachung, die unter Umständen die Ergebnisse der Analyse verfälschen kann, weil diese auf den rein formalen Aspekt reduziert wird.

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Abbildung 2: Operative Typologie der Wechselbeziehungen

Diffuse Wahrnehmung Starke Wahrnehmung

geringe Dichte der Akteure Netzwerk Partnerschaft/Club

hohe Dichte der Akteure potenzieller Cluster aktiver Cluster

Quelle: Eco'Diagnostic

Die Dimension der Dichte der Akteure muss um eine weitere Dimension ergänzt werden. So könnte man beispielsweise berücksichtigen, inwieweit sich die einzelnen Beteiligten als Teil einer Interaktionsdynamik sehen, die stärker als gewöhnlich ist. Kreuzt man in Abbildung 2 die Dimension "Wahrnehmung" mit der Dimension "Dichte" der Akteure innerhalb eines Ge-bietes, erhält man im Ansatz eine Typologie, die vier mögliche Fälle aufzeigt, von denen zwei relevant sind: der Fall des "aktiven Clusters", dessen sich die Beteiligten bewusst sind und dem sie aller Wahrscheinlichkeit nach Sorge tragen; der "potentielle Cluster", bei dem die Voraussetzungen für die Dichte gegeben scheinen, wohingegen die Interaktion in den Augen der Akteure (noch) nicht signifikant ist.

3.3. Vielfalt und Grenzen der Theorie Kaum war der Begriff Cluster aufgetaucht, begeisterte er politische Entscheidungsträger, wohingegen er nicht alle Wissenschaftler überzeugte. Der Begriff bietet weder eine klar dar-gelegte Methode zur Analyse noch zur Validierung. Er stützt sich mehr auf die Intuition als auf einen strengen Nachweis. Möglicherweise ist gerade der wenig präzise, dehnbare Cha-rakter von Porters Definition der Grund für den Erfolg des Begriffes Cluster, da jeder, der ihn verwendet, ihn seinem Blickwinkel entsprechend präzisieren kann.

Die kritische Auseinandersetzung mit der Fülle von Konzepten und Methoden sprengt den Rahmen des vorliegenden Berichts, zumal es dazu bereits zahlreiche Analysen gibt. Dazu hält zum Beispiel Blöchliger fest: "Das Hauptproblem der Clustertheorie besteht darin, dass sie nicht wirklich „fassbar“ ist und sich nur ansatzweise regionalpolitische Instrumente daraus ableiten lassen. So zeigt die Clustertheorie zwar auf, dass ein lokal konzentriertes Netzwerk von zahlreichen Firmen einer bestimmten Branche ab einer kritischen Grösse zu mehr Inno-vation und Wachstum führen kann. Die Frage aber, wann und unter welchen Bedingungen sich Cluster überhaupt bilden, bleibt unbeantwortet."13

13 Blöchliger (2005), S. 90

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4. CLUSTERPOLITIK IN DER OECD UND DER EU Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus zeigt, dass Initiativen im Bereich der Clusterpolitik in gewissen Ländern der OECD und der EU eine grosse Bedeutung haben.

4.1. OECD-Studien Die OECD verfolgt verschiedene Ansätze im Bereich von Clustern. Das bestehende theoreti-sche Fundament ist umfangreich. Trotz der grossen Zahl an Berichten fehlen jedoch klare Handlungsempfehlungen.

In vielen OECD-Ländern gibt es grosse regionale Unterschiede, was die wirtschaftliche und soziale Entwicklung anbelangt. Die OECD selbst hilft den Mitgliedsländern, diese Unter-schiede zu analysieren und zu verstehen. Im Bereich Regional Development im Directorate for Public Governance and Territorial Development ist ein Schwerpunkt in der Regional Inno-vation and Competitiveness zu finden. Im Jahr 2006 und 2007 sind zu diesem Thema Arbei-ten entstanden, die sich dem Clusterthema widmeten.14

Im Juni 2007 wurde ein Bericht über "Clusters and Entrepreneurship: Internationale Verglei-che" publiziert. 2009 folgte der Bericht über "Clusters, Innovation and Entrepreneurship"15. Diese Publikation untersucht den Erfolg der grossen Unternehmens- und Innovationpole in den OECD-Ländern. In der Studie werden auch die Resultate der detaillierten Analyse von sieben international renommierten Zentren dargestellt. Für jeden dieser Cluster untersucht die Studie die Faktoren, die zu seiner Entwicklung geführt haben, die Auswirkungen des Clusters auf die Entwicklung der lokalen Unternehmertum und die Herausforderungen, die eine weitere Expansion dieser Cluster mit sich bringt.

Eine weitere OECD-Publikation stützt sich neben der Auswertung von Innovationsumfragen und Patentstatistiken auf eine Reihe von Fallstudien zu Unternehmen.16 Insgesamt wurden 59 Unternehmen in 12 Ländern von nationalen Experten untersucht. In die Untersuchung mit einbezogen wurden grosse Unternehmen und KMU sowie Industrieunternehmen und Dienstleister. Zu den Ergebnissen zählen folgende Erkenntnisse:

• Hauptgrund für Unternehmen, F&E-Einrichtungen im Ausland anzusiedeln, ist die Nähe zu grossen und wachsenden Märkten.

• Zulieferer und Kunden sind die begehrtesten Innovationspartner. Obwohl Universitäten und öffentliche Forschungsinstitutionen als wichtige Wissensquellen gelten, sind sie nur an einem kleineren Teil der Kooperationen beteiligt.

• Grosse Unternehmen kooperieren deutlich häufiger als KMU mit externen Innovations-partnern.

• Diebstahl geistigen Eigentums wird als die grösste Gefahr für globale Innovationsnetz-werke gesehen. KMU, die typischerweise weniger Expertise in diesem Bereich haben, sind bei der Kooperation mit grossen Unternehmen am stärksten gefährdet.

Forschungs- und Innovationspolitik kann nicht ausschliesslich auf regionaler oder nationaler Ebene gestaltet werden. Vielmehr sollte gemäss OECD-Studien die Entwicklung von interna-tionalen Clustern und Netzwerken der Spitzenklasse gefördert werden. Zu den Empfehlungen für Unternehmen zählen, dass die Nutzung externer Wissensquellen in Unternehmensstrategien mit einbezogen werden sollte. Weiterhin müssen Unternehmen einen räumlich mobilen Personalbestand aufbauen, der auch in der Lage ist, in wechselnden sektor- und grenzüberschreitenden Netzwerken zu arbeiten. Besondere Aufmerksamkeit ge-bührt dem Schutz geistigen Eigentums.

14 Vgl. OECD (2006) und OECD (2007) Die OECD hat im Rahmen einer neuen Reihe zur gezielten Prüfung regionaler Innovationen (Review of Regional Innovation) 26 Programme zur Förderung von regionalen Innovationsclustern in 14 Ländern untersucht. 15 Vgl. Potter und Miranda (2009) 16 Vgl. OECD (2009)

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4.2. Das Cluster-Thema in der EU Cluster sind schon seit einigen Jahren ein Thema in der EU-Politik. Sie werden in der EU als wesentliches Instrument moderner Innovations-, Regional- und Industriepolitik positioniert.

Im Januar 2006 wurden Investitionen in Cluster als Teil der Empfehlungen für eine grössere "strukturelle Mobilität" in Europas Innovationslandschaft aufgenommen.17 Es wurde festge-stellt, dass Europa seine Innovationsfähigkeit verbessern muss. Um der Innovationsförde-rung neuen Schub zu geben, hat der Europäische Rat 2006 Cluster zu einer der neun stra-tegischen Prioritäten für eine erfolgreiche Innovationsförderung gemacht.

4.2.1. EU-Cluster Initiativen Die Generaldirektion Unternehmen und Industrie der EU hat zwei Initiativen zur Clusterförde-rung lanciert. Es handelt sich um PRO INNO Europe und Europe INNOVA (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3: Initiativen der EU-Generaldirektion

Eine Initiative der PRO INNO Europe ist die Europäische Cluster-Allianz, die mehr als 70 na-tionale und regionale Behörden, Wirtschaftsförderer und Innovationsagenturen umfasst. Es handelt sich hierbei um eine offene Plattform, die die transnationale Zusammenarbeit im Be-reich der Cluster-Politik fördert. Es soll sowohl der Gedanken- und Erfahrungsaustausch zwischen den Partnern als auch die Entwicklung von praktischen Instrumenten zur Unter-stützung der Cluster ermöglicht werden. Die Allianz ist offen gegenüber allen anderen öffent-lichen Organisationen, die kooperationsbereit sind und Erfahrungen und Wissen mit anderen Partnern austauschen wollen.

17 Vgl. EU (2006)

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Im 6. Rahmenprogramm der EU werden Cluster im Rahmen der Initiative Europe INNOVA unterstützt. Ziel von Europe INNOVA ist es zu informieren, zu assistieren, zu mobilisieren und Netzwerke zu pflegen. Diese Initiative bringt mehr als 300 Partner aus 23 Mitgliedstaa-ten zusammen. Zu den interessanten Arbeiten von Europe INNOVA gehört auch das soge-nannte Cluster Mapping. Konkret wird im Rahmen des Europe INNOVA-Programms auch die in Kapitel 5.1 erwähnte Europäische Beobachtungsstelle für Cluster, das European Cluster Observatory, finanziert.

Um das Ziel eines Cluster-Plans für Europa zu erreichen, beauftragte die Europäische Kommission eine hochrangige Cluster-Expertenarbeitsgruppe, die unter der Europe INNO-VA-Initiative gebildet wurde, mit der Erstellung eines Cluster-Memorandums. Das Memoran-dum fordert eine differenzierte Clusterpolitik zur Förderung international wettbewerbsfähiger Firmencluster auf regionaler und nationaler Ebene.

Als wichtigsten Punkt zur Förderung von Clustern von Weltrang in der EU bezeichnet die Kommission jedoch die Einsetzung einer Europäischen Clusterpolitikgruppe. Es liegt ein kla-rer politischer Auftrag hierfür durch einen Beschluss der Kommission vom 22.10.2008 vor. Die Clusterpolitikgruppe hat die Aufgabe, die Kommission zu beraten, wie man die Entste-hung von exzellenten Clustern besser unterstützen kann.

4.2.2. Cluster in Österreich Die ersten clusterpolitischen Leitlinien in Österreich wurden 1995 in der Steiermark formu-liert. Im Rahmen des technologiepolitischen Konzepts Steiermark wurde eine clusterorien-tierte Förderpolitik vorgeschlagen. Der ACstyria Autocluster ist der erste institutionalisierte regionale Cluster in Österreich (Pilotprojekt). Ziele der österreichischen Clusterpolitik sind: Förderung von Regionalentwicklung, Wettbewerbsfähigkeit (KMU), Kooperation, Innovation, Technologie und Technologietransfer. Die Clusterpolitik in Österreich hat sich allerding im Laufe der Zeit gewandelt. Anfang 1995 sollte sich die Clusterpolitik auf existierende Cluster (ACStyria) fokussieren, das alte, traditionelle Netzwerk der Automobilunternehmer in der ge-samten Wertschöpfungskette stärken sowie Innovation und Wettbewerbsfähigkeit und die Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Forschungsinstitutionen und Unternehmen fördern sollte. Heute erstreckt sich die Clusterpolitik in Österreich über ein breiteres Feld und um-fasst: • die Förderung der Entstehung von neuen Clustern • die Stärkung bereits existierender Cluster • die Kooperationen zwischen Clustern gleicher Branchen in verschiedenen Bundeslän-

dern oder über die Staatsgrenzen hinweg (z.B. Ökoenergiecluster zwischen Oberöster-reich und Tschechien, Kunststoffcluster zwischen Oberösterreich und Niederösterreich)

In Österreich sind das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT), das Bundesministeri-um für Wissenschaft und Forschung (BMWF) und das Bundesministerium für Finanzen (BMF) mit der Implementierung der Clusterpolitik beschäftigt.18 Insgesamt hat Österreich 8 nationale und 1 regionales Clusterprogramm.19 Die hauptsächliche Lehre, die aus der Ent-wicklung in Österreich für die Schweiz gezogen werden kann, ist, dass sich die Clusterpolitik Österreichs gewandelt hat weg von Unterstützung einzelner Cluster hin zu nationa-len/regionalen Strategien. Diese Entwicklung ist interessant, da Österreich zu den Pionieren der Clusterpolitik gehörte und bereits viele Erfahrungen machen konnte.

4.2.3. Cluster in Deutschland Eine Clusterförderung im weiteren Sinn entwickelte sich in Deutschland auf nationaler Ebene Mitte der 1990er Jahre. Zunehmender internationaler Wettbewerb und deutliche Budgetre-striktionen, bedingt durch die Wiedervereinigung, stellten die deutsche Politik in den 1990er

18 Vgl. Enichlmair 19 Vgl. CountryReport: Austria, http://www.clusterobservatory.eu/upload/Policy_Report_Austria_20080116.pdf

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Jahren vor grosse Herausforderungen. Dies hatte eine Umorientierung der Forschungs- und Technologiepolitik zur Folge. Im Bundesforschungsbericht 1996 (BMBF 1996) wird die Inno-vationsförderung durch Vernetzung explizit als Instrument der Förderpolitik aufgenommen. Als wesentliche Ziele der Forschungs-, Technologie- und Innovationsförderung werden dort aufgeführt: • Förderung des Entstehens grundlegender Innovationen • Wettbewerb der besten Lösungsideen zur Realisierung substantieller Innovationen • Sicherung und Stärkung des Produktionsstandortes Deutschland • Aufbau von innovativen Netzwerken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft • Erarbeitung von Innovationen in interdisziplinären und branchenübergreifenden Projekten • kooperative Nutzung verteilten Know-hows • schnelle und breite Diffusion neuen Wissens

Durch die Hightech-Strategie der Bundesregierung werden in Zukunft mit dem Spitzen-clusterwettbewerb möglicherweise weitergehende Akzente gesetzt.20

In der Ausrichtung der Programme lassen sich zwei unterschiedliche Schwerpunkte feststel-len. Eine erste Gruppe zielt auf Netzwerkprogramme, bei denen die wirtschaftliche Verwer-tung von exzellenter Forschung im Vordergrund steht. Die Förderung ist auf die "Spitze" der technologischen Leistungsfähigkeit ausgerichtet und kommt daher häufig auch wirtschaftlich starken Regionen zugute, wie zum Beispiel der Region München/Oberbayern. Eine zweite Gruppe von Netzwerkprogrammen verfolgt regional strukturpolitische Ziele. Das Konzept der Netzwerkförderung spielt seit Ende der 1990er Jahre bei der Innovationsförderung in den neuen Bundesländern eine grosse Rolle. Ziel ist es, Innovationspotenziale in den neuen Bundesländern zu erschliessen.

