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9 783981 558807 Patienten-Bibliothek Arzt und Patient im Gespräch - mehr wissen, aktuell und kompetent informiert Deutschland 6,50 Onlineausgabe: www.patienten-bibliothek.de Sommer 2017 Sommer 2017 4. Jahrgang COPD in Deutschland Patientenzeitschrift für Atemwegs- und Lungenerkrankungen kostenfrei bei Ihrem Hausarzt, der Apotheke und in der Klinik ® COPD in Deutschland Mit Berichten vom Pneumologie-Kongress in Stuttgart und vom Alpha-1-Infotag in Göttingen Aktuelle Empfehlungen Einladung 10. Symposium Lunge Neuigkeiten Therapie Bewegung Luftqualität

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  • 9 783981 558807

    Patienten-BibliothekArzt und Patient im Gesprch - mehr wissen, aktuell und kompetent informiert

    Deutschland 6,50

    Onlineausgabe: www.patienten-bibliothek.de Sommer 2017

    Sommer 20174. Jahrgang

    COPD in DeutschlandPatientenzeitschrift fr Atemwegs- und Lungenerkrankungenkostenfrei bei Ihrem Hausarzt, der Apotheke und in der Klinik

    COPD in DeutschlandMit Berichten vom Pneumologie-Kongress inStuttgart und vom Alpha-1-Infotag in GttingenAktuelle

    Empfehlungen

    Einladung 10. Symposium Lunge

    Neuigkeiten TherapieBewegungLuftqualitt

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 1

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    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 2

    http://www.fightipf.de/

  • InhaltEditorialBleiben Sie informiert! 04

    Pneumologie 2017Neue Empfehlungen: GOLD und Leitlinien 05

    Neue wissenschaftliche Konzepte: Infektionen und Exazerbationen 11

    Neuigkeiten: Interventionelle Therapie des Lungenemphysems 14

    Neuer Stellenwert: Nachhaltigkeit der pneumologischen Rehabilitation 17

    Neue Wege: Untersttzende telemedizinische Betreuung 19

    Neues zur Diagnostik: Schlafmedizin bei Lungenerkrankungen 21

    Eigene Symptomatik kennenWahrnehmung schrfen frh handeln 23

    Mehr als nur mde: Fatigue bei COPD 25

    Idiopathische LungenfibroseTherapiefortschritte: Vernarbung des Lungengewebes 30

    Patient im Mittelpunkt: Interdisziplinres Therapiemanagement 32

    Bestell- und Lieferservice 33

    LuftqualittAlles halb so schlimm, oder? Wie gefhrlich ist die Stuttgarter Stadtluft? 35

    Vorbereitungen auf den Sommer: Hitzestress bei Lungenkranken 37Bewegung

    Motivation: Tgliches Training mit Michaela Frisch 40

    Ausdauer- und Krafttraining: Ambulante gertegesttzte Trainingstherapie 42

    Leseraktion Trainingspakete fr Zuhause 44

    Krperliche Inaktivitt bei COPDBindeglied zu Begleiterkrankungen? 45

    Fr Sie im Einsatz Vor Ort in Augsburg:bungsleiterin Lungensport 46

    Im Beruf: Aufgaben und Ziele immer im Blick 49

    Reportage: Zurck aus Indiens Sonne Teil 2 51

    Gut zu wissen: Hintergrundinformationen 52

    Alpha 1Ein Update - Alpha-1-Antirypsinmangel 54

    NIV nicht-invasive BeatmungWeaning: zu wenig Entwhnung auf professionellen Stationen 57

    Auf ein WortNeues Magazin: Patienten-Bibliothek / Lungenkrebs 59

    Neuer Medienpartner: Deutsche Sauerstoff- und BeatmungsLiga LOT e.V. 59

    Patienten fragen Experten antworten Einsatz von Sterilwasser bei Langzeit-Sauerstofftherapie 60

    Veranstaltungstermine 61

    SelbsthilfeKontaktadressen 62

    Impressum 63

    Vorschau 63

    Beilagen- Einladung 10. Symposium Lunge- Ab heute biete ich IPF die Stirn

    Bereits 600 bis 1000 Schritte tglich zeigen Effekte.

    Mehr in der Rubrik Bewegen ab Seite 40

    2 I 2017 COPD in Deutschland 03

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 3

  • Bleiben Sie informiert!

    Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,

    Atemwegs- und Lungenerkrankungen, wie die chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) mit oder ohneLungenemphysem, sind meist sehr komplex und vielschichtig.

    Warum das so ist, ist schnell erklrt. Bleiben wir bei der COPD, so handelt es sich hier um eine chronischprogredient verlaufende, d.h. sich stetig verschlechternde Erkrankung. COPD ist eine systemische, denganzen Krper und nicht nur die Lunge betreffende Erkrankung, die mit Begleiterkrankungen wie z. B.Herzschwche oder Diabetes einhergehen kann.

    Entscheidend ist daher zum einen das Wissen, dass der Krankheitsverlauf durch eine Reihe von Ma-nahmen deutlich verlangsamt bzw. beeinflusst werden kann - was in enger Verbindung steht mit positi-ven Auswirkungen auf die persnliche Lebensqualitt.

    Und zum anderen ist die konsequente und richtige Anwendung, der fr die individuelle Krankheitssitua-tion verordneten therapeutischen Manahmen, infolge des angeeigneten Wissens, der nchste Schritt.

    Hier wird vom Patienten durchaus eine Menge Einsatz und Eigeninitiative gefordert, denn die mglichen Ma-nahmen sind ebenso komplex wie die Erkrankung selbst. Neben der medikamentsen Therapie sind die Atem-und Bewegungstherapie ebenso entscheidend. Ist eine Langzeit-Sauerstofftherapie oder eine nicht-invasive Be-atmung erforderlich, stellen auch diese zunchst fr jeden Patienten eine Herausforderung dar.

    In den letzten Jahrzehnten haben die wissenschaftlichen Erkenntnisse rund um Atemwegs- und Lungenerkran-kungen enorme Fortschritte gemacht zum Nutzen der Patienten. Und die Entwicklungen gehen weiter!

    Fr einen bestmglichen Umgang mit der eigenen Erkrankung und gleichzeitig fr ein optimales Mitein-ander zwischen Patient, Angehrigen, Arzt und auch Therapeuten ist also die kontinuierliche Informa-tion Grundvoraussetzung.

    Ich lade Sie daher herzlich zum 10. Symposium Lunge am Samstag, den 02. September 2017, nach Hat-tingen ein. Nutzen Sie die zahlreichen Vortrge und Workshops, die persnlichen Gesprche mit rzten,Therapeuten, anderen Betroffenen und Angehrigen sowie die umfangreiche Industrieausstellung. Alleweiteren Informationen zum Symposium finden Sie im Beileger dieser Ausgabe.

    Nun wnsche ich Ihnen wieder eine interessante und informative Lektre der Fach-zeitschrift Patienten-Bibliothek / COPD in Deutschland mit ganz aktuellen Neue-rungen vom wissenschaftlichen Jahreskongress der Lungenfachrzte. Bleiben Sie informiert!

    Ihr

    Jens LingemannVorsitzender COPD Deutschland e.V.Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland

    Editorial

    04 COPD in Deutschland 2 I 2017

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 4

  • Pneumologie 2017Neue Empfehlungen

    GOLD und LeitlinienDie internationale wissenschaftliche Organisation GOLD(Global Initiative for Obstructive Lung Disease) hat ihreEmpfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Prventionder COPD entsprechend den derzeitigen wissenschaftli-chen Erkenntnissen aktualisiert und im sogenanntenGOLD-Report Anfang 2017 verffentlicht.

    Im Gesprch mit Professor Dr.Claus Vogelmeier, Direktorder Klinik fr Innere Medizin,Schwerpunkt Pneumologie,Universittsklinikum Marburgerfahren wir mehr ber dieaktuellen Empfehlungen frdie rztliche Praxis und frden informierten Patienten.

    Neben seiner klinischen Ttig-keit ist Professor Vogelmeier

    Vorsitzender des Wissenschaftlichen Komitees der inter-nationalen, weltweit geltenden, GOLD-Empfehlungenund daneben Koordinator der nationalen deutschen Leit-linie.

    Die ABCD-Stadieneinteilung bei COPD wurde vereinfacht.Was konkret hat sich bei der Klassifizierung verndert?

    Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass sich die Anwendung derbisherigen 4-Felder-Tafel der COPD-Klassifizierung bei derUmsetzung im Praxisalltag als zu komplex darstellt. Zu vieleAspekte - wie die Symptomatik, die Exazerbationshufig-keit, aber auch die Lungenfunktion - galt es parallel bei derBewertung in Einklang zu bringen und zu gewichten.

    Unser Ziel war daher die Gestaltung eines Algorithmus,

    also eines diagnostischen Bearbeitungsschemas mit einereinfacheren und praxisnheren Klassifikation.

    Der wesentliche Unterschied zur bisherigen Klassifizie-rung besteht in der Abkoppelung der Lungenfunktionvon der Symptomatik und der Exazerbationshistorie(akuten Verschlechterung).

    Zur Bestimmung des COPD-Schweregrades empfehlen wirnun die Durchfhrung von zwei Schritten (siehe Seite 7).Wobei sich die Entscheidung, welche Medikamente demPatienten verordnet werden (Pharmakotherapie), in Zu-kunft vor allem auf die Symptomatik und die Hufigkeitvon Exazerbationen fokussiert.

    Die Lungenfunktionsmessung wird in die Beurteilungder ABCD-Klassifizierung nicht mehr einbezogen. Wel-che Bedeutung hat die Lungenfunktionsmessung (Spi-rometrie) dennoch?

    Tatschlich wird im Praxisalltag dieser Schritt leider hufigvergessen. Nicht wenige Patienten in Deutschland werdenim Sinne einer COPD therapiert, ohne dass je eine Lungen-funktionsmessung erfolgt ist. Es sei daher an dieser Stelleganz deutlich formuliert, dass es keine Diagnose COPD ohneeine Spirometrie geben kann. Eine Spirometrie erbringt erstden Beleg fr das Vorliegen einer COPD.

    Die Medikation orientiert sich an den subjektiven An-gaben des Patienten also an der Frage: Wie geht esdem Patienten?

    Die Diagnose COPD kann ohne Durchfhrung einerLungenfunktionsmessung nicht erfolgen. Die Spirome-trie ist die entscheidende diagnostische Manahme.

    2 I 2017 COPD in Deutschland 05

    Messgerte zur Prfung der Lungenfunktion

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 5

  • Auch im weiteren Verlauf der Erkrankung ist es gleichaus mehreren Grnden wichtig, die Messung der Lun-genfunktionsparameter vorzunehmen. Zum einen istwichtig festzustellen, wie sich die Lungenfunktion ent-wickelt. Handelt es sich z. B. um einen Patienten, dessenLungenfunktion sehr schnell zurckgeht, kann entspre-chend therapeutisch interveniert werden, um diesen Pro-zess aufzuhalten.

    Zum anderen sind bestimmte Therapiemanahmen vomSchweregrad der Lungenfunktionseinschrnkung ab-hngig, wie z. B. interventionelle Manahmen einer Lun-genvolumenreduktion oder auch eine Lungentrans-plantation.

    Der Symptomatik und der Exazerbationshufigkeitkommen im Hinblick auf die Therapie eine hhere Be-deutung zu. Wichtig zu wissen, dass sich auch die De-finition einer Exazerbation gendert hat. Was ist untereiner Exazerbation zu verstehen?

    Anders ausgedrckt: Stellt sich eine vernderte Situationein, so dass der Patient sich nicht gut fhlt und infolgedessen er selbst oder der behandelnde Arzt das blicheTherapieschema ndert, liegt eine Exazerbation vor.

    Auch wenn die Definition immer noch etwas vage klin-gen mag, so ist diese insgesamt jedoch einfacher als fr-her. Bei einer COPD haben wir leider keine Parameteroder Marker, die das Vorliegen einer Exazerbation medi-zinisch messbar werden lassen wie dies z. B. bei einemHerzinfarkt der Fall ist.

    Wird durch die in den Vordergrund gerckten Ele-mente Symptomatik und Exazerbation auch dieArzt-Patienten-Kommunikation strker gefrdert bzw.sogar gefordert?

