Coole Macher und softe Looser? - AKF · " P a radigma der Polarität" In d en Zu rückliegenden 25...

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4 Ergebnis 1 e dass Grundanna im ' Ausgehend von de; kon s truiert "~rd, wur- "a -nnli c hke1t soz 1a be1·de in der ,,., • • 1 Texte - den zwei b1bhsc ie 1 ·e angesiedelt - h . t1 · cher Theo og1 . Mitte c ns i al kategorie einer ·ck f die An y se im Bh .. au Männlichkeit beleuchtet. hegemonialen h. biblischen Tex - . d dass auc in Deutlich 111r .' · nnlichkeit als Abgren - ten hegemoniale Ma . . hl ge- haftspnnz1p sowo ungs- und Herrsc M" - z h genuber an genüber Frauchen _als :gu\ri~t~ Der zentrale nern in Ers einu . E h 5 21 - 33 schreibt auf der e1 - Text aus p ' b ku det da - nen Seite Paulus weiter und e n durch eine hohe Wertschätzung der Ehe. d -r xt ganz in der Tra - Andererseits steht er ,e dition römischen Hierarchiedenkens und exerziert minutiös die Parallele zwischen dem Kaiser als Haupt des römischen Welt - reichs und dem pater familias als Herr- scher über den Leib seiner Frau. Durch die Verbindung dieses Konzepts mit dem Lie- besgebot kann man fragen, inwiefern da - durch zu männlicher Dominanz eine küh - ne Gegenwelt entwickelt wird. Am Beispiel von Mk 10,35 - 45 wur - de deutlich, wie sehr selbst die Vortreff - lichsten des Jüngerkreises am Konzept he- gemonialer Männlichkeit orientiert han - deln . Zudem greift das Konzept hegemo- nialer Männlichkeit selbst bei veränderten Spielregeln, was sowohl für Einzelperso- nen als auch für Institutionen gilt. Das ist auch der Grund, weshalb die patristische Literatur eine Vielzahl von Ermahnungen im Hinblick auf die kirchlichen Amtsträ - ger parat hat. Die beiden Beispiele zeigen, dass es sinnvoll ist, hegemoniale Männlichkeit als Analysekonzept zu verwenden , werden da - durch doch bis dato unerkannte Entwick- lungen und Strukturen sieht - und benenn- Pichler / ,,Hegemoniale Männlichk . e1r b Obwohl dies möglicherweise auch ar. .. zu Verunsicherung _führen kann, braucht es doch die Generierung so~cher kritischen Einsichten, denn e_:st auf dieser Basis kann ein Beitrag zu großerer Gerechtigkeit ini R h men der Geschlechter- und Kirch a en . ordnung geliefert werden. Dieses gemeinsa. me Anliegen verbindet Exegese und Män. nerforschung und müsste eigentlich dazu beitragen, dass die beiden wie Pech Und Schwefel zusammenhalten. Durch die Ab. folge von Dominanzverzicht und Blinden. heilung formuliert Markus vielleicht auch die tiefe Weisheit, dass so manche Einsicht nicht aus der Jesusbewegung selbst, sondern eben von außerhalb und mitunter auch ge- gen viele Widerstände kommt. Der Autor: Ao. Univ.- Prof Dr. Josef Pich - /er, geb. 1967, Promotion 1996, Habilitati - 011 2003, Institut für Neutestamentliche Wis- senschaft Universität Graz und Phil. -Theo/. Hochschule St. Pölten, 2014 - 2017 gemein - sam mit Ao. Univ.-Prof Dr. Wolfgang Wei - rer Leiter des FWF-Projekts „Biblische Nar- ratologie und subjektorientierte Bibeldidak - tik "; aktuell in Kooperation mit der Diözese Graz-Seckau: Raumkonzeptionen im Ephe- serbrief; Publikationen: Jesus, der Lebens- spender. Vom spirituellen Reichtum des Jo- hannesevangeliums, Regensburg 2015; ge- meinsam mit Christine Rajil (Hg.) , Ephesus als Ort frühchristlichen Lebens. Perspektiven auf einen Hotspot der Antike, Regensburg 2017 ; Plötzlich konkrete Adressatinnen! Eine Übersetzung der lukanischen Ostertexte für die Sekundarstufe 1 als exegetische Heraus- forderung, in: Andrea Lehner-Hartmann / Oskar Dang/ (Hg.), ,,Wenn kein Hahn mehr danach kräht''. Vom Bildungspotenzial bibli - scher Texte, in: ÖRF 25 (2017/2) , 131 - 142. http://unipub.uni-graz.at!oerf!periodical! titleinfo/2303132. ThPQ 166 (2018) , 141 - 149 141 Wolfgang Beck Coole Macher und softe Looser? Männerbilder in Medien und das theologische Lernfeld biografischer Identitätsheterogenität Das heutige Männerbild ist ebenso wenig eindeutig wie es in der Krise steckt. An ausgewählten Beispielen aus Film und Fernsehen kann der Autor zeigen, dass die dort präsentierte Männlichkeitskonstruktionen keinem eindeutigen Muster genügen und damit Spiegel der gesellschaftlich gelebten Männlichkeiten sind, die allesamt weit entfernt sind von dem, was wir als hegemoniale Männlichkeit bezeichnen. (Redaktion) In der soziologischen Betrachtung von Un - sicherheiten in postmodernen Gesellschaf- ten werden wissenschaftliche Debatten auf untersch iedliche Felder ausgerichtet: den Verlust übergeordneter und Erklärungs- muster konstituierender Theoriebildung' , die Religionen in ihrer Ambivalenz als Si - cherheitsrisiko2 und Stabilisierungsres- source, Unsicherheitssteigerungen durch Klimawandel oder politische Destabilisie- rung, die Krise von Institutionen und die Demontage bestehender Autoritäten in ih - rer „Gatekeeper-Funktion" 3 im Zuge einer etablierten „Kultur der Digitalität"'. Kein gesellschaftliches Segment scheint von der gesteigerten Unsicherheitserfahrung aus- genommen. Dies gilt in besonderer Weise für das Geschlechterarrangement', für Ge- schlechterrollen• und die Infragestellung ihrer traditionellen Konstruktion im Rah - 1 Ar111i11 Nassehi, Der Ausnahmezustand als Normalfall. Modernität als Krise, in: ders. (Hg.) , Kri s en lieben. Kursbuch 170, Hamburg 2012, 34- 49, hier: 38: ,, Wenn man Modernität auf eine Formel bringen will: Die zentralen Instanzen der Gesellschaft wie Wirtschaft und Politik, Wis- senschaft und Religion, Kunst und Bildung entwickeln völlig unterschiedliche interne Logiken, Erfolgsbedingungen, Reflexionstheorien , Erwartungsstile und Funktionen und werden einer- seits unabhängiger voneinander, andererseits bleiben sie stets krisenhaft, weil nicht wirklich mit Passung aufeinander bezogen. " 2 Mi c hael Opielka , Kultur versus Religion' Soziologische Analysen zu modernen Wertkonflikten , Bielefeld 2015. 3 Bernhard Pörksen / Hanne Detel, Der enlfesselte Skanda l. Das Ende der Kontrolle im digitalen Zeitalter, Köln 2012, 41 - 42: ,,Sie entschieden, was als wichtig und was als unwichtig zu gelten hatte. Sie legten fest, was überhaupt ein Skandal ist - und was nicht. [... ) Faktisch verwandelt sich das einzelne Individuum in einen Gatekeeper eigenen Rechts und tritt in sehr unterschied - lichen, mitunter rasch wechselnden Rollen in Erscheinung: als Informant und Skandalisierer, als Publizist und Medienunlernehmer, als Zwischenhändler für brisante Informationen ." 4 Felix Stalder, Kultur der Digitalität, Berlin 2016, 167. 5 Christ ei Eckart , Privalheit. Zur Gestaltung von Beziehungen des Sorgens, in: Karin /urczykl Mechtild Oechsle (Hg.) , Das Private neu denken: Erosionen, Ambivalenzen, Leislungen, Müns- ter 2008, 301 - 314. 6 Martina Löw, Neue Unsicherheiten - Männer auf verlorenem Posten, in: Ham-Georg Soeffner (Hg.) , Unsichere Zeiten . Herausforderungen gesellschaftlicher Transformation (Verhandlungen des 34. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Jena 2008, Bd. 2), Wiesbaden