Um den Erfolg der Programme zu überprüfen, werden die Programme in der Regel entweder wissenschaftlich durch Expertenjurys begleitet und beraten oder evaluiert.

Eine umfassende, aktuelle Darstellung der aktuellen Clusterinitiativen aller Bundesländer wurde aktuell vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und der Ge-schäftsstelle Kompetenznetze Deutschland erarbeitet und Ende 2008 veröffentlicht.21 Eine solche Informationsplattform könnte sich auch für die Schweiz als interessant erweisen (www.kompetenznetze.de).

4.2.4. Cluster in Frankreich Frankreich hat erst 2004 im Rahmen einer neuen Industriepolitik die Initiative "Pôle de com-pétitivité 2005-2008" lanciert. Es gehört somit zu den EU-Ländern, die erst nach 1999 mit einer Clusterpolitik begonnen haben.

Ein pôle de compétitivité unterstützt die Entwicklung von Projekten zwischen Unternehmun-gen, Forschungszentren und Ausbildungsstätten, wobei die folgenden Grundsätze gelten: • Forschungs- und Entwicklungsprojekte sind das Herzstück der Cluster-Aktivitäten. Sie

sind der wichtigste Faktor der Wettbewerbsfähigkeit • Innovations-Plattformen sind moderne Infrastrukturen, die Innovation in den Unterneh-

men durch die Einführung von Shared Services fördern • Vorhaben ausserhalb von Forschung und Entwicklung (Ausbildung, Immobilieninvestitio-

nen, Standortförderung) sind eine wichtige Ergänzung für die Stärkung der Wettbewerbs-fähigkeit der Unternehmungen des Clusters und die wirtschaftlichen Entwicklung der Re-gionen

20 Vgl. Frauenhofer Institut System- und Innovationsforschung (2008) 21 Wessels (2009)

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Zur Vernetzung der Innovationsakteure verfolgt die französische Politik der pôle de compéti-tivité folgende hauptsächlichen Ziele: • Entwicklung/Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft durch Inno-

vation • Verstärkung der Aktivitäten im Industriebereich vor allem High-Tech- oder Kreativwirt-

schaft22 • Steigerung der Attraktivität von Frankreich, durch eine verstärkte internationale Sichtbar-

keit • Förderung von Wachstum und Beschäftigung

Zuständig für die "politique pôles" sind auch in Frankreich wie in der EU und der OECD ver-schiedene Staatsstellen.

Von Interesse ist die zwischen November 2007 und Juni 2008 vorgenommene Evaluation der nationalen und regionalen Rahmenbedingungen für Clusterselektion und Clusterbeglei-tung sowie die Aktivitäten der 71 einzelnen pôles de compétitivité in Frankreich. Die Evalua-tion wurde durch die Boston Consulting Group (BCG) und CM International durchgeführt. Ziel der französischen Regierung war es, neben einem Dialog mit jedem einzelnen Cluster, einen Input für die Weiterentwicklung und Verstärkung der Clusterpolitik in Frankreich für die nächsten Jahre zu erhalten (Förderungsart, Förderungsmodalitäten, Organisation der Initiati-ve, Aufgabenverteilung, und nationale Steuerungsmodalitäten). Die Evaluierung sollte auch Erfolgskriterien, "Best-Practice"-Beispiele und Barrieren zu Clusteraktivitäten feststellen.23 Aus diesem Grund hat Frankreich eine zweite Phase (2009-2011) der Clusterpolitik be-schlossen. Diese soll bis ins Jahr 2011 weiter geführt werden. Für diese zweite Phase wur-den 1.5 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt.

22 Kultur- und Kreativwirtschaft ist die Wirtschaftsbranche, die mit künstlerischen und kulturellen Gütern (Kultur-wirtschaft) und künstlerischen Ideen in Verbindung mit technologischer, innovativer und wissenschaftlicher Krea-tivität (Kreativwirtschaft) Gewinne erzielen will. Ausgangspunkt der Wertschöpfung ist der schöpferische Akt der künstlerisch kreativ Tätigen. Die öffentlich-geförderten Kultureinrichtungen zählen nicht dazu, sondern nur Unter-nehmen, die sich erwerbswirtschaftlich mit der Schaffung, Produktion, Verteilung und/oder medialen Verbreitung von kulturellen/kreativen Gütern und Dienstleistungen befassen 23 Vgl. Deutsches Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi): "Evaluation der französischen Pôle de compétitivité", www.kompetenznetze.de

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5. CLUSTER UND NETZWERKE IN DER SCHWEIZ Es gibt keine allgemein gültige und anerkannte Landkarte von Clustern der Schweiz. In die-sem Kapitel wird versucht, aus verschiedenen Beiträgen ein aktuelles Gesamtbild zusam-men zu tragen.

5.1. Die Schweizer Cluster in der Darstellung des European Cluster Observatory

5.1.1. Methode Unter den zahlreichen Initiativen in Europa gibt es eine, die auch die Schweiz einschliesst. Es handelt sich um das Projekt der Europäischen Beobachtungsstelle für Cluster (European Cluster Observatory) der Europäischen Kommission. Ihr Auftrag besteht darin, die europäi-schen Cluster, ihre Dynamik und ihre Entwicklung anhand einer gemeinsamen Methodik fort-laufend zu beobachten und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung und -leistung der Regionen in einem Gebiet zu analysieren, das die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Stand 1. Januar 2007) sowie die Türkei, Israel, Island, Norwegen und die Schweiz umfasst.

Unter Anwendung der Methodik, die Michael Porter für das US Cluster Mapping Project ent-wickelt hat, wurde erstmals nach einheitlichen Massstäben eine statistische Bestandeserhe-bung von regionalen Clustern in den untersuchten 32 europäischen Ländern durchgeführt. Die Daten wurden in eine Datenbank eingespeist, so dass es nunmehr möglich ist, Cluster-recherchen nach Ländern, Technologiebereichen und Güte der Cluster durchzuführen. Das sogenannte Mapping besteht darin, jeden der potentiellen Cluster nach drei Hauptkrite-rien zu analysieren: • Die Konzentration misst die Bedeutung des Clusters im Verhältnis zu der Branche als

Ganzes auf europäischer Ebene. • Die relative Dichte (Fokus) setzt die Arbeitsplätze im Cluster in ein Verhältnis zum Total

der Arbeitsplätze der Region. • Der Spezialisierungsgrad zeigt das Verhältnis der Zahl der Arbeitsplätze im Cluster in

Prozent der Arbeitsplätze der Region zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitsplätze in den entsprechenden Branchen europaweit.

5.1.2. Ergebnisse In der Online-Bibliothek der Europäischen Beobachtungsstelle findet sich ein entsprechender Bericht über die Schweiz24. Unter dem Titel "Cluster development programmes and cluster organisations" werden in diesem Bericht vier regionale Programme vorgestellt: The Ark (Wal-lis); die Clusterpolitik des Kantons Bern; das Basler Biovalley und der Nano-Cluster Boden-see. In der Rubrik über nationale Clustermassnahmen stellen die Verfasser fest (S. 12): "as Switzerland is a relatively small country … it can be considered as one big cluster. Therefore, national policy measures (e.g. technology policy) without any specific regional focus might be considered as clusters policies." 25

Die Europäische Beobachtungsstelle hat auch für die Schweiz ein "Cluster-Mapping" erstellt. Dieser rein statistische Ansatz bestand darin, die Spezialisierung der Arbeitsplätze zu analy-sieren, indem zwei Statistiken gekreuzt wurden: eine Branchenstatistik mit Daten zu Arbeits-plätzen nach Branchen (NACE - 4 Stellen), die anschliessend in 38 Clusterkategorien zu-sammengefasst wurden, und eine Statistik zur Struktur der Arbeitsplätze für jede der 259

24 Bergmann und Weber (2007) 25 Bergmann und Weber (2007), S. 12

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NUTS-2-Regionen (mit einigen Ausnahmen)26. In der NUTS-2-Nomenklatur sind die Schwei-zer Kantone in sieben Regionen eingeteilt: Espace Mittelland, Nordwestschweiz, Ost-schweiz, Genferseeregion, Tessin, Zentralschweiz und Zürich. Das Ergebnis dieses Mapping findet sich in tabellarischer Form zusammengefasst im Anhang 1.

5.1.3. Fazit Die Analyse des European Cluster Observatory entspricht nicht einem allgemein gültigen und anerkannten Ansatz. Um ein aktuelles Gesamtbild zu erhalten, ist es deshalb sinnvoll, verschiedene Methoden zu betrachten. Aus diesem Grund wurde Eco’Diagnostic beauftragt, die Clusterlandschaft der Schweiz in einer zusätzlichen Studie abzubilden. Diese Studie fo-kussiert sich stärker auf die Situation in der Schweiz und stellt deshalb eine interessante Er-gänzung zur Analyse des European Cluster Observatory dar, erhebt für sich aber ebenfalls nicht den Anspruch, allgemein gültig zu sein. Der Unterschied der beiden Ansätze wird in Kapitel 5.2.3 aufgezeigt.

5.2. Statistisches Cluster Mapping für die Schweiz nach Eco‘Diagnostic

5.2.1. Methode Eco’Diagnostic hat eine statistische Übersicht erstellt, bei dem die Daten zur Verteilung der Arbeitsplätze nach Wirtschaftszweigen mit einer regionalen Einteilung der Schweiz gekreuzt wurden. Der quantitative Teil der Studie stützt sich im Wesentlichen auf die Eidgenössische Betriebszählung des Jahres 2005. Die Analyse stützt sich dabei hauptsächlich auf die Be-schäftigung und ihre unterschiedlichen Aspekte: die Anzahl Beschäftigte, die Branche und den Standort.

Welchem Wirtschaftszweig die Arbeitsstätten und die Unternehmen angehören, wird anhand der Allgemeinen Systematik der Wirtschaftszweige (NOGA, Version 2002) festgelegt. Zu-sätzlich wurden die MS-Regionen (MS = mobilité spatiale) als Grundeinheit für die räumliche Analyse gewählt.27

Um für jede der MS-Regionen die Cluster zu identifizieren, wurde ein Profil aller marktwirt-schaftlichen Arbeitsplätze gemäss der zwei- und dann dreistelligen NOGA-Klassifizierung erstellt. Auf dieser Grundlage wurden, nach dem Muster der Europäischen Beobachtungs-stelle, Clusterindikatoren wie "Spezialisierungsquotient" und "Konzentrationsmass" berech-net. Anhand dieser beiden Kriterien lassen sich Cluster jeder Grösse erfassen. So kann ein Cluster eine relativ kleine Zahl von Arbeitsplätzen enthalten, die aber dennoch einen bedeu-tenden Anteil an den landesweiten Arbeitsplätzen einer Branche (die national von relativ ge-ringer Bedeutung ist) darstellt. Erst in einem zweiten Schritt werden Indikatoren zum "Ge-wicht" berücksichtigt.

Nach der Auswahl der Cluster wurde ihre Bedeutung anhand der Grösse der einzelnen Cluster auf nationaler und lokaler Ebene evaluiert.

Die angewandte Methode hält sich im Wesentlichen an die Branchenkategorisierung der All-gemeinen Systematik der Wirtschaftszweige NOGA und unterscheidet sich somit von derje-

26 NUTS – (Nomenclature of Territorial Units for Statistics) Die Neugliederung von vergleichbaren Einheiten auf allen NUTS-Ebenen bedingt, dass jeder Mitgliedsstaat eine regionale Ebene festlegt. Diese Ebene entspricht einer weniger bedeutenden oder sogar inexistenten Verwaltungsstruktur und liegt - je nach Mitgliedsstaat unter-schiedlich - auf einer der ersten drei NUTS-Ebenen. Für die Durchschnittsgrösse der NUTS-Regionen werden in der NUTS-Verordnung die folgenden Unter- und Obergrenzen festgesetzt: NUTS 1: zwischen 3 und 7 Millionen Einwohner; NUTS 2: zwischen 0.8 und 3 Millionen Einwohner; NUTS 3: zwischen 0.15 und 0.8 Millionen Einwohner.“ 27 http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/11/geo/analyse_regionen/03.html Die MS-Regionen zeichnen sich durch eine gewisse räumliche Homogenität aus und gehorchen dem Prinzip von Kleinarbeitsmarkt-gebieten mit funktionaler Orientierung auf Zentren. Einzelne MS-Regionen sind kantonsübergreifend.

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nigen der Europäischen Beobachtungsstelle. Es ist aber klar, dass sich in der Wirtschaft in Wirklichkeit Tätigkeiten aus unterschiedlichen Branchen zusammenfinden und Synergien entfalten.

Obwohl sich die Studie hauptsächlich mit den Arbeitsplätzen beschäftigt, wurde bei der Ana-lyse der Schweizer Cluster auch die demographische Struktur des Wirtschaftsgefüges be-rücksichtigt, die sich durch die in Arbeitsplätzen gemessene Grösse der Unternehmen und Betriebe ergibt.

5.2.2. Ergebnisse Unter Anwendung der oben beschriebenen Methode wurden 22 Cluster ermittelt. Eine karto-graphische Analyse und eine vollständige Beschreibung der Cluster finden sich im detaillier-ten Bericht von Eco’Diagnostic.