    Als Hilfsmittel stehen jedoch Fragebgen zur Verfgung.Diese kann der Patient sogar bereits im Wartezimmeroder auch zu Hause ausfllen.

    Der bekannteste Fragebogen ist der CATCOPD-Assess-ment-Test (siehe Seite 9). Lediglich acht einfache Fra-gen sind dort formuliert, die jeder Patient leicht inkrzester Zeit beantworten kann. Mit diesem Fragebo-gen erhlt der Arzt bereits einen Eindruck, in welchemsymptomatischen Zustand sich der Patient befindet undwas ihn aktuell am meisten betrifft. Der Einsatz des CAT-Tests, der mit einem Punktesystem arbeitet, hat sich inder Praxis bereits bewhrt. Die Verwendung des Tests istdie Fhrung eines gebahnten Interviews, da man sich anden Fragen orientieren kann.

    Dennoch setzt der Einsatz von Fragebgen natrlichgrundstzlich eine gute Arzt-Patienten-Kommunikationvoraus.

    Was kann der Patient aktiv dazu beitragen, damit derArzt seine Symptomatik und Exazerbationshufigkeitbesser einschtzen kann?

    Hinsichtlich der Symptomatik ist es wichtig, dass der Pa-tient in der Vorbereitung auf das Arztgesprch in sichhineinhrt. Mglichst konkret formuliert, wie es ihm tat-schlich geht und wie hoch das Ausma seiner Ein-schrnkungen ist. Einige klassische Fragestellungen sindz. B.: Was kann ich noch an krperlicher Leistung er-bringen? Konkret bedeutet dies: Wie viele Stufen kommeich beim Treppesteigen noch hoch? Wie hufig kann ichmich auerhalb des Hauses aufhalten, ohne dass ichmich vor Atemnot frchte? Wie verhlt sich die Symp-tomatik in der Nacht?

    Das zweite und ganz entscheidende ist: Wie hufig undwenn ja wie oft berhaupt, habe ich Ereignisse gehabt,die ich selber als krisenhafte Verschlechterungen aufge-fasst habe? Von dieser Fragestellung hngt viel ab.

    06 COPD in Deutschland 2 I 2017

    Pneumologie 2017

    Es ist im Verlauf der Erkrankung COPD sinnvoll, dieLungenfunktionsmessung bei einem Lungenfacharztzu berprfen.

    Eine Exazerbation liegt vor, wenn der Patient eine Ver-schlechterung seines Zustandes erleidet, die zu einernderung der Therapie fhrt.

    Ein wichtiger Punkt! Die vorab beschriebene Klassifi-zierung setzt natrlich eine gute Kommunikation mitdem Patienten voraus.

    COPD-Tagebcher sind ein gutes Hilfsmittel. Erinne-rungen werden mit der Zeit berlagert und es flltnach einiger Zeit schwer, eine einige Zeit zurcklie-gende Symptomatik noch eindeutig zu beschreiben.

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 6

  • Es wre daher klug, in gewissen zeitlichen Abstnden zurekapitulieren, wie man sich in der nahe zurckliegendenZeit gefhlt hat, was passiert ist und welche Symptoma-tik aufgetreten ist. Eine tgliche Dokumentation ist nichtnotwendig, doch es wre sinnvoll in Abstnden von z. B.einigen Wochen oder einem Monat schriftlich festzuhal-ten, wie sich die persnliche Situation entwickelt hat.

    Was hat sich bei den Empfehlungen zur medikamen-tsen Therapie verndert?

    Darber hinaus wurden sogenannte Eskalationsstrate-gien formuliert. Dies bedeutet, sollte ein Patient mit derverordneten Therapie Probleme aufweisen, so wurden frdie mglichen nchsten Schritte Empfehlungen definiert.

    Mit der Entscheidung fr diese speziellen Empfehlungenhaben wir es uns de facto allerdings nicht leicht ge-macht, da hierfr keine eindeutigen Evidenzen (wissen-schaftliche Nachweise) vorliegen. Um rzte undPatienten dennoch bei auftretenden Problemen mit kon-kreten Handlungsempfehlungen zu untersttzen, habenwir von vorhandenen Evidenzen Szenarien der jeweiligmglichen Situationen logisch abgeleitet.

    Erstmals widmet sich ein Kapitel im GOLD-Report derInhalationstechnik. Welche Empfehlungen werdenausgesprochen?

    Zunchst ist es wichtig, dass der Arzt gemeinsam mitdem Patienten den richtigen Inhalator aussucht und des-sen Funktion und Anwendung gemeinsam unter Anlei-tung des Arztes gebt wird.

    Die richtige Anwendung des Inhalationssystems solltedarber hinaus in Abstnden immer wieder vom behan-delnden Arzt berprft werden, insbesondere wenn sichProbleme einstellen.

    Zeigt eine Therapie nicht den erwarteten Effekt odergeht es dem Patienten nicht besser, sollte berprft wer-den, ob die Ursache in der Anwendung der Inhalations-technik liegt.

    Die nationalen wissenschaftlichen Leitlinien zur Dia-gnostik, Prvention und Therapie der chronisch ob-struktiven Lungenerkrankung (COPD) wurden fr den31. August 2017 angekndigt. Werden sich die inter-nationalen GOLD-Empfehlungen hier wiederfinden oderwird es Unterscheidungen auf nationaler Ebene geben?

    Die nationale Versorgungsleitlinie wurde unabhngigvon den GOLD-Empfehlungen entwickelt. Somit wurdedie nationale Versorgungsleitlinie im Wesentlichen zueinem Zeitpunkt entwickelt, als es den GOLD-Reportnoch gar nicht gab Unterschiede sind somit durchauszu erwarten.

    Aus meiner Sicht werden die Unterschiede jedoch nichtgravierend sein. Der springende Punkt ist immer, dass derbehandelnde Arzt sich vergewissern muss, wo der Patientaktuell steht, quasi nach einer Art Mustererkennung. DerArzt muss differenzieren, um was fr eine Krankheit es sichhandelt, wie schwer die Erkrankung ist und was am bestenfr den Patienten getan werden kann.

    1. Bestimmung der Lungenfunktion (FEV1 in Prozent des Sollwertes) zur Diagnostik und Verlaufskon-trolle

    Als FEV1 wird die Einsekundenkapazitt bezeichnet, also die grtmgliche Menge an Luft, die inner-halb von 1 Sekunde forciert ausgeatmet werden kann.

    Der FEV1 ist Teil einer Lungenfunktionsmessung.

    2 I 2017 COPD in Deutschland 07

    Pneumologie 2017

    Grundstzlich hat eine Fokussierung auf Bronchodi-latatoren, d.h. inhalative Medikamente, die die Bron-chien erweitern, stattgefunden. Die Basistherapie frdie Mehrzahl der Klassifizierungsgruppen A-D bestehtheute in einem oder zwei Bronchodilatatoren.

    Kurz zusammengefasst lautet die Empfehlung zur In-halationstechnik: Schulung, Training, Training!

    Es wird gewisse Nuancen in der nationalen Versor-gungsleitlinie geben, aber im Grundsatz gehen dieGOLD-Empfehlungen und die Versorgungsleitlinie indieselbe Richtung.

    Bestimmung des COPD-Schweregrades nach GOLD

    GOLD 1 mehr als 80 Prozent

    GOLD 2 50 bis 79 Prozent

    GOLD 3 30 bis 49 Prozent

    GOLD 4 weniger als 30 Prozent

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 7

  • 2. Bestimmung der Exazerbationshufigkeit und Symptomschwere zur pharmakologischen Thera-pieentscheidung

    Hierbei sind zwei Kriterien entscheidend: Hufigkeit von Exazerbationen (akute Ver-schlechterungen) in den vergangenen 12 Mo-naten

    Individuelle Ausprgung der Symptome in An-lehnung an die Auswertung des CAT-Fragebo-gens oder alternativ des mMRC-Fragebogens

    Beispiel einer Klassifizierung Ein Patient mit einer Lungenfunktion von weniger als30 Prozent des Sollwertes (=GOLD4), einer Auswertungim CAT-Fragebogen von 15 und mehr als zwei Exazer-bationen pro Jahr (=Klassifizierung D) hat nun einenSchweregrad 4D (vorher D).

    Ein anderer Patient mit der gleichen Lungenfunktion undSymptomatik, mit jedoch weniger als zwei Exazerbatio-nen pro Jahr, hat nun den Schweregrad 4B (vorher D).

    Die getrennte Betrachtungsweise von Lungenfunktionabgekoppelt von Symptomatik und Exazerbation, wie inden neuen GOLD-Empfehlungen beschrieben, ermg-licht eine individuellere symptombezogenere Behand-lung.

    Das Ziel ist eine Verbesserung der COPD-Kontrolle.

    Klassifizierung

    Exazerbations-hufigkeit Symptomatik

    A niedrig wenige Symptome0-1 Exazerba- CAT

  • Pneumologie 2017

    2 I 2017 COPD in Deutschland 09

    Punkte

    Ich huste nie. 0 1 2 3 4 5 Ich huste stndig.

    Ich bin berhaupt nicht verschleimt. 0 1 2 3 4 5 Ich bin vllig verschleimt.

    Ich spre keinerlei Engegefhl in der Brust. 0 1 2 3 4 5 Ich spre ein sehr starkes Engegefhl in der Brust.

    Wenn ich bergauf oder eine Treppe hinaufgehe, komme ich nicht ausser Atem.

    0 1 2 3 4 5 Wenn ich bergauf oder eine Treppe hinaufgehe, komme ich sehr ausser Atem.

    Ich bin bei meinen huslichen Aktivitten nicht eingeschrnkt.

    0 1 2 3 4 5 Ich bin bei meinen huslichen Aktivitten sehr stark eingeschrnkt.

    Ich habe keine Bedenken, trotz meiner Lungenerkrankung das Haus zu verlassen.

    0 1 2 3 4 5 Ich habe wegen meiner Lungenerkran-kung grosse Bedenken, das Haus zu verlassen.

    Ich schlafe tief und fest. 0 1 2 3 4 5 Wegen meiner Lungenerkrankung schlafe ich nicht tief und fest.

    Ich bin voller Energie. 0 1 2 3 4 5 Ich habe berhaupt keine Energie.

    Punktezahl Total

    M

    Fragebgen

    Symptome (CAT) und Atemnot (mMRC)Fllen Sie die Fragebgen unmittelbar vor dem Termin mit Ihrem behandelnden Hausarzt oder Lungenfacharzt aus undlegen diese vor. Die Fragebgen werden Ihnen und Ihrem Arzt helfen, die Auswirkungen der COPD auf Ihr Wohlbefinden und Ihr tglichesLeben festzustellen. Ihre Antworten und das Testergebnis knnen dazu verwendet werden, die Behandlung Ihrer COPD zuoptimieren, damit Sie bestmglich davon profitieren.

    CAT zur Ermittlung der SymptomeDer COPD-Assessment-Test (CAT) besteht aus acht Fragen. Der erreichte Punktewert kann zwischen 0 und 40 liegen. Je nied-riger dieser Wert (Score) ist, desto weniger ist der Alltag durch die COPD beeintrchtigt.

    mMRC zur Ermittlung der AtemnotErgnzend zum CAT kann die Modified-Medical-Research-Council (mMRC)-Atemnotskala verwendet werden. Mit ihr wirddie Atemnot beurteilt. Kreuzen Sie die Beschreibung an, die auf Sie zutrifft.

    Modified Medical Research Council (MMRC-) Dyspnoeskala

    Score Beschreibung

    0 Ich bekomme nur Atemnot bei sehr starker Belastung.

    1 Ich bekomme Atemnot bei schnellem Gehen in der Ebene oder bei leichter Steigung.

    2 Wegen meiner Atemnot bin ich beim Gehen langsamer im Vergleich zu Personen gleichen Alters ODER gezwungen zum Stehenbleiben beim Gehen in der Ebene.

    3 Ich muss bei einer Gehstrecke von 100 Metern oder nach 2 Minuten stehen bleiben.

    4 Ich kann wegen meiner Atemnot das Haus nicht verlassen oder komme beim An- und Ausziehen ausser Atem.

    Tipp: Diesen Fragebogen knnen Sie ausschneiden und zur mehrfachen Verwendung kopieren. Alternativ finden Sie den obenabgebildeten Bogen zum Ausdrucken im Internet unter www.Patienten-Bibliothek.de oder den CAT-Fragebogen unterwww.atemwegsliga.de/copd-assessment-test.html.