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4 Ergebnis

1 e dass Grundanna im '

Ausgehend von de; konstruiert "~rd, wur­"a-nnlichke1t soz1a be1·de in der ,,., • • 1 Texte -den zwei b1bhsc ie 1 ·e angesiedelt -

h . t1 ·cher Theo og1 . Mitte c ns i al kategorie einer

·ck f die An yse im Bh .. au Männlichkeit beleuchtet. hegemonialen h . biblischen Tex­

. d dass auc in Deutlich 111r .' · nnlichkeit als Abgren­ten hegemoniale Ma . . hl ge-

haftspnnz1p sowo ungs- und Herrsc „ M" -z h genuber an

genüber Frauchen _als :gu\ri~t~ Der zentrale nern in Ers einu .

E h 5 21 - 33 schreibt auf der e1-Text aus p ' b ku det da-nen Seite Paulus weiter und e n durch eine hohe Wertschätzung der Ehe.

d -r xt ganz in der Tra­Andererseits steht er ,e dition römischen Hierarchiedenkens und exerziert minutiös die Parallele zwischen dem Kaiser als Haupt des römischen Welt­reichs und dem pater familias als Herr­scher über den Leib seiner Frau. Durch die Verbindung dieses Konzepts mit dem Lie­besgebot kann man fragen, inwiefern da­durch zu männlicher Dominanz eine küh­ne Gegenwelt entwickelt wird.

Am Beispiel von Mk 10,35 - 45 wur­de deutlich, wie sehr selbst die Vortreff­lichsten des Jüngerkreises am Konzept he­gemonialer Männlichkeit orientiert han­deln. Zudem greift das Konzept hegemo­nialer Männlichkeit selbst bei veränderten Spielregeln, was sowohl für Einzelperso­nen als auch für Institutionen gilt. Das ist auch der Grund, weshalb die patristische Literatur eine Vielzahl von Ermahnungen im Hinblick auf die kirchlichen Amtsträ­ger parat hat.

Die beiden Beispiele zeigen, dass es sinnvoll ist, hegemoniale Männlichkeit als Analysekonzept zu verwenden, werden da­durch doch bis dato unerkannte Entwick­lungen und Strukturen sieht- und benenn-

Pichler / ,,Hegemoniale Männlichk . e1r

b Obwohl dies möglicherweise auch ar. .. zu Verunsicherung _führen kann, braucht es

doch die Generierung so~cher kritischen

Einsichten, denn e_:st auf dieser Basis kann ein Beitrag zu großerer Gerechtigkeit ini

R hmen der Geschlechter- und Kirch a en. ordnung geliefert werden. Dieses gemeinsa. me Anliegen verbindet Exegese und Män. nerforschung und müsste eigentlich dazu

beitragen, dass die beiden wie Pech Und

Schwefel zusammenhalten. Durch die Ab. folge von Dominanzverzicht und Blinden.

heilung formuliert Markus vielleicht auch

die tiefe Weisheit, dass so manche Einsicht

nicht aus der Jesusbewegung selbst, sondern

eben von außerhalb und mitunter auch ge­gen viele Widerstände kommt.

Der Autor: Ao. Univ.-Prof Dr. Josef Pich­/er, geb. 1967, Promotion 1996, Habilitati-011 2003, Institut für Neutestamentliche Wis­senschaft Universität Graz und Phil. -Theo/. Hochschule St. Pölten, 2014-2017 gemein­sam mit Ao. Univ.-Prof Dr. Wolfgang Wei­rer Leiter des FWF-Projekts „Biblische Nar­ratologie und subjektorientierte Bibeldidak­tik"; aktuell in Kooperation mit der Diözese Graz-Seckau: Raumkonzeptionen im Ephe­serbrief; Publikationen: Jesus, der Lebens­spender. Vom spirituellen Reichtum des Jo­hannesevangeliums, Regensburg 2015; ge­meinsam mit Christine Rajil (Hg.), Ephesus als Ort frühchristlichen Lebens. Perspektiven auf einen Hotspot der Antike, Regensburg 2017; Plötzlich konkrete Adressatinnen! Eine Übersetzung der lukanischen Ostertexte für die Sekundarstufe 1 als exegetische Heraus­forderung, in: Andrea Lehner-Hartmann / Oskar Dang/ (Hg.), ,,Wenn kein Hahn mehr danach kräht''. Vom Bildungspotenzial bibli­scher Texte, in: ÖRF 25 (2017/2), 131 - 142. http://unipub.uni-graz.at!oerf!periodical! titleinfo/2303132.