Abbildung 4: Die identifizierten Cluster und ihre wichtigsten Merkmale (Kennzahlen)

Wirtschaftszweig (NOGA) Ad-hoc-Region

Ar-beitsplä

tze Nationale Grösse

Regionale Grösse

Kon-zentra-

tion Speziali-sierung Dominanz

Finanz (65) Zürich (1,2) 40'120 1.47% 12.0% 36.5% 3 48 (2) : stark

Beratung (741) Zürich (1,6, 33,38) 24'856 0.91% 7.3% 23.3% 1.9 153 : sehr schwach

Uhrenindustrie (335) Ch-de-F.(13,14,24,92,102-104, 106) 22'840 0.84% 15.5% 65.5% 12.2 32 : sehr schwach

Beratung (741) Genf (84, 86, 87, 105) 21'729 0.80% 6.6% 20.3% 1.7 51 : sehr schwach

Pharmaprodukte (244) Basel-Stadt (47-49, 75) 19'592 0.72% 9.0% 64.5% 8.1 2 : stark

Versicherungen (66) Zürich (1,2, 5,8) 18'794 0.69% 4.6% 38.1% 2.5 5 : mittel

Finanz (65) Genf (105) 17'344 0.64% 9.5% 15.8% 2.4 22 : sehr schwach

Software (722) Zürich (1,3, 38,72) 14'728 0.54% 3.2% 30.2% 1.8 100 : sehr schwach

Maschinen (295) Wil (7, 8, 59, 76) 7'788 0.29% 5.2% 24.2% 4.4 3 : stark

Elektrizität (31) Baden (71, 72) 6'127 0.22% 10.0% 18.4% 8.2 2 (1) : sehr stark

Kunststoffe (252) Rheintal (50, 51, 53, 54, 76-78) 5'423 0.20% 2.7% 24.8% 3.4 10 : schwach

Textil (17) St. Gallen (36, 37, 51-56, 58,59) 4'487 0.16% 2.4% 44.1% 6.3 15 : sehr schwach

Papier (21) Solothurn (15, 16, 25, 28, 44-46, 70) 4'203 0.15% 1.9% 34.5% 4.3 6 : schwach

F&E Natur (731) Basel-Stadt (47-49 ) 3'848 0.17% 2.0% 36.7% 5.1 4 : mittel

Elektronik (321) Baden (72) 2'612 0.10% 6.7% 16.5% 11.6 3 (1) : sehr stark

Chemie (246) Aarau (4, 27, 70, 74, 75) 2'053 0.08% 1.4% 23.7% 4.3 2 : stark

Seifen (245) Genf (105) 1'907 0.07% 1.0% 30.4% 4.5 2 (1) : sehr stark

Autoindustrie (501) Limmattal (2, 3, 10, 71) 1'903 0.07% 1.1% 37.3% 6.1 4 : mittel

Bekleidung (182) Mendrisio (83) 1'569 0.06% 6.3% 37.1% 40.7 3 (1) : sehr stark

Textil (17) Aarau (15, 28, 70) 1'564 0.06% 1.3% 15.4% 3.6 7 : schwach

F&E Natur (731) Lausanne (84, 90) 1'533 0.06% 1.3% 14.6% 3.4 2 (1) : sehr stark

Schmuck (362) Genf (105) 630 0.02% 0.3% 21.4% 3.2 9 : schwach

Durchschnitt 10'257 0.38% 5.1% 30.6% 6.5

Quelle: Eco'Diagnostic

Abbildung 4 gibt einen Überblick über die statistisch ermittelten Cluster und ihre Hauptmerk-male neben der Anzahl der Vollzeit-Arbeitsplätze: Nationale Grösse oder Bedeutung des Clusters in der Volkswirtschaft in %, Regionale Grösse des Clusters in der Wirtschaft der Region in %, Konzentration der beobachteten Wirtschaftstätigkeit des Clusters in der be-trachteten Region in %, Spezialisierungsgrad der Struktur der lokalen Arbeitsplätze im Ver-gleich zur landesweiten Arbeitsplatzstruktur und schliesslich Dominanz der Clusterstruktur unter Berücksichtigung des Anteils der grossen Produktionseinheiten (Arbeitsstätten und Un-ternehmen) an der Zahl der Arbeitsplätze. Die Zahl in der Spalte Dominanz gibt an, wie viele der grössten Arbeitsstätten zusammengenommen über 50% der Arbeitsplätze ausmachen.

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Die in Klammern angegebene Zahl gibt das Ergebnis derselben Analyse im Hinblick auf die Unternehmen an. Diese Synthese macht es einfach, das Profil der einzelnen Cluster zu ver-gleichen.

Am Beispiel der Finanzbranche ist ersichtlich, dass sich diese vor allem auf die Region Zü-rich konzentriert und 40‘120 (Vollzeit-)Arbeitsplätze umfasst. Mit 1,47% der marktwirtschaftli-chen Arbeitsplätze des Landes ist der Zürcher Finanzsektor der gewichtigste Cluster in der Schweizer Volkswirtschaft. Bezogen auf die Region Zürich ist die Bedeutung mit 12% deut-lich höher. 36,5% aller schweizerischen Arbeitsplätze in der Finanzbranche finden sich in der Region Zürich. Mit einem Spezialisierungsquotienten von 3 liegt die Dichte der Branche in der Region Zürich deutlich über dem nationalen Durchschnitt (jeweils: 1). 48 der grössten Arbeitsstätten, respektive 2 Unternehmen machen zusammen genommen über 50% der Ar-beitsplätze aus.

Es ist anzumerken, dass dort, wo die Arbeitsplatzdichte eine besondere Konfiguration ver-muten liess, für die räumliche Identifizierung der Cluster-Gruppierungen von benachbarten MS-Regionen gebildet wurden. In der Spalte "Ad-hoc-Region" finden sich zwei Informatio-nen: zum einen der Name der grössten MS-Region des Clusters und zum anderen in Klam-mern die Nummer aller anderen vom Cluster betroffenen Regionen.

Im Landesdurchschnitt repräsentieren die ermittelten Cluster 30,6% der landesweiten Ar-beitsplätze in ihrer Branche. Die auffälligste sektorielle Konzentration findet sich im Jurabo-gen, wo sich 65,5% der Arbeitsplätze der Schweizer Uhrenindustrie befinden. Mit 64,5% der Arbeitsplätze in der Herstellung von pharmazeutischen Produkten erzielt die Region Basel ein ähnlich hohes Ergebnis. Im Vergleich dazu stellen die 15,4% der Arbeitsplätze in der Textilindustrie, die auf die Region Aarau entfallen, eine geringe Konzentration dar, das heisst der Textilcluster ist in der Region Aarau nicht sehr ausgeprägt.

Mit 1,47% der marktwirtschaftlichen Arbeitsplätze des Landes ist der Zürcher Finanzsektor der gewichtigste Cluster in der Schweizer Volkswirtschaft. Aus diesem Blickwinkel ist die Genfer Schmuckbranche weitaus weniger bedeutend (0,02%). Im Durchschnitt vereint ein Cluster 0,38% der marktwirtschaftlichen Arbeitsplätze in der Schweiz.

Gemäss dem Anteil der Branche des Clusters an der regionalen Wirtschaft ist die Uhrenin-dustrie des Jurabogens am bedeutendsten: sie stellt den beeindruckenden Anteil von 15,5% der lokalen Arbeitsplätze. Im Durchschnitt repräsentiert ein Cluster 5,1% der regionalen Ar-beitsplätze. Auch hier ist der Genfer Cluster der Schmuckbranche der unbedeutendste.

Was die Spezialisierung angeht, sticht die Region Mendrisio am deutlichsten heraus (40,7), und der Cluster Beratung der Genferseeregion liegt mit dem Spezialisierungsquotienten 1,7 am nächsten beim festgelegten Minimalwert von 1,5. Die ermittelten Regionen sind durch-schnittlich 6,5mal spezialisierter in ihrer jeweiligen Branche als im Schweizer Durchschnitt.

Die letzte Spalte der Abbildung 4 zur Dominanz der grossen Produktionsbetriebe im Cluster ergänzt auf interessante Weise diese Profile. Die erste Zahl entspricht der Anzahl der Ar-beitsstätten (die zuvor von der grössten bis zur kleinsten sortiert worden sind), die zusam-mengenommen 50% der Gesamtanzahl der Arbeitsplätze des Clusters erreichen. Eine Zu-satzinformation findet sich in Klammern, wenn mehrere dieser Arbeitsstätten demselben Un-ternehmen angehören. Diese Zahl gibt an, wie viele Unternehmen zusammengenommen mehr als die Hälfte der in der Region Beschäftigten ausmachen. Zum Beispiel geht aus der ersten Zeile der Tabelle hervor, dass man die Belegschaft der 48 grössten Arbeitsstätten des Zürcher Finanzclusters zusammenzählen muss, um die Hälfte der Arbeitsplätze der Branche in der betrachteten Region zu erhalten (d. h. 40’120/2). Vor allem wird deutlich, das nur zwei Unternehmen mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze des Clusters stellen.

Neun der ermittelten Cluster hängen stark oder sehr stark von grossen Arbeitsstätten und/oder von grossen Unternehmen ab. Die extremen Fälle sind die des Elektrizitätsclusters von Baden, die Seifenherstellung in Genf und F&E-Natur in Lausanne, bei denen sich über die Hälfte der Beschäftigten auf nur zwei Arbeitsstätten verteilt, die ausserdem zu demselben Unternehmen gehören. Diese Dominanz einer so kleinen Zahl von Akteuren wirft natürlich

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die Frage auf, ob hier das Potenzial für einen Cluster vorhanden ist. Auf der anderen Seite besitzt ein Cluster wie die Beratungsbranche der Region Zürich/Zug eine sehr schwache Ab-hängigkeit von den grossen Akteuren, denn man muss die Beschäftigten der 153 grössten Arbeitsstätten der Region zusammennehmen, um die Hälfte der Beschäftigten der lokalen Branche zu erreichen.

Bei der statistischen Identifizierung der "Cluster" wurde hauptsächlich die geographische Verteilung der Arbeitsplätze oder der Unternehmen analysiert, um die geographischen Räu-me auszumachen, in denen die Konzentration gewisser Wirtschaftszweige besonders hoch ist. Eine räumliche Darstellung der ermittelten Cluster zeigt Abbildung 5. Da die Synergien zwischen den Unternehmen selbst nicht erfasst werden können, gehen die statistischen Un-tersuchungen davon aus, dass die Dichte der Branche oder des Sektors zwangsläufig solche Synergien mit sich bringt.

Abbildung 5: Räumliche Darstellung der 22 von Eco’Diagnostic ermittelten Cluster

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Quelle: Eco'Diagnostic

5.2.3. Fazit In der Abbildung 6 werden die beiden Mappings des European Cluster Observatory und von Eco'Diagnostic miteinander verglichen. Dabei wird unter anderem die unterschiedliche spezi-fische Ausrichtung der beiden Analysen deutlich, die Abweichungen in den Ergebnissen grösstenteils erklärt. Wie im theoretischen Teil bereits erwähnt, ist es wichtig, bei der Analy-se eine Variable heranzuziehen, die angibt, wie die Akteure die allfällige Existenz einer Gruppierung von Branchen oder eines Clusters wahrnehmen. Darin liegt die grosse Bedeu-tung der Cluster-Initiativen von privaten, staatlichen oder gemischtwirtschaftlichen Stellen.

Abbildung 6: Vergleich der Methoden und Ergebnisse der beiden Mappings

Eco’Diagnostic European Cluster Observatory

Ausrichtung der Analyse

Bezugsraum Schweiz Europa

Analyseperspektive Arbeitsplatzdichte Wettbewerbsfähigkeit

Analyseinstrumente

Analysierte Arbeitsplätze 100% 38%

Räumliche Einteilung MS-Regionen (Basis) NUTS-2

Systematik NOGA-2 und NOGA-3 Vordefinierte Cluster ausgehend von NACE-4 (unveröffentlicht)

Kriterium Spezialisierung >1,5 > 2

Konzentration >15% der Beschäftigung der Branche auf Landesebene

unter den 10% der grössten Arbeits-platzbeschaffer in der Region

Grösse % von nationalen oder regionalen Ar-beitsplätzen

unter den 10% der grössten europäi-schen Cluster

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Ergebnisse

Art der Ergebnisse Homogen Rangordnung: 1 bis 3 Sterne

Grösse und Dominanz des Unterneh-mens berücksichtigt

Ja Nein

Anzahl Cluster 22 48, berücksichtigt 14 (3 Stern: 5 / 2 Sterne: 9 / 1 Sterne: 34)

In % der analysierten Arbeitsplätze 8% 71%, berücksichtigt nur 2 und 3 Sterne: 31%

In % der gesamten Arbeitsplätze 8% 26%, berücksichtigt nur 2 und 3 Sterne: 11%

Quelle: Eco'Diagnostic

Die beiden Studien verwenden eine unterschiedliche Systematik der Wirtschaftszweige und verschiedene räumliche Einteilungen. Eco'Diagnostic fokussiert sich auf die Arbeitsplatzdich-te, während das European Cluster Observatory auch Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit einbezieht (wie z.B. die Exportfähigkeit). Trotzdem decken sie sich bei einigen „Clustern“ die offensichtlich sind, wie beispielsweise beim Finanzwesen oder bei der Chemie, in vielen an-deren Punkten gelangen sie aber zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der wesentliche Unter-schied besteht in der Anzahl identifizierter Cluster. Während Eco'Diagnostic in einem statisti-schen Mapping 22 Cluster auf nationalem Niveau ermittelt, hat das European Cluster Obser-vatory 48 Cluster erfasst, davon allerdings nur 14 berücksichtigt, respektive als relevant be-zeichnet, die bei mindestens zwei der drei Hauptkriterien (Konzentration, relative Dichte und Spezialisierungsgrad) punkten (5 Cluster punkten bei allen drei Kriterien, 9 bei zwei und 34 nur bei einem). Im Gegensatz dazu hat Eco'Diagnostic keine solche Rangordnung vorge-nommen und weist homogene Ergebnisse vor.

Während Eco'Diagnostic sämtliche Arbeitsplätze in ihre Analyse einbezogen hat, beschränkt sich das European Cluster Observatory auf die so genannten "traded cluster-industries" und vernachlässigt beispielsweise das lokale Gewerbe, das in allen Regionen gleichermassen vorkommt (z.B. Bäckereien) und 57% der Arbeitsplätze in Europa repräsentiert - sowie "natu-ral-based industries", die im Grunde ihren Standort nicht frei wählen können (5% der Ar-beitsplätze, vor allem im Tourismus). Entsprechend decken die Ergebnisse auch unter-schiedlich viele Arbeitsplätze ab. Trotzdem ist der Anteil der berücksichtigten Arbeitsplätze im Ergebnis ähnlich gross: Die von Eco'Diagnostic ermittelten Cluster decken 8% der Ar-beitsplätze ab, beim European Cluster Observatory sind es 11% der Arbeitsplätze in Clustern, die sich in mindestens zwei der drei Hauptkriterien auszeichnen.