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 9

  • Pneumologie 2017

    mehr Wissen

    Medizinische Leitlinien sind systematisch entwickelteEmpfehlungen, die Arzt und Patient bei der Entschei-dungsfindung fr eine angemessene Behandlung inspezifischen Krankheitssituationen untersttzen.

    Unterschieden wird in welcher Form und nach welchenGrundlagen die Empfehlungen entwickelt wurden, wiez. B. Handlungsempfehlungen einer Expertengruppe,evidenzbasiert oder konsensbasiert.

    Als qualitativ besonders hochwertig gelten evidenz-und konsensbasierte Leitlinien (S3). Diese nach syste-matischer Recherche der Literatur evidenzbasiert ge-wonnenen Ergebnisse wissenschaftlich hochwertigerklinischer Studien werden von einem reprsentativenklinischen Expertengremium mit strukturierter Kon-sensfindung bewertet.

    Leitlinien wird heute weltweit eine hohe Bedeutung frdie Gesundheitsversorgung beigemessen. Bei Leitlinienhandelt es sich um Empfehlungen mit einem gewissenBehandlungskorridor und nicht um Richtlinien.

    Quelle: Prof. Dr. Ina Kopp, Leiterin des AWMF-Instituts fr Medizi-nisches Wissensmanagement, Marburg, Patienten-Bibliothek / Chir-urgie, Herbst 2014

    Bei der im Herbst 2017 erwarteten aktualisierten na-tionalen Leitlinie zur COPD handelt es sich um eineS2e-Leitlinie, die auf Grundlage einer systematischenRecherche, Auswahl und Bewertung wissenschaftlicherBelege (Evidenz) zu den relevanten klinischen Frage-stellungen entwickelt wird. Bei dem bereits verffent-lichen internationalen GOLD-Report 2017 handelt essich um Empfehlungen eines internationalen Exper-tengremiums.

    www.awmf.orgDas Portal der nationalen wissenschaftlichen Medizinder AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftli-chen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.. Hier sindalle nationalen wissenschaftlichen Leitlinien unter-schiedlichster Erkrankungen und soweit auch alle vor-handenen Patientenleitlinien zu finden. www.goldcopd.orgDas Portal der internationalen Gobal Initiative for chro-nic obstructive lung disease (GOLD) Informationennur in Englisch.

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  • 2 I 2017 COPD in Deutschland 11

    Pneumologie 2017

    Neue wissenschaftliche KonzepteInfektionen und ExerzerbationenExazerbationen (akute Verschlech-terungen) der COPD sind in derMehrzahl der Flle, aber keines-wegs immer, durch viraleoder/und bakterielle Infektio-nen ausgelst. Rhinoviren,Adenoviren, Influenzavirenund RS (respiratory syncytial)Viren stellen die viralen Haupt-verursacher dar. Bei den Bak-terien haben die Pneumo-kokken, Hmophilus influenzaeund Pseudomonaden die Fh-

    rungsrollen inne.

    Bei etwa einem Viertel der Erkrankten finden sich Virenund Bakterien gleichsam im Sputum (Auswurf) oder derBronchiallavage (hierbei wird Material ber eine Sp-lung der Bronchien mittels Lungenspiegelung gewon-nen), sodass sich die Frage stellt, ob das eine das anderebegnstigt.

    Interessanterweise kann man aber auch bei 25 % derFlle diese Erreger whrend stabiler Phasen der Erkran-kung nachweisen. Schadstoffe, in vorderster Front Ziga-rettenrauch, aber auch Luftverunreinigungen derUmwelt, begnstigen in noch nicht berschaubarem Zu-sammenhang Infektionen (beachten Sie hierzu auch dieBeitrge in der Rubrik Luftqualitt).

    Direkt im Zusammenhang mit Exazerbationen lassen sichzudem erhhte Konzentrationen von Entzndungsbo-tenstoffen (Cytokine wie IL-6, IL-8) messen, die entwe-der als Antwort auf oder Folge einer vorausgegangenenInfektion bestimmbar sind.

    Derzeit gibt es auer Antibiotika keine Erfolg versprechen-den Behandlungsmglichkeiten gegen bakterielle Infektio-nen, weshalb intensive Anstrengungen unternommenwerden, dies zu verbessern und auch das Zusammenwirkenvon Bakterien und Viren besser zu verstehen.

    Gegen Bakterien ohne Antibiotika?In der Entstehung von bakteriellen Infektionen scheinenspezielle Bindungsstellen (=Rezeptoren) auf der Schleim-haut (=Epithel) der Atemwege bedeutsam zu sein. DieseRezeptoren (=PAF-Rezeptoren), finden sich im Epithel gro-er und kleiner Atemwege und sind bei Patienten mitCOPD und bei Rauchern vermehrt ausgeprgt. An dieseBindungsstellen knnen sich sowohl Pneumokokken als

    auch H. influenzae Bakterien als sogenannte Agonistenbinden. Das funktioniert ber spezielle Kontaktstellen(=ChoP), die diese Bakterien in ihrer Zellwand aufweisen.

    Der Beeinflussung dieser PAF-Rezeptoren durch Schad-stoffe oder durch eine bakterielle Infektion gingen Mitar-beiter der Arbeitsgruppe von S. Shukla aus Australien nach.Man benutzte hierfr gut erprobte Zellen von Atemwegs-epithel und setzte sie vier Stunden Zigarettenrauch aus.Im Anschluss daran bestimmte man die Anzahl der PAF-Rezeptoren im Vergleich zu Zellen, die nicht berauchtworden waren. Dabei konnte man sehr schn zeigen, dassdie Auseinandersetzung mit Rauch bei den Zellen dazu ge-fhrt hat, dass wesentlich mehr der PAF-Rezeptoren aufden Atemwegszellen messbar waren.

    In weiteren Experimenten berprfte man die PAF-Rezep-toren vor und nachdem man sie mit Pneumokokken oderH. influenzae infiziert hatte. Auch dieser Reiz, wurde durchdie Zellen mit einer Vermehrung der PAF-Rezeptoren be-antwortet. Damit konnte gezeigt werden, dass sich Bakte-rien selbst - bereits durch ihre Anwesenheit - in denAtemwegen gute Voraussetzungen schaffen, um an denZellen angreifen zu knnen und in deren Zellinneres zu ge-langen. Raucher leben dabei nochmals gefhrlicher, da so-wohl durch Zigarettenrauch/Schadstoffe als auch durchBakterien PAF-Rezeptoren ausgebildet werden und damiteine Infektion bei Rauchern noch intensiver ablaufen kann,als bei alleiniger Bakterienbesiedelung.

    Diese Ergebnisse passen sehr gut zu den Erfahrungen ausder rztlichen Praxis. Hier sind auch die besondersschwer verlaufenden Lungenentzndungen in ersterLinie bei Rauchern zu beobachten.

    Nachdem es bereits Substanzen gibt, die verhindern,dass Agonisten an die PAF-Rezeptoren binden, soge-nannte PAF-Antagonisten, wollten die Forscher mit die-ser Arbeit berprfen, ob diese in der Lage sind, dieBindung von Pneumokokken und H. influenzae an dieAtemwegszellen zu verhindern. Bei den Versuchen zeig-ten sich sehr ermutigende Ergebnisse. So konnte durchdie Zugabe des PAF-Antagonisten (WEB-2086) einedeutliche Hemmung der Bakterienbindung an die Zel-len erzielt werden. Nachdem es bereits experimentellAnwendungen von WEB-2086 beim Menschen gibt, dieohne relevante Nebenwirkungen geblieben sind, ist evtl.auf diese Weise ein neuer, nicht-antibiotischer Wirkan-satz in der Bekmpfung bakterieller Infektionen an denAtemwegen gegeben.

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 11

  • 12 COPD in Deutschland 2 I 2017

    Viren an der genetischen FestplatteDie Antwort von Atemwegszellen auf Entzndungssignaleist auerordentlich komplex und nur teilweise verstanden.Ein umfassendes Orchester ist an der Ausgestaltung be-teiligt und dazu noch mit verschiedenen Dirigenten.

    Die sehr hufig (>50 %) mit Exazerbationen der COPD ver-gesellschafteten Viren knnen dabei Steuerungsfunktionenbernehmen, die sich insbesondere gegen Stellgren rich-ten, die fr die Entzndungskontrolle zustndig sind.

    Wesentlich kommt whrend Entzndungen auch soge-nannter oxidativer und nitrosativer Stress (= O+N-Stress)zum Tragen, dessen Rolle fr die akute Exazerbationnoch unklar ist. Jedenfalls knnen diese Reaktionspro-dukte leicht in die Zelle eindringen und dort erheblichefunktionelle Strungen z. B. an Mitochondrien, Enzymenund Ionenkanlen verursachen.

    Vermehrt nachweisbar ist der O+N-Stress im Gefolgevon viralen Infektionen. Eine wichtige Kenngre zurKontrolle von Entzndungsreaktionen ist die sog. HDAC(Histondeacetylase). Sie ist in der Lage, den Nachschubvon Entzndungsvermittlern (Cytokine, Chemokine)durch Hemmung ihrer Genexpression im Zellkern zudmpfen. Mglicherweise als Folge von chronisch ent-zndlichen Vernderungen ist ihre Aktivitt bei COPDPatienten, je nach Schweregrad, gedmpft.

    In einer aktuellen Studie von Footitt et al. wurden COPDPatienten sowie Raucher und Nichtraucher mit Rhinovi-ren infiziert. Anschlieend wurde geprft, was eine sol-che programmierte und damit gut steuerbare Infektionfr Auswirkungen auf entzndliche und antientzndlichwirkende Zellbestandteile ausbt. Hierzu wurde Sputumund BAL (bronchoalveolre Splflssigkeit) vor und ingewissen Zeitabstnden nach der Virusinfektion abge-nommen und auf Viruslast, Entzndungsreaktionen(HDAC) und entzndliche Marker untersucht. Dabeizeigte sich am 9. Tag nach der Infektion der Gipfel der

    Virusmenge, mit einem eindeutigen (signifikant) hherenNachweis von Viren, Reaktionsprodukten des O+NS-Stoffwechsels, Entzndungszellen und Entzndungs-markern bei den COPD-Patienten, nicht dagegen beiNichtrauchern und gesunden Probanden. Bei ihnen warim Trend eine Steigerung der HDAC-Aktivitt als Reak-tion auf die Virusinfektion feststellbar.

    Dies deutet auf eine wichtige regulatorische Rolle derHDAC in der Entzndungssteuerung bei der COPD hin.Wie diese Erkenntnisse in klinische Behandlungskon-zepte umzusetzen sind, kann derzeit noch nicht beur-teilt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man nurerwhnen, dass Acetylcystein (abgekrzt ACC), VitaminB12, und hier besonders das Hydroxycobalamin, als ef-fektive O+NO-Fnger gelten und sowohl Cortison alsauch Theophyllin potente Wirkstoffe darstellen, um dieHDAC-Aktivitt zu steigern.

    Professor Dr. Rainer Willy HauckInternist, Pneumo-loge, Kardiologe,AllergologeChefarzt Klinik fr Pneumologie und Beatmungsmedizin Klinikum Alttting

    Anhaftung von Bakterien an die Schleimhaut der Atem-wege. Diese kann durch eine Phosphorylcholin-Bindungs-stelle (ChoP) auf der Bakterienwand an PAF-Rezeptoren(PAF-R) im Atemwegsepithel erfolgen. Die Bindung kanndurch einen spezifischen PAF-Rezeptor Antagonisten (R-Blocker) gehemmt werden. H. inf. - Hmophilus influenzae;S. pneu. - Streptococcus pneumoniae

    Pneumologie 2017

    P

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 12

  • Der Respimat

    1 Deutsche Atemwegsliga e. V., Richtig inhalieren. http://www.atemwegsliga.de/respimat.html (Letzter Zugri : 04.04.2017).