ThPQ 166 (2018) , 141 - 149 141

Wolfgang Beck

Coole Macher und softe Looser?

Männerbilder in Medien und das theologische Lernfeld biografischer Identitätsheterogenität

♦ Das heutige Männerbild ist ebenso wenig eindeutig wie es in der Krise

steckt. An ausgewählten Beispielen aus Film und Fernsehen kann der Autor

zeigen, dass die dort präsentierte Männlichkeitskonstruktionen keinem

eindeutigen Muster genügen und damit Spiegel der gesellschaftlich gelebten

Männlichkeiten sind, die allesamt weit entfernt sind von dem, was wir als

hegemoniale Männlichkeit bezeichnen. (Redaktion)

In der soziologischen Betrachtung von Un­sicherheiten in postmodernen Gesellschaf­ten werden wissenschaftliche Debatten auf unterschiedliche Felder ausgerichtet: den Verlust übergeordneter und Erklärungs­muster konstituierender Theoriebildung' , die Religionen in ihrer Ambivalenz als Si­cherheitsrisiko2 und Stabilisierungsres­source, Unsicherheitssteigerungen durch Klimawandel oder politische Destabilisie-

rung, die Krise von Institutionen und die Demontage bestehender Autoritäten in ih­rer „Gatekeeper-Funktion"3 im Zuge einer etablierten „Kultur der Digitalität"'. Kein gesellschaftliches Segment scheint von der gesteigerten Unsicherheitserfahrung aus­genommen. Dies gilt in besonderer Weise für das Geschlechterarrangement', für Ge­schlechterrollen• und die Infragestellung ihrer traditionellen Konstruktion im Rah-

1 Ar111i11 Nassehi, Der Ausnahmezustand als Normalfall. Modernität als Krise, in: ders. (Hg.) , Krisen lieben. Kursbuch 170, Hamburg 2012, 34- 49, hier: 38: ,,Wenn man Modernität auf eine Formel bringen will: Die zentralen Instanzen der Gesellschaft wie Wirtschaft und Politik, Wis­senschaft und Religion, Kunst und Bildung entwickeln völlig unterschiedliche interne Logiken, Erfolgsbedingungen, Reflexionstheorien, Erwartungsstile und Funktionen und werden einer­seits unabhängiger voneinander, andererseits bleiben sie stets krisenhaft, weil nicht wirklich mit Passung aufeinander bezogen."

2 Michael Opielka, Kultur versus Religion' Soziologische Analysen zu modernen Wertkonflikten, Bielefeld 2015.

3 Bernhard Pörksen / Hanne Detel, Der enlfesselte Skandal. Das Ende der Kontrolle im digitalen Zeitalter, Köln 2012, 41 - 42: ,,Sie entschieden, was als wichtig und was als unwichtig zu gelten hatte. Sie legten fest, was überhaupt ein Skandal ist - und was nicht. [ ... ) Faktisch verwandelt sich das einzelne Individuum in einen Gatekeeper eigenen Rechts und tritt in sehr unterschied­lichen, mitunter rasch wechselnden Rollen in Erscheinung: als Informant und Skandalisierer, als Publizist und Medienunlernehmer, als Zwischenhändler für brisante Informationen."

4 Felix Stalder, Kultur der Digitalität, Berlin 2016, 167. 5 Christei Eckart , Privalheit. Zur Gestaltung von Beziehungen des Sorgens, in: Karin /urczykl

Mechtild Oechsle (Hg.) , Das Private neu denken: Erosionen, Ambivalenzen, Leislungen, Müns­ter 2008, 301 - 314.

6 Martina Löw, Neue Unsicherheiten - Männer auf verlorenem Posten, in: Ham-Georg Soeffner (Hg.) , Unsichere Zeiten. Herausforderungen gesellschaftlicher Transformation (Verhandlungen des 34. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Jena 2008, Bd. 2), Wiesbaden

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. Als dominierend men der Gendertheonef. d. Gescl1lechts-

. Bi" k au ie . stellt sich un ic das Deutungs-

. d Mannes konstruk110n es d. ses Deutungs-

K · dar Da ie · schema der nse : 1 Verwendung in

eh trateg1sc 1e .. schema au s . !er Mann-

hegemonia der Stabilisierung . ht vor sei-

d heint Vors1c lichkeit fin et, sc geboten zu

11 Akzeptanz ner vorschne en . die Rede von ei-sein:' Könnte es sein, dbass des Mannseins

• d Mannes zw. ner Krise es oder wissen . sich als vorschnell, stereotyp . R de

. ·st? Die e schaftlich wenig valide erwe1 . .

. Kr1·se des Mannseins oder einer von einer . Id _ bestimmten Definition männlicher _en

d. A nahme emes tität manifestiert erst ie n . d Normalzustands, den es in einer sich y-namisch entwickelnden Geschlechterkon­

stellation nicht geben kann.

!leck / Coole Macher und softe Looser?

Bewegung in dem kir~hlichen

P radigma der Polarität" " a

d Zurückliegenden 25 Jahren ist auch In en . Theologie und Kirche der Mann in den

;okus der Aufmerksamkeit gerückt.8 Breit

1 gte Studien dokumentierten und ange e . .

1 sierten die Entwicklungen, die auch ana Y • ,o von Soziologie9. Gender Stud1es und Ge-

schlechterforschung betrachtet werden. 11

vorrangig konnten dabei kirchlich

weithin etablierte Formen des Geschlech­

terdimorphismus als ein „Paradigma der Polarität"12 gegenüber einem vormoder­

nen Patriarchat gewürdigt, längst aber

auch im Zuge der hitzig geführten Debatte um Gendertheorien problematisiert wer­

den. 13

. z o· k sion steht welche gesellschaftlichen Risiken aus biogra-?010 947- 950, hier: 947: " ur is us ' •· 1· hk · h " - • . h h .t . der Konstruktion von Mann 1c e1t erwac sen. Phisch-struk'!Urellen Unsic er ei en m . .. . • h" h ..