5.3. Cluster-ähnliche Initiativen auf Kantonsebene Kapitel 3 hat die Schwierigkeiten und Grenzen der Cluster-Konzepte aufgezeigt. Dement-sprechend haben auch die Kantone im Rahmen einer Konsultation durch das Staatssekreta-riat für Wirtschaft (SECO) kritische Punkte zur Untersuchungsmethode von Eco'Diagnostic geäussert: • Die Studie basiert auf den nicht mehr aktuellen Daten der Betriebszählung 2005. • Der Rohstoffhandel wird nicht in NOGA erfasst, hat aber je nachdem eine sehr grosse

Wertschöpfung. • Nicht für alle Unternehmen sind Wertschöpfungsdaten verfügbar. • Aufgrund der Probleme bei der Analyse von Clustern lassen sich politisch nur sehr be-

schränkt Massnahmen ableiten. • Aufgrund der Grenzen von statistischen Erhebungen ist die Aussagekraft auch begrenzt.

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• Mit den statistischen Daten sind Aussagen und Rückschlüsse über die Vergangenheit (ex post) möglich, Empfehlungen oder Prognosen für die Zukunft lassen sich aber nur sehr schwer ableiten.

5.3.1. Methode der kantonalen Befragung In Ergänzung zu der statistischen Analyse von Eco'Diagnostic wurden Cluster und Cluster-ähnliche Initiativen aus Sicht der Kantone untersucht. Um das statistische Bild der Cluster der politischen Wahrnehmung gegenüberzustellen, ist ein Teil der Untersuchung von Eco’Diagnostic den Initiativen und der Politik der Kantone im Bereich der Cluster gewidmet, wobei der Begriff hier in einem bewusst allgemein gehaltenen Sinne verstanden wird. Von September bis November 2008 wurden die vom SECO bestimmten zuständigen Perso-nen in allen kantonalen Verwaltungen sowie Vertreter einiger Bundesämter (ARE, BFE, BBT) eingehend befragt. Die Gespräche hatten folgende Hauptziele:

1. Klärung der verwendeten Begriffe, wobei ausdrücklich die Bedeutung berücksichtigt wur-de, mit der die einzelnen Begriffe in der internen Sprache der jeweiligen kantonalen Ver-waltungen belegt sind

2. Feststellung, welche Cluster in der Wirtschaft der jeweiligen Kantone identifiziert wurden, sowie welche Massnahmen deren Verwaltung diesbezüglich ergriffen hat (Wirtschaftspo-litik)

3. Klärung der Erwartungen im Zusammenhang mit den Clustern und den sie betreffenden (staatlichen) Massnahmen

4. Klärung der Meinungen und Erwartungen der Kantone zur derzeitigen oder künftigen Po-litik des Bundes

5.3.2. Ergebnisse Die Zusammenfassung der Interviews mit den Kantonen findet sich im detaillierten Bericht von Eco’Diagnostic.

Obwohl die Haltung der Kantone in der Frage der Cluster sehr unterschiedlich ist, zeichnen sich aus den Gesprächen gewisse gemeinsame Punkte ab.

Terminologie Was die Terminologie angeht, kennen die meisten Kantone die mittlerweile klassische Cluster-Definition von Michael Porter. Die Kantone, die diesen Begriff verwenden, wie BE, BS/BL, VD und ZH, verwenden ihn bewusst in Kenntnis der Sachlage im Kanton. Andere Kantone verwenden differenziertere Begriffe wie "Branchengruppierungen", "Kompetenz-zentren", "Branchenschwerpunkte" oder "Pole" usw., die von Fall zu Fall unterschiedliche Inhalte bezeichnen.

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Identifizierung von Cluster-ähnlichen Bereichen In Bezug auf die "Branchengruppierungen von besonderer Bedeutung" haben alle Kantone mindestens eine erste Identifizierung vorgenommen oder waren zum Zeitpunkt der Befra-gung dabei, eine solche vorzunehmen. Die verwendeten Methoden sind unterschiedlich, doch bei allen werden mehr oder weniger umfassende ökonomisch-statistische Analysen und Interaktion mit den Wirtschaftskreisen kombiniert. Auf dieser Grundlage wurde die Identi-fizierung von "Branchengruppierungen von besonderer Bedeutung" durchgeführt. In mehre-ren Fällen waren die Dichte gewisser Branchen und ihre strategische Bedeutung von Anfang an offensichtlich (unter anderem ZH, BS). In anderen - wie NE, JU, SO - wurden die strategi-schen Überlegungen in der Folge der strukturellen Krise der 1980er Jahre angestellt.

Es ist anzumerken, dass die Branchengruppierungen, die als auf kantonaler Ebene strate-gisch bedeutend identifiziert wurden, nur selten den Kategorien der NOGA-Systematik ent-sprechen. Die meisten Kantone haben versucht, möglichst genau die "Orte" auszumachen, wo eine erhöhte Synergie zwischen Akteuren geeignet ist, die Kohärenz, die Leistungen und auch die Qualität des lokalen Wirtschaftsgefüges zu erhöhen. Daraus ergibt sich eine oft "branchenübergreifende" Sicht der Wirtschaft, die entweder die Komplementarität von Pro-dukten oder Dienstleistungspaketen (Logistik, Gesundheit, Flugverkehr, Verkehrskontrolle) oder Technologien (Präzision, Nanotechnologie, Oberflächenbehandlungstechnologie) oder auch komplementäre Aktivitäten (Finanzen, internationale Aktivitäten) in den Mittelpunkt stellt.

Von den 62 identifizierten Initiativen konzentrieren sich (oder beschränken sich) über die Hälfte (36) auf die kantonale Wirtschaft, die übrigen sind mehr oder weniger kantonsüber-greifend oder grenzüberschreitend angelegt. Das deutet darauf hin, dass in diesem Bereich eine Zusammenarbeit unter den Kantonen besteht oder diese zumindest offen dafür sind.

Kategorisierung Es wurde eine Kategorisierung der einzelnen Initiativen nach der Art der Synergie (Kohä-renzfaktor), die sie hauptsächlich fördern sollen, erstellt. Dabei wurden drei mögliche Fälle berücksichtigt:

Fall 1: Es geht vor allem um die Dimension "Markt und Visibilität", das heisst potenzielle In-teressenten ausserhalb des Kantons oder der Schweiz sollen auf ein Produkt oder einen Standort aufmerksam werden

Fall 2: Es geht um eine bessere Nutzung der Komplementarität der vorhandenen Akteure innerhalb von Wertschöpfungsketten

Fall 3: Die Initiative ist hauptsächlich auf den Wissens- und Technologietransfer ausgerichtet

Von den 62 Initiativen sind 24 klar auf Markt und Visibilität ausgerichtet, bei 23 ist es der Technologietransfer (bei 11 von ihnen ausschliesslich), und bei 34 spielt die Wertschöp-fungskette eine Rolle (bei 22 von ihnen bildet sie den Schwerpunkt).

Umsetzung der Initiativen Bei der Umsetzung der Initiativen sind bei den Kantonen zwei Ebenen zu unterscheiden: die allgemeinen staatlichen Instrumente und die gezielten Initiativen im eigentlichen Sinne. In fast allen Kantonen verfügt die Verwaltung über Instrumente auf der volkwirtschaftlichen Ebene von der Besteuerung über Industrie- oder Entwicklungsgebiete bis zur Unterstützung bei der Unternehmensgründung. Manche Kantone setzen diese Instrumente recht selektiv ein, um "Branchengruppierungen von besonderer Bedeutung" zu bilden oder zu fördern. Die Initiativen selbst sind als öffentlich-private Partnerschaften zu sehen, deren Ziele spezifische und damit möglicherweise für gewisse Wirtschaftsakteure interessante Information, Promoti-on oder Technologietransfer sind.

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Bei allen erfassten Initiativen – im engeren Sinne – ist der Privatsektor mehr oder weniger beteiligt. Die meisten Initiativen werden im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft umgesetzt, auch da, wo es keine geeigneten Einrichtungen oder Träger gibt. In seltenen Fäl-len, wie in der Holzwirtschaft im Kanton Schwyz oder im Maschinenbau im Kanton Solothurn, überwiegt die private Beteiligung. Es lässt sich also feststellen, dass in allen Kantonen die Politik zumindest eine Katalysatorfunktion erfüllt, manchmal auch Anregungen oder sogar Anreize gibt.

Erwartungen an die Clusterpolitik Was die Erwartungen an die Clusterpolitik oder -initiativen angeht, sehen die meisten Kanto-ne diese als eine Möglichkeit zur Konsolidierung ihres Wirtschaftsgefüges, in gewissen Fäl-len aber auch zur Verringerung der strukturellen Abhängigkeit von einem Sektor oder einer Branche. Strategische Überlegungen spielen also durchaus eine Rolle. Clusterinitiativen, die – im Allgemeinen – von anderen Bereichen der Verwaltung als der klassischen externen Wirtschaftsförderung kommen, sind jedoch eine neuere Erscheinung. Es gibt daher nur sehr wenige Evaluationen.

5.3.3. Fazit Die Untersuchung von Eco’Diagnostic hat im statistischen „Mapping“ zunächst einmal 22 „Cluster“ gefunden (vgl. Kapitel 5.2). Ausgehend von der Politik der Kantone wurden an-schliessend 62 Initiativen oder Massnahmen für "Cluster" oder „Branchengruppierungen von besonderer Bedeutung“ identifiziert. Der Vergleich zwischen den jeweiligen Ergebnissen zeigt, dass sie sich nur zu einem kleinen Teil decken.

Der Vergleich in Abbildung 7 zeigt, dass von den 22 im statistischen Mapping (vgl. Kapitel 5.2) identifizierten Clustern zehn nicht Gegenstand einer gezielten Förderpolitik der Kantone sind. Der Grund für die fehlende Unterstützung dieser Cluster liegt nicht darin, dass die kan-tonalen Verantwortlichen diese nicht kennen, sondern dass die Verantwortlichen der Mei-nung sind, eine staatliche Intervention brächte keinen Nutzen.

45 kantonale Politiken, das heisst die Mehrheit, haben keinen direkten Bezug zu den "statis-tischen Clustern" in Kapitel 5.2.2. Dies lässt sich durch mehrere Faktoren erklären: • Gewisse kantonale Initiativen sind zukunftsorientiert und darauf ausgerichtet, neue, zu-

kunftsträchtige Branchen wie die Biotechnologie, Life Sciences, usw. auszubauen. • Auf transversale oder komplementäre Branchen oder Technologien ausgerichtete Initiati-

ven sind mit der verwendeten statistischen Methode nicht auszumachen. • Manche Initiativen entstehen im wirtschaftlichen Kontext des Kantons, erreichen aber auf

nationaler Ebene weder zahlenmässig noch in Bezug auf die Konzentration oder auf die Spezialisierung ein signifikantes Volumen an Arbeitsplätzen.

Für 12 der 22 statistischen Cluster gibt es 17 entsprechende Politiken der betreffenden Kan-tone. Bei 5 der 6 wichtigsten Cluster ist die Entsprechung mit der Politik sogar sehr stark. Zehn der aus dem statistischen Mapping hervorgegangenen Cluster hingegen geniessen keinerlei kantonale Unterstützungspolitik.

Abbildung 7: Synthetischer Vergleich der Methoden und Ergebnisse

statistische Cluster Kantonale Politik

Entsprechung zwischen kantonaler Politik und nati-onalen Clustern 12 17

Nationale Cluster ohne kantonale Politik 10 -

Kantonale Politik ohne nationalen Cluster - 45

Quelle: Eco'Diagnostic

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Umgekehrt hat ein relativ kleiner Teil der kantonalen Massnahmen eine Entsprechung in den statistischen Clustern: Von 62 kantonalen Massnahmen beziehen sich nur 17 auf einen der statistischen Cluster. Somit haben über zwei Drittel der kantonalen Massnahmen keinen di-rekten Bezug zu einem statistischen Cluster.

Die Tatsache, dass sich bei den beiden Methoden zur Identifizierung der Cluster Unterschie-de ergeben, ist durch eine unterschiedliches Vorstellung vom Cluster zu erklären. Beim sta-tistischen Mapping ist der Cluster eine spezialisierte Region, in der sich ein Grossteil des betreffenden Wirtschaftszweigs auf Landesebene befindet. Bei den Massnahmen stützt sich jeder Kanton auch auf seine wirtschaftliche Struktur und seine allfälligen Spezialisierungen, kombiniert diese technische Analyse jedoch mit einer Orientierung an den Bedürfnissen und dem Potenzial seiner Wirtschaft. Die identifizierten kantonalen Massnahmen gründen sich also auf breite und schwankende Vorstellungen von den Clustern, während das statistische Mapping auf einer beschränkten und unveränderlichen Definition des Clusters beruht.

5.4. Cluster-ähnliche Initiativen auf Bundesebene In der Theorie werden mit der Clusterpolitik zwei wesentliche Elemente verbunden: die räum-liche Wirtschaftsentwicklung und die Innovationsförderung. Ohne dass der Bund eine aktive Clusterpolitik betreibt, existieren bereits heute verschiedene Fördermassnahmen, welche diese beiden Elemente bezwecken. Konkret werden in den folgenden Kapiteln die Touris-musförderung, die Standort- und Exportförderung, die Regionalpolitik sowie die Förderagen-tur für Innovation (KTI/BBT) näher beschrieben.

5.4.1. Die Standortförderung des SECO Bei regionalpolitisch begründeten Engagements strebt der Bund die Erhöhung des Wert-schöpfungspotenzials von Regionen an. Sie unterstützt die Regionen in ihrer eigenen und langfristig selbständigen wirtschaftlichen Entwicklung über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus.

5.4.1.1. Tourismus-Destinationen als touristische Netzwerke Die Tourismuswirtschaft nimmt in einer Cluster-Betrachtung einen speziellen Stellenwert ein. Sie wurde in der Untersuchung von Eco’Diagnostic nicht speziell analysiert, weil es sich bei Tourismus-Destinationen nicht um Cluster im Sinne der Definition handelt. Trotzdem soll die Bedeutung der Destinationen als touristische Netzwerke in diesem Kapitel näher beschrie-ben werden.

Im Rahmen der Standortförderung ist das SECO für die nationale und internationale Touris-muspolitik und insbesondere für die touristische Standortförderung des Bundes zuständig. Dabei handelt es sich aber nicht um industriepolitische Massnahmen des Bundes. Die öffent-lichen Aufgaben im Bereich des Tourismus sind nötig, weil der Wert einer Destination vor allem durch öffentliche Güter sowie die Zusammenarbeit der verschiedenen Wirtschafts-zweige (Hotellerie, Verkehr, Gastronomie, etc.) entsteht und Angebote entlang der touristi-schen Wertschöpfungskette gebündelt werden müssen. Die Tourismuspolitik hat hier eine koordinierende Funktion und bietet Unterstützung bei der Innovationsförderung an.