    Weitere Informationen zum Respimat nden Sie unter www.respimat.de

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  • 14 COPD in Deutschland 2 I 2017

    Bei einem Lungenemphysem sind die kleinsten luftge-fllten Strukturen der Lunge (Alveolen), an denen derAustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid stattfindet,irreversibel berblht. Durch die berblhung staut sichquasi die Atemluft in der Lunge. Dadurch ist insbeson-dere der Atemfluss beim Ausatmen behindert, was letzt-endlich zur Atemnot fhrt.

    Am hufigsten tritt ein Lungenemphysem in Zusam-menhang mit einer COPD auf, es kann jedoch ebensoFolge eines Alpha-1-Antitrypsinmangels oder einer chro-nischen Entzndung der Lunge sein. In den vergange-nen Jahren haben sich interventionelle Verfahren, d.h.gezielte Eingriffe zur Reduktion des erkrankten Gewe-bes, die Lungenvolumenreduktion, als Therapieoption beieinem fortgeschrittenen Lungenemphysem etabliert.

    Im Gesprch mit Professor Dr.Felix Herth, Chefarzt der Ab-teilung Pneumologie und Be-atmungsmedizin, Thoraxklinik,Universittsklinikum Heidel-berg, erfahren wir mehr berdie aktuellen wissenschaftli-chen Entwicklungen.

    Erstmals wurden interventionelle Verfahren zur Lun-genvolumenreduktion (LVR) in die neuen GOLD-Em-pfehlungen eingebunden. Um welche Verfahrenhandelt es sich und welche Entwicklungen haben zurAufnahme in die Empfehlungen gefhrt?

    Bei den endoskopischen Verfahren, die whrend einerLungenspiegelung mittels eines kleinen flexiblen Rohresdurchgefhrt werden knnen und nun in die GOLD-Empfehlungen aufgenommen wurden, handelt es sichum Ventile und Spiralen, die gezielt in die Lungenlappeneingesetzt werden.

    Diese Verfahren wurden in die Empfehlungen aufge-nommen, da die vorliegenden wissenschaftlichen Studi-energebnisse berzeugend waren.

    Angesichts eindeutiger Studiendaten wissen wir inzwi-schen, dass eine LVR den dafr qualifizierten Patienten ein-deutige Vorteile bringen kann. Die Daten der ersten 500Patienten, die seit 2003 behandelt wurden, zeigen

    im Verlauf, dass sich neben der beobachteten Symp-tomverbesserung auch die berlebenszeit verlngert hat.Diese Studienergebnisse befinden sich aktuell in der Ver-ffentlichung.

    Umso erstaunlicher, dass sich derzeit der medizinischeDienst der Krankenkassen (MDK) bei einer berprfungmeist gegen die bernahme der Kosten entscheidet. Nichtjede Krankenkasse lsst berprfungen vornehmen, den-noch sollte rechtzeitig gegen diese Entwicklung interve-niert werden auch von Seiten der Patienten. Denn eskann nicht sein, dass fr bestimmte Emphysempatientennicht mehr alle Mglichkeiten zur Verfgung stehen.

    Fr Ende August sind die aktualisierten nationalenVersorgungsleitlinien fr COPD angekndigt. Werdensich die nationalen von den internationalen Empfeh-lungen unterscheiden?

    Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Empfehlun-gen grundstzlich unterscheiden.

    Welche Entwicklungen sind in der Patientenselektionfr eine LVR zu verzeichnen?

    Hier hat sich einiges getan. Wir wissen heute, dass frden Erhalt aussagekrftiger Daten im Vorfeld einer LVR

    Pneumologie 2017

    NeuigkeitenInterventionelle Therapie des Lungenemphysems

    Ventil

    Spirale

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 14

  • 2 I 2017 COPD in Deutschland 15

    Pneumologie 2017

    - unabhngig vom Verfahren - ein spezielles CT mit ent-sprechender Auswertung eingesetzt werden muss. Hier-bei handelt es sich um eine sogenannte quantitativeComputertomographie (QCT), deren Ergebnisse mit Hilfeeiner entsprechenden Software weiter aufgearbeitetwerden mssen.

    ber diese Voruntersuchung (sowie Lungenfunktions-messungen und andere Belastungstests) erhalten wir allenotwendigen Informationen zur individuellen Auspr-gung des Lungenemphysems eines Patienten. Nur berdiesen Weg kann eine eindeutige Patientenselektion si-chergestellt und die Entscheidung fr das anzuwen-dende Verfahren erfolgen.

    Weiterhin hatten wir bisher angenommen, dass das Vorlie-gen von Homogenitt bzw. Heterogenitt eines Lungenem-physems Einfluss auf den Erfolg einer LVR nimmt. Bei einemhomogenen Emphysem sind die Lungenlappen eines Lun-genflgels gleichmig emphysemats verndert. Bei einemheterogenen Emphysem ist ein Lungenlappen eines Lun-genflgels deutlich strker verndert als der andere.

    Die Erfahrung hat uns jedoch gezeigt, dass alle Verfah-ren einer LVR sowohl bei einem homogenen als auch beieinem heterogenen Lungenemphysem erfolgreich ange-wendet werden knnen.

    Welche Rolle nehmen die Verfahren mit Wasserdampfund Biokleber bei der LVR ein?

    Das Verfahren mittels Wasserdampf ist in der Entwick-lung inzwischen wesentlich weiter als das Verfahren mit-tels Biokleber. Bereits im vergangenen Jahr konntenhierzu zwei groe Studien verffentlicht werden.

    Da fr das Verfahren nun auch die CE-Kennzeichnung (Be-sttigung zur Einhaltung der produktspezifischen europi-schen Richtlinien) vorliegt, kann dessen Anwendung in allengroen Lungenzentren in Deutschland erfolgen. Patienten

    sollten jedoch darauf achten, dass sie in eine sogenannteRegisterstudie eingeschlossen werden. Dadurch werden alleDaten der Umsetzung erfasst, ausgewertet und sind imSinne der Versorgungsroutine nachvollziehbar. Zudem wer-den die Kosten fr den Wasserdampf innerhalb einer Regis-terstudie bernommen, whrend dies auerhalb einer Studiederzeit noch nicht der Fall ist.

    Das Verfahren mittels Biokleber wurde hinsichtlich derKomponenten des Klebers sowie dessen Anwendungkomplett berarbeitet. Aktuell wird in einigen groenLungenzentren hierzu eine Studie durchgefhrt.

    Die Verfahren Wasserdampf und Biokleber stellen Alter-nativen fr Patienten, die nicht fr Ventile und nicht frSpiralen geeignet sind, dar.

    Welche Entwicklung verzeichnet sich aktuell bei demneueren Verfahren der Denervierung von Lungennerven,der sogenannten Targeted Lung Denervation (TLD)?

    Mit den vorab beschriebenen Verfahren (Ventile, Spira-len, Wasserdampf und Kleber) werden Patienten, die sichin einem weit fortgeschrittenen Stadium der Erkrankungbefinden, behandelt.

    Wir haben jedoch ebenso Patienten, deren Emphysemnoch nicht so ausgeprgt ist und die trotz Inhalation mitbronchienerweiternden Medikamenten, weiterhin berBeschwerden klagen. Fr diese Patienten befindet sichdie Lungendenervierung derzeit innerhalb von Studien inder Erprobung.

    Bei einer Denervierung wird der Vagusnerv in der Lunge mit-tels eines Stromstoes zerstrt. Der Nerv kann somit keinSignal mehr an die Atemmuskulatur geben, damit sich diesezusammenzieht. Die Wirkung der medikamentsen Inhala-tionstherapie lst einen hnlichen Effekt aus, hierbei wirddurch die Wirkung der chemischen Substanzen die Signal-bermittlung vom Nerv auf den Muskel minimiert.

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 15

  • Derzeit befassen wir uns im Hinblick auf die Denervie-rung mit zwei Fragestellungen: 1. Mssen Patienten mit einer Denervierung ber-

    haupt noch regelmig ein Medikament einneh-men oder kann mit einer einmaligen Interventionso viel erreicht werden, wie bei einer tglichen In-halation?

    2. Kann nach einer Denervierung und weiteren Gabeeines Medikamentes die Wirkung sogar verdop-pelt werden?

    Derzeit werden auch hierzu Studien in einigen groenLungenzentren in Deutschland durchgefhrt.

    Von welchen neuen Entwicklungen knnen Sie nochberichten?

    Bisher haben wir ber die Patientengruppe gesprochen,deren vorrangiges Problem die Luftnot ist. Doch ebensohaben wir Patienten, die vor allem eine Schleimproble-matik aufweisen. Deren Drsen produzieren vermehrtSchleim, wodurch die Drsen grer werden und nochmehr Schleim produzieren.

    Fr diese Patientengruppe ist derzeit ebenfalls ein endosko-

    pisches Verfahren in der Erprobung. Mittels einer Klte-technik (Kryo-Spray) wird gezielt flssiges Stickoxid auf dieSchleimdrsen gesprht. Durch die Zerstrung der Schleim-drsen wird die Schleimbildung unterbunden.

    Auch diese Anwendung erfolgt innerhalb von Studien,in Deutschland derzeit in Heidelberg.

    Auch wenn es sich nicht um eine endoskopische The-rapie handelt, fr welche Patienten kann eine chirur-gische LVR sinnvoll sein?

    Manche Patienten knnen ganz klar besser von einemchirurgischen Verfahren profitieren als von einem endo-skopischen. Hat ein Patient beispielsweise ein Emphysem,das sich nur am Lungenrand befindet, so ist es viel einfa-cher, diesen Rand chirurgisch ber den Weg von auen- als endoskopisch also von innen - zu entfernen.

    Ich empfehle daher, dass Patienten immer - nach der be-reits beschriebenen Diagnostik im CT und dem Befund wiedas Emphysem verteilt ist die Ergebnisse in einer Konferenzinterdisziplinr, bestehend aus verschiedenen Fachrzten, soauch dem Chirurgen, besprochen werden. In Kliniken mitgrossen Lungenzentren ist dieses Procedere die Regel.

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  • 2 I 2017 COPD in Deutschland 17

    ON

    Neuer StellenwertNachhaltigkeit der pneumologischen Rehabilitation

    Pneumologie 2017

    Innerhalb des Behandlungskonzepts von Lungenerkran-kungen wie der COPD, Asthma bronchiale, Mukoviszi-dose, idiopathische Lungenfibrose (IPF), Lungen-hochdruck, Lungenkrebs, aber auch vor und nach einerLungenvolumenreduktion oder einer Lungentransplan-tation nimmt die pneumologische Rehabilitation einenwichtigen Stellenwert ein.

    Dieser Stellenwert spiegelt sich deutlich in der neuenDefinition der internationalen Pneumologischen Gesell-schaften wider (ATS/ERS Statement Spruit et al. 2013): Pneumologische Rehabilitation ist eine umfassende In-tervention, die ein sorgfltiges Erkennen der individu-ellen Probleme sowie ein spezielles Therapieprogrammbeinhaltet, das nicht nur auf krperliches Training undSchulung, sondern auch auf eine nderung des Verhal-tens abzielt. Dadurch soll das krperliche und psychi-sche Befinden von Patienten mit chronischenLungenerkrankungen verbessert werden und ein lang-fristiges Beibehalten einer gesundheitsbewussteren Le-bensweise erreicht werden.

    Besonders hervorzuheben, so betont Professor Dr. KlausKenn, Schn Klinik Berchtesgadener Land, sind dabei dreiPunkte:

    sorgfltiges Erkennen individueller Probleme nderung des Verhaltens langfristiges Beibehalten einer gesundheitsbe-

    wussteren Lebensweise

    VerhaltensnderungBei Lungenpatienten mssen nicht nur die Atemtechnikund die Beweglichkeit trainiert, sondern auch eine lang-fristige Verhaltensnderung herbeigefhrt werden hin

    zu mehr Bewegung und zu einem insgesamt gesnde-ren Lebensstil.

    Eine Erkrankung wie beispielsweise die COPD, so Kenn,sei aufgrund damit einhergehender Faktoren wie Atem-not, Muskelabbau etc. eine immobilisierende Erkran-kung. Daher sei hier ein aktiver Lebensstil ganzbesonders wichtig. In Untersuchungen konnte nachge-wiesen werden, dass ein eindeutiger (signifikanter) Zu-sammenhang zwischen Aktivittslevel und derVerschlechterung der Gesamtsituation des Patienten be-stehe, erklrt Kenn. Wer aktiv ist, hat eine deutlich h-here berlebensrate.