.. h k I 01 ifSt" /"tz Es ist ein Junge! Emfuhrung m die Gesc 1c te der Mann-Vgl.JurgendMaNrtsc u_t-aTt .. b.agen'e2g0'05' 82. Wenn von der Männlichkeit die Rede ist, die in eine lichke,t m er euze1 , u m , • " . .. . Krise gerät, bildet dann nicht eine stabile und gewissermaßen essenziell zu denke~de Mannhch-keit, die diese Krise durchlebt, den Ausgangspunkt des Denkens über Geschlecht. [ ._:. ] ":'ie wir wissen, existieren ein solch kohärentes System und eme derart essenziell gedachte Mannhchke1t in dem Konzept performativer Geschlechter nicht, viehnehr wird ,das vergeschlechtlichte Sub­jekt nicht durch einen dauerhaften Status quo, sondern durch die permanente Veränderung bestimmt'."

8 Andrea K. Ihurnwald, ,,Fromme Männer". Eine empirische Studie zum Kontext von Biographie und Religion, Stuttgart 2010.

9 Lothar Böhnisch, Männliche Sozialisation. Eine Einführung, Weinheim- Basel 22013. Armin Nassehi, Geschlecht im System. Die Ontologisierung des Körpers und die Asymmetrie der Geschlechter, in: Ursula Pasero / Christine Weinbach (Hg.), Frauen. Männer. Gen der Trouble.

10 Systemtheoretische Essays, Frankfurt a. M. 2003, 80 - 104. Marie-Iheres Wacker/Stefanie Rieger-Goertz (Hg.), Mannsbilder. Kritische Männerforschung

11 und theologische Frauenforschung im Gespräch, Berlin 2006.

Vgl. Rainer Volz I Paul M. Zulehner, Männer in Bewegung. Zehn Jahre Männerentwicklung in Dedutschlan_d. Ein Forschungsprojekt der Gemeinschaft der Katholischen Männer Deutschlands un der Männerarbeit der Evang r h Kir h • B d 2009 C . e isc en c e m Deutschland (Forschungsreihe 6), Baden-a en . arsten W1ppermann I Marc C I b h I IG . w:·

wärts, RoUe rückwärts? 0 laden 20

am ac at1a 1ppermann, Männer: Rolle vor-Sinn gibt _ Leben zw· h p W

1 °9· Martin Enge/brecht I Martin Rosowski, Was Männern

12 Ka I isc en et und Gegenwelt, Stuttgart 2007 r Lehmann, In gegenseitiger Er änzun b "ld . .

Josef Bode (Hg.), Als Frau und M g h g 1 . en __ sie das unverkürzte Menschsein, in: Franz-Männern in der Kirche Paderbo an

2n0s1c3

uf er sie. Uber das Zusammenwirken von Frauen und 13 VI d. , rn ,95 - IOO

g .. ie zusammenfassende Darstellun d 0- . . . amtlichen Schreibens aus dem Jahr 20a84 ::i· ~kussion m der Bearbeitung eines kirchlich-lehr­

. ananne Heimbach-Steins, ,. ... nicht mehr Mann

• ßeck / Coole Macher und softe Looser?

Da sich markante Entwicklungen in den Konstruktionen 1·1 männlicher Iden­tität beobachten lassen, haben sich da­raus Impulse für die kirchliche Bildungs­arbeit ergeben, wie auch geselJschaftspoli­tische Forderungen. Dazu gehört das Be­mühen um die Befreiung von hegemonia­ler Männlichkeit15, die auf vormodernen GeschlechterrolJen aufbaut, sich lange Zeit mit verengten Naturrechtsbegründungen legitimierte oder in Ansätze der Naturali­sierung'6 von Gender übergingen .

Mit der Wahrnehmung von Entwick­lungen ist jedoch auch die Frage nach Ur­sachen und die Herkunft von Impulsen für solche Entwicklungen aufgeworfen. Diese können sowohl in den individuelJen Bio­grafien, in Erfahrungen von Krisen, Ver­unsicherungen, Erfolgen und den Reson­anzachsen Hartmut Rosas gesucht und plausibel identifiziert werden. 17 So ist ge­rade die individuelle Bearbeitung von Kri­senerfahrungen als Verabschiedung von Idealbildern gelingenden Lebens ein Ort, an dem es einerseits zur Verunsicherung

bisheriger Geschlechteridentitäten und an-

143

dererseits zur Entwicklung neuer, tragfahi­ger Rollenverständnisse kommt. 18

Neben der Frage nach der individuel­len Entwicklung und der Suche nach ei ­nem tragfähigen Rollenverständnis gilt es zugleich nach Impulsen für eine gesell­schaftliche Entwicklung zu fragen: Öffent­liche Diskurse, wie die Diskussion um eine geschlechtergerechte Bezahlung auf allen Ebenen der Arbeitswelt oder das Bemühen um geschlechtergerechte Sprache sind hier wichtige Felder, um vermeintliche Selbst­verständlichkeiten zu destabilisieren und in ihrer bewusstseinsprägenden Wirkung zu entlarven.

2 Vormoderne Geschlechterrollen halten sich

Wie im privaten und familiären Leben Rückgriffe in vormoderne Geschlechter­rolJen als kaum hinterfragte Praxis zu be­obachten sind,19 gibt es auch in den Mas­senmedien entsprechende Manifestierun­gen und Rückgriffe: So sind im Fernsehen

und Frau". Sozialethische Studien zu Geschlechterverhältnis und Geschlechtergerechtigkeit, Re­gensburg 2009, 163 - 177.

14 Robert W: Connell, Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten, Wiesba­den 32006.

15 Martin Weiß-Flache, Männer in Deutschland auf befreienden Wegen der Umkehr aus dem Pa­triarchat. Gegenwartsanalyse - theologische Optionen - Handlungsansätze, Münster 2001.

16 Vgl. Marcus Temeer, Naturräume - Körper - Geschlecht. Wa.lder als Verkörperungen sozialer Geschlechter, in: Karl-Siegbert Rehberg (Hg.), Die Natur der Gesellschaft (Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006, Bd. 1), Frankfurt a. M. 2008, 524 - 538.