Touristische Aktivitäten sind zunächst deshalb ungleich im Raum verteilt, weil die natürlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich sind. Das Aufspüren von Tourismusstandorten ist aus diesem Grund einfach. Der Tourismus entwickelt sich dort, wo die touristischen Rohstoffe sind. Zermatt liegt am Fusse des Matterhorns, St. Moritz auf dem sonnigen Engadiner Hoch-plateau, Laax an einem grossen Skigebiet und Luzern am Vierwaldstättersee. Da die natürli-chen Gegebenheiten vorgegeben sind, werden diese Bestimmungsfaktoren als exogen an-gesehen.

Die Entstehung, das Wachstum und der Niedergang von touristischen Netzwerken kann nur verstanden werden, wenn sie im Kontext der jeweiligen Städte und Orte und ihrer Bevölke-rung analysiert werden. Zwischen der Tourismuswirtschaft und den anderen Teilen von Ag-

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glomerationen bestehen intensive Wechselbeziehungen, sei es auf der Ebene Arbeitnehmer-Arbeitgeber, Konsumenten-Anbietern oder Behörden und Wirtschaft. Ohne diese Wechsel-beziehungen kann die Bildung von Destinationen nicht verstanden werden (Anhang 2 - Die administrative Aufteilung des Raumes in Destinationen).

Auf gesamtschweizerischer Ebene wird bei der administrativen Aufteilung des Raumes in Destinationen ein flächendeckendes Vorgehen vor allem wegen statistischen Erwägungen angewendet. Die nationalen Statistiken sollen sämtliche Übernachtungen auf Schweizer Bo-den enthalten. Die Schweiz wird in der Bundesstatistik in 13 Tourismusregionen unterteilt, die jeweils das ganze Territorium der betreffenden Region umfassen.

Die Basis für diese Einteilungen ist die Beherbergungsstatistik für die Hotel- und Kurbetriebe "HESTA", die sog. Beherbergungsstatistik. Sie baut auf den Gemeinden als territorialen Ein-heiten auf. Aus Datenschutzgründen werden allerdings gewisse Gemeinden mit sehr weni-gen Hotels oder Übernachtungen nicht publiziert. Das Mapping des Tourismus stützt sich also auf die Übernachtungen zur Identifikation der Branche und auf die Gemeinde zur Identi-fikation des Raumes. Die Gemeinden werden je nach räumlichem Bedarf regional, kantonal oder national aggregiert28.

Wichtig ist die Feststellung, dass zur Reduktion der Komplexität die Verwendung einer "vari-ablen Geometrie" notwendig ist. Eine Betrachtungsebene ist die Destination Schweiz, die vor allem für die Bundespolitik Bedeutung hat. Die 13 Tourismusregionen dienen unter anderem der Arbeitsteilung im Marketing und der überregionalen Zusammenarbeit der Kantone. Die Kantone selbst sind sowohl im touristischen Marketing wie auch in der Angebotsentwicklung tätig. Die Tourismusorte sind wohl jene Einheiten, welche von den Gästen am ehesten als die eigentlichen Destinationen angesehen werden. Es hängt vom räumlich-funktionalen Zu-sammenhang ab, ob sich die touristischen Herausforderungen auf der Ebene der Destination Schweiz, der Region oder auf der Ebene des Fremdenverkehrsortes stellen.

5.4.1.2. Standortpromotion und Exportförderung Im Rahmen der Standortpromotion geht es darum, den Unternehmensstandort Schweiz im weltweiten Standortwettbewerb durch gezieltes Standortmarketing bestmöglich zu positionie-ren und neue Firmen anzusiedeln. Cluster können in diesem Zusammenhang interessant sein, weil sich ausländische Firmen gern in Ländern oder Regionen neu ansiedeln, respekti-ve Niederlassungen errichten, wo schon Cluster von Betrieben der entsprechenden Branche vorhanden sind. Dies gilt in der Schweiz besonders für die Finanzindustrie, die Elektronik- und Mikroelektronik sowie die Metall- und Maschinenindustrie, zusätzlich für die Cluster in den Bereichen Pharma, Medtech, Biotech und Life Sciences, Informatik und Telekommuni-kation (ICT) oder im Bereich Cleantech, welche einen grossen Teil der ausländischen Inves-titionen in der Schweiz (FDI) auf sich vereinen.

Eine Fokussierung der Promotionsmittel auf Cluster kann interessant sein, weil sich noch weitere Standortvorteile aus Clustern herleiten lassen oder mit ihnen in Zusammenhang ste-hen. Es sind dies beispielsweise die Nähe zu Universitäten und Forschungsinstitutionen, gut ausgebildete Arbeitskräfte und Spezialisten sowie eine umfassende Vernetzung auf fachli-cher Ebene mit ähnlichen Clustern weltweit. Die koordinierte Vermarktung der Kantone in-nerhalb von Gruppen wie der "Greater Zurich Area" nimmt in gewisser Weise ebenfalls den Clustergedanken auf.

Die Exportförderung dient namentlich dazu, Absatzmöglichkeiten im Ausland zu ermitteln und wahrzunehmen, die schweizerischen Exporteure als international konkurrenzfähige An-bieter zu positionieren sowie den Zugang zu ausländischen Märkten zu unterstützen. Dabei soll insbesondere den Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Rechnung

28 Im Tourismus wird auch eine andere Sichtweise verwendet. Danach ist die Destination jener geografische Raum, den der jeweilige Gast als Reiseziel auswählt. Die Abgrenzung wird von der subjektiven Einschätzung des Gastes abgeleitet und betont damit die Wichtigkeit nachfrageseitiger Definitionsansätze des Tourismus.

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getragen werden. Wie die Standortförderung, wird auch die Exportförderung von Osec im Auftrag des Bundes betrieben.

Der Clusteransatz spielt in der Exportförderung ebenfalls eine gewisse Rolle. So hat der BR im Rahmen der konjunkturstützenden Stabilisierungsmassnahmen am 17. Juni 2009 ent-schieden, den Aufbau von sogenannten Exportplattformen finanziell zu unterstützen. An die-sen branchenspezifischen, resp. teilweise branchenübergreifenden Industrienetzwerken sol-len sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit ähnlichen Interessen durch beteiligen können. Der Aufwand für Internationalisierung, Markterschliessung und Bewerbung der Pro-dukte übersteigt vielfach die Möglichkeiten dieser Firmen. Darüber hinaus präsentiert sich die Unternehmens-, Verbands- und Förderlandschaft weitgehend heterogen und ein grosser Teil der betreffenden KMU ist branchenmässig kaum organisiert. Der Zusammenschluss soll Unternehmen in ausgewählten Branchen deshalb die Gelegenheit bieten, unter der Schirm-herrschaft einer Exportplattform neue Märkte zu erschliessen.

Im Rahmen der Plattformbildung sollen jeweils auch ein oder mehrere Markennamen wie "Swiss Cleantech" etc. aufgebaut werden, mit welchen sich die KMU assoziieren und so im Ausland eine grössere Visibilität erlangen können.

Die öffentliche Unterstützung soll zeitlich begrenzt sein. Ziel ist es, die Plattformen mittelfris-tig zu finanziell nachhaltigen, von Bundesmitteln unabhängige Organisationen aufzubauen.

5.4.1.3. Clusterinitiativen in der Regionalpolitik Obwohl der Bund keine explizite Clusterpolitik definiert hat, zeigt der Expertenbericht von Eco‘Diagnostic, dass in der Schweiz etliche Cluster oder ähnliche Initiativen entstanden sind und insbesondere durch die Kantone gefördert werden. Über die Umsetzung der Neuen Re-gionalpolitik (NRP) wurde der Bund im Laufe der letzten zwei Jahre mit dieser Tatsache kon-frontiert. So enthalten mehr als die Hälfte der kantonalen Umsetzungsprogramme zur NRP explizit Clusterprojekte oder vergleichbare Vorhaben. Für die für den NRP-Vollzug verantwortliche Bundesstelle stellen sich dabei zum Beispiel die folgenden Fragen: • Soll sich der Bund verstärkt dafür engagieren, die laufenden und noch geplanten Cluste-

rinitiativen zu systematisieren und zu koordinieren? • Wie soll er dies unter Ausnützung der nun für die NRP eingeführten Umsetzungsansätze

und –instrumente tun? • Welche Governancemassnahmen, insbesondere im Bereich der Zusammenarbeit mit

den Kantonen oder mit andern Bundesaufgaben könnten einen zweckmässigen Beitrag zur Steuerung solcher Projekte leisten?

Das am 1.1.2008 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2006 über Regionalpolitik hat zum Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Regionen zu stärken und deren Wert-schöpfung zu erhöhen. Auf diese Weise soll ein Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in den Regionen, zur Erhaltung einer dezentralen Besiedlung und zum Abbau regionaler Disparitäten geleistet werden. Am 26. September 2007 haben die Eidg. Räte in einem Bundesbeschluss die Förder-schwerpunkte und Förderinhalte für die Umsetzung der Regionalpolitik in den Jahren 2008 - 2015 festgelegt. Bei den Förderschwerpunkten wurde dem Vernetzen exportorientierter Wertschöpfungssysteme zur Erhöhung von Innovationsintensität und Vermarktungsfähigkeit erste Priorität zugeordnet, eine Aktivität also, die in den Kontext der Bildung und Bewirt-schaftung von Clustern gehört. Die im Beschluss definierten Inhalte potenzieller Förderpro-jekte betreffen Aktivitäten im vorwettbewerblichen Bereich, Aktivitäten im überbetrieblichen Bereich, wertschöpfungsorientierte Infrastrukturen und interregionale und internationale Vernetzung und lassen sich gut auf die wirtschaftspolitische Tätigkeit der Kantone im Be-reich von Clustern anwenden.

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Das EVD hat mit 23 Kantonen Programmvereinbarungen für die NRP-Umsetzung 2008-2011 abgeschlossen. In diesem Kontext sind etliche Clusterprojekte Förderungsgegenstand der NRP geworden. Gemäss der im Rahmen der NFA entwickelten Aufgabenteilung zwi-schen Bund und Kantonen ist eine generelle Abstimmung der Initiativen zwischen den Kan-tonen und dem Bund notwendig. Deshalb müssen die Kantone dem Bund ein Mitwirkungs-recht einräumen bei der Initiierung und Steuerung von Clustern. Der Bund verfolgt im Rahmen der NRP-Umsetzung eine Strategie, mit einzelnen Bundes-partnern Kooperationsvereinbarungen abzuschliessen, die erlauben, über die Stufe einer allgemeinen Koordination hinaus gewisse inhaltliche Stossrichtungen der Umsetzungsauf-gaben eng miteinander zu verbinden und dementsprechend auch Förderungsmittel einzu-setzen. Die so ausgerichtete Zusammenarbeit mit der KTI als konkretes Beispiel im Zu-sammenhang mit diesem Bericht wickelt sich im Rahmen der Initiative für den Wissens- und Technologietransfer (KTI/WTT) ab, die im Laufe der vergangenen vier Jahre Impulse für re-gionale WTT-Konsortien in der ganzen Schweiz gesetzt hat (vgl. Kapitel 5.4.2).

5.4.2. Die Innovationsförderung des BBT Die Literatur zur Clustertheorie und -politik zeigt, dass Innovationsprozessen eine grosse Bedeutung für die Clusterentwicklung zukommt. Wenn im Rahmen der Innovationspolitik die Verbindung zwischen der angewandten Forschung und den Unternehmen hergestellt wird, kann sie ein zentrales Element für die Entwicklung von gewissen Clustern sein. Un-ternehmerische Leistungen und marktfähige Innovationen können sich am besten in einem Umfeld mit einem vielfältigen Angebot an Know-how, an begleitenden Dienstleistungen, an Infrastruktur sowie mit einer relevanten Marktgrösse entfalten. Ein lokal konzentriertes Netzwerk von zahlreichen Firmen einer bestimmten Branche kann ab einer kritischen Grösse zu mehr Innovation und Wachstum führen.

Die Förderagentur für Innovation KTI ist die wichtigste Institution des Bundes zur Stärkung des Wissens- und Technologietransfers und der Innovationsförderung. Die KTI unterstützt seit über 60 Jahren anwendungs- und marktorientierte Forschungs- und Entwicklungspro-jekte zwischen Schweizer Hochschulen und Forschungseinrichtungen einerseits sowie Un-ternehmen andererseits. Im Vordergrund steht die wirtschaftliche Umsetzung und Nutzung von innovativen Produkten und Technologien und die Stärkung des Innovationsstandorts Schweiz. Die KTI stärkt die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen und Wirt-schaftspartnern ebenfalls über die Schaffung themenorientierter F&E-Konsortien und die Unterstützung von regional verankerten WTT-Konsortien. Zudem fördert die KTI die Grün-dung und den Aufbau von wissenschaftsbasierten Start-up Unternehmen mit grossem Wachstumspotenzial. Von den vielfältigen Instrumenten der KTI scheinen für die Clusterthematik vor allem zwei von besonderem Interesse: die F&E-Konsortien und die WTT-Konsortien.

Die KTI fördert Netzwerke und Forschungsverbünde über die gezielte Unterstützung und aktive Begleitung von durch die KTI anerkannten F&E-Konsortien in zukunftsträchtigen Fachgebieten und anwendungsorientierter F&E. Die zielorientierte Zusammenarbeit und Kombination von Ressourcen und Kompetenzen bei Forschungseinrichtungen und bei Partnern in Wirtschaft, Gesellschaft und der öffentlichen Hand verspricht überdurchschnitt-liche Innovationsleistungen. Aufgabe der Konsortien ist, der Wirtschaft mit gebündelten Kompetenzen und Ressourcen zu klar definierten Themen anspruchsvolle Lösungen anzu-bieten. Damit sollen mehr qualitativ hochstehende KTI-Projekte generiert werden.

Innovationen resultieren häufig aus erfolgreichen und projektorientierten Kooperationen zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Vielen Unternehmen und vor allem KMU fällt es jedoch schwer, einen geeigneten Forschungs- und Hochschulpartner zu fin-den. Die fünf regional verankerten WTT-Konsortien bieten den Schweizer KMU einen schnellen und einfachen Zugang zum regional und thematisch gebündelten Wissen der Hochschulen um innovativen Ideen zum Durchbruch zu verhelfen.

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In Zusammenarbeit mit dem Staatsekretariat für Wirtschaft (SECO) erweitern die Konsor-tien nach Bedarf ihre Dienstleistungspalette mit Fördermöglichkeiten der NRP, auch in Berg- und Randregionen der Schweiz. Der regionale Fokus wird damit gestärkt. Die Kon-sortien erhalten über Leistungsaufträge der Kantone Entschädigungen aus den Mitteln der Regionalpolitik des Bundes. So steht mit den WTT-Konsortien ein bewährtes Förderinstru-ment für komplementäre Förderstrategien des Bundes zur Verfügung.