    Daher komme der Trainingstherapie whrend einer Reha-bilitation der COPD eine zentrale Rolle zu. Eine solche Trai-ningstherapie sollte ein auf den jeweiligen Patientenzugeschnittenes Kraft- und Ausdauertraining beinhalten.Auch bei Patienten in einem fortgeschrittenen Krank-heitsstadium sei eine solche Therapie mglich, so Kenn.

    Fr viele COPD-Patienten eigne sich ein sogenanntes In-tervalltraining. Dabei handelt es sich um eine Trainings-methode, bei der sich Belastungs- und Erholungsphasenabwechseln, also keine Dauerbelastung stattfindet unddie Patienten somit nicht so leicht in Atemnotsituatio-nen geraten. Dennoch ist bei dieser Methode eine deut-liche Leistungssteigerung zu erkennen. Auch dasVibrationstraining sei als Zusatz zur Trainingstherapie ef-fektiv. Wichtig zu wissen sei, dass eine Langzeit-Sauer-stofftherapie und selbst eine nicht-invasive Beatmungkein Hindernis fr ein Training darstellen.

    Reha nach akuter ExazerbationWie effektiv eine pneumologische Rehabilitation unterEinbeziehung einer Trainingstherapie wirklich sein kann,wurde in unterschiedlichen Studien getestet. So habenneun Studien untersucht, wie sich die Trainingstherapienach einer akuten Exazerbation (akuten Verschlechte-rung) bei COPD-Patienten auswirkt. Dabei wurde unteranderem deutlich, dass die Sterberate bei Patienten, dienach einer Exazerbation eine stationre oder ambulanteRehabilitation inklusive krperlichem Training erhielten,mit 10 Prozent deutlich geringer ausfiel als in der Ver-gleichsgruppe ohne Rehabilitation mit fast 30 Prozent.

    Die aktuellen wissenschaftlichen Empfehlungen spre-chen sich daher fr eine pneumologische Rehabilitationim Sinne einer AHB-Manahme (Anschlussheilbehand-

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 17

  • lung) nach einer akuten Verschlechterung einer COPD,die zu einem Krankenhausaufenthalt fhrte, aus.

    Aktuell sieht die Realitt in Deutschland allerdings nochganz anders aus. Rehabilitation nach einem Kranken-hausaufenthalt bei COPD findet mit ca. 4 % kaum statt.Ganz im Gegensatz zu der in der Schwere der Erkrankungvergleichbaren Situation eines Herzinfarktes. Bei einemHerzinfarkt liegen die Zahlen einer eingeleiteten AHB-Manahme nach Krankenhausaufenthalt bei 70,3 %.

    Angebote wahrnehmen und auf Qualitt achtenEs gelte bei allen Beteiligten Patienten, rzten, Kos-tentrgern und auch Anbietern die Wahrnehmung frdie positiven Effekte einer pneumologischen Rehabilita-tion zu schrfen und somit ein Umdenken fr deren Not-wendigkeit einzuleiten, so Kenn. Wobei es elementarwichtig sei, auf Qualitt zu achten. Derzeit gebe es ein zubreites Spektrum an Angeboten. Eine pneumologischeRehabilitation bentige jedoch ausgebildete Fachkrfteund entsprechendes Knowhow, um die notwendigenManahmen gezielt umsetzen und so Effekte erzielen zuknnen. Auch Kostentrger mssen lernen, so Kenn,zwischen billig und preiswert zu unterscheiden.

    Patienten forderte Kenn auf, Vergleiche anzustellen,auch bereit zu sein, ber eine weiter entfernt liegendeRehabilitationsklinik nachzudenken und ebenso vom pa-tienteneigenen Wunsch- und Wahlrecht Gebrauch zumachen.Text: Sabine Habicht/Caroline Friedmann

    Quelle: Vortrag ProfessorDr. Klaus Kenn, Schn Kli-nik Berchtesgadener Land,Schnau am Knigsseewhrend des 17. Patien-tenforums Lunge anlss-lich des 58. DGP-Kongressin Stuttgart Weitere In-formationen zum Patien-tenforum entnehmen Siebitte www.lungeninforma-tionsdienst.de.

    Hinweis: In der Herbstausgabe der Patienten-Bibliothek /COPD in Deutschland, die am 01. September 2017 er-scheint, finden Sie einen separaten Beileger zu Rehabilitationskliniken in Deutschland.

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  • Pneumologie 2017

    Neue WegeUntersttzende telemedizinische Betreuung

    Die moderne digitaleTechnik hat lngst Einzuggehalten in unser alltgliches Leben. Viele dieserNeuerungen haben sich schon als hilfreich erwiesen,andere wirken noch utopisch. Als sehr ntzlich einzu-stufen sind in jedem Fall die Mglichkeiten, die sichdank moderner Kommunikationsmittel fr die medizi-nische Versorgung erffnen: Patienten mit chroni-schen Erkrankungen wie der COPD knnenbeispielsweise auch ber grere Entfernungen zurArztpraxis engmaschig betreut werden.

    Magda S. ist 67 Jahre alt, wohnt in einem kleinen Ort inder Uckermark im Land Brandenburg, die nchste gr-ere Stadt ist Prenzlau, ca. 60 km entfernt. Frau S. leidetan einer Volkskrankheit chronisch obstruktive Atem-wegserkrankungen (COPD) gehren mit etwa 13 % zuden hufigsten chronischen Erkrankungen. Um denKrankheitsverlauf zu berwachen und akuten Exazerba-tionen vorzubeugen, sind regelmige rztliche Unter-suchungen notwendig, z. B. Sauerstoffsttigung im Blutzu bestimmen, mgliche Infektionen abzuklren etc., er-luterte Kongressprsident Prof. Dr. Martin Kohlhufl,Stuttgart, in der Auftaktpressekonferenz des diesjhri-gen Kongresses der Deutschen Gesellschaft fr Pneu-mologie und Beatmungsmedizin. Magda S. fhrt selbstnicht Auto, ffentliche Verkehrsverbindungen sind rar,

    und sie wre in ihrem schlechten Gesundheitszustandfr eine Arztkonsultation jedes Mal einen ganzen Tagunterwegs. In solchen Situationen, vor denen auch zahlreiche an-dere Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Blut-hochdruck oder Diabetes hufig stehen, kann dieTelemedizin dazu beitragen, eine vor allem in lndlichenGebieten Deutschlands drohende Unterversorgung zukompensieren.

    Zu Hause gut betreut Definitionsgem umfasst Telemedizin die rztliche Ttig-keit am und mit dem Patienten ber eine rumliche Di-stanz hinweg und gewhrleistet so eine enge Interaktionzwischen Patient und Arzt. Unter dem Begriff Telemedizinwerden innovative Versorgungsmethoden zusammenge-fasst, bei denen grere Entfernungen zwischen Arzt undPatient mittels Informations- und Kommunikationstech-nik berbrckt werden (Telemo-nitoring), erklrte Kohlhufl.Mit Hilfe der modernen Technikknne Telemonitoring potenzielldie Versorgung chronisch lun-genkranker Patienten im Hin-blick auf Behandlungsqualitt,Therapietreue, Lebensqualittund Verringerung stationrerAufenthalte verbessern.

    Telemedizinische berwachungist mglich geworden durch dieEntwicklung von Messgerten, die einfach zu handha-ben sind und zuverlssige Messwerte liefern. Neben derbermittlung von Messdaten und ggf. neu aufgetrete-nen Beschwerden vom Patienten zum Arzt kann mit derTelemedizin die Therapie gesteuert und mit dem Patien-ten kommuniziert werden: Per Telefonanruf, SMS oderber E-Mail wendet sich der Arzt an den Patienten, umggf. in die Behandlung einzugreifen um z. B. die Me-dikation anzupassen oder wichtige Zielvariablen wieUmwelteinflsse, die Zahl der Exazerbationen, Lebens-qualittsdaten bei Patienten mit Lungenerkrankungenzu erfassen.

    Auch die auerklinische invasive Beatmung, die sich inden letzten Jahren als Therapieform bei Patienten eta-bliert hat, deren Krper die notwendige Atemarbeit frdie Sauerstoffversorgung nicht mehr aufbringen kann(chronisch ventilatorische Insuffizienz), erfordert eineengmaschige rztliche und pflegerische Versorgung, bei

    2 I 2017 COPD in Deutschland 19

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 19

  • der die Telemedizin zum Einsatz kommen kann. Auer-dem kann die Telemedizin einen wertvollen Beitrag zurbesseren Vernetzung der Transplantationszentren fr Pa-tienten vor und nach Lungentransplantation leisten. ImBereich der Schlafmedizin, z. B. bei Patienten mit einernCPAP-Therapie (nasal Continuous Positive Airway Pres-sure) zur Behandlung einer obstruktiven Schlafapnoe,ermglicht die Telemedizin eine Fernabfrage der Thera-piegerte und die zentrale Auswertung der Daten. Nebender Erfassung von Messwerten sei jedoch auch eine re-gelmige IT-gesttzte Vermittlung von Schulungsin-halten durch ein Telecoatching mglich.

    Modellprojekte TelemedizinBeispielhaft stellte Prof. Kohlhufl in diesem Zusam-menhang ein krzlich gestartetes Pilotprojekt vor: Im Ja-nuar 2017 gab die rztliche Vereinigung Baden-Wrttemberg im Rahmen eines Programms "Ziel und Zu-kunft" ein IT-gesttztes innovatives pneumologischesVersorgungs-Modellprojekt zur Flchenversorgung in derPneumologie zur Frderung frei. Ziel ist die verbesserteVersorgung von Patienten mit COPD und Asthma. DiesesProjekt wird in interdisziplinrer Zusammenarbeit vonPneumologen mit den zustndigen Hausrzten inBaden-Wrttemberg realisiert

    Bei einem weiteren Projekt, das bereits seit 2012 vomTelemedizinischen Zentrum (TMZ) am Stuttgarter Ro-bert-Bosch-Krankenhaus (RBK) in Kooperation mit derKlinik Schillerhhe (Stuttgart-Gerlingen) zusammen mitder Techniker Krankenkasse (TKK) durchgefhrt wird,werden COPD-Patienten ebenfalls telemedizinisch be-gleitet. Ziel sei auch hier, mit telemedizinischen Lsun-gen die medizinische Versorgung und das Selbst-management von Patienten mit COPD nachhaltig zu ver-bessern sowie durch frhzeitiges Erkennen von Ver-schlechterungen Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.

    Auch bei diesem Projekt gehe es nicht nur um eine reineDatenbertragung von Blutdruck, Sttigung und weite-ren Messdaten, sondern vor allem darum, die Patientenregelmig IT-gesttzt mit Schulungsinhalten vertrautzu machen und Schulungsinhalte aus dem ambulantenSektor online mit dem Patienten zu besprechen, betonteProf. Kohlhufl.

    Insgesamt wurden bis 2014 mehrere Hundert Patientenim Rahmen des dafr geschlossenen integrierten Ver-sorgungsvertrag (IV-Vertrag) betreut. Die Akzeptanz derbisher teilnehmenden Patienten sei verblffend gut, be-richtete der Pneumologe.

    Wo liegen die Hrden fr bundesweite Anwendung derTelemedizin?

    Als aktuelle Hemmnisse zur flchendeckenden Anwen-dung der Telemedizin wurden vor allem der Mangel annahtloser Zusammenarbeit verschiedener Systeme, feh-lende Abrechnungsmglichkeiten fr rzte und offeneRechtsfragen benannt. So schaffe beispielsweise dasFernbehandlungsverbot noch viel Unsicherheit. In einerStellungnahme der Bundesrztekammer (BK) wird al-lerdings eindeutig erklrt , dass eine alleinige, ohne Pa-tientenkontakt durchzufhrende Behandlung ohnehinuntersagt ist, d. h. einen Patienten ausschlielich web-basiert zu betreuen, ist nicht mglich. Der Arzt-Patien-ten-Kontakt ist nach wie vor vorgeschrieben und erstdanach kann eine weitere Betreuung auch IT-gesttztstattfinden.

    Bleibt zu hoffen, dass solche wie die hier vorgestelltenProjekte sich bewhren und deutschlandweit Schulemachen. Damit auch Patienten wie Magda S. in ihrembrandenburgischen Dorf bald davon profitieren knnen.