17 Clarissa Rudolph, Arbeitslosigkeit - Bremse oder Motor beim Wandel der Geschlechterverhält­nisse?, in: Brigitte Aulenbacher/ Angelika Weiterer (Hg.), Arbeit. Perspektiven und Diagnosen der Geschlechterforschung, Münster 2009, 138 - 156.

18 Andreas Heek, Väter behinderter Kinder. Eine pastoraltheologische Studie im Zusammenhang von Krise und Bewältigung, Münster 2014. Andreas Heek, Was zählt, wenn nichts mehr geht? Vater behinderter Kinder zwischen Krise und Bewältigung - eine pastoral-empirische Studie, in: Pthl 36 (2016), 125 - 138.

19 Bärbel Schön, Geschlechterrollen: Mutter - Vater - Sohn - Tochter, in: Hildegard Macha / Mon i­ka Witzke (Hg.) , Familie. Handbuch der Erziehungswissenschaft, Paderborn 2011 , 215 - 236.

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Gesell-. · Relation zur

Männer mcht nur 111 d damit öffent-schaft überrepräsen11ert un Sie treten auch lieh sichtbarer als Frauen. und da-

kl.. der Fachmann stärker als er aren f vährend mit als starkes Geschlecht au , 'd Hilfs­

R II der Fragenden un Frauen die o e '° Äh liches gilt in bedürftigen zukommt. n d Wer­

. fü Marketmg un eklatanter Weise r d d" .

. h für den Bereich er ig1-bung, wie auc F uen talen Medien. Einerseits werden ra

d . 11 -1 den Themen nach wie vor ten enz1e m1 Schönheit und Gesundheit dargestellt. An-

M.. auffallend dererseits erscheinen anner . häufig in Verbindung mit Arbeit und Leis-

tung. . Als Beispiel sei hier auf das Market111g-

" · das in vielfa-projek1 „MyVan verwiesen, eher Hinsicht als idealtypische Werbestra­tegie eines „Content Marketing" mit Unter­haltungsanspruch gelten kann. Um Wer­bung für den Kleintransporter eines gro­ßen deutschen Automobilkonzerns in un­gewöhnlicher Form als „Lifestyle-Produkt" zu ermöglichen, wird humorvoll das Nar­rativ einer Dorfbevölkerung in den Alpen entwickelt: Wahrend andernorts Profifuß­ball in Stadien gespielt wird, entwickelt hier eine bunte Truppe von Männern die Idee, auf der Bergwiese einen alternativen Sport zu entwickeln und „Steilhangfußball" zu spielen. Die Männer beschaffen alles Nöti­ge, zimmern Tore, markieren das Spielfeld und haben eine „Riesen-Gaudi". Die Män­ner werden auch hier zu Machern und Hel­den eines Handwerker-Pragmatismus. Die

Beck / Coole Macher und softe Looser?

Verbleiben dementsprechend in d Frauen er traditionellen Rolle d_er Dorfschönheiten am Spielfeldrand und Jubeln den Männern zu. Das Marketingkonzept des „Steilhang­

fußballs" der Marketingagentur fischer­

A pelt ist so erfolgreich, dass es von ande­r! Finnen zitiert wird. Es fungiert hier zu-

leich als Beispiel für eine Geschlechterdar­

!tellung von Männern, die ganz dem vor­modernen Konzept hegemonialer Männ­

lichkeit entspricht. Anregungen, diese zu

hinterfragen oder durch alternative Ansät­ze zu ergänzen, werden nicht entwickelt.

Damit findet sich in diesem Marketingbei­

spiel ein ähnlicher Mechanismus21 , wie in

verschiedenen Formaten der Social Media,

wenn etwa in den Ratgeber-Tutorials von

Youtube traditionelle und sexistisch ver­

engte Rollenklischees bedient werden und

eine bislang kaum problematisierte Wir­

kung entfalten. Wenngleich die ambivalen­

te Wirkung dieser Mechanismen in den So­

cial Media aufJugendliche nur in Ansätzen

erforscht ist, so zeichnet sich doch ab, dass

sie ähnliche Auswirkungen bei der Verfes­

tigung wie auch der Dynamisierung klassi­

scher Rollenmuster haben, wie schulische

Kontexte.22

Vor dem Hintergrund dieser markt­

förmigen Mechanismen wird das weit an ­

spruchsvollere Konzept von zwei Kinofil­

men erkennbar, die nachfolgend vorge­stellt werden sollen.

Wie bei allen modernen Massenmedi­

en und digitalen Medien ist auch der Film

20 Elisabeth Prommer / Christine Li k A d" . 11 Fil d F h

. n e, u 10v1sue e Diversität? Geschlechterdarstellungen in m un ernse en m Deutsch! d s d · d

www.uni-rostock d /fil d . 1

an ' tu ie er Universität Rostock, Rostock 2017; https:// . e ea min um-rostock/U "H /P h din a4 audiovisuelle 0 . . m ome resse/Pressemeldungen/Brosc uere_

- - _ 1vers1taet v06072017 v3 df [ 21 Marina-Lena Gläißel Werbeo , -F 1

- ·P Abruf: 14.02.2018]. . . ' p,er rau . Beeinfluss "bl" h ·· d h die Schcinheitsideale der Werb D ung we1 lC er Korperwahrnehmung urc

22 s Th ung, armstadt 20 J o . _usanne urn, .Macht und Geld re iert d. . .. iahnge Mädchen und Jungen üb t hie Welt - und Manner sind anfällig dafür!" Sechzehn­und Macht. Analysen zum Span er ai

1~ und Geschlecht, in: Martina Löw (Hg.), Geschlecht

157- 190. nungs e von Arbeit, Bildung und Familie, Wiesbaden 2009,

Beck / Coole Macher und softe Looser?

von seiner Wirkung auf Zuschauerinnen und Zuschauer her zu reflektieren, in de­ren Rezeption sich das Kunstwerk ereig­net. Dieser Suche nach der Wirkung des Mediums Film geht sowohl die psychoana­lytische Filminterpretation nach, wie auch der Ansatz des Neoformalismus23, in dem nicht nur der Film, sondern die kommuni­kative Wechselwirkung mit den Zuschaue­rinnen und Zuschauern reflektiert wird. Gerade in der Wirkung des Films liegt die Gefährdung zur ideologischen Instrumen­talisierung, wie auch zu seiner markt- und gesellschaftskonformen Bestätigungsnei­gung je gegenwärtiger Verhältnisse. 24

Gerade der Umgang mit unterschied­lichen Geschlechterrollen und Identi­tätsmustern legt es nahe, die in den Fil­men und anderen Formen zeitgenössi­scher Medien und öffentlicher Kommuni­kation vorgestellten Muster mit Hilfe der ,,psychoanalytischen Filmtheorie" zu be­arbeiten: Ist das, was gezeigt und gesehen wird, eine Verarbeitung dessen, was ähn­lich oder ganz anders zuvor erlebt wur-

145

de? Diese bildtheoretische Reflex.ion fragt nach der „reflexiven Brechung der Wirk­lichkeit im lllusionsbild"25.