Die Förderagentur für Innovation KTI verfolgt mit ihren Instrumenten keine explizite Clusterpolitik. Die Entstehung und die Entwicklung von Clustern sind gemäss dem Ver-ständnis der KTI hauptsächlich marktgetriebene Phänomene, welche jedoch von politi-schen und staatlichen Massnahmen beeinflusst und überlagert werden. Zudem ist der WTT als zentrales Konstituierungs- und Stärkungselement von möglichen Clustern zu betrach-ten. Die Instrumente der KTI beeinflussen schwergewichtig das Zusammenspiel von wichti-gen Akteuren im Bereich des Wissens- und Technologietransfers und wissensbasierten Innovationen. Die Instrumente der KTI wirken somit indirekt über Wertschöpfungs- und Wissensketten auf vorhandene und mögliche potenzielle Cluster in regionalen Innovations-systemen.

5.4.3. Weitere Aktivitäten auf Bundesebene Neben dem SECO und der KTI/BBT beschäftigen sich auch andere Bundesstellen mit The-men, die im Zusammenhang mit dem Konzept des Clusters von Bedeutung sind. Aus den Gesprächen, welche Eco'Diagnostic mit Bundesämtern geführt hat, ist "energie-cluster.ch" hervorzuheben, ein Verein, der mit aktiver Mitwirkung des Bundesamtes für Energie (BFE) gegründet worden und landesweit tätig ist. Eben wegen der landesweiten Bedeutung des Vereins ist das BFE selbst unschlüssig, ob es sich tatsächlich um einen Cluster im engeren Sinne handelt. Dennoch zeigen die vom BFE in Auftrag gegebenen Evaluationen, dass die Mitglieder die Arbeit des Vereins sehr schätzen, insbesondere wegen der Kontakte und Syn-ergien, die er ermöglicht. Die Erfahrung mit "energie-cluster.ch" wirft die Frage auf, welche maximale geographische Ausdehnung ein Cluster haben kann, dessen zentraler Gegens-tand eine Technologie und ihre Anwendungen sind.

Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) berücksichtigt das Cluster-Konzept bei seinen Aufgaben vor allem, wenn es sich um grössere, überkantonale Cluster handelt (beispielswei-se im Rahmen der Erarbeitung des Raumkonzepts Schweiz), doch das Thema ist insgesamt sekundär. Bekanntlich ist die Raumplanung in erster Linie Sache der Kantone. Das ARE ver-fügt über begrenzte Kompetenzen – namentlich bei der Genehmigung der kantonalen Richt-pläne, in der Agglomerationspolitik oder im Bereich der INTERREG-Zusammenarbeit - um den Kantonen dabei zu helfen, ihre Clusterinitiativen auf ihrem Gebiet umzusetzen.

5.4.4. Die Erwartungen der Kantone an die Politik des Bundes In der weiter oben erläuterten Befragung der Kantone (vgl. Kapitel 5.3) wurden diese auch zu ihren Erwartungen an die Politik des Bundes befragt. Ein grosser Teil der Kantone erwartet vom Bund Unterstützung bei seinen Überlegungen und strategischen Bemühungen. Es geht nicht darum, mehr finanzielle Instrumente zur Verfügung zu stellen, sondern den Kantonen bei den Überlegungen zu den zukünftigen Entwicklungen mit Wissen und Know-how zur Sei-te zu stehen. Darüber hinaus wären viele Kantone froh über eine grössere Unterstützung des Bundes für interkantonale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Identifizierung und der Entwicklung von "Branchengruppierungen", die für ihre Wirtschaft von strategischem Interesse sind.

Die Erwartungen und Meinungen der Kantone zu ihrer Interaktion mit den Bundesämtern und deren Politik lassen sich nach den Interviews wie folgt zusammenfassen: • Identifizierung der "Branchengruppierungen": Die Identifizierung muss durch die Kantone

erfolgen (Bottom-up-Ansatz).

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• Clusterinitiativen: Eine zentrale Verantwortung in Sachen Cluster durch den Bund wird von den Kantonen nicht gewünscht. Unternehmen und Organisationen wollen sich zu-sammen tun, um auf lokaler und regionaler Ebene tätig zu werden, und nicht unbedingt auf Landesebene. Die Kantone möchten also eher indirekte Hilfe oder Unterstützung, um die transversale Zusammenarbeit zwischen mehreren Tätigkeitsbereichen oder Branchen identifizieren und fördern zu können. Dadurch erhoffen sie sich die für Cluster typischen Synergien.

• Der Bund muss im Urteil der befragten Kantone vor allem die Rahmenbedingungen, aber auch die für gewisse Cluster kritische Infrastruktur, verbessern. Den kleinen Kantonen fehlen die Mittel (und die Erfahrung), um eine entsprechende Politik zu betreiben. Des-halb werden zusätzliche Mittel für regionale, grenzüberschreitende (INTERREG) und KTI-Projekte gefordert.

• Die Kantone stimmen zu, dass der Technologie- und Wissenstransfer ein sehr nutzbrin-gendes Feld für die Intervention der öffentlichen Hand, insbesondere des Bundes, dar-stellt. Die Tätigkeiten der KTI werden gut aufgenommen und könnten weiter verbessert und ausgebaut werden. Die Kantone sind sich darin einig, dass Berufsbildung und Tech-nologie Bereiche sind, die für das Wirtschaftsgefüge bestimmend und strukturierend sind.

• Der Bund sollte die Bemühungen der Kantone und ihren Informations- und Erfahrungs-austausch unterstützen, koordinieren und hervorheben (Sichtbarkeit). Manche Kantone wünschen sich, dass die Problematik auf nationaler und internationaler Ebene angegan-gen wird.

• Die Kantone erwarten vom Bund eine klare, verständliche, gemeinsame und erkennbare Politik, die ihnen ihre Positionierung erleichtert.

• Die Neue Regionalpolitik (NRP) wird von den kleinen und von den Randkantonen gut aufgenommen; sie ist für sie ein Mittel, sich auf gewisse Projekte – bei weitem nicht die Mehrheit – zu Schlüsselaktivitäten zu konzentrieren. Die grossen Kantone und die Ag-glomerationen sind in Bezug auf die Wirksamkeit der regionalen Projekte skeptisch.

• Die Promotion des Wirtschaftsstandorts Schweiz im Ausland ist nach Meinung aller sehr wichtig. Es gibt jedoch etliche Vorbehalte wenn es darum geht, die wirtschaftlichen Spe-zialisierungen der Kantone, der Regionen oder des Landes sichtbar zu machen. Gewisse Kantone sind der Meinung, es müsse darauf geachtet werden, dass die grossen Kantone und die Agglomerationen bei der Promotion nicht zu sehr bevorzugt werden.

5.4.5. Fazit Es gibt bereits heute eine Vielzahl von Initiativen in verschiedenen Bundesämtern, die nicht unter der Bezeichnung Clusterpolitik laufen, aber vergleichbare Ziele verfolgen. Die Koordi-nation zwischen den verschiedenen involvierten Stellen wird fallweise durchgeführt. So trifft sich beispielsweise die Direktion für Standortförderung des SECO regelmässig mit der KTI-Geschäftsleitung. Ebenso besteht heute schon eine gute Zusammenarbeit des SECO mit den Kantonen mit Programmvereinbarungen im Rahmen der Regionalpolitik.

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6. CLUSTERPOLITIK: MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN Während der Begriff Cluster politische Entscheidungsträger begeistert, überzeugt er die Wis-senschaftler nur begrenzt. Tatsächlich ist dieser Begriff eher verlockend als überzeugend. Dies umso mehr, als er weder eine klar dargelegte Methode zur Analyse noch zur Validie-rung bietet. Trotzdem nimmt dieser Begriff vor allem im Ausland einen festen Platz in politi-schen Aktionsprogrammen ein. Die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Risiken einer Clusterpolitik sollen in diesem Kapitel zusammenfassend aufgezeigt werden.

6.1. Grund- und Erfolgsvoraussetzungen Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Clusterpolitik ist das Vorhandensein eines Potentials. Fehlt ein Potential ist die Förderung oder der Ausbau eines Clusters wenig sinn-voll.

Genauso zentral ist das Vorhandensein einer Strategie und eines gemeinsamen Ziels der Zusammenarbeit von beteiligten Akteuren. Ein anderer wesentlicher Punkt ist das Vertrauen welche die Partner in das Netzwerk oder den Cluster und zueinander haben. Ohne die Of-fenheit und das Vertrauen ist ein sinnvoller Austausch nicht möglich. Nur wenn die Koopera-tionsbereitschaft der lokalen Akteure (Unternehmen, Forschung, Kapitalgeber, Politik, Bil-dungseinrichtungen usw.) vorhanden ist und gelebt wird, kann sich ein innovatives „Milieu“ voll entfalten und das Prinzip der lernenden Regionen gelebt werden.

Wichtige Voraussetzung für eine Clusterpolitik in der Schweiz wäre auch die Bereitschaft der Kantone an einer solchen Politik zu partizipieren und ihre regionalen Interessen zum Teil in den Hintergrund zu rücken.

6.2. Ziele der Clusterförderung Clusterziele sind sehr vielfältig. Sicherlich steht zu Beginn fast immer das Ziel, alle regiona-len Kompetenzträger eines Wirtschaftsbereichs (Unternehmungen, Hochschulen, For-schungsinstitute) zu einem funktionierenden Netzwerk zu verbinden. Angestrebt wird auch eine Verkürzung der Innovationszyklen durch regionales Wissensmanagement. Hierfür soll ein kontinuierlicher Technologie- bzw. Informationstransfer zwischen den Mitgliedern sorgen. Fast immer stehen die Identifikation von Synergien und der Aufbau von Kontakten im Vor-dergrund.

Zusätzlich sollen mit der Clusterförderung relevante Märkte analysiert und dokumentiert wer-den sowie Förderprojekte und betriebliche Kooperationen initiiert und begleitet werden. Die fachliche Kompetenz soll als Dienstleistung angeboten werden. Nicht selten ist ein Ziel der Clusterförderung eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit im Sinne einer Standortpromotion.

6.3. Fördermöglichkeiten In der Literatur wird die Forderung gegenüber der Regionalpolitik und der Wirtschaftspolitik erhoben, das Entstehen oder das Wachstum von Clustern zu fördern. Es wird jedoch darauf verzichtet, den politischen Akteuren operationalisierbare Ziele und konkrete Handlungsemp-fehlungen in die Hand zu geben. Vorgeschlagene Massnahmen gehen oft auf Förderinstru-mente zurück, die schon seit langer Zeit Gegenstand der Wirtschaftspolitik im Allgemeinen und der Wirtschaftsförderung im Speziellen sind.

Eine Förderung kann grundsätzlich in den folgenden Bereichen erfolgen:

Unterstützung: Dies beinhaltet die Pflege und den Aufbau des Netzwerkes und die Entlas-tung der Partner von operativen Aufgaben. Die für die Clusterförderung verantwortliche Stel-le ist aber auf die aktive Mitwirkung der involvierten Akteure bei der Willensbildung und dem Know-how Transfer angewiesen.

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Kommunikation: Die Realisierung des Know-how Transfers zwischen den Partner und eine besseren Kommunikation zwischen Unternehmen bzw. Unternehmen und Wissenschaft kann durch moderne Technologie (z.B. Kommunikationsplattform, Expertendatenbank) un-terstützt werden.

Institutionalisierung: Die Umwandlung des Partnernetzwerkes zur juristischen Person (Verein, GmbH, etc.) gewährt die notwendige Verbindlichkeit für Finanzierung, Arbeit und Organisation des Netzwerks.

Initiierung von Projekten: Durch das Anstossen von Projekten kann eine bessere Basis zur Ausschöpfung der Nutzenpotenziale entstehen.29

6.4. Risiken der Clusterförderung Der Vergleich mit ausländischer Praxis zeigt, dass andernorts zum Teil erhebliche öffentliche Mittel in Clusterinitiativen investiert werden. Damit einher geht in der Regel eine Art Indust-riepolitik. In der Schweiz hat eine Politik, die gezielt auf die Struktur und die Entwicklung der Industrie einwirkt, keine vergleichbare Tradition.

Kritische Grösse Eine bewusst verfolgte Clusterförderung birgt das Problem, dass kleine und für eine Region bislang eher unbedeutende Häufungen von Unternehmen aus bestimmten „Modebranchen“ zu wesentlichen Wachstumsmotoren deklariert werden. Eine exakte Analyse über die tat-sächlich benötigten Werkzeuge für die regionale Wirtschaft liegt in solchen Fällen selten vor. Durch statistische Erhebungen hat man in Europa festgestellt, dass es zwar sehr viele Cluster gibt, das Problem aber eher darin liegt, dass nur wenige, die Besten, international wettbewerbsfähig sind.

Doch wer bestimmt das Potenzial und die kritische Grösse eines Clusters? Nach welchen Kriterien können Potenzialanalysen durchgeführt werden? Wie lassen sich messbare Indika-toren bestimmen?

Bestimmung der Förderwürdigkeit Es stellt sich generell die Frage, wer über die Förderwürdigkeit entscheidet und wer die Risi-ken trägt. Sind dies politische Planer oder die Träger privatwirtschaftlicher Investitionen. "Die Auswahl der Branchen erfolgt häufig auf der Basis des Wünschenswerten, was nicht selten dazu führt, dass die Auswahl auf die üblichen d.h. auf Branchen wie Biotechnologie etc. fällt. Häufig wird dabei auch übersehen, dass der Erfolg von Branchen der Hochtechnologie äus-serst komplex, interdependent und nicht überall reproduzierbar ist. Oft geht eine Fokussie-rung auf neue Branchen auch mit einer Vernachlässigung der sogenannten alten und traditi-onellen Wirtschaftszweige einher."30

Oft stehen die wirtschaftsförderenden Akteure unter grossem Erfolgsdruck, dies gerade in Zeiten mit hoher Arbeitslosigkeit. Sogenannt nachhaltige Arbeitsplätze sind da besonders gefragt. Oft wird dann die politische Hoffnung auf Cluster-Ansätze gesetzt. Cluster können jedoch auch ein inhaltsleeres Label sein. Clusterpotenziale müssen identifiziert werden. Es genügt nicht, wenn die öffentliche Hand nur aufgrund politischer Vorgaben und Entscheidun-gen (Druck von Interessengruppen) handelt.