    Nhere Informationen zu allen aktuellen Projekten in derTelemedizin finden Sie im neuen Deutschen Telemedi-zinportal gematik unter www.telemedizinportal.gema-tik.de. Geben Sie in der Suchfunktion den BegriffPneumologie ein, finden sich aktuell (Abruf am 2. Mai2017) neun Projekte, mit dem Stichwort COPD werdensechs Projekte angezeigt und deren wichtigste Eckdatenaufgefhrt.

    Das Telemedizinportal ist eine informative Internet-plattform, die Mglichkeit einer aktiven Kommunika-tion zwecks Teilnahme an derartigen Projekten ist jedochderzeit leider sehr begrenzt.

    Text: Elke Klug Quelle: 58. Kongresses der Deutschen Gesellschaft fr Pneuomologieund Beatmungsmedizin (DGP) PK am 23.3.2007 in Stuttgart

    20 COPD in Deutschland 2 I 2017

    Pneumologie 2017

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 20

  • Schlaf hat bei Lungenerkrankungen wie COPD und Lun-genemphysem nicht immer eine ausruhende Wirkungund Funktion. Bereits die tagsber vorhandenen Symp-tome wie Husten, Auswurf, Atemnot knnen auch dieNachtruhe stren, aber auch eine Reihe von anderenFaktoren wie z. B. Begleiterkrankungen des Herzens spie-len hierbei eine Rolle. Im Gesprch mit Professor Dr.

    Winfried J. Randerath,Chefarzt der Klinik frPneumologie und Beat-mungsmedizin, Zentrum frSchlaf- und Beatmungsme-dizin des Klinkums Betha-nien in Solingen, erfahrenwir die aktuellen Neuigkei-ten zur Schlafmedizin imNachgang des Pneumologie-Kongresses in Stuttgart.

    brigens, auch die Teleme-dizin (siehe Beitrag auf Seite 19) hlt Einzug bei derSchlafmedizin. Ein erstes wissenschaftliches Positions-papier zu Telemonitoring bei schlafbezogenen At-mungsstrungen wurde unter Federfhrung vonProfessor Randerath soeben verffentlicht - siehewww.pneumologie.de.

    Welche Auswirkungen knnen Lungenerkrankungen aufSchlaf und schlafbezogene Atmungsstrungen haben?Ist der Schlaf bei Patienten mit COPD noch erholsam?

    Die obstruktive Schlafapnoe und die chronisch obstruk-tive Lungenkrankheit (COPD) sind Erkrankungen, diebeide mit je etwa 10 % in der Gesamtbevlkerung auf-treten. Naturgem ist mit einem Zusammentreffen bei-der Erkrankungen mindestens bei 1 % zu rechnen.

    Flssigkeitsverschiebungen in die obere Krperhlfte beiSchwche des rechten Herzens, Entzndungen der obe-ren Atemwege durch das Zigarettenrauchen und Fett-einlagerungen unter Kortisontherapie knnen beiPatienten mit einer COPD die obstruktive Schlafapnoebegnstigen. Andererseits leiden COPD-Patienten hufigunter einem verringerten Krpergewicht, vermindertemTraumschlaf (REM-Schlaf) und sie nutzen Medikamente,die die Atmung stimulieren (Theophyllin). Diese Fakto-ren reduzieren das Risiko fr Schlafapnoe.

    Die COPD kann auch direkt den Schlaf beeintrchtigen,indem sie Schlafqualitt und Sauerstoffsttigung imSchlaf reduziert. Schon der Gesunde vermindert seineAtmung. Bei Patienten mit COPD sind diese Effekte ver-strkt. So verlieren COPD-Patienten im Schlaf etwa 30 %ihres Atemminutenvolumens. Daher manifestiert sicheine Atmungsinsuffizienz zunchst im Schlaf, auch wennam Tag noch normale Kohlendioxidwerte gemessen wer-den. Mit zunehmendem Schweregrad der COPD leidendie Patienten immer mehr unter Symptomen in derNacht und am frhen Morgen.

    COPD-Patienten verlieren im Schlaf etwa 30 % ihres Atemminutenvolumens.

    COPD und obstruktive Schlafapnoe (OSAS) nehmen auchEinfluss auf die Leistungsfhigkeit des rechten Herzens.Der Sauerstoffmangel in den Lungenblschen verengtdie Blutgefe in der Lunge, es kann zum dauerhaftenUmbau der Gefe und zum Lungenhochdruck kommen.Bei alleiniger obstruktiver Schlafapnoe wird nur seltenund meist nur in milder Form ein Lungenhochdrucknachgewiesen. Treffen jedoch COPD und OSAS zusam-men, wird eine Erhhung der Lungendruckwerte bei derMehrheit der Patienten nachgewiesen. Die zunehmendeHypoxie (Mangelversorgung des Gewebes mit Sauer-stoff) im Schlaf, die vermehrte Atmungsanstrengung, dieBeeintrchtigung des Herz-Kreislauf-Systems knnendafr verantwortlich sein, dass Patienten mit einer Kom-bination von obstruktiver Schlafapnoe und COPD eindeutlich verringertes berleben zeigen im Vergleich zudenen, die nur unter einer der Erkrankungen leiden.

    Die suffiziente (ausreichende) Therapie mit Positivdruck(CPAP) kann eine wesentliche Verbesserung der Prognoseerzielen. Falls die CPAP-Therapie nicht ausreicht, um dienchtliche Hypoxie und die Verminderung der Atmungauszugleichen, ist eine nicht-invasive Beatmung sinnvoll.

    Was gibt es Neues zur Diagnostik bei Schlafapnoe, wassollten auch Patienten zur Diagnostik wissen?

    Am Anfang der Diagnostik steht die Frage nach der Vor-testwahrscheinlichkeit (Wahrscheinlichkeit, dass eine be-stimmte Erkrankung vorliegt). Eine hohe Vortestwahr-scheinlichkeit liegt nach der Leitlinie vor, wenn alle Leit-symptome (Schnarchen, fremdbeobachtete Atempausen,Atemunregelmigkeiten und Tagesschlfrigkeit) zu-sammen vorliegen. Liegen die Symptome nur teilweisevor, oder bestehen andere Symptome, ist von einer ge-ringen Vortestwahrscheinlichkeit auszugehen. Weiteredifferenzialdiagnostische berlegungen sind anzustel-len.

    2 I 2017 COPD in Deutschland 21

    Pneumologie 2017

    Neues zur DiagnostikSchlafmedizin bei Lungenerkrankungen

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 21

  • Hohe Vortestwahrscheinlichkeit einer Schlafap-noe, wenn alle Leitsymptome vorliegen:Schnarchen, fremdbeobachtete Atempausen,Atemunregelmigkeiten, Tagesschlfrigkeit.

    Beim Vollbild der Symptomatik, also einer hohen Vor-testwahrscheinlichkeit, ist eine Besttigung der Ver-dachtsdiagnose notwendig. Sie kann mit einerPolygraphie der kardiorespiratorischen Parameter (Herzund Atmung betreffende Messwerte), die mindestensSauerstoffsttigung, Atemfluss, Atmungsanstrengung,Herzfrequenz und Krperlage umfasst, erfolgen. Poly-graphie wird auch als kleines ambulantes Schlaflabor be-zeichnet, da der Patient das Gert mit nach Hausenimmt.In diesem Fall ist eine Polysomnographie (umfangreicheUntersuchung im Schlaflabor) zur Diagnosesicherungnicht mehr notwendig, wenn die Polygraphie von schlaf-medizinisch ausgebildeten Fachrzten durchgefhrtwird. Bei relevanten komorbiden (ber die Grunderkran-kung hinausgehende) Strungen oder Verdacht auf eineAtmungsschwche (nchtliche Hypoventilation) reichtdie Polygraphie nicht aus.

    Die im Schlaflabor durch qualifiziertes Personal ber-wachte Polysomnographie gilt weiter als Grundinstru-ment und Referenzmethode der Diagnostik. Sie hat ihrenStellenwert insbesondere bei Patienten, die nicht die be-schriebene hohe Vortestwahrscheinlichkeit haben oderbei denen der Verdacht auf andere schlafmedizinischeErkrankungen besteht.

    Neben Polygraphie und Polysomnographie wurde nunauch eine Screeninguntersuchung (Reihenuntersuchung)mit ein bis zwei Messkanlen (Flow, Sauerstoffsttigung)diskutiert. Dieser Suchtest wird bei Patienten mit kar-diovaskulren Risikoerkrankungen vorgesehen, die miteiner hohen Hufigkeit schlafbezogener Atmungsst-rungen einhergehen (arterielle Hypertonie, Herzinsuffi-zienz, Vorhofflimmern, zerebrovaskulre Ereignisse).Nicht selten berichten diese Patienten nicht ber schlaf-bezogene Symptome, fallen also nicht in die oben be-schrieben Gruppe. Das Ein- oder Zweikanal-Screeningsoll also bei den Patienten mit kardiovaskulren (dasHerz und das Gefsystem betreffenden) Erkrankungenzur Anwendung kommen, die nicht ber richtungwei-sende Symptome klagen.

    Reihenuntersuchung in der Diskussion bei Patienten mit kardiovaskulren Erkrankungen.

    Die Diagnostik kann also in Besttigungsdiagnostik mitPolygraphie bei hoher Vortestwahrscheinlichkeit, Diffe-rentialdiagnostik bei geringer Vortestwahrscheinlichkeit

    oder Verdacht auf andere schlafmedizinische Erkran-kungen und Screening-Diagnostik bei asymptomati-schen Patienten mit kardiovaskulren Risikofaktoreneingeteilt werden.

    Welche Therapieoptionen sind bei einer vorliegendenSchlafapnoe gesichert, welche Therapiealternativenwerden aktuell diskutiert bzw. untersucht?

    Das Standardverfahren der Therapie der obstruktivenSchlafapnoe ist weiterhin die Positivdruckatmung. Dabeiwird durch ein technisches Gert ein erhhter Luftdruckerzeugt, der ber einen Schlauch und eine Nasen- oderNasen-Mund-Maske dem Patienten zugefhrt wird. DerLuftstrom stabilisiert von innen die oberen Atemwege, sieknnen nicht zusammenfallen, Atmungsaussetzer oderschwchen und auch das Schnarchen werden so beendet.Diese Behandlung kann bei allen Schweregraden der ob-struktiven Schlafapnoe angewendet werden. Sie ist auchunabhngig davon, auf welcher Ebene der Atemwege derKollaps passiert. Somit ist das Verfahren allen anderen An-stzen in der Effektivitt berlegen. Die meisten Patientenknnen die Therapie auch regelmig mit gutem Erfolg ein-setzen (60-70 % nutzen die Therapie ber mehr als vierStunden tglich). Fr Patienten, die die Positivdruckthera-pie nicht akzeptieren knnen, stehen als Alternativen Un-terkieferprotrusionsschienen und neuerdings Stimulations-verfahren eines Zungenmuskels zur Verfgung.

    Positivdruckatmung (CPAP) weiterhinStandardtherapie bei Schlafpnoe.

    Unterkieferprotrusionsschienen werden von spezialisier-ten Zahnrzten individuell angefertigt und schieben denUnterkiefer und damit die Zunge in eine vorverlagertePosition. Diese Erweiterung der oberen Atemwege aufder Ebene des Zungengrundes reicht bei Patienten mitmaximal 30 Apnoen (Atemaussetzern) oder Hypopnoenpro Stunde hufig aus, um eine ausreichende Verbesse-rung zu erzielen. In dieser Gruppe kann die Therapie beinicht zu stark bergewichtigen Personen (Body-Mass-Index 30 kg/m2) als Alternative zur Positivdruckthe-rapie genutzt werden, wie die jngst verffentlichteLeitlinie festhlt.