Einerseits wird es in diesem Anliegen immer wieder um eine Medienanalyse mit der Fokussierung auf einzelne Figuren und ihre Konstellationen26 zu gehen haben, an­dererseits als Interpretation von im- und explizit erkennbaren Normen und Wer­ten. 27 Von besonderer Bedeutung ist dabei die Komplexität, mit der eine Persönlich­keit dargestellt wird, und die Entwicklung, die eine Person im Verlauf des Films zeigt, um individuell-biografische Lernprozesse beispielhaft abzubilden."

3 Ein Typ, der durchs Leben treibt: ,,Oh Boy"

Der Film „Oh Boy" des Autors und Regis­seurs Jan Ole Gerster stellt mit dem Stu­denten Niko die Figur eines jungen Er­wachsenen vor. Mit Ende zwanzig ist sein Studium nicht abgeschlossen, im Gegen-

23 Kristin Thompson, Neoformalistische Filmanalyse, in: Franz-Josef Albersmeier (Hg.), Texte zur Theorie des Films, Stuttgart 31998, 409 - 446.

24 Joachim Valentin markiert an dieser Gefahr die markante Unterscheidung von Mainstream­und Autorenfi.lm. Joachim Valentin , Avatare und andere Erlöser. Theologie im Gespräch mit dem zeitgenössischen Mainstream- und Autorenfilm, in: Christine Biic/iner !Gerrit Spallek (Hg.), Im Gespräch mit der Welt. Eine Einführung in die Theologie, Ostfildern 2016, 257- 280, hier: 267: ,,Wenn im Film nicht in einer bloßen Bestätigung des Status Quo letztlich ungerechte ökonomische, politische und soziale Verhältnisse einfach wiederholt, sondern sie in ihrer men­schenverachtenden Struktur bloßgestellt, auf ihre ,offenen Flanken' auf das Reich Gottes hin befragt und - eventuell auch gegen die Intention des Autors - ,prophetisch dekonstruiert' wer­den sollen, muss die Irritation mindestens ebenso hochgeschätzt werden wie die Bestätigung gängiger Darstellungs- und Rezeptionsmuster." .

25 Gertrud Koch , Die Wiederkehr der Illusion. Der Film und die Kunst der Gegenwart, Berhn 2016, 29.

26 Werner Faulstich , Grundkurs Filmanalyse, Paderborn '2013, bes.99 - 116 . 27 Ebd., 163- 217. 28 Ebd., 103: ,,Eine mehrdimensionale Figur kann durch zwei Merkmale ausgezeichnet sein: ers-

tens eine gewisse Komplexität, das heißt, die Liste der Eigenschafte_n ist vergleichsweis~ lang, gekennzeichnet von großer Vielfalt und durchaus auch von Ge_gensatzen und W1der_spmchen, die eine Figur wirklich lebendig erscheinen lassen; zweitens eme personhchke1tsmaß1ge Ver­änderung, das heißt, die Figur ist am Ende des Films nicht mehr die, die sie noch am Anfang

war."

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Beck / Coole Macher und softe Looser?

--:- 1 •t So ist Niko mehr und mehr das h ~p~~ . .

d für die Rec t- b'ld zu einer Generation, die gerne

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E · t einer Fassa e Gegen 1 teil. s is zu . Unterhaltszahlungen I d. ital natives" oder „Generation Y" fertigung elterlicher . h die Stadt, a s " ig 'b d

N.k spaziert durc . ektakulären Attn uten es Erfolgs verkommen. i o b Er ist auf mit sp . z· le zu ha en. 1 •eben wird Entschieden, fordernd ohne erkennbare ie h !'ebevoller Be- besdc m _t klaren Z:ukunftsvorstellungen in der Suche nach Kaffee, nac I h . und un m1 ziehung, verliert seinen Führersc em Gestalt des Biografiedesigns? All das ist

Weiterführende Literatur: . ) G der studieren.

Margit Eckhalt (Hg , en . h für Theologie und Kirc e,

Lernprozess d b. t t Ostfildern 2017. Der Sammelban ie e einen gehaltvollen Überblick übe_r den ak­tuellen Forschungs- und Diskuss10nsstand im Grenzbereich von Gender Stud1es und

Theologie. . Ph'l _ Dieter Thomä, Puer robustus. Eme I o sophie des Störenfrieds, Berlin 2016. Ent­lang eines überraschenden und u_nge­wöhnlichen Motivs traditioneller Mann­lichkeit unternimmt der Autor eine Expe­dition durch die Kulturgeschichte und de­ren Ränder, die von einer Sympathie für

Außenseiter geprägt ist. Bernhard Kohl, Die Anerkennung des Ver­letzbaren. Eine Rekonstruktion der nega­tiven Hermeneutik der Gottebenbildlich­keit aus den Anerkennungstheorien Judith Butlers und Axel Honneths und der Theo­logie Edward Schillebeeck:x', Würzburg 2017. In einer beeindruckenden theologi­schen Arbeit entwickelt der Autor ein al­ternatives Konzept der Gottebenbildlich­keit des Menschen anhand des Motivs der Verletzlichkeit, das zu einem Korrektiv ge­genüber zu engen und fixierten Identitäts­konstruktionen wird.