Zeithorizont Die Entwicklung von Clustern benötigt viel Zeit. Da das Vertrauen zwischen den Akteuren wachsen muss, ist ein Cluster keine kurzfristig realisierbare Politik. In Europa gibt es viele Beispiele dafür, dass eine Clusterförderung einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren benötigt, um nachhaltig Wirkung zu zeitigen.

29 Vgl. Koschatzky (2004) 30 Beckord (2007)

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Fokus auf einzelne Branchen Eine Konzentration auf Cluster kann zu einer Priorisierung einzelner Branchen gegenüber anderen Branchen, Megatrends und Schlüsseltechnologien führen. Es kann durchaus sein, dass immer bestimmten Clustern den Vorrang gegenüber anderen gegeben wird.

Es fällt auf, dass europaweit Cluster in etwa ähnlichen innovativen Zukunftstechnologien ge-fördert werden. Manche Cluster sind nun einmal innovationsgeeigneter als andere. Als aktu-elles Beispiel kann man die Cluster in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Bio- und Nanotechnologie aufführen. Überall in Europa entstehen Clusterinitiativen in diesen Bereichen. Dies kann zu Überinvestitionen führen. Gleichzeitig birgt diese Fokus-sierung die Gefahr, dass länderspezifische Vorteile vernachlässigt werden und Länder auf-grund von Wettbewerbsverzerrungen benachteiligt werden. In der Vergangenheit hat es sich oft gezeigt, dass Länder ihre Konkurrenzfähigkeit gerade der Tatsache verdanken, dass sie es verstanden haben, sich von ihren Konkurrenten abzuheben. Oft schenken Regierungen der Frage, ob in einem bestimmten Gebiet auch die entsprechenden Rahmenbedingungen vorhanden sind, aus lauter Begeisterung für Hightech-Branchen zu wenig Beachtung. Somit sind die Startkosten für die Entwicklung neuer Cluster hoch, und es dauert lange, bis sie in ihre Umgebung eingebettet sind. Cluster müssen sich in die Wirtschaftstrukturen der Regio-nen einfügen.

Klumpenrisiken und Monokulturen Ein zusätzlicher Risikofaktor bei der Priorisierung gewisser Branchen oder Schlüsseltechno-logien kann sich durch die Abhängigkeit von gewissen Branchen oder Unternehmungen er-geben. Es besteht die Gefahr einer Monostrukturierung. Beispiele für die Konzentration einer Branche auf einen kleinen Raum finden wir auch in der Schweiz. Diese hat in der Vergan-genheit Erfahrungen mit sogenannten Monokulturen gemacht. Die Uhrenkrise der 1970er Jahre hat dies deutlich gezeigt. Eine Monokultur führt zu einer Abhängigkeit von zentralen Akteuren / Unternehmungen. Regionen mit sogenannten Monokulturen blenden oft neue Trends und Ideen aus, fokussieren sich auf den Strukturerhalt und möchten den einmal ein-geschlagenen Weg nicht zugunsten von einem neuen verlassen (lock-in-Effekt).

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7. Bilanz und Perspektiven Die bisherigen Kapitel haben gezeigt, dass es sich bei Cluster um einen Modebegriff handeln kann, dessen Definitionen sich teilweise stark unterscheiden. Entsprechend unterschiedlich fallen je nach Untersuchungsmethode die Ergebnisse von Analysen aus, so dass keine all-gemein gültige und anerkannte Clusterkarte der Schweiz existiert.

Im Ausland kann eine Vielzahl von Clusterinitiativen beobachtet werden. Trotzdem ist eine Politik, die sich auf die Bildung und Förderung von Clustern ausrichtet, kritisch zu beurteilen, weil sie nicht zuletzt mit diversen Risiken verbunden ist und ihr Erfolg bislang noch kaum ausgewiesen werden konnte.

Im Folgenden werden in Kapitel 7.1. mögliche Leitlinien für eine Bundespolitik aufgezeigt. Diese wurden mit Kantonsvertretern diskutiert. Kapitel 7.2. zieht die Schlussfolgerungen aus der Analyse des vorliegenden Berichtes.

7.1. Mögliche Leitlinien für eine Bundespolitik Im Hinblick auf die im Postulat Rey aufgeworfenen Fragen und in Anbetracht der Feststel-lungen, die sich aus dem vorliegenden Bericht ergeben, hat das SECO mit Kantonsvertretern fünf Leitlinien einer Bundespolitik erörtert. Die Kantone hatten auf technischer Ebene die Ge-legenheit, sich über einen Fragebogen und anlässlich einer durch das SECO organisierten Veranstaltung zu diesen Leitlinien zu äussern. 19 Kantone haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und den Fragebogen ausgefüllt. Nachfolgend sind die Resultate der an-lässlich der Veranstaltung geführten Diskussion und der Befragung zusammengefasst:

7.1.1. Leitlinie 1: Zusammenarbeit der Schweiz mit den Initiativen der EU Zurzeit unterstützt die Europäische Kommission in Sachen Cluster hauptsächlich zwei sich ergänzende Initiativen: das European Cluster Observatory für Cluster mit statistischer Aus-richtung und die Europäische Clusterinitiative, die eine eher politische und analytische Ziel-setzung hat. Zwar ist die derzeit vom European Cluster Observatory verwendete Methode, wie der Bericht zeigt, auf die Schweiz nur beschränkt anwendbar (vgl. Kap. 5.1). Allerdings handelt es sich um ein entwicklungsfähiges Projekt, bei dem die Daten und die Verfahren mit der Zeit besser werden. Sollte sich der Bund für die Ausarbeitung einer Bundespolitik und die Unterstützung der kantonalen und regionalen Initiativen entscheiden, sollte sich die Schweiz aktiv an den europäischen Initiativen beteiligen, um ein fundiertes Wissen über die Erfahrun-gen und die besten Praktiken in der Europäischen Union zu erwerben.

Stellungnahme der Kantone: Eine Mehrheit der Kantone spricht sich für eine Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU aus. Der Kanton Zürich pflegt zum Beispiel bereits heute den Austausch mit Baden-Württemberg. Diese Zusammenarbeit müsse sich aber auf einen Erfahrungsaustausch be-schränken. Es solle keine Beteiligung an EU-Programmen vorgesehen werden. Die EU in-vestiere sehr viel mehr Geld in Clusterinitiativen und betreibe auf diesem Weg Industriepoli-tik. In der Schweiz hat eine Politik, die gezielt auf die Struktur und die Entwicklung der In-dustrie einwirkt, keine Tradition.

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Abbildung 8: Die Kantone sind mit der vorgeschlagenen Leitlinie 1:

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7.1.2. Leitlinie 2: Beitrag zum statistischen Know-how Der Bund könnte gemäss diesem Vorschlag das wirtschaftliche Gewicht und die derzeitige und voraussichtliche künftige Reichweite der derzeit als strategisch identifizierten „Bran-chengruppierungen“ statistisch messen. Das würde bedeuten, dass für jeden einzelnen Fall NOGA-Wirtschaftszweige geschickt kombiniert werden müssten, um eine statistische Beo-bachtung der einzelnen Gruppierungen anhand von aufeinanderfolgenden eidgenössischen Betriebszählungen zu ermöglichen. Dies wäre ein Instrument zur Bestätigung und Anregung von politischen Initiativen.

Stellungnahme der Kantone: Die Kantone sind der statistischen Messung gegenüber eher kritisch eingestellt. Sie bemän-geln die ungenügenden Grundlagen und die Eindimensionalität dieser Grundlagen. In Frage gestellt wird auch der statistische Nutzen, wenn nur ein Teil der Initiativen abgebildet wird oder, wie Cluster am Anfang ihrer Entwicklung, gar nicht erkennbar sind. Aus diesen Grün-den sehen die Kantone für sich keinen direkten Nutzen. Für die Kantone wäre eine Erhebung des konkreten Nutzens von Clustern ("Best Practice") wertvoller. Bestehende Initiativen, die vom Bund unterstützt werden, sollten evaluiert werden. Hierbei ist anzumerken, dass sich aus der Diskussion zur Leitlinie 3 eine interessante Frage ergeben hat: Sollten Evaluationen nicht nach einem einheitlichen Raster erfolgen, welches auch international (europäisch) an-erkannt ist?

Abbildung 9: Die Kantone sind mit der vorgeschlagenen Leitlinie 2:

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7.1.3. Leitlinie 3: Schaffung einer Plattform für Information und Aus-tausch

Den Kantonen könnte gemäss diesem Vorschlag eine Plattform für eine Zusammenarbeit und einen regelmässigen Austausch angeboten werden, um einen besseren Informations-fluss und einen strukturierten Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und um eventuell inter-kantonale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu erleichtern. Dies könnte zum Bei-spiel in Form eines halbjährlichen Seminars geschehen, das vom Bund initiiert wird. An die-sen Seminaren würden die Kantone über die wissenschaftlichen, statistischen und politi-schen Fortschritte im Bereich der Clusterinitiativen und über deren Erfolge sowohl in der Schweiz als auch auf europäischer und internationaler Ebene informiert. Die Organisation und die Durchführung einer solchen Plattform könnte einer aussenstehenden Stelle übertra-gen werden.

Stellungnahme der Kantone: In Grossräumen wie der Greater Zurich Area, BaselArea+ und der Greater Geneva Berne Area könnte eine Plattform helfen, das Marketing dieser Räume sichtbarer zu machen. Dabei würde der Bund allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Kantone sprechen sich gegen eine zusätzliche Plattform aus und bevorzugen wo möglich die Anbindung an eine be-stehende Datenbank/Plattform. Für die Kantone sind die Bestandsaufnahme der Clusteriniti-ativen sowie eine Austauschmöglichkeit über Projekte Minimalanforderungen an eine Infor-mationsplattform. Diese müsste gepflegt werden, allgemein zugänglich und immerzu auf ak-tuellem Stand sein. Eine Koordination zwischen den "lokalen" Clustern und der Bundespolitik wäre gemäss einigen Stellungnahmen wünschenswert. Eine solche Plattform könnte im Ur-teil einzelner Kantonsvertreter mithelfen, die Veränderung über einen gewissen Zeitraum schweizweit aufzuzeigen und sichtbar zu machen.

Abbildung 10: Die Kantone sind mit der vorgeschlagenen Leitlinie 3:

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7.1.4. Leitlinie 4: Verbesserte Koordination Der Bund könnte gemäss diesem Vorschlag an einer besseren Koordination zwischen den kantonalen Überlegungen und Massnahmen zur Verbesserung des Wirtschaftsgefüges und den Instrumenten des Bundes wie KTI und Fachhochschulen arbeiten. Diese Instrumente des Bundes haben Einfluss auf einen der wichtigsten Aspekte der Clusterinitiativen, nämlich den Technologie- und Wissenstransfer. Zurzeit werden bei diesen Bundesinitiativen die kan-tonalen Clusterinitiativen nicht explizit berücksichtigt.

Stellungnahme der Kantone: Der Grossteil der Kantone wünscht eine verbesserte Koordination der Initiativen, dies jedoch nicht unbedingt durch den Bund. Die Kantone befürchten, dass der Bund im Rahmen einer solchen Koordinationstätigkeit Industriepolitik betreiben könnte. Infolge der knappen kanto-nalen Mittel müsste der Bund gewisse Aufgaben übernehmen. Die Kantone wären jedoch auch gefordert. Ein Austausch über "Best Practice" würde begrüsst, damit die Kantone von

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den Erfahrungen der anderen profitieren können. Dies setzte allerdings die Evaluation von bestehenden Initiativen voraus.

Abbildung 11: Die Kantone sind mit der vorgeschlagenen Leitlinie 4:

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7.1.5. Leitlinie 5: Typologisierung der Clusterinitiativen Die derzeitige Fülle von Initiativen ist recht undurchsichtig, vor allem weil einheitliche Beg-riffsdefinitionen fehlen. Um die Ausgangslage zu klären, könnte der Bund schrittweise eine Typologie mit drei (höchstens vier) Kategorien ausarbeiten. Diese Typologie sollte den drei wichtigsten Aspekten jedes Clusters Rechnung tragen: der ökonomisch-statistischen Dimen-sion (derzeitiges und künftiges wirtschaftliches Gewicht), der räumlichen Dimension (lokal, interkantonal oder sogar grenzüberschreitend) und der politischen Dimension (Unterstüt-zung, vorhandene Werkzeuge). Mit der Kombination dieser verschiedenen Dimensionen in einer einheitlichen Typologie könnte es möglich sein, die Cluster nach ihrer wirtschaftlichen und strategischen Bedeutung zu identifizieren: nationale Reichweite, regionale Reichweite (kantonsübergreifend oder sogar grenzüberschreitend) und lokale Reichweite. Diese Typolo-gie könnte für den Bund eine Grundlage bieten, um einige seiner Instrumente – insbesonde-re Wissenschaft, Bildung oder Standortförderung – entsprechend den genauen Kategorien der Initiativen zu kanalisieren. Auf diese Weise würde die derzeitige Fülle von Initiativen zeit-lich und räumlich kohärent durch nationale Instrumente abgelöst.

Stellungnahme der Kantone: Das Typologisieren von Clusterinitiativen ist gemäss Einschätzung von Kantonsvertretern eine theoretische Arbeit. Die Typologisierung lässt zudem keinen Rückschluss auf die Inter-aktionen zu. Der Bund solle eine bessere Koordination sicherstellen, aber keine aktive Rolle bei der Typologisierung von Clusterinitiativen einnehmen. Aus Sicht der Kantone ist dies Aufgabe der Wissenschaft.