    Die Stimulation des Nervus hypoglossus erfolgt ber einimplantiertes Schrittmachersystem. Dieses eingreifen-dere Verfahren kommt nur bei einzelnen Patienten miteinem AHI zwischen 15-50/Stunde und einem berge-wicht (Adipositas) Grad I in Frage, wenn vorherigeVersuche mit Positivdruckatmung und Unterkieferpro-trusionsschiene fehlgeschlagen sind. Die Systeme wer-den nach ausfhrlicher Vordiagnostik einschlielicheiner Endoskopie (Spiegelungsuntersuchung) der oberen

    22 COPD in Deutschland 2 I 2017

    Pneumologie 2017

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 22

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    COPD-Patienten leiden hufig unter Atemnot, Hustenund Auswurf. Durch das Fortschreiten der Krankheitverschlechtert sich die Lungenfunktion der Patientenimmer mehr und zwar schon in frhen Stadien derErkrankung. Je mehr Lungengewebe zerstrt ist, destoschlechter wird auch die Gesamtverfassung der Pa-tienten. Deshalb ist es wichtig, die COPD mglichstfrh zu erkennen und gezielt zu behandeln.

    Viele Menschen, die an COPD erkrankt sind, nehmen dieSymptome der Krankheit zunchst gar nicht wahr. Denngerade Raucher halten Atemnot, Husten und Auswurfoft fr normal. Daher wird die Krankheit hufig erstnach einer akuten Verschlechterung der Symptome,einer sogenannten Exazerbation, gestellt.

    Wichtig zu wissen!Bei den meisten COPD-Patienten ist die Abnahme derLungenfunktion in den frhen Stadien der Erkrankungam grten grer als in den spteren Stadien. Umsowichtiger ist es daher, die Krankheit frhzeitig zu er-kennen und zu behandeln.

    Studien zeigen schon in frhen Stadien eine reduziertekrperliche Aktivitt der Patienten, bereits zu diesem Zeit-punkt ist oft schon ein Drittel des Lungengewebes zer-strt, erklrt Dr. Marc Spielmanns, Chefarzt derMedizinischen Klinik und Ambulanten PneumologischenRehabilitation in Leverkusen whrend einer Pressekonfe-renz anlsslich des 58. Pneumologen-Kongresses in Stutt-gart. Deshalb sollte man so frh wie mglich handeln.

    Auch Professor Michael Dreher, Leiter der Sektion Pneu-mologie am Universittsklinikum Aachen, betont die Be-deutung einer frhzeitigen Behandlung der COPD.Durch eine frhzeitige Therapie knnen wir einen ma-ximalen Behandlungserfolg erreichen, sagt Dreher.Zwar ist COPD nicht heilbar, die passende Therapie kannjedoch die Symptome lindern und das Exazerbationsri-siko senken. Dies wiederum kann COPD-Patienten hel-fen, so aktiv wie mglich zu bleiben, um dieLebensqualitt insgesamt zu verbessern.

    Symptome differenzieren lernenAuch wenn in der breiten ffentlichkeit inzwischenimmer mehr bekannt ist, dass zu den Hauptsymptomeneiner COPD Atemnot, Husten und Auswurf zhlen, so istes dennoch fr einen medizinischen Laien nicht leicht,eine COPD zu erkennen zu unterschiedlich knnen dieSymptome ausgeprgt sein.Manche Patienten leiden unter starker Atemnot, anderewiederum haben starken Husten oder keinerlei Auswurf,erklrt Dreher. Das ist je nach Patient unterschiedlich,wobei Atemnot eigentlich immer dazu gehrt. Und

    Eigene Symptomatik kennenWahrnehmung schrfen

    frh handeln

    COPD 2017 2G6_Layout 1 29.05.2017 19:01 Seite 23

    http://sauerstoffkonzentrator.de/

  • 24 COPD in Deutschland 2 I 2017

    eben diese Atemnot ist es, die die meisten Betroffenenerst dazu veranlasst, einen Arzt aufzusuchen.

    Ist die Diagnose COPD erst einmal gestellt, msse manquasi herauskitzeln, welche Beschwerden konkret auf-treten und wann. Die Symptome eindeutig zu beschrei-ben, fllt vielen Patienten nicht leicht, erklrt Dreher.Dabei orientieren wir uns zum Beispiel daran, ob derPatient gut Treppen steigen kann und wie limitiert er imAlltag ist. Viele Patienten, so Dreher, wrden ihre Symp-tomatik zudem selbst reduzieren nach dem Motto: Istja nicht so schlimm. Hilfreich sei daher durchaus, auchmit den begleitenden Angehrigen zu sprechen und sichderen Sicht der Dinge schildern zu lassen. Denn erstwenn die vorliegende Symptome klar sind, kann manetwas dagegen tun.

    Wie sehr Betroffene durch die COPD beansprucht sind,zeigen medizinische Belastungstests. Gem deren Aus-wertung knnen wir entsprechende Therapieanstzewhlen, sagt Spielmanns. Als Grundlage fr die Thera-pie greifen Pneumologen meist auf den GOLD-Report(siehe Beitrag auf Seite 5) zurck. In der aktuellen Fas-sung des Reports von 2017 wurde die Klassifizierung derSchweregrade auf die Symptomatik und Hufigkeit vonExazerbationen ausgerichtet, die die Grundlage fr diejeweilige Therapie darstellen.

    Akute Verschlechterung erkennenEin Risiko fr COPD-Patienten besteht darin, eine Exa-zerbation eine akute Verschlechterung der COPD-Symp-tome zu erleiden, die mit einem weiterenVoranschreiten der Erkrankung einhergehen kann. Bereits in frhen Krankheitsstadien, also etwa in Sta-dium I oder II, knnen Exazerbationen auftreten. Aus-gelst werden sie beispielsweise durch Viren oderbakterielle Infektionen. Dem aktuellen Report der GlobalInitiative for Obstructive Lung Disease (GOLD) zufolgestellen Exazerbationen eine akute Verschlechterung derCOPD-Symptomatik dar, die eine Intensivierung der The-rapie notwendig werden lassen.

    Leichte Exazerbationen kann der Patient demnach selbstmit mehr Bedarfsmedikation managen, bei moderatenExazerbationen sollen Antibiotika und/oder orale Corti-costeroide eingesetzt werden, schwere Exazerbationenerfordern eine notrztliche oder stationre Behandlung.

    Wichtig ist, dass der Patient auch bei Verwendung derBedarfsmedikation, dies dem behandelnden Arzt spte-stens beim nchsten Termin mitteilt, da mglicherweiseeine Anpassung des Therapieschemas notwendig wird.

    Text: Caroline Friedmann, Sabine HabichtQuelle: Pressekonferenz Boehringer Ingelheim, 24.03.2017, anlss-lich des 58. DGP-Kongresses, Stuttgart

    Lungenrzte empfehlenLungenfunktionstests fr jeden Raucher

    Rauchen verursacht in 85 Prozent aller Flle die Lun-generkrankung COPD. Trotzdem ordnen die wenigstenrzte einen Lungenfunktionstest an, so lange ihre Pa-tienten nicht ber Beschwerden klagen, so Professor Dr.Berthold Jany, Past-Prsident der Deutschen Gesellschaftfr Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).

    Dabei nehmen die meisten Raucher die frhen Symp-tome einer Lungenerkrankung wie etwa Raucherhu-sten kaum wahr, weil sie sich schon daran gewhnthaben. Daher seien viele Lungenerkrankungen bereitsweit fortgeschritten, bis Betroffene Beschwerden wieAtemnot tatschlich registrieren.

    Auch Raucher selbst sollten ihren Hausarzt auf einenLungenfunktionstest ansprechen oder diesen z. B. inner-halb eines Check 35, einem allgemeinen Gesundheits-check zur Frherkennung von Zivilisationskrankheiten,den ab einem Alter von 35 Jahren alle Kassenpatientenalle zwei Jahre kostenfrei bei ihrem Hausarzt durchfh-ren lassen knnen, wahrnehmen.

    Quelle: Presseinformation anlsslich des 58. DGP-Kongresses, Stuttgart

    Eigene Symptomatik kennen

    Anhaltspunkte fr eine ExazerpationDoch wie erkennt ein Patient, ob er eine akute Exa-zerbation hat? Anhaltspunkte dafr sind hufiger an-haltende Atemnot als sonst, vermehrter Auswurf inden Atemwegen, verstrkter Husten und ein Engege-fhl im Brustraum.

    Gelegentlich kann eine Exazerbation auch mit Fiebereinhergehen. Ein Patient kann Vernderungen in dereigenen Symptomatik und im eigenen Krankheitsbilderkennen vor allem, wenn er von seinem Arzt ent-sprechend geschult wurde. Sprechen Sie daher Ihrenbehandelnden Arzt explizit auf die Mglichkeit einerPatientenschulung an!

    Auerdem rt Dr. Marc Spielmanns zu einem COPD-Ta-gebuch. Darin kann der Patient alles genau notieren auch seine Medikation, meint Spielmanns. So behlt derPatient immer den berblick ber seine Erkrankung.

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 24

  • Bei Krebserkrankungen ist sie schon lange ein Thema.Allmhlich wird sie auch bei COPD und anderen chro-nischen Lungenerkrankungen erforscht: Fatigue, diekrankheitswertige Erschpfung. Ihre Auswirkung aufdie Lebensqualitt von Patienten und Angehrigen istunbersehbar.

    Mde ist doch jeder mal, oder?!?Wenn COPD-Patienten ihre Fatigue-Erfahrung schildern,hrt sich das jedes Mal anders an:

    - Zhneputzen und Haarekmmen das ist jeden Morgen meine Mount Everest-Besteigung!krperliche Fatigue

    - Wenn ich mich endlich zum Zeitungslesen aufge-rafft habe, kann ich mich nicht mal auf die Lokal-nachrichten konzentrieren.mental-kognitive Fatigue

    - Manchmal wechselt meine Stimmung von einemMoment zum anderen und ich bin total ratlos, wiees ohne Energie berhaupt weitergehen soll. emotionale Fatigue

    Damit sind bereits die typischen Bereiche beschrieben,in denen sich die Fatigue unangenehm bemerkbarmacht.

    Familie und Freundeskreis reagieren oft verstndnislos. Die ngste bei Atemnot sind nachvollziehbar die Ver-zweiflung bei Fatigue erntet jedoch hufig ein Schulter-zucken oder Kopfschtteln.

    Dabei lassen sich Fatigue und ihr Einfuss auf die Le-bensqualitt durch Fragebgen zuverlssig testen. Ge-bruchlich sind:

    - Allgemeine Fatigue-Fragebgen - COPD-spezifische Fatigue-Skalen

    Nachfolgend finden Sie den sogenannten FSS-Fragebogen.

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    2 I 2017 COPD in Deutschland 25

    Mehr als nur mde

    Fatigue bei COPDFatigue (gesprochen: Fatig)Fatigue, ein Begriff des franzsischen und englischenSprachgebrauchs, bedeutet Mdigkeit und Erschp-fung. Innerhalb der Medizin gibt es unterschiedlicheKrankheitsbilder, die mit Mdigkeit einhergehen, vorallem chronische Erkrankungen.

    Fatigue stellt eine krankhafte Ermdung dar, die denPatienten extrem belastet. Die Erschpfung lsstsich durch normale Erholungsmechanismen nichtbeheben. Auch Schlaf fhrt nicht zur Regeneration.

    Fatigue lsst sich nicht auf eine Ursache reduzieren,man spricht von einem multifaktoriellen und auchmultikausalen Geschehen. Fatigue kann ein Symptomvieler unterschiedlicher Erkrankungen sein.

    Quelle: Deutsche Fatigue Gesellschaft www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 25

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  • Fatigue Severity Scala (FSS) Fragebogen zur Schwere mglicher vorliegender Fatigue-Symptome (Krupp et al. 1989)

    1 2 3 4 5 6 7

    Ich habe weniger Motivation,wenn ich erschpft bin

    Krperliche Bettigung fhrtzu mehr Erschpfung

    Ich bin schnell erschpft

    Die Erschpfung beeinflusstmeine krperliche Belastbarkeit

    Die Erschpfung verursachtProbleme fr mich

    Meine Erschpfung behindertkrperliche Bettigung

    Die Erschpfung behindert mich an der Ausfhrung bestimmterAufgaben und Pflichten

    Die Erschpfung gehrt zu dendrei mich am meisten behindernden Beschwerden

    Die Erschpfung hat Einflussauf meine Arbeit, meine Familiebzw. mein soziales Leben

    Angekreuzte Werte addieren _____________ und das Ergebniss durch 9 teilen = ____________

    AnleitungBei dem Fragebogen mssen alle Fragen auf einer Skala von 1 (trifft nicht zu) bis 7 (trifft voll zu) bewertet wer-den. Zhlen Sie die einzelnen Werte der angekreuzten Antworten zusammen und teilen Sie das Ergebnis danndurch 9 (die Anzahl der Fragen). Dieser Mittelwert gibt dem Arzt/Therapeuten Hinweise, ob eine Fatigue vorliegt.Ein Mittelwert ber 5 weist auf deutliche Fatigue hin. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt!