Niko nicht. Das einzig konkrete Ziel wäre . ormaler Kaffee. Und obwohl vorder-em n

„ d·g alles nach dem Weg eines Loosers grun 1 . . ht bleibt Niko entspannt und e1gen­auss1e ,

tümlich cool. Seine Hauptbeschäftigung ist neben der Suche nach Kaffee das „In­Berlin-leben"l9_ Er lässt sich eher durch das Leben und die berührenden Begegnun­gen treiben.Ja Er passt nicht in das Gesell­

schaftsschema, in dem Menschen sich ei­ner Selbstoptimierung verschreiben und in der Fülle von Multioptionierungen eine erwartungskompatible Identitätskonstruk­tion ausbilden, sondern repräsentiert eine

,,Melancholie der Boheme"31•

Wichtige Termine sind bei ihm nur ein inszenierter Anlass, um weiterziehen zu können. Dabei gibt es immer wieder Begegnungen mit Menschen und Einbli­cke in deren Lebenswelten: ein Mitbewoh­ner im Haus, eine frühere Mitschülerin mit Depressionen, ein Kumpel. Immer wieder

teilen Menschen in für ihn selbst überra­schender Offenheit ihr Leben mit ihm. Of­fenbar strahlt er eine Schwäche aus, die ihn als ansprechbar und nahbar wirken lässt.

Gerade mit seiner Unentschieden­

heit, Ziellosigkeit und Sorglosigkeit reprä­sentiert Niko ein Männerbild, das vorder­gründig dazu einlädt, als schwach identifi-

ziert zu werden. Hier scheint alles demon-

29 Caroline Elsen, Aus dem Leben eines Taugenichts, in: FAZonline, 02.11.2012; http://www.faz. nel/aktuell/feuilleton/kino/im-kino-oh-boy-aus-dem-leben-eines-taugenichts-1194 7781 .html [Abruf: 10.01.2018].

~ Michael Ranze, Oh _Boy, in: Filmdienst 65 (2212012), 44_ ::,::~ Gansera, Mit G~spens!ern an der Bar, in: SZ.de, 15.04.2015; http://www.sueddeutsche.

I tur/oh-boy-im-kino-m1t-gespenstern-an-der-bar-l.1512315 [Abruf: 10.01.2018].

-Beck / Coole Macher und softe Looser'

tiert und dekonstruiert zu sein, was sei ­nem Vater als nahezu karikatureskem Ge­genbild eigen ist. Bei Niko findet sich kein heldenhaftes Machertum, kein Habitus des Machos, keine traditionell bürgerlichen ideale. Vordergründig dürfte er von vielen, denen die gesellschaftliche Entwicklung männlicher Rollenverständnisse ohnehin suspekt ist , als mustergültig gescheitertes Projekt erscheinen. Doch Schwäche, Pro­fil - und Ziellosigkeit werden hier ironisch gebrochen, so dass die Gelassenheit Nikos seine eigentliche Stärke markiert.

Dass die Darstellung Nikos etwas Lo­ckeres behält, ist dabei auch den ästheti­schen Anleihen an die l 920er-Jahre zu ver­danken. Es bleibt ein junger Mann, der da­von überfordert scheint, für sein eigenes Leben Verantwortung zu übernehmen. Unweigerlich steht die Frage im Raum: Soll man sich um Niko eigentlich Sorgen machen? Nicht nötig, am Schluss gibt es ja einen Kaffee. Und ohne große Statements oder auch nur spektakuläre Wendungen läuft und fließt das Leben eben weiter, ohne dass es nach bürgerlichen oder an­tibürgerlichen Standards gestaltet werden müsste. Die Tasse Kaffee genügt als Ansa­ge: Es wird schon werden.

4 Der überforderte und sprachlose Mann?

Der Film „Manchester by the Sea" des Re­gisseurs Kenneth Lonergan erzählt die Ge­schichte des Einzelgängers Lee, der nach dem plötzlichen Tod seines Bruders die Funktion des Vormunds für dessen Sohn, den 16-jährigen Teenager Patrick, über-

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nehmen soll. Beeindruckend von dem Schauspieler Casey Affleck dargestellt , wird Lee zum Inbegriff des Menschen, den die Härte des Lebens und die Übernahme von Verantwortung zu überfordern droht. Erst im Verlauf des Filmes wird die Dra­matik seiner Lebensgeschichte mit vol­ler Wucht sichtbar: Unter Drogen und Al ­kohol kam es Jahre zuvor zu einem Haus­brand, bei dem er und seine Frau die drei Kinder verloren. Die Tragödie, die Last der Schuld liegt schwer auf dem Leben von Lee und droht die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, vollends zu lähmen. Die Ambivalenz des Charakters wird von der grandiosen Darstellung durch Casey Af­fleck verstärkt: ,,Seine Unentschiedenheit, sein irritierendes Verhalten, die Abwehr, mit der er auf seine Umwelt reagiert - mit jeder Geste, jeder Bewegung, jedem Wort fängt er die Misere und Verzweiflung sei­ner Figur ein."32

Mit der Erfahrung einer tragisch ver­laufenden Familiengeschichte einerseits und der persönlichen Überforderung des Protagonisten andererseits entsteht hier das Bild eines Mannes, der schon mit sich allein zu ringen hat und dabei kaum die sich stellenden Herausforderungen wahr­zunehmen vermag.

Der Film mag eigentümlich auf männ­liche Figuren fokussiert sein. Den Protago­nisten Lee jedoch als typisch männliches Emotionswrack zu zeichnen, wie dies von Hannah Pilarczyk33 in einer Spiegel-Rezen­sion unternommen wird, scheint verfehlt. Vielmehr erzeugt das Ereignis der Famili­entragödie, der Trauer um seine drei Kin ­der und der Blick auf die eigene Schuld eine traumatische Sprachlosigkeit. Mit ihr

32 Michael Ranze, Manchester by the Sea, in: Filmdienst 70 (2/2017), 37. " . 33 Hannah Pilarczyk, Das schweigen der Männer. Familiendrama „Manchester by the Sea , m:

S · l 1· 19 01 2017· http://www.spiegel.de/kultur/k.ino/manchester-by-the-sea-m1t-ca-p1ege on me, . • , ] sey-affieck-das-schweigen-der-maenner-a-1129490.html [Abruf: 10.01.2018 .

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Beck / Coole Macher und softe Looser?