Abbildung 12: Die Kantone sind mit der vorgeschlagenen Leitlinie 5:

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7.1.6. Fazit Die Umfrage bei den Kantonen hat gezeigt, dass auf technischer Ebene in Sachen Cluster-politik keine grosse Dringlichkeit und Priorität gesehen wird. Gleichzeitig zeigen sie sich In-formations- und Koordinationsaufgaben des Bundes gegenüber nicht ablehnend. Auch wenn eine Zusammenarbeit der Schweiz mit den Initiativen der EU grundsätzlich begrüssenswert wäre, möchte eine klare Mehrheit der Kantonsvertreter keine kantonalen Mittel einsetzen und sich nicht finanziell an EU Programmen beteiligen. Grundsätzliches Interesse besteht an ei-nem gemeinsamen Erfahrungsaustausch zwischen den Kantonen. Die Idee der Schaffung einer Plattform - wie in Leitlinie 3 vorgeschlagen - stösst in der Diskussion grundsätzlich auf Zustimmung, in der schriftlichen Befragung gibt es auch kritische Stimmen. Vor allem besteht hier das Anliegen, wo möglich bestehende Strukturen zu nutzen und nicht auf dem Wege einer gemeinsamen Plattform direkten Einfluss auf die Projekte nehmen zu wollen. In diesem Sinne wird auch Leitlinie 4 positiv beurteilt. Diese Leitlinie fand in der Befragung am meisten Zustimmung. Eine verbesserte Koordination würde auf Stufe Bund und Kantone alle beteilig-ten Stellen fordern. Wichtig hierbei wäre eine Analyse von "Best Practice" als Bestandteil des Erfahrungsaustausches. Das Typologisieren von Clusterinitiativen ist gemäss Rückmeldun-gen der Kantone im Zusammenhang mit den Leitlinien 3 und 4 zu diskutieren. Einen effekti-ven Nutzen einer Typologisierung für die Praxis stellen die Kantone in Frage. Abschliessend bemerken die Kantone, dass kantonale Initiativen aufgrund von konkreten Bedürfnissen der Industrie ergriffen werden. Aus der Sicht der Kantone ist die Einbindung der Wirtschaft von grosser Bedeutung. Die Kantone bevorzugen deshalb Bottom-up-Initiativen.

7.2. Schlussfolgerungen Die vorangehenden Kapitel haben neben einer theoretischen Diskussion über die Cluster-Thematik auch die Clusterpolitik in der OECD und der EU aufgezeigt. Nach einer Be-standsaufnahme der Cluster und Netzwerke in der Schweiz wurden Möglichkeiten und Gren-zen der Clusterpolitik erörtert und mögliche Leitlinien für eine Bundespolitik abgeleitet.

Die Innovationspolitik des Bundes verfolgt einen Bottom-up-Ansatz, wobei den Hochschulen, den akademischen Kreisen und den Kantonen ein weiter Handlungsspielraum gelassen wird. Dasselbe gilt für die seit 2008 angewandte Neue Regionalpolitik. Auch die Politik zur Förde-rung des Wirtschaftsstandorts Schweiz im Ausland räumt den Kantonen und den kantons-übergreifenden Organisationen eine wichtige Rolle ein.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass dem Subsidiaritätsprinzip auch bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer nationalen Clusterpolitik eine grosse Bedeutung zukommen muss.

Cluster orientieren sich nicht an institutionellen Grenzen, sondern richten sich nach funktio-nalen Zusammenhängen aus, die Kantonsgrenzen und Landesgrenze überschreiten können. Der Bund kann allenfalls im Rahmen der Neuen Regionalpolitik Anreize setzen für die Ver-stärkung überkantonaler und grenzüberschreitender Bemühungen.

Aufgrund der gemachten Feststellungen ist der Bundesrat der Meinung, dass es in der Schweiz keiner nationalen Clusterpolitik bedarf. Die Entwicklung einer eigenständigen Clusterpolitik würde voraussetzen, dass sich Bund und Kantone auf einige wirtschaftliche und regionale Schwerpunkte fokussieren könnten. Ein solcher Top-down-Ansatz käme aber einer eigentlichen Industriepolitik und damit einer Diskriminierung in der Wirtschafts- und In-novationspolitik gleich. Diese notwendige Zurückhaltung ist umso mehr gerechtfertigt, als die Cluster ein interessan-tes Studienobjekt "ex-post" sind, es jedoch fast nicht möglich ist, "ex-ante" Vorgehensweisen und Standardwerkzeuge zu bestimmen, welche die Entwicklung von Clustern auf der Grund-lage politischer Entscheide garantieren. Ein Verzicht auf eine explizite Clusterpolitik lässt sich auch mit dem Umstand begründen, dass bereits heute auf Bundesstufe verschiedene etablierte Sektoralpolitiken bestehen, wel-

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che die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz zum Ziel haben und faktisch Elemente einer theoretischen Clusterpolitik abdecken. Dazu gehören Bemühungen im Bereich der Bil-dung und Forschung, der Berufsbildung, der Innovationsförderung, der KMU-Politik, der Landeskommunikation, Massnahmen der Neuen Regionalpolitik u.a.m. Eine eigentliche Clusterpolitik würde das Risiko bergen, bereits bestehende sektorielle Bundespolitiken zu duplizieren. Letztlich sind für das Gedeihen von Clustern vor allem gute wirtschaftliche Rahmenbedin-gungen entscheidend. Diesbezüglich schneidet die Schweiz bekanntlich sehr gut ab. In der jährlichen WEF-Rangliste zur globalen Wettbewerbsfähigkeit wurde die Schweiz 2009 als wettbewerbsstärkstes Land der Welt klassiert. Ähnlich gut positioniert sich die Schweizer Volkswirtschaft auch bei internationalen Vergleichen zur Innovationsfähigkeit. Das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement EVD wird im Rahmen der Weiterentwicklung der Wachstums- und Wirtschaftspolitik auch in Zukunft das Augenmerk auf neue Erkenntnisse rund um Cluster richten.

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Anhang 1 - Cluster der Schweiz gemäss European Cluster Observatory

All regional clusters in Switzerland1, 2 and 3 star regional slusters

Region Cluster category Employees Size Spec. Focus Stars Innovation Exports

Zürich Finance 93 572 1.32% 3.19 12.34% *** N/A Very strong

Espace Mittelland Transportation 59 677 0.97% 2.1 7.01% *** N/A Weak

Espace Mittelland Metal 52 310 1.33% 2.88 6.14% *** N/A Weak

Zürich IT 23 685 1.15% 2.8 3.12% *** N/A Weak

Nordw estschw eiz Biopharma 21 741 2.64% 8.87 3.97% *** N/A Very strong

Ostschw eiz Production Tech. 12 367 0.54% 2.21 2.74% ** N/A Very strong

Zentralschw eiz Production Tech. 8 569 0.38% 2.15 2.66% ** N/A Very strong

Nordw estschw eiz Chemical 8 549 0.89% 2.98 1.56% ** N/A Very strong

Espace Mittelland Medical 6 317 1.42% 3.06 0.74% ** N/A Very strong

Nordw estschw eiz Pow er 5 952 1.12% 3.76 1.09% ** N/A Weak

Ticino Hospitality 5 675 0.15% 2 4.00% ** N/A Strong

Zürich Instruments 5 362 1.00% 2.43 0.71% ** N/A Strong

Zürich Medical 3 871 0.87% 2.1 0.51% ** N/A Very strong

Espace Mittelland Tobacco 2 151 2.88% 6.23 0.25% ** N/A Strong

Région lémanique Finance 35 549 0.50% 1.53 5.90% * N/A Very strong

Zürich Transportation 25 399 0.41% 1 3.35% * N/A Weak

Espace Mittelland Construction 23 470 0.36% 0.77 2.76% * N/A N/A

Espace Mittelland Finance 23 008 0.32% 0.7 2.70% * N/A Very strong

Nordw estschw eiz Finance 20 291 0.29% 0.96 3.70% * N/A Very strong

Ostschw eiz Construction 19 436 0.30% 1.21 4.30% * N/A N/A

Espace Mittelland Production Tech. 19 263 0.85% 1.83 2.26% * N/A Very strong

Ostschw eiz Metal 18 699 0.48% 1.94 4.14% * N/A Weak

Région lémanique Hospitality 18 504 0.50% 1.54 3.07% * N/A Strong

Nordw estschw eiz Construction 17 673 0.27% 0.9 3.22% * N/A N/A

Ostschw eiz Hospitality 16 917 0.46% 1.88 3.75% * N/A Strong

Région lémanique Construction 16 892 0.26% 0.79 2.80% * N/A N/A

Nordw estschw eiz Transportation 16 820 0.27% 0.92 3.07% * N/A Weak

Région lémanique Metal 16 062 0.41% 1.25 2.66% * N/A Weak

Zentralschw eiz Finance 15 037 0.21% 1.21 4.66% * N/A Very strong

Ostschw eiz Food 14 751 0.30% 1.2 3.27% * N/A Strong

Zentralschw eiz Construction 14 072 0.21% 1.23 4.37% * N/A N/A

Ostschw eiz Forest 10 963 0.65% 2.66 2.43% * N/A Weak

Zentralschw eiz Hospitality 9 610 0.26% 1.5 2.98% * N/A Strong

Ticino Construction 8 861 0.14% 1.75 6.24% * N/A N/A

Ticino Finance 6 379 0.09% 1.16 4.49% * N/A Very strong

Nordw estschw eiz Plastics 6 183 0.76% 2.54 1.13% * N/A Weak

Ostschw eiz Plastics 5 069 0.62% 2.53 1.12% * N/A Weak

Ticino Metal 4 819 0.12% 1.59 3.39% * N/A Weak

Ostschw eiz Instruments 4 372 0.82% 3.33 0.97% * N/A Strong

Nordw estschw eiz Lighting 3 501 0.68% 2.27 0.64% * N/A Strong

Zürich Aerospace 3 451 0.95% 2.31 0.45% * N/A Weak

Zentralschw eiz Aerospace 2 914 0.80% 4.59 0.90% * N/A Weak

Zentralschw eiz Medical 2 481 0.56% 3.17 0.77% * N/A Very strong

Ticino Pow er 1 667 0.31% 4.06 1.17% * N/A Weak

Ticino Biopharma 1 283 0.16% 2.02 0.90% * N/A Very strong

Zentralschw eiz Jew elry 1 240 0.42% 2.38 0.38% * N/A Very strong

Ticino Medical 1 151 0.26% 3.34 0.81% * N/A Very strong Quelle: European Cluster Observatory

Postulat 06.3333: Cluster in der Wirtschaftsförderung

2010-02-23/69 \ COO.2101.104.5.2010088 46/47

Anhang 2 - Die administrative Aufteilung des Raumes in Destinationen Das Dorf Zermatt, als konkretes Beispiel, lebt vom und für den Tourismus. Das Bundesamt für Statistik teilt Zermatt den touristischen Gemeinden zu (Abbildung 13). Eine touristische Gemeinde hat gemäss BFS gemessen an der Einwohnerzahl überdurchschnittlich viele Übernachtungen in der Hotellerie und Parahotellerie31. Die weiter talwärts gelegenen Ge-meinden Täsch und Randa sind gemäss BFS semitouristische Gemeinden, weil die Über-nachtungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl etwas tiefer sind. Visp am Taleingang ist keine Tourismusgemeinde sondern ein sogenanntes Kleinzentrum. Das Dorf hat zwar auch Tou-rismus, aber noch eine Reihe anderer Wirtschaftszweige, vor allem aber eine „Zentrumsfunk-tion“, beispielsweise eine höhere Schule. Gleiches gilt für Luzern, das vom BFS nicht den Tourismusgemeinden, sondern den Grosszentren zugeteilt wird. Die Schweiz zählt 53 Tou-rismusgemeinden. 17 Kantone haben keine Tourismusgemeinden, unter ihnen beispielswei-se Zürich.

Abbildung 13: Destinationsdefinitionen auf Bundesebene

Bezeichnung Räumliche Abgrenzung

Branchen-Abgrenzung

Anzahl Cluster, Destinationen

Tourismusgemeinden Gemeindegrenzen Hotel- + Parah. Übernachtungen pro Einwohner

53

Semi-touristische Gemeinden

Gemeindegrenzen Hotel- + Parah. Übernachtungen pro Einwohner

111

Tourismusregionen Kantons-, Bezirksgren-zen

Hotelübernachtungen 13

Destination Schweiz Landesgrenze

Hotelübernachtungen 1

Quelle: SECO / BFS

In Tourismuskreisen geht man einen andern Weg. Es wird in der Regel das ganze Gebiet eines Kantons oder einer Region in Destinationen aufgeteilt. Dies hat mehrere Gründe. Zu-nächst ist ein solches Verfahren einfach. Man kann auch das Argument vorbringen, dass der Tourismus ubiquitär ist. Nicht zuletzt spielen politische Überlegungen eine Rolle. Man will keinen Raum von einer möglichen wirtschaftlichen Entwicklung ausschliessen.

31 Diese Darstellung ist vereinfachend. Die Zuteilung erfolgt nach einem komplizierteren Schlüssel, der hier auch Platzgründen nicht dargestellt werden kann.

Postulat 06.3333: Cluster in der Wirtschaftsförderung

2010-02-23/69 \ COO.2101.104.5.2010088 47/47

Abkürzungsverzeichnis Abkürzung Bedeutung

ARE Bundesamt für Raumentwicklung

BAFU Bundesamt für Umwelt

BAKBASEL BAK Basel Economics ist ein unabhängiges Forschungsinstitut, das volkswirtschaftliche Ana-lysen und Prognosen erstellt und Beratungsdienstleistungen auf empirischer und quantitativer Ebene anbietet.

BBT Bundesamt für Berufsbildung und Technologie

BFE Bundesamt für Energie

BFS Bundesamt für Statstik

EU Europäische Union

EVD Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement

FDI Foreign Direct Investment

F&E Forschung und Entwicklung

HESTA Beherbergungsstatistik für die Hotel- und Kurbetriebe

ICT Information and Communication Technology

KMU Kleine und mittlere Unternehmen

KTI Förderagentur für Innovation des Bundes

MS „mobilité spatiale“: Die MS-Regionen zeichnen sich durch eine gewisse räumliche Homogeni-tät aus und gehorchen dem Prinzip von Kleinarbeitsmarktgebieten mit funktionaler Orientie-rung auf Zentren. Einzelne MS-Regionen sind kantonsübergreifend.

NACE Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft ("Nomenc-lature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne"): System zur Klassifizierung von Wirtschaftszweigen, das von Seiten der Europäischen Union, auf Basis der ISIC Rev. 3 (International Standard Industrial Classification of all Economic Activities) der Vereinten Nationen, entworfen wurde

NOGA Schweizerische Übernahme der europäischen NACE („Nomenclature Générale des Activités économiques“). Die NOGA-Systematik wird vom Bundesamt für Statistik betreut und von die-sem auch in vielen eigenen Erhebungen angewendet.

NRP Neue Regionalpolitik

NUTS Systematik der Gebietseinheiten für die Statistik („Nomenclature des unités territoriales sta-tistiques“): hierarchische Systematik zur eindeutigen Identifizierung und Klassifizierung der räumlichen Bezugseinheiten der Amtlichen Statistik in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development

SECO Staatssekretariat für Wirtschaft

WTT Wissens- und Technologietransfer