    26 COPD in Deutschland 2 I 2017

    Eigene Symptomatik kennen

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 26

  • 2 I 2017 COPD in Deutschland 27

    Fatigue ist hufig und hufig unentdeckt!Studien haben ergeben: Etwa 50 Prozent der COPD-Pa-tienten erleben tglich oder mehrmals pro Woche typi-sche Fatigue-Symptome. Die Gefhle von Energiemangelund totaler Erschpfung sind oft begleitet von Irritation,Frustration und Resignation. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung berichten immermehr Patienten ber Fatigue. So weist eine Studie nach,dass bei einer Standardbehandlung (mit Medikamenten,Raucherentwhnung, Ernhrungsberatung, Empfehlungzur krperlichen Aktivitt) die Hufigkeit von schwererFatigue nach vier Jahren von 25 % auf 42 % steigt.

    Gerade beim Fatigue-Syndrom lassen sich krperlicheund seelische Ebenen nicht voneinander trennen.

    Die dargestellten Zusammenhnge sind normale psy-chologische Prozesse keine krankheitswertigen St-rungen. Das ist wichtig zu beachten.Bei einer chronischen Erkrankung wie COPD ndern sichdie Lebensumstnde drastisch und dauerhaft. Die Herausforderung fr den Patienten liegt in der An-passung an diese neue Situation:

    - gedanklich (kognitiv)- gefhlsmig (emotional)- verhaltensmig (behavioral)

    Individuelle Symptombelastung, Funktionseinschrn-

    kung und Lebensqualitt sind die Ergebnisse des jewei-ligen Anpassungsprozesses an die krperliche Vernde-rung.Auf diesen Erkenntnissen beruhen die Behandlungsan-stze fr die COPD-assoziierte Fatigue.

    Fatigue-Management bedeutet Maanzug statt Kon-fektionswareFassen wir noch mal zusammen: Fatigue ist das Ergebniseines komplexen Zusammenspiels zwischen krperlichenund seelischen Prozessen.Fatigue-Management verfolgt deshalb zwei Strategien:

    - die krperlichen Strungen optimal behandeln- die psychische Anpassung an die krperlichen

    Strungen (d. h. das Coping) optimal untersttzen.

    Bisher liegen nur wenige Studien zur Effektivitt des Fa-tigue-Managements vor. Es zeigt sich aber deutlich: Fa-tigue-Management ist umso effektiver, je prziser es aufdie individuelle Fatigue-Erfahrung des jeweiligen Pa-tienten zugeschnitten ist. Der Maanzug sitzt besser alsder Anzug von der Stange!

    Spielen wir also das Schneider-Programm fr zwei ty-pische COPD-Patienten mit Fatigue durch

    Eigene Symptomatik kennen

    Innere Medizin, Pneumologie, Schlaf- und BeatmungsmedizinChefarzt Dr. Ch. Geltner MSc, MBAKreisklinik Bad ReichenhallRiedelstr. 5, 83435 Bad Reichenhall

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    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:09 Seite 27

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  • Frau EmsigSie ist eine sogenannte Anstrengerin: Ich muss nur wol-len frher habe ich das doch auch geschafft dieZhne zusammenbeien jetzt erst recht Fr Frau Emsig sind Energiespar-Manahmen wichtig:- Tagesstruktur (Rhythmus von Schlafen und

    Wachsein, regelmiges Essen)- Tempo reduzieren- Aktivitten ber den Tag verteilen (gute Stun-

    den, schlechte Stunden)- Krpersignale wahrnehmen, deuten und nutzen

    (kurze Pausen, zum eigenen Schrittmacher werden)- um Hilfe bitten

    Herr LssigEr neigt eher zu Schonung und bevorzugt den Weg desgeringsten Widerstands: Warum anstrengen, wenn essowieso nichts bringt auer Luftnot und Erschpfung? spter, noch spter oder doch lieber morgen? Herr Lssig bentigt Aktivierungsmanahmen, dieseine Angst vor Atemnot und Erschpfung bercksichtigen:- Techniken zur Atemregulation (Lippenbremse,

    Stenoseatmung d.h. verlngerte Ein- und/oder Ausatmung)

    - Belastung dosieren (Aktivitten des tglichen Le-bens, auch als ADL-Training bezeichnet activityof daily living, Treppentraining)

    - Empfindlichkeiten beachten (z. B. Khlung bei Hitzeempfindlichkeit)

    Angehrige knnen das Fatigue-Managementwirkungsvoll untersttzenFamilie und Freunde sind die wichtigsten Kmmererfr COPD-Patienten. Auch bei der Fatigue sind ihre Hal-tung zum Symptom und ihre konkrete Untersttzungentscheidend fr das Befinden und die Lebensqualittder Patienten. Es gibt typische Verschlimmerer undebenso typische Verbesserer.

    Verschlimmerer kommentieren die Fatigue mitunter so:- Jeder fhlt sich hin und wieder mde. - Das ist psychosomatisch.- Augen zu und durch.

    Damit treiben sie meist ungewollt die Patienten inimmer grere Abwehr oder Resignation und verstrkenRckzugstendenzen.

    Hilfreicher wirken die Verbesserer.- Wie kann ich Dich konkret untersttzen?- Das ist nicht Deine Schuld.- Ich wei, wie sehr Du Dich bemhst.

    Manchmal kann auch ein Gedicht den Fatigue-geplag-ten COPD-Patienten aufbauen am besten natrlich,wenn man es zu zweit liest:

    Mein Krper rt mir: Ruh dich aus!Ich sage: Mach ich, altes Haus!Denk aber: Ach, der sieht ja nichtUnd schreibe heimlich dies Gedicht.Da sagt mein Krper: Na, na, na!Mein guter Freund, was tun wir da?Ach gar nichts! Sag ich aufgeschrecktUnd denk: Wie hat er das entdeckt?Die Frage scheint recht schlicht zu sein,Doch ihre Schlichtheit ist nur Schein.Sie lsst mir seither keine Ruh:Wie wei MEIN Krper was ICH tu?(Robert Gernhardt)

    FazitEin zielorientierter Umgang mit der Fatigue kann die Le-bensqualitt des COPD-Patienten erhhen. Ich gebemeinen tglichen Aufgaben ganz bewusst Wertigkeitenund erledige sie in meinen guten Stunden, berichtetFrau Emsig. Herr Lssig schmunzelt: Fr mich gilt eher:Der erste Schritt ist schon die halbe Reise. Langsam,aber stetig mit khlem Kopf und Pustetechnik (Lip-penbremse) komme ich ans Ziel!

    Bei der Info-Box zum Artikel ist diesmal Ihr Einsatz ge-fordert, liebe Leserinnen und Leser. Entscheiden Sie zu-nchst, ob Sie eher Frau Emsig oder Herrn Lssig hneln.Dann whlen Sie aus der Liste unter den StrichfigurenIhre individuellen Fatigue-Management-Strategienund schneidern daraus Ihren Maanzug oder Ihr Ma-kostm.Ich wnsche Ihnen viel Spa beim Zusammennhen!

    Monika TempelKonsiliar/Liaisonrztin Psychosomatik/PsychoonkologieKlinik Donaustaufwww.monikatempel.de

    28 COPD in Deutschland 2 I 2017

    Eigene Symptomatik kennen

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:10 Seite 28

  • 2 I 2017 COPD in Deutschland 29

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    InfoboxMaanzug und Makostm bei COPD-bedingter Fatigue

    Bewhrte Fatigue-Management-Strategien Ich informiere mich laufend ber neue Erkenntnissezur Fatigue.

    Ich klre meine Umgebung auf ber den Unterschiedzwischen Mdigkeit und Fatigue.

    Ich teile meinen tglichen Aufgaben jeweils eine Wertigkeit zu (wichtig weniger wichtig viel -leicht).

    Ich sortiere meine tglichen Aufgaben nach Wertigkeit. Ich begrenze die Pflichtaufgaben bewusst zugun-sten der angenehmen Aktivitten.

    Ich plane im voraus halte mich aber nicht sklavischan meinen Plan.

    Ich passe mein Tempo an meine Tagesform an. Ich achte auf meine Krpersignale (Atmung, Mus-kelkraft, Konzentration )

    Ich mache rechtzeitig Pausen bevor ich erschpftbin.

    Ich achte auf einen guten Wechsel von Aktivsein undErholung (Nachtschlaf, Kurzschlaf whrend des Tages, auch als Power-Naps bezeichnet, Sofastun-den )

    Ich sage Nein zu anderen auch wenn es schwerfllt.

    Ich gebe Aufgaben an andere ab. Ich bitte andere um Hilfe. Ich stoppe hinderliche Gedanken besonders An-treiber wie Du musst und Du solltest unbedingt.

    Ich setze Atemtechniken ein. Ich be regelmig Entspannungstechniken. Ich plane angenehme Aktivitten mit anderen undprobiere auch mal was Neues aus.

    Ich nehme an einer Lungensportgruppe teil so oftes mglich ist.

    Ich gehe liebevoll mit mir um gerade in schlech-ten Stunden.

    Ich klage mich nicht als Versager an wegen meinerFatigue.

    Ich akzeptiere die Erfahrung von Erschpfung und geniee die Erfahrung von Frische.

    Ich achte auf optimale Temperatur und Beleuchtungin meiner Umgebung.

    Ich ..

    mehr Wissen

    Ratgeber Khne, E: Viertelkraft voraus: Leben mit dem

    Fatigue-Syndrom. Books on Demand, 2016 Lorenzen, H: Fatigue-Management: Umgang mit

    chronischer Mdigkeit und Erschpfung (Rat-geber fr Angehrige, Betroffene und Fach-leute). Schulz-Kirchner-Verlag, 2010

    Kostenlose Broschre Deutsche Krebshilfe: Fatigue Chronische M-

    digkeit bei Krebs www.krebshilfe.de

    Internet-Informationsportal Deutsche Fatigue Gesellschaft (vor allem fr

    krebs-assoziierte Fatigue) www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de

    Eigene Symptomatik kennen

    COPD 2017 2G7_Layout 1 29.05.2017 21:10 Seite 29

    http://www.vfa-patientenportal.de/

  • 30 COPD in Deutschland 2 I 2017

    Reisen

    Die Idiopathische Lungenfibrose (IPF)ist eine relativ seltene, fortschrei-tende und schwer behandelbare Er-krankung. Die betroffenen Patientenleiden vor allem an Luftnot und Hu-sten. Exazerbationen (akute Ver-schlechterungen) knnen bei einerIPF besonders schwer verlaufen.

    Es gibt wohl kaum eine grere Herausforderung in derMedizin, als eine Krankheit zu behandeln, deren Ursachenunklar sind (med.: idiopathisch), hinter der sich eine Viel-zahl krankhafter Prozesse verbergen und die man des-halb nicht gezielt therapieren kann. Die idiopathischepulmonale Fibrose (IPF) oder auch idiopathische Lungen-fibrose genannt, ist solch eine Erkrankung. IPF tritt meisterst nach dem 50. Lebensjahr auf, Mnner sind etwashufiger betroffen. Bei den Patienten wird das Lungen-gewebe durch eine vermehrte Produktion sogenannterKollagene Molekle des Bindegewebes mit der Zeitimmer dicker und vernarbt (fibrosiert). Anfnglich ver-luft die Krankheit oft symptomlos und verursacht erstim spteren Stadium Beschwerden, weil Dehnbarkeit undElastizitt der Lunge abnehmen und es so zu einer Ver-schlechterung der Lungenfunktion kommt. Die Patientenleiden in der Folge, wie man sich bei zunehmend vernar-bendem Lungengewebe gut vorstellen kann, immer hu-figer und strker unter Luftnot. Der Zustand der Lungekann nicht rckgngig gemacht werden.

    Der klinische Verlauf ist von Patient zu Patient sehr va-riabel wie aufwndig und schwierig die Diagnose