148 ---- 1·g können eindeutige Bestirnm-:-n d so wen -. . Mensch der von er on Geschlechterrollen und TyPen

. d klar- Da 1st em ' b si- gen v . . . wir . b schichte, der Le ens ·1 Anspruch aufEmdeut1gke1t entwickelt eigenen Le ensge d fahrung m1 F I b

. d d eigenen Schul er . den. Die genannten i m eispiele kön -tuat1on un er . ·bt es eine wer E . kl "b fordert sein muss. Dann g1 1 . - nen in Absetzung von ntw1c ungen im u er d' Sprach os1g . -1· .. d' b ht'gte ja notwen ige l4 Marketing dann pos1 iv gewur igt werden erec 1 , . d' Ambivalenz • c h 1 . '

k . In ihr spiegelt sich 1e . h Tendenzen der Verem1ac ung a s eme Be-eil. h zu emfac ' b . "35

d Lebens. So wäre es auc . rbeitung des „Un est1mmten zu hinter-es 1 il emes Ma- a . . .

die Prügeleien von Lee als e_ . h fragen. Sie stellen Be1sp1ele von Biografien ht n Sie smd auc d' k . 1 . cho-Gehabes zu betrac e · . . nd Identitäten vor, 1e emer e1 Anspruch

. . k„ Lebenss1tuatl- u . . . . ein Symbol für eme pre are d auf gesellschaftliche Be1sp1elhafügkeit for-on, in der sich die eigene Verletzung un mulieren wollen. Die Wucht persönlicher

· M sehen m Aggres-Überforderung emes en Krisenerfahrungen unterbindet Versuche

sion ausdrück"!. der Ableitung oder Verallgemeinerung.

5 Das Spiel der individuellen Geschlechterbilder als ekklesiales Lernfeld

Sie betonen vielmehr die Individualität des persönlichen Lebensweges und werden da­mit zu einer impliziten theologischen For­

derung, die Biografien der Einzelnen nicht nur als seelsorgliches Betätigungsfeld, son­

An den zwei Filmbeispielen lässt sich auf­zeigen, dass eindeutig identifizierbare Identitätskonstruktionen des Mannes, sei es in ihren traditionellen und vormoder­nen Spielweisen oder in modernen, häu­fig als „weich" oder „sensibel" markier­ten Formen, lediglich Hilfskonstruktio­nen sein können, um erlebte Heterogeni­tät postmoderner Gesellschaft handhabbar zu gestalten. So wenig sich übergreifende Modelle zur Erklärung einer unübersicht­lichen Wirklichkeit als tragfähig erweisen,

dern als theologiegenerativen Ort zu wür-digen.36 Insofern sind die vorgestellten Fil­

me ihrerseits Ausdruck eines starken theo­

logischen Impulses: In der Konkretion des

persönlichen Schicksals haben sich einer­seits alte und neue Vorstellungen von Ge­

schlechtlichkeit als tragfähig zu erweisen,

ebenso wie die individuellen Biografien der Ort sind, an dem kirchliche Verkün­digung als religiöse Kommunikation ihren

Ernstfall erlebt und Theologie ihr wich­tigstes Lernfeld.

34 Caspar Sh~ller, ~änner, Kinder, Boote. Kenneth Lonergans stilles Meisterwerk „Manchester by the Sea 15t em Oscar-Favorit, in: ZEIT ONLINE, 19.02.2017; http://www.zeit.de/2017/04/

35 manchester-by-the-sea-kenneth-lonergan-kritik [Abruf: ]0.01.2018]. Zy~munt Bauman,_ Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit, Hamburg 1992, 77· ,,~m großer Teil der gesellschaftlichen Organisation kann als Sediment der systematischen Bemuhung mte~retiert werden, die Häufigkeit, mit der man hermeneutischen Problemen be­f:ngnet, _zu re,duzierenb, und die Qual zu lindern, die solche Probleme verursachen sobald man

.lli en emma gegenu ersteht." ' Henning Luther, Religion und Allta B . . Stuttgart 2014 38· Daß d' dika]g. auSteme zu emer Praktischen Theologie des Subjektes,

' · " ie ra e Absag a· hi , . . . ständnis ist, gilt zumindest dann e an • wgrap e auch em theologisches M1ßver-zeitenthobenen Wahrheiten' v k'.. wdenn man davon ausgeht, daß Theologie keine abstrakten, . 1 ' er un et, sondern konkr t f1 · h d · d emze nen lebenspraktisch betreffi d e e, eise gewor ene, die Existenz Je es

. . en e, ansprechende d h h b . . ·11 wenn sie also mcht dogmatisch . ht' 5

un erausge o ene Wahrheit sem WI -L b h nc ige atzwahrhe't d b h e enswa rheiten, Wahrheiten die zu I en, son ern efreiende, also evangelisc e

' m Leben verhelfen, laut werden lassen will."

• Beck / Coole Macher und softe Looser?

Der Autor: Jun .-Prof Dr. Wolfgang Beck, geb. 1974 in Hildesheim; seit 2015 Lehr­stuhl für Pastoraltheologie und Homiletik an der PTH Sankt Georgen in Frankfurt am Main; Leiter des Studienprogramms Medi­en; Priester der Diözese Hildesheim; Statio­nen als Schul- und Hochschulseelsorger und Pfarrer in Hannover; seit 2011 Sprecher des

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,,Wort zum Sonntag" in der ARD; Publika­tionen: Die katholische Kirche und die Me­dien. Einblick in ein spannungsreiches Ver­hältnis, Würzburg 2018; Die unerkannte Avantgarde im Pfarrhaus. Zur Wahrneh ­mung eines abduktiven Lernortes kirchli­cher Pastoralgemeinschaft (Werkstatt Theo­logie 12), Berlin 2008.

Wirtschaftsethik GÜNTER WILHELMS / HELGE WULSDORF

Verantwortung und Gemeinwohl Wirtschaftsethilc - eine neue Perspektive

Die Autoren schärfen das Profil der Wirtschaftsethik und wenden sich an alle, die sich theoretisch wie praktisch damit auseinandersetzen. Sie liefern Orientierung, indem sie zentrale Bewertungskategorien zur Geltung bringen. Im Mittelpunkt stehen Kommunilcation, Partizipation, Kooperation und Transparenz als ethische Orientierungsmarken .

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